09.045 Botschaft zum Bundesgesetz über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern vom 20. Mai 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2005 M 04.3263

Selbstständige Vorlage für die Ehepaar- und Familienbesteuerung (N 15.06.05, Donzé; S 28.09.2005)

2005 M 04.3276

Übergang zur Individualbesteuerung (N 15.6.05, Freisinnigdemokratische Fraktion; S 28.09.05)

2007 M 05.3319

Steuerpflicht und abwechselnde Betreuung der Kinder (N 6.12.05, Parmelin; S 1.10.07)

2006 P

05.3779

Bericht über die Folgen der Einführung der Individualbesteuerung (N 23.06.06, Meier-Schatz)

2007 P

06.3692

Familienbesteuerung. Das Kind als Ausgangspunkt (N 1.10.2007, Meier-Schatz)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. Mai 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-0907

4729

Übersicht Der Bundesrat will Familien mit Kindern steuerlich entlasten. Ziel der Reform ist die Verbesserung der Steuergerechtigkeit zwischen Personen mit und solchen ohne Kinder. Ausserdem sollen Familien mit fremdbetreuten Kindern und solche, bei denen ein Elternteil die Kinder betreut, steuerlich möglichst gleichbehandelt werden. Erreicht werden soll dies durch die Einführung eines Elterntarifs und eines Abzuges für die Fremdbetreuung von Kindern. Im Weiteren soll die kantonale Tarifhoheit bei der Besteuerung der Alleinerziehenden gemäss ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wiederhergestellt werden. Die Massnahmen der Vorlage werden bei der direkten Bundessteuer zu Mindereinnahmen von rund 600 Millionen Franken führen. Die Änderungen sollen auf den 1. Januar 2011 in Kraft treten.

Ausgangslage Der Entscheid über die zukünftige Ausgestaltung der Ehegattenbesteuerung hat in der Vernehmlassung zum Systementscheid zu keinem klaren Ergebnis geführt. Eine breit abgestützte Lösung und damit eine grundsätzliche Änderung des heutigen Systems sind daher zurzeit nicht zu erreichen. Aus diesen Gründen soll vorläufig auf einen Systementscheid verzichtet werden.

Die steuerliche Entlastung von Familien ist aus volkswirtschaftlicher und familienpolitischer Sicht jedoch nach wie vor von grosser Wichtigkeit. Der Bundesrat hat daher am 12. November 2008 beschlossen, anstelle von zeitraubenden Reformprojekten rasch umzusetzende Verbesserungen bei der Berücksichtigung der Kinderkosten im Steuerrecht vorzuschlagen.

Inhalt der Vorlage Ziel der Reform ist die Verbesserung der horizontalen Steuergerechtigkeit. Steuerpflichtige mit gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sollen steuerlich gleichbehandelt werden. Im Vordergrund steht dabei einerseits die Verbesserung der horizontalen Steuergerechtigkeit zwischen Steuerpflichtigen mit Kindern und solchen ohne Kinder. Andererseits sollen auch erwerbstätige Eltern, welche ihre Kinder fremdbetreuen lassen, und Haushalte, bei denen ein Elternteil die Kinder selbst betreut, steuerlich nach Massgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit möglichst gleichbehandelt werden.

In der am 11. Februar 2009 eröffneten Vernehmlassung wurden zwei Lösungsmöglichkeiten ­ die Kombinationslösung und der Elterntarif ­ zur Diskussion gestellt.

Die Kombinationslösung beinhaltet
einerseits die Erhöhung des Kinderabzuges und andererseits die Einführung eines Abzuges für die Fremdbetreuung der Kinder.

Beim Elterntarif wird anstelle der Erhöhung des Kinderabzuges die Einführung eines dritten Tarifs für Ehepaare mit Kindern und alleinerziehende Steuerpflichtige vorgeschlagen. Zusätzlich soll auch ein Abzug für die Drittbetreuung der Kinder gewährt werden.

4730

Die Auswertung der im Rahmen der Vernehmlassung eingegangenen Stellungnahmen hat aufgezeigt, dass die Zielsetzung der Vorlage, Familien mit Kindern steuerlich zu entlasten, grossmehrheitlich begrüsst wird. Bei der Frage, wie diese Entlastung erfolgen soll, sind die Meinungen kontrovers. Praktisch alle Kantone, die Finanzdirektorenkonferenz, fünf Parteien sowie sieben Organisationen sprechen sich für die Erhöhung des Kinderabzuges aus. Für den Elterntarif votieren drei Parteien, die Sozialdirektorenkonferenz sowie die Mehrheit der Organisationen. Die Einführung eines Kinderbetreuungsabzuges wird mehrheitlich befürwortet. Die Vorschläge des Bundesrates zur Besteuerung der Alleinerziehenden und der getrennt lebenden Eltern werden unterschiedlich beurteilt.

Nach Abwägung der Vor- und Nachteile der beiden in der Vernehmlassung vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten spricht sich der Bundesrat für die Einführung des Elterntarifs aus. Nach Ansicht des Bundesrates trägt diese Massnahme den beiden Stossrichtungen der Reform am besten Rechnung. Zudem führt sie aufgrund der gesetzten Kriterien zielgerichtet zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern. Insbesondere werden Familien mit mittleren Einkommen stärker entlastet als bei der Kombinationslösung.

Der Elterntarif soll Ehepaaren und alleinerziehenden Personen gewährt werden, die mit Kindern oder unterstützungsbedürftigen Personen im gleichen Haushalt zusammenleben. Der Tarif geht vom heute geltenden Verheiratetentarif aus, der dabei errechnete Steuerbetrag wird aber zusätzlich um 170 Franken pro Kind reduziert.

Die heute bereits bestehenden kinderrelevanten Abzüge (Kinderabzug: 6100 Franken; Kinderversicherungsabzug: 700 Franken) sollen unverändert bleiben. Zudem soll ein anorganischer Abzug für die von den Familien getragenen Kosten der Fremdbetreuung von Kindern, jedoch maximal 12 000 Franken, bei der direkten Bundessteuer eingeführt werden. Die Kantone sollen verpflichtet werden, einen entsprechenden Abzug auch im kantonalen Recht einzuführen. Die Obergrenze können sie jedoch frei festlegen.

Diese Massnahmen führen zu Mindererträgen von insgesamt rund 600 Millionen Franken. Davon fallen rund 500 Millionen Franken (83 %) auf den Bund. Die Kantone haben rund 100 Millionen Franken (17 %) zu tragen. Zusammen mit den seit 2008 in Kraft stehenden
Sofortmassnahmen zur Milderung der «Heiratsstrafe» werden die Familien um über 1 Milliarde Franken entlastet. Neben diesen Steuerreformen verfolgt der Bundesrat noch weitere Reformprojekte mit beträchtlichen finanziellen Folgen für den Bundeshaushalt. Der Bundesrat wird zu gegebener Zeit prüfen, in welcher Form die finanziellen Auswirkungen der Reformen aufgefangen werden können, sodass die Vorgaben der Schuldenbremse auch mittelfristig eingehalten werden können.

Neben der steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern soll die Tarifautonomie der Kantone bei der Besteuerung der Alleinerziehenden nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit wiederhergestellt werde. Ausserdem sollen Eltern, die nicht gemeinsam besteuert werden und das gemeinsame Sorgerecht haben, unter bestimmten Voraussetzungen je die Hälfte des Kinderabzuges geltend machen können.

4731

Inhaltsverzeichnis Übersicht

4730

1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Sofortmassnahmen im Bereich der Ehepaarbesteuerung 1.1.2 Systementscheid 1.1.2.1 Allgemeines 1.1.2.2 Ergebnisse der Vernehmlassung zum Systementscheid bei der Ehepaarbesteuerung 1.1.3 Bisherige und geplante Reformen im Bereich der Steuern 1.1.4 Gesellschaftliche und demografische Entwicklung 1.1.4.1 Demografische Fakten 1.1.4.2 Steuerpflichtige und Kinder pro Lohnsegment und Familientypen, 2005 1.1.4.3 Durchschnittliche Kinderkosten und Existenzminimum des Kindes 1.1.5 Heutige steuerliche Entlastungen für Familien mit Kindern 1.1.5.1 Einleitende Bemerkungen 1.1.5.2 Direkte Bundessteuer 1.1.5.3 Kantonale Steuergesetze 1.1.6 Parlamentarische Vorstösse zur Familienbesteuerung 1.2 Steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern 1.2.1 Reformziele 1.2.1.1 Allgemeines 1.2.1.2 Stossrichtungen 1.2.1.3 Besteuerung nach der subjektiven oder objektiven Leistungsfähigkeit 1.2.1.4 Kriterien der Reformziele 1.2.2 Vernehmlassungsvorlage 1.2.2.1 Vorgeschlagene Lösungen 1.2.2.2 Vernehmlassungsergebnisse 1.2.2.2.1 Entlastung von Familien mit Kindern 1.2.2.2.2 Besteuerung von Alleinerziehenden sowie von getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht 1.2.2.2.3 Weitere Bemerkungen 1.2.3 Grundsatzentscheid des Bundesrates 1.2.3.1 Elterntarif und Kinderbetreuungsabzug 1.2.3.1.1 Allgemeines 1.2.3.1.2 Elterntarif 1.2.3.1.3 Einführung eines Kinderbetreuungsabzuges 1.2.3.1.4 Belastungsrelationen 1.2.3.2 Besteuerung der alleinerziehenden Steuerpflichtigen 1.2.3.2.1 Geltendes Recht und Änderungsbedarf 1.2.3.2.2 Neue Regelung

4734 4734 4734 4734 4734

4732

4735 4736 4738 4738 4739 4740 4741 4741 4742 4742 4743 4744 4744 4744 4744 4745 4746 4746 4746 4747 4747 4748 4748 4749 4749 4749 4749 4750 4751 4754 4754 4755

1.2.3.3 Besteuerung der getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge 1.2.3.3.1 Geltendes Recht und Änderungsbedarf 1.2.3.3.2 Neue Regelung im DBG 1.2.4 Weitere untersuchte Lösungsmöglichkeiten 1.2.4.1 Allgemeines 1.2.4.2 Erhöhung des Kinderabzuges 1.2.4.3 Steuerbefreiung der Kinderzulagen 1.2.4.4 Einführung eines Abzuges für die Selbstbetreuung der Kinder 1.2.5 Auswirkungen auf den Ausgleich der kalten Progression 1.2.6 Rechtsvergleich und Verhältnis zum Europäischen Recht

4756 4756 4756 4757 4757 4758 4759 4760 4762 4763

2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer 2.2 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden

4763 4763

3 Auswirkungen 3.1 Finanzielle Auswirkungen 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen der Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern 3.1.2 Finanzielle Auswirkungen weiterer Projekte im Steuerbereich mit nennenswerten Mindereinnahmen 3.2 Personelle Auswirkungen 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

4768 4768

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

4771

5 Verfassungsmässigkeit

4771

6 Inkrafttreten

4773

Anhang Belastungsvergleiche der verschiedenen Kategorien von Steuerpflichtigen

4774

Bundesgesetz über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern (Entwurf)

4777

4767

4768 4769 4770 4770

4733

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Sofortmassnahmen im Bereich der Ehepaarbesteuerung

Nach Ablehnung des Steuerpakets 2001 und der darin enthaltenen Reform der Ehepaar- und Familienbesteuerung in der Volksabstimmung vom 16. Mai 2004 blieb die Notwendigkeit einer Reform bestehen. Im Oktober 2006 verabschiedeten die eidgenössischen Räte im Bereich der Ehepaarbesteuerung bei der direkten Bundessteuer Sofortmassnahmen, die am 1. Januar 2008 in Kraft getreten sind. Diese Massnahmen sehen vor, dass Zweiverdienerehepaare 50 Prozent des niedrigeren Erwerbseinkommens bis zu einem Maximum von 12 500 Franken in Abzug bringen können. Dabei gilt ein Minimalansatz von 7600 Franken. Zusätzlich können alle Ehepaare einen Verheiratetenabzug in der Höhe von 2500 Franken geltend machen.

Mit den Sofortmassnahmen konnte die verfassungswidrige Schlechterstellung von Verheirateten gegenüber den Konkubinatspaaren nicht für alle Einkommensverhältnisse vollständig behoben werden. So konnte zwar für rund 160 000 der 240 000 betroffenen Zweiverdiener- bzw. Rentnerehepaare die verfassungswidrige Schlechterstellung beseitigt werden. Für die verbleibenden 80 000 Ehepaare wurde die Mehrbelastung jedoch nur gemildert.

Die Sofortmassnahmen haben einen Minderertrag von insgesamt 650 Millionen Franken (Basis: Finanzplan 2010) zur Folge. Davon haben der Bund 540 Millionen und die Kantone 110 Millionen Franken zu tragen.

1.1.2

Systementscheid

1.1.2.1

Allgemeines

Da mit den Sofortmassnahmen noch keine vollständige verfassungsmässige Gleichbehandlung von Ehepaaren und Konkubinatspaaren erreicht werden konnte, sollte in einem zweiten Schritt eine umfassende Reform der Ehepaar- und Familienbesteuerung an die Hand genommen werden. Vorgängig sollte jedoch ­ nicht zuletzt angesichts der zahlreichen sich widersprechenden Vorstösse zur Systemwahl ­ entschieden werden, ob Ehepaare weiterhin gemeinsam oder künftig getrennt zu besteuern sind.

Der Bundesrat beauftragte daher das EFD mit Bundesratsbeschluss vom 15. Februar 2006, dem Bundesrat einen Beschluss vorzulegen, der es dem Parlament ermöglicht, einen Grundsatzentscheid über die Individualbesteuerung oder die gemeinsame Besteuerung (z.B. mittels Splitting) zu fällen. Am 15. Dezember 2006 eröffnete der Bundesrat die entsprechende Vernehmlassung (BBl 2006 9847). Die Frist zur Stellungnahme dauerte bis zum 30. Juni 2007.

4734

1.1.2.2

Ergebnisse der Vernehmlassung zum Systementscheid bei der Ehepaarbesteuerung

In der Vernehmlassung wurden vier Modelle (Individualbesteuerung, Zusammenveranlagung mit Splitting oder Doppeltarif, Veranlagungswahlrecht) zur Diskussion gestellt. Die Auswertung der Vernehmlassung ergab, dass bei der Wahl des künftigen Besteuerungsmodells die Meinungen stark auseinandergehen. Die Kantone sowie die Finanzdirektorenkonferenz sprachen sich praktisch einhellig für die Zusammenveranlagung aus. Dabei wurde mit grosser Mehrheit das Splittingmodell dem neuen Doppeltarif vorgezogen. Bei den Parteien waren die Meinungen im Gegensatz zu den Kantonen geteilt. Sechs Parteien befürworteten die Zusammenveranlagung mit Splitting oder allenfalls Doppeltarif (CVP, SVP, EVP, EDU, LPS, KVP), drei Parteien die Individualbesteuerung (SP, Grüne, CSP) und eine Partei das Veranlagungswahlrecht (FDP). Die von 33 Organisationen eingegangenen Stellungnahmen wiesen ebenfalls eine sehr unterschiedliche Beurteilung der Modelle auf.

Sechzehn Organisationen unterstützten die Zusammenveranlagung mit Splitting oder Doppeltarif (z.B. Schweizerischer Gewerbeverband, Schweizerischer Gewerkschaftsbund), acht die Individualbesteuerung, drei das Veranlagungswahlrecht (z.B.

economiesuisse und Schweizerischer Arbeitgeberverband) und vier das von der Pro Familia vorgeschlagene Elternmodell1.

In zahlreichen Stellungnahmen wurde der Bundesrat aber auch aufgefordert, in der anstehenden Reform der Ehepaarbesteuerung den demografischen (ansteigende Anzahl Rentnerinnen und Rentner) und gesellschaftspolitischen Veränderungen (z.B. vermehrte Erwerbstätigkeit von Müttern) der letzten Jahrzehnte Rechnung zu tragen.

Nach Ansicht des Bundesrates bedarf es bei Fragen über die Ausgestaltung des Modells zur Besteuerung der Ehegatten eines gesellschaftlichen Konsenses darüber, wie die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte im Steuersystem abgebildet werden sollen. Der Entscheid über die zukünftige Ausgestaltung der Ehegattenbesteuerung hat in der Vernehmlassung (insbesondere bei den Parteien, unter denen eine Pattsituation besteht) nicht zu einem klaren Ergebnis geführt. Eine breit abgestützte Lösung und damit eine grundsätzliche Änderung des heutigen Systems sind daher zurzeit nicht zu erreichen. Aus diesen Gründen wird vorläufig auf einen Systementscheid verzichtet.

1

(Vgl. dazu den Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung zum Systementscheid bei der Ehepaarbesteuerung unter http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00571/01289/index.html?lang=de

4735

1.1.3

Bisherige und geplante Reformen im Bereich der Steuern

In den letzten Jahren wurden einige wichtige Reformen im Bereich der Steuern durchgeführt. Zudem sind weitere wichtige Vorhaben geplant: ­

Wie bereits ausgeführt wurde, sind am 1. Januar 2008 die Sofortmassnahmen im Bereich der Ehepaarbesteuerung2 in Kraft getreten. Sie führen zu Mindereinnahmen in der Höhe von 540 Millionen Franken für den Bund (Basis: Finanzplan 2010) und von 110 Millionen Franken bei den Kantonen.

