Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 12. November 2019 Stellungnahme des Bundesrates vom 19. Februar 2020

Sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 12. November 20191 «Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht» nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. Februar 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Mit Schreiben vom 13. November 2019 hat die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) den Bundesrat über ihren Bericht vom 12. November 2019 zu den Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig hat sie den Bundesrat gebeten, bis spätestens am 26. Februar 2020 zu den Feststellungen und Empfehlungen des Berichtes Stellung zu nehmen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat vom Bericht der GPK-S vom 12. November 2019 Kenntnis genommen. Er begrüsst die Initiative der GPK-S, die Vorfälle rund um die Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG vertieft zu untersuchen.

Zu den Feststellungen der GPK-S und den einzelnen Empfehlungen nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung:

2.1

Zu den Feststellungen der GPK-S

Ausreichendes Instrumentarium der Corporate Governance Die drei grossen bundesnahen Unternehmen Swisscom, Post und SBB wurden in den Jahren 1998 respektive 1999 verselbstständigt. Der Bundesrat entwickelt seither seine Rolle und Strategie als Eigner dieser Unternehmen kontinuierlich weiter und verfeinert das Steuerungsmodell des Bundes stetig. Einen grundlegenden Entwicklungsschritt tat der Bundesrat mit dem Corporate-Governance-Bericht vom 13.

September 20062 sowie mit dem Zusatzbericht vom 25. März 2009 3 (inkl. den darin enthaltenden CG-Leitsätzen), welche die Eignerpolitik des Bundes auf ein solides und transparentes Fundament stellten. Am 1. Januar 2012 erfolgte die Inkraftsetzung des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 20104 über die Mitwirkung der Bundesversammlung bei der Steuerung der verselbstständigten Einheiten. Dieses gab dem Parlament ein ausgeweitetes Instrumentarium zur Oberaufsicht über die Steuerung der verselbstständigten Einheiten des Bundes in die Hand.

Das zentrale Instrument der bundesrätlichen Unternehmenssteuerung sind die strategischen Ziele, welche die Prioritäten des Eigners für eine Periode von jeweils vier Jahren gegenüber den Unternehmen festschreiben und transparent machen. Innerhalb des Rahmens, der ihnen durch das Gesetz und die strategischen Ziele vorgegeben ist, geniessen die bundesnahen Unternehmen Autonomie, d. h. der Eigner verzichtet grundsätzlich auf Eingriffe in das operative Geschäft. Die Umsetzung der strategischen Ziele liegt in der Verantwortung des Verwaltungsrats, der jährlich über 2 3 4

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die Zielerreichung des vergangenen Geschäftsjahres Bericht erstattet. Der Bundesrat beurteilt die Zielerreichung und erstellt hierzu einen Bericht. In der Folge beurteilt das Parlament im Rahmen seiner Oberaufsicht, ob der Bundesrat seine Eignerrolle wahrnimmt. Hierzu findet jedes Jahr eine Aussprache der Departementsvorsteherin des UVEK und des Direktors der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) mit den Geschäftsprüfungskommissionen und den Finanzkommissionen sowie den Präsidien der beiden Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) statt.

Der Bundesrat hat davon Kenntnis genommen, dass die GPK-S das Modell zur strategischen Steuerung der bundesnahen Unternehmen im Grossen und Ganzen nach wie vor als angemessen erachtet. Zu diesem Schluss kamen auch die Experten, die im Auftrag des Bundesrates vom 8. Juni 2018 die Praxis der Steuerung der bundesnahen Unternehmen, die Dienstleistungen am Markt erbringen, überprüft haben. In ihrem Bericht vom 26. April 2019 sind die Experten zu einem insgesamt positiven Fazit gekommen: Die Steuerung, der Informationsaustausch sowie das duale Eignermodell hätten sich grundsätzlich bewährt. Das bestehende Instrumentarium reiche für die Wahrnehmung der Eignerrolle im Allgemeinen aus. Das Eignermodell funktioniere in der Praxis weitgehend gut. Der Bundesrat hat sich am 26.

