09.004 Jahresbericht 2008 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 23. Januar 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir beehren uns, Ihnen gestützt auf Artikel 55 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation im Jahr 2008 zu unterbreiten und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über die wichtigsten während des Berichtsjahrs vorgenommenen Kontrollen sowie über ihre Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren. Ein besonderes Augenmerk gilt auch den Folgen, die den Empfehlungen der Kommissionen und der Delegation gegeben wurden. Dabei wird ebenfalls versucht, deren Wirkung zu beurteilen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. Januar 2009.

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Die Präsidenten: Pierre-François Veillon, Nationalrat Hans Hess, Ständerat

2009-0238

2575

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

2578

1 Einleitung 1.1 Legislaturwechsel/Jahresprogramm 2008 1.2 Wichtige Geschäfte im Berichtsjahr 1.3 Grundsätzliche Fragestellungen im Berichtsjahr 1.4 Verabschiedete Berichte 1.5 Ausblick

2581 2581 2582 2583 2583 2584

2 Auftrag und Organisation 2.1 Aufgaben und Kompetenzen der GPKs 2.1.1 Aufgaben 2.1.2 Aufsichtsbereich 2.1.3 Informationsrechte und Zuständigkeiten 2.2 Organisation der Arbeiten und Überblick über die behandelten Geschäfte

2585 2585 2585 2586 2586 2588

3 Ausgewählte Themen 3.1 Wirtschafts- und Finanzpolitik 3.1.1 Zugriff der amerikanischen Behörden auf die Daten der internationalen Finanztransaktionen der Swift 3.2 Soziale Sicherheit und Gesundheit 3.2.1 Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge 3.2.2 Aufsichtseingabe betreffend Tarifentscheide im KVG-Bereich 3.2.3 Die Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach KVG 3.2.4 Nachkontrolle zur Inspektion betreffend Probleme bei der Inbetriebnahme von Swissmedic 3.2.5 Antrag der SP-Schweiz für eine Abklärung im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung 3.2.6 Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK) 3.2.7 Lebensmittel- und Produktesicherheit 3.2.8 Bestimmung und Überprüfung ärztlicher Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung 3.2.9 «Prämiengenehmigung» in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung 3.3 Forschung, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft 3.3.1 Eidgenössische Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Rau 3.4 Umwelt, Verkehr und Infrastruktur 3.4.1 Umgang des Bundes mit Naturgefahren ­ Planat 3.4.2 Sicherheit in der Zivilluftfahrt 3.5 Internationale Beziehungen und Aussenhandel 3.5.1 Kohärenz und strategische Führung der Tätigkeiten der Deza 3.5.2 Humanitäre Hilfe der Deza in Sri Lanka nach dem Tsunami 3.6 Staat und Verwaltung 3.6.1 Personalpolitik des Bundes 3.6.2 Corporate Governance

2593 2593

2576

2593 2594 2594 2595 2596 2596 2597 2598 2599 2600 2600 2601 2601 2602 2602 2603 2603 2603 2604 2606 2606 2607

3.6.3 Verwaltungsreform 3.6.4 Geschäftsprüfungsaudit beim Bundesamt für Sport 3.6.5 Optimierungspotential beim Management der zivilen Immobilien des Bundes 3.6.6 Zusammenarbeit des Bundes mit Nichtregierungsorganisationen 3.6.7 Führungsinformation des Bundesrates und Rolle der Bundeskanzlei 3.7 Justizwesen 3.7.1 Informatik an den Eidgenössischen Gerichten 3.7.2 Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes 3.7.3 Aufsichtsentscheid des Bundesstrafgerichts mit Bezug zu den Informationsrechten der GPKs 3.7.4 Klagen von alt Bundesrat Christoph Blocher gegen Mitglieder der GPK-N 3.8 Sicherheit 3.8.1 Rüstungsbeschaffung im VBS 3.8.2 Umstände der Wahl des Chefs der Armee 3.9 Staatsschutz und Nachrichtendienste 3.9.1 Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel 3.9.2 Zusammenarbeit und Führung der Nachrichtendienste 3.9.3 Fall Tinner 3.9.4 Aufsicht und Oberaufsicht im Bereich des kantonalen Staatsschutzes

2608 2610 2610 2611 2612 2612 2612 2613 2614 2616 2618 2618 2619 2621 2621 2622 2624 2626

4 Geschäftsberichte 2007 und weitere Berichte 4.1 Geschäftsbericht 2007 des Bundesrats 4.2 Geschäftsbericht 2007 des Bundesgerichts 4.3 Weitere von den GPKs behandelte Berichte

2629 2629 2630 2631

5 Weitere Arbeiten 5.1 Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates bei der Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat (Pa. Iv. 07.463)

2633

Anhang Jahresbericht 2008 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle

2633

2635

2577

Abkürzungsverzeichnis AG ALV AS ATSG AVIG BAFU BAG Baspo BBl BBL BBT BGer BGG BJ BK BKP BLW BPG BPV BStGer BSV BV BVET BVG BVGer BWIS DAP Deza DSG EBK EDA EDI EDÖB EFD 2578

Aktiengesellschaft Arbeitslosenversicherung Amtliche Sammlung des Bundesrechts Bundesgesetz vom 6.10.2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1) Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, SR 837.0) Bundesamt für Umwelt Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Sport Bundesblatt Bundesamt für Bauten und Logistik Bundesamt für Berufsbildung und Technologie Bundesgericht Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.6.2005 (Bundesgerichtsgesetz, SR 173.110).

Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Bundeskriminalpolizei Bundesamt für Landwirtschaft Bundespersonalgesetz vom 24.3.2000 (SR 172.220.1) Bundesamt für Privatversicherungen Bundesstrafgericht Bundesamt für Sozialversicherung Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (SR 101) Bundesamt für Veterinärwesen Bundesgesetz vom 25.6.1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40) Bundesverwaltungsgericht Bundesgesetz vom 21.3.1997 über die Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120) Dienst für Analyse und Prävention Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Bundesgesetz vom 19.6.1992 über den Datenschutz (SR 235.1) Eidgenössische Bankenkommission Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter Eidgenössisches Finanzdepartement

EffVor EFK EFV eidg.

EJPD ELGK EPA ESK ETH EU EVD EVG Fachstelle PSP fedpol FinDel FIS FK-N FKs GDK GPDel GPK BS GPK-N GPKs GPK-S GRN GRS IGE ISIS IT KVFs KVG MG MKG NAD Neat NGO OKP

Effizienzvorlage Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössische Finanzverwaltung eidgenössisch/(e) Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen Eidgenössisches Personalamt Eidgenössische Sportkommission Eidgenössische Technische Hochschule Europäische Union Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement Eidgenössische Versicherungsgericht Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen Bundesamt für Polizei Finanzdelegation der eidgenössischen Räte Führungsinformationssystem der Armee Finanzkommission des Nationalrates Finanzkommissionen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren Geschäftsprüfungsdelegation Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Geschäftsprüfungskommissionen Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Geschäftsreglement des Nationalrats vom 3.10.2003 (SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerats vom 20.6.2003 (SR 171.14) Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Informatisiertes Staatsschutz-Informationssystem Informationstechnik Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen Bundesgesetz vom 18.3.1994 über die Krankenversicherung (SR 832.10) Bundesgesetz vom 8.9.1993 über die Armee und die Militärverwaltung (SR 510.10) Militärkassationsgericht Neat-Aufsichtsdelegation Neue Eisenbahn-Alpentransversale Non Government Organization (Sammelbegriff für nicht-staatliche Organisationen) Obligatorische Krankenpflegeversicherung 2579

Onyx OWARNA ParlG PEK Planat PUK PVK PWC RAV RVOG SBB Seco SiK-N SiK-S SMS SNB SND SPKs SPK-S SPS SR StBOG StGB Swift Swissmedic USA UVEK VBS VPB WAK-N ZNDG

2580

Satellitenaufklärungssystem des VBS Optimierung der Warnung und Alarmierung bei Naturgefahren Bundesgesetz vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Programm Evaluation in der Komplementärmedizin Nationale Plattform Naturgefahren Parlamentarische Untersuchungskommission Parlamentarische Verwaltungskontrolle PriceWaterhouseCoopers Regionale Arbeitsvermittlungszentren Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (SR 172.010) Schweizerische Bundesbahnen Staatssekretariat für Wirtschaft Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats Safety Management System Schweizerische Nationalbank Strategischer Nachrichtendienst Staatspolitische Kommissionen Staatspolitische Kommission des Ständerates Sozialdemokratische Partei der Schweiz Systematische Rechtssammlung Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz) Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21.12.1937 (SR 311.0) Socitey for Worldwide Interbank Financial Telecommunication Schweizerisches Heilmittelinstitut United States of America (Vereinigte Staaten) Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verwaltungspraxis der Bundesbehörden Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats Bundesgesetz über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes

Bericht 1

Einleitung

1.1

Legislaturwechsel/Jahresprogramm 2008

Das Berichtsjahr war durch den Ende 2007 erfolgten Legislaturwechsel geprägt.

Dieser führte zu einer nicht unbedeutenden Anzahl von personellen Wechseln bei den Mitgliedern beider Geschäftsprüfungskommissionen (GPKs). In der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) nahmen dreizehn (52 %) und in der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) sechs neue Mitglieder (46 %) Einsitz. In der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) waren es vier neue Mitglieder (67 %). Solche substantiellen Erneuerungen stellen die GPKs vor Herausforderungen, weist doch die Oberaufsichtstätigkeit der GPKs andere Charakteristiken als die Tätigkeiten der Legislativkommissionen auf, so dass auch eine langjährige Erfahrung in den Legislativkommissionen für neue Mitgliedern der GPKs nur begrenzt nutzbar ist.

Zwei zentrale Eigenheiten der parlamentarischen Oberaufsicht durch die GPKs sind die von weitgehenden Informationsrechten aber auch Vertraulichkeitspflichten geprägte Kontrolltätigkeit über die Bundesbehörden und die oft mehrjährige Dauer der Untersuchungen der GPKs.

Um insbesondere die neuen Mitglieder der GPKs mit den spezifischen Rechten und Pflichten der GPKs und deren Handhabung in der Praxis vertraut zu machen, wurde im Januar 2008 wieder das bewährte Einführungsseminar beider GPKs und der GPDel durchgeführt. Anhand von Vorträgen und Diskussionen auch zu konkreten Praxisbeispielen konnten die neuen Mitglieder durch die langjährigen GPKMitglieder und das GPK-Sekretariat in ihre neue Aufgabe eingeführt werden.

Anlässlich dieses Seminars nahmen die GPKs mit der Diskussion und Verabschiedung ihres Jahresprogramms für das Jahr 2008 auch eine inhaltliche Standortbestimmung vor. Glücklicherweise konnte das Ziel, die laufenden Geschäfte der GPKs noch vor Legislaturende abzuschliessen, im Vorjahr weitgehend erreicht werden, so dass die neu konstituierten GPKs relativ wenige bereits laufende Geschäfte übernehmen mussten. Die GPKs beschlossen im Rahmen der Verabschiedung ihres Jahresprogramms drei neue Inspektionen mit folgenden Untersuchungsgegenständen: ­

Führungsinformation des Bundesrats und Rolle der Bundeskanzlei

­

Zusammenarbeit des Bundes mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

­

Evaluation der Personalpolitik des Bundes

Als erster Schritt wurden im Berichtsjahr entsprechende Evaluationen durch die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben. Im Weiteren beauftragten die GPKs die PVK mit der Erstellung eines neuerlichen Audits, dieses Mal zum Bundesamt für Veterinärwesen (BVET). Nach den positiven Erfahrungen mit der erstmaligen Anwendung dieses neuen Instruments beider GPKs im Jahr 2007 (BASPO) wird eine weitere Nutzung dieses Instruments durch die GPKs angestrebt. Diese Untersuchungen werden voraussichtlich im Jahr 2009 abgeschlossen und deren Resultate veröffentlicht werden können.

2581

1.2

Wichtige Geschäfte im Berichtsjahr

Die Aktivitäten der GPKs und der GPDel im Berichtsjahr wurden durch verschiedene und teils unvorhergesehene Ereignisse und Geschäfte geprägt, die auch politisch von grosser Wichtigkeit waren. An dieser Stelle sind fünf Geschäfte besonders hervorzuheben: Als erstes ist die Untersuchung der Umstände der Ernennung von Herrn Roland Nef zum Chef der Armee durch die GPK-N zu nennen. In knapp drei Monaten schaffte es die GPK-N diese insbesondere auch wegen des politischen Umfelds heikle Untersuchung sachbezogen und effizient durchzuführen sowie ihre Resultate zeitgerecht zu veröffentlichen. Trotz des grossen Druckes gelang es der GPK-N, die Vertraulichkeit der Untersuchung und die Rechte der betroffenen Stellen und Personen zu gewährleisten und damit den Beweis zu erbringen, dass nach den vielen Indiskretionen insbesondere im vorangehenden Berichtsjahr, auch heikle Untersuchungen wieder korrekt durchgeführt werden können. Diese Untersuchung erforderte jedoch auch einen Sondereinsatz der GPK-N und ihres Sekretariates, der die Grenzen der zur Verfügung stehenden Ressourcen aufzeigte.

Die GPKs konnten im Berichtsjahr die Bewertung der Bilanz des Bundesrates zur Verwaltungsreform abschliessen. Sie gelangten zur Überzeugung, dass die Verwaltungsreform zwar punktuelle Verbesserungen in der Bundesverwaltung erzielt hat, sie jedoch keine umfassende und tiefgreifende Verwaltungsreform darstellt, wie sie vom Parlament erwartet wurde. Die Notwendigkeit einer Staatsleitungsreform besteht somit nach wie vor.

Im Aufgabenbereich der GPDel sind drei Geschäfte speziell erwähnenswert. Die Untersuchung zur Aktenvernichtung im Fall Tinner, welche der Bundesrat anordnete, stellte das zentrale Thema der GPDel im Berichtsjahr dar. Auch hier konnte ein sehr komplexer, umfangreicher und politisch bedeutsamer Untersuchungsgegenstand in relativ kurzer Zeit vertieft analysiert und bewertet werden. Die GPDel hat ihren Untersuchungsbericht im Herbst 2008 fertiggestellt und beantragte den GPKs anfangs 2009 die Publikation. Aufgrund dieser Untersuchung konnte die GPDel den Zeitplan zu ihrer Inspektion der ISIS-Staatsschutzdatenbank nicht vollständig einhalten. Allerdings überprüfte sie eingehend die gravierenden Vorwürfe der Geschäftsprüfungskommission des Kantons Basel-Stadt, wonach Mitglieder des Grossen Rates des Kantons in der
ISIS-Datenbank fichiert seien. Sie nutzte diese Gelegenheit, um die Aufsichtskompetenzen bezüglich der kantonalen Staatsschutzvertreter vertieft abklären zu lassen. Gestützt auf ein Rechtsgutachten des Bundesamtes für Justiz musste die GPDel feststellen, dass die Aufsicht diesbezüglich sehr komplex geregelt ist, wobei u.a. der kantonalen Dienstaufsicht eine grosse Verantwortung zukommt. Als letztes sei hier noch erwähnt, dass aufgrund der ursprünglich aus der Mitte der GPDel stammenden Pa.Iv. 07.404 («Übertragung der Aufgaben der zivilen Nachrichtendienste an ein Departement») in kurzer Zeit eine Vorlage ausgearbeitet wurde, diese durch die GPKs vorberaten und im Berichtsjahr durch die Räte verabschiedet werden konnte. Zwischen Einreichung der Pa.Iv. und der Schlussabstimmung in den Räten vergingen nicht ganz 19 Monate. Mit der voraussichtlich in der ersten Hälfte des Jahres 2009 erfolgenden Inkraftsetzung wird die Unterstellung der beiden zivilen Nachrichtendienste rechtlich verankert und die notwendigen Gesetzesgrundlagen für die Zusammenarbeit geschaffen.

2582

1.3

Grundsätzliche Fragestellungen im Berichtsjahr

Die GPKs setzten sich im Berichtsjahr auch mit grundsätzlichen Themen auseinander, die nicht nur in einem engen Zusammenhang mit einer konkreten Untersuchung standen. Im letzten Jahr hatte sich die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (BStGer) in zwei Aufsichtsentscheiden u.a. zur Tragweite der Informationsrechte der GPKs und der GPDel geäussert, obwohl das Parlamentsgesetz (ParlG) klar festhält, dass in strittigen Fällen die GPKs abschliessend über deren Tragweite beschliessen. Nach der im November 2007 erfolgten Klarstellung durch die GPK-N hatte die Kommission zwei Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, die abklären sollten, in welchem Verhältnis die Informationsrechte der GPKs und GPDel zum Untersuchungsgeheimnis im Strafrecht stehen und ob gesetzgeberischer Konkretisierungsbedarf bezüglich der Informationsrechte besteht. Beide Gutachten bestätigten die Rechtsauffassung und Praxis der GPKs und GPDel und sahen keinen solchen Konkretisierungsbedarf. Insbesondere kann auch das Untersuchungsgeheimnis einem Informationsbegehren der GPKs nicht entgegen gehalten werden. Allerdings kamen die beiden Experten in den im Sommer 2008 veröffentlichten Gutachten auch zum Schluss, dass die GPKs und die GPDel einem verantwortungsvollen Umgang mit ihren Rechten verpflichtet sind.

Im Weiteren vertieften die GPKs im Berichtsjahr den Corporate-GovernanceBericht des Bundesrates. Sie werden im Jahr 2009 an ihrem Seminar allfällige Konsequenzen für die parlamentarische Oberaufsicht erörtern.

1.4

Verabschiedete Berichte

Im Jahr 2008 schlossen die GPKs zwei Untersuchungen mit der Veröffentlichung eines Berichts ab: ­

Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Bericht der GPK-N vom 28. November 2008

­

Feststellungen und Empfehlung der GPK-S: Humanitäre Hilfe der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) auf Sri Lanka nach dem Tsunami vom 24. Oktober 2008

Ein Bericht der GPK-S und die dazugehörige Evaluation der PVK zur Führung und Beaufsichtigung der Arbeitslosenversicherung (ALV) durch den Bund konnte aufgrund kleinerer, erst Ende Jahr vorgenommenen Anpassungen nicht mehr im Berichtsjahr verabschiedet werden. Dies erfolgt im ersten Quartal 2009.

Ein weiterer Bericht der GPK-N sowie die dazugehörige Evaluation der PVK zur Bestimmung und Überprüfung ärztlicher Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung wird ebenfalls im ersten Quartal 2009 verabschiedet werden.

2583

1.5

Ausblick

Im kommenden Jahr steht die Fortsetzung der laufenden Arbeiten im Vordergrund.

Ausserdem werden die GPKs vier neue Untersuchungen durchführen: 1.

Grenzwacht: Mittelzuteilung und Prioritätensetzung

2.

Wahl von obersten Kader durch den Bundesrat

3.

Wahrnehmung von wichtigen Funktionen und Führungsaufgaben durch die Schweiz in internationalen Organisationen am Beispiel des Präsidiums der Schweiz im Ministerkomitee des Europarates

4.

Zulassung und Überprüfung kassenpflichtiger Medikamente

Das dritte Evaluationsthema wurde durch die Schweizer Parlamentarierdelegation beim Europarat eingebracht. Die GPKs beschlossen ebenfalls, der Finanzdelegation zu beantragen, dass die EFK eine Untersuchung der Prämiengenehmigung im KVG durchführt. Sollte diese Untersuchung durch die EFK nicht durchgeführt werden können, wird das Thema durch die GPK-N und die PVK untersucht werden. Im Jahresprogramm würde dann die Evaluation der Zulassung und Überprüfung kassenpflichtiger Medikamente gestrichen.

Im Weiteren beschlossen die GPKs, durch die PVK ein Audit des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) durchführen zu lassen.

Der vorliegende Jahresbericht soll einen Überblick über die Tätigkeiten der parlamentarischen Aufsicht im Jahr 2008 bieten sowie Informationen über die Arbeitsmethoden und -prozesse, über die Probleme im Zusammenhang mit bestimmten Aufsichtsgeschäften und über die am Ende des Kalenderjahres erzielten Ergebnisse vermitteln. Trotz gewisser Mängel begrüssen die GPKs die ausgezeichnete Arbeit, die der Bundesrat, die Bundesverwaltung und die Eidgenössischen Gerichte geleistet haben. Besonders danken möchten sie all jenen, die zur ordentlichen Arbeitsweise der Verwaltung beitragen; Dank gebührt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats der GPKs und der PVK.

Die GPKs haben den vorliegenden Bericht an der Plenarsitzung vom 23. Januar 2009 einstimmig gutgeheissen und beschlossen, ihn zu veröffentlichen. Der Berichtsentwurf wurde gemäss Artikel 157 ParlG den betroffenen Behörden zur Stellungnahme unterbreitet. Die abgegebenen Stellungnahmen wurden von den GPKs soweit als möglich berücksichtigt.

2584

2

Auftrag und Organisation

2.1

Aufgaben und Kompetenzen der GPKs

2.1.1

Aufgaben

Bei den GPKs handelt es sich um parlamentarische Kommissionen, die im Auftrag der eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrats und der Bundesverwaltung, der Eidgenössischen Gerichte sowie der anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahrnehmen. Diese Zuständigkeit ist in Artikel 169 der Bundesverfassung (BV)1 aber auch in Artikel 52 ParlG festgelegt.

Die Aufgaben und Zuständigkeiten der GPKs werden hauptsächlich in den Artikeln 26­27, 52­55 und 153­158 ParlG sowie in weiteren Gesetzes-2 und Verordnungstexten3 definiert.

Bei der Ausübung ihres Auftrags überprüfen die GPKs hauptsächlich, ob die Bundesbehörden im Sinne der Verfassung und der Gesetze handeln und ob die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben richtig erfüllt worden sind (Überprüfung der Rechtmässigkeit). Zudem achten sie darauf, dass die vom Staat getroffenen Massnahmen sinnvoll sind und dass die Bundesbehörden ihren Entscheidungsspielraum richtig nutzen (Überprüfung der Zweckmässigkeit). Schliesslich kontrollieren sie auch die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen mit Blick auf die vom Gesetzgeber gesetzten Ziele.

Die GPKs erfüllen ihre Aufgaben, indem sie:

1 2

3

-

Inspektionen durchführen;

-

die PVK mit Evaluationen und Audits beauftragen;

-

den jährlichen Geschäftsbericht des Bundesrats und den Tätigkeitsbericht des Bundesgerichts (BGer) sowie die Jahresberichte anderer Organe des Bundes prüfen;

-

die Berichte behandeln, welche ihnen der Bundesrat, die Departemente und weitere Stellen vorlegen müssen;

-

Behörden und Dienststellen des Bundes besuchen;

-

von Dritten eingereichte Aufsichtseingaben behandeln;

-

Empfehlungen an den Bundesrat, an die Departemente und an die Eidgenössischen Gerichte richten;

-

die Umsetzung früherer Empfehlungen kontrollieren.

