17.057 Botschaft über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft vom 6. September 2017

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

6. September 2017

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2017-1793

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Übersicht Ausgangslage Der schweizerische Luftraum ist relativ klein. Luftfahrzeuge können ihn in zehn bis zwanzig Minuten durchfliegen. Damit die Luftwaffe den Luftpolizeidienst effizient wahrnehmen kann, ist sie darauf angewiesen, bereits ab der Landesgrenze intervenieren zu können. Dafür ist die Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten unerlässlich. Diese nachbarschaftliche Kooperation erfolgt auf der Basis von Staatsverträgen, welche die Schweiz mit Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich abgeschlossen hat. Die Abkommen regeln die tägliche Zusammenarbeit im grenzüberschreitenden Luftpolizeidienst.

Während die bestehenden Luftpolizeiabkommen mit Deutschland, Frankreich und Italien gestatten, dass Abfangflugzeuge für Luftpolizeieinsätze auch den grenznahen Luftraum des Nachbarstaates nutzen können, sieht das bestehende Abkommen mit Österreich nur den Austausch von Luftlagedaten vor. Der grenzüberschreitende Einsatz mit Flugzeugen im Luftpolizeidienst wird vom Abkommen nicht erfasst.

Diese Beschränkung erschwert den wirksamen Luftpolizeidienst im schweizerischösterreichischen Luftraum schon im Alltag erheblich. Bei Anlässen wie dem World Economic Forum (WEF), wenn der Luftraum auf beiden Seiten der Grenze eingeschränkt wird, wirkt sich das Fehlen einer Regelung, die den Luftpolizeidienst grenzüberschreitend zulässt, besonders nachteilig aus und schafft eine eigentliche Sicherheitslücke. Der Bundesrat will mit dem neuen Abkommen diese Sicherheitslücke im Luftpolizeidienst schliessen.

Inhalt der Vorlage Das mit der vorliegenden Botschaft zur Genehmigung unterbreitete Abkommen regelt die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Österreich in der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraums gegen nicht-militärische Bedrohungen aus der Luft. Der Bundesrat will neu auch die Massnahmen zur Identifikation und Intervention in der ordentlichen Lage und für den Spezialfall von temporären Flugbeschränkungs- und Luftsperrgebieten im grenznahen Gebiet regeln. Die Identifikation umfasst die Überwachung und Verfolgung eines unbekannten oder vom Kurs abgewichenen Luftfahrzeugs, dessen visuelle Identifizierung, seine Begleitung, das Erstellen eines visuellen Nachweises sowie die Befragung der Besatzung über Funk.

Die Intervention umfasst die Aufforderung per Funk oder per Zeichengebung zur Änderung der
Flugroute oder zur Landung auf einem bezeichneten Flugplatz sowie die sogenannte Erkennbarmachung der eigenen Anwesenheit und Warnung durch den Einsatz von Infrarotlockzielen («Flares»). Mit dem neuen Abkommen dürfen die Luftwaffen der Schweiz und Österreichs verdächtige zivile Luftfahrzeuge auch über dem grenznahen Staatsgebiet des andern Vertragspartners identifizieren und bei Bedarf intervenieren.

Die Souveränität der beiden Staaten wird dabei stets respektiert. Ein Waffeneinsatz als ultima ratio luftpolizeilicher Massnahmen darf nur durch eigene Flugzeuge über dem eigenen Staatsgebiet erfolgen. Ein derart ergänztes Abkommen schafft gute

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Voraussetzungen für einen effektiven Luftpolizeidienst im grenznahen Luftraum beider Staaten.

Beide Staaten können die Nutzung des Luftraums auch in Grenznähe jederzeit einschränken oder den Luftraum sperren. Während des WEF wird zum Beispiel die Nutzung des Luftraums beidseits der schweizerisch-österreichischen Grenze eingeschränkt. Dies ist unabdingbar, weil Davos nur zwei Flugminuten von der Grenze entfernt liegt. Gemäss heute geltender Rechtslage sind die Luftwaffen der Schweiz und Österreichs auch in solchen Situationen an ihren eigenen Luftraum gebunden; eine eigentliche luftpolizeiliche Zusammenarbeit ist nicht gestattet. Das neue Abkommen sieht diese vor.

