09.032 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (Rascherer Ausgleich der Folgen der kalten Progression bei der direkten Bundessteuer) vom 6. März 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

6. März 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-0095

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Übersicht Ziel dieser Vorlage ist es, dass durch einen rascheren Ausgleich der Folgen der kalten Progression das reale Einkommen der Steuerpflichtigen und die geschuldeten Steuern in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

Zudem soll die Finanzplanung verstetigt werden.

Von kalter Progression wird gesprochen, wenn eine steuerpflichtige Person beim Steuertarif in eine höhere Progressionsstufe gerät, weil ihr Einkommen aufgrund des Teuerungsausgleichs nominal gestiegen ist. Diese Person hat somit eine höhere Steuerbelastung zu tragen, obwohl ihre Kaufkraft gleich geblieben ist.

Das geltende Recht sieht zwar einen Ausgleich der Folgen der kalten Progression vor ­ nämlich dann, wenn sich die Teuerung seit dem letzten Ausgleich um 7 Prozent erhöht hat ­, die eher geringe Teuerung der letzten Jahre hat jedoch zur Folge, dass es jeweils mehrere Jahre dauert, bis die Voraussetzungen für einen Ausgleich gegeben sind. Dieser Umstand führt dazu, dass das geltende Recht: ­

zu einer unstetigen Finanzplanung des Bundes beiträgt;

­

immer wieder zu öffentlichen Diskussionen und Änderungsvorschlägen führt.

Mit Blick auf diese Nachteile der geltenden Regelung und auf verschiedene parlamentarische Vorstösse zu diesem Thema erachtet es der Bundesrat als sinnvoll, eine Neuregelung des Ausgleichs der Folgen der kalten Progression vorzuschlagen.

In der Anhörung wurden zwei Varianten für einen rascheren Ausgleich der Folgen der kalten Progression zur Diskussion gestellt ­ ein jährlicher Ausgleich und das Herabsetzen der Teuerungsschwelle auf 3 Prozent.

Der Grundsatz, dass die Folgen der kalten Progression künftig rascher ausgeglichen werden sollen, fand in der Anhörung allgemeine Zustimmung. Die Meinungen zur Art und Weise des künftigen Ausgleichs waren jedoch geteilt.

Mit der Herabsetzung der Teuerungsschwelle auf 3 Prozent werden die Folgen der kalten Progression rascher und häufiger ausgeglichen als nach der geltenden Regelung. Dies führt dazu, dass die geschuldeten Steuern dem realen Einkommen der Steuerpflichtigen besser entsprechen. Die Nachteile des jährlichen Ausgleichs, vor allem der erhöhte Aufwand, fallen weitgehend weg. Gleichzeitig trägt diese Lösung zu einer Verstetigung der Finanzplanung bei.

Der Bundesrat schlägt daher vor, die Folgen der kalten Progression künftig bei einer seit dem letzten Ausgleich kumulierten Teuerung von mindestens 3 Prozent auszugleichen. Erstmals soll dies für das Steuerjahr 2010 erfolgen, sofern dieses Gesetz spätestens in der Sommersession 2009 verabschiedet wird und die Referendumsfrist unbenützt abgelaufen ist. Weiter schlägt der Bundesrat vor, die in der Anhörung auf breite Zustimmung gestossenen weiteren Änderungsvorschläge,

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nämlich die Anwendung des Postnumerando-Tarifs auch bei Kapitalleistungen aus der Vorsorge und die Kompetenzdelegation an das EFD betreffend die künftigen Anpassungen, ebenfalls umzusetzen.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Geltendes Recht

Nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) werden die Folgen der kalten Progression bei der direkten Bundessteuer ausgeglichen, wenn sich der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) seit der letzten Anpassung um mindestens 7 Prozent erhöht hat.

Das letzte Mal wurden die Folgen der kalten Progression aufgrund des LIK per Ende 2004 für das Steuerjahr 2006 ausgeglichen. Damals wurde eine seit Ende 1995 aufgelaufene Teuerung von 7,6 Prozent ausgeglichen.