­

Im Bereich des Unternehmenssteuerrechts wurde am 1. Januar 1998 die Unternehmenssteuerreform I in Kraft gesetzt. Zweck des Massnahmenpakets war es, die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz, insbesondere für die Holdinggesellschaften und die KMU, zu verbessern und den Aufschwung zu unterstützen. Die Massnahmen umfassten insbesondere die Neuregelung der Holdingbesteuerung, die Ausdehnung des Beteiligungsabzugs auf Beteiligungsgewinne, die Einführung einer proportionalen Gewinnsteuer von 8,5 Prozent und die Abschaffung der Kapitalsteuer im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11). Im Bereich der Stempelabgaben wurden die Reduktion der Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten, die Neuregelung der Freigrenze und die Wiedereinführung einer Abgabe auf Lebensversicherungen beschlossen. Die jährlichen Einnahmenausfälle wurden seinerzeit für den Bund auf 230 Millionen Franken, für die Kantone auf 90 Millionen Franken geschätzt.

Die am 24. Februar 2008 vom Volk angenommene Unternehmenssteuerreform II bringt die notwendigen Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mittels drei Massnahmenpaketen: Die wirtschaftliche Doppelbelastung für engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer wird gezielt gemildert, die Kapitalunternehmen werden von substanzzehrenden Steuern entlastet und Personenunternehmen (Gewerbebetriebe) in Übergangsphasen werden von Steuern befreit, die im falschen Moment anfallen.

Durch die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung dürften Steuerausfälle in Höhe von 56 Millionen Franken entstehen. 27 Millionen Franken Mindereinnahmen sind der tieferen Besteuerung der Liquidationsgewinne zuzuschreiben. Die Auswirkungen bei den Kantonen sind offen. Die Unternehmenssteuerreform II überlässt es weitgehend ihnen, ob sie von den Entlastungsmöglichkeiten Gebrauch machen wollen.

Mit der sich in Vorbereitung befindenden Unternehmenssteuerreform III sollen die in der Schweiz tätigen Firmen von unnötigen Steuerlasten befreit und die Position der Schweiz im internationalen Steuerwettbewerb gestärkt werden. Der Bundesrat will damit die Wachstumsaussichten des Landes erhöhen. Dazu sollen die Emissionsabgabe abgeschafft und steuerliche Hindernisse bei der Finanzierungstätigkeit von Konzernen beseitigt werden. Die Kantone sollen die Möglichkeit erhalten, auf die
Erhebung der Kapitalsteuer zu verzichten. Geplant sind ferner auch Anpassungen am System des Beteiligungsabzugs für juristische Personen. Zudem schlägt der Bundesrat Anpassungen bei den kantonalen Holding- und Verwaltungsgesellschaften vor. In- und ausländische Erträge dieser Gesellschaften sollen künftig

2

Vgl. dazu Ziff. 1.1.1.

4736

gleichbehandelt werden. Das EFD ist zurzeit mit der Ausarbeitung der entsprechenden Vernehmlassungsvorlage betraut.

­

Am 6. März 2009 hat der Bundesrat die Botschaft zu einem rascheren Ausgleich der Folgen der kalten Progression verabschiedet. Die entsprechenden Änderungen des DBG sollten ursprünglich noch 2009 in Kraft treten mit Wirkung per 1. Januar 2010. Damit könnte für das Steuerjahr 2010 die seit dem letzten Ausgleich bis Ende 2008 aufgelaufene Teuerung von 4,4 Prozent ausgeglichen werden. Die Folgen der kalten Progression sollen künftig ausgeglichen werden, wenn sich die Teuerung seit der letzten Anpassung um 3 Prozent erhöht hat (bisher 7 Prozent). Dies führt dazu, dass die geschuldeten Steuern dem realen Einkommen der Steuerpflichtigen besser entsprechen. Ein Ausgleich der von Ende 2004 bis Ende 2008 aufgelaufenen Teuerung von 4,4 Prozent würde für das Steuerjahr 2010 zu Mindereinnahmen beim Sollertrag der direkten Bundessteuer von rund 500 Millionen Franken führen. Für das Finanzplanjahr 2010 wären die finanziellen Auswirkungen aber bescheiden, da die direkte Bundessteuer für das Steuerjahr 2010 erst 2011 fällig wird. Einzig die Quellensteuern würden bereits 2010 bezogen.

Sie fallen allerdings finanziell wenig ins Gewicht. 2011 wäre dagegen mit Mindererträgen bei der direkten Bundessteuer von rund 430 Millionen Franken zu rechnen. Davon würden rund 17 Prozent oder 70 Millionen Franken zu Lasten der Kantone gehen.

­

Im Juni 2008 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer mit zwei voneinander unabhängigen Teilen. Das Fundament der Steuerreform bildet ein erster Teil (Teil A) mit einem vollständig überarbeiteten MWST-Gesetz. Dieses zeichnet sich durch eine einfachere Systematik und inhaltliche Revisionen in über 50 Punkten aus. Im zweiten Teil der Botschaft (Teil B) schlägt der Bundesrat die Einführung eines Einheitssatzes von 6,1 Prozent und die Abschaffung der meisten Steuerausnahmen vor. Da aufwendige und komplexe Abgrenzungsprobleme wegfallen, wird ein Höchstmass an Vereinfachung erreicht. Ausnahmen bleiben nur dort bestehen, wo entweder der administrative Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag steht oder wo es heute technisch nicht möglich ist, die Steuerbemessungsgrundlage korrekt zu bestimmen. Mitte Oktober 2008 trat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) einstimmig auf Teil A der Botschaft ein. Der Nationalrat hat die Beratungen zu Teil A in der Frühlingssession 2009 abgeschlossen. Die Behandlung von Teil B soll nach Beendigung der Beratungen zu Teil A stattfinden.

4737

1.1.4

Gesellschaftliche und demografische Entwicklung

1.1.4.1

Demografische Fakten

Wichtigste demografische Fakten sind: ­

laufende Veränderung der Alterspyramide in Richtung geringerer Anteil von Personen unter 20 Jahren (1900: Anteil 40 %; 2005: Anteil 22 %), höherer Anteil von Personen über 64 Jahren (1900: Anteil 6 %; 2005: Anteil 16 %);

­

starker Rückgang der Geburtenhäufigkeit von 2,7 Kindern (im Jahr 1964) auf 1,5 Kinder (ab dem Jahr 1980) je Frau, danach Stabilisierung auf tiefem Niveau;

­

höheres Alter der Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes: 1976 28 % der Erstgebärenden unter 25 Jahren, 2006 11 %; 1976 16 % der Erstgebärenden über 34 Jahren, 2006 27 %;

­

mit der Geburtenentwicklung parallele Entwicklung der Eheschliessungen: Rückgang von 7,6 (1970) auf 5,4 Eheschliessungen (2005) pro 1000 Einwohner;

­

höheres Heiratsalter: Anstieg des durchschnittlichen Heiratsalters der Frauen von 24,1 (1970) auf 28,7 Jahre (2005);

­

stark gestiegene Scheidungsrate: von 12,5 % (1970) auf 52 % (2005);

­

Erhöhung der Lebenserwartung bei der Geburt: zwischen 1970 und 2000 Anstieg von 70,3 auf 77,2 Jahre für Männer und von 76,2 auf 82,8 Jahre für Frauen;

­

kleinere Haushalte: zwischen 1970 und 2000 Anstieg des Anteils der Einpersonen-Haushalte an der Gesamtheit der Privathaushalte von 20 % auf 35 %;

­

kleinere Haushalte: zwischen 1970 und 2000 Rückgang der Haushalte von Ehepaaren mit Kindern an der Gesamtheit der Privathaushalte von 38 % auf 28 %;

­

stetig wachsender Anteil erwerbstätiger verheirateter Frauen: Im Jahr 2000 gingen bei 63 % der Paare im erwerbsfähigen Mann und Frau einer Beschäftigung (Teil- oder Vollzeit) nach;

­

Familienhaushalte mit Kindern im Jahr 2000: 1 059 600, davon 794 900 mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren.

Aus den demografischen Entwicklungen lassen sich längerfristig entstehende Ungleichgewichte herauslesen: Positiven Entwicklungen wie der zunehmenden Beteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt, stehen ungünstige Entwicklungen gegenüber, insbesondere eine tiefe Geburtenrate.

4738

1.1.4.2

Steuerpflichtige und Kinder pro Lohnsegment und Familientypen, 2005

Lohnsegmente Reineinkommen3

0 bis 19 000 20 000 39 999 40 000 59 999 60 000 79 999 80 000 99 999 100 000 119 999 120 000 139 999 140 000 149 999 150 000 und mehr

Anzahl Steuerpflichtige mit Kindern

Anzahl Kinder

% 3 7 19 24 19 11 6 2 9

28 268 65 268 165 633 218 360 172 404 98 064 53 068 16 981 78 361

% 2 7 18 25 20 11 6 2 9

39 593 107 482 288 268 409 557 325 248 187 042 102 712 33 118 155 646

100

896 407

100

1 648 666

Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV)

72 Prozent der Steuerpflichtigen mit Kindern und mit ihnen 72 Prozent der Kinder befinden sich in den Lohnsegmenten bis 100 000 Franken Reineinkommen.

43 Prozent der Steuerpflichtigen mit Kindern und mit ihnen 45 Prozent der Kinder befinden sich in den Lohnsegmenten von 60 000 bis 100 000 Franken Reineinkommen.

Familienhaushalte mit mindestens 1 Kind unter 18 Jahren nach Familientyp (In Tausend)

(Ehe-)Paar ­ mit 1 Kind1 ­ mit 2 Kindern1 ­ mit 3 oder mehr Kindern1 Alleinerziehende ­ mit 1 Kind1 ­ mit 2 Kindern1 ­ mit 3 oder mehr Kindern1

1980

1990

2000

742.5 289.5 323.6 129.4 64.2 39.1 19.7 5.4

693.0 279.7 299.9 113.4 70.0 44.7 20.7 4.6

690.7 258.1 306.5 126.1 104.2 61.3 33.7 9.2

1

jeweils nur Kinder unter 18 Jahren Quelle: Bundesamt für Statistik

3

Reineinkommen = Steuerbares Einkommen + Kinderabzug + Kinderversicherungsabzug + Versicherungsprämien und Sparzinsen + Zweiverdienerabzug + Verheiratetenabzug.

4739

1.1.4.3

Durchschnittliche Kinderkosten und Existenzminimum des Kindes

Bei den Kinderkosten, die den Eltern anfallen, ist zu unterscheiden zwischen den direkten Kosten (alle den Kindern zuzuordnenden Haushaltsausgaben) und den indirekten Kosten (monetär bewerteter Zeitaufwand für Kinder, d.h. die Opportunitätskosten in Form des infolge der Kinderbetreuung ausfallenden Erwerbseinkommens und künftige Mindereinkünfte infolge Beeinträchtigung der beruflichen Karriere und der Sozialversicherungsansprüche). Die durchschnittlichen direkten Kinderkosten4 betragen monatlich bei ­

Alleinerziehenden mit 1 Kind 1092 Franken;

­

Paaren mit 1 Kind 819 Franken;

­

Paaren mit 2 Kindern 655 Franken pro Kind;

­

Paaren mit 3 Kindern 528 Franken pro Kind.

Die Kinderkosten sinken mit zunehmender Kinderzahl und steigen mit dem Alter eines Kindes. Die indirekten Kosten sind noch höher zu veranschlagen. Bei den tiefen Einkommen sind die Kinderkosten nicht nur wegen des tiefen Budgets, sondern auch aufgrund von staatlichen Subventionen wie beispielsweise verbilligten Krippenplätzen, Krankenkassenprämienverbilligungen, Stipendien etc. etwas reduziert.

Das Steuerrecht orientiert sich nicht an den effektiven direkten Kinderkosten, sondern berücksichtigt nur ein ungefähres Existenzminimum des Kindes. Für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (Notbedarf) nach Artikel 93 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SR 281.1) ist bei Kindern gemäss den von der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz im Jahr 2000 herausgegebenen Richtlinien mit folgenden monatlichen Beträgen zu rechnen: bis zu 6 Jahren Fr. 250.­ von 6 bis 12 Jahren Fr. 350.­ über 12 Jahren Fr. 500.­ Gemäss Angaben des Schweizerischen Verbands alleinerziehender Mütter und Väter (SVAMV) sind für das Existenzminimum, das dem Kind auf alle Fälle garantiert werden soll, drei verschiedene Ansätze (monatlich) gebräuchlich: Alter des Kindes

Berner Ansatz

Zürcher Ansatz

St. Galler Ansatz

0­6 Jahre 7­12 Jahre 13­16 Jahre ab 17 Jahren

195 Fr.

275 Fr.

375 Fr.

470 Fr.

200 Fr.

280 Fr.

375 Fr.

475 Fr.

250 Fr.

340 Fr.

410 Fr.

500 Fr.

4

Vgl. dazu «Familien in der Schweiz», Statistischer Bericht 2008 des Bundesamtes für Statistik, S. 14. Bei diesen durchschnittlichen direkten Kinderkosten wird dem Umstand, ob nur einer oder beide Partner eines Paares arbeiten, keine Rechnung getragen.

4740

Die vom damaligen Vorsteher des EFD, Bundesrat Kaspar Villiger, eingesetzte Expertenkommission «Familienbesteuerung» veranschlagte in ihrem 1998 publizierten Bericht das Existenzminimum eines Kindes auf rund 7200 Franken pro Jahr (d.h.

600 Franken pro Monat). Sie schlug daher einen Kinderabzug in dieser Höhe vor, der einheitlich für alle Altersklassen gewährt werden sollte. Zwar koste ein Säugling fraglos weniger als ein Kind kurz vor der Volljährigkeit, doch dränge sich hier eine Vereinfachung auf. Umstrittener sei vielmehr die Frage, ob mehrere Kinder in einer Familie durchschnittlich mehr oder weniger kosten als eines. In der Schweiz werde eher von abnehmenden Grenzkosten ausgegangen, während das deutsche Recht ab dem dritten Kind ein höheres Kindergeld vorsehe. Die Kommission verzichtete aus Gründen der Praktikabilität jedoch darauf, den Kinderabzug nach dem Alter der Kinder und der Kinderzahl zu differenzieren5.

Gemäss den Angaben des SECO können die Kosten für die vollzeitliche Drittbetreuung von Kindern in Kinderkrippen ohne Subventionen bis zu 2000 Franken pro Monat ausmachen. Die Krippentarife hängen jedoch stark von der Einkommenshöhe der Steuerpflichtigen und dem Umfang der staatlichen Subventionierung ab.

Gemäss dem Bericht des Bundesamtes für Statistik «Familien in der Schweiz», Statistischer Bericht 2008 (S. 14 und 37) betragen die durchschnittlichen Kosten für die familienergänzende Kinderbetreuung 400­500 Franken pro Monat.

1.1.5

Heutige steuerliche Entlastungen für Familien mit Kindern

1.1.5.1

Einleitende Bemerkungen

Kosten der Lebenshaltung einer steuerpflichtigen Person und ihrer Familie sind Aufwendungen, die nicht mit der Einkommenserzielung zusammenhängen, sondern der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse dienen und damit Einkommensverwendung darstellen. Aufwendungen für den Unterhalt der steuerpflichtigen Person und ihrer Familie sind daher grundsätzlich steuerlich nicht abziehbar. Um der persönlichen wirtschaftlichen Situation der Steuerpflichtigen jedoch gerecht zu werden, sieht der Gesetzgeber Sozialabzüge vor, die nicht von bestimmten effektiven Aufwendungen der steuerpflichtigen Person abhängig gemacht werden, sondern gestützt auf ihren sozialen oder familiären Status gewährt werden (Familienstand, Anzahl Kinder, Unterstützungspflichten, Alter etc.). Ziel der Sozialabzüge ist letztlich eine gerechte Ausbalancierung der Steuerlasten von verschiedenen Gruppen von Steuerpflichtigen, die in unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen leben. Den Kinderkosten trägt daher schematisch der Kinderabzug Rechnung. Um nicht «Kosten» Rechnung zu tragen, die in Wirklichkeit gar nicht angefallen sind, findet im Steuerrecht nur das ungefähre Existenzminimum der Kinder Berücksichtigung.

5

Bericht der Expertenkommission zur Überprüfung des schweizerischen Systems der Familienbesteuerung, Kommission Familienbesteuerung, Bern 1998, S. 20.

4741

1.1.5.2

Direkte Bundessteuer

Den Kinderkosten wird bei der direkten Bundessteuer zurzeit neben der Gewährung des milderen Verheiratetentarifs für Ehepaare und Alleinerziehende mit den folgenden kinderrelevanten Abzügen von der Bemessungsgrundlage Rechnung getragen: ­

jährlicher Kinderabzug von 6100 Franken pro Kind (Art. 213 Abs. 1 Bst. a DBG in Verbindung mit Art. 7 Bst. a der Verordnung über die kalte Progression, [VKP, SR 642.119.2]);

­

jährlicher Abzug für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen von 700 Franken pro Kind (Art. 212 Abs. 1 DBG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 VKP).

Simulationen der ESTV haben ergeben, dass die beiden kinderrelevanten Abzüge Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer von 742 Millionen Franken zur Folge haben, wenn von einem geschätzten Steuer-Sollertrag bei der direkten Bundessteuer der natürlichen Personen für die Steuerperiode 2008 von 9,4 Milliarden Franken ausgegangen wird.

1.1.5.3

Kantonale Steuergesetze

Das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG, SR 642.11) macht den Kantonen keine Vorschriften in Bezug auf Sozialabzüge (Art. 9 Abs. 4 StHG). Fast alle Kantone sehen für minderjährige oder in Ausbildung stehende Kinder, für deren Unterhalt die steuerpflichtige Person sorgt, Kinderabzüge von der Bemessungsgrundlage vor. Die Abzüge unterscheiden sich allerdings in der Ausgestaltung und in der Höhe des Betrages. Einige Kantone gewähren nach Alter des Kindes abgestufte Abzüge.