Im Sinne eines Pilotversuchs wurde die angestrebte Form der Zusammenarbeit während des WEF 2017 erprobt. Für die Dauer des WEF wurde eine neue Luftraumdelegation zwischen den zuständigen Behörden beider Staaten vereinbart und praktisch ausgetestet. Der Pilotversuch war begrenzt auf die Benutzung der jeweiligen Lufträume für bewaffnete Durchflüge, um ein verdächtiges Flugobjekt bereits ab Eintritt in den eigenen Luftraum begleiten zu können. Weitere Elemente der Zusammenarbeit waren nicht erlaubt. Beide Seiten kamen auf der Basis ihrer Erfahrungen zum Schluss, dass diese Vertiefung der Zusammenarbeit erhebliche Sicherheitsgewinne bringt und auch im Alltagsbetrieb der Luftwaffen eingeführt werden soll.

Die österreichische Regierung und der Bundesrat sind vor diesem Hintergrund der Überzeugung, dass neu auch der grenzüberschreitende Luftpolizeieinsatz vertraglich geregelt werden soll. Nach gemeinsamen Vorarbeiten der juristisch und operationell verantwortlichen Stellen im Jahr 2016 konnte das vorliegende Abkommen in der ersten Jahreshälfte ausgearbeitet und am 14. Juni 2017 in Bern paraphiert werden. Die Unterzeichnung durch die beiden Verteidigungsminister ist für den 28. September 2017 geplant.

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV, SR 101) fallen die auswärtigen Angelegenheiten in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Gestützt auf Artikel 166 Absatz 2 BV sind völkerrechtliche Verträge der Bundesversammlung zur Genehmigung zu unterbreiten.

Das vorliegende Abkommen wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, es ist aber jederzeit innert sechs Monaten kündbar. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor,
enthält keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV und kann ohne den Erlass zusätzlicher Bundesgesetze umgesetzt werden. Somit ist es nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterstellt.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Die Luftwaffe ist verantwortlich für die Wahrung der Lufthoheit. Dazu gehört der Luftpolizeidienst in allen Lagen. Dieser umfasst die permanente Überwachung des Luftraums, eine lückenlose Identifizierung der erfassten Luftfahrzeugbewegungen sowie bei Bedarf die Intervention. Mit über einer Million Flugbewegungen pro Jahr zählt der Schweizer Luftraum zu den meistfrequentierten und komplexesten der Welt. Bedingt durch diese starke Nutzung kommt es fast täglich zu kleineren Zwischenfällen im Flugverkehr. Dazu zählen unter anderem der Verlust der Kommunikationsverbindungen, Navigationsprobleme oder Luftraumverletzungen. Diese Zwischenfälle müssen im Rahmen des Luftpolizeidienstes von der Luftwaffe geklärt werden.

Der schweizerische Luftraum ist relativ klein: Luftfahrzeuge können ihn in zehn bis zwanzig Minuten durchfliegen. Damit eine Identifikation des Luftfahrzeugs und gegebenenfalls eine Intervention der Luftwaffe zeitgerecht erfolgen können, muss der Einsatz bereits ab der Landesgrenze möglich sein. Dies bedingt oft eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Diese nachbarschaftliche Kooperation erfolgt mit Deutschland1, Frankreich2 und Italien3 gestützt auf Zusammenarbeitsvereinbarungen. Diese Abkommen regeln die tägliche Zusammenarbeit im grenzüberschreitenden Luftpolizeidienst.

Das bereits bestehende Abkommen mit Österreich 4 geht weniger weit als die oben genannten. Insbesondere ist der grenzüberschreitende Einsatz von Flugzeugen im Luftpolizeidienst nicht gestattet. Ein solcher ist aber manchmal erforderlich, da verdächtige Flugzeuge die Landesgrenzen in kurzer Zeit überfliegen können und die Zeitverhältnisse es verunmöglichen können, dass ein zu identifizierendes oder abzufangendes Flugzeug direkt über der Landesgrenze an die Luftwaffe des Nachbarstaates abgegeben werden kann (Geschwindigkeit der Flugzeuge, Reaktionsfähigkeit und Anflugweg der Abfangflugzeuge usw.). Auch kommt es vor, dass Abfangflugzeuge den Luftraum des Nachbarlandes benutzen müssen, um sich ab der eigenen Landesgrenze hinter einem abzufangenden Flugzeug zu positionieren. Deshalb soll 1

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3

4

Abkommen vom 24. April 2007 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei Bedrohungen durch zivile Luftfahrzeuge (SR 0.513.213.61).

Abkommen vom 26. November 2004 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Französischen Republik bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft (SR 0.513.234.91).

Abkommen vom 31. Januar 2006 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Italienischen Republik über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft (SR 0.513.245.41).

Abkommen vom 15. April 2008 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Österreichischen Bundesregierung bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft (SR 0.513.216.31).