Per 31. Dezember 2008 hat sich die Teuerung seit dem letzten Ausgleich der Folgen der kalten Progression um 4,4 Prozent erhöht. Nach geltendem Recht sind die Voraussetzungen für einen Ausgleich der Folgen der kalten Progression per 1. Januar 2010 somit nicht gegeben. Ob die Schwelle von 7 Prozent seit dem letzten Ausgleich per Ende 2009 erreicht sein wird, ist fraglich. Wenn ja, würde nach geltendem Recht ein Ausgleich der Folgen der kalten Progression für das Steuerjahr 2011 erfolgen.

1.1.2

Parlamentarische Vorstösse

Am 23. September 2008 reichte die Freisinnig-demokratische Fraktion (FDP) im Nationalrat eine parlamentarische Initiative zum sofortigen Ausgleich der Folgen der kalten Progression ein. Die Initiative enthält zwei Forderungen: ­

Erstens soll im DBG festgehalten werden, dass der Ausgleich der Folgen der kalten Progression künftig jährlich entsprechend der Entwicklung des LIK vorgenommen wird.

­

Zweitens sollen mit einem neuen Artikel 215a DBG als Übergangsbestimmung zu Artikel 215 DBG die Folgen der kalten Progression ausserordentlich per 31. Dezember 2008 gemäss Indexstand am 1. Juli 2008 ausgeglichen werden.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) sprach sich am 14. Oktober 2008 dafür aus, der Initiative Folge zu geben.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) beschloss am 30. Oktober 2008 der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben.

Hingegen reichte die WAK-S die Motion 08.3753 Häufigerer Ausgleich der Kalten Progression ein.

Die WAK-N hat am 4. November 2008 beschlossen, der Initiative weiterhin Folge zu geben. Zugleich wurde die Motion 08.3754 Jährlicher Ausgleich der kalten Progression eingereicht.

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Der Ständerat beschloss am 2. Dezember 2008, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben sowie die Motion der WAK-S anzunehmen.

Der Nationalrat hat am 16. Dezember 2008 der parlamentarischen Initiative Folge gegeben und die Motion der WAK-N angenommen.

Zum Ausgleich der Folgen der kalten Progression sind somit im Parlament drei Vorstösse in Behandlung: 1.

08.452 Pa.Iv. FDP

2.

08.3753 Mo WAK-S: Häufigerer Ausgleich der Kalten Progression Der Bundesrat wird aufgefordert, rasch eine Änderung des DBG vorzulegen, wonach bei der Steuer vom Einkommen der natürlichen Personen die Folgen der kalten Progression in schnellerem Rhythmus ausgeglichen werden.

3.

08.3754 Mo WAK-N: Jährlicher Ausgleich der kalten Progression Der Bundesrat wird aufgefordert, per 1. Januar 2010 eine Änderung des DBG vorzunehmen, wonach bei der Steuer vom Einkommen der natürlichen Personen die Folgen der kalten Progression jährlich ausgeglichen werden.

Der Bundesrat hat dem Parlament die Annahme der Motion der WAK-S und die Ablehnung der Motion der WAK-N beantragt. Zur parlamentarischen Initiative der FDP konnte sich der Bundesrat noch nicht äussern. Er wird erst zur Stellungnahme eingeladen, wenn ein Vorentwurf samt erläuterndem Bericht der Kommission vorliegt (Art. 112 Abs. 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dez. 20021).

1.2

Anhörungsverfahren

1.2.1

Anhörungsvorlage

Am 26. November 2008 hat der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, bei den Kantonen, den politischen Parteien und den Dachverbänden der Wirtschaft eine Anhörung zu einem rascheren Ausgleich der Folgen der kalten Progression durchzuführen.

Das Anhörungsverfahren dauerte vom 5. Dezember 2008 bis zum 15. Januar 2009.

Insgesamt gingen 39 Stellungnahmen2 ein: 23 kantonale Finanzdirektionen, die städtische Steuerkonferenz (Schweiz), 5 Parteien und 10 Organisationen der Wirtschaft gaben Stellungnahmen ab.

Die in die Anhörung gegebene Vorlage sah vor, die Folgen der kalten Progression künftig rascher auszugleichen. Es wurden zwei Varianten zur Diskussion gestellt: ein jährlicher Ausgleich und ein periodischer Ausgleich bei Erreichen einer Teuerung von 3 Prozent. Die entsprechende Änderung des DBG sollte am ersten Tag des dem unbenützten Ablauf der Referendumsfrist folgenden Monats in Kraft treten.