Eine Übergangsbestimmung im StHG erlaubt es den Kantonen, bis zur Inkraftsetzung der Reform der Ehepaar- und Familienbesteuerung einen Abzug für die während der Erwerbstätigkeit der Eltern entstehenden Kinderbetreuungskosten vorzusehen (Art. 72c StHG). Darauf gestützt kennen gegenwärtig 24 Kantone einen Abzug für die Kosten der Fremdbetreuung von Kindern in unterschiedlicher Ausgestaltung.6 Keinen Abzug gewähren zurzeit die Kantone Schwyz und Tessin. Zum überwiegenden Teil können die nachgewiesenen Kosten der Kinderbetreuung durch Dritte bis zu einem bestimmten Maximalbetrag abgezogen werden. In einigen Kantonen werden sämtliche effektiven Kosten als Gewinnungskosten zum Abzug zugelassen.

Diejenigen Kantone, die den Abzug betragsmässig limitieren, sehen einen maximalen Abzug von durchschnittlich rund 5000 Franken vor. Auch die Altersgrenze, bis zu welcher eine Drittbetreuung eines Kindes steuerlich berücksichtigt wird, sowie die Anspruchsberechtigung sind in den Kantonen unterschiedlich geregelt. Die Altersgrenze variiert beispielsweise zwischen 12 und 16 Jahren.

6

Vgl. dazu http://www.estv.admin.ch/d/dokumentation/publikationen/dok/ steuermaeppchen/kind-be.pdf

4742

1.1.6

Parlamentarische Vorstösse zur Familienbesteuerung

In den letzten Jahren wurden diverse parlamentarische Vorstösse eingereicht, in welchen Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern gefordert werden. Nachstehende Vorstösse sind noch hängig oder wurden bereits überwiesen: Allgemeine Entlastung von Familien mit Kindern ­

Parlamentarische Initiative Meier-Schatz. Sofortmassnahmen zur Entlastung von Familien mit Kindern (08.461); hängig

­

Parlamentarische Initiative Schwaller. Sofortmassnahmen zur Entlastung von Familien mit Kindern (08.472); hängig

Kinderzulagen: ­

Parlamentarische Initiative Meier-Schatz. Steuerbefreiung der Kinder und Ausbildungszulagen (07.470); hängig

­

Standesinitiative SG. Befreiung der Kinder- und Ausbildungszulagen (08.302); hängig

­

Standesinitiative AG. Befreiung der Kinder- und Ausbildungszulagen.

Änderung von Artikel 7 StHG (08.308); hängig

Kinderbetreuungskosten und Kinderbetreuungsstätten: ­

Parlamentarische Initiative FDP-Fraktion. Kinderbetreuungsabzüge im Steuerrecht des Bundes endlich realisieren (07.438); hängig

­

Parlamentarische Initiative FDP-Fraktion. Kinderbetreuungsabzüge im kantonalen Steuerrecht ermöglichen (07.439); hängig

­

Motion Schmid. Steuerabzug für die Kinderbetreuung durch Dritte (08.3166); hängig

Alimentenbesteuerung: ­

Motion Parmelin. Steuerpflicht und abwechselnde Betreuung der Kinder (05.3319); überwiesen

­

Motion Amstutz. Besteuerung der Alimente bei geschiedenen oder getrennt lebenden Eltern (09.3129); hängig

­

Motion Baettig. Anpassung der Steuerabzüge für geschiedene Eltern mit volljährigen Kindern in Ausbildung (09.3239); hängig

Besteuerung der Alleinerziehenden: ­

Standesinitiative SG. Gerechte Familienbesteuerung (06.305); hängig

Spezieller Kindertarif: ­

Postulat Meier-Schatz. Familienbesteuerung. Das Kind als Ausgangspunkt (06.3692); überwiesen

­

Motion Schwaller. Einführung eines Kindertarifes (08.3588); hängig

­

Motion Meier-Schatz. Einführung eines Kindertarifes (08.3585); hängig 4743

Eigenbetreuungsabzug: ­

Motion von Rotz. Keine steuerliche Diskriminierung der familieninternen Kinderbetreuung (08.3890); hängig

­

Parlamentarische Initiative der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei.

Steuerliche Entlastung von eigenverantwortlichen Familien (08.514); hängig

1.2

Steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern

1.2.1

Reformziele

1.2.1.1

Allgemeines

Die steuerliche Entlastung von Familien ist aus volkswirtschaftlicher und familienpolitischer Sicht von grosser Wichtigkeit. Der Bundesrat hat daher am 12. November 2008 beschlossen, anstelle von zeitraubenden Reformprojekten mit ungewissem Ausgang rasch umzusetzende Verbesserungen bei der Besteuerung der natürlichen Personen anzustreben. Da Kinder die grösste finanzielle Belastung für Paare sowie für alleinerziehende Personen darstellen, soll der Fokus auf die bessere Berücksichtigung der Kinderkosten im Steuerrecht gerichtet werden.

Neben der steuerlichen Entlastung von Familien sollen in der Reform zusätzlich die Besteuerung der getrennt lebenden Eltern gemäss deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sichergestellt und die kantonale Tarifautonomie bei der Besteuerung der Alleinerziehenden wiederhergestellt werden.

113 000 Haushalte mit Kindern (Haushalte von Verheirateten und von Alleinerziehenden mit minderjährigen oder volljährigen Kindern) bezahlen wegen ihres tiefen Einkommens bereits nach geltendem Recht keine direkte Bundessteuer. Diese Haushalte machen 12 Prozent aller Haushalte mit Kindern aus. Sie können durch eine Reform des DBG nicht entlastet werden, es sei denn, dass Steuergutschriften ausbezahlt werden.

Es ist anzumerken, dass der Bedarf für steuerliche Entlastungen primär beim Mittelstand besteht, da die Steuerpflichtigen in diesem Einkommensbereich die Kinderkosten in der Regel vollumfänglich zu tragen haben, denn tiefe Einkommen profitieren regelmässig von staatlichen Subventionen wie beispielsweise verbilligten Krippenplätzen, Krankenkassenprämienverbilligungen, Stipendien etc.

1.2.1.2

Stossrichtungen

Der Bundesrat will mit der Reform die horizontale Steuergerechtigkeit verbessern.

Steuerpflichtige mit gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sollen steuerlich gleich belastet werden.

­

Bei der ersten Stossrichtung steht dabei die Verbesserung der horizontalen Steuergerechtigkeit zwischen Steuerpflichtigen mit Kindern und solchen ohne Kinder im Vordergrund.

Steuerpflichtige, die mit Kindern zusammenleben oder diese in ihrer Ausbildung finanziell unterstützen, weisen im Verhältnis zu Steuerpflichtigen mit gleichem Einkommen, aber ohne derartige Verpflichtungen, eine geringere

4744

Leistungsfähigkeit auf. Diesem Unterschied ist Rechnung zu tragen, indem im Rahmen der ersten Stossrichtung die generelle steuerliche Entlastung von Eltern mit Kindern ausgedehnt werden soll.

­

1.2.1.3

Bei der zweiten Stossrichtung sollen erwerbstätige Eltern, welche ihre Kinder fremdbetreuen lassen, und Haushalte, bei denen mindestens ein Elternteil die Kinder selbstbetreut, steuerlich nach Massgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit möglichst gleichbehandelt werden.

Besteuerung nach der subjektiven oder objektiven Leistungsfähigkeit

Bei der Ausgestaltung des Steuersystems kann auf die objektive oder auf die subjektive Leistungsfähigkeit einer Person abgestellt werden. Bei beiden Modellen stellen die Einkünfte der steuerpflichtigen Person, gekürzt um die für die Einkommenserzielung erforderlichen Ausgaben (Gewinnungskosten), den Ausgangspunkt für die Steuerbemessung dar.

Bei der Besteuerung aufgrund der subjektiven Leistungsfähigkeit wird darüber hinaus den konkreten, individuellen Verhältnissen der steuerpflichtigen Person Rechnung getragen. Intention dieses Systems ist es, den existenznotwendigen Lebensbedarf für die Kinder von der Steuer freizustellen. Dies bedeutet namentlich, dass die Kinderkosten bei der Festsetzung der Steuerlast berücksichtigt werden.

Diese Berücksichtigung erfolgt in Gestalt eines Abzugs von der Bemessungsgrundlage, der sich (zufolge der progressiven Ausgestaltung des Steuertarifs) abhängig von der Einkommenshöhe unterschiedlich auswirkt. Bei Personen, die aufgrund eines zu tiefen Einkommens keine Steuern entrichten, hat die Berücksichtigung der Kinderkosten keine Wirkung.

Massnahmen zur Entlastung von Familien mit Kindern, die auf dem Prinzip der subjektiven Leistungsfähigkeit basieren, können beispielsweise sein: ­

die Erhöhung des Kinderabzuges von der Bemessungsgrundlage;

­

die Einführung eines Kinderbetreuungsabzuges von der Bemessungsgrundlage.

Im System der objektiven Leistungsfähigkeit bleiben die Kinderlasten bei der Verteilung der Steuerlasten unberücksichtigt; den Kinderlasten kann dann aber gegebenenfalls mit sozialpolitischen Massnahmen ausserhalb des Steuersystems Rechnung getragen werden. Diese Massnahmen können allerdings aus Praktikabilitätsgründen an das Steuerrecht anknüpfen. Sie sind dadurch charakterisiert, dass sie sich für alle Personen in gleichem Masse auswirken, wie dies namentlich pro Kind einheitliche steuerfreie Direktzahlungen oder Gutscheine gewährleisten.

Massnahmen zur Entlastung von Familien mit Kindern, die auf dem Grundsatz der objektiven Leistungsfähigkeit beruhen, sind z.B.: ­

ein Abzug vom Steuerbetrag bzw. Steuergutschriften;

­

die Steuerbefreiung der Kinderzulagen;

­

Betreuungsgutscheine für die familienergänzende Kinderbetreuung oder Subventionen für Kinderbetreuungseinrichtungen.

4745

Das geltende Steuersystem geht von der subjektiven Leistungsfähigkeit aus. Dabei handelt es sich in erster Linie um ein politisches Werturteil. Beide Systeme sind in sich konsistent. Der vollständige Übergang von der heute geltenden subjektiven Leistungsfähigkeit zur objektiven Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Berücksichtigung der Kinderkosten würde einen grösseren Umbau der geltenden Steuer- und Sozialsysteme nach sich ziehen.

1.2.1.4

Kriterien der Reformziele

Für den Bundesrat stehen für die Reformziele die folgenden Kriterien im Vordergrund: ­

Keine steuerpflichtige Person mit oder ohne Kinder soll nach der Reform mehr Steuern bezahlen müssen.

­

Alle Eltern mit Kindern, die eine direkte Bundessteuer zahlen, sollen unabhängig vom Zivilstand steuerlich entlastet werden, damit die steuerliche Gleichbehandlung von steuerpflichtigen Personen mit und ohne Kinder gewährleistet ist.

­

Steuerpflichtigen mit selbst- oder fremdbetreuten Kindern sollen gemäss ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden. Gleichzeitig soll damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden.

­

Die Reform soll innert nützlicher Frist und unkompliziert umgesetzt werden können.

­

Die Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer sollen 600 Millionen Franken nicht überschreiten.

1.2.2

Vernehmlassungsvorlage

1.2.2.1

Vorgeschlagene Lösungen

Der Bundesrat eröffnete die Vernehmlassung zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern am 11. Februar 2009. Die Vernehmlassungsfrist dauerte bis zum 15. April 2009.

In der Vernehmlassung wurden zwei Lösungsmöglichkeiten ­ die Kombinationslösung und der Elterntarif ­ zur Diskussion gestellt: Die Kombinationslösung beinhaltet einerseits die Erhöhung des Kinderabzuges und andererseits die Einführung eines Abzuges für die Fremdbetreuung der Kinder: ­

Der Kinderabzug soll bei der direkten Bundessteuer von heute 6100 Franken pro Kind um 2000 Franken auf 8100 Franken erhöht werden. Der Versicherungsabzug für Kinder von heute 700 Franken soll im Sinne einer Vereinfachung in den Kinderabzug integriert werden. Der zukünftige Kinderabzug würde somit 8800 Franken betragen.

­

Zudem soll ein anorganischer Abzug für die von den Familien getragenen Kosten der Fremdbetreuung von Kindern, jedoch maximal 12 000 Franken pro Kind, bei der direkten Bundessteuer eingeführt werden. Die Kantone

4746

sollen verpflichtet werden, einen entsprechenden Abzug auch im kantonalen Recht einzuführen.

Beim Elterntarif wird anstelle der Erhöhung des Kinderabzuges die Einführung eines dritten Tarifs für Ehepaare mit Kindern und alleinerziehende Steuerpflichtige vorgeschlagen. Es wurden drei Varianten berechnet, die wie die Kombinationslösung zusätzlich die Einführung eines Abzuges für die Drittbetreuung der Kinder vorsehen: ­

In Variante A werden die Abzüge für das erste Kind ­ in gegenüber dem heutigen Recht unveränderter Höhe ­zusammen mit zusätzlichen Mindereinnahmen in Höhe von 185 Millionen Franken in den Freibetrag (Betrag, bis zu welchem keine Bundessteuer anfällt) eingebaut, sodass der Freibetrag im dritten Tarif mit 37 300 Franken angesetzt werden kann. Die kinderbezogenen Abzüge ab dem zweiten Kind werden auf ihrem derzeitigen Niveau belassen. Im Vergleich zur Kombinationslösung würden Haushalte mit einem Kind mit dieser Variante günstiger, solche mit mehreren Kindern hingegen schlechter fahren.

­

Variante B unterscheidet sich von Variante A insofern, als die kinderbezogenen Abzüge ab dem zweiten Kind auf 8800 Franken erhöht werden, sodass kinderreiche Haushalte stärker entlastet werden. Dadurch kann der Freibetrag aber weniger stark, nämlich nur auf 35 500 Franken angehoben werden. Ausser im obersten Einkommensbereich, wo sogar Mehrbelastungen gegenüber dem Status quo auftreten könnten, resultieren bei Variante B die gleichen Belastungsrelationen wie bei der Kombinationslösung.

­

Bei Variante C ist vorgesehen, dass neben den bereits bestehenden kinderrelevanten Abzügen (in unveränderter Höhe) eine zusätzliche Reduktion vom Steuerbetrag um 170 Franken je Kind gewährt werden soll. Ergibt sich daraus ein Steuerbetrag von weniger als null, so erfolgt keine Auszahlung zu Gunsten der steuerpflichtigen Person. Die Entlastung würde im mittleren Einkommensbereich grösser und im oberen Einkommensbereich kleiner als bei der Kombinationslösung ausfallen.

Im Weiteren schlug der Bundesrat vor, die Vorschrift über die Ermässigung für Alleinerziehende im StHG ersatzlos zu streichen, um den vom Bundesgericht gerügten verfassungswidrigen Eingriff in die Tarifhoheit der Kantone zu beseitigen. Bei der direkten Bundessteuer sollte die geltende Regelung beibehalten werden. Bei den getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht sollte im DBG jeder Elternteil unter bestimmten Voraussetzungen den halben Kinderabzug geltend machen können.

1.2.2.2

Vernehmlassungsergebnisse

1.2.2.2.1

Entlastung von Familien mit Kindern

Die Auswertung der im Rahmen der Vernehmlassung eingegangenen Stellungnahmen hat aufgezeigt, dass die Zielsetzung der Vorlage, Familien mit Kindern steuerlich zu entlasten, grossmehrheitlich begrüsst wird. Bei der Frage, wie diese Entlastung erfolgen soll, sind die Meinungen kontrovers.

4747

Die Kantone, die Finanzdirektorenkonferenz, die FDP, die EDU, die EVP und die KVP sowie sieben Organisationen (economiesuisse, Schweizerischer Arbeitgeberverband, Schweizerischer Bäuerinnen- und Landfrauenverband, Schweizerischer Treuhänderverband, Schweizerischer Städteverband, Schweizerischer Gemeindeverband, Dachorganisation der Schweizer KMU) sprechen sich für die Erhöhung des Kinderabzugs und die Einführung eines Kinderbetreuungsabzugs aus (Kombilösung). Die FDP misst allerdings der Einführung des Kinderbetreuungsabzugs wesentlich mehr Bedeutung zu als der Erhöhung des Kinderabzugs. Die SVP befürwortet einzig die Erhöhung des Kinderabzugs, und zwar auf 11 000 Franken. Die Einführung eines Kinderbetreuungsabzugs lehnt sie vehement ab.

Für die Einführung des Elterntarifs votieren der Kanton Basel-Stadt, die Sozialdirektorenkonferenz, die CVP, die SP sowie die Grünen. Für die SP stellt allerdings einzig das Modell einer Steuergutschrift zusammen mit dem Kinderbetreuungsabzug eine akzeptable Lösung dar. Die Grünen würden eher einen Elterntarif anstelle des Verheiratetentarifs sowie eine Kindergutschrift auf dem Steuerbetrag bevorzugen.

Von den Organisationen begrüssen insbesondere der Schweizerische Gewerkschaftsbund, der Kaufmännische Verband Schweiz, travail.suisse, das Centre Patronal, die Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Frauen und Männer, die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen, die Evangelischen Frauen Schweiz, Pro Familia und der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen einen Elterntarif.