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ein verdächtiges Flugzeug durch Abfangflugzeuge eines Staates auch auf das Territorium des Nachbarstaates begleitet werden können, bis Abfangflugzeuge dieses Staates das verdächtige Flugzeug selbst übernehmen können. Mit Frankreich und Italien sind solche Grenzüberflüge auf Gegenseitigkeit im Staatsvertrag geregelt und die Ablöseverfahren sowie die Verantwortlichkeiten der Einsatzzentralen in Nachfolgevereinbarungen geregelt.

Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit war der Vorfall vom 5. Juli 2016, als bei der Luftwaffe eine Bombendrohung für eine Maschine der Israelischen El Al einging. Das Flugzeug, das von New York nach Tel Aviv unterwegs war, wurde über Schaffhausen von zwei F/A-18 der Schweizer Luftwaffe abgefangen. Die österreichische Luftwaffe konnte das bedrohte Flugzeug aber erst südwestlich von Salzburg übernehmen. Die Schweizer Luftwaffe musste vor der Grenze abdrehen, was bedeutete, dass diese ungeklärte nichtmilitärische Bedrohung über dem österreichischen Luftraum während mehreren Minuten nicht kontrollierbar war. Dem Bundesrat geht es mit dem vorliegenden Abkommen darum, diese Art von Sicherheitslücken im alltäglichen Luftpolizeidienst zu schliessen. Dabei kommt das Prinzip der Gegenseitigkeit gemäss internationalen Gepflogenheiten zur Anwendung.

Neben der regulären Zusammenarbeit im grenzüberschreitenden Luftpolizeidienst, wie sie jederzeit erforderlich sein kann, gibt es Situationen, in denen ein oder beide Staaten die Nutzung des grenznahen Luftraums einschränken oder verbieten. Dies geschieht beispielsweise während des World Economic Forum (WEF) in Davos, wofür nicht nur die Schweiz die Nutzung ihres Luftraums einschränkt, sondern, zur Unterstützung der Wirksamkeit dieser Sicherheitsmassnahme, auch Österreich Luftraumbeschränkungen verfügt. Damit kann eine Zone eingeschränkten Luftverkehrs mit 50 Kilometer Radius um Davos herum verhängt werden, die sich über schweizerisches und österreichisches Gebiet erstreckt. Für solche Situationen braucht es vertraglich festgelegte Regeln der Zusammenarbeit, die mit dem bestehenden Luftpolizeiabkommen mit Österreich noch fehlen, die aber im neuen Abkommen vereinbart werden.

Als Pilotversuch wurde die angestrebte Form der Zusammenarbeit während des WEF 2017 erprobt. Für die Dauer des Treffens wurde eine neue Luftraumdelegation zwischen
den zuständigen Behörden beider Staaten vereinbart und praktisch ausgetestet. Der Pilotversuch war begrenzt für die Benutzung der jeweiligen Lufträume für bewaffnete Durchflüge, um ein verdächtiges Flugobjekt bereits ab Eintritt in den eigenen Luftraum begleiten zu können. Weitere Elemente der Zusammenarbeit waren nicht erlaubt. Auch wenn dieser Pilotversuch lediglich zuliess, den Luftraum des Vertragspartners für bewaffnete Durchflüge zu nutzen, kamen beide Seiten auf der Basis ihrer Erfahrungen zum Schluss, dass diese Vertiefung der Zusammenarbeit notwendig ist und zudem auch im Alltag gelten soll, wenn keine Zonen mit eingeschränktem Luftverkehr verhängt worden sind.

1.2

Haltung des Bundesrates

Angesichts der Grösse des schweizerischen Luftraums sind nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft nur in Ausnahmefällen ohne internationale Kooperation zu 6075

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meistern. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in diesem Kernbereich der Luftwaffenaufgaben ist daher unerlässlich. Mit Deutschland, Frankreich und Italien bestehen bereits solche Abkommen. Das bestehende Abkommen mit Österreich ist auf den Austausch von Luftlagedaten beschränkt, was die Luftwaffen beider Staaten in der Auftragserfüllung einschränkt und Sicherheitslücken schafft.

Aus Sicht des Bundesrates ist es zweckmässig, ein neues Abkommen mit Österreich abzuschliessen, das ­ wie die Abkommen der Schweiz mit Frankreich und Italien ­ auch die Identifikation und die Intervention im grenzüberschreitenden Einsatz zulässt.

Das bestehende Abkommen mit Österreich wird um die Massnahmen zur Identifikation und Intervention für die reguläre Lage und für den Spezialfall des eingeschränkten Luftraums ergänzt. Auch mit Blick auf die Jahrestreffen des WEF, während deren die Luftwaffe den Luftraum im unmittelbaren Grenzraum mit Österreich schützt, sind diese Anpassungen erforderlich.