SR 101 Art. 32 des Bundesgesetzes über das Kriegsmaterial vom 13.12.1996 (KMG; SR 514.51), Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes vom 24.3.2000 (BPG; SR 172.220.1), Art. 8 Abs. 1 der Verordnung über die Stellen- und Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisationen vom 10.6.2004 (SR 172.220.111.5), Art. 20 des Bundesbeschlusses über den Bau der schweizerischen Eisenbahn- und Alpentransversale vom 4.10.1991 (Alpentransit-Beschluss; SR 742.104) oder Art. 10 des Bundesgesetzes vom 18.3.2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (HGVAnG; SR 742.140.3).

Handlungsgrundsätze der GPKs vom 29.8.2003 und 4.9.2003, die im Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 23.1.2004 veröffentlicht wurden (BBl 2004 1673 ff.).

2585

Die GPKs können ausserdem für technische Fragestellungen zeitlich befristet Experten beiziehen.

Die GPKs erstatten dem Parlament über die Hauptergebnisse der Arbeit ihrer Tätigkeit einmal jährlich Bericht (Art. 55 ParlG). Dieser Jahresbericht wird in der Frühlingssession in den beiden Räten erörtert.

2.1.2

Aufsichtsbereich

Der Aufsichtsbereich der GPKs ist äusserst umfangreich: Er umfasst sämtliche Tätigkeiten des Bundesrats und der Dienste der Bundesverwaltung sowie der Eidgenössischen Gerichte, wobei deren Rechtsprechung von der Aufsicht ausgenommen ist (Art. 30 Abs. 1 und Art. 191 BV, Art. 26. Abs. 4 ParlG).

Auch alle öffentlich-rechtlichen und privaten Körperschaften sowie die natürlichen und juristischen Personen, die Träger von Bundesaufgaben sind, unterliegen der parlamentarischen Oberaufsicht, auch wenn diese in der Praxis weniger direkt ist, als gegenüber Bundesstellen. Die Kantone sind ebenfalls der Aufsicht der GPKs unterstellt, soweit sie mit der Umsetzung von Bundesrecht beauftragt sind (Art. 46 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 2 BV).

Nebst den Geschäften, welche die GPKs von Gesetzes wegen prüfen müssen, bestimmen sie ihre Untersuchungsgegenstände autonom und setzen ihre Arbeitsschwerpunkte nach eigenem Ermessen. Zu diesem Zweck erstellen sie jedes Jahr ein Programm, das die Prioritäten für die Aufsicht in jedem Verwaltungsbereich festlegt. Ab und zu erhalten die GPKs Mandate von den eidgenössischen Räten oder von anderen parlamentarischen Kommissionen. Die Arbeitsplanung wird regelmässig aktualisiert, um auch im Laufe des Jahres auftauchende unvorhergesehene Bedürfnisse abzudecken.

2.1.3

Informationsrechte und Zuständigkeiten

Für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe verfügen die GPKs über weit reichende Auskunftsrechte (Art. 150 und 153 ParlG). Die Kommissionen haben insbesondere das Recht, alle Behörden, Dienststellen und übrigen Träger von Bundesaufgaben direkt zu befragen, und können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte verlangen. Die Kommissionen bestimmen selbst, welche Personen sie anhören wollen ­ mit der einzigen Auflage, die politische vorgesetzte Behörde (Bundesrat, Eidgenössische Gerichte), vorgängig zu informieren. Sie sind somit auch nicht an den Dienstweg der Verwaltung oder der Gerichte gebunden. Die politisch vorgesetzten Behörden können verlangen, sich vor der Anhörung eines ihrer Unterstellten gegenüber den GPKs äussern zu können (Art. 153 Abs. 3 ParlG und Art. 162 Abs. 1 Bst. c ParlG). Das Amtsgeheimnis findet bei Anhörungen von Bediensteten des Bundes durch die GPKs keine Anwendung und es kann deshalb durch die angehörten Personen nicht vorgebracht werden, um eine Aussage vor den GPKs zu verweigern. Die GPKs sind ausserdem berechtigt, sämtliche Dienststellen des Bundes mit oder ohne Vorankündigung zu besuchen. Ausserdem können sie alle sachdienlichen Akten verlangen und Experten beauftragen.

2586

Es gibt nur zwei Einschränkungen bei den Informationsrechten der GPKs. Erstens haben die GPKs keinen Anspruch auf Unterlagen, die der Entscheidungsfindung des Bundesratskollegiums dienen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Dokumente zu unmittelbar bevorstehenden Entscheidungen, mit denen sich der Bundesrat noch befasst. Dies betrifft in erster Linie die Dokumente des Mitberichtsverfahrens (Art. 15 RVOG4). Zweitens sind die GPKs nicht berechtigt, Informationen zu verlangen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim zu halten sind (Art. 150 Abs. 2 ParlG).

Diese beiden Vorbehalte gelten nicht für die GPDel. Sie verfügt gemäss Artikel 169 Absatz 2 BV und Artikel 154 ParlG über uneingeschränkte Informationsrechte gegenüber den ihrer Aufsicht unterworfenen Behörden und Organen. Sie kann nicht nur alle für die Ausübung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen verlangen, sondern dazu auch formelle Zeugeneinvernahmen anordnen (Art. 155 ParlG). Weder das Amts- noch das Militärgeheimnis können ihr entgegen gehalten werden.

Die weitgehenden Auskunftsrechte der GPKs und der GPDel erfordern im Gegenzug eine Vertraulichkeitspflicht und einen verantwortungsvollen Umgang mit derselben. Deshalb bestehen für diese Organe Organisations- und Verfahrensregeln zur Gewährleistung des Geheimnisschutzes (Art. 150 Abs. 3 ParlG). Die Mitglieder der GPKs sind zudem hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie im Rahmen ihres Mandats Kenntnis erhalten, an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG). Verletzungen des Amtsgeheimnisses können mit Disziplinarmassnahmen bestraft (Art. 13 Abs. 2 ParlG) oder strafrechtlich verfolgt werden (Art. 320 StGB5). Der verantwortungsvolle Umgang mit den weitgehenden Informationsrechten der GPKs/GPDel kann auch bedeuten, dass die GPKs oder die GPDel nach einer Interessensabwägung auf die Durchsetzung ihrer Informationsrechte in einem konkreten Fall verzichten.

Dies wäre dann der Fall, wenn die GPKs oder die GPDel zum Schluss kommen, dass das Interesse am Erhalt der Information dem Geheimnisschutz unterzuordnen ist. Dieser Entscheid obliegt allerdings einzig und alleine den GPKs bzw. der GPDel.

Die GPKs sahen sich im Geschäftsjahr im Rahmen einer Untersuchung der GPK-N bei der Gewährleistung der Vertraulichkeit und derjenigen des ungehinderten Rechts von Behörden
und Mitarbeitenden des Bundes, den GPKs Informationen, die für ihre Oberaufsicht relevant sind (Art. 156 ParlG), weiter zu geben mit erheblichen Problemen konfrontiert (vgl. Ziff. 3.7.2­3.7.4). Die Informationsrechte der GPKs wurden insbesondere durch einen Aufsichtsentscheid des BStGer in Frage gestellt.

Zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe sind die GPKs aber zwingend auf umfangreiche Informationsrechte angewiesen; sie sind sich aber auch der Bedeutung eines gebührenden Schutzes ihrer Informationsquellen bewusst. Deshalb haben sie sich im Laufe des Jahres mit ihren Informationsrechten aber auch mit dem Geheimnisschutz vertieft auseinandergesetzt und werden dieses Thema auch im Jahre 2009 weiterverfolgen (vgl. Ziff. 3.7.3).

Bei grösseren Untersuchungen streben die GPKs die Veröffentlichung der gewonnenen Informationen über Missstände oder Mängel in der Geschäftsführung sowie ihrer positiven Befunde an. Die betroffenen Behörden erhalten vorgängig zur Publikation ein Stellungnahmerecht (Art. 157 ParlG). In der Praxis werden die Feststellungen der Kommissionen in Form eines vorläufigen Berichts den betroffenen 4 5

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (RVOG; SR 172.010).

Strafgesetzbuch (StGB; SR 311.0).

2587

Behörden unterbreitet. Diese beziehen generell schriftlich Stellung; sie können indessen um eine Gelegenheit zur Anhörung vor dem jeweils zuständigen Gremium der GPKs bitten. Die betroffenen Behörden können in ihrer Stellungnahme ihre eigenen Argumente ins Feld führen, die Beschreibung der Sachlage korrigieren oder neue Angaben hinzufügen. Ihre berechtigten Erklärungen und Rechtfertigungen werden im Schlussbericht berücksichtigt. Dieser wird in der Regel veröffentlicht, sofern keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG). Im Jahr 2008 wurden alle Berichte der GPKs veröffentlicht. In diesem qualifizierten Verfahren haben die GPKs folglich das Recht, Informationen, die bis zu diesem Zeitpunkt dem Amtsgeheimnis unterlagen, zur veröffentlichen. Dabei handelt es sich um ein wichtiges Mittel einer effektiven Oberaufsicht.

Die Mittel, über welche die GPKs gegenüber den beaufsichtigten Stellen verfügen, sind politischer Natur. Die Kommissionen teilen ihre Schlussfolgerungen in der Regel in Form von öffentlichen Berichten oder Briefen an die vorgesetzte politische Behörde mit. Diese enthalten Empfehlungen, zu denen die verantwortlichen Behörden Stellung beziehen müssen. Mit ihrer Arbeit verpflichten die Kommissionen demnach die Behörden, Rechenschaft über ihre Tätigkeiten (oder Unterlassungen) abzulegen. Dagegen haben die GPKs keine Mittel, die beaufsichtigte Behörde zum Handeln zu zwingen, Entscheide aufzuheben bzw. zu ändern oder anstelle der beaufsichtigten Behörde einen Entscheid zu treffen (Art. 26 Abs. 4 ParlG). Die GPKs müssen allein mit ihren Argumenten überzeugen. Daneben stehen ihnen die parlamentarischen Instrumente zur Verfügung (Einreichung einer Motion, eines Postulats oder einer parlamentarischen Initiative), um eine Gesetzesänderung in die Wege zu leiten.

2.2

Organisation der Arbeiten und Überblick über die behandelten Geschäfte

Wie die übrigen parlamentarischen Kommissionen setzen sich die GPKs aus 25 Mitgliedern des Nationalrats und aus 13 Mitgliedern des Ständerates zusammen.

Die Mitglieder werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt; das Mandat ist verlängerbar. Die Zusammensetzung der Kommissionen und die Zuteilung der Präsidien und Vizepräsidien richten sich nach der Stärke der Fraktionen im jeweiligen Rat (Art. 43 Abs. 3 ParlG). So weit wie möglich werden ausserdem die Amtssprachen und die Landesgegenden berücksichtigt.

Jede Kommission ist in mehrere ständige Subkommissionen unterteilt (Art. 45 Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 GRN6 und Art. 11 Abs. 1 GRS7), welche alle Eidgenössischen Departemente, die Bundeskanzlei und die Eidgenössischen Gerichte abdecken.

6 7

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3.10.2003 (GRN; SR 171.13).

Geschäftsreglement des Ständerates vom 20.6.2003 (GRS; SR 171.14).

2588

Die Bereiche werden wie folgt zugewiesen: Subkommissionen EDA/VBS:

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)

Subkommissionen EJPD/BK:

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) Bundeskanzlei (BK)

Subkommissionen EFD/EVD:

Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD) Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (EVD)

Subkommissionen EDI/UVEK

Eidgenössisches Departement des Innern (EDI) Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

Subkommissionen Gerichte:

Bundesgericht (BGer) Militärkassationsgericht (MKG) Bundesstrafgericht (BStGer) Bundesverwaltungsgericht (BVGer)

Die Subkommissionen verfolgen im Auftrag der Plenarkommissionen die Arbeit der ihnen zugeteilten Behörden mit. Sie leisten die eigentliche Untersuchungsarbeit (z.B. Durchführungen von Anhörungen, in Auftrag geben von Expertisen, Anfordern von Unterlagen) und erstatten den Plenarkommissionen ­ den Entscheidungsgremien ­ Bericht. Es obliegt den Plenarkommissionen, Beschlüsse zu fassen, Berichte zu genehmigen und zu publizieren sowie den verantwortlichen politischen Behörden Empfehlungen zu unterbreiten (Art. 158 ParlG).

Die GPKs können auch Arbeitsgruppen oder ad hoc-Subkommissionen einsetzen, um Themen zu untersuchen, die beispielsweise besondere Fachkenntnisse erfordern.

Die im Jahr 2007 aufgelöste «Arbeitsgruppe BVG8» der GPK-N wurde unter dem neuen Namen «Aufsicht BVG» im Jahr 2008 wieder geschaffen, um die Umsetzung der Empfehlung, welche die erste Arbeitsgruppe erarbeitet hatte, zu kontrollieren.

Diese Arbeiten wurden abgeschlossen, so dass die GPK-N die Arbeitsgruppe anfangs 2009 auflöste. Die 2006 eingerichtete gemeinsame Arbeitsgruppe «Controlling BGer» ist immer noch im Einsatz9. Es wurden im Jahr 2008 keine weiteren Arbeitsgruppen gebildet.

Daneben bestimmt jede Kommission aus ihrer Mitte drei Mitglieder, welche die GPDel bilden. Diese befasst sich mit der Überwachung der Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste. Die Delegation verfügt gemäss Verfassung und Gesetz über sehr weitgehende Auskunftsrechte (für genauere Einzelheiten s. Ziff. 3.9).

Schliesslich bestimmt jede Kommission zwei Mitglieder für die Neat-Aufsichtsdelegation (NAD), die die parlamentarische Oberaufsicht über die Realisierung der neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) ausübt. Die NAD umfasst neben den 8 9

Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25.6.1982 (BVG; SR 831.40).

Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte, 19.1.2007 (BBl 2007 3069).

2589

Mitgliedern der GPKs vier Mitglieder aus den Finanzkommissionen (FKs) sowie vier Vertreter der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVFs).

Ende 2007 wurde die Zusammensetzung der GPKs infolge des Legislaturwechsels nach den Parlamentswahlen vom 21. Oktober 2007 stark verändert. Die neuen Mitglieder wurden während der Wintersession 2007 von den Büros ernannt. Seit dem 3. Dezember ist Nationalrat Pierre-François Veillon Präsident der GPK-N (nach Nationalrat Jean-Paul Glasson, Präsident der GPK-N 2006/2007) und Ständerat Hans Hess amtiert als Präsident der GPK-S (nach Ständerat Hansruedi Stadler, Präsident der GPK-S 2006/2007). Nationalrat Hugo Fasel übte die Präsidentschaft der GPDel bis zum 30. November 2008 aus. Als ihren neuen Präsidenten wählte die GPDel Ständerat Claude Janiak.

Während des Berichtsjahres kam es zu einigen Änderungen in der Zusammensetzung der GPK-N: Nationalrätin Brigit Wyss ersetzte im September 2008 Nationalrat Antonio Hodgers, Nationalrätin Marie-Thérèse Weber-Gobet löste im Dezember 2008 Nationalrat Hugo Fasel ab. Die durch den Weggang von Nationalrat Hugo Fasel entstandene Vakanz in der GPDel wurde durch die Wahl von Nationalrätin Therese Frösch in die GPDel beseitigt. In der GPK-S gab es während des Berichtsjahres keine Änderungen.

Die namentliche Zusammensetzung der GPKs, der Subkommissionen und der Delegation (Stand am 31.12.2008) ist aus der Tabelle 1 zu ersehen.

Tabelle 1 Zusammensetzung der GPKs, der Subkommissionen und der GPDel für die Legislatur 2008­2011 (Stand 2008) GPK-N (Plenarkommission) Veillon Pierre-François (Präsident), Roth-Bernasconi Maria (VizePräsidentin), Bader Elvira, Baumann J. Alexander, Binder Max, Cathomas Sep, Daguet André, Eichenberger Corina, Fasel Hugo (bis 30.11.2008), Français Olivier, Frösch Therese, Gadient Brigitta M., GlanzmannHunkeler Ida, Glauser Alice, Glur Walter, Goll Christine, Graf-Litscher Edith, Hodgers Antonio (bis 31.8.2008), Lustenberger Ruedi, Miesch Christian, Moret Isabelle, Rossini Stéphane, von Siebenthal Erich, Wasserfallen Christian, WeberGobet Marie-Thérèse (ab 1.12.2008), Weibel Thomas, Wyss Brigit (ab 1.9.2008)

2590

GPK-S (Plenarkommission) Hess Hans (Präsident), Janiak Claude (Vize-Präsident), Briner Peter, Cramer Robert, Graber Konrad, Hêche Claude, Imoberdorf René, Kuprecht Alex, Leumann-Würsch Helen, Lombardi Filippo, Reimann Maximilian, Seydoux-Christe Anne, Stadler Hansruedi

Subkommission EDA/VBS Lustenberger Ruedi (Präsident), Bader Elvira, Baumann J. Alexander, Daguet André, Eichenberger Corina, Frösch Therese, Graf-Litscher Edith, Hodgers Antonio (bis 31.8.2008), Miesch Christian, Rossini Stéphane, Veillon Pierre-François, Wasserfallen Christian, Wyss Brigit (ab 1.9.2008)

Briner Peter (Präsident), Cramer Robert, Hêche Claude, Imoberdorf René, Reimann Maximilian, Seydoux-Christe Anne

Subkommission EJPD/BK Roth-Bernasconi Maria (Präsidentin), Janiak Claude (Präsident), Cramer Robert, Graber Konrad, Hess Hans, Imoberdorf Baumann J. Alexander, Binder Max, René, Leumann-Würsch Helen Daguet André, Français Olivier, Glanzmann-Hunkeler Ida, Glur Walter, Graf-Litscher Edith, Hodgers Antonio (bis 31.8.2008), Lustenberger Ruedi, Moret Isabelle, Wyss Brigit (ab 1.9.2008) Subkommission EFD/EVD Leumann Helen (Präsidentin), Briner Gadient Brigitta M. (Präsidentin), Peter, Graber Konrad, Lombardi Filippo, Fasel Hugo (bis 30.11.2008), GlanzReimann Maximilian mann-Hunkeler Ida, Glauser Alice, Glur Walter, Goll Christine, GrafLitscher Edith, Moret Isabelle, RothBernasconi Maria, von Siebenthal Erich, Wasserfallen Christian, WeberGobet Marie-Thérèse (ab 1.12.2008), Weibel Thomas Subkommission EDI/UVEK Binder Max (Präsident), Bader Elvira, Kuprecht Alex (Präsident), Cramer Fasel Hugo (bis 30.11.2008), Français Robert, Hêche Claude, Imoberdorf René, Olivier, Goll Christine, Graf Litscher Lombardi Filippo, Seydoux-Christe Anne Edith, Miesch Christian, Rossini Stéphane, von Siebenthal Erich, Veillon Pierre-François, Wasserfallen Christian, Weber-Gobet MarieThérèse (ab 1.12.2008), Weibel Thomas

2591

Subkommission Gerichte Eichenberger Corina (Präsidentin), Cathomas Sep, Daguet André, Frösch Therese, Gadient Brigitta M., Glauser Alice, Roth-Bernasconi Maria

Stadler Hansruedi (Präsident), Briner Peter, Hess Hans, Janiak Claude, Leumann-Würsch Helen, Seydoux-Christe Anne GPDel

Fasel Hugo (Präsident; bis 30.11.2008), Frösch Therese (ab 1.12.2008), Moret Isabelle, Veillon Pierre-François, Janiak Claude (Präsident ab 1.12.2008), Kuprecht Alex, Stadler Hansruedi NAD (nur GPK-Mitglieder) Binder Max, Cathomas Sep, Hess Hans, Stadler Hansruedi Arbeitsgruppe «Controlling BGer» Eichenberger Corina, Frösch Therese, Gadient Brigitta M., Roth-Bernasconi Maria, Briner Peter, Seydoux-Christe Anne Arbeitsgruppe «Informatik Bundesgericht» (nur GPK-Mitglieder) Cathomas Sep, Janiak Claude Arbeitsgruppe «Aufsicht BVG» Rossini Stéphane (Präsident), Eichenberger Corina, Glur Walter, Weber-Gobet Marie-Thérèse, Weibel Thomas Während des Berichtsjahres traten die GPKs zu 20 Plenarsitzungen und zu 67 Subkommissionssitzungen zusammen. Davon waren 11 Termine Dienststellenbesuchen gewidmet. Die GPDel führte 14 Sitzungen durch. Insgesamt fanden 101 Sitzungen statt.

Die GPKs erhielten in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörden 43 Aufsichtseingaben, wovon 23 erledigt werden konnten. Im gleichen Zeitraum bearbeiteten die Kommissionen weitere 9 Eingaben, die während des Vorjahres eingereicht worden waren.

2592

Neben den in Ziffer 3­5 beschriebenen Arbeiten führten die GPKs und die GPDel mehrere Besuche bei Behörden und Dienststellen des Bundes durch: Gerichte

Bundesgericht

EDA

Direktion für Ressourcen und Aussennetz des EDA Präsenz Schweiz

EDI

Swissmedic

EFD

Eidgenössische Finanzkontrolle Medical Service

EVD

Schweizerische Akkreditierungsstelle SAS

EJPD

Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt Bundesanwaltschaft Bundeskriminalpolizei Zweigstelle Zürich

UVEK

Bundesamt für Umwelt

3

Ausgewählte Themen

3.1

Wirtschafts- und Finanzpolitik

3.1.1

Zugriff der amerikanischen Behörden auf die Daten der internationalen Finanztransaktionen der Swift

Die GPK-N untersuchte in den Jahren 2006 und 2007 die Rolle der Bundesbehörden im Zusammenhang mit dem Zugriff amerikanischer Behörden auf Daten internationaler Finanztransaktionen von in der Schweiz ansässigen Finanzinstituten. In ihrem Schlussbericht vom 17. April 2007 bemängelte die GPK-N insbesondere, dass trotz der vom Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) konstatierten zweifachen Verletzung des Datenschutzgesetzes der Bundesrat und das EFD ­ im Gegensatz zu den Behörden der Europäischen Union (EU) ­ passiv geblieben waren und keine Massnahmen ergriffen hatten10. Sie forderte deshalb den Bundesrat in ihrem Bericht auf, mit den zuständigen Behörden der EU und der USA aktiv eine Lösung für die Weitergabe der Transaktionsdaten der Swift zu suchen, welche die schweizerischen Datenschutzgrundsätze wahrt.

Anfangs des Berichtsjahres erörterte die GPK-N die Stellungnahme des Bundesrates vom 14. November 2007. Sie stellte dabei fest, dass der Bundesrat im Grundsatz den Feststellungen der GPK-N zustimmt. Mit Befriedigung nahm sie zur Kenntnis, dass der EDÖB zusammen mit den Banken die Verletzung der Informationspflicht des Artikels 4 DSG11 beenden konnte. Sie begrüsste auch, dass der Bundesrat mit den zuständigen Behörden der EU den Kontakt gesucht hatte und sich über deren Verhandlungen mit den USA informieren liess. Der Bundesrat informierte die GPK-N weiter, dass in der Zwischenzeit zwischen den USA und der EU eine Lösung gefunden wurde, welche dem Datenschutzrecht genüge und auch für die Finanzinstitutionen der Schweiz Geltung habe. Er stellte in Aussicht, bei den USA eine explizite Zusicherung der Geltung dieser Lösung für die in der Schweiz ansässigen 10 11

Ziff. 3.1.2 des Jahresberichts 2007 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte (BBl 2008 5084).