Vorgesehen wurde auch, den ersten Ausgleich der Folgen der kalten Progression für das Steuerjahr 2010 vorzunehmen.

1 2

SR 171.10 Eine verspätete Stellungnahme konnte für den Ergebnisbericht nicht mehr berücksichtigt werden.

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1.2.2

Ergebnisse der Anhörung

Der Grundsatz, dass die Folgen der kalten Progression künftig rascher ausgeglichen werden sollen, findet allgemeine Zustimmung. Einzig die EVP votiert für einen ersatzlosen Verzicht auf das geplante Vorhaben, da dieses weder notwendig noch nachhaltig sei.

Der jährliche Ausgleich der Folgen der kalten Progression wird von drei Kantonen, der FDP, der SVP und seitens der Wirtschaft von Economiesuisse, dem Schweizerischen Gewerbeverband, dem Schweizerischen Bauernverband, dem Kaufmännischen Verband Schweiz, der Schweizerischen Bankiervereinigung und dem Centre Patronal unterstützt.

Die Mehrheit der Kantone (13), die CVP, die SP sowie der Schweizerische Gewerkschaftsbund, die Städtische Steuerkonferenz (Schweiz), Travail.Suisse und der Gewerbeverband des Kantons Luzern sprechen sich für die Herabsetzung der Teuerungsschwelle auf 3 Prozent aus.

Sieben Kantone und zwei Organisationen der Wirtschaft schlagen weitere Varianten vor (Ausgleich der Folgen der kalten Progression bei einer Teuerung von 5 oder 4 Prozent; jährlicher Ausgleich der Folgen der kalten Progression, sofern eine Mindestteuerung von 1, 2 oder 3 Prozent gegeben ist).

Die übrigen Vorschläge ­ die Anwendung des Postnumerando-Tarifs auch bei Kapitalleistungen aus der Vorsorge und die Kompetenzdelegation an das EFD betreffend die künftigen Anpassungen ­ finden allgemeine Zustimmung.

1.3

Die beantragte Neuregelung

Die Anhörung ergab kein eindeutiges Ergebnis bezüglich der Art und Weise des künftigen Ausgleichs der Folgen der kalten Progression (vgl. Ziff. 1.2.2). Als Hauptargument für einen jährlichen Ausgleich wird angeführt, dass mit dieser Lösung die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit am besten gewährleistet wird, da die geschuldeten Steuern dem realen Einkommen der Steuerzahler besser entsprechen. Der administrative Mehraufwand sei verkraftbar. Gegen einen jährlichen Ausgleich wird vor allem vorgebracht, dass bei geringer Teuerung ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen bestehe. Der Umsetzungsaufwand für die Kantone und gegebenenfalls die Gemeinden sei zu gross (jährliche Anpassung der EDV-Systeme, der Steuererklärungsformulare, Wegleitungen, Weisungen). Wegen der Quellensteuer sei auch der entsprechende Aufwand bei den Arbeitgebern gross. Dagegen sei der Nutzen für die meisten Steuerpflichtigen zu gering. Für diejenigen, die eine Herabsetzung der Teuerungsschwelle auf 3 Prozent befürworten, ist wesentlich, dass bei dieser Lösung der Ausgleich rascher als bei der geltenden Regelung erfolgt, und dass die Nachteile des jährlichen Ausgleichs, vor allem der unverhältnismässige Aufwand, weitgehend vermieden werden können.

Nutzen und Kosten hielten sich die Waage. Wer diese Lösung ablehnt, ist entweder für den jährlichen Ausgleich oder befürwortet eine andere Lösung.

Mit der Herabsetzung der Teuerungsschwelle auf 3 Prozent erfolgt der Ausgleich der Folgen der kalten Progression rascher und häufiger als nach der geltenden Regelung. Dies führt dazu, dass die geschuldeten Steuern dem realen Einkommen der 1662

Steuerpflichtigen besser entsprechen. Die Nachteile des jährlichen Ausgleichs, vor allem der erhöhte Aufwand, fallen weitgehend weg. Gleichzeitig trägt diese Lösung zu einer Verstetigung der Finanzplanung bei.