Die österreichische Regierung und der Bundesrat sind daher der Ansicht, dass der grenzüberschreitende Luftpolizeieinsatz ermöglicht werden soll.

1.3

Notwendigkeit eines Vertragsabschlusses

Die zwischen den beiden Ländern beabsichtigte Zusammenarbeit betrifft die hoheitlichen Befugnisse beider Staaten und enthält damit rechtsetzende Bestimmungen.

Die Zusammenarbeit bedarf deshalb einer Rechtsgrundlage in Form eines Staatsvertrags.

1.4

Verlauf der Verhandlungen

Nach Vorarbeiten im Laufe des Jahres 2016, an welchen die juristisch und operationell zuständigen Stellen beider Staaten teilgenommen hatten, konnte der vorliegende Text am 14. Juni 2017 in Bern paraphiert werden.

Die Schweizer Delegation bestand aus Vertretern des Armeestabs (Internationale Beziehungen Verteidigung), der Luftwaffe, des Generalsekretariats des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und der Direktion für Völkerrecht des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Das VBS koordinierte die Arbeiten eng mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) und dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK).

1.5

Verzicht auf Vernehmlassung

Das Abkommen sieht keinen Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationalen Gemeinschaften vor, enthält keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen und seine Umsetzung erfordert keinen Erlass von Bundesgesetzen.

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Das Vorhaben hat insbesondere keine grossen finanziellen Auswirkungen und weder die Kantone noch andere Vollzugsträger sind erheblich betroffen. Es handelt sich somit weder um ein Abkommen nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c noch um ein Vorhaben nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d oder e des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20155, so dass auf eine Vernehmlassung verzichtet werden.

2

Erläuterungen zum Abkommen

2.1

Überblick

Das Abkommen regelt die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Österreich im Bereich der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen. Diese Zusammenarbeit bezweckt die Erleichterung des gegenseitigen systematischen Informationsaustauschs, namentlich des Austauschs von Informationen über die allgemeine Luftlage im Falle einer konkreten nichtmilitärischen Bedrohung aus der Luft. Dies bringt Vorteile bei der Planung und Durchführung von luftpolizeilichen Interventionen. Ebenfalls regelt das Abkommen grenzüberschreitende Luftpolizeieinsätze, bei denen Massnahmen der Identifikation und Interventionen der einen Partei im Luftraum der anderen Partei notwendig sind. Das Abkommen wahrt dabei die Souveränität beider Staaten. Der Waffeneinsatz im Luftraum der anderen Vertragspartei ist explizit ausgeschlossen.

2.2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.2.1

Artikel 1 (Zweck)

Zum einen werden in diesem Abkommen die Bedingungen und Formen der bilateralen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraumes gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft festgelegt. Zum anderen wird die Rechtsstellung des involvierten Personals geregelt, das von einer Partei in das Staatsgebiet der anderen Partei entsandt wird.

Dieses Abkommen gilt ausdrücklich nicht für die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Massnahmen gegen militärische Bedrohungen aus der Luft, d. h. Luftverteidigung.

2.2.2

Artikel 2 (Begriffsbestimmungen)

In diesem Artikel werden die im Abkommen verwendeten Begriffe definiert.

Beim «Personal der entsendenden Partei» ist entscheidend, dass das militärische und zivile Personal der Streitkräfte und der Verteidigungsministerien (z. B. armasuisse) durch das Abkommen erfasst werden.

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SR 172.061

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Als «nichtmilitärische Bedrohung aus der Luft» wird jede Situation verstanden, bei welcher der Verdacht besteht, dass ein bemanntes oder unbemanntes Luftfahrzeug rechtswidrig verwendet wird und somit eine potenzielle Bedrohung einer Partei durch eine Verletzung ihrer Lufthoheit darstellt. Diese offene Formulierung stellt zum einen sicher, dass die künftige technische Weiterentwicklung in der Luftfahrt berücksichtigt ist. Zum anderen werden die nichtmilitärischen Bedrohungsfälle so definiert, dass heute unbekannte Bedrohungen möglichst abgedeckt sind, wenn die genannten Bedingungen erfüllt sind.

Die «Einsatzbehörde» bezeichnet die für die Durchführung von Massnahmen zur Sicherung des Luftraums jeweils national zuständige Behörde. Bei der Schweiz ist dies die Operationszentrale der Luftwaffe.