Bundesgesetz vom 19.6.1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1).

2593

Finanzinstitutionen zu erwirken. Diese Bemühungen des Bundesrates waren aus Sicht der GPK-N von grosser Bedeutung. Sie teilte dies dem Bundesrat mit und lud ihn ein, sie über das Resultat seiner Bemühungen zu informieren. Mit Brief vom 21. Februar 2008 teilte das EFD der GPK-N dann mit, dass die Schweiz vom amerikanischen Finanzministerium eine entsprechende Zusicherung erhalten habe.

Die Inspektion der GPK-N erlangte unverhofft wieder Aktualität, als im November 2008 durch die Presse die Information verbreitet wurde, dass auch innerschweizerische Zahlungen in Schweizer Franken teilweise über das Swift-Netz geleitet würden. Die GPK-N befragte den Bundesrat umgehend dazu. Ende November 2008 bestätigte der Bundesrat der GPK-N, dass ein kleiner Teil der innerschweizerischen Zahlungen über Swift erfolgt. Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) sei seit März 2007 mit der Swiss Interbank Clearing und der Schweizerischen Bankiervereinigung darum besorgt, dass die betroffenen Finanzinstitute ihre Kunden darüber informieren würden und dadurch die Informationspflicht des Datenschutzgesetzes eingehalten werde. Ein gemeinsames Vorgehen der Banken bei der Kundeninformation bzw. ein entsprechendes Zirkular an alle Mitgliedsbanken der Schweizerischen Bankiervereinigung waren Ende November 2008 allerdings noch nicht erreicht worden. Der Bundesrat informierte die GPK-N ebenfalls darüber, dass er zum Zeitpunkt des Abschlusses der Inspektion der GPK-N nicht über die Nutzung des Swift-Netzes für innerschweizerische Zahlungen in Schweizer Franken informiert gewesen sei.

Die GPK-N erörterte die Antwort des Bundesrates an ihrer letzten Sitzung im Jahr 2008 und beschloss, einige Punkte der Antwort des Bundesrates anfangs 2009 noch zu vertiefen.

3.2

Soziale Sicherheit und Gesundheit

3.2.1

Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge

Die Arbeitsgruppe «BVG-Überschussverteilung» beschäftigte sich in der vergangenen Legislatur im Rahmen ihrer Nachkontrolle zur Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge mit der Umsetzung der Transparenzvorschriften. Sie verabschiedete dazu einen Bericht, den die GPK-N am 23. November 2007 genehmigte und zur Veröffentlichung freigab. Am selben Tag ersuchte die GPK-N den Bundesrat um einen Zusatzbericht zur Rolle der Kantone bei der Aufsicht in der beruflichen Vorsorge.

Der Bundesrat stimmte dem Bericht der GPK-N in seiner Stellungnahme vom 7. März 2008 zu und liess ihr am 14. März 2008 seinen Zusatzbericht zur Rolle der Kantone bei der Aufsicht in der beruflichen Vorsorge zukommen.

Die GPK-N zeigte sich mit der Stellungnahme des Bundesrates zu ihrem Bericht im Grossen und Ganzen zufrieden, dies umso mehr, als der Bundesrat ihren Feststellungen grundsätzlich zustimmte. Auch nahm sie davon Kenntnis, dass der Bundesrat in Bezug auf den gesetzlichen Spielraum für Versicherer anderer Auffassung ist sowie davon, dass er die Bestimmungen zur ertrags- und ergebnisgestützten Berechnung der Ausschüttungsquote in der Aufsichtsverordnung nicht geändert haben möchte.

2594

Im Zusammenhang mit dem Zusatzbericht beauftragte die GPK-N ihre Arbeitsgruppe, Verantwortliche der kantonalen Aufsichtsbehörden anzuhören. Nach Ansicht der Kommission ist der Bericht nur teilweise zufriedenstellend, da er unvollständig und stellenweise inkohärent sei. In den Augen der GPK-N sollte der Bundesrat die Strukturreform (07.055 s) nutzen, um mit entsprechenden Regeln und Mechanismen für eine Vereinheitlichung der Vollzugspraxis zu sorgen. Damit sollen die wesentlichen Grundlagen für eine einwandfreie Oberaufsicht geschaffen werden, welche einen Vergleich der Vollzugspraktiken und eine Beurteilung ihrer Effizienz, z.B. über die Bekanntgabe von Benchmarks, zulässt.

Die Arbeitsgruppe «Aufsicht BVG» wurde wieder aufgelöst, da sie ihren Auftrag erfüllt hat. Die Angelegenheiten betreffend berufliche Vorsorge werden künftig von der Subkommission EDI/UVEK behandelt, welche im Jahr 2010 die Situation evaluieren wird.

3.2.2

Aufsichtseingabe betreffend Tarifentscheide im KVG-Bereich

Die GPK-S schloss ihre Nachkontrolle zu ihrem Bericht aus dem Jahre 2002 über die Entscheidpraxis des Bundesrates bei Beschwerden gegen Tarifentscheide der Kantonsregierungen in der Krankenversicherung ab12. Die GPK-S stellte aufgrund eines Berichts des Bundesrates vom 14. September 2005 über die Umsetzung der acht von der GPK-S formulierten Empfehlungen fest, dass einzelne Verbesserungen in den Beziehungen zwischen dem Bundesrat und den Kantonen bei der Tariffestsetzung im Bereich des KVG13 erzielt wurden. In der Folge erteilte die GPK-S der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) sowie dem Kanton Schaffhausen, die sich mit Aufsichtseingaben an die GPK-S gewandt hatten, die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Bericht des Bundesrates. Beide Parteien bestätigten in ihren Stellungnahmen, dass in einzelnen von ihnen beanstandeten Problembereichen Verbesserungen erzielt werden konnten.

In anderen Bereichen verwiesen sie auf noch bestehende Differenzen. Mit Interesse hat die GPK-S zur Kenntnis genommen, dass die von ihr aufgeworfenen Fragen der Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen sowie der Ermessensausübung der Kantonsregierungen und des Bundesrates durch ein Gutachten von Bundesrichter Daniel Staffelbach, welches vom EDI gemeinsam mit dem Kanton Thurgau in Auftrag gegeben worden war, in differenzierter Weise aufgenommen wurden.14 In Anbetracht der Tatsache, dass Beschwerden im Bereich des KVG seit dem 1. Januar 2007 nicht mehr vom Bundesrat sondern vom BVGer behandelt werden, hat die GPK-S die Nachkontrolle abgeschlossen und in ihrem Schreiben vom 29. Februar 2008 an den Bundesrat ihrer Genugtuung darüber Ausdruck gegeben, in einem konfliktreichen Politikbereich einige Impulse zur besseren Verständigung zwischen den Bundesbehörden und den Kantonen beigetragen zu haben.

12

13 14

Aufsichtseingabe der Kantone zur Entscheidpraxis des Bundesrates bei Beschwerden gegen Tarifentscheide der Kantonsregierungen in der Krankenversicherung. Bericht der GPK-S vom 5.4.2002 (BBl 2003 307).

Bundesgesetz vom 18.3.1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10).

Daniel Staffelbach, Der Ermessensspielraum der Behörden im Rahmen des Tariffestsetzungsverfahrens nach Art. 47 in Verbindung mit Art. 53 KVG, Gutachten zu Handen des EDI und des Regierungsrates des Kantons Thurgau vom 15.9.2005.

2595

3.2.3

Die Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach KVG

Die Sicherstellung einer qualitativ hoch stehenden medizinischen Versorgung ist eines der Hauptziele des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung. Vor diesem Hintergrund beauftragte die GPK-S die PVK am 12. Februar 2007 mit einer Untersuchung zu den Aufgaben und der Aufgabenwahrnehmung des Bundes im Rahmen der Qualitätssicherung gemäss KVG. Auf der Grundlage des Evaluationsberichts der PVK vom 5. September 2007 stellte die GPK-S fest, dass im Bereich der Qualitätssicherung noch beträchtliches Optimierungspotenzial besteht und dass der Bund seine gesetzlichen Kompetenzen nicht konsequent genug nutzt. Die GPK-S teilte dem Bundesrat mit Schreiben vom 13. November 2007 ihre Folgerungen und zwölf Empfehlungen mit.15 Der Bundesrat nahm zum Bericht der PVK und zu den Empfehlungen der GPK-S am 18. Juni 2008 Stellung.16 In ihrem Antwortschreiben vom 24. Oktober 2008 an den Bundesrat nahm die GPK-S mit Befriedigung davon Kenntnis, dass der Bundesrat ihre zwölf Empfehlungen im Bereich der Qualitätssicherung im Sinne der Artikel 58 und 32 KVG entgegen zu nehmen bereit ist.

Insbesondere begrüsste die Kommission, dass der Bundesrat die Empfehlung 1 zur Erarbeitung einer klaren und verbindlichen Strategie, welche die Massnahmen, Verantwortlichkeiten und Fristen für die Umsetzung des Qualitätssicherungsauftrags des Bundes definiert, aufgenommen und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) beauftragt hatte, bis Ende 2008 eine solche nationale Strategie Qualitätssicherung zu erarbeiten. Diese Strategie soll ­ gemäss der Stellungnahme des Bundesrates ­ unter Einbezug der Betroffenen «insbesondere der Kantone und Leistungserbringer» erarbeitet werden. Zu begrüssen wäre es aus der Sicht der GPK-S, dass auch die Sicht und die Interessen der Patienten einbezogen werden.

Der Bundesrat will bei der Erarbeitung der Qualitätssicherungs-Strategie die Empfehlungen 2­8 und 10­12 der GPK-S berücksichtigen. Das ist zu begrüssen. Die GPK-S wird deshalb diesen Prozess weiterhin eng begleiten und sich im Laufe des 2. Halbjahres 2009 mit der zurzeit erarbeiteten Strategie des Bundes eingehend befassen und dabei prüfen, wieweit ihre Empfehlungen umgesetzt wurden.

3.2.4

Nachkontrolle zur Inspektion betreffend Probleme bei der Inbetriebnahme von Swissmedic

Die GPK-S kündigte dem Bundesrat mit Schreiben vom 29. Februar 2008 an, dass sie die Umsetzung ihrer Empfehlungen nach dem Dienststellenbesuch beim Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic) von 2005 in einer Nachkontrolle überprüfen werde. In ihren Empfehlungen hatte sie den Bundesrat u.a. aufgefordert, die Kommunikationspolitik des Instituts zu verbessern, die Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden besser zu verteilen und die Unabhängigkeit der leitenden Organe zu gewährleisten. Die GPK-S ersuchte nun den Bundesrat um einen Bericht über die Umsetzung ihrer Empfehlungen. Dieser Bericht wurde am 21. Mai 2008 vorgelegt.

15 16

Evaluation über die Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach KVG. Bericht der GPK-S vom 13.11.2007 (BBl 2008 7793).

Evaluation über die Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach KVG. Stellungnahme des Bundesrates vom 18.6.2008 (BBl 2008 7889).

2596

Da sich die zuständige Subkommission der GPK-S ihr eigenes Urteil bilden wollte, führte sie am 3. Juli 2008 einen Dienststellenbesuch durch.

Im Schreiben vom 8. August 2008 an den Bundesrat beurteilte die GPK-S die allgemeine Entwicklung des Instituts als positiv. Sie begrüsste die im Direktionsstab für den Bereich der Kommunikation getroffenen Organisationsmassnahmen. Die GPK-S zeigte sich auch zufrieden über die Annahme eines Berufskodex, der die Unabhängigkeit der leitenden Organe gewährleisten soll. Dagegen stellte die GPK-S hinsichtlich der Arbeitsbelastung bestimmter Mitarbeitenden von Swissmedic (hauptsächlich im Rechtsdienst) Verbesserungspotenzial fest. Zwar hatte sich die Arbeitsbelastung stabilisiert allerdings auf hohem Niveau. Deshalb forderte die GPK-S das Institut auf, seine Bestrebungen in diesem Sinne fortzusetzen. Schliesslich teilte die GPK-S dem Bundesrat mit, dass sie aufgrund der positiven Bilanz ihrer Abklärungen der Meinung ist, die grössten Probleme, die bei der Inbetriebnahme von Swissmedic aufgetreten sind, seien behoben oder würden demnächst behoben. Deshalb informierte sie den Bundesrat darüber, dass sie die Nachkontrolle hiermit als abgeschlossen erachtet.

3.2.5

Antrag der SP-Schweiz für eine Abklärung im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 forderte die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS) die GPKs auf, mehrere Punkte im Bereich der Krankenpflegeversicherung zu prüfen. Deshalb führte die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S Gespräche und Korrespondenz mit den Verantwortlichen des BAG und mit dem Bundesrat. Die Kommission nahm im Dezember 2007 Kenntnis vom Gutachten über die Verwendung von Krankenkassenbeiträgen zu politischen Zwecken, welches das Bundesamt für Justiz (BJ) im Auftrag des BAG erstellt hatte, und konzentrierte sich ab Ende 2007 auf die Rolle des Dachverbandes Santésuisse.

Die GPK-S stellte fest, dass zahlreiche Fragen in Zusammenhang mit der Finanzaufsicht über Santésuisse nach wie vor ungeklärt sind. Aus dem Gutachten des BJ geht nämlich hervor, dass durch den Fonds Politik finanzierte Tätigkeiten nicht der Aufsicht des BAG unterstehen, da sie weder unter die Aufklärungspflicht gemäss Artikel 27 ATSG17 fallen noch den Vollzug des KVG betreffen. Das BAG kann allerdings bei den Versicherern Auskünfte über die Tätigkeiten von Santésuisse einholen, die durch die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung finanziert werden. Es kann den Versicherern zudem Weisungen über die Zulässigkeit einer solchen Finanzierung erteilen. Das BJ kam in seinem Gutachten zum Schluss, dass es wünschenswert wäre, für jede Aufgabe, welche die Versicherer gemäss KVG Santésuisse übertragen könnten, abzuklären, wie die Aufsicht ausgeübt wird.

Aus diesen Gründen forderte die GPK-S das EDI auf, sie über die Abklärung der vom BJ aufgeworfenen Fragen auf dem Laufenden zu halten. Mit Schreiben vom 12. März 2008 ersuchte sie den Departementsvorsteher, sie über die Massnahmen zu orientieren, die zur Verhinderung von Missbräuchen bei Abstimmungskampagnen getroffen worden sind.

17

Bundesgesetz vom 6.10.2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1).

2597

Der EDI-Vorsteher setzte die GPK-S mit Schreiben vom 31. März 2008 darüber in Kenntnis, dass eine interdepartementale Arbeitsgruppe aus Vertretern des BAG, des BJ, des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) und des Bundesamtes für Privatversicherungen (BPV) mit einer Analyse der vom BJ aufgeworfenen Probleme und mit der Erarbeitung von Vorschlägen zuhanden des EDI beauftragt worden sei.

Zudem ging ein Kreisschreiben an alle Krankenversicherer, in dem sie über die Schlussfolgerungen des Gutachtens in Kenntnis gesetzt und über die zu treffenden Massnahmen informiert wurden. Santésuisse hat schliesslich schriftlich bestätigt, dass die für die Abstimmung vom 1. Juni 2008 verwendeten Mittel weder direkt noch indirekt aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung stammen.

Die GPK-S orientierte den Präsidenten der SPS mit Schreiben vom 11. April 2008 über diese Entwicklungen und betrachtet das Geschäft somit einstweilen als abgeschlossen.

3.2.6

Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK)

Am 1. Januar 1999 nahm das EDI vorübergehend sechs komplementärmedizinische Methoden in den Leistungskatalog der Grundversicherung auf (Akupunktur, Anthroposophische Medizin, Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie und traditionelle chinesische Medizin). Um zu evaluieren, ob diese Methoden Pflichtleistungen der Grundversicherung bleiben sollen, wurde eine wissenschaftliche Studie lanciert, welche die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Verfahren (mit Ausnahme der Akupunktur) nachweisen sollte. Die Kosten für dieses so genannte Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK) wurden auf sechs Millionen Franken veranschlagt. Der Schlussbericht wurde am 24. April 2005 im Internet veröffentlicht.18 Im Juni 2005 beschloss das EDI, diese komplementärmedizinischen Methoden wieder aus dem Leistungskatalog der Grundversicherung zu streichen, obwohl die Ergebnisse des PEK anderes erwarten liessen.

Dies veranlasste die GPK-N, einem schriftlichen Antrag von Nationalrätin Edith Graf-Litscher vom 3. Oktober 2006 zu folgen und sich eingehend mit dem PEKProjektmanagement zu befassen. Die mit dieser Untersuchung beauftragte Subkommission EDI/UVEK kam auf Grund der Stellungnahmen der EFK und der PVK zu folgenden Schlüssen:

18

­

Die Ziele des PEK wurden nicht klar festgelegt.

­

Die Wissenschaftlichkeit der Evaluation wurde nicht gewährleistet.

­

Die Kommunikationspolitik des EDI wies in Bezug auf das PEK Lücken auf.

­

Die Eidgenössischen Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen (ELGK) verfügte nicht über die Ressourcen, die für einen fundierten Entscheid nötig gewesen wären.

­

Die verschiedenen Leistungserbringer wurden vor dem definitiven Entscheid des EDI nicht konsultiert.

Programm Evaluation Komplementärmedizin. Schlussbericht PEK vom 24.4.2005.

2598

3.2.7

Lebensmittel- und Produktesicherheit

Die Vorberatung der Motion 08.3062 «Mehr Effizienz im Bereich der Lebensmittelund Produktesicherheit» wurde der GPK-N zugewiesen. Im Bereich der Lebensmittelsicherheit hatte die GPK-N in den Jahren 2002 und 2003 eine Inspektion zum Vollzug im Bereich der Lebensmittelsicherheit durchgeführt und sich dadurch Kenntnisse im Bereich des Vollzugs der Bestimmungen zur Lebensmittelsicherheit erworben. Eine der nach der damaligen Inspektion abgegebenen Empfehlungen war bis anhin nicht umgesetzt worden, so dass die GPK-N die Vorberatung der Motion mit einer Nachkontrolle zur Inspektion verbinden konnte.

Die GPK-N stellte im Jahr 2003 fest, dass die Organisationsstruktur der mit dem Vollzug auf Stufe der Bundesverwaltung betrauten Verwaltungseinheiten zu Koordinationsproblemen und zu einer suboptimalen Ressourcennutzung führte. Die GPK-N begrüsste deshalb die vom Bundesrat damals eingeleitete Überprüfung dieser Organisationsstruktur. Mit grossem Interesse nahm die GPK-N drei Jahre später vom Bericht des Bundesrates19 Kenntnis. Gestützt auf diesen Bericht beschloss der Bundesrat am 28. Juni 2006 die Zusammenführung des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) und des Verbraucherschutzes (entsprechende Teile des BAG und des BLW) im Rahmen der Verwaltungsreform weiter zu vertiefen und beauftragte dazu das EVD und das EDI, eine Projektgruppe aus Vertretern der betroffenen Verwaltungseinheiten einzusetzen. Diese Projektgruppe sollte die Planung und die allfällige Realisierung der Reorganisation an die Hand nehmen.

Im August 2008 forderte die GPK-N das EVD und das EDI auf, die Kommission über den Umsetzungsstand dieses Projektes zu informieren. In der gemeinsamen Antwort der beiden Departemente von Ende September 2008 wurde die GPK-N informiert, dass die aufgrund des Bundesratsbeschlusses vom 28. Juni 2006 erfolgte Prüfung gezeigt habe, dass die heutige Aufteilung der Zuständigkeiten auf verschiedene Departemente und Ämter im Bereich der Lebensmittelsicherheit die vorhandenen Synergien nutzte und eine Reorganisation zwar einzelne Koordinationsprobleme zu lösen vermöchte, dadurch jedoch eine Vielzahl neuer Probleme entstehen würde. Im Weiteren wurde auf die Schaffung der Bundeseinheit für die Lebensmittelkette hingewiesen, welche im Bereich der Lebensmittelsicherheit eine Koordinationsfunktion wahrnehme. Der Bundesrat
sei aufgrund des Resultats der Prüfung der Organisationsstruktur zum Schluss gelangt, dass eine umfangreiche Reorganisation im Bereich der Lebensmittelsicherheit zum heutigen Zeitpunkt nicht notwendig sei.

Die GPK-N wünschte diesen Entscheid des Bundesrates besser nachvollziehen zu können und lud deshalb das EVD ein, ihr den Schlussbericht der gemeinsamen Projektgruppe EVD/EDI, auch im Hinblick auf die Vorberatung der erwähnten Motion, zukommen zu lassen. In der Folge wurde sie vom EVD informiert, dass im Nachgang zum erwähnten Bundesratsbeschluss zwar weitere Gespräche zu diesem Thema, insbesondere im Zusammenhang mit der Schaffung der Bundeseinheit für die Lebensmittelkette, stattgefunden hätten. Angesichts der bereits früher vorgenommenen vertieften Abklärungen, insbesondere zur Schnittstellenproblematik, (zusam-

19

Prüfung von Reorganisationsvarianten im Bereich BLW, BVET, BWL und Eidg. Forstdirektion. Bericht des Bundesrats vom Juni 2006 (in Erfüllung der Motion 05.3228 der Kommission 04.080-NR).

2599

mengefasst im Bericht vom Juni 2006), jedoch kein weiterer Bericht mehr zu diesem Thema erstellt worden sei.

Um die vorzubereitende Motion bezüglich ihrer Forderungen im Bereich der Produktesicherheit prüfen zu können, hörte die GPK-N im November 2008 eine Vertretung des Seco an.

Die erhaltenen Informationen wurden jedoch durch die Kommission als noch nicht ausreichend betrachtet, so dass der Abschluss der Vorberatung wie auch der Nachkontrolle erst im ersten Quartal 2009 wird erfolgen können.

3.2.8

Bestimmung und Überprüfung ärztlicher Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung

Am 19. Januar 2007 beauftragten die GPKs die PVK mit der Durchführung einer Evaluation zur Leistungsbestimmung und -überprüfung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP).

Diese Evaluation sollte ausserdem eine der Fragen klären, die Nationalrätin GrafLitscher im Rahmen der Untersuchungen zum PEK (vergl. Ziff. 3.2.6) aufgeworfen hat, nämlich, wie objektiv die Beurteilungskriterien des EDI, genauer gesagt des BAG, sind.

