08.081 Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen) vom 12. Dezember 2008

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zur Änderung des Mietrechts im Obligationenrecht mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2006 M

06.3015

Verbesserte Überwälzung energetisch wirksamer Massnahmen im Gebäudebereich (N 15.06.06, Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie; S 20.03.07; N 11.06.07)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. Dezember 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2008-1997

347

Übersicht Die vorgeschlagene Änderung des Mietrechts setzt an den wichtigsten Schwachstellen des geltenden Rechts an. Sie bezweckt die Abkehr von der Kostenmiete und die Einführung der Index- und Vergleichsmiete. Damit werden ein fairer Interessenausgleich, die Vereinfachung der mietrechtlichen Regeln, bessere Transparenz sowie eine Verstetigung der Mietzinsentwicklung angestrebt.

Das heutige Mietrecht als Teil des Obligationenrechts (OR) ist am 1. Juli 1990 in Kraft getreten. Es stützt sich auf Artikel 109 der Bundesverfassung. Das Recht ist in der Praxis zwar eingespielt, weist jedoch Schwachstellen auf, die dazu führten, dass von Mieter- und Vermieterkreisen, aber auch vom Bankensektor und weiteren Kreisen regelmässig Forderungen nach einer Revision gestellt wurden. Am 18. Mai 2003 gelangte die Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» des Schweizerischen Mieterinnenund Mieterverbandes zur Abstimmung. Die Initiative verlangte eine Glättung des für Mietzinsanpassungen massgebenden Hypothekarzinssatzes und eine Verstärkung des Kündigungsschutzes. Sie wurde von Volk und Ständen abgelehnt. Auch der Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament, welcher am 8. Februar 2004 zur Abstimmung gelangte, wurde abgelehnt. Er sah eine Anpassung der Mietzinse an die Teuerung im Umfang von 100 Prozent vor. Zusätzlich hätten die Vermieterinnen und Vermieter die Möglichkeit gehabt, die Mietzinse aufgrund eines Vergleichsmietemodells periodisch zu erhöhen.

Eine weitere Vorlage, welche die Wahl zwischen Indexmiete und Kostenmiete vorsah, wurde in einer 2006 durchgeführten Vernehmlassung sehr kontrovers beurteilt und daher nicht weiterverfolgt.

Der Handlungsbedarf im Mietrecht blieb jedoch bestehen. Dieses ist über weite Strecken mangelhaft und entspricht hinsichtlich der Mietzinsgestaltung aufgrund der Entwicklung der Hypothekarzinssätze nicht mehr der wirtschaftlichen Realität.

Deshalb änderte der Bundesrat in einem ersten Schritt die Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG). Die Änderung ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Sie führte einen in der ganzen Schweiz anwendbaren Referenzzinssatz für Mietzinsanpassungen aufgrund von Hypothekarzinsänderungen ein.

Der vorliegende Revisionsentwurf basiert auf einer Konsenslösung, zu welcher die Mieter- und Vermieterverbände nach mehrmonatigen
Verhandlungen am 13. November 2007 Hand boten. Der gestützt darauf ausgearbeitete Gesetzesentwurf wurde im Frühjahr 2008 in der Vernehmlassung grossmehrheitlich positiv beurteilt, auch wenn in einzelnen wichtigen Punkten Differenzen verblieben.

Im Vordergrund der Revision steht die Aufhebung der Koppelung der Mietzinse an die Hypothekarzinssätze. Neu sollen die Mietzinse der Entwicklung der Teuerung folgen. Der Wechsel von einem Modell der Kostenmiete zu einem Indexsystem soll die Mietzinsgestaltung vereinfachen und transparenter machen. Heute kann bereits ein Anstieg des Hypothekarzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte zu Mietzinserhöhungen von 3 Prozent führen. Die Anbindung der Mietzinse an die Teuerung hat dem-

348

gegenüber den Vorteil, dass die Mietzinse nur noch moderat ansteigen werden.

Zudem wird die Mietzinsentwicklung für beide Parteien besser abschätzbar.

Auf teilweise heftige Opposition von vielen Seiten stiess in der Vernehmlassung die volle Überwälzung des Landesindexes der Konsumentenpreise auf die Mietzinse.

Deshalb hat der Bundesrat das Indexierungsmodell überdacht und zusätzliche Abklärungen in Auftrag gegeben. Gestützt auf deren Ergebnisse unterbreitet er ein modifiziertes System: Für die Anpassung der Mietzinse ist als Basis ein Landesindex massgebend, bei welchem die Wohn- und Energiekosten ausgeschlossen werden.

Eine allenfalls mögliche Spiralwirkung bezogen auf den Mietzinsanteil des Indexes wird dadurch vermieden. Ebenso eine doppelte Verrechnung im Falle der Energiekosten, deren Steigerung bei den jährlichen Nebenkostenabrechnungen berücksichtigt wird. Bei einem gesunkenen Indexstand ist der Mietzins entsprechend herabzusetzen.

Ob der Anfangsmietzins für Wohnräume missbräuchlich ist, soll anhand eines Vergleichsmietemodells überprüft werden. Die Vergleichsmieten werden mit einer anerkannten statistischen Methode ermittelt. Anschliessend ist eine Überprüfung des Mietzinses nur noch aufgrund der gesetzlichen und vertraglichen Anpassungsregeln möglich.

Die Vereinbarung gestaffelter Mietzinse oder der Umsatzmiete bei Geschäftsräumen ist weiterhin möglich, ebenso die Erhöhung aufgrund von Mehrleistungen der vermietenden Partei. Eine Handänderung der Liegenschaft ist hingegen kein Anpassungsgrund mehr.

Für gemeinnützige Wohnbauträger und die öffentliche Hand als vermietende Partei regelt der Bundesrat die Mietzinsgestaltung nach dem Grundsatz der Kostenmiete.

Beim Kündigungsschutz sind keine Änderungen vorgesehen. Dieser Bereich war in der Vergangenheit weniger umstritten als die Mietzinsgestaltung. Generell wird bisheriges Recht, das sich bewährt hat, beibehalten.

Mit den Übergangsbestimmungen wird sichergestellt, dass mietzinsrechtliche Senkungs- oder Erhöhungsansprüche, die nach bisherigem Recht entstanden sind, weiterhin geltend gemacht werden können. Der vermietenden Partei wird zudem das Recht eingeräumt, während längstens fünf Jahren seit Inkrafttreten des neuen Rechts den Mietzins nach altem Recht anzupassen, solange der Referenzzinssatz den Wert von 4,5 Prozent nicht übersteigt.

349

Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Vorbemerkungen 1.1.2 Die aktuelle Lage auf dem Mietwohnungsmarkt 1.1.3 Das geltende Mietrecht 1.1.4 Schwachstellen ­ Handlungsbedarf 1.1.5 Die Revisionsbestrebungen 1.2 Die zentralen Anliegen der Revision 1.2.1 Leitlinien der Revision 1.2.2 Vernehmlassungsverfahren 1.2.3 Wichtige Abweichungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf 1.2.4 Die wichtigsten Änderungen 1.2.5 Verhältnis zum europäischen Recht 1.2.6 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

352 352 352 353 354 356 357 359 359 360 362 362 363 363

2 Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen 2.1 Allgemeine Erläuterungen 2.1.1 Indexmiete 2.1.2 Neue Definition der Missbräuchlichkeit 2.1.3 Vergleichsmietemodell 2.1.4 Mietzinsanpassungen und Mietzinsanfechtungen 2.2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.2.1 Allgemeine Bestimmungen 2.2.2 Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen des Vermieters bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen 2.2.3 Übergangsbestimmungen zur Änderung des Achten Titels

364 364 364 367 367 370 371 371 372 381

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.4 Auswirkungen auf die Informatik

383 383 384 384 385

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

385

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

386 386 386

350

Anhang 1 Rechtsvergleich

387

Anhang 2 Grafik: Mieten im historischen Verlauf bei unterschiedlicher Anpassung an den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) 393 Obligationenrecht (OR) (Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen) (Entwurf)

395

351

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Vorbemerkungen

Die Wohneigentumsquote ist in der Schweiz im internationalen Vergleich niedrig.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in Mietwohnungen oder gemieteten Häusern. Der Mietwohnungsmarkt bildet einen der grössten Märkte der schweizerischen Volkswirtschaft. Auch Geschäftsräume werden häufig gemietet und nicht gekauft.

Dem Verhältnis zwischen Vermieterschaft und Mieterschaft kommt daher eine grosse Bedeutung zu. Das Mietrecht gilt als einer der empfindlichsten Bereiche der Wohnungspolitik. Es regelt nicht nur die Nutzungs- und Verfügungsgewalt für ein lebenswichtiges Gut, zu dem in der Regel starke emotionale Bindungen bestehen.

Der Eingriff mit rechtlichen Regelungen in die Gestaltung der Mietverhältnisse wirkt sich auch auf die Wohnungsproduktion, die Boden-, Bau- und Kapitalmärkte sowie auf die gesamte Volkswirtschaft aus. Das Mietrecht berührt unterschiedliche Interessen, was zu Zielkonflikten und politischen Auseinandersetzungen führt.

Die Regeln zum Schutz der Mieterinnen und Mieter sind stark umstritten. Wer den freien Markt befürwortet argumentiert, dass bei staatlichen Eingriffen z.B. die Investitionen gedämpft, der Wohnraum nicht effizient genutzt, die Mobilität und die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes behindert werden. Wer die freie Mietpreisbildung kritisiert, stellt dagegen soziale Überlegungen in den Vordergrund. Dazu gehören der Schutz wirtschaftlich schwacher Bevölkerungsgruppen, die Verbundenheit mit dem Ort oder tragbare Wohnkosten.

Vor diesem Hintergrund stellt sich im Mietrecht die grundsätzliche Frage, wieweit der Staat die Vertragsfreiheit zwischen den Mietparteien beschränken soll. Während die eine Seite auf die Besonderheiten des Wohnungsmarktes hinweist (hohe Transaktionskosten, mangelnde Verkehrsfähigkeit des gehandelten Gutes, lokale Monopolbildungen, schlechte Transparenz usw.) und deshalb regulatorische Eingriffe des Staates als notwendig erachtet, hält die andere Seite solche für überflüssig und kontraproduktiv.

Eine völlig freie Mietpreisbildung kannte die Schweiz seit dem 2. Weltkrieg nur in den Jahren 1971 und 1972 während rund 18 Monaten. In der ganzen übrigen Zeit war die Vertragsfreiheit eingeschränkt. Dabei fand bezüglich der Intensität der Eingriffe eine graduelle Lockerung von der Mietzinskontrolle über die Mietzinsüberwachung zur Missbrauchsbekämpfung
statt. Heute stellt der Mieterschutz ein weitherum akzeptiertes Element der Sozialgesetzgebung dar. In ökonomischer Betrachtung zeigt sich, dass die mietende Partei aufgrund von hohen Umzugs- und sozialen Kosten in einer schlechteren Verhandlungsposition ist und deshalb ­ zumindest während der Dauer des Mietverhältnisses ­ eines Schutzes gegenüber Forderungen der Vermieterschaft bedarf.

Wettbewerbsrechtliche Bestimmungen oder allgemeine privatrechtliche Instrumente wie das Wucherverbot und die Verhinderung der Ausnutzung einer persönlichen Notlage genügen nicht zum Schutz der Mieterinnen und Mieter. Gemäss Artikel 109

352

der Bundesverfassung (BV)1 ist der Bund verpflichtet, Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen, namentlich gegen missbräuchliche Mietzinse, sowie über die Anfechtbarkeit missbräuchlicher Kündigungen und die befristete Erstreckung von Mietverhältnissen zu erlassen.

Unbestritten ist aber, dass nicht nur Missbräuche zu verhindern, sondern für die Vermieterseite auch eine angemessene Verzinsung und die Erhaltung des investierten Kapitals sicherzustellen sind. Ebenfalls weitherum anerkannt wird die Tatsache, dass der Markt als Lenkungsinstrument eine ökonomisch effiziente Verwendung knapper Güter gewährleistet. Bei der Umsetzung des Verfassungsauftrags gilt es daher sicherzustellen, dass der Anreiz für Investitionen in den Mietwohnungsmarkt genügend gross ist.

1.1.2

Die aktuelle Lage auf dem Mietwohnungsmarkt

Laut Volkszählung gab es im Jahr 2000 schweizweit 1,816 Millionen bewohnte Mietwohnungen. Ebenfalls zu dieser Kategorie werden in der Regel die 113 500 Wohnungen von Genossenschaften sowie die rund 50 000 Frei-, Dienst- und Pächterwohnungen gezählt. Aufgrund der seither hohen Bautätigkeit stieg die Anzahl Mietwohnungen nochmals um über 100 000 Einheiten. Rund 60 Prozent aller bewohnten Wohnungen werden somit in Miete bewohnt. Weil die Eigentümerwohnungen im Durchschnitt von grösseren Haushalten belegt sind als die Mietwohnungen, liegt der Anteil der Mieterinnen und Mieter an der Bevölkerung etwas tiefer, nämlich bei 55 Prozent. Den Mieterhaushalten stehen durchschnittlich pro Kopf rund 39 m2 Wohnfläche zur Verfügung, den Eigentümerhaushalten 50 m2. Mehr als die Hälfte der Mietwohnungen gehört Privatpersonen, ein gutes Viertel institutionellen Einrichtungen. Der Rest verteilt sich auf Genossenschaften, die öffentliche Hand und andere Eigentumskategorien.

Die Leerwohnungsquote hat sich nach einem Höchststand im Jahr 1998 (1,85 Prozent) bis 2003 kontinuierlich zurückgebildet. Seit fünf Jahren liegt sie relativ stabil bei rund 1 Prozent. Dabei ist die Quote bei Mietwohnungen traditionell höher als diejenige im Eigentumsbereich. Bei den Mietwohnungen betrug sie 2008 beispielsweise rund 1,4 Prozent. Vor allem in den wirtschaftlichen Zentren und deren Agglomerationen sind Mietwohnungen allerdings knapp.

Nachdem in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre aufgrund der damals hohen Leerstände die Wohnungsproduktion, vor allem jene im Mietwohnungsbereich, stark zurückgefahren wurde, hat sie ab 2003 wieder angezogen. Seither wurde vorwiegend in den Eigentumssektor investiert. In jüngerer Zeit hat aber die Produktion von Mietwohnungen ­ vor allem im höheren Segment ­ wieder zugenommen, auch wenn gegenwärtig immer noch deutlich mehr als die Hälfte der Wohnungen für den Eigentumssektor erstellt wird.

Die Investitionen in Gebäude- und Wohnungserneuerungen haben in den letzten Jahren tendenziell zugenommen. Sie sind jedoch für eine Substanzerhaltung vor allem im unteren Mietwohnungssegment ungenügend. Hier würden die Investitionen häufig zu Mietzinsen führen, welche auf dem Markt nicht bezahlt werden.

1

SR 101

353

Der durchschnittliche Netto-Mietzins betrug im November 2003 gut 1100 Franken pro Monat. Teurer waren naturgemäss neuere oder grössere Wohnungen. Auch für Wohnungen in Grosszentren oder an attraktiven Lagen muss mehr bezahlt werden.

Seit diesem Zeitpunkt hat sich der Mietpreisindex um 10,2 Prozent erhöht, der Landesindex der Konsumentenpreise jedoch nur um 6,4 Prozent. Vor allem in den Jahren 2006 und 2007 tat sich die Schere zwischen den Indizes auf. Gründe dafür waren einerseits sehr tiefe allgemeine Teuerungsraten, andererseits Verknappungstendenzen auf dem Mietwohnungsmarkt infolge stärkeren Bevölkerungswachstums als in der ersten Hälfte des Jahrzehnts. Dieses Wachstum ist vor allem auf die höhere Zuwanderung infolge der ausserordentlich guten konjunkturellen Lage zurückzuführen. Weiter war im Sommer 2007 eine Erhöhung der Hypothekarzinssätze um einen Viertel-Prozentpunkt zu verzeichnen. Einen weiteren Anstieg der Hypothekarzinssätze im gleichen Ausmass gab es im Jahr 2008.

Die Mieterhaushalte geben seit etlichen Jahren im Durchschnitt rund 20 Prozent des Bruttoeinkommens für die Wohnungsmiete inklusive Nebenkosten aus. Die Konstanz dieser durchschnittlichen Mietbelastung belegt, dass mit den im Zeitverlauf gestiegenen Haushalteinkommen tendenziell mehr Wohnfläche konsumiert wird.

Fast jeder vierte Haushalt ist jedoch mit Brutto-Mietbelastungen von über 25 Prozent konfrontiert. Darunter sind Haushalte mit geringen Einkommen erwartungsgemäss besonders häufig vertreten. Für diese Bevölkerungsgruppe können steigende Hypothekarzinssätze und damit steigende Mietzinse, die sich stärker als die allgemeine Teuerung entwickeln, zu einer nicht mehr tragbaren Mietbelastung führen.

Diese wenigen Eckwerte zeigen ein insgesamt positives Bild der Wohnungsversorgung und des Wohnungsmarktes. Der Bevölkerung steht im Schnitt viel und qualitativ guter Wohnraum zur Verfügung. Die Wohnungsproduktion bewegt sich auf hohem Niveau und kann die Nachfrage befriedigen. Es sind denn auch weniger die Marktmerkmale als Veränderungen im sonstigen wirtschaftlichen Umfeld, Systematikfragen und der Wunsch nach Vereinfachungen, die eine Revision des Mietrechts nötig machen.

1.1.3

Das geltende Mietrecht

Das Mietrecht ist in den Artikeln 253­274g des Obligationenrechts (OR)2 geregelt.

Die heutige Fassung ist seit dem 1. Juli 1990 in Kraft. Der erste Abschnitt regelt die allgemeinen Bestimmungen zum Mietvertrag. Der zweite behandelt den Schutz der Mieterschaft von Wohn- und Geschäftsräumen vor missbräuchlichen Mietzinsen und der dritte den Schutz vor missbräuchlichen Kündigungen. Der vierte Abschnitt hält schliesslich die Zuständigkeit der Behörden sowie das anzuwendende Verfahren fest. Die überwiegende Mehrzahl der Bestimmungen ist zwingend.

Einseitige Mietzinsanpassungen in einem laufenden Mietverhältnis sind nur dann möglich, wenn entweder der Mietvertrag eine Anpassungsklausel vorsieht oder das OR eine entsprechende Rechtsgrundlage enthält. Die Artikel 269­270e des OR, welche die Mieterschaft vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen der Vermieterschaft schützen sollen, enthalten die wichtigsten diesbezüglichen Regeln.