2.2.3

Artikel 3 (Souveränität)

Die im Abkommen vorgesehene Zusammenarbeit erfolgt unter Wahrung der Souveränität der Parteien und ändert nichts an der völkerrechtlichen Zuständigkeit der Parteien zur Sicherung ihres eigenen Luftraumes. Zur Sicherung einer wirksamen und effizienten Zusammenarbeit im grenzüberschreitenden Einsatz besitzen die Behörden der beiden Länder aber eine beschränkte Handlungskompetenz im Hoheitsgebiet des anderen Staates. Die Übernahme von Luftpolizeiaufgaben im Luftraum des anderen Staates ausserhalb des grenzüberschreitenden oder grenznahen Kontexts ist ausgeschlossen.

2.2.4

Artikel 4 (Umsetzung des Abkommens und Durchführungsvereinbarungen)

Die Umsetzung des Abkommens bedarf technischer Absprachen zwischen den beiden Parteien. Diese sollen im Rahmen von Durchführungsvereinbarungen zum Luftpolizeidienstabkommen erfolgen. Für die Umsetzung des Abkommens werden auf Schweizer Seite das VBS und auf österreichischer Seite das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport zum Abschluss der Durchführungsvereinbarungen ermächtigt. Auf der Basis dieses Artikels erhält das VBS die Kompetenz, in Absprache mit dem EDA (Direktion für Völkerrecht) die nötigen Durchführungsvereinbarungen mit Österreich abzuschliessen. Der Bundesrat kann, gestützt auf Artikel 48a Absatz 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19976 , die Kompetenz für den Abschluss von Verträgen mit beschränkter Tragweite an ein Departement, im vorliegenden Fall das VBS delegieren.

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SR 172.010

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2.2.5

Artikel 5 (Massnahmen der Zusammenarbeit)

In Absatz 1 dieses Artikels wird der schon im bisherigen Abkommen vorgesehene Austausch der Luftlagedaten und der Informationen zu den Interventionskapazitäten der Parteien gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft geregelt.

Die Absätze 2 und 3 dieses Artikels regeln die Massnahmen und Verfahren zur Identifikation eines verdächtigen Luftfahrzeugs und die allfällige Intervention. Die luftpolizeilichen Verfahren der beiden Staaten sind im Grundsatz identisch und basieren auf den Regeln der Internationalen Zivilluftfahrt-Behörde (ICAO). Die Identifikation umfasst die Überwachung und Verfolgung, die visuelle Identifizierung, die Begleitung, das Erstellen eines visuellen Nachweises sowie die Befragung.

Die Intervention umfasst die Aufforderung per Funk oder Zeichen zur Änderung der Flugroute oder zur Landung auf einem bezeichneten Flugplatz, die Erkennbarmachung der eigenen Anwesenheit sowie die Unterstreichung der gemachten Aufforderungen durch den Einsatz von Infrarotlockzielen («Flares»). Infrarotlockziele sind pyrotechnische Mittel, die bei ihrer Verwendung starke Hitze und Licht entwickeln und am Tag und während der Nacht vom abgefangenen Flugzeug aus deutlich zu sehen sind. Im Normalfall werden sie zur Ablenkung von Infrarot-Lenkwaffen verwendet, hier jedoch zur Signalisation der eigenen Präsenz. Infrarotlockziele verbrennen rückstandslos und werden bei Trainingsflügen regelmässig verwendet.

Im Luftpolizeidienst werden Flares in der Schweiz zur Erkennbarmachung und zur Warnung eingesetzt. Die Schweizer Luftwaffe setzt keine «Leuchtspurmunition» ein, wie dies gemäss ICAO vorgesehen wäre, sondern ersetzt diese durch Infrarotlockziele, die nicht als Waffe gelten und für das abgefangene Flugzeug ungefährlich sind. Dies ist in offiziellen Publikationen des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL), die an Flugzeugbesatzungen gerichtet sind, festgehalten.

Absatz 4 hält fest, dass in der Zusammenarbeit alle technischen Mittel eingesetzt werden dürfen, die zur Sicherung des Luftraumes beitragen. Damit wird sichergestellt, dass für die im Abkommen vorgesehene Zusammenarbeit künftige technische Entwicklungen genutzt werden können.

Absatz 5 regelt den Waffeneinsatz eindeutig. Jeglicher Waffengebrauch ist der entsendenden Partei im Staatsgebiet der empfangenden Partei verboten.