Juni 2019 mit den Empfehlungen des Expertenberichts befasst und hat deren Umsetzung sowie das weitere Vorgehen festgelegt. Weitergehende Ausführungen hierzu finden sich bei den Stellungnahmen zu den Empfehlungen der GPK-S.

Mit Informationsnotiz vom 17. Dezember 2019 hat das UVEK den Bundesrat über den Stand der Umsetzung des Bundesratsbeschlusses vom 26. Juni 2019 ins Bild gesetzt.

Im Übrigen kann auf das Postulat 18.4274 Abate «Eignerstrategie des Bundesrates für die verselbstständigten Einheiten des Bundes» verwiesen werden, das am 6. Marz 2019 angenommen wurde. Der Bundesrat wurde beauftragt, dem Parlament einen Bericht vorzulegen, in dem die Kriterien dargestellt werden, die seiner Eignerstrategie für die verselbstständigten Einheiten zugrunde liegen. Ebenfalls sollen die Erfahrungen mit dieser Strategie dargestellt und Bilanz gezogen werden über die Arbeiten, die in den letzten Jahren im Bereich der Corporate Governance vorgenommen wurden.

Der Bundesrat wird bei der Verabschiedung
des Postulatsberichts über den Stand der Umsetzung der Massnahmen aus dem Expertenbericht und der von ihm unterstützten Empfehlungen der GPK-S Bericht erstatten.

Zukünftiger Bericht zu einer Gesamtbilanz der Postauto-Affäre Der Bundesrat missbilligt die jahrelangen und systematisch praktizierten Unregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG. Die Post als bundesnahes Unternehmen hat auch im Umgang mit öffentlichen Geldern eine Vorbildfunktion wahrzunehmen.

Vor diesem Hintergrund wurde dem Verwaltungsrat der Post, dem gemäss Aktienrecht die Oberleitung der Gesellschaft obliegt, für die Jahre 2017 und 2018 keine vollumfängliche Décharge erteilt.

Die Schweiz verfügt über einen Service public, der zuverlässig und in hoher Qualität erbracht wird. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass das Vertrauen in den Service public durch die Manipulationen bei der PostAuto Schweiz AG gelitten hat. Es gilt 7357

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aber auch festzuhalten, dass die Governance-Strukturen grundsätzlich funktioniert haben und das fehlerhafte Verhalten der PostAuto Schweiz AG vom Bundesamt für Verkehr (BAV) aufgedeckt wurde.

Der Bundesrat ist überzeugt, dass mit den aufwendig erarbeiteten Grundlagen wie dem Revisionsbericht des BAV, den Untersuchungsberichten des Advokaturbüros Kellerhals Carrard sowie eines unabhängigen Expertengremiums die Angelegenheit fundiert aufgearbeitet wurde und dem Bundesrat, dem UVEK und der EFV sowie der Post die notwendigen Informationen zur Verfügung standen, damit die erforderlichen Massnahmen auf organisatorischer und personeller Ebene getroffen werden konnten. Insbesondere wurden in Zusammenarbeit zwischen der Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV), der Post und dem BAV auch die Rückerstattungsbeträge an Bund, Kantone und Gemeinden festgelegt und seitens Post geleistet. Zudem hat die Post mittlerweile CarPostal France an ein Tochterunternehmen der SNCF, Keolis S.A., verkauft und damit das Engagement in Frankreich beendet.

Für die Führung des Verwaltungsstrafverfahrens hat der Bundesrat das Bundesamt für Polizei (fedpol) für zuständig erklärt. Dieses Verfahren ist nach wir vor hängig und dürfte zusätzliche Erkenntnisse liefern. Nach dessen Abschluss wird der Bundesrat allenfalls weitere notwendige Massnahmen ergreifen, wie dies von der GPK-S gefordert wird. Er erklärt sich auch bereit, in einem Bericht eine Gesamtbilanz zur PostAuto-Affäre zu ziehen und insbesondere darzulegen, welche allgemeinen Lehren aus dem Fall PostAuto gezogen wurden, welches die finanziellen Folgen für den Bund waren, ob bestimmte Erkenntnisse aus dem Verwaltungsstrafverfahren vertieft wurden, ob Organhaftungsansprüche geltend gemacht wurden und ob die strategischen Ziele der Post zusätzlich angepasst werden mussten. Der Bundesrat beantragt deshalb dem Parlament, das Postulat 19.4385 der GPK-S «Gesamtbilanz der PostAuto-Affäre» anzunehmen.