2

354

SR 220

In Artikel 269 OR wird als Grundsatz festgehalten, dass ein Mietzins missbräuchlich ist, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder wenn er auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruht. Artikel 269a OR enthält demgegenüber eine Liste von Ausnahmen, bei welchen vermutet wird, dass der Mietzins nicht missbräuchlich ist. Insbesondere sind Mietzinse in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie im Rahmen der orts- oder quartierüblichen Mietzinse liegen (Bst. a), durch Kostensteigerungen oder Mehrleistungen der vermietenden Partei begründet sind (Bst. b) oder lediglich die Teuerung auf dem risikotragenden Kapital ausgleichen (Bst. e). Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung vom 9. Mai 19903 über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) hält fest, dass die Erhöhung des Hypothekarzinssatzes eine überwälzbare Kostensteigerung darstellt. Aufgrund von Artikel 12a VMWG gilt dafür seit 10. September 2008 ein landesweit einheitlicher hypothekarischer Referenzzinssatz. Dieser ersetzt den bisher verwendeten variablen Hypothekarzinssatz der jeweiligen Kantonalbank.

Mietzinse dürfen bei neueren Bauten im Rahmen der kostendeckenden Bruttorendite liegen (Bst. c). Schliesslich gelten Mietzinse als nicht missbräuchlich, wenn sie einem vereinbarten Zahlungsplan entsprechen (Bst. d) oder das Ausmass nicht überschreiten, das Vermieter- und Mieterverbände in ihren Rahmenmietverträgen empfehlen (Bst. f).

Vertraglich können die Parteien vereinbaren, dass der Mietzins dem Landesindex der Konsumentenpreise (Art. 269b OR) oder einer vereinbarten Staffelung (Art. 269c OR) folgen soll.

Das geltende Recht stellt einen Zusammenzug der früheren Bestimmungen des Bundesbeschlusses über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (BMM) und des OR dar. Im Bereich der Mietzinsfestlegung wurde mit der Revision von 1990 u.a. Folgendes neu geregelt: ­

Der Anfangsmietzins kann als missbräuchlich angefochten werden, sofern sich die Mieterschaft aufgrund einer persönlichen oder familiären Notlage oder aufgrund der örtlichen Marktverhältnisse zum Vertragsabschluss gezwungen sah. Ferner kann der Anfangsmietzins angefochten werden, wenn er gegenüber dem vorangegangenen Mietverhältnis erheblich erhöht wurde.

­

Für indexierte Mietzinse ist die Entwicklung des Landesindexes der Konsumentenpreise massgebend.

­

Bei gestaffelten Mietzinsen kann nur der Anfangsmietzins angefochten werden.

­

Mietzinsausgleiche, die durch Umlagerungen marktüblicher Finanzierungskosten gewährt wurden, sind nicht missbräuchlich, sofern sie der Mieterschaft vorgängig in einem Zahlungsplan bekannt gegeben wurden.

­

Bei einer nicht vollständigen Mietzinsanpassung muss ein Vorbehalt in Franken oder Prozent angegeben werden. Andernfalls kann der nicht ausgeschöpfte Teil in einem späteren Zeitpunkt nicht überwälzt werden.

Das geltende Mietrecht basiert auf dem Konzept der Kostenmiete. Mietzinsanpassungen sind demnach zulässig, soweit sie durch Kostenänderungen bei der Vermieterschaft begründet sind. Das Mietrecht enthält aber auch Marktelemente wie die Orts- und Quartierüblichkeit oder die Tatsache, dass die Missbräuchlichkeit eines 3

SR 221.213.11

355

Mietzinses nur auf Antrag der mietenden Partei von Amtes wegen abgeklärt wird.

Die Grundsätze der Kostenmiete und der Marktmiete stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander. Dieses ist denn auch häufig Gegenstand der Rechtsprechung.

Für die Überprüfung von Mietzinsanpassungen hat die Rechtsprechung die absolute und die relative Methode entwickelt. Bei der absoluten Methode wird der Mietzins als solcher überprüft, es wird nicht nur auf die Veränderungen seit der letzten Mietzinsanpassung abgestellt. Der zulässige Ertrag wird absolut ermittelt. Diese Methode wird in der Praxis zurückhaltend angewandt, da sie aufwendig und komplex ist. Im Vordergrund steht heute eindeutig die relative Methode. Bei dieser wird die Mietzinsanpassung nur im Vergleich zum bisherigen Mietzins überprüft, wobei auch allfällige früher rechtsgültig angebrachte Vorbehalte (nicht ausgeschöpfte Mietzinsreserven) berücksichtigt werden. Im Vergleich zur absoluten Methode ist sie wesentlich einfacher zu handhaben.

1.1.4

Schwachstellen ­ Handlungsbedarf

Dass trotz der insgesamt befriedigenden Lage auf dem Wohnungsmarkt das Mietrecht in ordnungs- und verteilungspolitischer Hinsicht unterschiedlich beurteilt wird, liegt in der Natur der Sache. Es besteht jedoch ein weitgehender Konsens, dass das aktuelle Recht verschiedene Mängel aufweist, beispielsweise: ­

die Koppelung der Mietzinse an die Hypothekarzinssätze;

­

eine unklare Systematik;

­

lange und kostenintensive Rechtsverfahren;

­

einen grossen Aufwand für Schlichtungsbehörden, Gerichte und Vertragsparteien;

­

die nicht immer zweckmässige Berücksichtigung von Kostenkomponenten;

­

die Vermischung von relativen und absoluten Berechnungsverfahren;

­

eine Regelung der Orts- und Quartierüblichkeit, die wenig zum Tragen kommt;

­

eine Beurteilung des angemessenen Ertrages anhand von Ertrags- oder Verkehrswerten, die sehr komplex ist.

Besonders problematisch ist die Koppelung zwischen Hypothekar- und Mietzinsen.

Die Kapitalkosten stellen faktisch nur in der Schweiz ein Element zur Beurteilung missbräuchlicher Mietzinse bzw. eine Referenzgrösse für Mietzinsanpassungen dar.

Die bestehende Überwälzungspraxis wird denn auch von Mieter- und Vermieterorganisationen, von den Banken und von der Wissenschaft seit längerem kritisiert. Sie führt zu einer Politisierung der Hypothekarzinssätze und behindert die Geldpolitik.

Die kürzlich erfolgte Einführung des landesweit für alle Mietverhältnisse geltenden hypothekarischen Referenzzinssatzes hat dieses Problem etwas entschärft, ohne es aber gänzlich zu beseitigen.

Bei hoher Teuerung kommt es zu übersetzten Mietzinsanpassungen. Zudem werden Mietzinserhöhungen meist zügig, Mietzinssenkungen dagegen eher zögerlich vorgenommen. Dieser Einklink-Effekt löst zusammen mit der inflationsbedingten Abnahme der realen Hypothekarschulden eine Einkommensumverteilung zugunsten der Vermieterseite aus, die regelmässig zu Kontroversen und heiklen Rechtsfragen führt.

356

Zudem wird durch die gesetzliche Verknüpfung von Hypothekar- und Mietzinsen eine Kausalität zwischen zwei Märkten hergestellt, die bezüglich der Preisbildung der gehandelten Produkte nichts miteinander zu tun haben. Mietzinserhöhungen lassen sich nämlich nur durchsetzen, wenn Veränderungen des Angebots oder der Nachfrage dies erlauben. Eine Erhöhung des Hypothekarzinssatzes bewirkt kurzfristig weder das eine noch das andere. Deshalb erscheint es sachgerechter, die Mietzinsentwicklung inskünftig an andere Kriterien zu binden.

Schliesslich haben heute weder die Mieter- noch die Vermieterschaft die Möglichkeit, die komplexen Mietzinsanpassungsregeln durch die Wahl einer einfacheren Methode zu vermeiden. Eine Indexierung ist zwar grundsätzlich zulässig, jedoch nur bei mindestens fünfjähriger Vertragsdauer, was für die meisten Vertragsparteien nicht in Frage kommt, denn sie wollen sich nicht für eine so lange Dauer vertraglich festlegen.

1.1.5

Die Revisionsbestrebungen

Seit Inkrafttreten des geltenden Mietrechts im Jahre 1990 wurden von verschiedener Seite immer wieder grundsätzliche Revisionen oder zumindest partielle Korrekturen angestrebt. Seitens der Vermieterverbände wurde geltend gemacht, das neue Recht sei zu restriktiv und berücksichtige ihre Interessen nicht gebührend. Im Gegenzug haben die Mieterverbände Änderungen im Sinne eines verstärkten Mieterschutzes verlangt.

1995 verabschiedete das Parlament das auf den 1. März 19964 in Kraft gesetzte Bundesgesetz über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung.

Von diesem Gesetz erwartete man eine Förderung der paritätischen Verhandlungskultur und damit verbunden eine Aufweichung der Konfliktfronten. Dieses Gesetz fand bisher jedoch nur in der Westschweiz Anwendung. Mit einer Änderung der VMWG per 1. August 19965 wurden etliche Neuerungen umgesetzt, u.a. im Zusammenhang mit dem Energiebezug aus einer ausgelagerten Anlage, Mietzinserhöhungen wegen wertvermehrenden Investitionen, indexierten Mietzinsen sowie Formularen zur Mitteilung von Mietzinserhöhungen und anderen einseitigen Vertragsänderungen.

Im Jahr 1993 erarbeitete eine durch das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) eingesetzte Studienkommission «Marktmiete» Vorschläge für eine Änderung des Mietrechts im OR.

Im Parlament wurden zum Thema Mietrecht verschiedene Vorstösse eingereicht: Im Jahr 1996 wurde eine Motion von Nationalrat Baumberger6, die den schrittweisen Übergang zur Marktmiete forderte, vom Parlament überwiesen.

Andererseits wurde den parlamentarischen Initiativen Hegetschweiler und Ducret7, die eine Lockerung der mietrechtlichen Schutzbestimmungen des OR verlangten

357

ohne die Marktmiete anzustreben, in der Dezembersession 1997 durch den Nationalrat keine Folge gegeben.

Einen verstärkten Mieterschutz forderte der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband, der am 14. März 1997 die Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten» einreichte. Diese verlangte für Mietzinsanpassungen aufgrund von Hypothekarzinsänderungen einen über fünf Jahre geglätteten Durchschnittssatz sowie einen verbesserten Schutz der mietenden Partei bei Handänderungen und bei Kündigungen durch die Vermieterschaft. Der Bundesrat stand einer «Glättung» des Hypothekarzinssatzes jedoch skeptisch gegenüber, da diese das Problem der Koppelung von Hypothekarzinssätzen und Wohnkosten nicht grundsätzlich gelöst hätte. Er zog es vor, eine vollständige Entflechtung der Miet- und Hypothekarzinsen anzustreben und unterbreitete dem Parlament am 15. September 19998 einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative, der als Hauptziel die Bindung zwischen Hypothekarund Mietzins beseitigen sollte. Die Kündigungsbestimmungen hingegen sollten unverändert bleiben.

Gestützt auf die Botschaft des Bundesrats hat das Parlament am 13. Dezember 2002 ein revidiertes Mietrecht verabschiedet. Sowohl die Initiative wie auch der Gegenvorschlag fanden jedoch in den Volksabstimmungen keine Zustimmung: Am 18. Mai 2003 verwarfen Volk und Stände die Initiative «Ja zu fairen Mieten». Der vom Parlament verabschiedete Gegenvorschlag, gegen den die Mieterorganisationen erfolgreich das Referendum ergriffen hatten, wurde in der Volksabstimmung vom 8. Februar 2004 ebenfalls abgelehnt.

Die Ablehnung der beiden Revisionsvorlagen hatte zur Folge, dass das bisherige Mietrecht mit all seinen Nachteilen unverändert weiterbesteht. Aufgrund dieser unbefriedigenden Situation wurde das Bundesamt für Wohnungswesen vom EVD beauftragt, in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Kommission für Wohnungswesen einen neuen Entwurf auszuarbeiten. Dieser wurde im Dezember 2005 in die Vernehmlassung geschickt. Er ging im Wesentlichen von einem dualen System aus, bei dem die Vertragspartner zwischen einem Indexmodell und einem Modell der Kostenmiete hätten wählen können. Die Vernehmlassungsantworten ergaben zwar grossmehrheitlich einen Handlungsbedarf für eine Revision, jedoch wurde die Vorlage insgesamt als zu komplex erachtet. Namentlich die Mieterseite
sprach sich gegen eine Wahloption aus, weil diese in der Praxis meistens durch die vermietende Partei bestimmt worden wäre.

Da die Forderungen der involvierten Verbände in grundlegenden Fragen diametral auseinandergingen, entschied der Bundesrat am 29. September 2006, die Revision des Mietrechts auf Gesetzesstufe vorderhand nicht weiterzuverfolgen, sondern einige Nachteile des geltenden Rechts durch eine Änderung der VMWG zu beseitigen. Diese wurde vom Bundesrat am 28. November 20079 verabschiedet und auf den 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt. Sie regelt unter anderem, dass für Mietzinsan4 5 6 7

8 9

358

SR 221.213.15 AS 1996 2120 92.3576 Motion Baumberger, Übergang zur Marktmiete.

92.445 Parlamentarische Initiative Hegetschweiler, Obligationenrecht, Achter Titel, Die Miete, Änderung; 93.429 Parlamentarische Initiative Hegetschweiler, Änderung des Mietrechts, Obligationenrecht, Achter Titel; 93.421 Parlamentarische Initiative Ducret, Missbräuchliche Mietzinse, Ausnahmen (Art. 269a OR).

BBl 1999 9823 AS 2007 7021

passungen der durchschnittliche Zinssatz der inländischen Hypothekarforderungen und nicht mehr der variable Hypothekarzinssatz der jeweiligen Kantonalbank bzw.

der marktführenden Bank massgebend ist. Ferner berechtigen energetische Verbesserungen im Gebäudebereich wie wertvermehrende Massnahmen zu einer Mietzinsanpassung.

Im Zuge der Arbeiten zur Revision der VMWG hatte sich gezeigt, dass die wesentlichen Probleme im Mietrecht mit Anpassungen auf Verordnungsstufe allein nicht zu lösen sind. Sowohl Mieter- wie auch Vermieterorganisationen äusserten deshalb den Wunsch nach einem weiteren Anlauf für eine umfassende Gesetzesrevision. An einer Aussprache der betroffenen Verbände mit der Vorsteherin des EVD wurde im März 2007 beschlossen, eine Arbeitsgruppe mit Vertretern und Vertreterinnen der verschiedenen Interessengruppen zu bilden. Diese hat in der Folge die Revision der VMWG, vor allem aber auch mögliche Änderungen auf Gesetzesstufe diskutiert.

Daraus resultierten Vorschläge, auf die sich die Mieter- und Vermieterverbände am 13. November 2007 im Wesentlichen einigten. Das war nur möglich, weil alle Beteiligten in zahlreichen Punkten von Positionen abrückten, die bis anhin unverrückbar schienen.

Gestützt auf die Vorschläge der Arbeitsgruppe erarbeitete das EVD einen Gesetzesentwurf, der zwischen Februar und Mai 2008 den Kantonen, politischen Parteien und interessierten Organisationen zur Vernehmlassung unterbreitet wurde. Mit diesem Entwurf wird auch auf verschiedene parlamentarische Vorstösse reagiert. So verlangt die Interpellation Glasson10 Vorschläge für eine Vereinfachung des geltenden Mietrechts, und die Motion Frick11 fordert die Entkoppelung der Mietzinse von der Entwicklung der Hypothekarzinssätze sowie eine Bindung an die allgemeine Preisentwicklung. Die Motion wurde am 18. Dezember 2007 vom Ständerat angenommen. Die Beratung im Nationalrat wurde am 10. Juni 2008 ausgesetzt, um die Resultate der Vernehmlassung und allenfalls die Botschaft zur Gesetzesrevision abzuwarten.

1.2

Die zentralen Anliegen der Revision

1.2.1

Leitlinien der Revision

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf strebt der Bundesrat primär die Beseitigung des bestehenden Überwälzungsmechanismus zwischen dem Hypothekarzinssatz und den Mietzinsen an. Dieses Ziel soll durch einen Systemwechsel von der Kostenmiete zur Indexmiete erreicht werden. Gleichzeitig wird für die Überprüfung der Missbräuchlichkeit auf den Begriff des übersetzten Ertrages verzichtet und stattdessen auf das Kriterium der Vergleichsmiete abgestellt. Die Überprüfung der Mietzinse nach absoluter Methode soll ­ im Unterschied zu früheren Vorlagen ­ im Wesentlichen nur noch in Bezug auf die Anfangsmietzinse möglich sein.

10 11

04.3124 Interpellation Glasson, Neues Mietrecht.

07.3648 Motion Frick, Tiefere Mieten.

359

Bei der konkreten Ausgestaltung der Vorlage waren die folgenden Grundsätze wegleitend: ­

Fairer Ausgleich der Interessen Einerseits gilt es, allfällige Missbräuche zu verhindern und die Mieterinnen und Mieter vor unangemessenen Forderungen zu schützen. Andererseits sollen sich Investitionen in Neubauten wie auch Erneuerungsvorhaben nach wie vor lohnen.

­

Einfachheit und Transparenz Der Systemwechsel zur Indexmiete und zum Vergleichsmietemodell erlaubt eine deutliche Vereinfachung des Mietrechts. Die Indexierung muss von den Parteien nicht ausdrücklich vereinbart werden, sie gilt von Gesetzes wegen.

Zudem ist sie einfach zu handhaben. Für die Anpassungen der Mietzinse gelten klare, nachvollziehbare Regeln. Für beide Parteien wird die Mietzinsgestaltung transparenter.

Die Schlichtungsbehörden und Gerichtsinstanzen sowie die Vertragsparteien werden entlastet. Durch den Verzicht auf das Kriterium des übersetzten Ertrages bzw. des übersetzten Kaufpreises entfallen komplizierte Renditeberechnungen. Die einfacheren Mietzinsanpassungsregeln tragen dazu bei, die Zahl der Streitfälle zu reduzieren.

­

Verstetigung der Mietzinsentwicklung Nach der geltenden Kostenmiete führen starke Schwankungen des Hypothekarzinssatzes zu einer noch stärkeren Fluktuation der Mietzinse. Mit dem Systemwechsel zur Indexmiete ist ein ruhigerer Mietzinsverlauf zu erwarten, da die Veränderungen des Indexes vergleichsweise moderat sind. Sinkende Mietzinse während der Mietdauer werden zwar selten sein, was jedoch durch den Umstand aufgewogen wird, dass keine grösseren Mietzinssprünge mehr erfolgen.

Die Gesetzesänderung ist primär auf die Mietzinsgestaltung ausgerichtet. Beim Kündigungsschutz sind keine Änderungen vorgesehen. Die bestehenden Regelungen in diesem Bereich haben sich im Grossen und Ganzen bewährt und sind weniger umstritten als die Mietzinsanpassungsregeln. Allerdings wird auf der Mieterseite auch befürchtet, dass die Änderungen bei der Mietzinsgestaltung mehr Wohnungskündigungen nach sich ziehen könnten.

Die Gesetzesänderung orientiert sich als Teilrevision an der Systematik des bisherigen Rechts. Es wird darauf verzichtet, diese grundlegend zu ändern und damit eine Gesamtrevision des Mietrechts durchzuführen.