Nach Vorliegen dieser Evaluation kam die zuständige Subkommission zum Schluss, dass das System der Bestimmung und Überprüfung ärztlicher Leistungen zulasten der OKP flexibel und differenziert auf Innovationen reagiert, die Zulassungsbehörden in der Regel sachorientiert und unabhängig handeln und die Evaluationen vergleichsweise rasch ablaufen. Dennoch ist die Subkommission der Ansicht, dass noch bedeutender Verbesserungsbedarf besteht, v. a. bei der Früherkennung fraglicher Leistungen, der Dokumentation und Operationalisierung der Beurteilungsgrundlagen und -kriterien, der klaren Trennung von Assessment und Appraisal, der Professionalisierung der Eidgenössischen Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen (ELGK) sowie der systematischen Reevaluation bestehender Leistungen.

Die GPK-N wird dem Bundesrat ihre Schlussfolgerungen sowie 19 Empfehlungen voraussichtlich Ende Januar 2009 zukommen lassen. Dieser hat der GPK-N dann in einem Bericht zu unterbreiten, wie und bis wann er die Empfehlungen der Kommission umzusetzen gedenkt.

3.2.9

«Prämiengenehmigung» in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung

Verschiedene Kantone und Regionen stellen regelmässig die alljährlich vom Bundesrat genehmigten Krankenkassenprämien in Frage. Aus diesem Grund schlug Nationalrat Hugo Fasel der Subkommission EDI/UVEK am 18. Februar 2008 vor, sich näher mit der Festlegung der Krankenkassenprämien zu befassen und dabei das Augenmerk auf eine allfällige Querfinanzierung zu legen. Die Subkommission nahm diesen Vorschlag an und beauftragte die PVK, ein Evaluationsprojekt auszuarbeiten.

Nachdem die PVK dieses Projekt an der Sitzung vom 31. Oktober 2008 vorgestellt hatte, beschloss die Subkommission, dieses Thema eingehend zu untersuchen.

2600

Aufgrund der Bedeutung, die der finanzielle Aspekt hier einnehmen könnte, wird mit dieser Evaluation allerdings die EFK beauftragt.

3.3

Forschung, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft

3.3.1

Eidgenössische Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Rau

Im Jahr 2006 beendete die GPK-S die mehrjährige Untersuchung über die Eidgenössische Stiftungsaufsicht. Ziel dieser Untersuchung war es u.a., die Rolle zu beurteilen, die der Bund, d.h. insbesondere die im GS EDI angesiedelte Stiftungsaufsichtsbehörde im Zusammenhang mit den drei gemeinnützigen Stiftungen von Dr. Gustav Rau, einem deutschen Arzt und Kunstsammler, gespielt hatte. Die Kommission befasste sich mit dem Fall, weil er ihrer Ansicht nach auf eine allgemeine Problematik hinwies und sich daraus möglicherweise Schlüsse ziehen lassen, welche für die Eidgenössische Stiftungsaufsicht als Ganzes von Interesse sein könnten.

Im Bericht der GPK-S vom April 200620 vertritt die Kommission u.a. die Auffassung, dass sich die Aufsichtsbehörde in der «Affäre Rau» manchmal in einem Loyalitätskonflikt befunden habe, was daran liegen könne, dass sie direkt der Leitung des mit Kulturfragen betrauten Departements unterstellt ist. Damit die Aufsichtsbehörde ihre Aufgaben so unabhängig wie möglich ausüben kann, hat die GPK-S eine Motion21 eingereicht, die den Bundesrat beauftragt, unverzüglich die Verlegung der Stiftungsaufsicht in eine Verwaltungseinheit vorzunehmen, deren Aufgabenbereich nicht mit den üblichen Tätigkeiten der gemeinnützigen Stiftungen verknüpft ist. Als Beispiele wurden das BJ und die BK genannt. Die GPKs hatten bereits 1995 eine Empfehlung im gleichen Sinne22 an den Bundesrat abgegeben. Sie blieb jedoch ohne Erfolg. Am 25. September 2006 nahm der Ständerat die Motion an, obwohl der Bundesrat in seiner Erklärung vom 23. August 2006 deren Ablehnung beantragt hatte.

Immerhin bezeichnete der Bundesrat den vorgeschlagenen Transfer in seiner Stellungnahme vom 23. August 2006 als aus sachlichen Gesichtspunkten durchaus überlegenswert.

Die Kommission teilte dem Bundesrat in ihrer Antwort vom 22. Februar 2007 mit, dass sie das Geschäft vorderhand abschliesse und voraussichtlich ab 2009 eine Nachkontrolle durchführen werde.

Im April 2007 beschloss die GPK-N23 als vorberatende Kommission des Zweitrates, den Motionstext in einen Prüfungsauftrag umzuwandeln. Der Bundesrat wurde beauftragt, die Verlegung der Stiftungsaufsicht in eine Verwaltungseinheit, deren Aufgabenbereich nicht mit den üblichen Tätigkeiten der gemeinnützigen Stiftungen verknüpft ist, bis Ende 2007 im Rahmen der Verwaltungsreform zu prüfen und 20 21 22 23

Aspekte der Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Gustav Rau. Bericht der GPK-S vom 7.4.2006 (BBl 2006 7707).

Mo. 06.3177 «Verlegung der Stiftungsaufsicht» vom 7.4.2006.

Rolle und Funktion der Generalsekretariate. Bericht der GPKs vom 23.5.1995 (BBl 1995 IV 1136 ff.).

06.3177 s Mo. Ständerat (GPK-SR). Verlegung der Stiftungsaufsicht. Bericht der GPK-N vom 17.04.2007. Bericht der GPK-N vom 17.4.2007.

2601

Bericht zu erstatten. Der Nationalrat nahm die gemäss Antrag der GPK-N geänderte Motion am 21. Juni 2007 an24. Der Ständerat stimmte dieser Änderung am 2. Oktober 2007 zu.

Mitte Dezember 2007 liess der Bundesrat der GPK-S seinen Bericht25 zu dieser Motion zukommen. Darin erklärt er, dass die Ansiedlung der Stiftungsaufsicht im GS EDI nach wie vor sinnvoll sei und dass sich andere Lösungen nicht aufdrängten.

Die Verlegung der Stiftungsaufsicht würde unweigerlich neue Schnittstellen und weitere Interessenkollisionen schaffen. In diesem Bericht nahm der Bundesrat zudem Kenntnis davon, dass der Vorsteher des EDI eine Evaluation der Arbeitsweise der Stiftungsaufsicht zu veranlassen gedenkte, bei der alle von der GPK-S abgegebenen Empfehlungen und die von ihr aufgeworfenen Fragen vertieft überprüft würden.

Die GPK-S bekräftigte in ihrer Antwort vom 19. März 2008 an den Bundesrat ihre Empfehlung, die Stiftungsaufsicht in das BJ zu verlegen, und erklärte, dass sie sich bei der Nachkontrolle eingehend mit diesem Thema befassen werde. Zudem erwarte sie mit grossem Interesse die auf Ende 2008 erwarteten Ergebnisse der im EDI durchgeführten Evaluation.

3.4

Umwelt, Verkehr und Infrastruktur

3.4.1

Umgang des Bundes mit Naturgefahren ­ Planat

Aufgrund einer Evaluation der PVK zum Umgang des Bundes mit Naturgefahren forderte die GPK-N den Bundesrat im zweiten Halbjahr 2007 auf, einen Bericht über das Aufsichtskonzept im Bereich Naturgefahrenmanagement des Bundes zu verfassen. Die zuständige Subkommission behandelte die bundesrätliche Antwort vom 28. November 2007 anfangs des Berichtjahres. Der Bundesrat verwies in seiner Antwort u.a. darauf, ein künftiges, ämterübergreifendes Aufsichtskonzept müsse auf dem strategischen Controlling beruhen, das die Nationale Plattform Naturgefahren (Planat) derzeit entwickle. Die Planat war im Jahr 2005 vom Bundesrat beauftragt worden, die «Strategie Naturgefahren Schweiz» bis 2008 umzusetzen. Bei dieser Strategie geht es u.a. darum, mit wirksamen und effizienten Mitteln zur bestmöglichen Gefahrenreduktion beizutragen. Hierfür ist ein einheitliches Controlling notwendig. Die Subkommission beschloss, anlässlich eines Dienststellenbesuches beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) u.a. diese Thematik mit Vertretern des BAFU und der Planat zu diskutieren.

Beim Dienststellenbesuch, der am 9. Juli 2008 stattfand, liess sich die Subkommission einerseits über das BAFU und seine «Top-Geschäfte» in der Unweltpolitik orientieren. Andererseits verschaffte sie sich einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen in der Gefahrenprävention des BAFU und der Planat. Ein weiterer wichtiger Gesprächspunkt war die Umsetzung des neuen Finanzausgleichs im Bereich der Naturgefahren.

Bezüglich der Einführung eines einheitlichen Controllings vermochten die befragten Stellen die Subkommission zu überzeugen. Sie ist insbesondere der Ansicht, die 24 25

AB 2007 N 1066 ff.

Bericht des Bundesrats in Beantwortung der Motion vom 7.4.2006 der GPK-S (06.3177) «Überprüfung einer Verlegung der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht» vom 7.12.2007.

2602

Planat befinde sich auf dem richtigen Weg, und ermutigt diese, ihre Bestrebungen in diesem Sinne fortzusetzen. Sie begrüsst die rasche Realisierung von Gefahrenkarten, die für die verschiedenen im Bereich des Naturkatastrophenmanagements tätigen Akteure von grossem Nutzen sind.

Die Subkommission stellte mit Befriedigung fest, dass Anstrengungen zur einheitlichen Datenerhebung unternommen werden, doch hofft sie, dass beim Datenaustausch noch Verbesserungen erzielt werden. Dies betrifft insbesondere den Austausch von Informationen zwischen dem System zur Optimierung der Warnung und Alarmierung bei Naturgefahren (OWARNA) und dem Führungsinformationssystem der Armee (FIS) des VBS.

Insgesamt zog die GPK-N eine positive Bilanz der Tätigkeit von BAFU und Planat und erachtet deshalb ihre Arbeiten im Bereich Naturgefahrenprävention des Bundes als abgeschlossen.

3.4.2

Sicherheit in der Zivilluftfahrt

Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S behandelte an ihrer Sitzung vom 8. September 2008 den ersten Bericht über den Sicherheitsstandard in der Schweizer Zivilluftfahrt und informierte gleichentags die GPK-S über ihre Schlussfolgerungen.

Die Subkommission nahm davon Kenntnis, dass die Luftfahrtsicherheit im Jahr 2007 im Grossen und Ganzen zufriedenstellend war. Sie hielt fest, dass grosse Fortschritte gemacht wurden und dass die Schweiz mit der Einführung des «Safety Management System» (SMS) auf dem besten Weg ist, in Sachen Sicherheit in der Luftfahrt eines der führenden Länder Europas zu werden. Die Subkommission möchte dennoch weitere Vergleichsdaten abwarten, bevor sie eingehend zum Inhalt des Berichts Stellung nimmt. Deshalb beschränken sich die Empfehlungen der Kommission in ihrem Schreiben vom 30. September 2008 an den Vorsteher des UVEK in erster Linie auf die Form und die Zustellung des Berichts.

3.5

Internationale Beziehungen und Aussenhandel

3.5.1

Kohärenz und strategische Führung der Tätigkeiten der Deza

Im Dezember 2006 veröffentlichte die GPK-S ihren Bericht über die Kohärenz und strategische Führung der Aktivitäten der Deza26. Die Kommission konnte die Kritik zurückweisen, wonach die Aktivitäten der Deza den von Bundesrat und Parlament festgelegten Zielsetzungen und Prioritäten nicht entsprächen27. Die GPK-S kam jedoch zum Schluss, dass auf der Ebene der strategischen Führung einige Lücken bestehen und dass die thematische und geografische Fokussierung der Entwicklungszusammenarbeit mangelhaft ist.

26 27

Kohärenz und strategische Führung der Aktivitäten der Deza. Bericht der GPK-S vom 8.12.2006 (BBl 2007 2859).

Jahresbericht 2007 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 25.1.2008 (BBl 2008 5102 ff) und Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3111 ff).

2603

Der Bericht der GPK-S enthält zwei Motionen: Die erste28 beauftragt den Bundesrat, die gesetzlichen Grundlagen sowie die Gesamtheit seiner strategischen Führungsinstrumente auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit einer kritischen Prüfung zu unterziehen; die zweite29, das Tätigkeitsportefeuille der Deza und des Seco im Hinblick auf eine thematische und geografische Konzentration neu zu überprüfen. Zudem enthält der Bericht sechs Empfehlungen. Diese zielen u.a. darauf ab, die Koordination zwischen der Deza und dem Seco zu verbessern, die Verwendung der Rahmenkredite transparenter zu gestalten und die strategische Architektur der Deza zu vereinfachen.

Der Ständerat nahm die beiden Motionen der GPK-S in der Sommersession 2007 einstimmig an. Am 20. März 2008 folgte der Nationalrat diesem Beschluss, worauf diese Motionen dem Bundesrat überwiesen wurden.

Im Mai 2008 erkundigte sich die GPK-S anlässlich der Prüfung des Geschäftsberichts 2007 des Bundesrates über den Stand der Umsetzung der in ihrem Bericht enthaltenen Empfehlungen. Sie stellte mit Zufriedenheit fest, dass die getroffenen Massnahmen in die gewünschte Richtung gehen.

Gemäss ihrer Praxis wird die GPK-S die Umsetzung ihrer Empfehlungen im Rahmen einer spezifischen Nachkontrolle überprüfen. Diese Nachkontrolle wird spätestens im Jahr 2009 stattfinden.

3.5.2

Humanitäre Hilfe der Deza in Sri Lanka nach dem Tsunami

Anfang 2007 befasste sich die GPK-S mit einer Aufsichtseingabe30, in welcher das Projektmanagement der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) verschiedentlich bemängelt wurde. In der Kritik standen zwei Programme, welche die Deza auf Sri Lanka nach dem Tsunami vom 26. Dezember 2004 lanciert hatte. In der Folge äusserten verschiedene weitere Personen gegenüber der Kommission ähnliche Kritik.

Dabei handelt es sich um folgende zwei Programme: ­

das Wiederaufbauprogramm für Schulen im Distrikt Matara (hiernach: Schulprogramm), realisiert durch die Deza;

­

das Wiederaufbauprogramm für Einfamilienhäuser «Cash for Repair and Reconstruction» (hiernach: CfRR-Programm), realisiert durch ein Konsortium unter Beteiligung der Deza, des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) und der Glückskette.

Gegenüber der Kommission wurden u.a. folgende Vorwürfe geäussert: Schlechtes Finanzmanagement, Führungsmängel bei den Deza-Verantwortlichen in Bern sowie, beim Schulprogramm, Nichteinhalten der Verpflichtungen gegenüber der srilankischen Regierung.

28 29 30

Mo. 06.3666 «Instrumente des Bundesrates zur strategischen Führung und gesetzliche Grundlagen» vom 11.12.2006.

Mo. 06.3667 «Thematische und geografische Konzentration» vom 11.12.2006.

Vgl. Jahresbericht 2007 der GPKs und der GPDel der eig. Räte vom 25.1.2008 (BBl 2008 5103).

2604

Da es sich um schwerwiegende Vorwürfe handelte und die Glaubwürdigkeit der humanitären Hilfe der Schweiz im Allgemeinen auf dem Spiel stand, beschloss die GPK-S an ihrer Sitzung vom 22. August 2007, das Projektmanagement dieser beiden Programme zu untersuchen.

Das Finanzmanagement der beiden Projekte und die Führung derselben durch das EDA wurden unter dem Gesichtspunkt der parlamentarischen Oberaufsicht geprüft.

Die GPK-S prüfte die einschlägigen Dokumente und führte Gespräche mit Vertretern der humanitären Hilfe der Deza sowie mit verwaltungsexternen Personen.

Darüber hinaus forderte sie die Finanzdelegation (FinDel) mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 auf, die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) überprüfen zu lassen, ob bei diesen beiden Programmen die Mittel zweckmässig verwaltet und verteilt worden waren.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2008 teilte die GPK-S dem Bundesrat ihre Schlussfolgerungen mit.

Bezüglich des Finanzmanagements nahm die GPK-S die Schlussfolgerungen des Berichts der EFK vom 28. August 200831 zur Kenntnis, wonach die vorliegenden Dokumente keine Hinweise auf ein mangelhaftes Finanzgebaren bei den betroffenen Projekten lieferten aber letzlich nur eine Prüfung vor Ort Aufschluss darüber geben könnte, ob die eingesetzten Finanzmittel tatsächlich effizient verwendet worden waren. Da keine offensichtlichen Mängel vorliegen, eine solche Untersuchung mit grossen Schwierigkeiten verbunden wäre und nicht sicher wäre, ob sie wirklich zu neuen Erkenntnissen führen würde, erachtete die EFK eine zusätzliche Untersuchung vor Ort als unverhältnismässig.

Nachdem sie weitere Dokumente geprüft hatte (so beispielsweise die positiven Schlussfolgerungen des im Auftrag der Glückskette von KPMG SA durchgeführten Audits des CfRR-Programms32), erschien der GPK-S eine zusätzliche Untersuchung vor Ort ebenfalls als unverhältnismässig.

Die GPK-S hat bei ihrer Untersuchung keine Hinweise auf schwerwiegende und systematische Mängel bei der Führung dieser beiden Programme durch das EDA gefunden. Trotz dieser Beurteilung sieht die GPK-S in mehreren Bereichen Verbesserungspotential, v.a. bei den Führungsstrukturen und der Kommunikation.

In einer Empfehlung verlangt die GPK-S deshalb vom Bundesrat, dafür zu sorgen, dass alle nötigen Massnahmen ergriffen werden, damit bei der Umsetzung solcher Projekte
die Führungsstrukturen und die Kompetenzverteilung zwischen den verschiedenen Strukturebenen von Anfang an klar sind und allen Akteuren in angemessener Weise mitgeteilt werden.

Beim Schulprogramm stellte die GPK-S fest, dass die Übertragung zweier Schulen von der Deza an UNICEF nicht optimal abgelaufen ist. Die Rückübertragung dieser beiden Schulen an die srilankische Regierung wurde nämlich vollzogen, bevor der Deza die formelle Zusage des UNO-Hilfswerks vorlag, dass es sich um den Wiederaufbau dieser Schulen kümmern werde. Da die Kommission sich vergewissern 31

32

Tsunami/Sri Lanka ­ Hilfsprogramme der DEZA ­ Überprüfung («second opinion») der Gutachten für die Programme Wiederaufbauprogramm für Schulen im Distrikt Matara und Wiederaufbauprogramm «Cash and Reconstruction for Repair and Reconstruction» (CfiRR). Bericht der EFK an die FinDel vom 28.8.2008.

Management Summary. Audit des Programms «Cash for Repair and Reconstruction» (CfRR) in Sri Lanka. Stand per 31.1.2008. Bericht der KPMG SA vom 18.2.2008.

2605

konnte, dass sich der Deza-Delegierte für humanitäre Hilfe des Fehlers voll bewusst ist und es überdies keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass dieser Einzelfall auf einen allgemeinen Missstand hinweist, verzichtete die GPK-S hier auf eine Empfehlung.

3.6

Staat und Verwaltung

3.6.1

Personalpolitik des Bundes

Die Entwicklung der Personalpolitik des Bundes wird durch die GPKs regelmässig sowohl bei der Behandlung des jährlichen Personalreportings des Bundesrates wie auch als Querschnittsaspekt bei ihren anderen Untersuchungen und Dienststellenbesuchen verfolgt33. Die parlamentarische Oberaufsicht über die Geschäftsführung in diesem Bereich wird schwergewichtig durch die GPK-N ausgeübt, die sich in den letzten Jahren auch immer wieder kritisch zu negativen Entwicklungen im Personalbereich äusserte34.

Die GPKs erachteten es anfangs 2008 aufgrund ihrer Feststellungen in diesem Bereich und der bisherigen Geltungsdauer des Bundespersonalgesetzes als sinnvoll, den Vollzug des Bundespersonalgesetzes näher zu untersuchen. Insbesondere stellten sich seitens der GPKs verschiedene wichtige Fragen zur Dezentralisierung der Personalpolitik, wie sie der Bundesrat beschlossen hatte. Die GPK-N beauftragte in der Folge die PVK mit der Durchführung einer Evaluation zur Steuerung und Umsetzung der Bundespersonalpolitik (vgl. Ziff. 3.6.1 sowie Ziff. 3.1 des Jahresberichts der PVK). Diese Evaluation ist im Gange. Ihre Erkenntnisse werden der GPK-N aller Voraussicht nach gegen Ende der ersten Hälfte 2009 unterbreitet werden.

Parallel zu diesen Arbeiten erörterten die beiden GPKs im April 2008 das Personalreporting 2007 des Bundesrates, welches Auskunft über die Umsetzung des BPG35 und somit auch über die Personalpolitik des Bundes gibt, sowie die Resultate der Personalzufriedenheitsumfrage 2007. Die Kommissionen stellten fest, dass das Personalreporting im Vergleich zum Vorjahr verwesentlicht werden konnte und insbesondere auch aufgrund der Sollwerte, die der Bundesrat festgelegt hat, wertvolle Informationen zum jeweiligen Stand der Personalpolitik enthält. Zum ersten Mal wurden die nichtfinanzwirksamen Aufwände für Ferien- und Überzeitguthaben in der Staatsrechnung ausgewiesen. Diese fielen mit über 4,5 Millionen Stunden per Ende 2007 sehr hoch aus. Diese hohe Zahl wurde mit dem nicht realisierten Aufgabenverzicht und der Schaffung neuer Aufgaben der Bundesverwaltung, ohne dass entsprechende Ressourcen geschaffen wurden, begründet. Die Gespräche mit den Personalverantwortlichen des Bundes zeigten auch auf, dass für die Bundesangestellten, aber auch für den Bund als Arbeitsgeber, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
einem realen Bedürfnis entspricht. Hier sind erste Massnahmen ergriffen worden (z.B. der fünftägige Vaterschaftsurlaub). Die GPKs wurden ebenfalls darauf hingewiesen, dass in verschiedenen Bereichen Rekrutierungsprobleme bestehen.

33

34

35

Ziff. 3.5.4 Personalpolitik in den Karrierediensten und Organisation des Aussendienstes im EDA des Jahresberichts 2007 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte (BBl 2008 5105).

Ziff. 3.6.1 des Jahresberichts 2007 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte (BBl 2008 5111) und des Jahresberichts 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte (BBl 2007 3119).

Bundespersonalgesetz (BPG) vom 24.3.2000 (SR 172.220.1).

2606

Kritisch wurde die Aus- und Weiterbildung bewertet, geht doch das Eidgenössische Personalamt (EPA) davon aus, dass die Investitionen in die Erneuerung bzw. den Erhalt des Wissens in der Bundesverwaltung zu gering ausfallen, um künftige Herausforderungen meistern zu können. Vor diesem Hintergrund wirft die Tatsache, dass im Jahr 2007 die Aus- und Weiterbildungskredite nicht ausgeschöpft wurden, ernsthafte Fragen auf. Im Bereich der Lehrstellen beim Bund konnten Erfolge erzielt werden. Doch ist der Zielwert nicht erreicht: Die knappen Personalressourcen beschränken die Betreuungsmöglichkeiten für Lernende und somit die Schaffung neuer Lehrstellen.