2.2.6

Artikel 6 (Grenzüberschreitender Einsatz)

Die Absätze 1­3 regeln die Verfahren für den Fall einer grenzüberschreitenden bilateralen Zusammenarbeit zur Sicherung des Luftraums gegen eine nicht-militärische Bedrohung. Dabei muss die Einsatzbehörde des entsendenden Staates zunächst entscheiden, ob ihre Flugzeuge zur Auftragserfüllung die Grenze überfliegen müssen.

Ist dies erforderlich, so informiert sie umgehend die Einsatzbehörde des empfangenden Staates. Die Erteilung einer speziellen Genehmigung ist mit Blick auf die kurzen Reaktionszeiten für diesen Fall nicht mehr notwendig. Hingegen koordinieren die beiden Einsatzbehörden den Einsatz der einfliegenden Luftfahrzeuge.

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In Absatz 3 ist zusätzlich vorgesehen, dass die empfangende Partei den Einsatz von Luftfahrzeugen der entsendenden Partei jederzeit örtlich wie auch zeitlich begrenzen oder dessen Beendigung verlangen kann.

Absatz 4: Im Regelfall übernimmt die Einsatzbehörde der empfangenden Partei die Leitung des Einsatzes der einfliegenden Luftfahrzeuge der entsendenden Partei so rasch als möglich und erteilt die notwendigen Anordnungen. Die Einsatzbehörde der empfangenden Partei stellt dabei sicher, dass die angeordneten Massnahmen nach diesem Abkommen zulässig sind.

Absatz 5: Ist die empfangende Partei zum Beispiel aus technischen Gründen ausserstande, die Leitung der einfliegenden Luftfahrzeuge der entsendenden Partei zu übernehmen, oder ist dies beispielsweise aufgrund des Grenzverlaufs oder Flugwegs unzweckmässig, kann die entsendende Partei alle Massnahmen ergreifen, die in Artikel 5 Absätze 2 und 3 des Abkommens vorgesehen sind.

2.2.7

Artikel 7 (Einsatz in grenznahen temporären Flugbeschränkungs- und Luftsperrgebieten)

In diesem Artikel sehen die Parteien die Möglichkeit der Schaffung von temporären Flugbeschränkungs- oder Luftsperrgebieten im grenznahen Raum vor. Dabei stimmen sich die Parteien so ab, dass diese national und nach dem jeweiligen nationalen Recht errichteten Gebiete einen sinnvollen zusammenhängenden Raum beidseits der Grenze ergeben.

Für die Dauer des Bestehens dieser Beschränkungs- bzw. Sperrgebiete können beide Parteien in diesem Luftraum alle notwendigen Massnahmen nach Artikel 5 Absätze 2 und 3 dieses Abkommens selbständig ergreifen, wobei sich die Einsatzbehörden koordinieren.

Mit der Schaffung dieser zusammenhängenden grenznahen Beschränkungs- bzw.

Sperrgebiete und deren Nutzung wird die bilaterale völkerrechtliche Grundlage für eine adäquate Luftraumsicherung beispielsweise für das WEF in Davos geschaffen.

Gleichzeitig ist die Regelung auf andere zeitlich befristete Ereignisse im grenznahen Raum anwendbar.

2.2.8

Artikel 8 (Unterstützungsmassnahmen)

Dieser Artikel beschreibt die Massnahmen, mit welchen die empfangende Partei die entsendende Partei im Rahmen von grenzüberschreitenden luftpolizeilichen Massnahmen unterstützt.

Dazu gehört, dass die Abfangflugzeuge im Einsatz grundsätzlich vorrangige Behandlung durch die Flugsicherungsdienste erhalten, um keine wertvolle Zeit zu verlieren.

Um frühzeitig eine Positionierung der Abfangflugzeuge in der Nähe der Grenze zu ermöglichen, sollen zudem Warteräume zugewiesen werden können. Auf diese Weise kann der Einsatz ohne zeitlichen Verzug übergeben werden.

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Die Flugzeuge beider Parteien sollen auch die Möglichkeit erhalten, bei Bedarf im anderen Land zu landen und wieder zu starten. Dies kann beispielsweise dann notwendig werden, wenn das Begleiten eines Flugzeugs oder die Aufforderung zur Landung aus Sicherheitsgründen so lange andauert, dass ein Rückflug der Abfangflugzeuge zum Heimatflugplatz nicht mehr möglich ist. Es kann zudem vorkommen, dass ein Abfangflugzeug je nach Missionsverlauf im anderen Land landen muss, da aufgrund des Missions-Verlaufs dort ein Flugplatz näher liegt als der Heimatflugplatz.