1.2.2.2.2

Besteuerung von Alleinerziehenden sowie von getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht

Der Vorschlag des Bundesrates zur Besteuerung der Alleinerziehenden (Streichung der StHG-Bestimmung, die den Kantonen die Gleichstellung der Besteuerung der Alleinerziehenden mit den Verheirateten vorschreibt) wird von der Mehrheit der Kantone (23) befürwortet. 13 Organisationen, die CVP, die SP, die SVP, die EVP und die Grünen lehnen den Vorschlag des Bundesrates ab.

Der Vorschlag zur Umsetzung der Motion Parmelin, der eine hälftige Teilung des Kinderabzugs für geschiedene oder getrennt lebende Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht beinhaltet, wird von der Mehrheit der Kantone (19), von 16 Organisationen und Privatpersonen, von der CVP, der SP, der SVP und den Grünen abgelehnt.

1.2.2.2.3

Weitere Bemerkungen

Viele Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer befürworten die dringliche Entlastung von Familien mit Kindern, weisen aber darauf hin, dass eine umfassende Reform der Familien- und Ehepaarbesteuerung, die den veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Rechnung trägt, nach wie vor geboten sei. Mit den stetigen kleinen Korrekturen am geltenden Recht bestehe die Gefahr der Inkohärenz im geltenden System. Sie fordern daher nach wie vor einen Systementscheid bezüglich gemeinsamer oder getrennter Besteuerung der Ehegatten. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer bemängeln zudem, dass die Reform zu keiner Vereinfachung des Steuersystems führt. Einige Kantone äussern ­ 4748

aufgrund der notwendigen IT-Anpassungen ­ Bedenken zum geplanten Inkrafttreten per 1. Januar 2010.

1.2.3

Grundsatzentscheid des Bundesrates

1.2.3.1

Elterntarif und Kinderbetreuungsabzug

1.2.3.1.1

Allgemeines

Nach Abwägung der Vor- und Nachteile der beiden in der Vernehmlassung vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten spricht sich der Bundesrat für die Einführung des Elterntarifs gemäss Variante C aus (vgl. Ziff. 1.2.2.1). Seiner Ansicht nach trägt diese Massnahme den beiden Stossrichtungen der Reform am besten Rechnung.

Zudem führt sie aufgrund der gesetzten Kriterien zielgerichtet zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern. Insbesondere werden Familien mit mittleren Einkommen stärker entlastet als bei der Kombinationslösung. Von den Kantonen wird der Elterntarif im Vergleich zur Kombinationslösung in der Umsetzung als komplizierter und langwieriger beurteilt. Aus ihrer Sicht könnte der Elterntarif daher frühestens per 1. Januar 2011 eingeführt werden.

Steuerpflichtige mit Kindern sollen zukünftig vom tiefsten Tarif, dem Elterntarif, profitieren können. Zusätzlich soll ein Abzug für die Fremdbetreuung der Kinder eingeführt werden.

1.2.3.1.2

Elterntarif

Mit der Einführung eines Elterntarifs werden alleinstehende Personen weiterhin zum geltenden Grundtarif, verheiratete Personen ohne Kinder zum geltenden Verheiratetentarif besteuert. Alle Steuerpflichtigen mit Kindern, die im geltenden Recht Anspruch auf den Verheiratetentarif und den Kinderabzug haben (verheiratete Eltern und Alleinerziehende), werden neu zum dritten und mildesten Tarif besteuert. Dieser Elterntarif geht vom heute geltenden Verheiratetentarif aus. Die heute bereits bestehenden kinderrelevanten Abzüge sollen unverändert beibehalten werden. Der aufgrund des Verheiratetentarifs berechnete Steuerbetrag wird im Elterntarif nun aber zusätzlich um 170 Franken pro Kind reduziert. Fällt die Unterhaltspflicht für das Kind weg, so werden die Eltern wieder zum Verheiratetentarif oder, wenn sie nicht verheiratet sind, zum Grundtarif besteuert.

Mit der Einführung des Elterntarifs werden generell Familien mit minderjährigen oder in Erstausbildung stehenden Kindern entlastet. In absoluten Zahlen ist die Entlastung unabhängig von der Progressionsstufe für alle Steuerpflichtige gleich.

Allerdings profitieren Steuerpflichtige, die keine oder nur eine sehr geringe direkte Bundessteuer bezahlen, vom Elterntarif nicht oder nur in geringem Ausmass. Die relative Entlastung, d.h. die Entlastung in Prozent des Einkommens, nimmt mit steigendem Einkommen ab. Im Vergleich mit der Kombinationslösung fällt die Entlastung im mittleren Einkommensbereich höher und im oberen Einkommensbereich tiefer aus.

4749

Berechnungen der ESTV haben ergeben, dass ein Abzug vom Steuerbetrag von 170 Franken pro Kind zu Mindereinnahmen von 185 Millionen Franken führt.

Davon entfallen 154 Millionen (83 %) auf den Bund. Die Kantone haben 31 Millionen (17 %) zu tragen.

1.2.3.1.3

Einführung eines Kinderbetreuungsabzuges

Um im Sinne des verfassungsrechtlichen Gebots der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine Gleichbehandlung der Eltern, die ihre Kinder selbstbetreuen, und jenen, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen, zu erreichen, schlägt der Bundesrat die Einführung eines Kinderbetreuungsabzuges vor. Im Sinne der vertikalen und horizontalen Harmonisierung sollte der Abzug für die Fremdbetreuungskosten zwingend sowohl im DBG als auch im StHG verankert werden und an die gleichen Voraussetzungen geknüpft werden. Die Festlegung des Maximalbetrages ist den Kantonen allerdings freigestellt.

Obwohl die durch die Fremdbetreuung der Kinder entstandenen Kosten eng mit der Einkommenserzielung zusammenhängen, gelten sie nach konstanter bundesgerichtlicher und kantonaler Rechtsprechung nicht als steuerlich abzugsfähige Berufsauslagen. Dies deshalb, weil sie nicht im Zusammenhang mit einer konkreten Erwerbstätigkeit stehen. Sie bilden vielmehr die Voraussetzung dafür, dass überhaupt eine ausserhäusliche Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann. Es sind somit typische Aufwendungen, die vorab von der persönlichen Situation der steuerpflichtigen Person abhängen. Es handelt sich mit anderen Worten um fixe Kosten, die unabhängig von einer konkreten, an einem bestimmten Ort ausgeübten Erwerbstätigkeit anfallen. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass vereinzelt die Kinderbetreuungskosten auch als Gewinnungskosten betrachtet werden (so z.B. im Kanton Obwalden).

Der Bundesrat schlägt daher vor, den Abzug für die effektiven Kosten der Fremdbetreuung von Kindern als anorganischen Abzug mit einer Obergrenze von 12 000 Franken im DBG zu konzipieren. Anorganische Abzüge werden für besondere Aufwendungen gewährt, die an sich Einkommensverwendung darstellen, aus ausserfiskalischen Gründen jedoch in gewissem Umfang steuerlich berücksichtigt werden. Massgebend sind dabei die in der jeweiligen Steuerperiode effektiv angefallenen Kosten, die vom Gesetzgeber bis zu einem bestimmten Höchstbetrag als abzugsberechtigt erklärt werden.

In der Vernehmlassungsvorlage wurde vorgeschlagen, den Abzug für jene Kinder vorzusehen, die das 16. Altersjahr noch nicht vollendet haben. Für sehr viele, insbesondere für die Kantone, ist diese Altersgrenze zu hoch angesetzt, da sich der Betreuungsaufwand für Kinder im oberen Bereich dieses Alterssegments in Grenzen
halten dürfte. Der Bundesrat hat daher beschlossen, dass allfällige Fremdbetreuungskosten in dem Jahr, in dem das minderjährige Kind 14 Jahre alt wird, nicht mehr geltend gemacht werden können.

Haushalte mit Kindern, die wegen eines zu tiefen Einkommens heute schon keine direkte Bundessteuer bezahlen, können vom Kinderbetreuungsabzug nicht profitieren (vgl. dazu Ziff. 1.2.1.1).

4750

Abzüge von der Bemessungsgrundlage verringern den effektiven durchschnittlichen Steuersatz (Verhältnis von Steuer und Bruttoeinkommen) bei der direkten Bundessteuer grundsätzlich je nach Höhe des Einkommens der Steuerpflichtigen unterschiedlich stark. Vgl. dazu die Aussagen zum Kinderabzug unter Ziffer 1.2.4.2.

Im Sinne der vertikalen und horizontalen Harmonisierung sollte der Abzug für die Fremdbetreuungskosten zwingend sowohl im DBG als auch im StHG verankert werden und an die gleichen Voraussetzungen geknüpft werden.

Die Einführung eines Kinderbetreuungsabzugs im DBG würde bei einem maximalen Abzug in der Höhe von 8500 Franken pro Kind zu insgesamt rund 315 Millionen Franken Mindereinnahmen führen. Bei einem maximalen Abzug von 10 000 Franken würden Mindereinnahmen von insgesamt rund 360 Millionen Franken entstehen. Eine Obergrenze von 12 000 Franken ­ wie vom Bundesrat vorgeschlagen ­ würde zu rund 420 Millionen Franken Mindereinnahmen führen. Davon entfallen 349 Millionen auf den Bund (83 %). Die Kantone haben 71 Millionen (17 %) zu tragen. Bei einem maximalen Abzug von 18 000 Franken würden Mindereinnahmen von insgesamt rund 580 Millionen Franken entstehen.

Die finanziellen Auswirkungen für die Kantone hängen davon ab, ob der betreffende Kanton bereits einen Abzug für Fremdbetreuungskosten kennt und ­ gegebenenfalls ­ ob der neue Abzug im StHG grosszügiger oder enger umschrieben wird als im jeweiligen kantonalen Recht.

1.2.3.1.4

Belastungsrelationen7

Vom Elterntarif und der Einführung eines Abzuges für die Fremdbetreuung der Kinder, die zusammen Mindereinnahmen von 600 Millionen Franken nach sich ziehen, profitieren alle Personen mit minderjährigen und in Ausbildung stehenden Kindern, sofern sie für deren Unterhalt sorgen. Keine Entlastung erfahren kinderlose Steuerpflichtige und Steuerpflichtige mit Kindern, die heute schon keine direkten Bundessteuern bezahlen. Konkret ergeben sich für die Konstellation mit einem und mit drei Kindern die nachstehenden Belastungsrelationen.

7

Vgl. dazu auch die Tabellen im Anhang, die Belastungsvergleiche der verschiedenen Kategorien von Steuerpflichtigen vor und nach der Revision sowie Belastungsvergleiche der verschiedenen Kategorien von Steuerpflichtigen nach der Revision enthalten.

4751

Elterntarif (bei 1 Kind) Neuer Kinderbetreuungsabzug (max. 12'000 CHF); Elterntarif: Steuer gemäss Verheiratetentarif (inkl. bisherige kinderbezogene Abzüge) abzüglich 170 CHF je Kind (Mindereinnahmen gegenüber dem Status quo von 600 Mio. CHF)

-170

-170

-170

-170

-1'550

-1'730

-1'625

-2'000

-1'730

-650 -170 90'000

-170

-553 -170 80'000

-170

-493 -170 70'000

-941

-318 -170 60'000

-1'000

Haushalte ohne Betreuungskosten

-731

-165 -165

0 0 30'000

50'000

0 0

0

0

Steuerersparnis (-) gegenüber dem Status quo in CHF

Haushalte mit maximalen Betreuungskosten

1'000'000

500'000

200'000

150'000

120'000

100'000

-3'000

Steuerbares Einkommen im Status quo vor kinderbezogenen Abzügen

Elterntarif (bei 3 Kindern) Neuer Kinderbetreuungsabzug (max. 12'000 CHF); Elterntarif: Steuer gemäss Verheiratetentarif (inkl. bisherige kinderbezogene Abzüge) abzüglich 170 CHF je Kind (Mindereinnahmen gegenüber dem Status quo von 600 Mio. CHF)

-510

-510

1'000'000

-4'650

500'000 -5'190

150'000

-7'000 120'000

-510

-1'180 -510 100'000

-6'000

200'000 -5'190

-793 -510 90'000

-5'000

-510

-493 -493 80'000

-4'000

-3'032

-246 -246 70'000

-3'000

-510

-129 -129 60'000

-2'000

-2'044

-29 -29

0 0 30'000

-1'000

Haushalte ohne Betreuungskosten

50'000

0 0

0

0

Steuerersparnis (-) gegenüber dem Status quo in CHF

Haushalte mit maximalen Betreuungskosten

Steuerbares Einkommen im Status quo vor kinderbezogenen Abzügen

Die nachfolgenden Tabellen zeigen jeweils für die Konstellationen mit einem Kind und mit drei Kindern, welche Steuerbelastungen sich beim vorgeschlagenen Elterntarif im Vergleich zum Status quo in Abhängigkeit des steuerbaren Einkommens vor den kinderbezogenen Abzügen8 ergeben.

8

Unter «steuerbares Einkommen vor kinderbezogenen Abzügen im Status quo» ist Folgendes zu verstehen: steuerbares Einkommen erhöht um Kinderabzug und Versicherungsabzug für Kinder. Alle anderen Abzüge (wie etwa ein allfälliger Zweiverdienerabzug) sind bereits berücksichtigt.

4752

Bei einem Kind Steuerbares Einkommen vor kinderbezogenen Abzügen

Steuer in CHF

Status quo

Keine Betreuungskosten Elterntarif Steuer in CHF

Maximale Betreuungskosten Elterntarif Steuer in CHF

0 30 000 50 000 60 000 70 000 80 000 90 000 100 000 120 000 150 000 200 000 500 000 1 000 000

0 0 165 318 601 924 1 324 1 805 3 014 5 962 12 462 51 462 114 218

0 0 0 148 431 754 1 154 1 635 2 844 5 792 12 292 51 292 114 048

0 0 0 0 108 371 674 1 074 2 073 4 337 10 732 49 732 112 668

Status quo

Bei drei Kindern Steuerbares Einkommen vor kinderbezogenen Abzügen

Steuer in CHF

Keine Betreuungskosten Elterntarif Steuer in CHF

Maximale Betreuungskosten Elterntarif Steuer in CHF

0 30 000 50 000 60 000 70 000 80 000 90 000 100 000 120 000 150 000 200 000 500 000 1 000 000

0 0 29 129 246 493 793 1 180 2 147 4 347 10 694 49 694 112 654

0 0 0 0 0 0 283 670 1 637 3 837 10 184 49 184 112 144

0 0 0 0 0 0 0 0 103 1 315 5 504 44 504 108 004

4753

1.2.3.2

Besteuerung der alleinerziehenden Steuerpflichtigen

1.2.3.2.1

Geltendes Recht und Änderungsbedarf

Gemäss Artikel 11 Absatz 1 StHG sind verheiratete Personen im Vergleich zu den Alleinstehenden steuerlich angemessen zu entlasten. Die gleiche Ermässigung ist den verwitweten, getrennt lebenden, geschiedenen und ledigen Steuerpflichtigen zu gewähren, die mit Kindern oder unterstützungsbedürftigen Personen zusammenleben und deren Unterhalt sie zur Hauptsache bestreiten.

Auch im DBG erhalten diese Steuerpflichtigen die gleiche tarifliche Ermässigung wie Ehepaare (Art. 214 Abs. 2 DBG). Der Verheiratetentarif wird somit sämtlichen Steuerpflichtigen gewährt, die mit Kindern zusammenleben, unabhängig davon, ob sie alleinerziehend sind oder im Konkubinat leben9.

In der vorherrschenden Doktrin wird die im StHG und im DBG verankerte steuerliche (tarifliche) Gleichbehandlung von verheirateten und alleinerziehenden Personen seit Längerem kritisiert. Begründet wird dies damit, dass eine alleinerziehende Person grundsätzlich leistungsfähiger sei als ein Ehepaar mit dem gleichen Einkommen und der gleichen Anzahl Kinder, da bei Letzteren das Einkommen für zwei erwachsene Personen ausreichen müsse. Als besonders stossend wird die Gleichstellung empfunden, wenn zwei unverheiratete Personen ­ je mit eigenen Kindern ­ im Konkubinat zusammenleben, weil in diesem Fall beide Partner in der Regel vom milderen Tarif und den Kinderabzügen profitieren können, jedoch ohne dass ihre Einkommen wie bei einem Ehepaar addiert werden. Die Bestimmung verstosse daher gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Gemäss der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts10 ist diese Kritik begründet. Eine alleinstehende Person mit Kind habe zwar höhere Ausgaben als eine alleinstehende Person ohne Kind, jedoch geringere Ausgaben als ein Ehepaar mit Kind.

Zudem hält das Bundesgericht fest, dass Artikel 11 Absatz 1 StHG in die verfassungsmässige Tarifautonomie der Kantone eingreife. Aufgrund des klaren Wortlauts der Bestimmung und der Materialien kommt das Bundesgericht jedoch zum Schluss, dass ­ obwohl die Bestimmung verfassungswidrig sei ­ den unverheirateten Steuerpflichtigen, die mit Kindern oder unterstützungsbedürftigen Personen zusammenleben und deren Unterhalt zur Hauptsache bestreiten, unter geltendem Recht die «exakt gleiche (tarifliche) Ermässigung» zukommen müsse wie den Verheirateten.
Das Bundesgericht hält dabei explizit auch fest, dass der Verheiratetentarif auch dann gewährt werden muss, wenn die alleinerziehende Person im Konkubinat lebt.

Eine Beschränkung auf «tatsächlich» alleinerziehende Personen, wie dies einzelne Kantone in ihrem Steuergesetz vorgesehen hatten, verstosse daher gegen die Vorgabe des Steuerharmonisierungsgesetzes.