Bei der Behandlung der Resultate der Personalzufriedenheitsumfrage 2007 der Bundesverwaltung richtete die GPK-N ein besonderes Augenmerk auf die Resultate des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (BBT), nachdem eine Untersuchung der Personalsituation in den Jahren 2004/2005 massive Missstände zu Tage gebracht hatte36. Mit Zufriedenheit nahm sie davon Kenntnis, dass sich die Werte im BBT normalisiert haben und das BBT bei gewissen Kriterien sogar zu den zehn besten Bundesämtern gehört.

Die Kommissionen nahmen im Weiteren zur Kenntnis, dass nach dem Primatwechsel bei der Bundespensionskasse auf den 1. Juli 2008 Lohnmassnahmen umgesetzt wurden und sich der befürchtete Wissensabfluss durch mit dem Primatwechsel begründete Frühpensionierungen in Grenzen hielt.

Die GPKs stellten fest, dass bei der Personalpolitik insgesamt Verbesserungen erzielt werden konnten. Nach wie vor steht diese jedoch vor grossen Herausforderungen. Die geplanten Revisionen des Bundespersonalrechts, welche im Jahr 2008 präzisiert wurden, wurden durch die GPKs im Berichtsjahr noch nicht erörtert.

Sie werden bei den Arbeiten der GPKs des Jahres 2009 zu behandeln sein.

3.6.2

Corporate Governance

Am 13. September 2006 hat der Bundesrat den eidgenössischen Räten seinen Bericht zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht)37 zur Kenntnisnahme vorgelegt.

Anlass für diesen Bericht waren zwei parlamentarische Vorstösse (GPK-S38 und FK-N39) und eine Empfehlung40 (GPK-S). Im Bericht werden zum ersten Mal einheitliche Kriterien für die Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben aufgestellt. Der Bundesrat führt 28 Leitsätze auf, die künftig die Wahl der passenden Rechtsform für die verschiedenen Unternehmen des Bundes erleichtern sollen.

Die GPKs beider Räte befassten sich im Januar 2007 anlässlich ihres jährlichen Seminars mit dem Thema Corporate Governance41. Zudem setzte sich die GPK-N 36 37 38 39 40 41

Ziff. 3.3.6 des Jahresberichts 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte (BBl 2006 4332).

Bericht des Bundesrates zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht) vom 13.9.2006 (BBl 2006 8233).

Postulat der GPK-S vom 13.9.2004: Verwaltungsführung im dritten Kreis (04.3441).

Motion der FK-N vom 15.2.2005: Sogenanntes Vierkreisemodell (05.3003).

Empfehlung der GPK-S vom 19.9.2002: Überprüfung der Beteiligungen des Bundes an privatwirtschaftlichen Unternehmen (02.3464).

Jahresbericht 2007 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 25.1.2008 (BBl 2008 5112ff.).

2607

im Laufe des Jahres 2007 an mehreren Sitzungen mit dem Corporate-GovernanceBericht des Bundesrates auseinander. Sie zeigte sich grundsätzlich zufrieden mit dem Bericht, hielt aber auch fest, dass verschiedene Punkte noch vertieft werden müssen. Deshalb beschloss die GPK-N, einerseits dem Nationalrat zu beantragen, von dem Bericht Kenntnis zu nehmen, und andererseits vier Postulate einzureichen42.

Am 12. März 2008 nahm der Nationalrat Kenntnis vom Corporate-GovernanceBericht des Bundesrates und stimmte den Postulaten der GPK-N zu. An derselben Sitzung nahm der Nationalrat auch ein Postulat der Finanzkommission des Nationalrats (FK-N) zum gleichen Thema an43.

Die GPK-S behandelte den Corporate-Governance-Bericht des Bundesrates an ihrer Sitzung vom 4. Juli 2008, zu der auch der Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) eingeladen war. Die Kommission beschloss, dem Ständerat zu beantragen, vom Bericht Kenntnis zu nehmen.

Der Ständerat folgte der GPK-S am 23. September 2008 und nahm vom CorporateGovernance-Bericht des Bundesrates Kenntnis.

3.6.3

Verwaltungsreform

Im Jahr 2005 hatte die GPK-S beschlossen, das Projekt der Verwaltungsreform von Anfang an eng zu begleiten. Ziel war es, ausreichenden politischen Druck auf den Bundesrat auszuüben, damit das Projekt zu Ergebnissen führt44.

Die Kontrollen in den Jahren 200645 und 200746 endeten in der Feststellung, dass die Erwartungen des Parlaments und die Vorstellungen des Bundesrates zur Verwaltungsreform stark auseinandergehen. Die GPK-S forderte den Bundesrat am 13. Juli 2007 auf, ihr bis Ende 2007 einen Bericht über die Bilanz der Verwaltungsreform vorzulegen und das Parlament darüber zu informieren, wie er die Staatsleitungsreform umzusetzen gedenkt.

Der Bundesrat orientierte die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) mit Schreiben vom 28. November 2007 über die Umsetzung der Staatsleitungs-

42

43 44 45 46

Po. 07.3771 «Corporate-Governance-Bericht. Spezifische Regelungen zur Beschränkung der Haftung des Bundes» vom 23.11.2007. Die GPK-N hat dieses Postulat am 19.12.2007 zurückgezogen, da ihrer Ansicht nach das Anliegen bereits erfüllt wurde.

Po. 07.3772 «Corporate-Governance-Bericht. Zusatzbericht zur Interessenvertretung des Bundes in privatrechtlichen Aktiengesellschaften» vom 23.11.2007.

Po. 07.3773 «Corporate-Governance-Bericht. Angemessene Vertretung der Geschlechter und Sprachregionen im Anforderungsprofil von Verwaltungs- und Institutsräten» vom 23.11.2007.

Po. 07.3774 «Corporate-Governance-Bericht. Ergänzende Leitsätze zu Personalpolitik und Pensionskassen» vom 23.11.2007.

Po. 07.3775 «Leitsätze des Bundesrates im Corporate-Governance-Bericht» vom 23.11.2007.

Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4330 f.).

Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3121 f.).

Jahresbericht 2007 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 25.1.2008 (BBl 2008 5113 f.).

2608

reform und legte der GPK-S am 14. Dezember 2007 den gewünschten Bericht über die Verwaltungsreform vor.

Die Arbeiten zum Verwaltungsreformprojekt wurden 2008 fortgesetzt. So unterhielten sich die GPKs im Rahmen der Behandlung des Geschäftsberichtes 2007 des Bundesrates mit allen Bundesratsmitgliedern sowie mit der Bundeskanzlerin über die vorläufige Bilanz der Verwaltungsreform. An ihrer Sitzung vom 4. Juli 2008 nahm die GPK-S zudem Kenntnis von der Antwort des Bundesrates vom 14. Dezember 2007, vom Schreiben des Bundesrates an die SPK-S vom 28. November 2007, vom Schlussbericht des Delegierten für die Verwaltungsreform vom 20. Dezember 2007 sowie vom Bericht über die Umsetzungsorganisation vom 23. Mai 2008.

Der Bundesrat hielt in seinem Schreiben vom 14. Dezember 2007 fest, dass die Ziele der Verwaltungsreform seiner Meinung nach erreicht worden seien. Die GPK-S ihrerseits kam zum Schluss, dass die Diskrepanz zwischen den Erwartungen des Parlaments und den Vorstellungen des Bundesrates zur Verwaltungsreform nach wie vor bestehe.

In den Augen der GPK-S sollte die Verwaltungsreform ein Mittel zur Erfüllung des Auftrags bilden, den das Parlament am 10. März 2004 (Nationalrat) bzw. am 3. Juni 2004 (Ständerat) dem Bundesrat mit der Rückweisung des Projekts zur Staatsleitungsreform erteilt hatte. In diesen gleichlautenden Beschlüssen verlangten die beiden Räte vom Bundesrat neue Vorschläge zur Stärkung der politischen Führung, zur Entlastung des Bundesrates von Verwaltungsaufgaben und zur Effizienzsteigerung in der Bundesverwaltung.

Die Kommission begrüsst zwar die im Rahmen der Reform erreichten Verbesserungen im Verwaltungsbetrieb, musste aber auch feststellen, dass die Verwaltungsreform zu wenig tief gegriffen und sich an der Notwendigkeit einer Staatsleitungsreform nichts geändert hat.

Somit ist der vom Parlament im Jahre 2004 erteilte Auftrag in den Augen der GPK-S noch immer nicht erfüllt worden. Die Kommission teilte dem Bundesrat ihre Schlussfolgerungen mit Schreiben vom 4. Juli 2008 mit. Dieses ging zur Kenntnis auch an die Staatspolitischen Kommissionen (SPKs) beider Räte, die über das weitere Vorgehen bezüglich Staatsleitungsreform befinden.

Die GPK-S hat beschlossen, ihre bereits im Jahre 2005 aufgenommene Kontrollarbeit abzuschliessen, nachdem die Verwaltungsreform formell abgeschlossen
ist, seit der Bundesrat am 30. Januar 2008 vom Schlussbericht des Delegierten für die Verwaltungsreform Kenntnis genommen hat. Die GPKs behalten sich allerdings vor, die Umsetzung der Verwaltungsreform im Rahmen ihrer regelmässigen Kontrolle weiterzuverfolgen.

2609

3.6.4

Geschäftsprüfungsaudit beim Bundesamt für Sport

Im Rahmen ihrer Jahresplanung 2006/2007 beauftragten die GPKs die PVK, die Machbarkeit und den Nutzen eines Geschäftsprüfungsaudits in einem Pilotprojekt beim Bundesamt für Sport (Baspo)47 abzuklären. Mit der Prüfung dieses Pilotprojekts wurde die GPK-S betraut. Die GPKs beschlossen im Laufe des Jahres 2007 einstimmig, das Geschäftsprüfungsaudit in ihr Kontrollinstrumentarium aufzunehmen48.

Die GPK-S stellte mit Zufriedenheit fest, dass die Ergebnisse des Audits im Grossen und Ganzen positiv ausgefallen waren und im Bereich der parlamentarischen Oberaufsicht kein Handlungsbedarf bestand. Die Kommission wies dennoch auf Verbesserungsspielraum in bestimmten Bereichen hin. Sie erwähnte insbesondere die unklare Rolle der Eidgenössischen Sportkommission (ESK), den Nichteinbezug des Subventionsbereichs in das Globalbudget, das komplexe bis diffuse Profil des Amtes sowie das ungenutzte Potenzial im Bereich Kosten- und Zeitmanagement.

Mit Schreiben vom 13. November 2007 machte die GPK-S den VBS-Vorsteher auf diese Punkte aufmerksam und bat ihn, ihr mitzuteilen, welche Verbesserungsmassnahmen er im Anschluss an das Audit erwäge.

Die GPK-S befasste sich an der Sitzung vom 24. Oktober 2008 mit der Antwort des VBS-Vorstehers und zeigte sich mit den Verbesserungen zufrieden. In ihrem Schreiben vom 24. Oktober 2008 an den VBS-Vorsteher unterstützte die GPK-S das VBS in seinen Überlegungen zur Rolle und zum Nutzen der ESK und befürwortete ausdrücklich deren Aufhebung. Die GPK-S zeigte zudem Verständnis für die Argumente, die gegen den Einbezug der Subventionen in das Globalbudget des Bundesamtes und für die Nutzung der Synergien der «Magglinger Dachlösung» sprechen.

Des Weiteren nahm die Kommission mit Genugtuung Kenntnis von den Ergebnissen des Audits, das die PriceWaterhouseCoopers AG (PWC) im Bereich Infrastruktur und Betrieb durchgeführt hatte, sowie von der Einführung der Leistungszeiterfassung auf den 1. Januar 2008.

Aufgrund dieses insgesamt positiven Eindrucks beschloss die Kommission, ihre Arbeit in Zusammenhang mit dem Geschäftsprüfungsaudit im Baspo zu beenden.

3.6.5

Optimierungspotential beim Management der zivilen Immobilien des Bundes

Im Rahmen ihrer im Jahr 2007 abgeschlossenen Inspektion untersuchte die GPK-N das Immobilienmanagement der zivilen Bauten des Bundes49. Im Zentrum ihrer Untersuchung stand die Führung und Konzeption des zivilen Immobilienmanagements des Bundes, die Kompetenzverteilung zwischen den Akteuren, deren Koordi-

47

48

49

Pilotprojekt Geschäftsprüfungsaudit EDA/VBS. Bericht der PVK vom 18.6.2007 (BBl 2008 4347) sowie Beilage «Geschäftsprüfungsaudit des Bundesamtes für Sport» (BBl 2008 4373).

Jahresbericht 2007 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 25.1.2008 (BBl 2008 5117 ff.) und Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3134).

Optimierungsmöglichkeiten beim Management der zivilen Bauten des Bundes.

Bericht der GPK-N vom 7.9.2007 (BBl 2008 603).

2610

nation sowie ein Vergleich mit dem Immobilienmanagement bundesverwaltungsexterner Organisationen.

Die GPK-N richtete aufgrund ihrer Feststellungen zehn Empfehlungen an den Bundesrat. Diese betrafen Themen wie die Festlegung operationeller Ziele und Indikatoren, die Bestimmung klarer Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) und den Benutzerorganisationen, die stärkere Gewichtung des Qualitätsmanagements wie auch des Objektmanagements im BBL, die Förderung standardisierter Prozesse und der Kundenorientierung im BBL, die Vereinheitlichung der Struktur und der Instrumente der Benutzerorganisationen in diesem Bereich, die Konkretisierung der Rechte und Pflichten der Benutzerorganisationen und die Schaffung eines Kommunikationskonzepts im BBL.

Der Bundesrat nahm am 14. Dezember 2007 zum Bericht der GPK-N wie zur Evaluation der PVK50, die dem Bericht zugrunde lag, Stellung51. Die GPK-N erörterte anfangs des Berichtsjahres diese Stellungnahme und sah ihre Feststellungen bestätigt, denn der Bundesrat teilte darin die Sicht der GPK-N umfassend und kündigte die Umsetzung aller zehn Empfehlungen an. Die Arbeiten dazu sind im Gang. Die GPK-N wird sich im Rahmen ihrer üblichen Nachkontrolle in ein bis zwei Jahren näher mit dem Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen befassen.

3.6.6

Zusammenarbeit des Bundes mit Nichtregierungsorganisationen

Die GPK-S beschloss, im Rahmen ihres Jahresprogramms 2008 die Zusammenarbeit zwischen Bundesverwaltung und NGOs zu untersuchen, weil wiederholt Fragen und Vorwürfe betreffend Geldflüsse, Schnittstellen und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Bundesverwaltung und NGOs aufgetaucht waren, so u.a. bei der Untersuchung, welche die GPK-S zur humanitären Hilfe der Deza auf Sri Lanka durchgeführt hatte (vgl. Ziff. 3.5.2).

Die PVK wurde mit einer Evaluation beauftragt, deren Hauptziel die Beantwortung folgender Frage war: -

Wie ist die verwaltungsseitige Steuerung der Kooperation mit NGOs zu beurteilen?

In einer Projektskizze stellte die PVK im April 2008 zwei Evaluationsvarianten vor.

In der ersten Variante sollten verschiedene Bereiche miteinander verglichen werden.

Die Entwicklungszusammenarbeit drängte sich für eine Untersuchung geradezu auf, weil sich diese Fragen namentlich hier stellten und es sich um einen finanziell bedeutsamen Bereich handelt. Weitere Untersuchungsbereiche waren die Landwirtschaftspolitik sowie die Energie- und Umweltpolitik.

In der zweiten Variante sollte ein internationaler Vergleich vorgenommen werden.

Damit hätte sie sich ausschliesslich auf die Entwicklungszusammenarbeit konzentriert.

50 51

Evaluation des Immobilienmanagements des Bundes (ziviler Bereich). Bericht der PVK zuhanden der GPK-N (BBl 2008 615).

Optimierungsmöglichkeiten beim Management der zivilen Bundesbauten. Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der GPK-N vom 7.9.2007 (BBl 2008 689).

2611

Die GPK-S entschied sich für die erste Variante, u.a. weil sie eine von der politischen Präferenz für einzelne Aufgabenbereiche unabhängige Beurteilung mit eher allgemeinen Aussagen erlaubt.

Die zuständige Subkommission der GPK-S wird regelmässig über den Stand der Arbeiten informiert. Die Evaluationsergebnisse werden für das zweite Quartal 2009 erwartet.

3.6.7

Führungsinformation des Bundesrates und Rolle der Bundeskanzlei

Die GPKs beauftragten im Januar 2008 die PVK, eine Evaluation zur Führungsinformation des Bundesrates und zur Rolle der Bundeskanzlei in diesem Zusammenhang durchzuführen (vgl. Ziff. 3.3 im Anhang). Die zuständige Subkommission der GPK-N hat aufgrund einer Projektskizze der PVK an ihrer Sitzung vom 19. Juni 2008 die Stossrichtung der Untersuchung festgelegt. Das Ziel der Untersuchung soll sein, das bestehende Instrumentarium der strategischen politischen Planung und Steuerung auf Bundesebene sowie ihre Umsetzung zu überprüfen. Dabei soll auch analysiert werden, inwieweit die bundesrätlichen und die departementalen Jahresziele in den vergangenen Jahren erreicht wurden.

3.7

Justizwesen

3.7.1

Informatik an den Eidgenössischen Gerichten

In Absprache mit den beiden FKs wurde am 11. Juni 2007 eine Arbeitsgruppe «IT am Bundesgericht» bestehend aus je einem Mitglied der beiden GPKs und der beiden FKs eingesetzt. Die Arbeitsgruppe hatte den Auftrag, das weitere Vorgehen der Eidgenössischen Gerichte im Bereich der gemeinsamen IT-Plattform des BGer und die Vorbereitung und Durchführung eines externen Audits sowie die sich daraus ergebenden Massnahmen begleitend zu beaufsichtigen.

Am 22. August 2007 beschloss die Arbeitsgruppe «IT am Bundesgericht», eine Studie in Auftrag zu geben, die die Frage klären sollte, ob das BGer weiterhin Leistungserbringer für das BVGer bleiben soll oder ob eine Trennung der Informatik die bessere und kostengünstigere Lösung wäre. Einig waren sich die Arbeitsgruppe und die Gerichte darin, dass die bestehende Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten zumindest bis zum Umzug des BVGer nach St. Gallen bestehen bleiben soll. In der Folge erörterte die Arbeitsgruppe mit den Eidgenössischen Gerichten Möglichkeiten einer sinnvollen weiteren Zusammenarbeit im Bereich der Informatik und gab zudem bei der PWC AG ein Gutachten in Auftrag.

Das BGer seinerseits liess von der Firma KPMG AG, ein Audit seiner IT-Plattform erstellen. Auf Antrag der Arbeitsgruppe verabschiedeten die beiden GPKs und die beiden FKs eine gemeinsame Stellungnahme vom 16. Mai 2008 zu Handen der Gerichte. In dieser Stellungnahme hielten die Oberaufsichtskommissionen fest, dass sie den Gerichten den Entscheid über die Art ihrer Zusammenarbeit nicht abnehmen können. Sie hielten zwar am Grundsatz fest, wonach die Gerichte eine sinnvolle Zusammenarbeit suchen sollten. Sie präzisierten jedoch ihre früheren Verlautbarungen in dem Sinne, dass die Zusammenarbeitsaufforderung nicht bedeutet, dass das 2612

BGer die Informatik des BVGer und des BStGer betreiben muss. Mit ihrem Antrag an die Oberaufsichtskommissionen schloss die Arbeitsgruppe ihre Arbeiten ab. Nach weiteren Verhandlungen zwischen den Gerichten entschied das BVGer am 30. Oktober 2008, seine Informatikdienstleistungen künftig nicht mehr beim BGer zu beziehen. Wie für den Fall einer Trennung bereits in Aussicht gestellt, kündigte das BGer die bestehenden Verträge zur Bereitstellung und zum Betrieb der IT-Infrastruktur des BVGer auf Ende 2009. Die beiden Subkommissionen Gerichte der beiden GPKs werden die Entwicklung der Informatik an den Gerichten im Rahmen ihrer ordentlichen Oberaufsicht über die Gerichte weiter verfolgen.

3.7.2

Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes

Der Bundesrat nahm am 28. November 2007 formell zum Bericht der GPK-N52 vom 5. September 2007 zur Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes Stellung53 und veröffentlichte gleichzeitig die Stellungnahme des vom Bundesrat beigezogenen Rechtskonsulenten, Professor Georg Müller54.

In ihrem Schreiben vom 22. Mai 2008 an den Bundesrat begrüsste es die GPK-N, dass der Bundesrat Professor Georg Müller als Rechtskonsulenten zur Beurteilung des Berichts beigezogen hatte. Die GPK-N stellte mit Befriedigung fest, dass die Stellungnahme von Professor Müller in wesentlichen Punkten mit den Schlussfolgerungen der GPK-N übereinstimmte. Umso mehr zeigte sich die GPK-N erstaunt, dass der Bundesrat die rechtlichen Würdigungen des von ihm selbst eingesetzten Rechtskonsulenten in den meisten Fragen nicht übernommen hatte und lediglich auf die unterschiedlichen Haltungen des Rechtskonsulenten einerseits und des EJPD andererseits verwies, ohne sich selbst zur Sache zu äussern.

Die GPK-N nahm mit Befriedigung davon Kenntnis, dass der Bundesrat mit den Empfehlungen der Kommission weitgehend einverstanden ist. Zu Empfehlung 1 der GPK-N erachtet der Bundesrat die Schaffung einer formell-gesetzlichen Grundlage für den Einsatz von Vertrauenspersonen ­ im Gegensatz zur GPK-N ­ nicht als zwingend notwendig, ist jedoch bereit, eine gesetzliche Regelung im Rahmen der Schaffung eines Polizeigesetzes des Bundes zu prüfen. Die GPK-N ersuchte den Bundesrat, ihr die Ergebnisse seiner Prüfung zu gegebener Zeit mit einem schriftlichen Bericht vorzulegen.

Die Empfehlungen 3 (Erfordernisse der zwingenden Bundeskompetenzen beachten) und 4 (Übergeordnete Kriminalpolitikstrategie im Bundesrat festlegen) stehen im Zusammenhang mit der Umsetzung der konsolidierten Effizienzvorlage (Projekt «EffVor2»). Der Bundesrat ist bereit, diese entgegen zu nehmen. Die GPK-N kündigte dem Bundesrat an, die Umsetzung der zwei Empfehlungen im Rahmen ihrer begleitenden Kontrolle der Umsetzung von «EffVor2» weiter zu beobachten.

52 53 54

Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes. Bericht der GPK-N vom 5.9.2007 (BBl 2008 1979).

Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes. Stellungnahme des Bundesrates vom 28.11.2007 zum Bericht der GPK-N (BBl 2008 2081).

Georg Müller: Stellungnahme zum Bericht der GPK-N vom 5. September 2007 betreffend Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes, Gutachten vom 1.11.2007. VPB vom 5.3.2008; 2008.8 (S. 138­150).

2613

Der Bundesrat erklärte sich im Weiteren bereit, die Empfehlung 5 (Sicherstellung der Unabhängigkeit der BA) entgegen zu nehmen, betonte jedoch gleichzeitig, dass er seine Führungsaufgabe in Fragen der Bundesanwaltschaft (BA) nicht vernachlässigt habe. Er verwies im Übrigen auf den Entwurf zum StBOG55. Der Rechtskonsulent des Bundesrates äusserte indessen den Eindruck, der Bundesrat sei sich der Bedeutung der Unabhängigkeit der BA in einem Rechtsstaat zu wenig bewusst gewesen. Seines Erachtens hätte sich dieser aktiv der Angelegenheit annehmen müssen56. Die GPK-N kündigte in ihrem Schreiben vom 22. Mai 2008 an, dass sie der Umsetzung ihrer Empfehlung 5 einerseits im Rahmen der Vorlage zum StBOG und andererseits im Rahmen ihrer Oberaufsicht über die BA gemäss der noch geltenden Regelung besondere Beachtung schenken werde und dass sie sich vorbehalte, im Rahmen der Beratungen des StBOG einen Mitbericht zur Frage der Sicherstellung der Unabhängigkeit der BA zu verfassen.

Die GPK-N kündigte dem Bundesrat mit diesem Schreiben zudem an, dass sie künftig die Umsetzung des Projektes «EffVor2» ­ ähnlich wie bis anhin die Umsetzung der Effizienzvorlage (EffVor) ­ regelmässig überprüfen werde. Sie verlangte zu diesem Zweck von den Strafverfolgungsbehörden des Bundes halbjährliche Standberichte zur Entwicklung der Fallzahlen in den verschiedenen Deliktsbereichen, der Personalressourcen, der Kosten sowie zu besonderen Problemen der Strafverfolgung des Bundes. Die zuständige Subkommission der GPK-N wird zu diesem Geschäft regelmässig Anhörungen durchführen.

Das BStGer nahm am 7. November 2007 zu den das Gericht betreffenden Kapiteln des Berichts der GPK-N Stellung57. In den meisten Punkten wies das BStGer die Kritikpunkte der GPK-N zurück. Die GPK-N beschloss an ihrer Sitzung vom 16. Mai 2008 auf Antrag der zuständigen Subkommission, die Stellungnahme des BStGer nicht zu beantworten und beauftragte stattdessen ihre Subkommission Gerichte, die Entwicklung im Nachgang zur vorliegenden Untersuchung im Rahmen ihrer ordentlichen Oberaufsichtstätigkeit über die Gerichte weiter zu verfolgen.

3.7.3

Aufsichtsentscheid des Bundesstrafgerichts mit Bezug zu den Informationsrechten der GPKs

Am 8. August 2007 präsentierten die beiden stellvertretenden Bundesanwälte sowie ein Staatsanwalt des Bundes nach Information des designierten neuen Bundesanwalts und nach Rücksprache mit den deutschen Behörden dem Präsidenten der GPK-N und der Präsidentin der Subkommission EJPD/BK die sogenannten «Holenweger-Papiere» (vgl. Ziff. 3.7.2) im Sinne einer Erstinformation, wobei sie die Papiere nicht aushändigten, weil sie aus einem Rechtshilfeverfahren aus Deutschland stammten. Diese Dokumente wurden am 26. März 2007 beim ehemaligen Bankier Oskar Holenweger in Deutschland sichergestellt. An ihrer Sitzung vom 14. August 2007 entschied die Subkommission EJPD/BK, Vertreter der BA noch am

55 56

57

Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz).

Georg Müller: Stellungnahme zum Bericht der GPK-N vom 5. September 2007 betreffend Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes, Gutachten vom 1.11.2007. VPB vom 5.3.2008; 2008.8 (S. 23).

Stellungnahme des BStGer vom 7.11.2007 zuhanden der GPK-N.

2614

gleichen Tag aufzubieten und sich über die «Holenweger-Papiere» informieren zu lassen, damit sie über die weitere Verwendung der Informationen entscheiden konnte.

Mit Schreiben vom 26. September 2007 an die I. Beschwerdekammer des BStGer warf der Vorsteher des EJPD die Frage auf, ob die BA befugt gewesen sei, die aus einem Ermittlungsverfahren stammenden Dokumente der Subkommission zur Einsicht anzubieten. Die I. Beschwerdekammer behandelte das Schreiben des Vorstehers EJPD als aufsichtsrechtliche Anzeige.

In ihrem aufsichtsrechtlichen Entscheid vom 18. Dezember 2007 (AU.2007.1_A) befand die I. Beschwerdekammer des BStGer, die BA habe mit der Präsentation und Herausgabe von Akten aus einem gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren gegenüber der GPK-N das Untersuchungsgeheimnis in objektiver Hinsicht verletzt. Der Entscheid besagt, dass nach Auffassung der I. Beschwerdekammer die GPKs grundsätzlich keine Einsicht in hängige Ermittlungsverfahren hätten. Daraus schliesst sie, es sei der BA nicht erlaubt gewesen, der GPK-N Informationen aus einem Ermittlungsverfahren weiterzugeben.

Ohne Klarstellung der geltenden Rechtslage hätte der Entscheid der I. Beschwerdekammer unabsehbare Folgen für das gute Funktionieren der Oberaufsicht durch die GPKs gehabt. Die GPK-N hat deshalb die Informationsrechte der GPKs im Verhältnis zum Untersuchungsgeheimnis in der Strafverfolgung des Bundes einer eingehenden Prüfung unterzogen und zu diesem Zweck je ein Rechtsgutachten von Giovanni Biaggini, Professor für Staats-, Verwaltungs- und Europarecht an der Universität Zürich58 und von Dr. Niklaus Oberholzer, Präsident des Kantonsgerichts St. Gallen59, eingeholt.

Die Ausführungen der Gutachter bestätigten die bisherige Praxis der GPKs bei der Auslegung und Anwendung ihrer Informationsrechte, wonach die GPKs grundsätzlich das Recht haben, Informationen aus hängigen Ermittlungsverfahren der Strafverfolgung zu erhalten, dass sie jedoch von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung der Interessen und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände Gebrauch machen.

Gestützt auf die Gutachten hat die GPK-N in ihrer oberaufsichtsrechtlichen Feststellung zu Handen des BStGer vom 24. Juni 2008 die Rechtslage in Bezug auf ihre Informationsrechte geklärt und festgehalten, die I. Beschwerdekammer sei zur Beurteilung der
Informationsrechte der GPKs nicht zuständig und habe mit ihrem Entscheid vom 18. Dezember 2007 in unzulässiger und schwerwiegender Weise in die Informationsrechte der GPKs eingegriffen. Der Entscheid erweise sich in mehreren Punkten als falsch. Insbesondere treffe es nicht zu, dass den GPKs grundsätzlich kein Recht auf eine Information aus einem hängigen Ermittlungsverfahren zustehe.

Die GPK-N hielt weiter fest, dass die abweichende Rechtsauffassung des BStGer zu den Informationsrechten der GPKs für die Behörden nicht verbindlich ist, da die GPKs gemäss Artikel 153 Absatz 4 ParlG endgültig über die Ausübung ihrer Informationsrechte entscheiden. Die GPK-N erachtete es in diesem Zusammenhang als 58

59

Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus verfassungsmässiger Sicht, Gutachten von Prof. Giovanni Biaggini vom 5.6.2008.

Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus strafprozessualer Sicht, Gutachten von Dr. Niklaus Oberholzer vom 5.6.2008.

2615

wichtig, dass Angehörige der Bundesbehörden, die ihr zweckdienliche Informationen erteilen, keine Nachteile zu befürchten haben.

Im Weiteren hat die GPK-N ihre Subkommission Gerichte beauftragt, mit dem BGer als Aufsichtsbehörde des BStGer, dem BStGer als fachliche Aufsichtsbehörde und dem Bundesrat als administrative Aufsichtsbehörde über die BA eine Vorgehensweise festzulegen, die der geklärten Rechtslage Rechnung trägt und sicherstellt, dass die GPKs auch künftig in Ausübung ihrer Informationsrechte ihren Verfassungsauftrag der parlamentarischen Oberaufsicht wahrnehmen können.

Am 24. Juni 2008 beschloss die GPK-N, die laufende Untersuchung betreffend der «Holenweger-Papiere» der GPDel zu übertragen, dies in der Absicht, weitere Indiskretionen zu vermeiden.

3.7.4

Klagen von alt Bundesrat Christoph Blocher gegen Mitglieder der GPK-N

Am 4. September 2008 reichte alt Bundesrat Christoph Blocher gegen den vormaligen Präsidenten der GPK-N, die vormalige Präsidentin der Subkommission EJPD/BK der GPK-N, gegen zwei weitere Mitglieder der GPK-N sowie gegen drei Mitarbeiter der BA Zivilklage wegen Persönlichkeitsverletzung sowie parallel dazu ein Genugtuungsbegehren aus Staatshaftung des Bundes wegen Persönlichkeitsverletzung ein. Gleichzeitig erstatteten er sowie Nationalrat Christoph Mörgeli Strafanzeige bei der BA wegen Amtsgeheimnisverletzung, Nötigungsversuch und rechtswidriger Vereinigung. Die Klagen und das Genugtuungsbegehren haben die Information der GPK-Mitglieder durch die BA im August 2007 über die «Holenweger-Papiere» (vgl. Ziff. 3.7.2 und 3.7.3) sowie die Information des GPK-Präsidenten und der Subkommissionspräsidentin an der Medienkonferenz vom 5. September 2007 zum Gegenstand.

In seinem Genugtuungsbegehren an die Schweizerische Eidgenossenschaft machte alt Bundesrat Blocher geltend, der Präsident der GPK-N und die Subkommissionspräsidentin hätten an der Medienkonferenz vom 5. September 2007 beim Durchschnittshörer den Eindruck erweckt, alt Bundesrat Blocher sei in ein Komplott zur Absetzung des damaligen Bundesanwaltes Valentin Roschacher verwickelt gewesen. Mit diesen verdächtigenden und tatsachenwidrigen Äusserungen sei die Persönlichkeit von alt Bundesrat Blocher schwer verletzt worden. Diese Aussagen hätten sich auf die ebenso wahrheitswidrigen und ehrverletzenden Aussagen der Mitarbeiter der BA gestützt. Mit diesem gemeinsamen Vorgehen von Mitarbeitern der BA und Mitgliedern der GPK-N hätte alt Bundesrat Blocher zum Rücktritt gezwungen werden sollen.

Die GPK-N wurde im Rahmen der Prüfung des Staatshaftungsbegehrens vom EFD zur Stellungnahme eingeladen. In ihrer Stellungnahme vom 23. Oktober 2008 äusserte sich die GPK-N zum Sachverhalt. Zum Vorwurf der Persönlichkeitsverletzung hielt die GPK-N folgende grundsätzlichen Bemerkungen fest: «Es ist die Aufgabe der GPK, im Namen des Parlamentes die verfassungsmässige parlamentarische Oberaufsicht über den Bundesrat auszuüben. Mitglieder des Bundesrates sind gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit politisch verantwortlich. Diese Verantwortlichkeit für die Amtsausübung besteht auch nach dem Ausscheiden aus dem Bundesrat. Dabei geht es stets nur um eine politische, nicht um 2616

eine strafrechtliche oder zivilrechtliche Verantwortlichkeit. Mitglieder oder ehemalige Mitglieder des Bundesrates können sich dieser Verantwortung nicht auf dem Klageweg entziehen. Dieses Vorgehen des Klägers widerspricht der politischen Kultur unseres Landes und gefährdet ­ sollte es Schule machen ­ das ordentliche Funktionieren der parlamentarischen Oberaufsicht. Würde der Bund einer Haftungsklage wie der vorliegenden Folge geben, hätte dies unabsehbare Folgen für das ordentliche Zusammenwirken der Gewalten in unserem Staat. Die Oberaufsicht des Parlamentes würde geschwächt, wenn Mitglieder der GPKs in Ausübung ihrer Tätigkeit künftig zu befürchten hätten, mit Klagen eingedeckt und in der vorliegenden Art und Weise diffamiert zu werden.

Die Organe sowie die Präsidenten der GPKs haben unter dem Schutz der Vertraulichkeit, die für alle ihre Sitzungen gilt, das Recht, aber auch die Pflicht, im Rahmen der Oberaufsicht relevante Untersuchungen zu führen und entsprechende Hinweise und Erstinformationen, die sich später aufgrund der Abklärungen als richtig oder als falsch erweisen können, entgegen zu nehmen und zu prüfen sowie Vermutungen und Hypothesen aufzustellen, die im Rahmen von Abklärungen zu erhärten oder zu entkräften sind. Das entspricht der Arbeitsweise jeder Untersuchungsbehörde. Von einer Vorverurteilung oder gar Persönlichkeitsverletzung gegenüber Personen, die in diesem Rahmen genannt werden, kann deshalb von vornherein nicht die Rede sein.

Das gilt für alle Äusserungen der beklagten Mitglieder der GPK-N, die an der Besprechung vom 8. August 2007, der Sitzung vom 14. August 2007 und jener vom 5. September 2007 gemacht wurden.

Es wurde zu keinem Zeitpunkt von der Präsidentin der Subkommission oder vom Präsidenten GPK-N eine den Kläger persönlich diffamierende, beleidigende oder einer kriminellen Handlung verdächtigende Aussage gemacht.

Indiskretionen sowie das unübliche Vorgehen des Klägers selber haben dazu geführt, dass die GPK-N an ihrer Pressekonferenz vom 5. September 2007 relativ offensiv informierte. Die Präsidentin der Subkommission und der Präsident der GPK-N haben dadurch in keiner Weise die Persönlichkeit des Klägers verletzt, im Gegenteil. Sie haben vielmehr auch für den Kläger belastende Gerüchte berichtigt und darauf hingewiesen, dass vorerst keine gesicherten Tatsachen
vorliegen würden.

Auf die Frage eines Journalisten, ob die GPK-N bereits sagen könne, ob sich der Vorsteher EJPD direkt in den Fall Holenweger eingemischt habe, sagte der Präsident der GPK-N, es würden keine Elemente vorliegen, die erlauben würden, das zu sagen.

Als Mitglied des Bundesrates und Magistratsperson war der Kläger eine Person des öffentlichen Interesses. Er musste deshalb eine erhöhte Exponiertheit in der Öffentlichkeit in Kauf nehmen. Gleichzeitig hatte der Kläger aber auch mehr als andere Personen die Möglichkeit, sich in der Öffentlichkeit zu den «Holenweger-Papiere» zu äussern, was er zu seiner Amtszeit denn auch getan hat. Dabei hat er aber systematisch die GPKs als Institution angegriffen und in Frage gestellt, einzelne Mitglieder der GPK-N des Komplotts beschuldigt und mit Klagen eingedeckt.» Am 12. November 2008 wies der Bundesrat das Genugtuungsbegehren ab, da die Haftungsvoraussetzungen gemäss dem VG60 nicht erfüllt seien. Dem Entscheid sind folgende Ausführungen zu entnehmen: 60

Bundesgesetz vom 14.3.1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz; SR 170.32).

2617

«Die Bekanntgabe der Holenweger-Dokumente gegenüber der Subkommission ist rechtmässig. Die Mitarbeiter der BA informierten die Präsidentin der Subkommission EJPD/BK und den Präsidenten der GPK-N sowie später die Subkommission über die Holenweger-Dokumente im Rahmen der Rechts- und Amtshilfe zuhanden eines laufenden Aufsichtsverfahrens der parlamentarischen Oberaufsicht sowie vor dem Hintergrund des Kommissionsgeheimnisses. Die ausserordentliche Staatsanwältin des Bundes hat in ihrer Verfügung vom 11. Juni 2008 das gegen die Mitarbeiter der BA wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses eingeleitete Ermittlungsverfahren eingestellt. Die Mitglieder der BA haben zu keinem Zeitpunkt den Verdacht geäussert, Herr Dr. Blocher könnte Miturheber der HolenwegerDokumente sein. Sie haben ihn auch nie in den Zusammenhang mit einem Komplott gebracht oder diffamierende Äusserungen über ihn verbreitet. Ferner können sie nicht verantwortlich gemacht werden für Interpretationen und Spekulationen in den Medien über die im Vorfeld der Sitzung der GPK-N vom 5. September 2007 durch Indiskretionen an die Öffentlichkeit gelangten Informationen über die HolenwegerDokumente.

Es ist die Aufgabe der GPK, die verfassungsmässige parlamentarische Oberaufsicht wahrzunehmen. Die der Persönlichkeitsverletzung beschuldigten Bundesparlamentarier handelten im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse der GPK-N.

Die Präsidentin der Subkommission und der Präsident der GPK-N haben an der von der GPK-N beschlossenen Medienkonferenz vom 5. September 2007 keine wahrheitswidrigen oder persönlichkeitsverletzenden Aussagen zu Lasten Ihres Mandaten [Anm. GPKs: Herrn Dr. Blocher] gemacht. Vielmehr haben sie Spekulationen und Verdächtigungen jeglicher Art unter Hinweis auf die notwendigen und bevorstehenden Abklärungen zurückgewiesen. Sie betonten mehrmals, dass zurzeit keine Person, die auf den Dokumenten oder mit Kürzel bezeichnet vorkomme, beschuldigt oder in den Zusammenhang mit einem Komplott zur Absetzung des Bundesanwalts gebracht werden könne.» Der Bundesrat gelangte zur Schlussfolgerung, dass durch die von ihm beschuldigten Personen keine wahrheitswidrigen oder ehrverletzenden Tatsachen über alt Bundesrat Blocher verbreitet wurden. Weder die Mitarbeiter der BA noch die GPK-N oder einzelne ihrer Mitglieder hätten ihn in seiner Persönlichkeit verletzt.

3.8

Sicherheit

3.8.1

Rüstungsbeschaffung im VBS

Die GPK-N veröffentlichte im November 2007 ihren Bericht zur Rüstungsbeschaffung im VBS61. Nach Abschluss ihrer Arbeiten62 richtete die Kommission acht Empfehlungen an den Bundesrat, die insbesondere folgende Punkte beinhalten: Ausarbeitung einer Beschaffungsstrategie, welche festlegt, wie die sicherheits- und aussenpolitischen Interessen zu berücksichtigen sind; Verbesserung des Rechtsschutzes der Anbieter; bessere Transparenz und stärkere Berücksichtigung der Kostendimension.

61 62

Rüstungsbeschaffung im VBS. Bericht der GPK-N vom 23.11.2007 (BBl 2008 3569).

Jahresbericht 2007 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 25.1.2008 (BBl 2008 5139 ff.) und Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3151).

2618

Der Bundesrat nahm am 14. März 2008 zum Bericht sowie zu den darin enthaltenen Empfehlungen Stellung. Nach eingehender Prüfung der Stellungnahme stellte die GPK-N mit Bedauern fest, dass zwischen den Erwartungen der GPK-N und der Stellungnahme des Bundesrates eine grosse Diskrepanz besteht. Aus der Stellungnahme geht nämlich nicht klar hervor, ob der Bundesrat bereit ist, die Empfehlungen der GPK-N entgegenzunehmen. Es wird fast überall auf laufende oder noch zu treffende Massnahmen verwiesen, ohne Aufschluss darüber zu geben, wie diese Massnahmen die Anliegen der Kommission erfüllen werden.

Sie begrüsst aber dessen Absicht, die Empfehlungen 1 (Strategie für die Rüstungsbeschaffung), 2 (explizite Strategie bei den Beschaffungsprozessen unter Berücksichtigung differenzierter Warengruppen-Strategien) und 8 (Berücksichtigung der Kostendimension auf der Ebene von Management und Controlling) detailliert zu prüfen. Mit Schreiben vom 29. April 2008 teilte die GPK-N dem Bundesrat die Ergebnisse ihrer Prüfung mit und forderte ihn auf, ihr den angekündigten Bericht bis Oktober 2008 zukommen zu lassen mit zusätzlichen Informationen darüber, mit welchen Massnahmen und bis wann die Empfehlungen 5 (Transparenz der Verfahren und der Bewertungskriterien) und 7 (Berücksichtigung der Kostendimension bei der Ausarbeitung der Pflichtenhefte und bei den Evaluationen) umgesetzt werden sollen.

In Empfehlung 4 (Statistik der Beschaffungen) forderte die GPK-N den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass Armasuisse den zuständigen parlamentarischen Kommissionen eine Statistik der Beschaffungen vorlegt, die genaue Angaben und Zahlen enthält zu den abgeschlossenen und laufenden Beschaffungsvorhaben, den gewählten Vergabeverfahren, dem Auftragswert, den Lieferanten und den betroffenen Staaten. Gemäss der Stellungnahme des Bundesrates werden die Anliegen der GPK-N im Rahmen des QSP-5, das Teil der Verwaltungsreform ist, umgesetzt. Die Kommission hat davon Kenntnis genommen und wird zu gegebener Zeit prüfen, ob ihre Empfehlung tatsächlich umgesetzt wurde.

Die GPK-N nahm ausserdem Kenntnis davon, dass die Empfehlungen 3 (Wahl des Vergabeverfahrens), 5 (Transparenz der Verfahren und der Bewertungskriterien) und 6 (Rechtsschutz) gemäss der Stellungnahme des Bundesrates Gegenstand der laufenden Totalrevision des öffentlichen
Beschaffungsrechts sind bzw. im Rahmen dieser Revision vertieft geprüft werden sollen. Die Kommission erwartet vom Bundesrat, dass er für die tatsächliche Integration dieser Empfehlungen in die genannte Revision sorgt. Eine Kopie des Schreibens vom 29. April 2008 ging zur Kenntnis an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N).

Am 26. September 2008 liess der Bundesrat der GPK-N einen ergänzenden Teilbericht zu seiner Stellungnahme vom 14. März 2008 zukommen. Die GPK-N wird den Bundesrat anfangs 2009 über ihre Schlussfolgerungen dazu informieren.

3.8.2

Umstände der Wahl des Chefs der Armee

Am 8. Juni 2007 ernannte der Bundesrat Brigadier Roland Nef zum Chef der Armee.

Dieser trat sein Amt am 1. Januar 2008 an.

Am 13. Juli 2008 veröffentlichte die «SonntagsZeitung» einen Artikel, in welchem zu lesen war, dass zum Zeitpunkt der Ernennung von Roland Nef zum Armeechef ein Strafverfahren gegen ihn hängig war. Laut diesem Artikel war der VBS2619

Vorsteher über dieses Verfahren im Bild, hat die anderen Mitglieder des Bundesrates jedoch nicht darüber informiert. In den darauffolgenden Tagen und Wochen erschienen zahlreiche weitere Presseartikel zu diesem Thema.