Vermeintlicher Zielkonflikt bezüglich branchenüblicher Rendite Nach Ansicht der GPK-S hatten das UVEK und die EFV mindestens seit 2011 Kenntnis vom Zielkonflikt, mit dem sich die PostAuto Schweiz AG in Bezug auf die Gewinnerzielung konfrontiert sah. Trotzdem hätten sie damals nichts unternommen.

Der Bundesrat bestreitet nicht, dass das GS UVEK und die EFV
seit 2011 wussten, dass sich die Post ihrer Ansicht nach in einem Zielkonflikt zwischen den strategischen Zielen des Bundesrates und den Vorgaben für den Regionalen Personenverkehr (RPV) befand. So hat die Post anlässlich des Eignergesprächs vom 8. September 2011 (Sitzung zwischen GS UVEK, EFV und Post) geltend gemacht, die PostAuto Schweiz AG sei im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit divergierenden Vorgaben aus der Gesetzgebung zum RPV sowie den strategischen Zielen des Bundesrates ausgesetzt. Die Kantone und das BAV würden die Ansicht vertreten, gestützt auf das Personenbeförderungsgesetz vom 20. März 20095 (PBG) sei es nicht mehr zulässig, dass die PostAuto Schweiz AG als konzessioniertes Transportunternehmen Gewinne generieren dürfe. Diese Haltung stehe jedoch in einem gewissen Wider-

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spruch zu den strategischen Zielen des Bundesrates, die von der Post die Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswertes verlangen.

In der Folge wurden von den Eignerstellen Überlegungen zu einer möglichen Anpassung der strategischen Ziele im Bereich des Personenverkehrs vorgenommen.

Für die betroffenen Stellen war jedoch stets klar, dass die strategischen Ziele keinen Vorrang gegenüber gesetzlichen Vorgaben haben und dass die Post gehalten ist, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Zudem bezieht sich das Ziel der nachhaltigen Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswertes auf die Post als Ganzes und nicht auf einzelne spezialgesetzlich geregelte Bereiche wie PostAuto. Die Vorgabe zu einem branchenüblichen Ergebnis bezog sich im Jahr 2011 (strategische Ziele 2010­2013)6 auf den Universal- und den Wettbewerbsdienst. Erst in den strategischen Zielen 2013­20167 findet sich die Vorgabe, wonach in allen Geschäftsfeldern eine branchenübliche Rendite zu erzielen ist. Vor diesem Hintergrund lässt sich für den Bundesrat kein effektiver Zielkonflikt zwischen den strategischen Zielen und den Vorgaben zum RPV erkennen.

Am 26. November 2012 fand ­ unter Beisein von Vertretungen des GS UVEK und der EFV ­ eine Sitzung des Direktors des BAV mit der Unternehmensspitze der Post statt. Wie die GPK-S in ihrem Bericht festhält, teilten UVEK, EFV und BAV der Post bei dieser Gelegenheit mit, dass im abgegoltenen regionalen Personenverkehr eine branchenübliche Rendite von null gilt und in diesem Bereich keine Gewinne generiert werden dürfen. Die GPK-S kommt in ihrem Bericht zum Schluss, dass die Eignerstellen und das BAV in der Folge in gutem Glauben davon ausgehen konnten, dass die Vorgabe, wonach im subventionierten RPV eine branchenübliche Rendite von null gilt, von der PostAuto Schweiz AG eingehalten wird. Das Thema wurde denn auch nicht mehr an einem Eignergespräch traktandiert. Weil der abgeltungsberechtigte Bereich der PostAuto Schweiz AG der direkten Aufsicht des BAV unterliegt, lag der Fokus der Diskussionen zwischen dem Eigner und der Post im Bereich PostAuto auf dem Auslandgeschäft, d. h. insbesondere dem Engagement in Frankreich. Dieses Thema wurde denn auch vermehrt an Postrapporten traktandiert, insbesondere auch im Nachgang zum Urteil des Handelsgerichts Lyon vom 23. September 2016 gegenüber CarPostal
France.