Aufgrund dieses Entscheides mussten einige Kantone ihre Steuergesetze anpassen und den Alleinerziehenden genau die gleiche Ermässigung wie den Ehepaaren gewähren. Verschiedene Kantone sind aber wie das Bundesgericht der Ansicht, dass die vorgeschriebene tarifliche Gleichstellung von Ein- und Zweielternfamilien mit dem Rechtsgleichheitsgebot bzw. dem Prinzip der Besteuerung nach Massgabe der 9

10

Im Jahre 2005 gab es in der Schweiz 190 000 Alleinerziehende. Davon zahlten rund 56 000 wegen zu tiefem Einkommen keine direkte Bundessteuer (Statistik direkte Bundessteuer).

Vgl. dazu BGE 131 II 710 und BGE 131 II 697.

4754

wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht vereinbar sei und fordern vehement eine gesetzliche Anpassung von Artikel 11 StHG.

1.2.3.2.2

Neue Regelung

DBG Obwohl Alleinerziehende und Ehepaare mit Kindern nicht die gleiche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufweisen, sieht der Bundesrat vor, sämtlichen Alleinerziehenden bei der direkten Bundessteuer weiterhin den Verheiratetentarif zu gewähren.

Infolge der per 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Sofortmassnahmen bei der direkten Bundessteuer haben Ehepaare Anspruch auf den Verheiratetenabzug und sind damit steuerlich mindestens leicht bessergestellt als Alleinerziehende mit demselben Einkommen (siehe Tabelle im Anhang).

Auch hinsichtlich der Definition der alleinerziehenden Person ist nach Auffassung des Bundesrates keine Änderung angezeigt. Eine Einschränkung auf «tatsächlich Alleinerziehende» wäre zwar aus rechtlicher Sicht denkbar, aber nicht praktikabel.

In der heutigen Zeit gibt es unterschiedliche Konkubinatstypen. So ist es durchaus möglich, dass eine alleinerziehende Person zwar in einem Konkubinat lebt, jedoch finanziell von keinen Synergieeffekten profitiert, weil der Konkubinatspartner nichts an die Haushaltskosten beiträgt. Auch gibt es dauerhafte und weniger dauerhafte Konkubinatsbeziehungen, sodass der Ist-Zustand am Ende der Steuerperiode nicht zwingend die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit während des Jahres wiedergibt. Bei der Abklärung, ob ein Konkubinatsverhältnis besteht oder nicht, wären die Steuerverwaltungen weitgehend auf die Aussagen der Steuerpflichtigen angewiesen. Eine wirksame oder flächendeckende Kontrolle ist mangels Registrierung der Konkubinatspaare nicht möglich. Aus diesem Grund wird darauf verzichtet, die Anwendung des Verheiratetentarifs auf die «tatsächlich Alleinerziehenden» zu beschränken.

Damit wird gleichzeitig auch verhindert, dass es für Alleinerziehende zu Mehrbelastungen gegenüber dem Status quo kommen kann.

StHG Der Bundesrat sieht nicht zuletzt auch aufgrund der Forderung verschiedener Kantone vor, in Artikel 11 Absatz 1 StHG die entsprechende Passage (zweiter und dritter Satz) betreffend Alleinerziehende ersatzlos zu streichen. Damit wird der vom Bundesgericht gerügte verfassungswidrige Eingriff in die Tarifhoheit der Kantone beseitigt. Es wird mithin den Kantonen überlassen, auf welche Weise sie die Alleinerziehenden gegenüber den Alleinstehenden entlasten wollen. Schranken werden den Kantonen dabei durch das verfassungsmässige Prinzip der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und durch die entsprechende bundesgerichtliche Rechtsprechung gesetzt, wonach Alleinerziehende milder zu besteuern sind als Alleinstehende. Das StHG äussert sich somit künftig nur noch zu den Belastungsrelationen zwischen den verheirateten Personen, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, und den alleinstehenden Steuerpflichtigen (Art. 11 Abs. 1 erster Satz).

4755

1.2.3.3

Besteuerung der getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge

1.2.3.3.1

Geltendes Recht und Änderungsbedarf

Im DBG kann grundsätzlich derjenige Elternteil den Kinderabzug beanspruchen, bei welchem das unmündige Kind wohnt (Art. 213 Abs. 1 Bst. a DBG). Diesem wird auch der Tarif für Verheiratete gewährt (Art. 214 Abs. 2 DBG). Die Zuteilung des Kinderabzugs sowie des anzuwendenden Tarifs wird im Kreisschreiben Nr. 7 vom 20. Januar 2000 «Familienbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG); Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf unverheiratete Eltern und die gemeinsame Ausübung elterlicher Sorge durch getrennte oder geschiedenen Eltern» weiter ausgeführt. Für die Fälle, in denen sich das Kind in alternierender Obhut beider Elternteile befindet und keine Beiträge von einem Elternteil an den anderen für den Unterhalt des Kindes fliessen, sieht das Kreisschreiben vor, dass das Ausmass der Obhut jedes Elternteils das massgebende Kriterium für die Zuteilung des Kinderabzugs und für die Gewährung des Verheiratetentarifs ist. Demjenigen Elternteil, der den bedeutenderen Anteil an der tatsächlichen Betreuung übernimmt, werden der Kinderabzug sowie der mildere Tarif gewährt.

Wenn beide Elternteile in gleichem Ausmass die tatsächliche Betreuung übernehmen, bildet das höhere Einkommen das entscheidende Kriterium für die Zuteilung.

Bezahlt trotzdem einer der Elternteile dem anderen einen Unterhaltsbeitrag, so wird dieser Fall so geregelt, wie wenn keine alternierende Obhut vorläge.

Mit der überwiesenen Motion Parmelin (05.3319) wird verlangt, dass die steuerliche Ungleichbehandlung von geschiedenen oder in Trennung lebenden Steuerpflichtigen korrigiert wird, die gemeinsam das Sorgerecht für ihre Kinder haben und diese abwechselnd betreuen.

1.2.3.3.2

Neue Regelung im DBG

Haben sich die Eltern bei der Scheidung oder gerichtlichen Trennung in einer genehmigungsfähigen Vereinbarung über ihre Anteile an der Betreuung des Kindes und die Verteilung der Unterhaltskosten verständigt, so belässt das Gericht auf gemeinsamen Antrag beider Eltern die (gemeinsame) elterliche Sorge, sofern dies mit dem Kindeswohl vereinbar ist (Art. 133 Abs. 3 ZGB). Bei unverheirateten Eltern überträgt die Vormundschaftsbehörde auf gemeinsamen Antrag der Eltern die (gemeinsame) elterliche Sorge (Art. 298a Abs. 1 ZGB). Geplant ist allerdings, dass die gemeinsame elterliche Sorge zukünftig im Interesse des Kindeswohls für geschiedene sowie für nicht miteinander verheiratete Eltern zur Regel werden soll11.

11

Der Bundesrat hat am 28. Januar 2009 eine entsprechende Revision des ZGB bis zum 30. April 2009 in die Vernehmlassung geschickt, vgl. dazu den Vorentwurf sowie den Bericht zum Vorentwurf einer Teilrevision des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Elterliche Sorge) und des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Art. 220) vom Januar 2009 unter: http://www.ejpd.admin.ch/etc/medialib/data/gesellschaft/gesetzgebung/ elterlichesorge.Par.0004.File.tmp/entw-d.pdf http://www.ejpd.admin.ch/etc/medialib/data/gesellschaft/gesetzgebung/ elterlichesorge.Par.0001.File.tmp/vn-ber-d.pdf

4756

Für diese Fälle schlug der Bundesrat in der Vernehmlassung eine Änderung bei der Zuteilung des Kinderabzuges vor. Jeder Elternteil sollte den halben Abzug geltend machen können, sofern keine Abzüge für Unterhaltsbeiträge an die Kinder nach Artikel 33 geltend gemacht werden. Die letztgenannte Voraussetzung ist notwendig, damit nicht eine doppelte Entlastung (Kinderabzug und Abzug für Alimente) stattfindet. Im Hinblick auf eine vollzugstaugliche Lösung soll dies unabhängig davon erfolgen, ob sich das Kind in alternierender Obhut befindet oder nicht. Dies deshalb, weil der Veranlagungsbehörde nicht zugemutet werden kann, den effektiven Anteil jedes Elternteils an der Obhut des Kindes zu ermitteln. Die Aufteilung des Kinderabzugs, wie sie in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagen ist, stösst sowohl in den Kantonen als auch bei vielen anderen Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern auf Ablehnung; dies einerseits aus Praktikabilitätsgründen und andererseits, weil individuellere Lösungen gefordert werden. Trotzdem scheint es aus Gründen der rechtlichen Gleichbehandlung angebracht, unter bestimmten vollzugstauglichen Voraussetzungen eine hälftige Zuteilung des Kinderabzuges, wie sie in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagen wurde, einzuführen.

1.2.4

Weitere untersuchte Lösungsmöglichkeiten

1.2.4.1

Allgemeines

Im Rahmen von Vorarbeiten zur Reform untersuchte eine vom Vorsteher des EFD eingesetzte Arbeitsgruppe12 verschiedene Alternativen zur Milderung der steuerlichen Belastung von Familien mit Kindern13.

Allgemein lässt sich festhalten, dass die Alternativen je nach Ausgestaltung entweder für alle steuerzahlenden Personen mit Kindern oder nur für einen Teil dieser Personen zu einer Steuerentlastung führen. Für die steuerpflichtigen Personen mit Kindern, welche wegen eines tiefen Einkommens heute bereits keine direkte Bundessteuer zu bezahlen haben, ergeben sich keine Entlastungen.

Würde bei der Ausgestaltung der Familienbesteuerung die objektive Leistungsfähigkeit in Reinform berücksichtigt (keine Kinderabzüge mehr von der Bemessungsgrundlage, Steuerbefreiung der Kinderzulagen, Abzug vom Steuerbetrag), so würden sich die entsprechenden Massnahmen für alle steuerpflichtigen Personen mit Kindern betragsmässig gleich auswirken, unabhängig von ihrer Einkommenshöhe.

Werden diese Massnahmen nicht isoliert betrachtet, sondern mit der Steuerbelastung nach heutigem Recht verglichen, so ist feststellbar, dass höhere Einkommenssegmente mehr belastet würden als heute. Grund dafür ist die Streichung der kinderrelevanten Abzüge von der Bemessungsgrundlage, die sich im mittleren und höheren Einkommenssegment, wo eine starke Progression besteht, stärker auswirken.

Wird bei der Ausgestaltung der Familienbesteuerung die subjektive Leistungsfähigkeit (Abzüge, Tarif) berücksichtigt, so wirken sich die entsprechenden Massnahmen je nach Einkommenshöhe unterschiedlich aus. Je höher das Einkommen ist, desto

12 13

Arbeitsgruppe «Entlastung für Familien».

vgl. dazu den Bericht «Steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern» und die Anhänge 1 (Übersicht über die Reformvarianten mit Belastungsvergleichen) und 2 (Auswirkungen der verschiedenen Reformvarianten in tabellarischer Form) unter: http://www.efd.admin.ch/dokumentation/zahlen/00578/01290/index.html?lang=de

4757

höher ist die effektive steuerliche Entlastung in Franken. Die relative steuerliche Entlastung nimmt jedoch mit zunehmendem Einkommen ab.

Neben den in die Vernehmlassung gegebenen spezifischen Massnahmen (Erhöhung des Kinderabzuges, Einführung eines Abzuges für die Kosten der Fremdbetreuung von Kindern, spezieller Elterntarif) wurden insbesondere die nachfolgenden Lösungsansätze untersucht.

1.2.4.2

Erhöhung des Kinderabzuges

In der Vernehmlassung wurde die Kombinationslösung zur Diskussion gestellt, die neben der Einführung eines Kinderbetreuungsabzuges die Erhöhung des Kinderabzugs bei der direkten Bundessteuer von heute 6100 Franken pro Kind um 2000 Franken auf 8100 Franken beinhaltet. In der Vernehmlassungsvorlage wurde zudem vorgeschlagen, den Versicherungsabzug für Kinder von heute 700 Franken im Sinne einer Vereinfachung in den Kinderabzug zu integrieren. Dies wurde vor allem von zahlreichen Kantonen kritisch beurteilt. Heute werden individuelle Prämienverbilligungen für Kinder mit den (abzugsfähigen) Prämien verrechnet. Dies wäre bei einer Integration des Versicherungsabzuges in den Kinderabzug nicht mehr möglich. Die Kantone müssten generell nur noch den Maximalabzug gewähren.

Damit verbunden wären zusätzliche Steuerausfälle. Eine Überführung des Versicherungsabzuges für Kinder in den Kinderabzug wäre daher nicht sinnvoll. Da sich der Unterstützungsabzug gemäss Artikel 213 Absatz 1 Buchstabe b DBG nach der Höhe des Kinderabzuges richtet, sollte er ebenfalls auf 8100 Franken erhöht werden.

Bei einer Erhöhung des Kinderabzuges werden generell Familien mit minderjährigen oder in Erstausbildung stehenden Kindern entlastet. Steuerpflichtige, die gar keine oder nur eine sehr geringe direkte Bundessteuer bezahlen, profitieren von einer Erhöhung allerdings nicht oder nur in geringem Ausmass, weil der Abzug teilweise oder vollständig ins Leere fällt.

Die Reduktion der Steuerbelastung durch den Kinderabzug von der Bemessungsgrundlage ist nicht allein abhängig von der Höhe des Abzuges, sondern ebenso von der Ausgestaltung des Tarifs. Dies hat zur Folge, dass die Entlastungen in Franken im progressiven Bereich des Tarifs zunehmen. Im proportionalen Bereich, also dort, wo die Steuer gemäss Tarif die prozentuale Maximalbelastung erreicht, bewirkt der fixe Abzug eine mit weiter steigendem Einkommen gleichbleibende Entlastung in Franken. Hingegen nimmt die relative Entlastung, das heisst die steuerliche Minderbelastung durch den Kinderabzug, gemessen in Prozent des Einkommens, mit steigendem Einkommen ab. Je höher das Einkommen, umso kleiner ist die relative Entlastung.

Somit verringern die Abzüge von der Bemessungsgrundlage den effektiven durchschnittlichen Steuersatz (Verhältnis von Steuer und Einkommen) bei der direkten
Bundessteuer je nach Höhe des Einkommens der Steuerpflichtigen ­ in Abhängigkeit vom Grenzsteuersatz ­ unterschiedlich stark.

Im System der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit wird von der Bemessungsgrundlage bei allen Steuerpflichtigen ein gleich hoher Betrag für die Kinderkosten abgezogen. Infolge der progressiv ausgestalteten Tarife wirkt sich der Abzug bei kleinen Einkommen betragsmässig weniger aus. Auf der anderen Seite ist spiegelbildlich aber zu berücksichtigen, dass bei kleinen Einkommen von den steu4758

erbaren Familienzulagen mehr verbleibt als bei jenen mit hohem Einkommen. Dies weil bei Letzteren auf dem gesamten Einkommen progressionsbedingt pro Franken mehr Steuern anfallen (Grenzsteuersatz).

Die Gesetzesbestimmungen für die Erhöhung des Kinder- sowie des Unterstützungsabzuges würden folgendermassen lauten: Art. 213 Abs. 1 Bst. a und b DBG 1

Vom Einkommen werden abgezogen: a.

8100 Franken für jedes minderjährige oder in der beruflichen oder schulischen Ausbildung stehende Kind, für dessen Unterhalt die steuerpflichtige Person sorgt;

b.

8100 Franken für jede erwerbsunfähige oder beschränkt erwerbsfähige Person, an deren Unterhalt die steuerpflichtige Person mindestens in der Höhe des Abzuges beiträgt; der Abzug kann nicht beansprucht werden für die Ehefrau oder den Ehemann und für Kinder, für die ein Abzug nach Buchstabe a gewährt wird.

Berechnungen der ESTV haben ergeben, dass eine Erhöhung des heutigen Kinderabzugs um 2000 Franken auf 8100 Franken zu Mindereinnahmen von 185 Millionen Franken führen würde. Davon würden 154 Millionen (83 %) auf den Bund entfallen.

Die Kantone hätten 31 Millionen (17 %) zu tragen.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die bessere Berücksichtigung der Kinderkosten im Steuerrecht sowohl mit der Erhöhung des Kinderabzuges wie auch mit dem Elterntarif erreicht werden kann. Er spricht sich jedoch für den Elterntarif aus, weil damit insbesondere Familien mit Kindern und mittleren Einkommen stärkerentlastet werden als bei der Erhöhung des Kinderabzuges.

1.2.4.3

Steuerbefreiung der Kinderzulagen

Aufgrund des Bundesgesetzes über die Familienzulagen (FamZG, SR 836.2) beträgt in allen Kantonen neu ab 1. Januar 2009 die Kinderzulage für Kinder bis 16 Jahre mindestens 200 Franken im Monat und die Ausbildungszulage für Kinder zwischen 16 und 25 Jahren in Ausbildung mindestens 250 Franken im Monat. Die Kantone können höhere Familienzulagen als diese Mindestansätze vorsehen. Sie können zudem auch freiwillig eine Geburts- und Adoptionszulage auszahlen.

Die Anspruchsvoraussetzungen werden ebenfalls gesamtschweizerisch einheitlich geregelt. Sämtliche Arbeitnehmenden haben Anspruch auf Familienzulagen. Selbst bei einer Teilzeitbeschäftigung besteht ein Anrecht auf eine volle Familienzulage, sofern das Einkommen aus dieser Beschäftigung mindestens dem halben jährlichen Betrag der minimalen vollen AHV-Altersrente entspricht (also 6450 Franken, Stand 2006). Teilzulagen werden keine mehr ausbezahlt.