Nach einer ausserordentlichen Sitzung mit ihrer ständerätlichen Schwesterkommission (SiK-S) ersuchte die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N) die GPK-N mit Schreiben vom 30. Juli 2008, eine Untersuchung zu den Umständen der Ernennung von Roland Nef zum Armeechef einzuleiten, dazu einen Bericht vorzulegen und allenfalls Empfehlungen zur Verbesserung des Wahlverfahrens abzugeben.

Die GPK-N prüfte das Begehren der SiK-N an der Sitzung vom 5. September 2008 eingehend und beschloss, ihm bis Ende November 2008 nachzukommen. Die zuständige Subkommission widmete diesem Thema daraufhin dreizehn Sitzungen, an denen sie insgesamt zwölf Personen anhörte.

Am 28. November 2008 verabschiedete die GPK-N einstimmig ihren Bericht über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee63 und beschloss, diesen zu veröffentlichen. Bei ihrer Untersuchung gelangte die GPK-N insbesondere zu folgenden Schlüssen: Die Kommission stellte fest, dass der VBS-Vorsteher das Verfahren zur Auswahl eines neuen Armeechefs sehr ernst genommen hatte. Insbesondere hatte er dafür auch einen erheblichen Aufwand, sowohl in personeller wie in zeitlicher Hinsicht, betrieben. Die GPK-N sah durchaus die positiven Punkte des angewandten Auswahlverfahrens, machte allerdings auch dessen Schwachstellen aus. Diese betreffen vor allem die Segmentierung der verschiedenen, vom Vorsteher des VBS festgelegten Verfahrensschritte und die ungenügende Berücksichtigung der Persönlichkeitsaspekte der Kandidaten. In den Augen der GPK-N gilt es auch Überlegungen darüber anzustellen, wie der Bundesrat bei Funktionen mit höchster Verantwortung besser in das Auswahlverfahren einbezogen werden kann.

Deshalb fordert die GPK-N den Bundesrat in ihrer Empfehlung 1 auf, sie darüber zu informieren, welche Massnahmen er aufgrund dieses Berichts zu treffen gedenkt, um das Verfahren zur Auswahl der höchsten Führungskräfte der Bundesverwaltung zu verbessern und neben hoher Fach- und Führungsqualifikation gleichwertig die Klärung der in hohem Mass erforderlichen persönlichen und charakterlichen Eignung im Verfahren zu sichern. Die
Kommission erwartet vom Bundesrat, dass den Massnahmenvorschlägen eine grundsätzliche Überlegung über seine Rolle bei der Ernennung von höchsten Führungskräften der Verwaltung vorausgeht.

In einer Gesamtbeurteilung kam die Kommission zum Schluss, dass der Vorsteher des VBS einen folgenschweren Fehler begangen hatte, indem er dem Bundesrat die Wahl von Roland Nef zum Armeechef vorschlug. Damit musste der Gesamtbundesrat über eine politisch ausserordentlich wichtige Ernennung entscheiden, ohne im Besitz aller notwendigen Informationen zu sein. Die GPK-N weist auch auf das Fehlverhalten weiterer Beteiligter, insbesondere des damaligen Armeechefs, aber auch von Roland Nef selbst hin.

Die Untersuchung über den Ablauf der Personensicherheitsprüfung von Roland Nef zeigte verschiedene grundsätzliche Probleme im Zusammenhang mit der Sicher63

Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Bericht der GPK-N vom 28.11.2008.

2620

heitsprüfung auf. Die GPK-N unterbreitete deshalb dem Bundesrat dazu vier Empfehlungen.

In ihrer Empfehlung 2 fordert die Kommission den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass im Rahmen der laufenden BWIS64-Revision die nötigen Vorkehren getroffen werden, damit die Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen (Fachstelle PSP) bei Prüfungen der höchsten Stufe auch Einsicht in die Akten von abgeschlossenen oder eingestellten Strafverfahren nehmen kann.

Die Kommission fordert den Bundesrat zudem auf, dafür zu sorgen, dass die Fachstelle PSP aus dem VBS ausgegliedert und die Angliederung bei der BK oder bei einem anderen Departement geprüft wird. Letzteres sollte nur wenige Funktionen aufweisen, die einer Personensicherheitsprüfung unterliegen (Empfehlung 3).

Des Weiteren erwartet die Kommission vom Bundesrat, dass er für die Schaffung von Richtlinien sorgt, in denen die Unabhängigkeit der Fachstelle PSP klar festgelegt und der Informationsfluss entsprechend geregelt wird (Empfehlung 4).

In ihrer Empfehlung 5 fordert die GPK-N den Bundesrat zur Prüfung auf, ob es zweckmässig sei, bei gewissen Funktionen mit höchster Verantwortung die Personensicherheitsprüfung vor der Ernennung durchzuführen. Weiter soll der Bundesrat dafür sorgen, dass im Rahmen der laufenden BWIS-Revision die nötigen Vorkehren getroffen werden, damit der Wortlaut von Artikel 19 Absatz 3 BWIS in allen drei Amtssprachen inhaltlich gleich lautet.

Schliesslich ist für die Kommission die heutige Situation im Zusammenhang mit der Entrichtung von Abgangsentschädigungen bei der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unbefriedigend und bedarf einer klaren rechtlichen Regelung (Empfehlung 6).

Die GPK-N erwartet bis Ende April 2009 die Stellungnahme des Bundesrates zu ihrem Bericht und den sechs darin enthaltenen Empfehlungen.

3.9

Staatsschutz und Nachrichtendienste

3.9.1

Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel

Die GPDel nimmt die parlamentarische Oberaufsicht über den Staatsschutz und die Nachrichtendienste wahr. Wie die GPKs legt die GPDel den Schwerpunkt ihrer Prüftätigkeit auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit des von ihr beaufsichtigten staatlichen Handelns. Dabei ist die GPDel bestrebt, die geheimen Tätigkeiten des Bundes laufend zu untersuchen, um frühzeitig Probleme zu erkennen, die eine politische Intervention erfordern. Diese begleitende Oberaufsicht nimmt die GPDel wahr, indem sie vom Bundesrat und von den Departementen regelmässig Auskünfte einholt oder Berichte verlangt, aber auch indem sie Empfehlungen abgibt.

Wegen des breiten Zuständigkeitsbereichs und wegen ihres Milizcharakters kann die Delegation nicht alle ihrer Aufsicht unterstellten Bereiche systematisch kontrollieren. Deshalb muss sie eine Auswahl treffen. Neben den Geschäften, die die GPDel kraft Gesetzes prüfen muss, erstellt sie jedes Jahr ein Arbeitsprogramm mit den 64

Bundesgesetz vom 21.3.1997 über die Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120).

2621

verschiedenen Prüfungsschwerpunkten für die einzelnen Dienste. Die GPDel bemüht sich, trotz ihrer beschränkten Mittel möglichst viele Fragen zu prüfen, und achtet auf eine mittelfristig ausgewogene Verteilung der Prüftätigkeiten auf sämtliche ihrer Aufsicht unterstellten Bereiche. Die GPDel führt ausserdem regelmässig unangemeldete Besuche durch, besonders um in den Diensten ein Zeichen für die Präsenz der parlamentarischen Kontrolle zu setzen.

In den Fällen, in denen die GPDel auf Sachverhalte stösst, die grundlegende Probleme oder Fragen betreffen, greift sie zum Mittel der formellen Untersuchung, über deren Resultate jeweils ein Bericht erstellt wird. Anstösse für solche Inspektionen können entweder von den GPKs kommen, oder die GPDel wird im öffentlichen Interesse von sich aus tätig. Zu früheren Inspektionen oder Interventionen führt die GPDel in der Regel Nachkontrollen durch, die wiederum zu neuen Berichten führen können. Der zweite Bericht über das Funkaufklärungssystem Onyx im Jahr 2007 ist ein Beispiel dafür.

Das ParlG gibt der GPDel die gleichen Informationsrechte wie einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Der GPDel können gemäss Artikel 169 Absatz 2 der BV keine Geheimhaltungspflichten entgegengehalten werden. Im Gegensatz zu den GPKs kann die GPDel auch Unterlagen einsehen, die der unmittelbaren Entscheidfindung des Bundesrats dienen.

Die umfassenden Informationsrechte der GPDel sind aber auch mit Pflichten verbunden. Die GPDel ist zur Geheimhaltung verpflichtet (Art. 8 ParlG). Dementsprechend misst sie der Handhabung der klassifizierten Informationen über die Tätigkeit der Nachrichtendienste höchste Priorität zu und trifft besondere Vorkehrungen zur Sicherstellung der Geheimhaltung.

Gemäss ihren Handlungsgrundsätzen will die GPDel die demokratische Legitimation, die Transparenz und das Vertrauen in das Handeln des Bundesrats und der Verwaltung fördern. Zu diesem Zweck hat sich die GPDel zu einer aktiven Informationspolitik verpflichtet, die den aktuellen Gegebenheiten Rechnung trägt sowie Gerüchten und Spekulationen vorbeugt. Die GPDel beantragt den GPKs in der Regel die Veröffentlichung der Ergebnisse einer Inspektion, soweit keine schützenswerten Interessen entgegenstehen.

Die GPDel wird von den GPKs ernannt. Sie setzt sich aus je drei Mitgliedern der beiden Kommissionen zusammen. Die GPDel konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG) und wählt ihren Präsidenten in der Regel für zwei Jahre.

3.9.2

Zusammenarbeit und Führung der Nachrichtendienste

Über die Dauer von drei Legislaturen hat die GPDel schwerwiegende Mängel bei der Zusammenarbeit zwischen dem Inlandnachrichtendienst «Dienst für Analyse und Prävention» (DAP) und dem zivilen Auslandnachrichtendienst «Strategischer Nachrichtendienst» (SND) festgestellt. Einen Handlungsbedarf sah auch der Bundesrat in den Neunzigerjahren und setzte deshalb einen Nachrichtenkoordinator ein, ohne ihn aber mit den notwendigen Weisungskompetenzen auszustatten.

Im Sommer 2005 nahm der Bundesrat einen neuen Reformanlauf. Er beschloss, den Nachrichtenkoordinator abzuschaffen und an seiner Stelle die Dienste zur direkten

2622

Kooperation in sogenannten «Plattformen» zu verpflichten. Dort sollten die Informationen für die gemeinsame Auswertung zusammenfliessen, insbesondere in den Sachgebieten des Terrorismus, der Proliferation und der Organisierten Kriminalität.

Die GPDel verfolgte intensiv das Funktionieren dieser Plattformen. Das Resultat war ernüchternd. Bei einem unangekündigten Besuch stand die Delegation vor leeren Büros; die Anhörung der Mitarbeiter und die Protokolle der Plattformsitzungen ergaben, dass die Probleme bezüglich des Informationsaustauschs weiter auf eine Lösung durch die zuständigen Departementschefs warteten.

Am 13. März 2007 reichte deshalb Ständerat Hans Hofmann im Namen der GPDel eine Parlamentarische Initiative mit dem Titel «Unterstellung der zivilen Nachrichtendienste unter ein Departement» (07.404) ein. Damit knüpfte die GPDel an ihre frühere Forderung an, die Dienste einer gemeinsamen Führung zu unterstellen. Die Zusammenarbeit von In- und Auslandnachrichtendienst sollte nicht mehr dem Gutdünken zweier Departemente überlassen bleiben und die unproduktive Konkurrenz sowie die bestehenden Doppelspurigkeiten sollten beendet werden.

Im Auftrag der GPK-S erarbeitete die GPDel einen Erlassentwurf für das neue ZNDG65. Die GPK-S verabschiedete den Entwurf und die Botschaft dazu am 29. Februar 2008. Der Ständerat nahm am 11. Juni 2008 einstimmig den Entwurf der GPK-S an und der Nationalrat folgte dem Ständerat am 23. September 2008 mit grosser Mehrheit. Eineinhalb Jahre nach Einreichung der Parlamentarischen Initiative der GPDel nahmen am 3. Oktober 2008 beide Räte das ZNDG in der Schlussabstimmung an.

Das ZNDG definiert die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes. Im Ausland sind es die Aufgaben, für die sich der SND bisher auf das MG66 gestützt hat. Wegen der zunehmenden Ausrichtung auf die Bedürfnisse der zivilen Führung hat sich in den letzten Jahren jedoch die Tätigkeit des Auslandnachrichtendienstes über den inhaltlichen Rahmen des Militärgesetzes hinaus entwickelt.

Deshalb regelt nun das ZNDG und nicht mehr das MG die Aufgaben des zivilen Auslandnachrichtendienstes.

Die Bestimmungen von Artikel 99 MG gelten nach Inkrafttreten des ZNDG ausschliesslich für die nachrichtendienstlichen Aufgaben, welche die Armee für ihren eigenen Bedarf erfüllt. Diese Aufgaben sind
insbesondere die Verteidigung des Landes, der Friedensförderungsdienst und der Assistenzdienst im Ausland. Bis anhin beschränkte das MG die Informationsbeschaffung mit nachrichtendienstlichen Methoden auf das Ausland. Gemäss der Botschaft des Bundesrats von 1993 fallen darunter auch Informationen über eine ausländische Armee, die in die Schweiz eindringt. In diesem Sinne bleibt die Informationsbeschaffung des Nachrichtendienstes weiterhin auf das Ausland beschränkt. Aufgrund der Beratung des ZNDG im Ständerat ist jedoch unbestritten, dass der Nachrichtendienst der Armee alle Informationen, die aus offenen Quellen stammen oder seitens des zivilen Nachrichtendienstes ihm für seine Aufgaben verfügbar gemacht werden, für seine Analysearbeit verwenden darf.

Das ZNDG verweist für die die Aufgaben des Inlandnachrichtendienstes auf die relevanten Bestimmungen des heutigen BWIS. Dazu gehören beispielsweise die 65 66

Bundesgesetz über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes (ZNDG; BBl 2008 4029).

Bundesgesetz vom 3.2.1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG; SR 510.10).

2623

Informationsbeschaffung (Art. 14. BWIS) mit den heute geltenden Schranken (Art. 3 BWIS) und der Betrieb des Staatsschutzinformationssystems ISIS (Art. 15 BWIS).

Die organisatorische Unterstellung der Dienste unter das gleiche Departement soll es dem zuständige Departement und dem Bundesrat erlauben, die Zusammenarbeit zwischen dem Inland- und Auslandnachrichtendienst besser zu regeln. Dazu erteilt das ZNDG dem Bundesrat konkrete Aufträge: -

Damit die beiden Dienste für eine gemeinsame und umfassende Beurteilung der Bedrohungslage sorgen können, muss der Bundesrat die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen ihnen regeln. (Art. 3 Abs. 4 Bst. a ZNDG).

-

Der Bundesrat muss ebenfalls die Verwendung von Informationen ausländischer Dienste für beide Dienste harmonisieren, damit eine unterschiedliche Praxis nicht zur gegenseitigen Informationsverweigerung missbraucht werden kann (Art. 3 Abs. 4 Bst. c ZNDG).

-

Weiter muss der Bundesrat den Quellenschutz für beide zivilen Dienste einheitlich regeln (Art. 7 ZNDG). Die Interpretation der geltenden Bestimmungen im BWIS führte bisher dazu, dass wichtige Informationen von ausländischen Partnerdiensten nicht für eine gemeinsame Lagebeurteilung zur Verfügung standen.

-

Die beiden zivilen Nachrichtendienste müssen der gleichen Verwaltungskontrolle unterstellt werden (Art. 8 ZNDG).

An seiner Klausursitzung vom 21. Mai 2008 hat der Bundesrat entschieden, die nachrichtendienstlichen Teile des DAP inklusive Bundeslagezentrum vom Bundesamt für Polizei (fedpol) in das VBS zu transferieren67. Der Transfer ins VBS ist auf den 1. Januar 2009 erfolgt.

Da der Bundesrat beschlossen hat, dass die Aufgaben der beiden zivilen Nachrichtendienste durch das VBS wahrgenommen werden, liegt es nun am VBS, konform zu Artikel 8 ZNDG die Aufsicht über alle Nachrichtendienste sicherzustellen. Bisher nahm das Inspektorat des Generalsekretariats EJPD die Aufsicht über den DAP zuhanden des Departements wahr. Die Kontrolle des SND unterlag hingegen direkt der Aufsichtspflicht des Vorstehers VBS. Wie die GPDel in ihrem letzten Bericht zum Satellitenaufklärungssystem Onyx feststellte, vermochte diese Aufsicht des Vorstehers VBS im Bereich der Wirksamkeitskontrolle nicht zu genügen.

Das VBS muss nun ein Aufsichtsorgan aufbauen, welches seine Aufsichtsverantwortung auch bezüglich des Staatsschutzes in den Kantonen wahrnehmen muss. Ein von der GPDel beim BJ eingeholtes Gutachten hat bestätigt, dass neben den Kantonen der Bund für die Aufsicht über die Staatsschutzdaten in den Kantonen verantwortlich ist.

3.9.3

Fall Tinner

Der Bundesrat beschloss am 14. November 2007, alles Material, das im Rahmen des gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahrens gegen Urs, Marco und Friedrich Tinner beschlagnahmt worden war, vernichten zu lassen. Vernichtet werden sollten insbe67

Medienmitteilung des EJPD vom 22.5.2008.

2624

sondere Baupläne für Kernwaffen, die über das Khan-Netzwerk in den Besitz der Tinners gelangt waren. Die Vernichtung der Pläne sollte nach Aussagen des Bundesrats verhindern, dass sie in unbefugte Hände fallen und damit zu einer Gefahr für die internationale Sicherheit werden. Die GPDel hat die Umstände dieses Bundesratsentscheides sowie seine Rechtmässigkeit und Zweckmässigkeit untersucht.

Es war das EJPD, das im Juli 2006 erstmals erfuhr, dass die Schweiz im Besitz von Kernwaffenbauplänen im Strafverfahren Tinner war. Aus Sicht der GPDel informierte das EJPD den Bundesrat nur schrittweise und mit Verzögerung über den Umfang und die Probleme des Falles. Der Bundesrat befasste sich in der Folge jeweils nur mit Teilproblemen und dies erst dann, wenn der Handlungsbedarf dringlich geworden war. Der Bundesrat war jedoch damit einverstanden, dass er vom EJPD nur von Fall zu Fall informiert wurde. Der Bundesrat verlangte überdies auch nie eine umfassende Darstellung des Falles und eine Strategie, wie die Eidgenossenschaft die sich abzeichnenden Herausforderungen bewältigen sollte. Aus Sicht der GPDel konnte die vom EJPD eingesetzte Projektorganisation dem Bundesrat nicht die notwendige Führungsunterstützung bieten. Ihr fehlte ein klar umschriebener Auftrag, sie war nicht in alle Aspekte des Falles Tinner eingeweiht und die Kontinuität ihrer Arbeit litt unter den vorgegebenen Geheimhaltungsmassnahmen.

Der Bundesrat beschloss die Aktenvernichtung gestützt auf sein Notverfügungsrecht in der Bundesverfassung (Art. 184 und 185 BV). Diese Rechtsgrundlagen sind nur anwendbar, wenn die beschlossene Massnahme notwendig, zeitlich dringlich, durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig ist. Die GPDel stellt fest, dass der Bundesrat sich erst sechzehn Monate, nachdem das EJPD von der Existenz der Kernwaffenbaupläne erfahren hatte, konkret mit der Frage befasste, welches Risiko diese Pläne für die Schweiz darstellten. Zu diesem Zeitpunkt lagen keine konkreten Gefährdungsmomente vor und die Sicherheitsmassnahmen für die Pläne hätten noch verbessert werden können. Trotzdem beschloss der Bundesrat aus Sicherheitsgründen die Vernichtung der Kernwaffenbaupläne, aber auch des übrigen beschlagnahmten Materials, da eine Ausscheidung der brisanten Akten aus dem gesamten Beweismaterial
nicht rechtzeitig vorgenommen worden war. Für eine Anwendung von Artikel 185 Absatz 3 BV (schwere Störung der inneren oder äusseren Sicherheit) genügten diese Voraussetzungen aus Sicht der GPDel nicht. Auch aus völkerrechtlicher Sicht sieht die GPDel keinen zwingenden Grund, um zu diesem Zeitpunkt auf die Kernwaffenbaupläne als Beweismaterial in einem Strafverfahren verzichten zu müssen.

Aus diesem Grund untersuchte die GPDel, ob die Aktenvernichtung gestützt auf aussenpolitische Überlegungen unter Anwendung von Artikel 184 Absatz 3 BV (Wahrung der Interessen des Landes) zu rechtfertigen war. Die USA hatten der Schweiz nahe gelegt, die Kernwaffenbaupläne in die Obhut eines zum Besitz berechtigten Kernwaffenstaats zu übergeben. Der Bundesrat befasste sich jedoch nie mit letzterem Vorschlag, welcher das Angebot eines weiteren Zugangs der Schweizer Behörden zu den Akten für die Zwecke der Strafverfolgung enthielt. Der Bundesrat zog es vor, den Forderungen der USA zu entsprechen, indem er sich mit der Vernichtung des gesamten Beweismaterials auch der Kernwaffenpläne entledigte. In seiner Güterabwägung machte der Bundesrat jedoch keine konkreten aussenpolitischen Konsequenzen geltend, die nur mit einem solch schwerwiegenden Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz abgewendet werden konnten. Die GPDel betrachtet deshalb den Beschluss des Bundesrats vom 14. November 2007 zur integralen Aktenvernichtung als nicht verhältnismässig.

2625

Die GPDel wurde grundsätzlich seit dem Sommer 2004 durch die zuständigen Bundesstellen regelmässig und korrekt über das Strafverfahren, aber auch über die nachrichtendienstlichen Aspekte des Falles Tinner informiert. Der Beschluss des Bundesrats vom 14. November 2007 wurde ihr hingegen nicht zur Kenntnis gebracht. Die GPDel ist der Ansicht, dass der Vorsteher EJPD die Delegation über den Beschluss umgehend hätte informieren müssen.

Erst als die GPDel im Februar 2008 beim EJPD vorstellig wurde, erhielt sie Auskunft über die vom Bundesrat beschlossene Aktenvernichtung. Diesen Informationen konnte die GPDel jedoch nicht entnehmen, dass nicht nur die Kernwaffenpläne, sondern auch alle Unterlagen, die bei den Tinners beschlagnahmt worden waren, noch im selben Monat vernichtet würden, ohne dem Eidg. Untersuchungsrichter zugänglich zu sein. Die nachfolgenden Empfehlungen der GPDel an das EJPD und den Bundesrat, zugunsten der Voruntersuchung vorerst die Aktenvernichtung auf die völkerrechtlich problematischen Unterlagen zu beschränken, konnten deshalb keine Wirkung mehr entfalten.

Die Untersuchung der GPDel zeigt, dass die Nachrichtendienste der Schweiz eine untergeordnete Rolle bei der Bewältigung des Falles Tinners durch den Bundesrat spielten. Auch verzichtete der Bundesrat auf die Unterstützung der eigenen Nachrichtendienste, als er seine Lagebeurteilung bezüglich der Risiken vornahm, die sich aus der Existenz der Kernwaffenbaupläne ergaben.