Die Forderungen der GPK-S an den Bundesrat, zu prüfen, inwieweit die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich der Aufsicht über den RPV angepasst werden müsste und ob es zweckmässig wäre, den kantonalen Ämtern des öffentlichen Verkehrs oder den kantonalen Finanzkontrollen zusätzliche Aufsichtsaufgaben zu übertragen, werden im Rahmen der Botschaft zur Reform des RPV aufgenommen. Dies gilt auch für den Auftrag der GPK-S, die Revision der Rechtsgrundlagen zur Verwendung von Überschüssen im subventionierten RPV und zur Rechnungslegung der subventionierten Unternehmen zu prüfen. Der Bundesrat beantragt daher dem Parlament, die beiden entsprechenden Postulate 19.4387 und 19.4388 der GPK-S anzunehmen.

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2.2

Zu den Empfehlungen der GPK-S

Empfehlung 1 ­ Anpassung der strategischen Ziele der Post in Bezug auf Post-Auto (Kap. 5.2.2) Der Bundesrat wird ersucht, die strategischen Ziele der Post in Bezug auf PostAuto so bald wie möglich anzupassen. Dabei soll er namentlich folgende zwei Möglichkeiten prüfen, nämlich ob PostAuto von der Verpflichtung, den Unternehmenswert zu steigern oder branchenübliche Renditen zu erzielen, zu entbinden ist oder ob in den strategischen Zielen explizit verankert werden soll, dass im subventionierten Bereich eine branchenübliche Rendite von null gilt.

Der Bundesrat unterstützt die Empfehlung 1. Er revidiert zurzeit die strategischen Ziele der Post für die neue Zielperiode 2021­2024. Im Rahmen der Überarbeitung der Ziele der Post wird der Bundesrat prüfen, in welcher Form eine Anpassung vorzunehmen ist, damit in den Zielen unmissverständlich festgehalten ist, dass der Bundesrat von der Post bzw. auf den von der PostAuto AG betriebenen Linien im abgeltungsberechtigten regionalen Personenverkehr keine Rendite erwartet.

Wie bereits zu den Feststellungen der GPK-S dargelegt, ist der Bundesrat der Ansicht, dass auch bisher kein Zielkonflikt bestand. Im Übrigen gibt es kein eigentliches Gewinnverbot im RPV. In den RPV-Offerten dürfen keine Gewinne eingeplant werden (u. a. keine Verzinsung des Eigenkapitals), ein am Jahresende vorhandener Überschuss (z. B. aufgrund unerwartet hoher Produktivitätssteigerungen) ist aber nicht verboten. Die Verwendung von allfälligen Überschüssen ist jedoch eingeschränkt (vgl. Art. 36 PBG).

Empfehlung 2 ­ Abklärungen zum Zeitraum vor 2007 (Kap. 6.2.3) Der Bundesrat wird ersucht, nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol zu PostAuto, eine eingehende Untersuchung in Auftrag zu geben, in welcher die Umstände, die zur Einführung der unrechtmässigen Buchungspraxis bei PostAuto vor 2007 geführt haben, und die entsprechenden Verantwortlichkeiten geklärt werden.

Der vom Verwaltungsratspräsidenten der Post beim Advokaturbüro Kellerhals Carrard in Auftrag gegebene Untersuchungsbericht sowie der Bericht des Expertengremiums bezogen sich auf die Zeitspanne 2007­2015. Der Zusatzbericht von Kellerhals Carrard zuhanden des Eigners untersuchte den Zeitraum 2016­2018. Vor dem Hintergrund von Verjährungsfristen wurde die Zeit vor 2007 nicht in die Untersuchungsberichte einbezogen. Die
Untersuchungen zeigten jedoch, dass schon vor 2007 rechtswidrige Umbuchungen erfolgten. Diese sind zwar inzwischen verjährt, die Post hat sich jedoch entschieden, für diese Zeit die zu Unrecht bezogenen Subventionen freiwillig zurückzuzahlen.