Familienzulagen erhalten neu in der ganzen Schweiz auch Nichterwerbstätige, deren steuerbares Einkommen das Anderthalbfache einer maximalen vollen Altersrente nicht übersteigt (38 700 Franken im Jahr 2006) und die keine Ergänzungsleistungen zur AHV/IV beziehen. Die Kantone können jedoch auch grosszügigere Regelungen vorsehen und den Kreis der Anspruchberechtigten erweitern. Selbstständigerwer4759

bende werden vom Gesetz nicht erfasst. Den Kantonen steht es allerdings offen, für sie ebenfalls eine Familienzulagenregelung vorzusehen.

Für Beschäftigte in der Landwirtschaft gilt weiterhin das Bundesgesetz über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG, SR 836.1). Die betreffenden Personen haben Anspruch auf eine Kinderzulage von 200 Franken und eine Ausbildungszulage von 250 Franken, wobei im Berggebiet jeweils 20 Franken mehr ausbezahlt werden.

Sowohl das DBG als auch das StHG gehen davon aus, dass grundsätzlich alle Einkünfte, die einer steuerpflichtigen Person zufliessen, steuerbar sind. Davon ausgenommen bleiben nur jene Einkünfte, die im Gesetz ausdrücklich als steuerfrei erklärt werden. In den beiden Aufzählungen (Art. 24 DBG; Art. 7 Abs. 4 StHG) sind die Kinderzulagen nicht enthalten. Im geltenden Recht werden sie als Bestandteil des Lohns behandelt und voll besteuert, da sie die subjektive Leistungsfähigkeit des Empfängers oder der Empfängerin der Zulagen erhöhen.

Einer Familie mit mittlerem oder hohem Einkommen verbleibt deshalb ­ da die Kinderzulage einer progressiven Steuer unterliegt ­ tatsächlich nur ein bestimmter Teil der Kinderzulagen. Bei einem tiefen Einkommen wirkt sich hingegen das Zusatzeinkommen durch die Kinderzulagen viel weniger stark auf die Steuern aus.

Familien mit tiefen Einkommen bleiben somit fast die ganzen Kinderzulagen erhalten. Bei einer Steuerbefreiung der Kinderzulagen werden daher Familien mit höheren Einkommen stärker entlastet.

Von einer Steuerbefreiung der Kinderzulagen würden nur Steuerpflichtige profitieren, welchen Kinderzulagen zustehen. Keinen Steuervorteil hätten Steuerpflichtige, die keine Kinderzulagen erhalten wie etwa ­ je nach kantonaler Regelung ­ Selbstständigerwerbende oder Nichterwerbstätige ab einem bestimmten Einkommen. Die Steuerbefreiung der Kinderzulagen kommt somit nur einem Teil der Familien mit Kindern zugute. In Würdigung der hier dargelegten Gründe ist der Bundesrat der Auffassung, dass diese Massnahme nicht weiterverfolgt werden sollte.

1.2.4.4

Einführung eines Abzuges für die Selbstbetreuung der Kinder

Nach geltendem Recht können die Kosten für die Selbstbetreuung der Kinder bei der direkten Bundessteuer nicht in Abzug gebracht werden. Gemäss Steuergesetz des Kantons Zug können seit dem 1. Januar 2007 für jedes Kind unter 16 Jahren, für das ein Kinderabzug geltend gemacht werden kann, 3100 Franken für die eigene Betreuung abgezogen werden (§ 33 Abs. 2bis StG-ZG). Der Abzug wird nur gewährt, sofern das Reineinkommen 72 000 Franken nicht übersteigt. Eine Kumulation mit dem Fremdbetreuungsabzug ist nicht möglich. Erreicht der Fremdbetreuungsabzug den Maximalbetrag von 3100 Franken nicht, kann der Eigenbetreuungsabzug geltend gemacht werden. Diese Kombination von Eigen- und Fremdbetreuungsabzug wirkt im Ergebnis wie ein zusätzlicher genereller Kinderabzug, der nach oben jedoch begrenzt ist. Familien mit minderjährigen Kindern und tieferen Einkommen können demnach entweder den Eigenbetreuungsabzug oder den Fremdbetreuungsabzug geltend machen.

4760

Mit der Steuergesetzrevision 2011 beabsichtigt der Kanton Luzern die Einführung eines generellen Kinderbetreuungsabzugs. Für die Eigenbetreuung der Kinder sollen neu 2000 Franken abgezogen werden können. Fremdbetreuungskosten eines Kindes können nur so weit geltend gemacht werden, als sie diesen generellen Kinderbetreuungsabzug von 2000 Franken übersteigen. Der generelle Kinderbetreuungsabzug und der Abzug für die Kosten der Fremdbetreuung werden für Kinder bis 15 Jahre gewährt. Bei Fremdbetreuung infolge Berufstätigkeit soll der Abzug gesamthaft im Maximum 6700 Franken betragen. Dieser generelle Abzug von 2000 Franken für die eigene Kinderbetreuung kommt im Ergebnis einer Erhöhung des Kinderabzugs für Kinder bis 15 Jahre in diesem Ausmass gleich.

Wie bereits erwähnt (Ziff. 1.2.4.1), untersuchte eine vom Vorsteher des EFD eingesetzte Arbeitsgruppe verschiedene Möglichkeiten zur Milderung der steuerlichen Belastung von Familien mit Kindern. In ihrem Bericht legte die Arbeitsgruppe dar, dass Eltern, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen, gegenüber den traditionellen Ehen mit gleichem Einkommen, bei welchen ein Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgeht und der andere die Betreuung der Kinder wahrnimmt, steuerlich schlechter gestellt sind. Der Grund liegt darin, dass dem Zweiverdienerehepaar nicht das gleiche Einkommen zur Verfügung steht wie dem Einverdienerehepaar in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen, da es davon zuerst die Kosten aus der Fremdbetreuung der Kinder bestreiten muss.

Mit der Einführung eines Abzuges der Kosten für die Fremdbetreuung der Kinder kann die heutige steuerliche Benachteiligung der Eltern, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen, um ein zusätzliches Erwerbseinkommen zu erzielen, behoben werden. Den Eltern soll dadurch eine freie Gestaltung des Familienlebens ermöglicht werden, indem der Entscheid zwischen eigener Kinderbetreuung mit Verzicht auf Erwerbstätigkeit oder Erwerbstätigkeit mit Fremdbetreuung der Kinder steuerlich nicht beeinflusst wird.

Soll auch Eltern, welche ihre Kinder selbstbetreuen, eine Entlastung in Form eines Abzugs für die Eigenbetreuung der Kinder gewährt werden, so ist die Besteuerung in Bezug auf die Gleichbehandlung zwischen Eltern mit Eigen- und solchen mit Fremdbetreuung der Kinder erneut unausgeglichen und bewegt sich ausserhalb des Grundsatzes
der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Zwar verzichten Eltern mit familieninterner Kinderbetreuung während der Betreuungsarbeit auf eine Erwerbstätigkeit und daher auf einen Zusatzverdienst, ihnen erwachsen aber auch keine zusätzlichen Kosten, die eine weitergehende Entlastung rechtfertigen würden.

In Bezug auf die kantonale Gesetzgebung ist zudem auf ein von Prof. Madeleine Simonek erstelltes Rechtsgutachten zum Eigenbetreuungsabzug hinzuweisen14. Die SVP Schwyz reichte im Jahr 2008 eine Volksinitiative zur Änderung des Steuergesetzes des Kantons Schwyz ein und verlangte, dass Eltern, die ihre Kinder selber betreuen und auf Fremdbetreuung verzichten, ein Abzug in der Höhe von 20 000 Franken gewährt wird. Prof. Simonek führte in ihrem Rechtsgutachten aus, dass das Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen betreffend Einführung eines Eigenbetreuungsabzugs keine Schranken setzt, da der Abzug als Sozialabzug konzipiert werden kann. Sie stellt jedoch fest, dass der in der Volksinitiative geforderte 14

Rechtsgutachten betreffend die verfassungs- und bundesrechtliche Zulässigkeit der Initiative der SVP Schwyz zur Einführung eines Eigenbetreuungsabzuges vom 29. August 2008.

4761

Abzug in seiner konkreten Ausgestaltung zu einer Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots und des daraus fliessenden Leistungsfähigkeitsprinzips führt. Sie hielt insbesondere fest, «dass der Eigenbetreuungsabzug im horizontalen Vergleich, der für die Prüfung seiner Verfassungsmässigkeit massgebend ist, für Einkommensklassen bis 100 000 Franken zu Belastungsdifferenzen führt, die nicht durch eine unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Vergleichspaare begründet werden können»15. «Für eine Rechtfertigung der Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots und des Leistungsfähigkeitsprinzips müsste sich das Förderungsziel der Initiative der SVP Schwyz, nämlich die Eigenbetreuung von Kindern und der damit verbundene Verzicht auf ein zusätzliches Erwerbseinkommen, auf eine Grundlage in der Bundesverfassung stützen können. Eine solche verfassungsrechtliche Grundlage lässt sich indessen nicht finden»16.

Für den Bundesrat ist wichtig, dass keines der Vergleichspaare benachteiligt wird, da kein verfassungsrechtlich abgestütztes Förderungsziel für eine der beiden Kategorien besteht.

1.2.5

Auswirkungen auf den Ausgleich der kalten Progression

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen sollen Familien mit Kindern entlastet werden. Die Massnahmen weisen aus technischer Sicht einen Zusammenhang mit dem Ausgleich der Folgen der kalten Progression auf.

Das geltende Recht sieht einen Ausgleich der Folgen der kalten Progression vor, wenn sich die Teuerung seit dem letzten Ausgleich um 7 Prozent erhöht hat. Die eher geringe Teuerung der letzten Jahre hatte zur Folge, dass es jeweils mehrere Jahre dauerte, bis die Voraussetzungen für einen Ausgleich gegeben waren.

In Zukunft sollen die Folgen der Teuerung rascher ausgeglichen werden. Eine entsprechende Vorlage ist zurzeit in parlamentarischer Beratung (vgl. Botschaft zum rascheren Ausgleich der Folgen der kalten Progression bei der direkten Bundessteuer17). Nach dem Vorschlag des Bundesrates soll die neue Regelung erstmals für das Steuerjahr 2010 anwendbar sein. Dies setzt voraus, dass die Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer spätestens in der Sommersession 2009 verabschiedet wird und dass die Referendumsfrist unbenützt abläuft.

Nachdem die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates am 7. Mai 2009 beschlossen hat, die Beratung zum rascheren Ausgleich der Folgen der kalten Progression zusammen mit derjenigen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern zu führen, muss das für 2009 vorgesehene Inkrafttreten der Gesetzesänderung betreffend den Ausgleich der Folgen der kalten Progression in Frage gestellt werden.

Tritt die vorgeschlagene Gesetzesänderung dennoch wie vorgesehen 2009 in Kraft, so wird im Steuerjahr 2010 die seit dem letzten Ausgleich aufgelaufene Teuerung ausgeglichen. Massgebend für die Berechnung der Teuerung ist in diesem Fall der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) vom 31. Dezember 2008.

15 16 17

Rechtsgutachten Simonek, S. 23.

Rechtsgutachten Simonek, S. 8.

BBl 2009 1657

4762

Nach ständiger Praxis werden die Folgen der kalten Progression für die nach dem letzten Ausgleich neu eingeführten oder geänderten Abzüge oder Tarife durch Anpassung an den im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser neuen oder geänderten Abzüge oder Tarife massgebenden Stand des LIK ausgeglichen.

Bei den Sofortmassnahmen im Bereich der Ehepaarbesteuerung ist allerdings von dieser Praxis abzuweichen. Bei den 2008 in Kraft getretenen Sofortmassnahmen wurde ein bestehender Abzug (Zweiverdienerabzug) erhöht sowie ein neuer Abzug (Verheiratetenabzug) eingeführt, um die «Heiratsstrafe» zu mildern. Die beiden Abzüge stehen deshalb in einem sehr engen Zusammenhang mit dem im Zeitpunkt der Beschlüsse des Gesetzgebers geltenden Doppeltarif, der auf den 1. Januar 2006 ausgeglichen wurde. Ein unterschiedlicher Ausgleichsfaktor zwischen dem Tarif und diesen beiden Abzügen würde zweifellos die vom Gesetzgeber gewollten Belastungsrelationen verfälschen. Wegen dieses engen Zusammenhangs zwischen dem Tarif und den beiden Abzügen soll für den Ausgleich der Folgen der kalten Progression bezüglich der Sofortmassnahmen nicht nur die zwischen Ende 2006 (dem nach ständiger Praxis an sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sofortmassnahmen massgebenden Stand des LIK) und Ende 2008 aufgelaufene Teuerung von 2,7 Prozent herangezogen werden, sondern die ganze zwischen Ende 2004 (dem massgebenden Zeitpunkt beim letzten Ausgleich) und Ende 2008 aufgelaufene Teuerung von 4,4 Prozent (vorausgesetzt der Ausgleich kann erstmals für das Steuerjahr 2010 erfolgen). Die vom Gesetzgeber festgelegten Belastungsrelationen werden durch die Teuerung und den darauf gestützten Ausgleich der Folgen der kalten Progression nicht verzerrt.

Bei den vorliegenden Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern erfolgt der Ausgleich der Folgen der kalten Progression nach der ständigen Praxis. Treten diese Massnahmen gleichzeitig mit dem geplanten Ausgleich in Kraft, so gilt für diese Massnahmen der gleiche Teuerungsstand als ausgeglichen. Treten die Massnahmen zur steuerlichen Entlastung der Familien mit Kindern hingegen erst später in Kraft, so gilt für sie als massgeblicher ausgeglichener Teuerungsstand nach der allgemeinen Regel der Stand des LIK ein Jahr vor Inkrafttreten.

1.2.6

Rechtsvergleich und Verhältnis zum Europäischen Recht

Zur Familienbesteuerung bestehen in der Europäischen Union keine Richtlinien. Die vorgeschlagenen Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern sind somit mit dem europäischen Recht vereinbar.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer

Ersatz eines Ausdrucks Der deutsche Text des DBG soll an die neue Terminologie des Kindesrechts angepasst werden. Demnach werden alle bisherigen Bezeichnungen «elterliche Gewalt» durch «elterliche Sorge» ersetzt.

4763

Art. 14 Abs. 3 Nach geltendem Recht wird die Steuer für Personen, die nach dem Aufwand besteuert werden, gemäss dem ordentlichen Steuertarif berechnet. Im Rahmen dieser Pauschalbesteuerung werden persönliche Situationen, die bei einer ordentlichen Veranlagung zu Abzügen berechtigen, nicht berücksichtigt. An diesem Prinzip soll festgehalten werden. Pauschalbesteuerte Personen mit Kindern sollen daher weiterhin nach dem Tarif für Alleinstehende oder für Verheiratete besteuert werden, nicht jedoch nach dem Elterntarif. In diesem Sinne muss der Verweis im Artikel 14 Absatz 3 eingeschränkt werden.

Art. 33 Abs. 3 (neu) und 35 Abs. 1 Bst. a DBG Diese Artikel betreffen die Pränumerando-Besteuerung (zweijährige Veranlagung).

Da alle Kantone zur einjährigen Veranlagung übergegangen sind, werden die Artikel nicht mehr zur Anwendung gelangen. Aus formellen Gründen werden sie jedoch trotzdem in die Revision aufgenommen. Die im Anschluss an die Familienentlastung vorgesehene Revision wird die Bereinigung der Gesetzeserlasse (nur noch Postnumerando-Bestimmungen) beinhalten. Für die Erläuterung ist auf den entsprechenden Artikel der Postnumerando-Besteuerung zu verweisen. Bei der PostnumerandoBesteuerung werden die Abzüge in Abstimmung auf das System der einjährigen Veranlagung mit Gegenwartsbemessung um 10 Prozent gegenüber den Beträgen bei der Pränumerando-Besteuerung erhöht18. Eine solche Vorkehr ist nötig, weil bei der Postnumerando-Besteuerung systembedingt im Durchschnitt höhere steuerbare Einkommen als Bemessungsgrundlage dienen. Im Übrigen sind die Voraussetzungen und die Funktion dieses Abzuges genau dieselben wie bei den PränumerandoBestimmungen.

Art. 36 Abs. 2 und 2bis (neu) DBG Da alle Kantone zur einjährigen Veranlagung übergegangen sind, wird der oben erwähnte Artikel nur noch in ganz wenigen Fällen zur Anwendung kommen. Da aber insbesondere die Artikel 14 Absatz 3 (Besteuerung nach dem Aufwand) und 86 Absatz 1 (Ausgestaltung des [Quellen-]Steuertarifs) auf Artikel 36 verweisen, wird der Pränumerandoartikel ebenfalls um den Elterntarif erweitert. Für die Erläuterung wird auf den entsprechenden Artikel der Postnumerando-Besteuerung verwiesen.

Art. 38 Abs. 2 und 3 DBG Nach geltendem Recht spielen bei der privilegierten Besteuerung der Kapitalleistungen aus Vorsorge die Kinderlasten keine Rolle. An
diesem Prinzip soll festgehalten werden. In diesem Sinne muss der Verweis im Artikel 38 Absatz 2 eingeschränkt werden. Die Änderung des Verweises auf die Tarife gemäss Artikel 214 Absätze 1 und 2 erlaubt es, die Kapitalleistungen aus der Vorsorge künftig ebenfalls gemäss den tieferen Postnumerando-Tarifen zu besteuern. Aufgrund eines gesetzgeberischen Versehens wird im geltenden Recht auf Artikel 36 und damit auf die PränumerandoTarife verwiesen. Die vorliegende Gesetzesänderung bietet die Gelegenheit, dieses

18

Vgl. dazu die damalige Verordnung vom 13. Juni 1994 über die Anpassung der Tarife und frankenmässig festgelegten Abzüge für die natürlichen Personen bei der direkten Bundessteuer; AS 1994 1436.