1.2.2

Vernehmlassungsverfahren

Im Vernehmlassungsverfahren gingen 89 Stellungnahmen ein. Die Mehrzahl der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer standen dem Vorentwurf positiv gegenüber. Sie bejahten das Bedürfnis nach einer Revision des Mietrechts und befürworteten den vorgeschlagenen Systemwechsel von der Kostenmiete zur Indexmiete. Weitgehender Konsens bestand auch in Bezug auf die Notwendigkeit der 360

Entkoppelung der Mietzinse von den Hypothekarzinssätzen. Insbesondere die durch den Gesetzesentwurf angestrebte Vereinfachung der mietrechtlichen Bestimmungen sowie die Verbesserung der Transparenz bei Mietzinsanpassungen wurden begrüsst.

Mehrheitliche Zustimmung fand der Vorschlag, die Nettowohnfläche anstelle der Zimmerzahl als Abgrenzungskriterium für die Anwendung der mietzinsrechtlichen Schutzbestimmungen vorzusehen. Auch die Einführung einer Sperrfirst von einem Jahr für Mietzinserhöhungen aufgrund von beim Vertragsabschluss nicht angekündigten wertvermehrenden Arbeiten wurde von den an der Vernehmlassung Teilnehmenden mehrheitlich begrüsst, ebenso die Delegation an den Bundesrat, spezielle Regelungen für gemeinnützige Wohnbauträger zu erlassen.

Vielfach wurde die Ausgewogenheit der zwischen den Mieter- und Vermieterverbänden erzielten Einigung unterstrichen. Einzelne Vernehmlassungsteilnehmende führten aus, dass sie grundsätzlich ein anderes Modell, beispielsweise eine klar definierte Kostenmiete oder eine reine Marktmiete, bevorzugen würden, dass sie den unterbreiteten Entwurf im Sinne einer Verbesserung im Vergleich zum geltenden Recht aber dennoch gutheissen könnten.

Von den Vermieterorganisationen wurde hervorgehoben, dass einzelne Bestimmungen ausdrücklich nur im Rahmen und als Teil des vorliegenden Kompromisses akzeptiert würden. Auch von Vernehmlassungsteilnehmenden, die an der Ausarbeitung des Kompromisses nicht beteiligt waren, wurde verschiedentlich betont, dass dessen Gleichgewicht nicht durch die Abänderung von einzelnen Elementen gefährdet werden dürfe.

Auf grundsätzliche Ablehnung stiess die vorgeschlagene Mietrechtsrevision nur bei der Schweizerischen Volkspartei (SVP).

Bei aller grundsätzlichen Zustimmung waren die Differenzen in Bezug auf einzelne Bestimmungen aber nach wie vor gross. Umstritten waren insbesondere der Umfang der Indexierung und die Wahl des massgebenden Indexes. Verschiedentlich wurde ein tieferer Überwälzungssatz (z.B. 80 Prozent) oder das Abstützen auf den Landesindex der Konsumentenpreise unter Ausschluss der Wohn- und Energiekosten gewünscht. Ferner wurden bezüglich der Vergleichsmiete verschiedenste Vorbehalte gemacht und konkretere Festlegungen verlangt. Das Modell als solches wurde nur vereinzelt bestritten. Die technischen Einzelheiten seien
jedoch noch stärker auf der gesetzlichen Ebene zu regeln. Zudem müsse schon vor der parlamentarischen Beratung ein vollständig funktionierendes Instrumentarium vorliegen12.

12

Die letzte Forderung ist unrealistisch und unzweckmässig, solange im Parlament der politische Grundsatzentscheid bezüglich der Einführung der Vergleichsmiete nicht gefallen ist. Mit dem Systemwechsel ist ein namhafter Zeit- und Kostenaufwand verbunden, der sich ohne klare Bereitschaft zum Übergang auf die Vergleichsmiete nicht rechtfertigen lässt. Im Hinblick auf die parlamentarische Beratung wurden jedoch verschiedene Studien zu den Grundlagen des vorgesehenen Modells und den dazu erforderlichen politischen Vorgaben erstellt, deren wichtigste Erkenntnisse in die Ausführungen des Kapitels 2.1.3 eingeflossen sind.

361

1.2.3

Wichtige Abweichungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Im Rahmen der Vernehmlassung opponierten viele Seiten zum Teil vehement gegen die vollständige Aufrechnung der Teuerung des Landesindexes der Konsumentenpreise auf die Mietzinse. Aus diesem Grund hat der Bundesrat ein Überdenken der Indexierung verlangt und zusätzliche Überprüfungen der diesbezüglichen Modalitäten veranlasst. Aufgrund der Ergebnisse hat er sich für eine Abstützung auf den Landesindex der Konsumentenpreise unter Ausschluss der Wohn- und Energiekosten entschieden.

In Ergänzung zum Vernehmlassungsentwurf und zur Vereinbarung der Verbandsparteien vom 13. November 2007 und in Anlehnung an parlamentarische Vorstösse (Motionen Theiler13, Steiner14 und Egger15) wurden zudem weitere Punkte in die Revisionsvorlage aufgenommen. Die Einführung der Faksimile-Unterschrift für Mietzinserhöhungen und Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten bringt administrative Erleichterungen. Zudem verfolgt die Vereinheitlichung der Genehmigung des Formulars für Mietzinsanpassungen und andere einseitige Vertragsänderungen sowie des Formulars zur Mitteilung von Kündigungen das Ziel, die Genehmigung nicht mehr für jeden einzelnen Kanton einholen zu müssen.

1.2.4

Die wichtigsten Änderungen

Die wichtigsten Elemente des vorliegenden Gesetzesentwurfs lassen sich wie folgt zusammenfassen: ­

Mit der weitgehenden Abkehr von der Kostenmiete und der Einführung der Index- und der Vergleichsmiete findet ein eigentlicher Systemwechsel statt.

Die Mietzinse werden dadurch von den Hypothekarzinssätzen abgekoppelt.

­

Für die Überprüfung der Missbräuchlichkeit des Mietzinses wird bei Wohnräumen nicht mehr auf das Kriterium des übersetzten Ertrags oder Kaufpreises, sondern auf die Mietzinse vergleichbarer Wohnräume abgestellt, welche anhand von breit akzeptierten wissenschaftlichen Methoden zu ermitteln sind (hedonische Modelle).

­

Ausser beim Anfangsmietzins ist die Überprüfung der Mietzinse nach absoluter Methode nur noch bezüglich der Mietzinserhöhung möglich, die aufgrund von Mehrleistungen resultiert. Hier wird weiterhin auf die Ertragsberechnung abgestellt.

­

Die Missbräuchlichkeit von Geschäftsmieten wird im Wesentlichen mittels der heute geltenden Regelung der Orts- und Quartierüblichkeit überprüft.

Daneben soll aber auch auf andere Kriterien abgestellt werden können.

13 14 15

362

04.3235 Motion Theiler, Unterzeichnung von Formularen zur Anpassung des Mietvertrages.

07.3159 Motion Steiner, Mietzinserhöhungen, Faksimile-Unterschrift.

08.3654 Motion Egger, Mietzinserhöhung, Zulassung von auf mechanischem Weg nachgebildeten Unterschriften.

­

Die Mietzinse können einmal jährlich an die Veränderungen des Landesindexes der Konsumentenpreise unter Ausschluss der Wohn- und Energiekosten (Leitindex) angepasst werden.

­

Bei langfristigen Mietverträgen kann der Mietzins einmal jährlich ausserhalb der Kündigungstermine an die Teuerung angepasst werden.

­

Im Gegensatz zum heutigen Recht berechtigen Handänderungen der Liegenschaft zu keinen Mietzinserhöhungen.

­

Ab Mietbeginn läuft eine einjährige Sperrfrist für Mietzinserhöhungen infolge wertvermehrender Verbesserungen, falls diese bei Vertragsabschluss nicht schriftlich angekündigt wurden.

­

Für gemeinnützige Wohnbauträger und für die öffentliche Hand als vermietende Partei regelt der Bundesrat die Mietzinsgestaltung nach dem Grundsatz der Kostenmiete.

­

Der Ausschluss der mietzinsrechtlichen Schutzbestimmungen gilt für luxuriöse Wohnungen oder Einfamilienhäuser, die mehr als 150 m2 Nettowohnfläche aufweisen. Es wird nicht mehr auf die Zimmerzahl abgestellt.

­

Für Mietzinserhöhungen und bei Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten wird die Unterzeichnung des Formulars durch mechanische Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt.

­

Die Genehmigung des durch die Vermietenden jeweils verwendeten Formulars für Mietzinsanpassungen und andere einseitige Vertragsänderungen sowie des Formulars zur Mitteilung von Kündigungen erfolgt für die ganze Schweiz durch die zuständige Verwaltungseinheit des Bundes.

1.2.5

Verhältnis zum europäischen Recht

Das Mietrecht ist in der Europäischen Union eine Angelegenheit der einzelnen Mitgliedstaaten, so dass keine diesbezüglichen Richtlinien oder Vorschriften beachtet werden müssen. Mit dem Systemwechsel von der Kostenmiete zur Indexmiete und einem Vergleichsmietemodell finden in der Schweiz Methoden der Mietzinsanpassung Anwendung, die in verschiedenen Ländern der Europäischen Union ebenfalls von Bedeutung sind. Demgegenüber entfällt mit der Koppelung des Mietzinses an die Entwicklung der Hypothekarzinssätze eine Regelung, welche in dieser verbindlichen Form in Europa nur in der Schweiz bestand. Das neue schweizerische Recht nähert sich dadurch insgesamt stärker demjenigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union an.

1.2.6

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Am 21. Februar 200616 wurde der Bundesrat durch eine Motion aufgefordert, Artikel 14 VMWG derart zu ergänzen, dass die Kosten energetisch wirksamer Massnahmen bei der Mietzinsgestaltung besser berücksichtigt werden. Im Rahmen der 16

06.3015 Motion Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie NR (02.473), Verbesserte Überwälzung energetisch wirksamer Massnahmen im Gebäudebereich.

363

am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Revision der VMWG kam der Bundesrat diesem Anliegen entgegen. Artikel 14 VMWG sieht vor, dass ökologische Verbesserungen Mehrleistungen im Sinne des Mietrechts darstellen. Ferner enthält er einen Katalog von Massnahmen, die diesen Verbesserungen zugeordnet werden können.

Im Rahmen dieser Gesetzesrevision sind deshalb keine weiteren Massnahmen notwendig. Der Vorstoss wird zur Abschreibung beantragt.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

2.1

Allgemeine Erläuterungen

2.1.1

Indexmiete

Kernanliegen der Vorlage ist die Entkoppelung von Hypothekar- und Mietzinsen.

Als Ansätze dafür hatten und haben weder die Einführung der Marktmiete noch der Rückgriff auf einen mietrechtlichen Anlagewert politisch eine Chance. Konsensfähig ist hingegen die Anbindung der Mietzinsentwicklung an einen Indexverlauf, wobei dieser z.B. die Veränderung der Bau- oder Unterhaltskosten oder die Entwicklung der Konsumentenpreise widerspiegeln kann. Die Baupreise sind sehr volatil, und bezüglich der Unterhalts- und Betriebskosten ist die Datenlage mangelhaft. Für die Umstellung von der Kostenmiete auf das Indexmodell soll deshalb grundsätzlich auf den Landesindex der Konsumentenpreise abgestellt werden.

Allerdings ist die Frage, in welchem Ausmass die Mietzinse der Teuerung folgen sollen, und ob beim Index der ganze oder ein um einzelne Komponenten reduzierter Warenkorb zu berücksichtigen ist, stark umstritten. In der bereits früher erwähnten Verständigungslösung vom November 2007 hatte man sich zu einem hundertprozentigen Teuerungsausgleich auf der Basis des integralen Warenkorbs durchgerungen.

In der Vernehmlassung wurde diese Lösung jedoch von weiten Kreisen vehement kritisiert, weshalb der Bundesrat alternative Ansätze prüfen liess.

Im Wesentlichen standen nach der Vernehmlassung drei Forderungen zur Diskussion. Die erste verlangte die Berücksichtigung des vollen Teuerungsausgleichs auf der Basis des gesamten Warenkorbs. Die zweite wollte den zulässigen Erhöhungssatz auf maximal achtzig Prozent des Indexanstiegs beschränken. Die dritte unterstützte eine hundertprozentige Indexierung, aber nur berechnet auf dem um die Wohn- und Energiekosten bereinigten Warenkorb.

Der Grafik im Anhang 2 lässt sich entnehmen, dass die drei Varianten in der Vergangenheit zu einer ähnlichen aber auf unterschiedlichem Niveau verlaufenden Mietzinsentwicklung geführt hätten. Die Vollindexierung auf der Basis des gesamten Warenkorbs generiert den höchsten Mietertrag. Bei einer Indexierung mit 80 Prozent liegt er im langjährigen Durchschnitt entsprechend tiefer. Bei der dritten Variante verläuft die Mietzinsentwicklung mitten drin. Mit anderen Worten ergäbe eine hundertprozentige Indexierung auf der Basis des reduzierten Warenkorbs etwa das gleiche Resultat wie eine neunzigprozentige Indexierung bei vollem Warenkorb.
Sämtliche Varianten hätten jedoch in der Vergangenheit zu höheren Einnahmen geführt, als nach dem heutigen Mietrecht möglich gewesen wäre. Deshalb ist auch der Widerstand gegen den vollen Teuerungsausgleich besonders heftig.

364

Tatsächlich stellt der im Verständigungspaket vom November 2007 vereinbarte volle Teuerungsausgleich einen Pluspunkt für die Vermieterseite dar. Umgekehrt ist zu beachten, dass im Vergleich zur heutigen Regelung in Zukunft gewisse Mietzinsanpassungsgründe wie die Handänderung einer Liegenschaft und die periodische Geltendmachung absoluter Erhöhungsgründe entfallen. Zudem kann bei Mietzinserhöhungen nie an den aktuellsten Stand des massgebenden Indexes angeglichen werden, weil bei einer Mietzinserhöhung Fristen und Termine eingehalten werden müssen. Im Unterschied zu Hypothekarzinsänderungen ist der Indexstand auch nicht im Voraus kommunizierbar. Dies führt zu einer mehr als vierteljährlichen Verzögerung zwischen der Veröffentlichung des neuen Indexstandes und dem Inkrafttreten der darauf basierenden Mietzinserhöhung.

Alles in allem haben mit der fraglichen Vereinbarung somit beide Seiten Konzessionen gemacht. Dass der Bundesrat gleichwohl einer Zwischenlösung den Vorzug gibt, entspringt der Erfahrung mit dem letzten Revisionspaket und dem Willen, das dringend nötige Reformvorhaben nicht an den gleichen Klippen scheitern zu lassen.

Zudem sprechen auch gewichtige sachliche Gründe dafür. Gemäss dem Gesetzesentwurf soll der Teuerungsausgleich zu 100 Prozent erfolgen, jedoch bezogen auf einen Index, bei welchem die Wohn- und die Energiekosten (Hauptgruppe 4 des Warenkorbs für den Landesindex der Konsumentenpreise) ausgeklammert sind. Mit diesem Leitindex würde eine allfällige Gefahr einer durch die Wohnkosten verstärkten Teuerungsspirale gebannt, sind doch die Miet- und Energiekosten im indexrelevanten Warenkorb bereits mit rund 25 Prozent vertreten. Durch den Ausschluss der Energiekosten wird verhindert, dass eine Teuerung doppelt zu Buche schlägt, denn die Steigerungen der Energiekosten werden den Mieterinnen und Mieter in der Regel über die Nebenkosten belastet. Zudem liesse sich durch die Elimination der Wohnkosten aus dem indexrelevanten Warenkorb das Problem der richtigen Behandlung qualitätsbedingter Mietzinssteigerungen entschärfen. Von der Einführung der Vergleichsmiete ist kein messbarer Effekt auf die Indexentwicklung zu erwarten.

Wie die Vergangenheitsdaten zeigen, hätte unter den damals geltenden Bedingungen ein zu 90 Prozent berücksichtigter Anstieg des Totalindexes in etwa zum gleichen
Ergebnis wie die neue Methode geführt. Man könnte den Kompromiss daher auch über diesen Prozentsatz finden, doch dürfte die gewählte Lösung inhaltlich plausibler sein und deshalb breitere Zustimmung finden.

Für die Zukunft lassen sich zu den Mietzinsverläufen der unterschiedlichen Lösungsvarianten nur schwer Aussagen machen. Berechnungen unter verschiedenen wirtschaftlichen Annahmen lassen je nach Szenario zwar wie in der Vergangenheit einen unterschiedlichen Anstieg des generellen Mietzinsniveaus erwarten. Innerhalb dieser Trends zeigt sich bezüglich der monetären Differenzen der einzelnen Indexvarianten jedoch ein ähnliches Bild. Leichtere Verschiebungen können entstehen, wenn sich aufgrund der Änderungen von Preisen, Einkommen und Mengen die Gewichte einzelner Güterkategorien im Warenkorb verlagern. Sollten sich die Preise für Wohnungsmiete und Energie auch in Zukunft leicht stärker als diejenigen aller übrigen im Gesamtwarenkorb vertretenen Güter erhöhen, ergibt sich durch das Abstellen auf den «Restwarenkorb» eine dämpfende Wirkung auf mögliche Mietzinserhöhungen. Diese Wirkung könnte sich aufgrund von in der Zukunft überproportional steigenden Energiepreisen entfalten. Grundsätzlich ist allerdings auch die gegenteilige Wirkungsweise denkbar. In jedem Fall dürften die Auswirkungen nicht sehr gross sein, da beispielsweise Energiepreissteigerungen auch auf die Preise gewisser anderer Güter des Warenkorbes Auswirkungen zeitigen.

365

Was das Indexmodell als solches betrifft, so führt die Indexmiete zu einer ruhigeren Mietzinsentwicklung. Sie verhindert die in der heutigen Regelung übliche «Überindexierung» bei Hypothekarzinsveränderungen und macht den voraussichtlichen Mietzinsverlauf für die Mieter- und Vermieterschaft besser einschätzbar. Ferner trägt sie via Elimination des Zinseinflusses zur Vergrösserung des Spielraums der kurzfristigen Geldpolitik sowie zur Dämpfung des «Einklink-Effektes» bei, d.h. die Problematik der zögerlichen Weitergabe von Kostensenkungen fällt wegen des stetigeren Verlaufs der Indexentwicklung weitgehend weg. Auf den Wert von Renditeliegenschaften dürfte der Übergang zur Indexmiete keinen merklichen Einfluss haben. Zudem verlagert diese das Zinsrisiko von der Mieter- auf die Vermieterschaft. Letztere kann in der Regel besser mit Zinsrisiken umgehen, was die Effizienz des Wohnungssektors erhöht.

Gegenüber der heutigen Regelung könnte ein gewisser Nachteil darin gesehen werden, dass die Indexlösung der zeitlichen Kostenstruktur weniger genau folgt.