Der Bundesrat kann nachvollziehen, dass die GPK-S Klarheit haben möchte über die Umstände, die zur Einführung der unrechtmässigen Buchungspraxis bei der PostAu7360

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to Schweiz AG vor 2007 geführt haben. Er ist jedoch der Ansicht, dass eine Aufarbeitung der Geschehnisse vor 2007 sehr aufwendig, kompliziert und folglich unverhältnismässig wäre. Zudem arbeiten die damals primär verantwortlichen Personen nicht mehr bei der PostAuto AG, und die notwendigen Unterlagen sind vermutlich nicht mehr vollständig vorhanden. Auch im Verwaltungsstrafverfahren von fedpol werden die strafrechtlichen Verantwortlichkeiten im Zeitraum vor 2007 nicht geklärt. Ebenso misst der Bundesrat dem Umstand, dass die Post trotz Verjährung auch für die Zeit vor 2007 Rückerstattungen geleistet hat, eine grosse Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang hat die Post auf Anweisung des BAV im Sommer 2018 bereits einen Bericht zum Zeitraum vor 2007 erstellt. Darin ist sie zum Schluss gekommen, dass vor allem ab 2004 systematisch unrechtmässige Umbuchungen getätigt wurden und dass sich die von 2004­2007 erzielten Gewinne auf 17,2 Millionen Franken beziffern lassen. Die Qualität der vorhandenen Daten zur Erstellung des Berichts wurde von der Post jedoch als schlecht bezeichnet. Auch deshalb ist der Bundesrat der Ansicht, dass bei einer weiteren Untersuchung zum Zeitraum vor 2007 kaum mit neuen Erkenntnissen zu rechnen ist.

Gestützt auf diese Ausführungen lehnt der Bundesrat die Empfehlung 2 der GPK-S ab.

Empfehlung 3 ­ Finanzflüsse zwischen PostAuto Schweiz und CarPostal France (Kap. 7.3) Der Bundesrat wird ersucht, sobald das Fedpol-Verwaltungsstrafverfahren zu PostAuto abgeschlossen ist, dafür zu sorgen, dass die Finanzflüsse zwischen PostAuto und CarPostal France vertieft geprüft, die entsprechenden Verantwortlichkeiten ermittelt und alle erforderlichen Massnahmen ergriffen werden.

CarPostal France ist mittlerweile verkauft worden, und der Zugriff auf ihre Unterlagen wurde damit erschwert. Der Bundesrat ist aber trotzdem einverstanden, im Rahmen der bereits erwähnten Gesamtbilanz nach dem Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol auch eine vertiefte Prüfung der Finanzflüsse zwischen der PostAuto Schweiz AG und CarPostal France vorzunehmen.

Der Bundesrat unterstützt folglich die Empfehlung 3.

Empfehlung 4 ­ Neues System zur Aufsicht über den subventionierten RPV (Kap. 8.1.1) 4.1. Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass bei der Ausgestaltung des neuen Systems zur Aufsicht über
den subventionierten RPV folgenden Aspekten besondere Beachtung geschenkt wird: fachliche Kompetenzen der Mitarbeitenden des BAV, Unabhängigkeit der Mitarbeitenden des BAV gegenüber den Unternehmen, Überprüfung der Nebenaktivitäten der Unternehmen, Überprüfung der von den Unternehmen vorgelegten Zahlen, transparente Methodik zur Risikoanalyse, Dokumentation zur Auslegung der Rechtsgrundlagen, Verantwortung der externen Revisionsstellen.

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4.2. Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll wäre, im BAV eine klarere strukturelle Trennung der Besteller- und der Aufsichtsrolle vorzunehmen.

4.3. Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass das BAV ein Monitoringsystem für die Nachverfolgung der Hinweise von anderen im Bereich des RPV tätigen Behörden entwickelt.

4.4. Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass im neuen Aufsichtssystem die Schnittstellen zwischen BAV und den zuständigen kantonalen Behörden klar definiert und geregelt werden.

Der Bundesrat unterstützt die Empfehlungen 4.1.­4.4.