4764

Versehen zu korrigieren. Der Verweis in Absatz 3 auf Artikel 35 ist obsolet und soll gestrichen werden.

Art. 212 Abs. 2bis (neu) DBG Bei der direkten Bundessteuer konnte bisher kein Abzug für die Kosten der Kinderbetreuung durch Dritte geltend gemacht werden. Dies soll neu zulässig sein, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Solche Kosten müssen entstanden sein, weil die Eigenbetreuung der Kinder wegen einer Erwerbstätigkeit, einer Ausbildung oder wegen Erwerbsunfähigkeit nicht wahrgenommen werden konnte.

Die Eltern können nur jene Kosten abziehen, die ihnen während der tatsächlichen Dauer der Erwerbstätigkeit, der Erwerbsunfähigkeit oder der Ausbildung entstehen.

Bei teilzeitlich erwerbstätigen Steuerpflichtigen können somit nur die während der Arbeitszeit entstandenen Kosten berücksichtigt werden. Betreuungskosten, die ausserhalb der Arbeits- oder Ausbildungszeit der Eltern angefallen sind ­ etwa durch Babysitting am Abend oder über das Wochenende ­ können nicht abgezogen werden. Betreuungskosten, die den Eltern beispielsweise infolge Freizeitgestaltung entstehen, sind als Lebenshaltungskosten zu qualifizieren und können somit nicht geltend gemacht werden.

Der Nachweis, dass der Abzug der Betreuungskosten berechtigt ist, obliegt der steuerpflichtigen Person.

Ehepaare, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, können die Kinderbetreuungskosten geltend machen, wenn beide gleichzeitig einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Kinderbetreuungsabzug soll indessen nicht nur bei Erwerbstätigkeit beider Eltern, sondern auch in jenen Fällen gewährt werden, bei welchen nur der eine Ehegatte erwerbstätig und der andere erwerbsunfähig ist, oder bei welchen sich der eine in Ausbildung befindet. Möglich ist auch, dass beide Ehegatten in Ausbildung stehen oder erwerbsunfähig und nicht in der Lage sind, die Betreuung der Kinder selber wahrzunehmen.

Abzugsberechtigt sind gemäss Gesetzestext steuerpflichtige Personen, die für den Unterhalt der Kinder sorgen und mit ihnen im gleichen Haushalt leben. Grundsätzlich sind damit die Eltern und die alleinerziehenden Personen gemeint. Lebt ein Kind jedoch nicht bei seinen Eltern bzw. bei einem Elternteil, sondern beispielsweise bei einer verwandten Person (Tante, Onkel, Grossmutter etc.) oder einer Drittperson, welche an Stelle der Eltern die Aufgaben
wahrnimmt und für das Kind sorgt, soll diese den Abzug ebenfalls geltend machen können, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Die Betreuungskosten sollen ausserdem nur so lange geltend gemacht werden können, als Kinder einer ergänzenden Familien- und Schulbetreuung bedürfen. In welchem Alter keine Betreuung mehr notwendig ist, hängt in der Regel vom Reifegrad der Kinder ab. Aus harmonisierungsrechtlichen und administrativen Gründen wird eine einheitliche Altersgrenze für alle Kinder festgelegt. In der Vernehmlassungsvorlage wurde vorgeschlagen, den Abzug für jene Kinder vorzusehen, die das 16. Altersjahr noch nicht vollendet haben. Für sehr viele ist diese Altersgrenze zu hoch angesetzt, da sich der Betreuungsaufwand für Kinder im oberen Bereich dieses Alterssegments ­ gerade auch im Hinblick auf die Einführung von Blockzeiten und Mittagstisch an den Schulen ­ in Grenzen halten dürfte. Der Bundesrat hat daher

4765

beschlossen, dass allfällige Fremdbetreuungskosten in dem Jahr, in dem das minderjährige Kind 14 Jahre alt wird, nicht mehr geltend gemacht werden können.

Abzugsfähig sind nur die effektiv nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung.

Darunter sind nur die Kosten zu verstehen, die durch die reine Betreuungsarbeit entstanden sind. Fallen im Rahmen der Drittbetreuung auch Kosten für die Verpflegung oder für anderen Unterhalt der Kinder an, so sind diese als Lebenshaltungskosten zu qualifizieren und können nicht in Abzug gebracht werden. Solche Kosten würden auch entstehen, wenn die Kinder nicht durch Dritte betreut würden.

Je älter die Kinder werden, desto tiefer fallen tendenziell die effektiven Kosten für die Drittbetreuung aus. Die Kinderbetreuungskosten werden als anorganischer Abzug ausgestaltet und auf maximal 12 000 Franken pro Kind und Jahr beschränkt.

Die Drittbetreuungskosten sind auch zum Abzug zugelassen, wenn die Betreuung durch Familienmitglieder, wie beispielsweise Grosseltern, gegen Entgelt wahrgenommen wird. Im Gegenzug müssen diese den entsprechenden Betrag als Einkommen versteuern.

Art. 213 Abs. 1 Bst. a DBG Im geltenden Recht kann bei getrennt lebenden Eltern nur ein Elternteil den Kinderabzug geltend machen. Die von den eidgenössischen Räten angenommene Motion Parmelin (05.3319) verlangt, dass die gesetzlichen Vorschriften so geändert werden, dass die steuerliche Ungleichbehandlung von geschiedenen oder in Trennung lebenden Steuerpflichtigen korrigiert wird, die gemeinsam das Sorgerecht für ihre Kinder haben und diese abwechselnd betreuen. Im Sinne dieser Motion soll der Kinderabzug hälftig zugewiesen werden. Dies jedoch nur dann, wenn keine Abzüge für die Unterhaltskosten geltend gemacht werden, da ansonsten eine doppelte Entlastung stattfindet. Nicht massgebend für die hälftige Aufteilung des Kinderabzuges ist der Umfang der alternierenden Obhut, da dies für die Veranlagungsbehörden nicht kontrollierbar ist.

Während der französische Gesetzestext den Kinderabzug auch für volljährige Kinder in beruflicher oder schulischer Ausbildung vorsieht, erwähnt der deutsche Gesetzestext nur die berufliche Ausbildung. Dieser gesetzgeberische Fehler soll mit der Ergänzung des deutschen Gesetzestextes durch den Begriff «schulische» beseitigt werden.

Art. 214 Abs. 2 und 2bis (neu) Mit
Einführung des Elterntarifs werden zukünftig bei den natürlichen Personen drei Tarife zur Anwendung kommen: der Tarif für Alleinstehende (Abs. 1), der Tarif für Verheiratete ohne Kinder (Abs. 2) sowie der Tarif für Steuerpflichtige mit Kindern (Abs. 3; Elterntarif). Für die Berechnung des Steuerbetrags nach dem Elterntarif werden die Kinderkosten in einem ersten Schritt durch die heute geltenden Kinderabzüge von der Bemessungsgrundlage berücksichtigt. In einem zweiten Schritt wird der Tarif für Verheiratete ohne Kinder angewendet. Schliesslich werden in einem dritten Schritt vom so berechneten Steuerbetrag 170 Franken pro Kind abgezogen.

Der Elterntarif wird nur angewendet, wenn die Steuerpflichtigen mit Kindern oder unterstützungsbedürftigen Personen im gleichen Haushalt zusammenleben. Vorausgesetzt wird dabei, dass die steuerpflichtige Person bzw. das Ehepaar deren Unterhalt zur Hauptsache bestreitet. Dies sind grundsätzlich die in ungetrennter Ehe 4766

lebenden Ehegatten und die alleinerziehenden Personen, auch wenn diese im Konkubinat leben.

Da Absatz 2 eine Änderung erfahren soll, ist im gleichen Zug auch der heute geltende Verheiratetentarif, der in Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung über die kalte Progression festgelegt wird, ins Gesetz aufzunehmen. Würde der Tarif unverändert belassen, würde dies zu einer zu hohen Besteuerung der Ehepaare und der alleinerziehenden Personen führen, da das Gesetz jünger ist als die letzte Änderung der Verordnung über die kalte Progression. Zudem bedarf es eines Hinweises auf den entsprechenden Indexstand, damit bei einem neuen Ausgleich der kalten Progression keine übermässige Anpassung erfolgt.

2.2

Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden

Ersatz eines Ausdrucks Der deutsche Text des StHG soll an die neue Terminologie des Kindesrechts angepasst werden. Demnach werden alle bisherigen Bezeichnungen «elterliche Gewalt» durch «elterliche Sorge» ersetzt.

Art. 9 Abs. 2 Bst. l (neu) StHG Das geltende Recht (Schlussbestimmungen, Art. 72c StHG) eröffnet den Kantonen schon heute die Möglichkeit, Kinderfremdbetreuungskosten zum Abzug zuzulassen.

Davon haben 24 Kantone in unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht. Die Regelungen unterscheiden sich nicht nur in der Höhe der Abzüge, sondern auch in den Voraussetzungen (Kindesalter, Gründe für die Drittbetreuung). Die meisten Kantone haben den Kinderbetreuungsabzug als Sozial- oder anorganischen Abzug ausgestaltet. Es gibt aber auch Kantone, die bei den Kinderbetreuungskosten von Gewinnungskosten ausgehen (Kosten, die für die Generierung des Einkommens notwendig sind [Berufskosten]).

Die Kantone sollen neu verpflichtet werden, Kinderfremdbetreuungskosten zum Abzug zuzulassen. Sie sollen jedoch wie bisher die Abzugshöhe selbst bestimmen können. Die Bestimmung gibt neu vor, dass die Kinderbetreuungskosten als anorganischer Abzug nicht nur bei Erwerbstätigkeit der Eltern, sondern auch im Fall von Erwerbsunfähigkeit oder Ausbildung der Eltern zum Abzug zugelassen werden sollen. Im Sinne der Harmonisierung und Vereinfachung soll die Altersgrenze einheitlich geregelt werden. Aus diesem Grund sollen die Kantone die effektiven Kinderbetreuungskosten für Kinder zum Abzug zulassen, die das 14. Altersjahr noch nicht vollendet haben.

Art. 11 Abs. 1 StHG Die in Artikel 11 Absatz 1 festgehaltene Regelung über die Besteuerung von Alleinerziehenden greift gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in die verfassungsrechtliche Tarifautonomie der Kantone ein.

4767

Um den verfassungsmässigen Zustand herzustellen, wird vorgeschlagen, Artikel 11 Absatz 1 wie folgt zu ändern: Nur der erste Satz, welcher für die Verheirateten eine im Vergleich zu den Alleinstehenden steuerlich angemessene Entlastung vorsieht, soll bestehen bleiben. Die Sätze zwei und drei können gestrichen werden, da die Kantone trotz dieser Teilstreichung in Artikel 11 Absatz 1 StHG aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung weiterhin verpflichtet sind, die Alleinerziehenden nach Massgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern. Wie sie diese Vorgabe umsetzen, fällt künftig jedoch in die Tarifautonomie der Kantone.

Art. 72c StHG Artikel 72c StHG sieht vor, dass die Kantone bis zum Inkrafttreten der Reform der Ehepaar- und Familienbesteuerung einen Abzug für die während der Erwerbstätigkeit der Eltern entstehenden Kinderbetreuungskosten vorsehen können. Dieser Artikel wird mit der vorliegenden Vorlage obsolet und kann daher gestrichen werden.

Art. 72l (neu) StHG Den Kantonen muss für die Umsetzung der neuen StHG-Bestimmungen in ihren kantonalen Gesetzen genügend Zeit eingeräumt werden. Üblicherweise werden den Kantonen unter Berücksichtigung der notwendigen Verfahrenszeit für eine Gesetzesänderung zwei Jahre gewährt.

Sollte ein Kanton die Kinderbetreuungskosten innerhalb dieser Frist noch nicht in Kraft gesetzt haben, so findet Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe l StHG direkt Anwendung. Da die Abzugshöhe in diesem Artikel nicht festgelegt ist, werden die Kantone selbst regeln müssen, wie sie gemäss eigenem Recht vorgehen müssen, wenn die notwendige Gesetzesänderung nicht termingerecht in Kraft gesetzt werden konnte (z.B. dadurch, dass die Kantonsregierung vorübergehend die notwendigen Vorschriften erlässt).

Die Entlastung von Familien mit Kindern ist seit Jahren ein Anliegen und sachlich gerechtfertigt. Eine möglichst schnelle Inkraftsetzung soll daher ins Auge gefasst werden. Die Vorlage kann jeweils nur auf den Anfang einer Steuerperiode in Kraft gesetzt werden.

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle Auswirkungen

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen der Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern

Die Einführung des Elterntarifs und des Abzuges für die Fremdbetreuung der Kinder mit einer Obergrenze von 12 000 Franken im DBG führen ­ gemessen am Sollertrag der direkten Bundessteuer der natürlichen Personen für die Steuerperiode 2008 von 9,4 Milliarden Franken ­ zu Mindererträgen von insgesamt rund 600 Millionen Franken. Davon entfallen rund 500 Millionen (83 %) auf den Bund. Die Kantone haben rund 100 Millionen (17 %) zu tragen.

4768

Die finanziellen Auswirkungen der Einführung eines Kinderbetreuungsabzuges auf Kantonsebene hängen davon ab, ob der betreffende Kanton bereits einen Abzug für Fremdbetreuungskosten kennt und ob der neu im StHG umschriebene Abzug grosszügiger oder enger gefasst ist als im jeweiligen kantonalen Recht.

Die Anpassung von Artikel 11 Absatz 1 StHG betreffend die Besteuerung der Alleinerziehenden hat keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen.

3.1.2

Finanzielle Auswirkungen weiterer Projekte im Steuerbereich mit nennenswerten Mindereinnahmen

Im Sinne einer Gesamtübersicht werden hier die finanziellen Auswirkungen der mit den Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern vom Bundesrat parallel bearbeiteten oder bereits dem Parlament beantragten Projekte im steuerlichen Bereich mit beträchtlichen finanziellen Folgen dargestellt. Es handelt sich um den Teil A der Mehrwertsteuerreform, die Unternehmenssteuerreform III sowie den rascheren Ausgleich der Folgen der kalten Progression.

Reformprojekt

Mindereinnahmen für Bundeskasse

Mehrwertsteuerreform Teil A

Gemäss Antrag des Bundesrats: 80­130 Mio. Franken wiederkehrend Stand gemäss Beschluss Nationalrat: 240­330 Mio. Franken wiederkehrend + Einmaliger Ausfall von 450­480 Mio. Franken infolge Verlängerung des Sondersatzes für Beherbergung um 3 Jahre Noch offen. Der Bundesrat hat hinsichtlich der Beseitigung steuerlicher Hindernisse eine Grössenordnung von 500 Mio. Franken in Aussicht gestellt Rund 500 Mio. Franken

Unternehmenssteuerreform III

Rascherer Ausgleich der Folgen der kalten Progression

Die Mindereinnahmen wurden für die Mehrwertsteuerreform ausgehend vom Mehrwertsteuerertrag im Jahr 2008 berechnet, für die beiden übrigen Projekte ausgehend vom Sollertrag der direkten Bundessteuer der natürlichen Personen für die Steuerperiode 2008.

Bei den aufgezeigten Mindereinnahmen handelt es sich um strukturelle Mindereinnahmen, die nicht durch einen zukünftigen Konjunkturaufschwung kompensiert werden können. Um mittelfristig die Vorgaben der Schuldenbremse zu erfüllen, müssen daher diese dauerhaften Einnahmenausfälle mit ebenfalls dauerhaften Massnahmen auf der Einnahmen- und/oder Ausgabenseite aufgefangen werden. Der Zeitpunkt und die Modalitäten einer solchen Gegenfinanzierung werden vom Ausmass des aktuellen Wirtschaftsabschwungs abhängen.

4769

Im Fall einer schweren Rezession könnte im Rahmen der dritten Stufe der Stabilisierungsmassnahmen ein ausserordentlicher Zahlungsbedarf im Jahr 2010 und allenfalls im Jahr 2011 geltend gemacht werden. Für 2011 könnte dieser u.a. die Einnahmenausfälle aufgrund der Steuerreformen umfassen. Sollte sich jedoch schon ab 2010 ein wirtschaftlicher Aufschwung abzeichnen, so wäre eine dritte Stufe nicht notwendig, und der Bundeshaushalt müsste bereits ab 2011 entsprechend entlastet werden. Sollte die Haushaltsentlastung innerhalb dieser kurzen Frist nicht möglich sein, müsste allenfalls auch die Verschiebung des Inkrafttretens einzelner Steuerreformen erwogen werden.