Daraus kann sich für die Vermieterschaft bei ungünstiger Finanzierungsstruktur ein gewisses Liquiditätsrisiko ergeben. Wie umfangreiche Berechnungen gezeigt haben, ist dieses jedoch wegen der hohen durchschnittlichen Ausstattung mit Eigenkapital, der Amortisationsverpflichtungen, der Korrelation von Teuerung und Hypothekarzins oder der zeitlichen Differenz zwischen Mietzinseinnahmen und Kapitaldienstausgaben in den meisten Fällen vernachlässigbar. Zudem ist denkbar, dass die Banken auf die neue Situation bei der Mietpreisbildung reagieren und noch vermehrt Finanzierungsmodelle mit längerfristig stabilen Konditionen anbieten werden.

Auf den ersten Blick ungünstig wirkt sich ferner die Tatsache aus, dass die Mieten in laufenden Mietverhältnissen in Zukunft kaum mehr sinken dürften. Im Rahmen des heutigen Regimes kommen Senkungen dagegen verschiedentlich vor. Dieser Makel muss in Verbindung mit der Überindexierung bei steigenden Hypothekarzinsen gesehen werden. Generell steigen die Mieten auch im heutigen System im Allgemeinen an, nur unterliegen sie viel grösseren Schwankungen, was bei nachlassenden Zinsen die Illusion eines sinkenden Wohnkostenniveaus erweckt. Auch das Argument, dass die Indexierung zu einer Verzerrung der realen Preise führe und das
Spiel von Angebot und Nachfrage erschweren könne, wird gelegentlich gehört. Dieser Einwand ist nicht falsch, doch gilt er nur, wenn neben der Indexierung keine Marktelemente wirken. Dies ist nicht der Fall, wechselt doch jährlich in rund 15­20 Prozent der Mietwohnungen die Bewohnerschaft, wobei grossmehrheitlich ein marktüblicher Mietzins abgeschlossen wird. Zudem unterliegt auch die heutige Kostenmiete dem gleichen Phänomen.

Zusammenfassend wird mit der Indexierung in der vorgeschlagenen Form ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen der Mieter- und Vermieterschaft erzielt. Der Mietzinsverlauf wird verstetigt. Die Gefahr einer allfälligen Spiralwirkung auf die Teuerung wird durch die Beschränkung auf einen Warenkorb ohne Wohn- und Energiekosten gebannt. Die Liquiditätsrisiken der Vermieterpartei sind gering. Auf der Mieterseite bleibt das Tragbarkeitsrisiko aufgrund der tendenziellen Gleichläufigkeit von Inflation und Lohn- und Rentenentwicklung in einem vertretbaren Rahmen. Da die Mieten der Teuerung angepasst werden können, besteht für die Vermieterschaft kein Anlass überhöhte Anfangsmieten zu verlangen. Für beide Parteien wird das Mietzinsanpassungsverfahren im Vergleich zu heute einfacher und transparenter, was Streitigkeiten vermeiden hilft.

366

2.1.2

Neue Definition der Missbräuchlichkeit

Im geltenden Recht wird der verfassungsmässige Begriff der missbräuchlichen Mietzinse in Artikel 269 OR definiert. Dort ist festgelegt, dass Mietzinse missbräuchlich sind, wenn damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird oder wenn sie auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruhen. In Artikel 269a OR folgt anschliessend eine nicht abschliessende Aufzählung von Fällen, in denen von der Rechtsvermutung ausgegangen wird, dass Mietzinse nicht missbräuchlich sind. Dabei finden in Form der Orts- und Quartierüblichkeit des Mietzinses neben der Kostenmiete auch Marktelemente Eingang in die Missbräuchlichkeitsüberprüfung.

Dagegen wird nach revidiertem Mietrecht für die Überprüfung der Missbräuchlichkeit des Mietzinses bei Wohnräumen nicht mehr auf das Kriterium des übersetzten Ertrages oder Kaufpreises, sondern nur noch auf die Mietzinse vergleichbarer Wohnräume abgestellt, welche anhand von hedonischen Modellen zu ermitteln sind.

Dabei ist die Missbräuchlichkeit gegeben, wenn der zu überprüfende Anfangsmietzins die im Gesetz definierte Bandbreite überschreitet.

Die Überprüfung der Missbräuchlichkeit des Mietzinses nach absoluter Methode ist nur noch für Anfangsmietzinse sowie für Mietzinserhöhungen möglich, die aufgrund von Mehrleistungen erfolgen. Dies bedeutet, dass das Vergleichsmietemodell im laufenden Mietverhältnis keine Anwendung findet. Die Überprüfung der Missbräuchlichkeit während der Mietdauer beschränkt sich auf die Anpassungsgründe der Indexierung, der Staffelung, der Umsatzentwicklung und der Übereinstimmung mit den Empfehlungen eines Rahmenmietvertrages.

Bei den Geschäftsmieten wird die Missbräuchlichkeit von Anfangsmietzinsen gemäss der heute geltenden Regelung der Orts- und Quartierüblichkeit oder anhand von branchenüblichen Mietzinsen überprüft. Das neue Vergleichsmietemodell findet in diesem Bereich keine Anwendung, weil bei Geschäftsräumen häufig die Inneneinrichtung der Räumlichkeit im Vordergrund steht, für die eine Anwendung eines Vergleichsmietemodells schwierig ist.

2.1.3

Vergleichsmietemodell

Für die Überprüfung der Missbräuchlichkeit von Mietzinsen soll bei Wohnräumen nicht mehr auf das Kriterium des übersetzten Ertrags oder Kaufpreises, sondern auf die Mietzinse vergleichbarer Wohnräume abgestellt werden. Diese sind anhand einer heute breit akzeptierten wissenschaftlichen Methode zu ermitteln. Im Kern bestehen die sogenannten hedonischen Modelle darin, die Preise von komplexen Gütern, wie sie beispielsweise Wohnungen sind, aufgrund der berechenbaren Preise für deren einzelnen Eigenschaften als Gesamtes zu bewerten. Die Bestimmung der sogenannten hedonischen Mietpreisfunktion erfolgt mit Hilfe einer repräsentativen Stichprobe, bestehend aus effektiv gezahlten Mietpreisen und einer umfangreichen Liste von Eigenschaften dieser Wohnungen und Wohnstandorte, und der multiplen Regressionsanalyse als statistischem Verfahren. Ist die hedonische Mietpreisfunktion einmal bestimmt, so kann sie genutzt werden, um den Mietpreis von Wohnungen ­ auch mit anderen als in der Stichprobe vorhandenen Kombinationen von Wohnungsund Standorteigenschaften ­ objektiv zu schätzen. Berechnen lässt sich ein mittlerer Erwartungswert für einen bestimmten Wohnungstyp. Um diesen herum streuen die 367

tatsächlich erhobenen Mietzinse des gleichen Typs, wobei statistische Messgrössen darüber Auskunft geben, welcher Prozentsatz aller Mietzinse mit welcher Wahrscheinlichkeit innerhalb einer bestimmten Bandbreite liegt. Je grösser die Bandbreite ist, desto höher ist naturgemäss die Anzahl der damit abgedeckten Mietzinse. Wo man die Grenze für den Übergang zu einem missbräuchlichen Mietzins ziehen will, ist keine wissenschaftliche, sondern eine politische Frage.

Aufgrund des zwischen den Sozialpartnern erzielten Kompromisses und der mit zahlreichen Fachleuten geführten Gespräche wird die Bandbreite so festgelegt, dass sie die dem berechneten Mittelwert am nächsten liegenden 90 Prozent der Mietzinse des jeweiligen Wohnungstyps umfasst. Mit anderen Worten liegen bei einer Normalverteilung je fünf Prozent der Mieten unter- und oberhalb dieser Bandbreite, wobei selbstverständlich nur die über der Bandbreite liegenden Mietzinse als missbräuchlich bezeichnet werden. Es sind also diese Mieten, die unter Zuhilfenahme einer spezifischen statistischen Kenngrösse als in hohem Masse marktunüblich bezeichnet werden können. Damit wird letztlich das heute fast unbrauchbare Kriterium der Orts- und Quartierüblichkeit operabel gemacht und zur Vergleichsmiete umbenannt. Denn während für die Orts- und Quartierüblichkeit an einem gegebenen Ort meistens nicht genügend Objekte mit gleichen preisbestimmenden Eigenschaften vorhanden sind, erlaubt die Vergleichsmiete dank der auf spezifischen Wohnungs- und Standortmerkmalen basierenden hedonischen Preisfindung die rechnerische Nutzbarmachung des gesamtschweizerischen Wohnungsangebots.

Mietzinsspiegel, wie man sie beispielsweise in Deutschland kennt, haben nur einen begrenzten Informationswert. Es braucht viele «gleiche» Wohnungen an weitgehend identischen Standorten, um überhaupt einen Vergleich anstellen zu können. Dieses Erfordernis wird in der Schweiz nur in grösseren Städten einigermassen erfüllt.

Zudem bilden sie nur die aktuelle Lage ab, während bei hedonischen Modellen der Einfluss der einzelnen Preisbildungsfaktoren aufgezeigt werden kann. Als gesamtschweizerisches Instrument sind deshalb Mietzinsspiegel zur Beurteilung von Missbrauch ungeeignet. Hedonische Modelle sind heute breit akzeptiert, und ihre Verwendbarkeit zur Überprüfung des gemäss Gesetzesentwurf
definierten Missbrauchs von Mietzinsforderungen wird auch von wissenschaftlicher Seite bestätigt.

Zu den von den hedonischen Modellen berücksichtigten Wohnungseigenschaften gehören beispielsweise die Grösse, das Alter, der Zustand, die Ausstattung sowie die Lage der Wohnung, wobei in den konkreten Modellen diese Oberbegriffe durch zahlreiche Detaileigenschaften präzisiert und deren Einflüsse auf die Mietpreise mit regelmässig durchgeführten Regressionsanalysen ermittelt und gewichtet werden.

Da sich die Einflussfaktoren und ihre Wirkungen im Zeitablauf ändern, d.h. neue Aspekte preisbildend werden können, ist eine detailliertere gesetzliche Aufzählung auf Gesetzesstufe nicht sachgerecht.

Aus den bisherigen Ausführungen folgt, dass zur Ermittlung der Vergleichsmieten eine qualitativ gute und für den Wohnungsmarkt repräsentative Datenbasis nötig ist.

Man könnte diese von der öffentlichen Hand generieren und den Aufbau, die Anwendung und Weiterentwicklung eines hedonischen Modells durch eine Amtsstelle besorgen lassen. Dessen Kosten würden in keinem Verhältnis zum erwarteten Nutzen stehen, denn im Unterschied zur Absicht früherer Reformvorhaben wird die Vergleichsmiete im neuen Konzept nur noch zur Überprüfung der Missbräuchlichkeit der Anfangsmieten eingesetzt. Deren Anfechtbarkeit bleibt jedoch an relativ enge Bedingungen geknüpft. Das trägt mit weiteren Gründen dazu bei, dass dieses Rechtsinstrument im mietrechtlichen Alltag zum Beispiel im Jahre 2007 in weniger 368

als 400 Fällen benutzt wurde, vor allem in der Romandie. Auch mit der neuen Regelung dürfte die Zahl der Anfechtungen nicht wesentlich zunehmen, jedenfalls nicht in einem Ausmass, das ein teures Instrumentarium rechtfertigen würde. Hinzu kommt, dass die Vergleichsmiete weder eine offizielle Mietzinsstatistik noch ein staatliches Vehikel zur Festlegung des «richtigen» Mietzinses ist. Sie soll ausschliesslich zur Feststellung eindeutig missbräuchlicher Mietzinsforderungen dienen und zu diesem Zweck mit einem relativ einfachen Instrument operieren dürfen.

Aus all diesen Gründen wird bezüglich der Vergleichsmietemethode ein pragmatischer Ansatz ins Auge gefasst, der nach Vorliegen des parlamentarischen Grundsatzentscheids zu ihrer Einführung weiter präzisiert und in Zusammenarbeit mit der im Gesetz vorgesehenen ständigen Expertengruppe umgesetzt werden soll. Dabei werden vor allem die eher technischen Fragen der Datenbasis, der Modellanforderungen und der praktischen Anwendung im Anfechtungsverfahren zu regeln sein.

Um den Entscheid über die grundsätzliche Opportunität des Vergleichsmietesystems zu erleichtern, werden jedoch ­ wie im Vernehmlassungsverfahren gewünscht ­ bereits auf Gesetzesstufe verschiedene Leitplanken vorgegeben.

Zu diesen gehört die Festlegung der eingangs erwähnten Bandbreite zulässiger Mietzinse. Ferner wird in Anbetracht der auf Anfangsmieten beschränkten Missbrauchsüberprüfung festgehalten, dass für den Vergleich nur die Mietzinse solcher Wohnungen zu verwenden sind, bei denen das Mietverhältnis nicht mehr als fünf Jahre vor der vierteljährlich zu aktualisierenden statistischen Erhebung begonnen hat. Erfasst werden jeweils die im Zeitpunkt der Erhebung effektiv bezahlten Nettomietzinse. Die Beschränkung auf fünf Jahre sichert einerseits eine gewisse Nähe zum aktuellen Markt. Anderseits wird damit auch in Perioden geringerer Umzugstätigkeit für eine genügend breite Datenbasis gesorgt. Namentlich aus Kostengründen wird schliesslich in Betracht gezogen, zur Berechnung der Vergleichsmieten und Missbrauchsgrenzen bereits bestehende Modelle anzuwenden und deren Ergebnisse zu «poolen». Die Modelle müssen nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen konzipiert und nachvollziehbar sein. Zu diesem Zweck erlässt der Bundesrat hinsichtlich der Modellstruktur, Modellgüte, Qualitätssicherung,
Information über die verwendeten Modelle und weiterer Anforderungen auf Verordnungsstufe geeignete Bestimmungen. Welche Wohnungskategorien von welchen Eigentümergruppen letztlich in die Datenbasis einfliessen sollen, wird Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Grundsätzlich sind zwei Möglichkeiten denkbar. Es könnte eine zusätzliche Erhebung bei denjenigen Anbietergruppen durchgeführt werden, welche in den bestehenden Datenbanken nicht vertreten sind, oder es könnten basierend auf bestehenden oder neuen Erhebungen periodisch entsprechende Korrekturfaktoren berechnet und in die Modelle integriert werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass beispielsweise die Wohnungen privater Anbieter im Schnitt leicht höhere Mietzinse aufweisen als solche von institutionellen Eigentümern. Ausgeschlossen werden subventionierte Wohnungen jeglicher Art sowie die Wohnungen von gemeinnützigen Bauträgern und der öffentlichen Hand, soweit diese von ihrem Recht auf die weitere Anwendung der Kostenmiete Gebrauch machen und sich somit in einem Marktsegment mit einem speziellen Mietzinsregime bewegen.

Was die im Vernehmlassungsverfahren kontrovers beurteilte Frage der Offenlegung der Vergleichsmieten betrifft, so sieht der Gesetzesentwurf vor, die Anwendung auf die Beurteilung angefochtener Anfangsmietzinse durch die zuständige Behörde zu

369

beschränken. Dank der über das Internet17 verfügbaren Marktübersichten können sich die Vertragsparteien heute selber auf leichte Art Informationen über das lokale Preisgefüge für bestimmte Wohnungstypen und Wohnlagen verschaffen. Die Mieterschaft kann auf deren Grundlage die Zweckmässigkeit und Erfolgsaussichten einer allfälligen Anfechtung eines Anfangsmietzinses abschätzen. Dabei ist aber zu beachten, dass die durch eine Vertragspartei veranlasste Einschätzung des zulässigen Mietzinses die Beurteilung durch die zuständige Behörde und das Gericht nicht ersetzen kann. Diese kann unter Umständen abweichend ausfallen.

Die Vergleichsmiete soll kein Nachschlagewerk sein, sondern ein ausschliessliches Instrument zur Feststellung von Missbräuchen. Ein Tabellenwerk könnte von einzelnen Kreisen als staatliches Mietzinsdiktat, von anderen als Einladung zur Maximierung der Mietzinse gescholten werden. Wer bezüglich der Vergleichsmiete die Einhaltung des Öffentlichkeitsprinzips fordert, verkennt überdies die Tatsache, dass die korrekte Handhabung der Modelle besondere Kenntnisse und spezifische Detailinformationen über die Ausprägungen der Wohnungs- und Standortmerkmale verlangt, die für die Berechnung zu verwendenden sind. Die Vorstellung, dass jede Person sozusagen auf Knopfdruck den zulässigen Mietzins für ihre Wohnung abrufen kann, ist unrealistisch. Aus diesem Grund muss vorerst auch offen bleiben, ob die Anwendung jeder Schlichtungsstelle überlassen werden soll ­ mit entsprechenden Schulungen ­ oder ob eine zentrale Stelle die Eingaben vornimmt und den Schlichtungsstellen die jeweilige Missbrauchsgrenze mitteilt. Bei der relativ geringen Zahl von Anfechtungen des Anfangsmietzinses scheint zu Beginn eine zentrale Lösung empfehlenswert. Allenfalls ist danach ein Zugriff für diejenigen Schlichtungsstellen ins Auge zu fassen, in denen entsprechende Anfechtungen gehäuft auftreten.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die vorgesehenen hedonischen Modelle zur Bestimmung von missbräuchlichen Mieten geeignet sind. Aufgrund des mit ihrer Verfeinerung verbundenen Zeit- und Finanzbedarfs soll das definitive Konzept jedoch erst erstellt werden, wenn sich das Parlament zur Grundsatzfrage geäussert hat. Die bisherigen Vorstudien erlauben es, die allenfalls erforderlichen Arbeiten rasch voranzutreiben.

2.1.4

Mietzinsanpassungen und Mietzinsanfechtungen

Mit der weitgehenden Abkehr von der Kostenmiete und der Einführung der Indexund Vergleichsmiete findet ein Systemwechsel statt. Sofern die Parteien im Mietvertrag kein anderes der gesetzlich vorgesehenen Anpassungsmodelle wählen, richtet sich der Mietzins künftig nach der Entwicklung des massgebenden Indexes.

Dabei dürfen Mietzinserhöhungen die Zunahme des Landesindexes der Konsumentenpreise ohne Wohn- und Energiekosten (Leitindex) nicht übersteigen. Die Anpassung kann im Umfang von maximal 100 Prozent der seit Mietbeginn oder der letzten Anpassung eingetretenen Steigerung erfolgen, wobei eine Erhöhung höchstens einmal jährlich möglich ist. Bei einem gesunkenen Indexstand ist der Mietzins entsprechend herabzusetzen. Bei einer durchschnittlichen Teuerung von mehr als fünf Prozent während zwei aufeinanderfolgenden Jahren wird der zulässige Über17

370

Das Internet ist heute bei der Wohnungssuche der wichtigste Suchkanal, vgl.

Wüest & Partner, Monitoring 2009, Herbstausgabe, S. 44 f.

wälzungssatz durch den Bundesrat angemessen reduziert, wobei der Bundesrat die wirtschaftlichen Faktoren, insbesondere die Lohnentwicklung, berücksichtigt.