Im Rahmen der Reorganisation der Abteilung Finanzierung des BAV wird ein Handbuch auf der Grundlage eines Controlling- und Steuerungskonzeptes verfasst werden, aus dem hervorgeht, wie die verschiedenen in der Empfehlung enthaltenen Punkte umgesetzt werden: fachliche Kompetenzen, Unabhängigkeit, Überprüfung von Zahlen der Unternehmen, transparente Methodik zur Risikoanalyse, Verantwortung externer Revisionsstellen (Empfehlung 4.1). Eine Trennung der Besteller- und der Aufsichtsrolle soll geprüft werden (Empfehlung 4.2). Das BAV rechnet damit, dass diese Arbeiten bis Ende 2020 abgeschlossen sein werden.

In Bezug auf die Empfehlung 4.3 kann erwähnt werden, dass die Abteilung Politik des BAV bis Mitte 2020 ein umfassendes Verfahren zur Berücksichtigung und Überwachung eingegangener Warnmeldungen entwickeln wird.

Eine Abstimmung im Aufsichtssystem erfolgt durch das BAV mit den kantonalen Ämtern für Verkehr (bzgl. Controlling- und Steuerungskonzept) und mit den verschiedenen Finanzkontrollen hinsichtlich der nachgelagerten Subventionsprüfungen (Empfehlung 4.4).

Empfehlung 5 ­ Unternehmensangelegenheiten von strategischer Bedeutung für den Eigner (Kap. 8.2.2.2) Der Bundesrat wird ersucht, klare Kriterien und eine Kategorisierung zu erarbeiten, anhand von denen bestimmt werden kann, welche Elemente der Unternehmenstätigkeit für den Bund als Eigner von strategischer Bedeutung und dementsprechend vom Bundesrat, den Eignerdepartementen und der EFV enger zu begleiten sind. Namentlich sind sie systematisch an den Eignergesprächen zu traktandieren.

Aus den strategischen Zielen ist bereits heute deutlich erkennbar, welche Themen der Bundesrat bezüglich der bundesnahen Unternehmen als strategisch einstuft. Dies sind insbesondere: ­

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die wirtschaftlich nachhaltige Erfüllung des rechtlich umschriebenen Grundversorgungsauftrags des Unternehmens und allfällige wesentliche Tätigkeiten ausserhalb dieses Gebiets;

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die Vermeidung politischer Reputationsrisiken für das Bundesunternehmen und somit auch für den Eigner;

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die Wahrung der finanziellen Stabilität des Unternehmens, u. a. der ausreichenden Liquidität und eines stabilen Eigenkapitals;

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der Erhalt des wirtschaftlichen Fortbestands des Unternehmens;

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wesentliche intern veranlasste oder extern verursachte Änderungen der Geschäftspolitik des Unternehmens (z. B. der Erwerb einer Beteiligung zu konzernstrategischen Zwecken, die Expansion des Konzerns ins Ausland, eine wirtschaftlich bedeutende Umstrukturierung des Konzerns und der Einbruch des Umsatzes bei einer wichtigen Tochtergesellschaft);

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die Wahrung der nachhaltigen Funktionalität des obersten Kaders (z. B. die Nachfolgeplanung, das Vorbeugen von Interessenkonflikten, eine sachlich begründbare Vergütungspolitik und die Wahrung der Glaubwürdigkeit der einzelnen Personen).

Entsprechend dem Expertenbericht «Beurteilung Corporate Governance 2019» ist der Bundesrat daran, die Eignergespräche u. a. mittels frühzeitiger Terminplanung, Traktandierung strategisch relevanter und sich wiederholender Themen sowie der regelmässigen Durchführung von Vorbereitungsgesprächen auf der Fachebene stärker prospektiv auszurichten. Dabei gilt es stets ein juristisch, wirtschaftlich und politisch ausgewogenes Gleichgewicht zwischen der Oberleitungsaufgabe des Verwaltungsrats (Art. 716a Abs. 1 des Obligationenrechts (OR)8 und der strategischen Aufsicht des Bundesrates zu wahren (Art. 8 Abs. 4 und 5 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19979 i.V.m. Art. 24 Abs. 3 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. Nov. 1998 10).