3.2

Personelle Auswirkungen

Da die direkte Bundessteuer von den Kantonen veranlagt und bezogen wird, haben die vorgeschlagenen Massnahmen im Bereich der direkten Bundessteuer für den Bund keine personellen Auswirkungen. Mit der Einführung des Elterntarifs und des Abzuges für die Fremdbetreuung der Kinder ist für die Kantone, abgesehen von der IT-Umstellung kein administrativer Mehraufwand verbunden, weshalb auch diesbezüglich kein erhöhter Personalbedarf entsteht. Wie die Kantone künftig die Besteuerung der Alleinerziehenden in ihren Steuergesetzen regeln werden, steht nicht fest. Es können daher auch keine Aussagen gemacht werden, ob diese allfälligen Anpassungen personelle Auswirkungen in den Kantonen nach sich ziehen werden.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Einführung des Elterntarifs entlastet generell Familien mit minderjährigen oder in Ausbildung stehenden Kindern. Der neue Tarif senkt die Steuerbelastung der Familien mit mittleren oder höheren Einkommen um denselben Frankenbetrag pro Kind. Da die Eltern mit niedrigen Einkommen bereits heute keine oder nur eine sehr geringe direkte Bundessteuer bezahlen, fällt bei ihnen der Abzug vom Steuerbetrag in Höhe von 170 Franken pro Kind teilweise oder vollständig ins Leere, sodass sie nur unterdurchschnittlich oder gar nicht entlastet werden.

Der mit dem Elterntarif verbundene Einkommenseffekt stärkt die tatsächliche bzw.

künftig erwartete Kaufkraft der Betroffenen und stützt dadurch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, was sich im gegenwärtigen Umfeld als konjunkturstabilisierend erweist.

Demgegenüber wirkt sich die Massnahme auf der Angebotsseite nur sehr beschränkt aus. Der Einkommenseffekt führt tendenziell zu einem Rückgang des Arbeitsangebots; dieser Effekt ist jedoch zu klein, um sich tatsächlich auf das Arbeitsangebot auszuwirken.

Der Elterntarif vermindert die Opportunitätskosten von Kindern. In der Tendenz müsste dies an sich zu einer Zunahme der Geburten führen. Die Steuerentlastungswirkung ist jedoch zu wenig ausgeprägt, um die Geburtenrate tatsächlich merklich anzuheben.

4770

Auch der Abzug der Fremdbetreuungskosten der Kinder erhöht die Kaufkraft der Betroffenen und wirkt sich daher nachfrageseitig konjunkturstabilisierend aus. Im Unterschied zum Elterntarif gehen von dieser Massnahme jedoch auch spürbare angebotsseitige Wirkungen aus.

Mit dem Abzug der Fremdbetreuungskosten der Kinder wird der Entscheid zwischen eigener Kinderbetreuung und Verzicht auf Erwerbstätigkeit einerseits und Erwerbstätigkeit mit Fremdbetreuung der Kinder andererseits steuerlich weniger verzerrt als heute. Wenn der Abzug eine Obergrenze vorsieht, die zumindest bei einem Teil der Betroffenen unter den effektiven Fremdbetreuungskosten liegt, wird keine vollständige Entscheidungsneutralität erreicht. Dennoch bewirkt die Massnahme eine höhere Erwerbsbeteiligung insbesondere bei den Müttern. Ausserdem können Spezialisierungsvorteile besser ausgeschöpft werden. Dabei haben Frauen, die auf dem Arbeitsmarkt einen Lohn erzielen können, der über den Kosten der Fremdbetreuung der Kinder liegt, einen Anreiz, auch tatsächlich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es vorteilhaft, dass gerade solche gut qualifizierten Frauen sich in der Marktproduktion einbringen und so einen zusätzlichen Wachstumsbeitrag leisten. Insgesamt wirkt sich die Massnahme also positiv auf das Wirtschaftswachstum aus. Durch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf könnte tendenziell auch die Geburtenrate etwas ansteigen.

Je höher der zulässige Abzug für die Fremdbetreuungskosten der Kinder angesetzt wird, desto besser wird das Kriterium der Entscheidungsneutralität erfüllt, und desto weniger wird bei den Eltern mit Kindern das Arbeitsangebotsverhalten durch die Steuern verzerrt. Die vorgenannten volkswirtschaftlichen Vorteile werden dadurch somit verstärkt. Das zu erwartende höhere Arbeitsvolumen und die günstigen volkswirtschaftlichen Auswirkungen führen mit der Zeit auch zu etwas höheren Steuereinnahmen. Die statischen Schätzungen der Mindererträge dürfen insofern etwas relativiert werden. Mangels Verfügbarkeit geeigneter Modelle lassen sich diese dynamischen Auswirkungen indessen nicht ausreichend genau quantifizieren.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bundesbeschluss vom 18. September 200819 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt.

5

Verfassungsmässigkeit

Für den Bereich der direkten Steuern verleiht Artikel 128 der Bundesverfassung (BV SR 101) dem Bund die Befugnis, eine direkte Bundessteuer auf dem Einkommen natürlicher Personen zu erheben. Gemäss Artikel 128 Absatz 2 BV ist bei der Festsetzung der Tarife auf die Belastung durch die direkten Steuern der Kantone und Gemeinden angemessen Rücksicht zu nehmen.

Zudem hat der Gesetzgeber insbesondere die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) zu beachten.

19

BBl 2008 8545

4771

Die Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern sind primär auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu prüfen.

Das Leistungsfähigkeitsprinzip besagt, dass die Steuerpflichtigen nach Massgabe der ihnen zustehenden Mittel gleichmässig belastet werden müssen und dass sich die Steuerbelastung nach den der steuerpflichtigen Person zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern und den persönlichen Verhältnissen zu richten hat20. Insbesondere sind Steuerpflichtige in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen gleich zu behandeln (horizontale Steuergerechtigkeit); Steuerpflichtige in unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen sind unterschiedlich zu behandeln (vertikale Steuergerechtigkeit)21. Wie das Bundesgericht festhält, lassen sich «Sachverhalte in horizontaler Richtung, d.h. zwischen Steuerpflichtigen in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen, relativ leicht vergleichen. Aus dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit geht hingegen nicht direkt hervor, um wie viel die Steuer zunehmen muss, wenn das Einkommen um einen bestimmten Betrag steigt, um unter dem Gesichtswinkel der Leistungsfähigkeit gleichwertige Verhältnisse herzustellen. Die Vergleichbarkeit ist daher in vertikaler Richtung erheblich geringer, und dem Gesetzgeber steht ein grosser Gestaltungsspielraum zu. In dieser Hinsicht kann nicht viel mehr verlangt werden, als dass Steuertarif und Belastungskurve regelmässig verlaufen»22.

Gemäss Bundesgericht können vom Grundsatz der horizontalen Steuergerechtigkeit aus Gründen der Praktikabilität, notwendiger Pauschalierung oder Schematisierung Abstriche gemacht werden. Die gesetzliche Regelung darf aber nicht zu einer wesentlichen Belastung oder systematischen Benachteiligung bestimmter Gruppen von Steuerpflichtigen führen23.

Durch die Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern werden die Kinderkosten besser berücksichtigt. Durch die Einführung des Kinderbetreuungsabzuges wird namentlich die steuerliche Behandlung von Eltern, die ihre Kinder selbstbetreuen und solchen, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen, einander angenähert. Dadurch kann eine Verbesserung der horizontalen Steuergerechtigkeit erreicht werden, und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird
mehr Nachachtung verschafft.

Ungelöst bleiben andere Unebenheiten in der Ehe- und Familienbesteuerung, namentlich die immer noch bestehende «Heiratsstrafe» für gewisse Zweiverdienerund Rentnerehepaare sowie die Belastungsrelationen zwischen Einverdiener- und Doppelverdienerehepaaren. Hier wäre ein Systemwechsel erforderlich, wie ihn der Bundesrat im Dezember 2006 in die Vernehmlassung geschickt hatte. Aufgrund des Ergebnisses des seinerzeitigen Vernehmlassungsverfahrens, das keine klare Präferenz für eines der vorgeschlagenen Modelle hervorbrachte, verzichtet der Bundesrat jedoch einstweilen auf weitere entsprechende Reformschritte, zugunsten der vordringlichen und rasch zu realisierenden steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern.

20 21 22 23

Vgl. BGE 122 I 101, 120 Ia 329 Vgl. dazu BGE 133 I 206 BGE 133 I 218 BGE 126 I 79

4772

Unverändert soll Alleinerziehenden bei der direkten Bundessteuer weiterhin der Verheiratetentarif gewähren werden. Im Lichte der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 131 II 710 und 131 II 697), wonach Alleinerziehende und Ehepaare mit Kindern nicht die gleiche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufweisen, könnte sich dies aus verfassungsrechtlicher Sicht als problematisch erweisen. Anzufügen ist allerdings, dass infolge der per 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Sofortmassnahmen bei der direkten Bundessteuer Ehepaare Anspruch auf den Verheiratetenabzug haben und damit steuerlich mindestens leicht besser gestellt sind als Alleinerziehende mit demselben Einkommen.

6

Inkrafttreten

Dem Bundesrat ist es ein Anliegen, die Massnahmen zur steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern so rasch als möglich umzusetzen.

Um die Reform bereits im Jahr 2010 in Kraft setzen zu können, schlug der Bundesrat das sogenannte Sonderverfahren nach Artikel 85 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10) vor, gemäss welchem ein Beratungsgegenstand ausnahmsweise in beiden Räten in der gleichen Session erstmals beraten werden kann.

Das Büro des Ständerates hat mit Beschluss vom 6. Mai 2009 jedoch das vom Bundesrat beantragte parlamentarische Sonderverfahren wie auch eine von der WAK-S beantragte Sondersession zur Behandlung der Botschaft über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern abgelehnt. Ganz vom Tisch ist die Sondersession allerdings noch nicht: Die WAK-S hat am 8. Mai entschieden, ihrem Rat einen Ordnungsantrag zu unterbreiten, wonach während der Sommerpause eine Sondersession einzuberufen sei (für die Behandlung der hier in Rede stehenden Vorlage zur Familie sowie derjenigen zum Ausgleich der Folgen der kalten Progression). Sollte es aber nicht zu einer Sondersession kommen, würde sich die ursprünglich angestrebte Schlussabstimmung in der Herbstsession 2009 als nicht mehr realistisch erweisen. Es ist stattdessen mit einer Verabschiedung der Vorlage durch die eidgenössischen Räte in der Wintersession 2009 zu rechnen.

Eine rückwirkende Inkraftsetzung nach Ablauf der unbenützten Referendumsfrist per 1. Januar 2010 wäre aus rechtlichen Gründen nicht ausgeschlossen, da die Vorlage eine Begünstigung der Familien mit Kindern anstrebt und somit nicht eine verbotene rückwirkende Inkraftsetzung eines belastenden Erlasses bedeutet. Eine Rückwirkung ist indessen aus einem faktischen, vollzugstechnischen Grund ausgeschlossen: Nach den Artikeln 83 und 91 DBG sind Hunderttausende von ausländischen Arbeitnehmenden für ihr Einkommen aus unselbstständigem Einkommen der Quellensteuer unterworfen. Diese Personen unterliegen im Ergebnis einer echten Gegenwartsbemessung (monatlicher Steuerabzug direkt vom Erwerbseinkommen), sodass die für eine reibungslose Veranlagung erforderlichen Steuertarife grundsätzlich ab Januar 2010 den Arbeitgebern elektronisch zur Verfügung stehen müssten.

Die beim Elterntarif vorgesehene Reduktion auf dem Steuerbetrag stellt zudem
insbesondere bei der Berechnung der Quellensteuertarife ein völlig neues Element dar, weshalb die Kantone vorgängig umfangreiche Programmänderungen vorzunehmen haben, die ausgetestet werden müssen. Dies hat zur Folge, dass die Vorlage erst auf den 1. Januar 2011 in Kraft gesetzt werden kann.

4773

Anhang

Belastungsvergleiche der verschiedenen Kategorien von Steuerpflichtigen Wie bei den Belastungsrelationen, welche für die Vernehmlassung zum Systementscheid erstellt wurden, werden nur die nicht nachweisbaren Abzüge (unabhängig von den effektiven Kosten) berücksichtigt. Abzüge, die individuell nachgewiesen werden müssen (z.B. Fahrkosten, Schuldzinsen, Unterhaltsbeiträge, behinderungsbedingte Kosten, Betreuungskosten), können für die Darstellung von Belastungsrelationen nicht berücksichtigt werden, da sie individuell unterschiedlich anfallen und daher nicht in einen Belastungsvergleich einbezogen werden können. Die nachfolgenden Tabellen berücksichtigen aus diesem Grund lediglich den Elterntarif.

Belastungsvergleiche der diversen Kategorien von Steuerpflichtigen vor und nach der Revision24, 25 Belastungsvergleich Bruttoeinkommen in Franken

Total

Alleinerziehende mit 2 Kindern Geltendes Recht

Massnahme

Belastung in Fr.

Belastung in Fr.

Anteil %

100%

40'000 50'000 60'000 70'000 80'000 90'000 100'000 150'000 200'000 300'000 500'000 1'000'000 2'000'000

24 25

0 0 89 177 314 553 808 3'056 7'990 19'677 43'064 101'016 204'459

0 0 0 0 0 213 468 2'716 7'650 19'337 42'724 100'676 204'119

Mehr- oder Minderbelastung in Fr.

in %

0 0 -89 -177 -314 -340 -340 -340 -340 -340 -340 -340 -340

0.0 0.0 -100.0 -100.0 -100.0 -61.5 -42.1 -11.1 -4.3 -1.7 -0.8 -0.3 -0.2

Die Kolonne «Geltendes Recht» beinhaltet die am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Sofortmassnahmen im Bereich der Ehepaarbesteuerung.

Tabellen zum Einverdiener- und zum Zweiverdiener-Konkubinat: Der Belastungsvergleich geht bei den Konkubinaten von der Annahme aus, dass das Recht auf den Elterntarif bei der nicht erwerbstätigen Person (Einverdiener-Konkubinat) bzw. bei der zweitverdienenden Person (Zweiverdiener-Konkubinat) liegt. Aufgrund des nicht vorhandenen bzw. geringen (Erwerbs-)einkommen bewirkt der Elterntarif bei diesen Personen jedoch keine tatsächliche Entlastung: Sie zahlen vor und nach der Einführung des Elterntarifs keine Steuer. Die Reform ändert auch nichts an der Steuerbelastung der erwerbstätigen ­ und steuerzahlenden ­ Person im Konkubinat, weil diese gemäss Annahme kein Anrecht auf den Elterntarif hat.

4774

Belastungsvergleich Einverdienerkonkubinat mit 2 Kindern

Bruttoeinkommen in Franken

Total

Geltendes Recht

Massnahme

Belastung in Fr.

Belastung in Fr.

Anteil %

100%

40'000 50'000 60'000 70'000 80'000 90'000 100'000 150'000 200'000 300'000 500'000 1'000'000 2'000'000

141 243 475 727 983 1'453 2'014 5'559 10'645 22'512 46'259 102'579 206'022

141 243 475 727 983 1'453 2'014 5'559 10'645 22'512 46'259 102'579 206'022

Mehr- oder Minderbelastung in Fr.

in %

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0

Belastungsvergleich Verheiratete/r Alleinverdiener/in mit 2 Kindern

Bruttoeinkommen in Franken

Total

Geltendes Recht

Massnahme

Belastung in Fr.

Belastung in Fr.

Anteil %

100%

40'000 50'000 60'000 70'000 80'000 90'000 100'000 150'000 200'000 300'000 500'000 1'000'000 2'000'000

0 0 48 136 232 430 685 2'769 7'457 19'144 42'531 100'545 203'987

0 0 0 0 0 90 345 2'429 7'117 18'804 42'191 100'205 203'647

Mehr- oder Minderbelastung in Fr.

in %

0 0 -48 -136 -232 -340 -340 -340 -340 -340 -340 -340 -340

0.0 0.0 -100.0 -100.0 -100.0 -79.1 -49.6 -12.3 -4.6 -1.8 -0.8 -0.3 -0.2

Belastungsvergleich Zweiverdiener-Ehepaar mit 2 Kindern

Bruttoeinkommen in Franken

Total 100%

40'000 50'000 60'000 70'000 80'000 90'000 100'000 150'000 200'000 300'000 500'000 1'000'000 2'000'000

Geltendes Recht

Massnahme

Belastung in Fr.

Belastung in Fr.

Anteil % 70

28'000 35'000 42'000 49'000 56'000 63'000 70'000 105'000 140'000 210'000 350'000 700'000 1'400'000

30

12'000 15'000 18'000 21'000 24'000 27'000 30'000 45'000 60'000 90'000 150'000 300'000 600'000

0 0 0 34 109 184 306 1'920 5'455 16'999 40'165 98'440 201'883

0 0 0 0 0 0 0 1'580 5'115 16'659 39'825 98'100 201'543

Mehr- oder Minderbelastung in Fr.

in %

0 0 0 -34 -109 -184 -306 -340 -340 -340 -340 -340 -340

0.0 0.0 0.0 -100.0 -100.0 -100.0 -100.0 -17.7 -6.2 -2.0 -0.8 -0.3 -0.2

4775

Belastungsvergleich Zweiverdiener-Konkubinat mit 2 Kindern

Bruttoeinkommen in Franken

Total 100%

40'000 50'000 60'000 70'000 80'000 90'000 100'000 150'000 200'000 300'000 500'000 1'000'000 2'000'000

4776

Geltendes Recht

Massnahme

Belastung in Fr.

Belastung in Fr.

Anteil % 70

28'000 35'000 42'000 49'000 56'000 63'000 70'000 105'000 140'000 210'000 350'000 700'000 1'400'000

30

12'000 15'000 18'000 21'000 24'000 27'000 30'000 45'000 60'000 90'000 150'000 300'000 600'000

57 105 156 219 383 546 727 2'298 4'858 12'386 31'508 89'682 198'720

57 105 156 219 383 546 727 2'298 4'769 12'046 31'168 89'342 198'380

Mehr- oder Minderbelastung in Fr.

in %

0 0 0 0 0 0 0 0 -89 -340 -340 -340 -340

0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 -1.8 -2.7 -1.1 -0.4 -0.2