2.2.9

Artikel 9 (Gemeinsame Übungen)

In diesem Artikel sehen die Parteien vor, regelmässige gemeinsame Übungen im Bereich der bilateralen grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraumes gegen nicht-militärische Bedrohungen aus der Luft durchzuführen. Dies ist notwendig, um sicherzustellen, dass im Ereignisfall die Abläufe und Verfahren fehlerfrei angewandt werden können.

2.2.10

Artikel 10 (Flugsicherheit)

Für den Fall, dass im Laufe eines gemeinsamen Luftpolizeidiensteinsatzes Unfälle mit Flugzeugen passieren, ist es wichtig, dass die beiden Länder bei der Bewältigung zusammenarbeiten. Artikel 10 regelt die Modalitäten dieser Zusammenarbeit.

Die Führung der Untersuchung obliegt in jedem Fall dem jeweiligen Land, in dem der Unfall geschehen ist.

Die Zusammenarbeit bei der Untersuchung ist allerdings unabdingbar. Nur so können die Untersuchungsbehörden zeitgerecht zu den teilweise klassifizierten Daten gelangen und beide Länder möglichst schlüssige Erkenntnisse zur Verhinderung von zukünftigen Vorfällen ziehen.

2.2.11

Artikel 11 (Rechtsstellung)

Beim Einsatz der Streitkräfte im Rahmen dieses Abkommens werden die Bestimmungen des Übereinkommens vom 19. Juni 19957 zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (PfP-Truppenstatut) sowie des Zusatzprotokolls vom 19. Juni 19958 zum Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (Zusatzprotokoll zum PfP-Truppenstatut) angewendet, welche die Rechtsstellung des entsandten

7 8

SR 0.510.1 SR 0.510.11

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Personals während seines Aufenthalts im Staatsgebiet der empfangenden Partei und die Beurteilung von Schadenersatzansprüchen regeln.

2.2.12

Artikel 12 (Medizinische Versorgung)

Der gegenseitige Zugang zu medizinischer Versorgung wird gewährt. Der Aufenthaltsstaat sichert die kostenlose medizinische Versorgung bis zum Erstellen der Transportfähigkeit zu; alle darüber hinausgehenden Kosten müssen vom Entsendestaat getragen werden.

2.2.13

Artikel 13 (Kosten)

Jede Partei trägt ihre bei der Umsetzung des vorliegenden Abkommens anfallenden Kosten selbst.

2.2.14

Artikel 14 (Suspendierung)

Beide Parteien behalten sich vor, im Falle eines Krieges, eines Belagerungszustands, einer Krise oder beim Vorliegen anderer nationaler Interessen die Durchführung des Abkommens einseitig und gegebenenfalls mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Es obliegt somit den politischen Behörden des Bundes, beim Vorliegen von Gründen gemäss Artikel 14 zu entscheiden, ob der Vertrag z. B. aus neutralitätsrechtlichen oder -politischen Gründen ausgesetzt werden soll. Fällt der Grund für die Suspendierung weg, so kann das Abkommen mit sofortiger Wirkung wieder aufgenommen werden.

2.2.15

Artikel 15 (Beilegung von Streitigkeiten)

Die Klärung unterschiedlicher Auffassungen in Zusammenhang mit der Umsetzung oder Auslegung des Abkommens erfolgt auf dem Weg von Verhandlungen bzw.

Konsultationen.

2.2.16

Artikel 16 (Aufhebung bestehender Vereinbarungen)

Mit dem Inkrafttreten dieses Abkommens treten das Abkommen vom 15. April 20089 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Österreichischen Bundesregierung bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der Sicherung des Luftraums

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AS 2008 3751

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gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft sowie dessen Durchführungsvereinbarung vom 2. und 4. Juni 200810 ausser Kraft.

2.2.17

Artikel 17 (Schlussbestimmungen)

Das Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Es kann jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen abgeändert werden. Das Abkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann jedoch jederzeit durch eine Partei unter Beachtung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten gekündigt werden. Die bereits entstandenen Verpflichtungen bleiben dadurch unberührt.

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Das Abkommen ist mit keinerlei finanziellen Verpflichtungen für den Bund verbunden. Leistungen, die aufgrund dieses Abkommens erbracht werden, werden der Gegenpartei nicht in Rechnung gestellt.

Die Übertragung der erforderlichen Luftlagedaten zwischen der Schweiz und Österreich sowie der notwendige Unterhalt der entsprechenden Systeme verursachen jährliche Kosten in der Grössenordnung von 100 000 Franken, die mit Mitteln aus dem ordentlichen Budget des VBS finanziert werden. Es besteht jedoch kein zusätzlicher Personalbedarf.