Der Bundesrat schlägt daher vor, die Folgen der kalten Progression künftig bei einer seit dem letzten Ausgleich kumulierten Teuerung von mindestens 3 Prozent auszugleichen. Weiter schlägt der Bundesrat vor, die in der Anhörung auf breite Zustimmung gestossenen weiteren Bestimmungen, wie die Anwendung des Postnumerando-Tarifs bei Kapitalleistungen aus der Vorsorge und die Kompetenzdelegation an das EFD betreffend die künftigen Anpassungen, neu zu regeln.

Tritt die vorgeschlagene Gesetzesänderung wie vorgesehen noch 2009 in Kraft (was nur möglich ist, wenn das Gesetz in der Sommersession verabschiedet wird und die Referendumsfrist unbenützt abgelaufen ist), so wird im Steuerjahr 2010 die seit dem letzten Ausgleich aufgelaufene Teuerung von 4,4 Prozent (LIK-Stand 31.12.2008) ausgeglichen werden.

2 Art. 38

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln Kapitalleistungen aus Vorsorge

Abs. 2 Der Verweis auf die Tarife gemäss Artikel 214 erlaubt es, die Kapitalleistungen aus der Vorsorge künftig ebenfalls gemäss den tieferen Postnumerando-Tarifen zu besteuern. Aufgrund eines gesetzgeberischen Versehens wird im geltenden Recht auf Artikel 36 und damit auf die Pränumerando-Tarife verwiesen. Die vorliegende Gesetzesänderung bietet die Gelegenheit, dieses Versehen zu korrigieren. Damit kommen die Pränumerando-Tarife bei der direkten Bundessteuer nirgends mehr zur Anwendung.

Abs. 3 Der Verweis auf Artikel 35 wird obsolet. Auf einen Verweis wird daher verzichtet.

Art. 39

Ausgleich der Folgen der kalten Progression

Abs. 2 und 3 Artikel 39 bezieht sich auf die Pränumerando-Tarife, die keine Anwendung mehr finden, weil alle Kantone die Postnumerando-Methode anwenden. Da jedoch die Bereinigung des Gesetzestextes noch ausstehend ist, wird Artikel 39 Absätze 2 und 3 analog zu Artikel 215 Absätze 2 und 3 aus formellen Gründen geändert. Zum Inhalt siehe die Bemerkungen zu Artikel 215.

Art. 215

Ausgleich der Folgen der kalten Progression

Abs. 2 Absatz 2 enthält zwei Neuerungen. Erstens sollen die Folgen der kalten Progression ausgeglichen werden, wenn sich die Teuerung seit dem letzten Ausgleich um mindestens 3 Prozent erhöht hat. Die Folgen der kalten Progression werden damit rascher und häufiger ausgeglichen als nach geltendem Recht. Dies wird dazu führen, 1663

dass die geschuldeten Steuern dem realen Einkommen der Steuerpflichtigen besser entsprechen.

Nach ständiger Praxis werden die Folgen der kalten Progression bezüglich der nach dem letzten Ausgleich neu eingeführten oder geänderten Abzüge oder Tarife durch Anpassung an den im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser neuen oder geänderten Abzüge oder Tarife massgebenden Stand des LIK ausgeglichen. Kommt es also für das Steuerjahr 2010 zu einem Ausgleich der Folgen der kalten Progression nach dem Stand des LIK am 31. Dezember 2008, so wird für den Ausgleich der Folgen der kalten Progression beispielsweise bezüglich der Sofortmassnahmen bei der Ehepaarbesteuerung nicht die zwischen Ende 2004 (dem massgebenden Zeitpunkt beim letzten Ausgleich) und Ende 2008 aufgelaufene Teuerung von 4,4 Prozent herangezogen, sondern die zwischen Ende 2006 und Ende 2008 aufgelaufene Teuerung von 2,7 Prozent.

Mit der hier beispielhaft beschriebenen ständigen Praxis wird sichergestellt, dass die vom Gesetzgeber festgelegten Belastungsrelationen durch die Teuerung und den darauf gestützten Ausgleich der Folgen der kalten Progression nicht verzerrt werden.

Die zweite Neuerung betrifft die Delegation der Kompetenz zur Anpassung der Tarife und Abzüge an das EFD. Der Ausgleich der Folgen der kalten Progression ist ein technischer Vorgang, bei dem kein Ermessensspielraum bleibt. Im Sinne einer effizienten Verwaltungsführung ist es daher sinnvoll, direkt das zuständige Departement mit dieser Aufgabe zu betrauen.