Im Organisationserlass und in den Ausführungsbestimmungen können Parlament und Bundesrat ebenfalls strategisch wichtige Aspekte vorgeben. Gestützt auf seine Kompetenzen im Postorganisationsgesetz vom 17. Dezember 2010 11 (POG) machte der Bundesrat beispielsweise im Rahmen der Umstrukturierung der Post Vorgaben zur Anwendung der Kaderlohnbestimmungen des Bundes und bezüglich der Grundversorgungsaufträge zur Konzernsteuerung (Art. 1­5 der Postorganisationsverordnung vom 24. Okt. 201212).

Der Bundesrat ist folglich bereit, die Empfehlung 5 anzunehmen. Er erachtet sie vom Grundsatz her als bereits erfüllt.

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SR 220 SR 172.010 SR 172.010.1 SR 783.1 SR 783.11

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Empfehlung 6 ­ Erkennung und Klärung von Zielkonflikten (Kap. 8.2.2.4) Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass (interne und externe) Zielkonflikte von bundesnahen Unternehmen erkannt und angemessen geklärt werden.

Dieses Themas nimmt sich der neue ständige Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» an. Besondere Beachtung wird dieser Problematik bei den regelmässigen Eignergesprächen und bei der Erneuerung der strategischen Ziele geschenkt.

Der Bundesrat erachtet den materiellen Aspekt der Empfehlung 6 als erfüllt. Er bemüht sich schon heute, Zielkonflikte bereits bei der Erarbeitung oder Erneuerung der strategischen Ziele zu vermeiden. Zur Klärung von Zielkonflikten, die nicht mit den strategischen Zielen geregelt werden können, nutzen der Bundesrat und das oberste Kader der bundesnahmen Unternehmen insbesondere die Eignergespräche, um angemessene Lösungen zu finden. Bei Bedarf können die strategischen Ziele punktuell angepasst werden.

In der Regel legt der Bundesrat die strategischen Ziele für vier Jahre fest, um Planungssicherheit für die Unternehmen zu schaffen. Während dieser Zeitspanne kann sich aber das politische, juristische oder wirtschaftliche Umfeld verändern. Eine im Voraus vorgenommene Priorisierung der strategischen Ziele wäre oftmals zu starr.

Sie könnte zudem die Grenzen der Verantwortlichkeiten zwischen Eigner und Verwaltungsrat verwischen. Es ist gerade eine der zentralen Führungsaufgaben des Verwaltungsrats, Zielkonflikte des Unternehmens rechtzeitig zu erkennen, mit ihnen umgehen zu können und zu erkennen, wann der Eigner beizuziehen ist.

Den Aspekt der Empfehlung 6 zur Organisation lehnt der Bundesrat hingegen ab: Er beantragt dem Parlament die Ablehnung der Motion 19.4383 der GPK-S zur Bildung eines neuen Bundesratsausschusses «Bundesnahe Unternehmen».

Empfehlung 7 ­ Konsultation der sektorspezifischen Aufsichtsbehörden im Rahmen der Erarbeitung der strategischen Ziele (Kap. 8.2.2.4) Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden bei der Erarbeitung oder Erneuerung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen systematisch konsultiert werden, um auf allfällige Zielkonflikte hinweisen zu können. Gegebenenfalls sind die strategischen Ziele anzupassen, um Konflikte zu verhindern.

Die Arbeiten zur Revision der
strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen laufen jeweils über einen Zeitraum von rund einem Jahr. Unter der Federführung des Fachdepartements und unter Einbezug der EFV und des betroffenen Unternehmens wird der Revisionsbedarf ermittelt und mehrmals an den Eignergesprächen diskutiert. In der Folge wird der Entwurf der neuen Ziele den beiden KVF zur Konsultation vorgelegt. Die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden werden bei der Revision der strategischen Ziele grösstenteils bereits heute einbezogen, und zwar spätestens im Rahmen der Ämterkonsultation zum Bundesratsantrag zu den neuen strategischen Zielen.