Besteht Unterstützungsbedarf gemäss Artikel 8, kommen die jeweiligen Nationen für die eigenen Logistikkosten (Treibstoff, Materialtransport usw.) selbst auf.

Gegenseitige Übungen zur Erfüllung dieses Abkommens sind Bestandteil des ordentlichen Trainings der Luftwaffe und werden im Rahmen des aktuellen Budgets der Luftwaffe abgewickelt.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das Geschäft ist in der Botschaft des Bundesrates vom 27. Januar 201611 über die Legislaturplanung 2015­2019 nicht angekündigt. Der Grund liegt darin, dass die Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien erst nach der Verabschiedung der Legislaturplanung begonnen haben.

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11

Technische Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport handelnd für den Schweizerischen Bundesrat und dem Bundesminister für Landesverteidigung der Republik Österreich über den Austausch von Informationen und Daten über die Luftlage vom 2. und 4. Juni 2008.

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Das vorliegende Abkommen trägt zur Umsetzung der sicherheitspolitischen Strategie des Bundesrates bei, die er im Bericht «Die Sicherheitspolitik der Schweiz» vom 24. August 201612 vorgelegt hat.

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Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 BV fallen die auswärtigen Angelegenheiten in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Dieser ist für den Abschluss von Verträgen mit ausländischen Staaten zuständig. Aufgrund von Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung internationaler Verträge zuständig.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen internationale Verträge dem fakultativen Referendum, sofern sie von unbestimmter Dauer und nicht kündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder solche, deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Das vorliegende Abkommen kann jederzeit gekündigt werden (Art. 19 Abs. 3) und sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dazu erfordert die Umsetzung des Abkommens keinerlei Gesetzesänderung in der Schweiz.

Es bleibt damit zu klären, ob das Abkommen wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthält oder ob seine Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Unter rechtsetzenden Bestimmungen sind gemäss Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200213 Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Wichtige Bestimmungen sind im Übrigen solche, die nach innerstaatlichem Recht gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV in einem Gesetz im formellen Sinn zu erlassen sind.

Das vorliegende Abkommen regelt den juristischen Rahmen einer militärischen Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Österreich im Bereich der Sicherung des Luftraums. Es bezweckt einen erleichterten systematischen Austausch von Informationen, insbesondere zur allgemeinen Luftlage, sowie gemeinsame Massnahmen zur Identifikation von verdächtigen Flugobjekten beziehungsweise zur Intervention gegen solche. Ziel des Abkommens ist die Effizienzverbesserung bei der Zusammenarbeit mit Mitteln der Luftwaffen beider Vertragsstaaten im Falle einer nichtmilitärischen Bedrohung aus der Luft.

Das Abkommen enthält somit rechtsetzende Bestimmungen. Diese sind jedoch nicht als wichtig im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 BV einzustufen, da sie nicht den Erlass eines Gesetzes im formellen Sinne erforderten, würden sie auf nationaler Ebene erlassen. Im Übrigen wird die
militärische Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten im Bereich der Luftpolizei «unter Einhaltung der Souveränität sowie der jeweiligen Befugnisse jeder Partei» (Art. 3) erfolgen und der Einsatz von Waffen der entsendenden Partei im Staatsgebiet der empfangenden Partei ist nicht gestattet (Art. 5 Abs. 5). Ebenfalls gilt zu beachten, dass das geltende Abkommen mit Öster12 13

BBl 2016 7763 SR 171.10

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reich sowie die vergleichbaren Abkommen in diesem Bereich mit Deutschland, Frankreich und Italien nicht dem Referendum unterstellt wurden. Im Vergleich zu Letzteren erlaubt das vorliegende Abkommen zwar zusätzlich, dass die entsendende Partei die Leitung und den Einsatz von Identifikations- und Interventionsmassnahmen im Staatsgebiet der empfangenden Partei übernehmen kann. Allerdings gilt dies nur ausnahmsweise in den folgenden Fällen: wenn die empfangende Partei ausserstande ist, die Leitung und den Einsatz von Identifikations- und Interventionsmassnahmen im Rahmen der Zusammenarbeit zu übernehmen, wenn dies unzweckmässig wäre (Art. 6 Abs. 5) sowie beim Einsatz in vorab festgelegten temporären Flugbeschränkungs- und Luftsperrgebieten (Art. 7). Diese Bestimmungen sind ebenfalls nicht wichtig genug, als dass sie nach Artikel 164 Absatz 1 BV auf nationaler Ebene in Form eines Gesetzes im formellen Sinn zu erfolgen hätten.

Aus dem Vorhergehenden resultiert, dass der Bundesbeschluss über die Genehmigung dieses Abkommens nicht dem Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegt.

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