Neben dem zentralen Anpassungsmodell der Indexmiete sind weiterhin auch gestaffelte Mietzinse sowie die Umsatzmiete bei Geschäftsräumen möglich, wobei Letztere im Gesetz neu ausdrücklich erwähnt wird. Mietzinserhöhungen aufgrund von Mehrleistungen der Vermieterschaft sind weiterhin nach den Regeln des heutigen Rechts zulässig. Dabei läuft ab Mietbeginn eine einjährige Sperrfrist für Mietzinserhöhungen, falls diese bei Vertragsabschluss nicht schriftlich angekündigt wurden.

Weiterhin möglich sind auch Mietzinsanpassungen, die den Empfehlungen eines Rahmenmietvertrages entsprechen.

Schöpft die Vermieterschaft den gemäss der gesetzlichen oder vertraglichen Regelung zulässigen Betrag einer Mietzinserhöhung nicht aus, so hat sie wie nach heutigem Recht die Möglichkeit, einen Vorbehalt anzubringen. Kein Vorbehalt ist hingegen beim Vertragsabschluss möglich, denn die Vergleichsmiete wird nur in einem allfälligen Anfechtungsverfahren eruiert. Wie im geltenden Recht sind die formellen Anforderungen eines Mietzinsvorbehalts in den Ausführungsbestimmungen zu regeln.

Im Gegensatz zum heutigen Recht berechtigen Handänderungen der Liegenschaft zu keinen Mietzinserhöhungen mehr.

Weiter kann der Mietzins für Wohnräume gemeinnütziger Wohnbauträger sowie der öffentlichen Hand gemäss dem Grundsatz der Kostenmiete festgelegt werden. Der Bundesrat erlässt dazu Ausführungsbestimmungen.

Wie nach bisherigem Recht kann die mietende Partei eine Mietzinserhöhung innert 30 Tagen, nachdem sie ihr mitgeteilt worden ist, bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich anfechten. Überdies kann sie eine Herabsetzung des Mietzinses verlangen, wenn sich aufgrund eines gesunkenen Indexstandes oder aus einem aufgrund eines anderen anwendbaren Anpassungsmodells ein Senkungsanspruch ergibt und die vermietende Partei diesen entgegen der gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung nicht erfüllt.

Schliesslich haben die Mieterinnen und Mieter wie nach bisherigem Recht die Möglichkeit, den Anfangsmietzins anzufechten und dessen Herabsetzung zu verlangen.

2.2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.2.1

Allgemeine Bestimmungen

Art. 253b Abs. 2

Bestimmungen über den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen

Die mietzinsrechtlichen Schutzbestimmungen finden bei Wohnungen sowie bei Einfamilienhäusern keine Anwendung, die einen luxuriösen Charakter aufweisen und zudem über mehr als 150 m2 Nettowohnfläche verfügen. Der Begriff luxuriös ist gemäss der heute geltenden Rechtsprechung eng auszulegen; dies bedeutet, dass die fragliche Wohnung oder das fragliche Einfamilienhaus aussergewöhnlich komfortabel ausgestattet und tadellos unterhalten sein muss. Im Hinblick auf die Grösse wird neu nicht mehr auf die Zimmerzahl Bezug genommen. Die Praxis hat gezeigt, 371

dass gerade bei luxuriösen Wohnungen nicht die Anzahl Zimmer, sondern die Wohnfläche das entscheidende Kriterium darstellt. So gibt es heute durchaus grosse und luxuriöse Wohnungen, die lediglich über einen oder zwei Räume verfügen (z.B.

Lofts). Es erscheint daher zweckmässig, auf die Nettowohnfläche und dabei auf eine Grösse von 150 m2 abzustellen. Wenn die Räume darüber hinaus luxuriös ausgestattet sind, erscheint es gerechtfertigt, die Mietzinsgestaltung von einschränkenden Schutzbestimmungen auszunehmen und diese der Autonomie der Vertragsparteien zu überlassen. Für diese sogenannten freien Mietverhältnisse können die Mietzinse, selbst wenn sie missbräuchlich sind, in der Regel vom Gericht nicht korrigiert werden. Nur in Ausnahmefällen kann sich die Mieterschaft auf Artikel 21 OR (Übervorteilung) berufen.18 Der Ausschluss der Schutzbestimmungen erstreckt sich lediglich auf den mietzinsrechtlichen Bereich. Die übrigen Regeln des Mietrechts sind hingegen anwendbar.

In der Vernehmlassung wurde verschiedentlich gefordert, dass der Begriff der Nettowohnfläche näher definiert wird. Dies soll in der Ausführungsverordnung erfolgen. Dabei kann es zweckmässig sein, für die Definition der Nettowohnfläche auf die SIA-Norm 416 abzustellen, welche den technischen Begriff «Hauptnutzungsfläche» verwendet. Auf Gesetzesebene wird am geläufigen Begriff Nettowohnfläche festgehalten.

Art. 266l Abs. 2

Form der Kündigung bei Wohn- und Geschäftsräumen; Im Allgemeinen

Nach bisherigem Recht muss diese Genehmigung des Formulars zur Mitteilung von Kündigungen in jedem Kanton einzeln eingeholt werden. Neu wird die Kompetenz für die Genehmigung des Formulars auf die zuständige Verwaltungseinheit des Bundes übertragen. Dadurch wird das Verfahren vereinfacht und die Praxis vereinheitlicht. Dies ist namentlich für Vermieterinnen und Vermieter von Vorteil, die in mehreren Kantonen über Mietobjekte verfügen. Sie sind nicht mehr gezwungen, für das gleiche Formular die Genehmigung mehrerer Kantonsbehörden einzuholen.

2.2.2

Art. 269

Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen des Vermieters bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen Missbräuchliche Anfangsmietzinse; Für Wohnräume; Grundsätze

Abs. 1 Nach bisherigem Recht wird die Missbräuchlichkeit des Anfangsmietzinses aufgrund einer Ertragsüberprüfung oder anhand der orts- und quartierüblichen Mietzinse beurteilt. An die Stelle dieser Instrumente tritt neu das Kriterium der Überschreitung einer zulässigen Bandbreite der Mietzinse vergleichbarer Wohnräume, d.h. es wird zur Überprüfung der Missbräuchlichkeit von Anfangsmietzinsen auf die Vergleichsmiete abgestellt. Dies bedeutet, dass die Herleitung des für das betreffen-

18

372

BGE 123 III 292 ff.

de Objekt massgeblichen Mietzinses gestützt auf die Werte vergleichbarer Drittwohnungen erfolgt.

Abs. 2 Wie unter Ziffer 2.1.3 dargelegt, werden die Mittelwerte und Bandbreiten der Mietzinse vergleichbarer Wohnräume mit sogenannten hedonischen Modellen berechnet.

Solche werden in der Schweiz seit einigen Jahren flächendeckend angewandt. Bei einer Bandbreite, welche 90 Prozent der Mietzinse umfasst, liegen total zehn Prozent der Mietzinse ausserhalb dieses Bandes, je fünf Prozent oberhalb und unterhalb. Als missbräuchlich werden jene fünf Prozent erachtet, welche die Bandbreite überschreiten.

Abs. 3 Damit die Mietzinsmodelle mit möglichst umfassenden Daten alimentiert werden können, sind nicht nur genaue Mietzinsangaben, sondern auch detaillierte Informationen zum Objekt und zum Standort der Wohnung nötig. In Absatz 3 werden die massgebenden Vergleichskriterien festgelegt. Es sind dies Lage, Fläche, Zustand, Bauperiode und Ausstattung der Wohnräume. Die Aufzählung ist nicht abschliessend, doch lassen sich darunter die wichtigsten Preisbildungsfaktoren subsumieren.

Bei der laufenden Weiterentwicklung der Modelle können sich neue Faktoren herauskristallisieren, oder der Einfluss bestehender Faktoren kann sich verändern.

Denkbar ist beispielsweise, dass im Lauf der Zeit eine gute Aussichtslage viel mehr Gewicht als heute erhalten und auf dem Markt auch entsprechend entschädigt wird oder dass die Lärmempfindlichkeit zunimmt, was sich in einer generellen Reduktion der Zahlungsbereitschaft für Wohnräume an lärmexponierten Lagen manifestiert.

Art. 269a

Bestimmung der Bandbreite

Abs. 1 Die Bestimmung der Bandbreite erfolgt aufgrund von Stichproben nach anerkannten statistischen Methoden. Diese Vorgehensweise wird in Absatz 1 festgehalten.

Abs. 2 Da nur die Anfangsmietzinse auf einen potenziellen Missbrauch hin überprüft werden sollen, werden für den Vergleich nur Mietverhältnisse berücksichtigt, die in den letzten fünf Jahren begründet wurden und im Zeitpunkt der Berechnung des Mietpreismodells noch andauern (Bst. a). Mietzinse für Wohnungen der öffentlichen Hand und gemeinnütziger Wohnbauträger, bei welchen die Mietzinsgestaltung gemäss Artikel 269g nach dem Grundsatz der Kostenmiete berechnet wird, fliessen aufgrund der unter Ziffer 2.1.3 dargelegten Erwägungen nicht in die Berechnung ein (Bst. b).

Abs. 3 Es wird klargestellt, dass die Stichproben vierteljährlich aktualisiert werden. Dabei fliessen nicht die beim Vertragsabschluss festgelegten, sondern die aktuell bezahlten Mietzinse in die Berechnung ein.

Abs. 4 Die Umsetzungsspielräume sind erheblich. Damit die Festsetzung der massgeblichen Vergleichsmiete im einzelnen Mietverhältnis nicht zu reichlichem Streitpotenzial führt, sollte die Gestaltung der Spielräume nicht den Parteien und der Gerichtspraxis 373

überlassen werden, sondern durch die Rechtsetzung festgelegt werden. Für die Konkretisierung bietet sich der Erlass von Verordnungsrecht durch den Bundesrat an. Da dieses auch rechtsgestaltenden Charakter haben wird, genügt die allgemeine Rechtsetzungsdelegation nach Artikel 253a Absatz 3 nicht. Deshalb wird dafür eine explizite Delegationsnorm geschaffen.

Bei der Vergleichsmiete wird wie erwähnt auf den hedonischen Ansatz und die für diese Modelle erforderlichen Datengrundlagen abgestellt. Die Entwicklung eines grundlegend neuen Modells ist zeitaufwendig und kostenintensiv. Damit kein neues entwickelt werden muss, können bestehende Modelle, welche den beschriebenen Anforderungen genügen, zur Bestimmung des Vergleichsmietzinses herbeigezogen werden. Dabei ist der Durchschnitt mehrerer Modelle massgebend. Die diesbezüglichen Grundsätze sind in der bundesrätlichen Verordnung festzuhalten.

Abs. 5 Im Interesse einer breiten Abstützung des Instrumentariums sind neben den Mieterund den Vermieterorganisationen auch weitere Organisationen, die mit der Anwendung der mietrechtlichen Regelungen vertraut sind, sowie Fachstellen in die Ausgestaltung und Überprüfung der Vergleichsmietemodelle einzubeziehen. Dabei wird z.B. an statistische Ämter und an Hochschulinstitute gedacht.

Abs. 6 In gewissen Städten (Basel, Genf, Zürich) gibt es umfassende offizielle Mietzinsstatistiken. Falls diese Statistiken und die darauf aufbauenden Mietzinsmodelle den gesetzlichen Anforderungen und Vergleichskriterien entsprechen, kann das EVD auf Gesuch hin auch diese lokalen oder regionalen Statistiken und die darauf aufbauende Berechnung der Vergleichsmieten anerkennen. Nicht genügen würden rein statistische Erhebungen, da bei diesen die Gleichwertigkeit der Vergleichsobjekte in der Regel nicht gegeben ist.

Abs. 7 Das Vergleichsmietemodell steht aus den unter Ziffer 2.1.3 dargelegten Gründen nur derjenigen Behörde zur Verfügung, die für die Beurteilung der angefochtenen Anfangsmietzinse zuständig ist.

Art. 269b

Für Geschäftsräume

Abs. 1 Die Entwicklung eines Vergleichsmietemodells wäre für Geschäftsräume zu aufwendig. Bei diesen gibt es aufgrund der unterschiedlichen Verwendungszwecke der gemieteten Räume (Dienstleistung, Gewerbe, Handel, Industrie usw.) eine starke Segmentierung in Einzelmärkte. Zudem ist bei Geschäftsräumen die Innenausstattung der Räume je nach Branche sehr unterschiedlich. Oft weisen sie auch fest eingebaute Spezialeinrichtungen auf, die für die Beurteilung eines Mietobjektes bedeutsam sind. Deshalb wird bei Geschäftsräumen auf die Ermittlung von Vergleichsmieten mittels hedonischer Modelle verzichtet und stattdessen auf den Rahmen der üblichen Mietzinse verwiesen.

374

Abs. 2 Das heutige System der orts- und quartierüblichen Mietzinse wird beibehalten, wobei eine gewisse Lockerung ins Auge gefasst wird: Sind nach der heutigen Gerichtspraxis für den Nachweis der Orts- und Quartierüblichkeit fünf Vergleichsobjekte notwendig, so sollen künftig drei Objekte genügen. Zudem soll beim Fehlen einer genügenden Anzahl von Vergleichsobjekten auf branchenübliche Mietzinse abgestellt werden. Die diesbezüglichen Einzelheiten sind auf Verordnungsebene zu regeln.

Art. 269c

Mietzinsanpassungen während der Mietdauer; Grundsätze

Neu werden im Gesetz alle zulässigen Erhöhungsgründe abschliessend aufgeführt.

Damit erfolgt gegenüber dem heutigen Recht ein Wechsel in der Systematik. Der geltende Artikel 269a sieht einen Katalog von Fällen vor, in denen bestimmte Mietzinserhöhungsgründe in der Regel als nicht missbräuchlich gelten. Im Sinne einer einfacheren und transparenteren Handhabung werden neu die zulässigen Erhöhungsgründe direkt und abschliessend bezeichnet. Im Katalog ausdrücklich nicht enthalten sind Mietzinserhöhungen, die gestützt auf einen bezahlten Kaufpreis erfolgen, denn die Mietzinsgestaltung erfolgt ausser bei Mehrleistungen nicht mehr aufgrund der Kostenänderungen. Die Handänderung der Liegenschaft berechtigt somit nicht mehr zu Mietzinserhöhungen. Eine periodische Anpassung des Mietzinses nach absoluten Kriterien fällt generell weg.

Mietzinse können erhöht werden, wenn sich die Erhöhung auf die Entwicklung des massgebenden Indexes gemäss Artikel 269d stützt oder wenn sie durch Mehrleistungen der Vermieterschaft begründet ist. Diese Anpassungsgründe können geltend gemacht werden, auch wenn sie nicht vorgängig vertraglich vereinbart worden sind.

Die im geltenden Recht vorgesehene Möglichkeit, den Mietzins einem besonders vereinbarten Zahlungsplan folgen zu lassen, entfällt. In der Praxis hat diese Bestimmung bisher keinerlei Bedeutung erlangt.

Buchstabe a hält den Grundsatz der in Zukunft als «Standardmodell» vorgesehenen Indexmiete fest. Es wird festgehalten, dass der in Ziffer 2.1.1 beschriebene Landesindex der Konsumentenpreise unter Ausschluss der Wohn- und Energiekosten den für Mietzinsanpassungen massgebenden Index (Leitindex) darstellt. Der Leitindex kann künftig vom Bundesamt für Statistik direkt publiziert werden.

Die Buchstaben b und c nennen zwei weitere Erhöhungsmöglichkeiten, welche aber vertraglich vereinbart werden müssen. Es handelt sich dabei um die Staffelmiete und um die Umsatzmiete, bei welcher der Mietzins für Geschäftsräume ganz oder teilweise an die Entwicklung des Umsatzes angebunden werden kann. Die mietende Partei ist verpflichtet, der vermietenden Partei Einblick in die Umsatzzahlen zu gewähren.

Buchstabe d regelt den Spezialfall, dass die Mietzinsentwicklung auch den Empfehlungen eines Rahmenmietvertrages folgt. Dies geschieht entweder als Folge einer vertraglichen Vereinbarung
oder von Gesetzes wegen, falls gestützt auf das Bundesgesetz vom 23. Juni 199519 über Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung die Empfehlungen für ein bestimmtes Gebiet allgemeinverbindlich sind.

19

SR 221.213.15

375

Buchstabe e bekräftigt die schon heute geltende Regelung, dass Mehrleistungen der Vermieterschaft zu Mietzinserhöhungen berechtigen. Bei Mietzinsanpassungen ist wie im heutigen Recht das Anbringen von Vorbehalten möglich, wenn mit der Mietzinserhöhung das zulässige Erhöhungspotenzial nicht ausgeschöpft wird. Bedingung ist aber, dass dieser Umstand der Mieterschaft klar mitgeteilt wird. Das Nähere wird in der Ausführungsverordnung geregelt.

Art. 269d

Anpassungen an den Leitindex

Ist nichts anderes vereinbart, können die Mietzinse an die Veränderungen des Leitindexes angepasst werden.

Abs. 1 Eine Mietzinserhöhung infolge Anpassung an den Leitindex kann nur erfolgen, wenn der aktuelle Indexstand über dem für das konkrete Mietverhältnis geltenden Basisstand liegt. Die Mietzinse können im vorgeschlagenen Modell zu maximal 100 Prozent an die Veränderung des Leitindexes angepasst werden.

Abs. 2 Mit dieser Bestimmung wird festgehalten, dass die Vermieterschaft den Mietzins entsprechend herabsetzen muss, wenn der Indexstand seit Mietbeginn oder seit der letzten Mietzinsanpassung gesunken ist. Diese Regelung entspricht jener des bisherigen Rechts hinsichtlich der Mietzinsherabsetzung infolge von gesunkenen Hypothekarzinssätzen (Art. 13 Abs. 1 VMWG) sowie bei indexierten Mietzinsen (Art. 17 Abs. 2 VMWG). Anders als bei der Erhöhung handelt es sich bei der Herabsetzung des Mietzinses um eine zwingende gesetzliche Vorschrift. Kommt die Vermieterschaft dieser nicht nach, kann die Mieterschaft ein Mietzinsherabsetzungsbegehren stellen.

Massgebend für die Beurteilung, ob ein Herabsetzungsanspruch gegeben ist, ist wiederum der Vergleich zwischen dem Basisstand und dem Indexstand, den die Parteien vertraglich vereinbart haben oder, falls eine solche Vereinbarung fehlt, der aktuelle Indexstand nach einem oder mehreren Jahren seit Mietbeginn.

Abs. 3 Als Basisstand und damit als Berechnungsbasis der Anpassung dient bei einer erstmaligen Mietzinsanpassung der Indexstand bei Mietbeginn, worunter der vor Mietbeginn zuletzt veröffentlichte Index zu verstehen ist. Vertragliche Abreden, wonach als Basis nicht der Stand des Landesindexes bei Mietbeginn, sondern ein früherer (in der Regel tieferer) Stand angewandt werden soll, sind unzulässig. Als Ausnahme davon kann das Mietverhältnis mit einer Nachmieterschaft angesehen werden. Diese übernimmt den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen und somit auch den Indexstand von der bisherigen Mietpartei.