Abs. 3 Im Hinblick auf einen anstehenden Ausgleich der Folgen der kalten Progression werden die Tarife und Abzüge in der Verordnung des EFD jeweils angepasst und publiziert. Somit erübrigt sich künftig eine spezielle Orientierung der Bundesversammlung über den erfolgten Ausgleich. Die Bestimmung kann daher aufgehoben werden.

Art. 205c

Übergangsbestimmung

Sofern die vorliegenden Gesetzesänderungen von den eidgenössischen Räten spätestens in der Sommersession 2009 verabschiedet werden und die Referendumsfrist unbenützt abgelaufen ist, passt das EFD mittels einer Verordnung die Tarife und die Abzüge für das Steuerjahr 2010 an den Stand des LIK am 31. Dezember 2008 an.

Damit wird die seit dem letzten Ausgleich der Folgen der kalten Progression aufgelaufene Teuerung von 4.4 Prozent ausgeglichen werden (für die Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Ausgleich von Elementen der Sofortmassnahmen bei der Ehepaarbesteuerung vgl. die obigen Ausführungen zu Art. 215 Abs. 2 DBG). Da bei der Quellensteuer, anders als bei der ordentlichen Veranlagung, das Steuer- und das Bezugsjahr zusammenfallen, wirkt sich die Änderung bezüglich der Erhebung der Quellensteuer bereits im Jahr 2010 aus. Damit die Erhebung der Quellensteuer durch die Steuerbehörden, die Arbeitgeber und die Vorsorgeeinrichtungen vorbereitet werden kann, müssen die neuen Tarife und Abzüge rechtzeitig, d.h. mehrere Monate im Voraus, bekannt sein. Bei Verabschiedung der vorliegenden Gesetzesänderung spätestens in der Sommersession 2009 bleibt den betroffenen Stellen genügend Zeit zur Vorbereitung, sodass die Folgen der kalten Progression bereits für das Steuerjahr 2010 ausgeglichen werden können.

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Werden die hier vorgeschlagenen Gesetzesänderungen jedoch erst nach der Sommersession 2009 verabschiedet, so erfolgt der erstmalige Ausgleich der Folgen der kalten Progression wegen der genannten Gegebenheiten bei der Quellensteuer frühestens für das Steuerjahr 2011.

Inkraftsetzung Die vorgeschlagenen Änderungen sollen am ersten Tag des dem unbenützten Ablauf der Referendumsfrist folgenden Monats in Kraft treten. Sofern die Vorlage in der Sommersession 2009 verabschiedet wird und kein Referendum ergriffen wird, kann die Gesetzesänderung voraussichtlich im Oktober 2009 in Kraft treten. Dies ermöglicht es, den Ausgleich per 1. Januar 2010 umzusetzen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung wird die Kantone jedoch schon nach der Verabschiedung der Gesetzesänderungen in der Sommersession 2009 schnellstmöglich über die neuen Tarife und Abzüge informieren müssen, damit ­ insbesondere im Hinblick auf die Quellensteuer ­ die notwendigen Anpassungen rechtzeitig vorgenommen werden können.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht einen Ausgleich der Folgen der kalten Progression für das Steuerjahr 2010 aufgrund der bis Ende 2008 seit dem letzten Ausgleich (Indexstand Ende 2004) aufgelaufenen Teuerung von 4,4 Prozent vor. Dieser Ausgleich wird das Finanzplanjahr 2010 nahezu unverändert lassen, da die direkte Bundessteuer für das Steuerjahr 2010 im Allgemeinen erst im Jahr 2011 (zunächst provisorisch, dann meistens auch definitiv) bezogen wird. Nur die Quellensteuern werden bereits im Jahr 2010 bezogen, sie fallen allerdings finanziell wenig ins Gewicht.

Im Finanzplanjahr 2011 dürften hingegen Mindererträge von rund 430 Millionen Franken resultieren, das entspricht erfahrungsgemäss etwa 85 Prozent des durch den Ausgleich verursachten Rückgangs des Sollertrags für das Steuerjahr 2010 von rund 500 Millionen Franken. Von den Mindererträgen im Finanzplanjahr 2011 gingen rund 17 Prozent oder 70 Millionen Franken als Kantonsanteile zulasten der Kantone.