Der Bundesrat ging davon aus, dass die Vernichtung des Beweismaterials vermutlich zur Einstellung des Strafverfahrens gegen die Tinners führen würde. Die Bundesanwaltschaft beantragte jedoch dem Eidg. Untersuchungsrichter, die Voruntersuchung zu eröffnen, was im März 2008 erfolgte. Als dieser die BKP bat, ihn bei der Beschaffung von Kopien von vernichteten Unterlagen zu unterstützen, untersagte der Direktor fedpol der BKP die gewünschte Zusammenarbeit. Dieses Verbot wurde später von der Vorsteherin EJPD und vom Bundesrat gestützt.

Die GPDel ist der Ansicht, dass der Eidg. Untersuchungsrichter einen gesetzlichen Anspruch auf die Unterstützung durch die BKP hat. Da die BKP gemäss Artikel 17 BStP unter der Aufsicht der I. Beschwerdekammer des BStGer steht, bat die GPDel diese, das Verbot des Direktors fedpol aufsichtsrechtlich zu beurteilen. Die I. Beschwerdekammer
bezeichnete sich jedoch formell und materiell in dieser Sache als nicht zuständig. Die dafür angeführten Gründe erscheinen der GPDel jedoch wenig stichhaltig. Die GPDel bittet deshalb das Bundesgericht, die Aufsicht des BStGer über die Bundesanwaltschaft und die BKP zu überprüfen.

3.9.4

Aufsicht und Oberaufsicht im Bereich des kantonalen Staatsschutzes

Die GPDel wurde durch die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt (GPK BS) Ende 2007 gebeten, einerseits zu überprüfen, ob sechs Grossratsmitglieder des Kantons Basel-Stadt in der ISIS-Staatsschutzdatenbank erfasst sind, andererseits sich zur Frage der Aufsicht und der Oberaufsicht über den kantonalen Staatsschutz zu äussern. Die GPDel trat auf diese beiden Punkte ein und überprüfte, ob die Grossratsmitglieder in der Staatsschutzdatenbank des Bundes erfasst sind. Wie in solchen Fällen üblich, informiert die GPDel nicht über das Resultat ihrer Überprüfung, sondern ergreift, falls sie eine unrechtmässige Erfassung 2626

in der ISIS-Datenbank feststellt, im Rahmen ihrer Kompetenzen die notwendigen Massnahmen.

Die Frage nach den Aufsichts- und Oberaufsichtskompetenzen im Bereich des kantonalen Staatsschutzes ­ die kantonalen Staatsschutzangestellten sind Teil der kantonalen Verwaltung, doch werden diese Stellen vom Bund bezahlt ­ beschäftigte die GPDel schon mehrfach und veranlasste sie auch schon zu einer Empfehlung an den Bundesrat (Inspektion zur Affäre um einen Informanten im Genfer IslamZentrum68). Sie gelangte aufgrund der Anfrage der GPK BS und ihrer früheren Feststellungen an das EJPD und bat dieses um eine Klärung der Rechtslage durch ein Gutachten des BJ. Da es sich beim Staatsschutz aus grundrechtlicher Sicht um einen sensiblen Bereich handelt und deshalb der Aufsicht und Oberaufsicht eine zentrale Bedeutung zukommt, werden nachfolgend die wichtigsten Feststellungen des Gutachtens des BJ in zusammengefasster Form wiedergegeben.

Zusammenfassung des Gutachtens BJ: Grundsätzlich ist ­ neben der parlamentarischen Oberaufsicht ­ zwischen der Dienst- und der Datenschutzaufsicht zu unterscheiden. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf Staatsschutzdaten, welche durch die Kantone an den DAP weitergeleitet wurden und dadurch zu Staatsschutzdaten des Bundes werden. Allerdings ist es fraglich, ob überhaupt kantonale Staatsschutzdaten existieren können. Letztere würden ausschliesslich der Kontrolle durch kantonale Organe unterliegen, deren Kontrollbefugnisse sich diesbezüglich ausschliesslich nach dem kantonalen Recht richten würden.

Die Dienstaufsicht über die kantonalen Staatsschutzstellen obliegt den vorgesetzten Stellen innerhalb der kantonalen Verwaltungshierarchie und ist umfassend (namentlich umfasst die Dienstaufsicht als Teilaspekt auch den Datenschutz), denen damit auch die entsprechenden Kontroll- und Informationsrechte zukommen. Letztlich tragen also auch die kantonale Verwaltung und der kantonale Regierungsrat eine weitgehende Verantwortung über die Tätigkeit des kantonalen Staatsschutzes.

Das Gutachten kommt zum Schluss, dass dem DAP (bzw. fedpol) parallel dazu im Bereich sämtlicher im BWIS geregelter Teilbereiche der inneren Sicherheit ein direktes Weisungsrecht gegenüber der zuständigen kantonalen Stelle betreffend die Art und Weise der Aufgabenerfüllung im Rahmen eines konkreten
Bundesauftrages zukommt. Dementsprechend hat der DAP eine Aufsichtsverantwortung bezüglich der Auftragsumsetzung durch die kantonalen Staatsschutzstellen.

Das Bundesrecht beschränkt die kantonalen Informationsrechte im Bereich der Dienstaufsicht auf die Stellen der Verwaltung und Regierung, welche diese Aufsicht wahrnehmen. Die parlamentarische Oberaufsicht der Kantone hat kein Anrecht auf Einsicht in die konkreten Staatsschutzinformationen. Letztlich beschränkt sich ihre Kompetenz auf die allgemeine Überprüfung, ob und wie in diesem Bereich eine Dienstaufsicht wahrgenommen wird (vorausgesetzt ist eine entsprechende Kompetenz der GPKs im kantonalen Recht).

Im Bereich des Datenschutzes bei den kantonalen Staatsschutzorganen liegt die Verantwortung für die Kontrolle beim kantonalen Kontrollorgan, das durch die Kantone selbst bestimmt wird. Der Datenschutz im kantonalen Staatsschutz untersteht dem eidg. Datenschutzgesetz. Die Kontrolle des Datenschutzes durch das kantonale Kontrollorgan ist im Bereich des BWIS auf die Rechtmässigkeit 68

Affäre um einen Informanten im Genfer Islam-Zentrum. Bericht der GPDel vom 15.5.2008 (BBl 2007 6869).

2627

beschränkt, wobei diese beispielsweise auch die Art und Weise der Informationsbeschaffung oder die Konformität der Informationsbeschaffung und -bearbeitung mit den Bundesaufträgen beinhaltet. Allerdings benötigt das kantonale Kontrollorgan die Einwilligung des DAP, falls es für seine Kontrolle auf die Staatsschutzdaten zugreifen will. Der DAP kann seine Einwilligung verweigern. Mit anderen Worten, das kantonale Kontrollorgan kann z.B. überprüfen, wer an welche Demonstration mit welchem Auftrag gesandt wurde und welche Informationsbeschaffungsmittel (z.B. Fotoapparat, Gespräche mit Demonstrationsteilnehmenden etc.) eingesetzt wurden, doch hat es ohne Einwilligung des DAP keinen Zugriff auf die geschossenen Fotos bzw. auf die an den DAP weitergeleiteten Staatsschutzinformationen. Der DAP hat bei der Prüfung solcher Informationsgesuche des kantonalen Kontrollorgans ein weites Ermessen. Das kantonale Kontrollorgan darf auch keine Auskunftsgesuche von Organisationen oder Personen beantworten. Dies obliegt dem EDÖB, der gemäss Artikel 18 BWIS für die Prüfung und Beantwortung entsprechender Gesuche zuständig ist. Die Verantwortung des EDÖB geht jedoch insofern noch weiter, als er ganz allgemein für die Kontrolle des Datenschutzes in der Bundesverwaltung ­ und somit auch beim DAP ­ zuständig ist.

Der GPDel wurde durch das Gutachten bestätigt, dass die Aufsichtsstruktur im Bereich des kantonalen Staatsschutzes komplex ist. Die Aufsichtsverantwortung ist auf mehrere Akteure sowohl beim Bund wie auch bei den Kantonen verteilt. Zum Teil existieren parallel ähnliche Aufsichtsverantwortungen (z.B. zwischen dem DAP und den kantonalen Stellen, welche die Dienstaufsicht ausüben). Eine von den betroffenen Diensteinheiten mehr oder wenige unabhängige Kontrolle kann in den Kantonen bis zu einem gewissen Grad durch das kantonale Kontrollorgan im Datenschutzbereich ausgeübt werden. Im Bereich der Dienstaufsicht ist die unabhängige Kontrolle beispielsweise durch die kantonale Geschäftsprüfungskommission sehr beschränkt.

Dieses System kann aus Sicht der GPDel nur funktionieren, wenn eine umfassende und effektive Dienstaufsicht der Kantone erfolgt, die möglichst unabhängig ist (z.B. über ein Departementsinspektorat). Da die Auftragskontrolle des DAP (da er selbst auch Auftragsgeber ist) nicht als unabhängig gelten kann,
muss auf Stufe des Bundes das Inspektorat EJPD (neu VBS) die notwendigen Ressourcen haben, um eine laufende Kontrolle auch der kantonalen Staatsschutzorgane gewährleisten zu können. Dies ist angesichts der aktuellen Ressourcenlage im Inspektorat EJPD zumindest sehr fraglich. Dieser Feststellung wird insbesondere nach dem Transfer des nachrichtendienstlichen Teils des DAP ins VBS auf den 1. Januar 2009 durch das VBS besondere Beachtung zu schenken sein.

Der Kontrolle des EDÖB kommt ebenfalls eine zentrale Bedeutung im Bereich des kantonalen Staatsschutzes zu und entsprechende Schwergewichte sind zu setzen.

Nur so kann gewährleistet werden, dass ein solch kompliziertes Aufsichtssystem effektiv funktioniert und keine kontrollfreien Bereiche entstehen. Die GPDel teilte ihre Schlussfolgerungen der Vorsteherin EJPD mit und lud sie ein, die Kantone über die Resultate des Rechtsgutachtens zu orientieren.

2628

4

Geschäftsberichte 2007 und weitere Berichte

4.1

Geschäftsbericht 2007 des Bundesrats

Im Mai 2008 setzten sich die GPKs zusammen mit dem vollzähligen Bundesratskollegium und der Bundeskanzlerin während vier Tagen mit der Geschäftsführung des Bundesrates auseinander. Die Aufgabe der GPKs besteht vor allem in der Überprüfung der vom Bundesrat festgelegten Ziele. Von den 19 Zielen, die sich der Bundesrat für 2007 gesetzt hatte, wurden vier vollständig, sechs überwiegend und acht teilweise erreicht. Ein Ziel konnte nicht erreicht werden. Der Geschäftsbericht 2007 des Bundesrates zog ausserdem die Bilanz der Legislaturperiode 2003­2007. In dieser Legislatur wurden rund 75 Prozent der gesetzten Ziele erreicht.

Der Bundesrat nennt in seinem Geschäftsbericht 2007 folgende sechs Schwerpunkte: Förderung von Bildung, Forschung und Kultur; Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz; Stabilisierung des Bundeshaushaltes und Konsolidierung der Steuerreformen im Rahmen der institutionellen Reformen; Energie- und Klimapolitik; verstärkte Zusammenarbeit mit der EU; Sicherheitspolitik.

Die GPKs haben den Geschäftsbericht des Bundesrates einstimmig genehmigt.

Im Mittelpunkt der Diskussionen der GPKs mit dem Bundesrat standen folgende Themen: ­

Visaerteilung durch die Auslandvertretungen der Schweiz

­

Kohärenz und strategische Führung der Deza

­

Personalpolitik des Bundes

­

Steuerreformen

­

Agrarpolitik

­

Beitritt zu Schengen/Dublin

­

Inkrafttreten des StBOG

­

Luftfahrtpolitik und Flugverkehrssicherheit

­

Entwicklung der Armee XXI

­

Beschluss über drei nationale Präventionsprogramme in den Bereichen Alkohol, Tabak, Ernährung und Bewegung

­

E-Health-Strategie

Die Mitglieder des Bundesrates und die Bundeskanzlerin beantworteten zudem departementsübergreifende Fragen. Dabei standen die Funktion der verschiedenen Stäbe in Krisenzeiten, die Kommunikationspolitik sowohl des Bundesrats als auch der Departemente und die Verwaltungsreform im Rahmen der Diskussion.

Die PVK wurde beauftragt, den GPKs für 2009 Vorschläge zur Evaluation der Funktion der verschiedenen Stäbe zu unterbreiten.

Für die Verwaltungsreform wird auf Ziffer 3.6.3 verwiesen.

2629

4.2

Geschäftsbericht 2007 des Bundesgerichts

Bei der Prüfung des Geschäftsberichts des BGer stellten die GPKs fest, dass die Geschäftslast des fusionierten BGer (das BGer in Lausanne und das EVG in Luzern wurden per 1. Januar 2007 zusammengelegt) gegenüber dem Vorjahr abgenommen hat. Insgesamt waren 7195 Eingänge (Vorjahr 7861; ­666) zu verzeichnen. In Lausanne gingen die Eingänge um 116 auf 5095 (Vorjahr 5211) und in Luzern um 550 auf 2100 (Vorjahr 2650) zurück. Der Rückgang ist insbesondere in Lausanne auf das neue Bundesgerichtsgesetz (BGG)69 zurückzuführen, das in vielen Bereichen nur noch ein Rechtsmittel vorsieht, wo früher zwei zur Verfügung standen (Einheitsbeschwerden mit der Möglichkeit von Verfassungsrügen oder mit integrierter subsidiärer Verfassungsbeschwerde gemäss Artikel 119 Absatz 1 BGG an Stelle von separat eingereichten Staatsrechtlichen Beschwerden). Das BGer errechnete, dass zu den Eingängen nach altem Recht 773 Eingänge hinzugezählt werden müssten, womit eigentlich eine Zunahme von 109 auf 7968 zu verzeichnen wäre.

Das Gericht erledigte 7994 Fälle (Vorjahr 7626), was einen Abbau von 585 Pendenzen in Luzern und von 214 in Lausanne bewirkte. Das BGer bedauerte einmal mehr, dass es zwar bei der Erledigung der Fälle mit den Eingängen Schritt halten konnte, dass es jedoch nach dem Erledigungsprinzip arbeiten müsse. Auf die Dauer dürfte es nicht so weitergehen. Es müsse sich wieder vermehrt seiner Hauptaufgabe, verlässliche Grundsatzurteile zu fällen, widmen können.

Vorbehalte äusserten die GPKs gegenüber dem Entscheid des BGer, die Richterzahl in Luzern von bisher 11 auf 9 zu reduzieren, während in Lausanne die Zahl von 30 auf 29 reduziert wurde. Die GPKs stellten fest, dass die Geschäftslast in Luzern in den letzten Jahren besonders stark angestiegen war und es mit 9 Richtern nicht mehr möglich ist, zwei Abteilungen mit Vollbesetzung (je 5 Richter/-innen) aufrecht zu halten. Die Gerichtsleitung des BGer versicherte, dass man die Entwicklung im Auge behalten werde und gegebenenfalls in der zweiten Jahreshälfte 2009 neue Strukturüberlegungen anstellen werde.

Im Weiteren stellten die GPKs fest, dass das interne Controlling-Konzept des BGer, das die GPKs im März 2007 genehmigten, wegen des beträchtlichen Programmierungsaufwandes noch nicht operationalisiert wurde. Die GPKs äusserten den Wunsch, dass das Controlling ab 2009
funktioniert.

Im Weiteren stellten die GPKs fest, dass die Fusionsarbeiten zwischen dem ehemaligen Eidgenössischen Versicherungsgericht und dem BGer abgeschlossen sind und die beiden Kulturen daran sind, zusammen zu wachsen.

Mit der Inkraftsetzung der Totalrevision der Bundesrechtspflege auf Anfang 2007 wurde dem BGer die Aufsicht über die Geschäftsführung der erstinstanzlichen Gerichte (BStGer in Bellinzona und BVGer in Bern) übertragen. Die GPKs haben zur Kenntnis genommen, dass diese Aufsicht dem BGer zurzeit noch Sorgen bereitet. Insbesondere berichtete das BGer von Tendenzen der erstinstanzlichen Gerichte, sich der Aufsicht durch das BGer zu entziehen, indem sie diese mit direkten Kontakten zu den parlamentarischen Kommissionen unterlaufen würden. Die GPKs waren sich jedoch mit dem BGer darüber einig, dass vorerst schrittweise eine Verbesserung

69

Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.6.2005 (Bundesgerichtsgesetz, SR 173.110).

2630

der Situation anzustreben ist, bevor die neue Aufsichtsregelung einer allfälligen Überprüfung unterzogen werden sollte.

Im Geschäftsbericht des BGer sind auch Berichte über die Geschäftsführung der erstinstanzlichen Gerichte enthalten. Die zuständigen Subkommissionen Gerichte der beiden GPKs erörterten im Frühjahr 2008 mit dem Präsidenten des BStGer die Entwicklung der Strafverfolgung des Bundes und stellten dabei fest, dass die bei der Strafkammer des Gerichts eingehenden Klagen zahlenmässig und substantiell erheblich umfangreicher geworden sind. Eine deutliche Verbesserung der immer noch zu langen Verfahrensdauern der Strafverfahren wird vom Gericht jedoch erst mit der Inkraftsetzung der neuen Strafprozessordnung voraussichtlich im Jahre 2011 erwartet.

Die zuständigen Subkommissionen der GPKs besprachen überdies mit dem Präsidenten des BVGer die Probleme des neuen und grössten Schweizer Gerichts in seinem ersten Geschäftsjahr. Das BVGer nahm Anfang 2007 seine Tätigkeit auf. Es übernahm von seinen Vorgängerorganisationen 7483 hängige Verfahren. Im Laufe des Jahres konnten die Erledigungen mit den Eingängen nicht Schritt halten, so dass bei insgesamt 8554 Eingängen 7560 Verfahren abgeschlossen werden konnten.

Damit stiegen die Pendenzen bis Ende Jahr auf 8477 (+ 994) an. Insbesondere in den zwei asylrechtlichen Abteilungen (vormals Asylrekurskommission) ging die Zahl der Erledigungen wegen verschiedener Anfangsschwierigkeiten gegenüber früher zurück. Im Personalbereich verzeichnete das Gericht grössere Fluktuationen. Im Hinblick auf den bevorstehenden Umzug des Gerichts von Bern/Zollikofen nach St. Gallen muss mit einer weiterhin hohen Fluktuationsrate beim Personal gerechnet werden.

4.3

Weitere von den GPKs behandelte Berichte

Wie jedes Jahr behandelten die GPKs auch 2008 eine grosse Anzahl von Berichten, sei dies im Rahmen des Geschäftsberichts des Bundesrats oder unabhängig davon.

Folgende Berichte wurden geprüft: Bundeskanzlei -

Bericht des Bundesrats über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2007 (teilweise)

EDI -

Rechenschaftsbericht 2007 zum Bereich der Eidgenössischen. Technischen Hochschulen (ETH)

-

Jahresbericht 2006 über die Sozialversicherungen gemäss Artikel 76 ATSG

-

Reporting im Personalwesen von ETH und Swissmedic nach Artikel 5 BPG

2631

EJPD ­

Geschäftsbericht 2007 der Eidgenössischen Rekurskommissionen

­

Jahresbericht 2007 der Eidgenössischen Spielbankenkommission

-

Rechenschaftsbericht 2007 des IGE

-

Personalreporting des IGE nach Artikel 5 BPG

VBS -

Bericht zur Eignerstrategie des Bundesrats für die Rüstungsunternehmen des Bundes 2007

-

Geschäftsbericht und Finanzbericht 2007 der RUAG

EFD -

Jahresbericht 2007 der EBK

-

Geschäftsbericht 2007 der Publica

-

Jahresbericht 2007 des EPA zur Umsetzung des BPG

-

Evaluationsbericht über die Personalbefragung 2007 (Bundesverwaltung)

-

Personalreporting 2007 der Publica nach Artikel 5 BPG

EVD ­

Bericht über Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr im Jahr 2007

­

Bericht 2007 über die Erreichung der strategischen Ziele durch die SERV

UVEK -

Berichte 2007 über die Erreichung der strategischen Ziele von SBB AG, Post und Swisscom

-

Geschäftsbericht 2007 der SBB

-

Geschäftsbericht 2007 der Post

-

Geschäftsbericht 2007 der Swisscom

-

Geschäftsbericht 2007 der Skyguide

-

Controlling-Bericht 2007 zur Bahn 2000

-

Standberichte 2007 der Neat

­

Standbericht über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz gemäss Artikel 10 HGV-AnschlussGesetz

-

Personalreporting 2007 der SBB, Post, Swisscom und Skyguide nach Artikel 5 BPG

Verschiedenes -

2632

Rechenschaftsbericht 2007 der Schweizerischen Nationalbank (SNB)

5

Weitere Arbeiten

5.1

Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates bei der Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat (Pa. Iv. 07.463)

Um die Bedeutung der Behandlung des Jahresberichts des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Nationalrat zu erhöhen, reichte die GPK-N am 25. August 2006 eine parlamentarische Initiative ein, welche die obligatorische Anwesenheit der Bundesratsmitglieder und der Bundeskanzlerin bei der Behandlung des Berichts im Nationalrat bezweckt70. Die parlamentarische Initiative beinhaltet zwei Vorlagen: Die erste Vorlage, welche am 3. Oktober 2008 durch beide Räte angenommen wurde, führte zu einer Änderung des Artikels 145 Absatz 1 ParlG. Der neue Artikel 145 Absatz 1 ParlG hält für die Behandlung den Grundsatz fest, dass der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin den jährlichen Bericht des Bundesrates über seine Geschäftsführung in den Räten vertritt. Diese Regelung, gilt seit dem Jahr 2000. Der zweite Satz des Artikels sieht nun die Möglichkeit vor, dass auf Stufe des jeweiligen Ratsreglements von diesem Grundsatz abgewichen werden kann.

Die zweite Vorlage der parlamentarischen Initiative führte zu einer Änderung des GRN, indem dort verankert wurde, dass in der Regel die Mitglieder des Bundesrates und die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler vor dem Nationalrat diejenigen Teile des Geschäftsberichts vertreten, die vom Geschäftsbereich ihres Departements bzw. der BK handeln,. Diese Vorlage wurde in zweiter Lesung in der Wintersession 2008 durch den Nationalrat angenommen.

Beide Änderungen werden anfangs 2009 in Kraft gesetzt, so dass die Behandlung des Berichts des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahr 2008 im Nationalrat schon nach diesen neuen Regeln erfolgen kann. Im Ständerat wird der Geschäftsbericht des Bundesrates weiterhin mit dem Bundespräsidenten oder der Bundespräsidentin behandelt.

70

Ziff. 5.1 des Jahresberichts 2007 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte.

2633

2634