Bei nachfolgenden Mietzinserhöhungen dient der mit der vorangegangenen Anpassung ausgeglichene Indexstand als neuer Basisstand.

Abs. 4 Es ist zu beachten, dass die Indexmiete gemäss neuem Recht zur hauptsächlichen gesetzlichen Anpassungsmethode wird. Die Indexierung nach heutigem Recht ist demgegenüber eine spezielle, immer vertraglich besonders zu vereinbarende Anpas-

376

sungsmodalität. Eine Folge ist, dass die neue Indexierungslösung minimaler Regeln bedarf.

Es ist davon auszugehen, dass auch unter neuem Recht in den meisten Fällen die wichtigsten Punkte vertraglich geregelt werden. Dazu gehört insbesondere die Definition des für Mietzinsanpassungen massgebenden Indexstandes. So kann beispielsweise vereinbart werden, dass jeweils der Indexstand des Monats Oktober massgebend ist. Ob und in welchem Umfang ein Anspruch auf eine Mietzinsanpassung besteht, ergibt sich dann aus dem Vergleich zwischen dem aktuellen Indexstand des Monats Oktober und dem im betreffenden Mietverhältnis zuletzt geltenden Indexstand. Diese Möglichkeit erlaubt es dem Vermieter, über die inhaltliche Ausgestaltung der Mietverträge den Zeitpunkt für Mietzinsanpassungen bei allen Mietverhältnissen, beispielsweise der gleichen Liegenschaft, zu vereinheitlichen.

Fehlt eine den massgebenden Indexstand regelnde Vereinbarung, so greift die Bestimmung von Absatz 4. Sie enthält die Einschränkung der Mietzinsanpassungsmöglichkeiten auf eine Periodizität des massgebenden Indexstandes von jeweils einem ganzen Jahr (12 Monate) seit Mietbeginn. Dadurch wird insbesondere verhindert, dass monatliche, saisonal bedingte Schwankungen des Indexstandes zu einer unerwünschten Fluktuation der Mietzinse und zu einem erhöhten administrativen Aufwand führen.

Die Berechnung der Mietzinsanpassung mit Indexklausel ist bereits heute etabliert.

Der neue Mietzins berechnet sich, indem der bisherige Mietzins mit dem Stand des neuen Indexes multipliziert und das Produkt durch den Stand des Landesindexes bei Mietbeginn oder bei der letzten Mietzinsanpassung dividiert wird.

Es besteht die Möglichkeit, dass die Vermieterschaft die Mietzinsanpassung nicht bis zum zulässigen Indexstand ausnützt, sondern für die Anpassung den Indexstand eines früheren Kalenderjahres verwendet. Sie könnte sich aber auch am zuletzt möglichen Indexstand orientieren und den daraus resultierenden Spielraum für Mietzinserhöhungen beispielsweise nur zu 50 Prozent statt zu 100 Prozent beanspruchen. Damit würde aber bezüglich der nur unvollständig ausgeglichenen Teuerung wieder ein Vorbehalt nötig, was der bezweckten Vereinfachung des Mietrechts widerspricht. Es ist nicht ratsam und für die vermietende Partei auch nicht nötig, eine komplizierte
Vorbehaltsrechnung vorzunehmen. Denn durch die Wahl eines die Teuerung noch nicht vollständig ausgleichenden Indexstandes eines früheren Kalenderjahres geht eine Differenz zum aktuellsten Indexstand nicht verloren. Sie kann zu einem späteren Zeitpunkt ausgeglichen werden.

Abs. 5 Eine auf den Leitindex gestützte Mietzinserhöhung kann höchstens einmal jährlich erfolgen. Bei der Begrenzung auf eine jährliche Mietzinserhöhung handelt es sich um eine zwingende Bestimmung, die durch Parteivereinbarung nicht abgeändert werden kann.

Auf der anderen Seite ist es der Vermieterschaft freigestellt, ob sie eine jährliche Anpassung an den neusten Indexstand vornehmen will oder nicht. Wird der Mietzins nicht angepasst, geht der Vermieterschaft nichts verloren; sie kann später eine entsprechend grössere Mietzinsanpassung vornehmen.

377

Abs. 6 In dieser Bestimmung wird der Fall von hohen Teuerungsraten geregelt. Bei diesen verstärkt sich die reale Entschuldung zugunsten der Vermieterschaft. Zudem entsteht häufig eine Scherenentwicklung, indem die Mietzinseinnahmen stärker steigen als die Kosten. Aus diesen Gründen ist vorgesehen, dass der Bundesrat eine Reduktion des Überwälzungssatzes anordnet, sofern die durchschnittliche Erhöhung des Leitindexes während zwei aufeinander folgenden Jahren über fünf Prozent liegt. Dabei ist der Bundesrat verpflichtet, die wirtschaftlichen Faktoren zu berücksichtigen. Als wichtigster Punkt in diesem Zusammenhang wird im Gesetz die Lohnentwicklung ausdrücklich aufgeführt.

Art. 269e

Gestaffelte Mietzinse

Die bisherige Regelung hat sich bewährt und wird deshalb unverändert beibehalten.

Es ist denkbar, dass vor allem Personen, die Neubauwohnungen anbieten, gestaffelte Mietzinse künftig vermehrt zur Erzielung anfänglicher Verbilligungswirkungen verwenden werden, weil im Rahmen der Vergleichsmieten Mietzinsvorbehalte bei Neuabschlüssen systembedingt ausgeschlossen sind.

Art. 269f (neu)

IV. Mehrleistungen des Vermieters

Abs. 1 Mehrleistungen der vermietenden Partei als Grund für Mietzinsanpassungen werden neu auf der Gesetzesebene definiert (bisher Art. 14 VMWG). Als Mehrleistungen gelten aufgrund der Änderung der VMWG vom 27. November 2007 auch energetische Verbesserungen (Art. 14 VMWG). Der für die Verzinsung der Mehrleistungen anwendbare Satz ist dabei weiterhin der gemäss Artikel 12a VMWG ermittelte Referenzzinssatz für Hypotheken. Es handelt sich dabei um den einzigen unter dem neuen Recht verbleibenden absoluten Anpassungsgrund. Die übrigen gesetzlichen Anpassungsgründe sind relativer Natur, d.h. sie beziehen sich auf die jeweils vorangegangene Mietzinsanpassung.

Abs. 2 Diese neue Bestimmung soll verhindern, dass die Mieterschaft bereits kurz nach Mietbeginn mit unerwarteten Mietzinserhöhungen infolge von wertvermehrenden Arbeiten konfrontiert wird. Absatz 2 enthält deshalb neu eine einjährige Sperrfrist für Mietzinserhöhungen aufgrund von wertvermehrenden Verbesserungen. Diese Frist läuft ab Mietbeginn. Sie wird allerdings nur wirksam, wenn die Vermieterschaft bei Vertragsabschluss den Mieterinnen und Mietern keine entsprechende Ankündigung zugehen liess. Eine Mietzinserhöhung infolge wertvermehrender Verbesserungen ist demnach frühestens nach Ablauf eines Jahres nach Mietbeginn wirksam, sofern sie nicht bei Vertragsabschluss schriftlich angekündigt wurde. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass der Betrag der zukünftigen Mietzinserhöhung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Regel noch nicht exakt beziffert werden kann.

269g (neu)

C. Gemeinnützige Wohnbauträger

Die gemeinnützigen Wohnbauträger und die öffentliche Hand setzen die Mietzinse in der Regel nach dem Prinzip der Kostenmiete fest. Demnach werden Kostensteigerungen, namentlich auch Hypothekarzinsveränderungen, unmittelbar berücksichtigt.

378

Mit der Bestimmung von Artikel 269g wird dieser Besonderheit Rechnung getragen.

Sie ermöglicht es, dass auf besondere Vereinbarung der Parteien hin nicht die Indexmiete, sondern die Kostenmiete gilt. Der Bundesrat regelt die Gestaltung des Mietzinses.

Art. 269h (neu)

D. Einseitige Vertragsänderungen durch den Vermieter

Der materielle Inhalt des geltenden Artikels 269d betreffend Mietzinserhöhungen und andere einseitige Vertragsänderungen durch die Vermieterschaft wird im Wesentlichen übernommen. Er wird jedoch übersichtlicher dargestellt und die Mietzinserhöhungen werden den einseitigen Vertragsänderungen begrifflich zugeordnet.

Die materiellen Anpassungen beschränken sich auf die Genehmigung des Formulars für Vertragsänderungen, auf die mechanische Nachbildung der Unterschrift (Faksimile) bei Mietzinserhöhungen und bei der Anpassung von Akontobeträgen für Nebenkosten und auf das Absehen von einer Formularpflicht für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen bei einer Staffelung und bei Umsatzmiete.

Abs. 1 Es wird festgehalten, dass der Mietvertrag wie bis anhin einseitig zulasten der Mieterschaft geändert werden kann, insbesondere durch Erhöhung des Mietzinses, Verminderung der bisherigen Leistung der Vermieterschaft und durch Einführung neuer Nebenkosten.

Abs. 2 Wie im heutigen Recht wird die Änderung auf einen Kündigungstermin wirksam.

Zudem wird präzisiert, dass dies auch auf das Ende der fest vereinbarten Vertragsdauer und, bei gestaffelten und umsatzabhängigen Mietzinsen, auf die vertraglich vereinbarten Termine möglich ist.

Buchstabe c sieht zudem vor, dass bei Verträgen, die für mindestens zwei Jahre abgeschlossen wurden, eine Mietzinserhöhung aufgrund der Veränderung des Leitindexes unter Einhaltung einer Frist von mindestens drei Monaten auf einen Monatsbeginn angekündigt werden kann. Dadurch wird ermöglicht, dass die Sicherheit, die langfristige Mietverträge bieten, auch unter neuem Recht mit der Möglichkeit einer jährlichen Mietzinsanpassung verbunden werden kann.

Es handelt sich dabei um eine Abweichung vom privatrechtlichen Grundsatz, dass eine Partei den Vertrag kündigen kann, wenn die andere Partei diesen einseitig ändert. Bei Verträgen mit einer festen Frist von weniger als zwei Jahren erübrigt sich diese Abweichung aufgrund des Umstandes, dass der Mietzins nur einmal jährlich angepasst werden kann und zudem bei der Ankündigung eine Mindestfrist zu beachten ist.

Abs. 3 Es wird festgelegt, dass Mietzinserhöhungen und andere einseitige Vertragsänderungen auf einem genehmigten Formular mitzuteilen und zu begründen sind. Wie beim Formular zur Mitteilung von Kündigungen muss diese Genehmigung nach
bisherigem Recht in jedem Kanton einzeln eingeholt werden. Auch für Mietzinserhöhungen und andere einseitige Vertragsänderungen wird die Kompetenz für die Genehmigung des Formulars neu auf die zuständige Verwaltungseinheit des Bundes übertragen, um das Verfahren zu vereinfachen und die Praxis zu vereinheitlichen.

379

Dies dient namentlich Vermieterinnen und Vermieter, die in mehreren Kantonen über Mietobjekte verfügen.

Abs. 4 Der Verzicht auf das Erfordernis der handschriftlichen Unterzeichnung von Mietzinserhöhungen und Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten entspricht einem Anliegen, zu dem wiederholt auch parlamentarische Vorstösse eingereicht wurden. Absatz 4 Buchstabe c stellt für Mietzins- und Akontoanpassungen die mechanisch nachgebildete Unterschrift der eigenhändigen gleich. Die Bestimmung ermöglicht es grösseren Liegenschaftsverwaltungen, das für diese Anpassungen verwendete Formular mittels mechanisch nachgebildeter Unterschrift zu unterzeichnen (faksimilierte Unterschrift). Dadurch wird ein erheblicher Verwaltungsaufwand eingespart, ohne dass die Rechtsposition der Mieterschaft beeinträchtigt wird. Diese Möglichkeit wird ausdrücklich auf Mietzinsanpassungen und Anpassungen von Akontobeträgen für Nebenkosten beschränkt. Für andere einseitige Vertragsänderungen ist nach wie vor die eigenhändige Unterschrift erforderlich, denn diese sind in der Regel kein Massengeschäft, sondern Änderungen, die das einzelne Vertragsverhältnis betreffen und daher gesondert vom routinemässigen Mietzinsanpassungsverfahren vorzunehmen sind. Zudem können sie für die mietende Partei weitreichende Folgen haben und faktisch einer Kündigung gleichkommen. Letzteres ist der Fall, wenn es der mietenden Partei nicht möglich ist, den Mietvertrag zu den geänderten Bedingungen weiterzuführen.

Abs. 5 Da die Staffelung und die Umsatzmiete von den Parteien vertraglich vereinbart werden und diese Vereinbarungen unter anderem auch den Erhöhungsbetrag in Franken enthalten müssen oder die exakte Mietzinsberechnung in Abhängigkeit des Umsatzes regeln, braucht es nicht zusätzlich eine Ankündigung mit einem Formular.

Bei Mietzinserhöhungen aufgrund einer vereinbarten Staffelung genügt eine einfache schriftliche Mitteilung durch die Vermieterschaft.

Art. 270

E. Anfechtung des Mietzinses I. Herabsetzungsbegehren 1. Anfangsmietzins

Die bisherige Regelung der formellen Voraussetzungen für ein Herabsetzungsbegehren wird unverändert beibehalten. Es werden lediglich Verweise angepasst. Neu wird auf die Artikel 269 und 269b verwiesen.

Wie nach bisherigem Recht kann die Anfechtung des Anfangsmietzinses also nur erfolgen, wenn sich die mietende Partei wegen einer Notlage oder aufgrund der Marktverhältnisse zum Vertragsabschluss gezwungen sah oder wenn die vermietende Partei den Anfangsmietzins gegenüber dem früheren Mietzins für dieselbe Sache erheblich erhöht hat.

Art. 270a

2. Während der Mietdauer

Artikel 270a wird ebenfalls neu gefasst, ohne dass materiell eine Änderung erfolgt.

Der Mieter kann die Herabsetzung des Mietzinses verlangen, wenn sich aus dem Katalog der Anpassungsgründe gemäss Artikel 269c ein Senkungsanspruch ergibt

380

und die vermietende Partei trotz der gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung die Senkung nicht veranlasst.

Wenn der Mietzins sich nach der Teuerungsentwicklung richtet, gilt für eine Herabsetzung gemäss Artikel 269d die materielle Voraussetzung, dass der aktuelle Indexstand gegenüber dem Basisstand einen tieferen Wert aufweist.

Wurde bei Geschäftsräumen eine Umsatzmiete vereinbart, so kann ein Herabsetzungsbegehren gestellt werden, wenn der Umsatz abgenommen hat und die vermietende Partei die nötige Mietzinssenkung unterlässt. Ferner kann eine Herabsetzung verlangt werden, wenn der Mietzins den Empfehlungen eines Rahmenmietvertrages folgt und diese nicht oder nicht mehr eingehalten werden. Der massgebende Zeitpunkt für die Anpassungen ergibt sich aus Artikel 269h Absatz 2.

Art. 270b Abs. 1

II. Anfechtung von einseitigen Vertragsänderungen

Aufgrund der begrifflichen Zuordnung der Mietzinserhöhungen zu den einseitigen Vertragsänderungen (Art. 269h) kann dieser Gesetzesartikel in einem Absatz zusammengefasst werden. Zudem erfolgt eine entsprechende Anpassung des Randtitels.

Art. 270c

III. Anfechtung indexierter Mietzinse

Die vorgenannten Bestimmungen über die Anpassungen an den Leitindex und über die Anfechtung von einseitigen Vertragsänderungen führen dazu, dass sich die heute geltende Bestimmung von Artikel 270c erübrigt. Diese kann somit aufgehoben werden.

Art. 298

Form der Kündigung bei Wohn- und Geschäftsräumen

In Übereinstimmung mit dem für die Miete geltenden Artikel 266l wird auch für die Pacht die Kompetenz für die Genehmigung des Formulars zur Mitteilung von Kündigungen auf die zuständige Verwaltungseinheit des Bundes übertragen.

2.2.3

Übergangsbestimmungen zur Änderung des Achten Titels

Würde in laufenden Mietverhältnissen beim heutigen, relativ niedrigen Hypothekarzinsniveau auf die Indexierung umgestellt, so wäre dies für die vermietende Partei bei Ausbleiben von Wechseln der Mieterschaft mittel- und langfristig nachteilig.

Umgekehrt würde der Übergang zum Indexsystem in Zeiten hoher Hypothekarzinssätze die Mieterinnen und Mieter benachteiligen. Für einen mehr oder weniger verteilungsneutralen Systemwechsel wäre daher im Zeitpunkt der Praxisänderung in Anlehnung an den langjährigen Durchschnitt ein mittlerer Hypothekarzinssatz ideal.

Allerdings ist für die Wahl des angemessenen Ausgangspunktes der Indexierung weniger die vergangene Zinsentwicklung als die Entwicklung der künftigen Zinssätze und Teuerungsraten von Belang. Gelingt es der Währungsbehörde, die Inflation und damit das Zinsniveau tief zu halten, so könnte der Wechsel zur Indexmiete auch bei einem eher tiefen Zinsniveau problemlos sein. So oder so stellt der Schritt vom Kostenmieteprinzip zur Indexlösung einen tiefgreifenden Systemwechsel dar, und ein solcher führt kurzfristig immer dazu, dass einige verlieren und andere ge381

winnen. Es lässt sich nicht vermeiden, dass je nach dem wirtschaftlichen Umfeld entweder die Mieterschaft oder die Vermieterschaft im Vorteil ist. Es wäre daher ein aussichtsloses Unterfangen, nach einer für alle Parteien völlig ausgewogenen Lösung zu suchen, da sich eine solche auch mit viel regulatorischer Akribie nicht finden lässt. Mit dem vorliegenden Entwurf wird deshalb ein pragmatisches Vorgehen gewählt. Im Grundsatz gilt mit dem Inkrafttreten des neuen Rechts für alle Mietverhältnisse die Indexmiete. Solange der Hypothekarzinssatz einen historisch vertretbaren Durchschnittssatz jedoch nicht übersteigt, kann die Vermieterschaft bei Verträgen, die vor Inkrafttreten des neuen Rechts begonnen haben und bei denen Mietzinserhöhungen aufgrund von Kostensteigerungen möglich sind, die Mietzinsanpassungen während einer Übergangsfrist von fünf Jahren noch nach altem Recht vornehmen. Im Rahmen dieser Eckwerte kann sie den Zeitpunkt des Übergangs zum neuen Mietzinsregime selber wählen. Umgekehrt kann die Mieterschaft nach altem Recht Senkungsansprüche geltend machen und sich gegen missbräuchliche Mietzinserhöhungen mittels des altrechtlichen Einrede- oder Herabsetzungsverfahrens wehren.

Art. 1 Abs. 1 Es wird bestimmt, dass alle Mietverhältnisse für Wohn- und Geschäftsräume unter Vorbehalt der nachstehenden Bestimmungen dem neuen Recht unterstehen.