Im Finanzplanjahr 2012 ist dann die direkte Bundessteuer des Steuerjahres 2011 fällig. In diesem Steuerjahr könnte der neue, raschere Ausgleich erstmals zur Anwendung kommen. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass sich die Teuerung seit dem letzten Ausgleich um 3 Prozent erhöht hätte. Massgeblich ist somit für das Steuerjahr 2011 die in einem einzigen Jahr (zwischen dem 31. Dezember 2008 und dem 31. Dezember 2009) aufgelaufene Teuerung. Angesichts einer in der Regel deutlich unter 3 Prozent liegenden jährlichen Teuerungsrate in der Schweiz dürfte für das Steuerjahr 2011 kein Ausgleich der Folgen der kalten Progression erfolgen müssen, sondern erst ein oder gar zwei Jahre später.

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3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Kantone sind von der vorgesehenen Gesetzesänderung betroffen, da ihnen 17 Prozent der Einnahmen aus der direkten Bundessteuer zustehen (Art. 196 DBG).

Siehe dazu die Ausführungen unter Ziffer 3.1

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Der auf das Steuerjahr 2010 vorgesehene Ausgleich der Folgen der kalten Progression ist angesichts der zusehends schwächeren Konjunkturlage zweifellos als günstig zu beurteilen. Der neue, raschere Ausgleichsrhythmus trägt zu einer Verstetigung der Finanzplanung des Bundes bei, welche aus volkswirtschaftlicher Sicht positiv zu werten ist. Zudem werden durch die Verringerung ungerechtfertigter «kalter» Steuererhöhungen Verzerrungen abgebaut, die sich heute aufgrund negativer Sparund Arbeitsanreize ergeben.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 23. Januar 20083 über die Legislaturplanung 2007­2011 noch im Bundesbeschluss vom 18. September 20084 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt. Der Bedarf, den Anpassungsmechanismus beim Ausgleich der Folgen der kalten Progression zu ändern, ergab sich erst im Verlauf des Jahres 2008, als einerseits im ersten Halbjahr die Teuerung markant zunahm und sich andererseits ab Herbst die wirtschaftlichen Aussichten im Zuge der Finanzkrise verschlechterten.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Nach Artikel 128 der Bundesverfassung (BV)5 kann der Bund direkte Steuern auf dem Einkommen natürlicher Personen erheben (Abs. 1 Bst. a). Bei der Steuer auf dem Einkommen der natürlichen Personen werden die Folgen der kalten Progression periodisch ausgeglichen (Abs. 3).

Nach Artikel 129 BV legt der Bund Grundsätze über die Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden fest; er berücksichtigt die Harmonisierungsbestrebungen der Kantone (Abs. 1). Die Harmonisierung erstreckt sich auf die Steuerpflicht, den Gegenstand und die zeitliche Bemessung der Steuern, das Verfahrensrecht und das Steuerstrafrecht. Von der Harmonisierung ausgenommen bleiben insbesondere die Steuertarife, die Steuersätze und die Steuerfreibeträge (Abs. 2). Beim Ausgleich der Folgen der kalten Progression werden die Tarife und die Abzüge, die massgeblich sind zur Festlegung der geschuldeten Steuern, an die Teuerung angepasst. Da die Tarifgestaltung in der Kompetenz der Kantone liegt, 3 4 5

BBl 2008 753 BBl 2008 8543 SR 101

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findet sich in Artikel 129 BV und konsequenterweise im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG)6 auch keine Bestimmung über den Ausgleich der Folgen der kalten Progression. Der vorliegende Gesetzesentwurf betrifft somit nur die direkte Bundessteuer.

5.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dem EFD die Kompetenz zum Ausgleich der Folgen der kalten Progression zu übertragen. Diese Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen an das EFD ist gerechtfertigt. Der Grundsatz, dass die Folgen der kalten Progression bei der direkten Bundessteuer auszugleichen sind, ist in der Verfassung festgelegt. Die Art und Weise des Ausgleichs wird im DBG geregelt. Beim daraufhin durchzuführenden Ausgleich der Folgen der kalten Progression handelt es sich um einen technischen Vorgang, bei dem kein Ermessensspielraum bleibt. Im Sinne einer effizienten Verwaltungsführung ist es daher sinnvoll, direkt das zuständige Departement mit dieser Aufgabe zu betrauen.

6

SR 642.14

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