Abs. 2 Diese Regelung legt die Höhe des massgebenden Referenzzinssatzes bei 4,5 Prozent (Art. 12a VMWG) fest. Bis zum Erreichen dieser Höhe sind in Mietverhältnissen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts begonnen haben, Mietzinsanpassungen noch nach der bisherigen Regelung möglich. Der gewählte Zinssatz stellt, wie vorher erwähnt, einen langfristigen historischen Durchschnittswert dar.

Das Wahlrecht der vermietenden Partei wird jedoch zeitlich begrenzt. Absatz 2 findet längstens während fünf Jahren nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung Anwendung. Danach wird die Anwendung der neurechtlichen Anpassungsregeln ungeachtet des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Hypothekarzinsniveaus zwingend. Mit dieser Befristung wird die gleichzeitige Geltung von zwei unterschiedlichen Rechten für Mietzinsanpassungen auf einen vertretbaren Zeitraum beschränkt. In dieser Zeit wird sich der Anteil der altrechtlichen Mietverhältnisse aufgrund der Fluktuation der Mietparteien
automatisch verringern.

Abs. 3 Es wird vorgesehen, dass, solange für Mietzinsanpassungen das bisherige Recht Anwendung findet, der Mieterschaft auch die Herabsetzungsansprüche nach bisherigem Recht zur Verfügung stehen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Mieterschaft diese weiterhin geltend machen kann. Dies kann entweder im Fall einer Mietzinserhöhung nach bisherigem Recht einredeweise oder bis zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der ersten Mietzinsanpassung nach neuem Recht in Form eines selbstständigen Herabsetzungsbegehrens erfolgen. In diesem Fall ist es möglich, dass sich alt- und neurechtliche Anpassungsansprüche beider Seiten gegenüberstehen.

Sobald der Mietzins erstmalig nach neuem Recht angepasst worden ist, gilt dieses auch für alle späteren Anpassungen.

382

Art. 2 In Absatz 1 wird präzisiert, dass Mietzinserhöhungen, die bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung mitgeteilt wurden, aber erst danach wirksam werden, dem bisherigen Recht unterstehen.

Absatz 2 sieht vor, dass in Analogie dazu auch Herabsetzungsbegehren, welche vor Inkrafttreten der Änderung, aber mit Wirkung auf einen Zeitpunkt danach gestellt wurden, dem bisherigen Recht unterstehen.

Art. 3 Es wird für laufende Mietverhältnisse klargestellt, dass bei einer indexbezogenen Anpassung der Mietzinse gemäss neuem Recht als Berechnungsbasis der Indexstand bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung bzw. beim Wirksamwerden der letzten übergangsrechtlich erfolgten Anpassung nach bisherigem Recht heranzuziehen ist.

Damit soll verdeutlicht werden, dass eine Anpassung an die vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Indexveränderungen ausgeschlossen ist, denn für diesen Zeitraum konnten bereits sämtliche Erhöhungsgründe des bisherigen Rechts geltend gemacht werden.

Art. 4 Mietverträge mit indexierten Mietzinsen mussten nach bisherigem Recht für mindestens fünf Jahre abgeschlossen werden. Bei gestaffelten Mietzinsen beträgt die Mindestdauer nach altem wie nach neuem Recht drei Jahre. Die Festsetzung des Anfangsmietzinses erfolgte in beiden Fällen im Hinblick auf diese längere Vertragsdauer. Das vertragliche Übereinkommen beider Parteien soll geschützt werden, weshalb übergangsrechtlich geregelt wird, dass für diese Verträge bis zum Ablauf der festen Vertragsdauer oder der ersten Mindestvertragsdauer, wenn ein Optionsrecht auf Verlängerung vereinbart wurde, weiterhin das bisherige Recht gilt.

Anschliessend gilt ausschliesslich das neue Recht.

Art. 5 Bei Mietverträgen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts begonnen haben, soll zur Besitzstandswahrung beider Parteien für die Anwendung der Schutzbestimmungen das bisherige Abgrenzungskriterium bezüglich der Wohnungsgrösse gelten.

Besteht z.B. ein Mietvertrag für eine luxuriös ausgestattete 4-Zimmer-Wohnung mit mehr als 150 m2 Nettowohnfläche, so sind die mietzinsrechtlichen Schutzbestimmungen nach bisherigem Recht weiterhin anwendbar. Umgekehrt finden diese weiterhin keine Anwendung, wenn es sich im fraglichen Fall z.B. um eine luxuriöse 6-Zimmer-Wohnung mit weniger als 150 m2 Nettowohnfläche handelt.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Finanzielle Mehrkosten ergeben sich aufgrund des neuen Artikels 269. Die Ausarbeitung und der Betrieb des Vergleichsmietemodells bedingen grössere Aufwendungen. Diese dürften bis zur Einführung wenige hunderttausend und nachher pro Jahr 383

je nach Ausgestaltung und Anwendung des Modells zwischen 200 000 und 500 000 Franken für Sachausgaben und Personalaufwände betragen. Diese Mittel sind im Budget und im Finanzplan nicht eingestellt.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Revision bringt keine Mehrbelastung für Kantone und Gemeinden. Die Anwendung des Vergleichmietemodells bedingt zwar je nach Ausgestaltung eine periodische Schulung von Schlichtungsbehörden und Gerichtsinstanzen. Die dafür anfallenden Kosten werden aber durch den Bund getragen. Kantone und Gemeinden können allerdings davon ausgehen, dass mit den neuen, einfacheren Mietzinsanpassungsregeln der Indexierung ein geringerer Aufwand bei Schlichtungs- und Gerichtsverfahren resultiert. Dies gilt ebenfalls für den Umstand, dass eine absolute Überprüfung des Mietzinses nur noch unmittelbar nach Vertragsabschluss möglich ist und namentlich die komplexen Ertragsberechnungen des heutigen Rechts wegfallen. Ferner führt die Übertragung der Genehmigung von Formularen an den Bund (Art. 266l Abs. 2, 269h Abs. 3, 270 Abs. 2 und 298 Abs. 2) zu einer gewissen Entlastung bei den Kantonen.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Für die Umsetzung des Verfassungsauftrags, Vorkehren gegen Missbräuche im Mietwesen zu treffen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Aus den in Ziffer 1.1.4 dargelegten Gründen ist eine Abkehr vom bestehenden Recht, welches die Kostenüberwälzung in den Vordergrund rückt, angezeigt. Ein Systemwechsel zur Indexierung wird von verschiedenen Autoren unterstützt20. Bezüglich der Auswirkungen des Systemwechsels auf die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ist zu beachten, dass bei der Koppelung von Miet- und Hypothekarzins die Vermieterseite die Zinsrisiken auf die Bewohner abwälzen kann, solange der Mietzins unter dem markträumenden Preis liegt. Im Fall einer Indexbindung der Miete trägt die Vermieterschaft das Zinsrisiko. Sie muss die Schwankungen des Hypothekarzinses ausgleichen. Das entstehende Risiko will abgegolten sein. Deshalb könnte ein etwas höherer Preis für die Wohnungen resultieren. Volkswirtschaftlich ist diejenige Lösung besser, bei der derjenige Vertragspartner das Zinsrisiko trägt, der das bessere Risikomanagement einsetzen kann. Das ist im Allgemeinen die vermietende Partei.

Sie kann über die Wahl der Finanzierungsart Einfluss auf das Risiko nehmen und ihre gesamte Anlagepalette optimieren.

Indexierungen werden in gesamtwirtschaftlicher Sicht skeptisch beurteilt, da sie die Zeit, bis sich ein Marktgleichgewicht einspielt, zumindest verzögern. Zudem werden Indexbindungen regelmässig als Inflationsherd verantwortlich gemacht. Dem gleichen Vorwurf ist allerdings auch schon das heutige Recht ausgesetzt, erfolgen die überwälzbaren Zins- und Kostensteigerungen doch meist synchron zur allgemeinen 20

384

T. von Ungern-Sternberg, Bases économiques pour une loi sur la protection des locataires, cahier de recherches économiques, Université de Lausanne, Lausanne 1997; B. Schips und E. Müller, Der Schweizer Wohnungsmarkt ­ Ist-Zustand und alternative Lösungsvorschläge, Forschungsstelle für empirische Wirtschaftsforschung St. Gallen, August 1991.

Teuerung. Die realen Inflationsursachen gründen jedenfalls tiefer. Hohe Teuerungsraten, die über Jahre anhalten, sind ausschliesslich monetäre Phänomene. Mietzinsregelungen haben keinen Einfluss auf die Ausweitung der Geldmenge, die inflationäre Entwicklungen des Preisniveaus erst möglich macht21. Eine Indexierung der Mieten hat, wie auch die heutige Mietzinsregelung, lediglich einen Einfluss auf die Inflationsdynamik. Dies aber nur kurzfristig und nicht bezüglich des Inflationstrends. Durch den Ausschluss der Wohn- und Energiekosten aus der Basis, aus welcher die Teuerungsanpassungen beruhen, wird immerhin jegliche Spiralwirkung ausgeschlossen. Eine Indexierung dürfte den Spielraum der Währungsbehörden deshalb gegenüber heute erweitern.

Als Alternative zur Bindung an den Konsumentenpreisindex kann man neben der im heutigen Recht dominanten Bindung an die Finanzierungskosten auch die Bindung an Herstellungskosten erwägen, z.B. an den Baukostenindex wie in Frankreich22.

Auch aufgrund der damit gemachten Erfahrungen empfiehlt sich die Bindung an den Konsumentenpreisindex.

Ein wesentlicher Vorzug des Revisionsvorschlags liegt in der signifikant verbesserten Vollzugstauglichkeit des Mietrechts. Mit den erwarteten Erleichterungen und Vereinfachungen für die Vertragsparteien, Schlichtungsstellen und Gericht trägt die Revisionsvorlage wesentlich zur Reduktion des gesamtwirtschaftlichen Aufwands für die Rechtsumsetzung bei.

3.4

Auswirkungen auf die Informatik

Die Bereitstellung der für die Anwendung der hedonischen Modelle erforderlichen Informatikmittel ist Sache der jeweiligen Anbieter. Für das allfällige «Pooling» der Ergebnisse mehrerer Modelle müsste ein entsprechendes Tool zur Verfügung stehen, wobei je nach der Ausgestaltung des Vergleichsmietekonzepts unterschiedliche Lösungen mit unterschiedlichen Folgen für bundesinterne und externe Informatikstellen denkbar sind. Generell besteht die Absicht, soweit als möglich auf die Infrastruktur der jeweils berücksichtigten Modellanbieter abzustellen. Je nachdem, ob man sich bezüglich der Nutzung des Systems für eine zentrale oder eine dezentrale Lösung entscheidet, sind unterschiedlich viele Internetzugriffe einzurichten sowie entsprechende Schulungen vorzusehen.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft über die Legislaturplanung 2007­201123 angekündigt.

21

22 23

Bundesamt für Konjunkturfragen, Teuerung bei Inlandgütern, Vorabstudie über Wohnungsmiete und Mieterschutzbestimmungen, Bericht des Bundesamtes für Konjunkturfragen Studie Nr. 14, Bern 1991.

B.S.S., Mietzinsbindung und Kapitalkostenüberwälzung: ein internationaler Vergleich, Basel 1996.

BBl 2008 818

385

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die beantragten Gesetzesänderungen bewegen sich alle im Rahmen, den die Bundesverfassung in Artikel 109 setzt. Sie dienen der Bekämpfung von Missbräuchen im Mietwesen, namentlich von missbräuchlichen Mietzinsen. Auch wenn die absolute Überprüfung der Mietzinse auf Missbrauch hin gegenüber dem heutigen Recht auf Anfangsmietzinse beschränkt wird, so wird die Mieterschaft insgesamt nicht schlechter gestellt. Denn im Gegenzug ist davon auszugehen, dass das Missbrauchspotenzial bei Mietzinserhöhungen dank den einfachen und transparenten Regeln der Indexierung deutlich gesenkt werden kann.

5.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Delegationen von Rechtsetzungskompetenzen an den Bundesrat, die über die allgemeine Vollzugskompetenz hinausgehen, sind in Artikel 269a Absatz 4 (Umschreibung der Anforderungen an die für den Mietzinsvergleich anzuwendenden hedonischen Modelle), in Artikel 269d Absatz 5 (Reduktion des zulässigen Überwälzungssatzes bei durchschnittlicher Jahresteuerung von mehr als fünf Prozent während zwei aufeinanderfolgenden Jahren) sowie in Artikel 269g (Ausführungsbestimmungen zum Grundsatz der Kostenmiete bei Wohnräumen gemeinnütziger Wohnbauträger und der öffentlichen Hand) enthalten.

Was die Umschreibung der Anforderungen an die hedonischen Modelle anbelangt, so handelt es sich um eine spezifische technische Vollzugsaufgabe, welche zweckmässigerweise dem Bundesrat übertragen wird. Ein durchschnittlicher Anstieg des massgebenden Indexes um mehr als fünf Prozent während zwei aufeinanderfolgenden Jahren stellt eine ausgesprochene Ausnahmesituation dar. Deshalb erscheint es angebracht, dass der Bundesrat jeweils aufgrund der tatsächlichen Indexveränderung entscheidet, in welchem Umfang eine Reduktion des höchstzulässigen Satzes der Überwälzung erfolgt. Es wäre nicht zweckmässig, dafür im Gesetz gewissermassen auf Vorrat bestimmte Sätze festzulegen. Bei der Kostenmiete für Wohnräume gemeinnütziger Wohnbauträger oder der öffentlichen Hand handelt es sich schliesslich um eine Spezialmaterie, deren Einzelheiten nur einen kleinen Teil der Mietverhältnisse betreffen, sodass diese auf Verordnungsebene und damit ebenfalls durch den Bundesrat festzulegen sind.

Insgesamt sind durch den vorliegenden Gesetzesentwurf der Rahmen und die Stossrichtung für die bundesrätlichen Verordnungen klar vorgegeben.

386

Anhang 1

Rechtsvergleich 1. Einführung Im Mietrecht kam es im Verlauf der letzten dreissig Jahren in allen betrachteten Ländern ­ Deutschland, Frankreich, England, Italien, Niederlande, Österreich, Schweden, Spanien und Dänemark ­ zu umfangreichen und zum Teil wiederholten Gesetzesreformen. Dies zeigt die politisch heikle Natur eines Rechtsgebietes im ständigen Wandel.

In den meisten Ländern gibt es ein komplexes System von Mietzinsregelungen. Die Gesetzgebung der betrachteten Länder unterscheidet zwischen Miete zu Wohnzwecken und Miete zu geschäftlichen Zwecken. Insbesondere in Frankreich, England und Italien gelangt je nach Abschlussdatum des Mietvertrages unterschiedliches Recht zur Anwendung. Dies macht die Übersicht noch komplizierter, da mehrere Systeme gleichzeitig auf dieselbe Kategorie von Wohnungen anwendbar sind.

In Frankreich ist das Mietrecht für Wohnräume im Gesetz über die Mietverhältnisse vom 6. Juli 1989 verankert, wobei parallel dazu verschiedene Mietsysteme bestehen, die sich in einzelnen Punkten unterscheiden und daher nur teilweise in den Geltungsbereich des Gesetzes von 1989 fallen: Dazu gehören zum Beispiel Mietverträge, die dem Gesetz vom 1. September 1948 unterliegen, solche, denen eine Vereinbarung gemäss Bau- und Wohngesetz («Code de la construction et de l'habitation») zugrunde liegt, sowie Wohnungen, die ausserordentlich und nur vorübergehend durch lokale Körperschaften vermietet werden. Die Vermietung von Geschäftsräumen unterliegt dem Code de commerce. In Grossbritannien handelt es sich bei den meisten vor dem 15. Januar 1989 abgeschlossenen Mietverträgen um «geschützte Mietverträge» («regulated or protected tenancies») gemäss dem einschlägigen Rent Act von 1977. Der Housing Act von 1988 sowie derjenige von 1996 haben die «assured tenancies» respektive die «assured shorthold tenancies» eingeführt. Diese bedeutenden Gesetzesreformen sind Teil eines Liberalisierungsprozesses im Mietrecht. Eine ähnliche Entwicklung findet man in Italien, wo die Rechtsquellen besonders verzettelt sind. Die Regelung des Zivilgesetzbuches von 1942 wurde seit 1978 durch sogenannte «Spezialgesetze» ergänzt: das Gesetz Nr. 392 von 1978, das zumindest für die Mieten von Geschäftsräumen noch gilt und teilweise für die Mieten zu Wohnzwecken ersetzt wurde durch das Gesetz Nr. 359 von 1992, und schliesslich
das Gesetz Nr. 431 von 1998. In Österreich sind die einschlägigen Bestimmungen ­ mit Ausnahme der allgemeinen Bestimmungen des ABGB ­ seit 1981 vorwiegend in einem Spezialgesetz, dem Mietrechtsgesetz enthalten, das durch das kürzlich angepasste Richtwertgesetz von 1993 ergänzt wird. Deutschland und die Niederlande scheinen die einzigen Länder zu sein, in denen die wichtigste Rechtsquelle nach wie vor das Zivilgesetzbuch ist (das BGB wurde in diesem Bereich allerdings schon mehrmals angepasst). Der Gesetzgeber in den Niederlanden hat 2003 die Absicht geäussert, die verschiedenen Gesetze zu den Mietverträgen in einem einzigen Erlass zu vereinen. In Schweden sind die relevanten Bestimmungen im Kapitel 12 des Bodengesetzes enthalten, wobei ein Unterschied zwischen der Miete zu beruflichen Zwecken und der Miete zu Wohnzwecken gemacht wird.

Derselbe Unterschied findet sich in Spanien im Ley de arrendamientos urbanos 387

(LAU) von 1994, obwohl dort die Vertragsparteien auch bei den Wohnimmobilien seit jeher freier sind als in anderen Ländern. In Dänemark ist das Mietrecht in drei Gesetzen je nach Art des Vertragsgegenstandes geregelt: im Gesetz über die öffentlichen Wohnungen (2007), im Gesetz über die Miete privater Wohnungen (2007) und im Gesetz über die Miete von Geschäftsräumen (1999).

2. Anwendung von Mietspiegeln und Vergleichsmieten In Deutschland ist die Anwendung von Mietspiegeln ziemlich verbreitet. Das BGB enthält eine Definition davon. Diese Vergleichsmieten werden von der Gemeinde und/oder von Vertretern der Vermieter- und Mieteinteressen gemeinsam erstellt oder anerkannt. Sie werden regelmässig veröffentlicht und alle zwei Jahre einer Revision unterzogen. Eine besondere Form der Vergleichsmiete ist der qualifizierte Mietspiegel. Dieser wird nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und wirkt als gesetzliche Vermutung im Sinne der Zivilprozessordnung, während die nicht qualifizierten Mietspiegel vom Gericht frei zu würdigen sind. Noch massgeblicher ist die Verwendung der Vergleichsmieten in Österreich. Die Festlegung des angemessenen Hauptmietzinses, von dem die Parteien nicht abweichen dürfen, erfolgt auf der Grundlage einer Vielzahl von Kriterien, die ziemlich detailliert im Mietrechtgesetz und im Richtwertgesetz festgelegt sind. In Frankreich muss der Mietzins für Wohnungen, die den minimalen Komfort- und Bewohnbarkeitsnormen entsprechen, die bereits einmal vermietet wurden und in denen keine Arbeiten getätigt wurden, an den für vergleichbare Wohnungen in der Nachbarschaft üblicherweise festzustellenden Mietzinsen ausgerichtet werden. Die Elemente zur Bestimmung einer Vergleichsmiete werden per Dekret festgelegt. In Grossbritannien scheint das durch den Rent Act von 1977 eingesetzte System eine ähnliche Regelung eingeführt zu haben, die «fair rent», die von einem «rent officer» oder einem «rent assessment committee» festgelegt wird. Dieses Konzept ist im Housing Act von 1989 allerdings nicht enthalten. In Italien bestimmt das Gesetz von 1978 eine «equo canone» (faire Miete), die auf der Grundlage mehrerer Skalen berechnet wird (Art der Wohnung, demografische Kategorie der Gemeinde, Lage, Stockwerk, Alter, Unterhaltszustand usw.) und von der nicht zulasten der Mieterinnen und Mieter abgewichen werden darf. Laut Gesetz von 1998 kann die Höhe des Mietzinses heute frei von den Parteien festgelegt werden. Die Vertragsparteien können jedoch auf Musterverträge Bezug nehmen, die steuerlich begünstigt werden («modalità assistita»): Dabei handelt es sich um Minimal- und Maximalwerte, die von den Gemeinden in Absprache mit den Interessenvertretern der Parteien
festgelegt werden. In den Niederlanden wird die Festlegung von Mietzinsen durch Anwendung von Vergleichsmieten ausschliesslich bei der Miete von Geschäftsräumen angewandt. In Schweden wird oft das Nutzwertprinzip angewandt, um den fairen Charakter eines Mietzinses zu bestimmen. Ein Mietzins ist nicht angemessen, wenn er offensichtlich höher ist als der Mietzins von Wohnungen mit einem analogen Nutzwert. Ein lokaler Ausschuss (Mietrat) ist beauftragt, bei Meinungsverschiedenheiten Stellung zur Übereinstimmung der Mietzinsen mit dem Nutzwert zu beziehen. Ausserdem ist bei Mietverträgen zu Wohnzwecken auch der häufige Verweis auf das anwendbare Verhandlungsergebnis zu erwähnen, was die Bedeutung der Kollektivverhandlungen auf dem schwedischen Markt für private und für öffentliche Wohnungen zeigt. In Dänemark wird nur dann auf den angemessenen Mietzins zurückgegriffen, wenn der Mietzins nicht vereinbart wird. In Spanien wird der Mietzins für alle Arten von Mietverträgen frei festgelegt, 388

und die Berücksichtigung von in der Wohngegend üblichen Zinsen spielt anscheinend keine wesentliche Rolle.

3. Anfechtbarkeit des Mietzinses nach Vertragsabschluss In Frankreich verfügen die Mieterinnen und Mieter, wenn der Mietzins durch die Anwendung von Vergleichsmieten festgelegt wird, über eine Frist von zwei Monaten, um die im Vertrag aufgeführten Vergleichsmieten anzufechten. Die Anfechtung erfolgt vor der Schlichtungskommission («commmission de conciliation») und führt nicht zu einer Aussetzung des Vertrages. In Grossbritannien kann die mietende Partei, wenn sie einen höheren Mietzins bezahlt hat als die «fair rent», die der vermietenden Partei gemäss Rent Act von 1977 eigentlich zustand, entweder die noch fälligen Zahlungen proportional reduzieren oder vor dem «County Court» die Rückzahlung innerhalb von zwei Jahren verlangen. Der Housing Act von 1988 dagegen ermächtigt die Mieterinnen und Mieter lediglich, bei Streitigkeiten über eine Mietzinserhöhung, das «rent assessment committee» anzurufen. In Italien kann die Mieterschaft nach dem Gesetz von 1978 innerhalb von sechs Monaten nach der Rückgabe der Wohnung die Rückzahlung der vereinbarten und bezahlten Beträge, die über die «equo canone» hinausgehen, fordern. Gemäss Gesetz von 1998 sind Bestimmungen von Verträgen nichtig, die auf einem Mustervertrag beruhen und einen Mietzins vorsehen, der über dem von den Interessenverbänden und den Gemeinden festgelegten Maximum liegt. Die Mieterinnen und Mieter können zugleich die Rückzahlung bereits bezahlter Beträge und eine Mietzinssenkung verlangen, damit die Miete den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Insofern in Österreich der angemessene Hauptzins anwendbar ist, darf davon nicht mittels vertraglicher Bestimmung abgewichen werden. Die Ungültigkeit einer solchen Bestimmung kann von der Mieterschaft während einer Frist von drei Jahren vor Gericht geltend gemacht werden; bei einer Miete auf unbestimmte Zeit beträgt die Frist sogar zehn Jahre. In Schweden ist der Mietrat beauftragt, bei Streitfällen Stellung zur Frage zu beziehen, ob der Mietzins dem Nutzwert entspricht. Das niederländische Recht sieht für die Mieterinnen und Mieter während sechs Monaten nach Abschluss des Mietvertrages die Möglichkeit vor, nachträglich den Rat für Wohnungsmieten aufzufordern, die Angemessenheit des vereinbarten Mietzinses zu prüfen. Diese Möglichkeit besteht nicht bei der Miete von Geschäftsräumen. In Deutschland
und in Spanien erfolgt eine Anfechtung des Mietzinses meistens nur im Fall von Mängeln am Vertragsobjekt, von Fehlern oder von arglistiger Täuschung und gemäss den allgemeinen Regeln des Vertragsrechts. In Dänemark kann die vermietende Partei eine Erhöhung und die mietende Partei eine Senkung des Mietzinses fordern, wenn gewisse Bedingungen gegeben sind. Allfällige Differenzen hinsichtlich der Höhe des Mietzinses von privaten Wohnungen werden durch eine Art lokale Schlichtungsstelle beigelegt.

4. Erhöhung des Mietzinses während der Vertragsdauer In Deutschland kann der Vermieter oder die Vermieterin die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn der Mietzins seit mindestens 15 Monaten unverändert geblieben ist. Das Mieterhöhungsverlangen muss schriftlich und begründet sein. Zur Begründung kann insbe389

sondere Bezug genommen werden auf einen Mietspiegel, eine Mietdatenbank oder das Gutachten eines Sachverständigen. In Frankreich sind zwei Fälle von Mietzinsanpassungen vorgesehen: aufgrund einer Indexierungsklausel ­ wobei die Anpassung nur jährlich stattfinden kann ­ oder infolge von Verbesserungsarbeiten der vermietenden Partei. Im zweiten Fall ist eine Mietzinserhöhung nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen Abrede und erst nach Abschluss der Arbeiten möglich.

Für Mieten, die dem Gesetz von 1948 unterstehen, wird der Mietzins jährlich in einem per Dekret bestimmten Mass erhöht. In den Niederlanden sieht das Gesetz eine jährliche Erhöhung des Mietzinses auf Verlangen der vermietenden Partei vor; eine solche Erhöhung ist jedoch plafoniert. Wenn der Mietzins die Obergrenze gemäss dem amtlichen Index erreicht hat, ist eine Erhöhung nur noch im Rahmen eines maximalen Prozentsatzes erlaubt, der jährlich per Dekret festgelegt wird. Eine gelegentliche Erhöhung infolge von Verbesserungsarbeiten ist ebenfalls erlaubt. In Grossbritannien ist die gemäss Rent Act von 1977 festgelegte «fair rent» verbindlich, auch bei Mieter- oder Vermieterwechseln. Eine Anpassung kann nicht vor zwei Jahren gefordert werden, es sei denn, der Mietzins gelte aufgrund neu eingetretener Umstände nicht mehr als «fair rent». Die Mietzinserhöhung muss schriftlich und auf einem bestimmten Formular mitgeteilt werden. Im durch den Housing Act von 1988 festgelegten System kann eine Anpassung grundsätzlich nur verlangt werden, wenn sie im Mietvertrag vorgesehen wurde und nur in der vertraglich festgelegten Grössenordnung; allerdings bestehen besondere Regeln für die «statutory periodic tenancy» und die «contractual periodic tenancy». In Italien unterscheidet man zwischen «aggiornamento del canone» ­ Anpassung infolge der Inflation ­ und «adeguamento del canone» ­ Revision, insbesondere infolge von Wertänderungen des Gebäudes selbst. Nach dem Gesetz von 1998 geht man davon aus, dass, falls die Parteien nicht ausdrücklich eine Anpassung vorgesehen haben, die Eigentümerschaft kein Recht hat, eine solche zu fordern. Dagegen ist es heute möglich, ein «aggiornamento» zu vereinbaren, das zu 100 % den Veränderungen des Konsumentenpreisindexes folgt.

Das Gesetz von 1978 sieht seinerseits vor, dass das «aggiornamento» automatisch erfolgt,
ohne ausdrückliche Erwähnung im Mietvertrag, und zwar im Ausmass von 75% der Variation des Konsumentenpreisindexes. Hinsichtlich der eigentlichen Revision («adeguamento del canone») hat namentlich nach dem Gesetz von 1978 jeder Vertragspartner das Recht, eine Anpassung des Mietzinses zu fordern, soweit sich die Elemente, auf deren Grundlage der Mietzins festgelegt wurde (demografische Kategorie, Wohnungstyp, Stockwerk, Unterhaltszustand usw.) im Verlauf des Vertragsverhältnisses geändert haben. Die Forderung hat per Einschreiben zu erfolgen und tritt erst einen Monat nach ihrer Zustellung in Kraft. In Österreich kann eine Mietzinserhöhung bei unmittelbar bevorstehenden grösseren Erhaltungsarbeiten gefordert werden, die nicht durch die Mietzinsreserve abgedeckt sind. Dabei wird der Umfang der Erhöhung auf der Grundlage von im Mietrechtsgesetz festgelegten Kriterien berechnet. In Schweden ist eine Mietzinserhöhung erlaubt, falls der Mietzins im Verhältnis zum vergleichbaren Nutzwert offensichtlich nicht mehr angemessen ist. Die vermietende Partei muss die Forderung dem lokalen Ausschuss zustellen und die Mieterinnen und Mieter mindestens drei Monate vor Einreichung der Forderung darüber informieren. In Spanien schränkt das Gesetz die Möglichkeit einer Mietzinsänderung stark ein; eine Revision («actualización»), kann während den ersten fünf Jahren nur im Ausmass der Veränderung des nationalen Konsumentenpreisindexes vorgenommen werden; diese Anpassung scheint allerdings automatisch zu erfolgen. Erst ab dem sechsten Jahr können die Parteien frei Anpassungen vereinbaren. Eine Mietzinserhöhung kann jedoch im Fall von Verbesserungsarbeiten an 390

der Liegenschaft verlangt werden. In Dänemark kann die vermietende Partei verlangen, dass der Mietzins erhöht wird, wenn er im Vergleich zum Wert des Mietobjekts offensichtlich unangemessen geworden ist. Das Gesetz erwähnt allerdings auch eine Reihe von Umständen, die vor allem im Zusammenhang mit gesetzlich vorgeschriebenen Verbesserungen, Renovationen oder Energiesparmassnahmen stehen und die nicht zu einer Mietanpassung berechtigen. Die Erhöhung muss mindestens drei Monate vor der Anwendung des neuen Mietzinses schriftlich und begründet angekündigt werden, andernfalls ist sie nichtig. Auf jeden Fall kann sie erst zwei Jahre nach der ersten Miete in Kraft treten. Falls die Mieterschaft innerhalb von sechs Wochen Einsprache gegen die Erhöhung erhebt, muss die Vermieterschaft ein Verfahren vor dem «huslejenævnet» (Mietaufsichtsbehörde) einleiten.

5. Herabsetzung des Mietzinses während der Vertragsdauer In Deutschland und in Österreich ist eine Herabsetzung des Mietzinses im Fall von Mängeln am Vertragsobjekt möglich oder bei Arbeiten der Eigentümerschaft, welche die Benutzung der Wohnung einschränken. In Italien können die Mieterinnen und Mieter eine Herabsetzung der Mietzinse verlangen, wenn die Reparaturen mehr als einen Sechstel der Mietdauer in Anspruch nehmen. In Spanien entsteht ein Recht auf eine Herabsetzung des Mietzinses erst dann, wenn die Arbeiten eine Dauer von über 20 Tagen aufweisen. In Frankreich ist eine Reduktion des Mietzinses nur möglich, wenn der Baukostenindex sinkt. In den Niederlanden kann sich die mietende Partei, die eine Herabsetzung des Mietzinses beantragt, im Streitfall an den Rat für Wohnungsmieten wenden und ihn auffordern, zur Angemessenheit Stellung zu beziehen. Der Rat berücksichtigt dazu den amtlichen Index und das Punktesystem. In Grossbritannien kann die Mieterschaft gemäss Housing Act von 1988 ein «rent assessment committee» auffordern, den Mietzins herabzusetzen, wenn dieser wesentlich über dem Betrag liegt, mit dem die Eigentümerschaft angesichts des Mietzinsniveaus vergleichbarer Wohnungen im selben Ort rechnen konnte. In Schweden wird die Geschäftsmiete oft auf der Grundlage des Umsatzes der mietenden Gesellschaft festgelegt, weshalb der Mietzins von einem Jahr zum anderen zurückgehen kann. In Dänemark können die Mieterinnen und Mieter, falls der Mietzins angesichts des Wertes des Mietobjekts wesentlich zu hoch ist ­ oder geworden ist ­, eine Herabsetzung auf einen angemessenen Betrag verlangen.

6. Überwälzung der Kosten wertvermehrender Investitionen In Deutschland wird zwischen Reparaturen und Verbesserungsmassnahmen unterschieden. Bei den Reparaturen unterscheidet man wiederum zwischen Instandhaltungsreparaturen und Schönheitsreparaturen. Falls nichts anderes vereinbart wurde, obliegt die Übernahme dieser Kosten grundsätzlich der Vermieterschaft. Bei den Instandhaltungsreparaturen ist die Freiheit, von diesem Prinzip abzuweichen, beschränkt. Die Überwälzung von Kosten auf die Mieterschaft ist dagegen bei Schönheitsreparaturen weitgehend üblich geworden. Die Kosten der Massnahmen zur Verbesserung der Mietsache gehen grundsätzlich zulasten der Mieterinnen und Mieter, ausser dies wäre angesichts der Umstände nicht gerechtfertigt. Die geplanten Massnahmen sind der mietenden Partei mindestens drei Monate vor Aufnahme der Arbeiten mitzuteilen. In Frankreich berechtigen Verbesserungsarbeiten der Vermie391

terschaft nur im Fall von Zweitmieten oder unter Vorbehalt einer ausdrücklichen Abrede zur Erhöhung des Mietzinses. Der Mietvertrag kann ausserdem eine Klausel zu den Arbeiten enthalten, welche die mietende Partei ausführt oder ausführen lässt; darin sind die Modalitäten der Überwälzung der Arbeiten auf den Mietzins und die Dauer festgelegt. Falls die Dauer des Mietvertrages nicht über sieben Jahre beträgt, ist in Grossbritannien die Eigentümerschaft für Reparaturen der Struktur und der Fassade verantwortlich, einschliesslich Heizungs- und Warmwasserinstallationen. Je nach Typ und Bestimmungen des Vertrags und nach Art der Reparaturen kann die Eigentümerschaft eine Mietzinserhöhung verlangen. Bei Mieten unter dem Rent Act von 1977 («regulated tenancies») hat die Eigentümerschaft jedoch die Mieterschaft zu konsultieren, wenn die von Letzteren zu tragenden Kosten über 100 Pfund betragen. Falls die Verbesserungen den Standard der Wohnung erhöhen, kann die Eigentümerschaft eine Erhöhung des Mietzinses verlangen, soweit dieser aufgrund der Verbesserung nicht mehr als «fair rent» betrachtet werden kann. In den Niederlanden ist eine gelegentliche Erhöhung der Mietzinsen infolge von Verbesserungsarbeiten der Vermieterschaft vorgesehen. Eine Mietzinserhöhung ist in angemessenem Verhältnis und bis höchstens zur Maximalmiete gemäss amtlichem Index erlaubt. In Italien schweigt sich das Gesetz von 1998 darüber aus, was darauf schliessen lässt, dass Neuerungen keine Anpassungen des Mietzinses nach sich ziehen; ausserdem muss die vermietende Partei darauf verzichten, Neuerungen durchzuführen, welche die Nutzung des Wohnobjekts durch die mietende Partei beeinträchtigen. Nach dem Gesetz von 1978 kann der «equo canone» infolge von besonders umfangreichen Massnahmen eine Erhöhung erfahren, diese darf jedoch den gesetzlichen Zins des in die Arbeiten investierten Kapitals nicht überschreiten. In Österreich enthält das Gesetz eine sehr präzise Definition der Erhaltungsarbeiten, deren Kosten durch eine Mietzinsreserve gedeckt sind. Die Kosten von nützlichen Verbesserungen müssen ebenfalls von der Mietzinsreserve gedeckt sein oder sie bedürfen der Zustimmung der Mieterschaft. In Schweden darf die Vermieterschaft Verbesserungen, die sich auf den Nutzwert auswirken, nur unter präzisen Bedingungen durchführen, namentlich
wenn die Mieterschaft oder gegebenenfalls die Mieträte ihnen zugestimmt haben.

Falls sich der Nutzwert erhöht, steigt auch der Mietzins proportional dazu. Falls sie keine Bewilligung erhält, verliert die Vermieterschaft während fünf Jahren das Recht, eine Mietzinserhöhung zu verlangen. Wenn die Eigentümerschaft in Spanien Verbesserungsarbeiten nach Ablauf der Fünfjahresfrist seit Beginn der Miete durchführt, kann sie den Mietzins erhöhen, falls keine anderslautende Bestimmung besteht. Die Erhöhung wird auf der Grundlage des gesetzlichen Zinses zum Zeitpunkt der Beendigung der Arbeiten bestimmt, der auf das investierte Kapital angewandt wird, und darf höchstens 20 % des Mietzinses betragen. In Dänemark kann die Eigentümerschaft mittels dreimonatiger Vorankündigung eine Erhöhung des Mietzinses im Verhältnis zur Wertsteigerung des Mietobjekts verlangen. Die Verbesserungsarbeiten müssen angemessen und sinnvoll sein.

392

Anhang 2 Grafik: Mieten im historischen Verlauf bei unterschiedlicher Anpassung an den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) 1800

1600

1400

1200 Miete pro Monat bei jährlicher Anpassung an den LIK zu 100% Miete pro Monat bei jährlicher Anpassung an den LIK zu 80% Miete pro Monat bei jährlicher Anpassung an "LIK ohne Wohnen und Energie" zu 100%

800

600

400

200

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

1984

0 1983

Miete

1000

Jahr

393

394