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Der Empfehlung 7 wird folglich bereits heute nachgekommen. Die Fachdepartemente werden weiterhin ein besonderes Augenmerk auf den Adressatenkreis bei den entsprechenden Ämterkonsultationen legen.

Empfehlung 8 ­ Einhaltung der Archivierungspflicht durch die Unternehmen (Kap. 8.2.2.5) Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass sämtliche bundesnahen Unternehmen, die der eidgenössischen Archivierungsgesetzgebung unterstehen, diese künftig strikt einhalten und dass dieser Aspekt angemessen in den strategischen Zielen der Unternehmen festgehalten wird.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass mit der Aufsichtspflicht des Bundesarchivs über die selbstständig archivierenden Stellen (Art. 8 der Archivierungsverordnung vom 8.

Sept. 199913; zur Post als selbstständig archivierende Stelle: Art. 1 Abs. 1 Bst. e des Archivierungsgesetzes vom 26. Juni 199814 i. V. m. Anhang 2 Bst. a erstes Lemma der Archivierungsverordnung) eine gesetzliche Grundlage besteht, die den Bundesrat bereits jetzt verpflichtet, die Einhaltung der eidgenössischen Archivierungsgesetzgebung durch die bundesnahen Unternehmen sicherzustellen.

Der Bundesrat nimmt grundsätzlich keine Vorgaben in die strategischen Ziele auf, die sich bereits klar aus Gesetzen und Verordnungen ergeben. Die Einhaltung der allgemeinen Rechtsordnung wird als ungeschriebene Prämisse für das Handeln aller Unternehmen, also auch für das Handeln bundesnaher Unternehmen, vorausgesetzt.

Die Situation ist vergleichbar mit derjenigen beispielsweise beim Wettbewerbs-, Bau- und Arbeitsrecht. Auch hier besteht ein öffentliches Interesse daran, dass die Unternehmen die rechtlichen Vorgaben zum Schutz des fairen Wettbewerbs, der benachbarten Grundeigentümerinnen und -eigentümer und der Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vollständig einhalten. Dennoch enthalten die strategischen Ziele solche Aspekte nicht.

Um der Compliance der bundesnahen Unternehmen jedoch eine noch grössere Bedeutung zukommen zu lassen, wird der Bundesrat im Sinne der Umsetzung einer Empfehlung des Expertenberichts «Beurteilung Corporate Governance 2019» in die zukünftigen strategischen Ziele die Vorgabe aufnehmen, dass die Unternehmen über ein Compliance-Management-System (CMS) verfügen müssen. Dieses hat sich an der ISO-Norm 19.600 zu orientieren. Das oberste Kader des Unternehmens
hat zudem über die wichtigsten Unternehmensrisiken und die Schwerpunkte im CMS zu informieren. Erstmals wurde dies in den strategischen Zielen der Skyguide für die Jahre 2020­2023 umgesetzt.15 Selbstverständlich wird der Bundesrat die Ergebnisse, die aufgrund der verschiedenen Untersuchungen zur Aufarbeitung der Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG gewonnen werden, angemessen berücksichtigen und allfällige strukturelle Probleme bezüglich der Archivierung mit den verantwortlichen 13 14 15

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Personen des Postkonzerns und dem Bundesarchiv aufarbeiten. Zudem läuft im Moment die Evaluation des Bundesgesetzes über die Archivierung. Darin werden auch die Einhaltung der eidgenössischen Archivgesetzgebung durch die selbstständig archivierenden Stellen und die entsprechende Aufsichtspflicht des Bundesarchivs überprüft. Die Ergebnisse der Evaluation sind abzuwarten. Sollte sich daraus weiterer Handlungsbedarf ergeben, wird sich der Bundesrat noch einmal mit dem Thema befassen. Zum jetzigen Zeitpunkt lehnt er aber die Empfehlung 8 ab.

Empfehlung 9 ­ Eignergespräche (Kap. 8.2.2.6) Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass der künftige Ausschuss zu den bundesnahen Unternehmen regelmässig von seinen Mitgliedern über die wichtigen Aspekte aus den informellen Gesprächen mit den Unternehmen informiert wird und dass der Ausschuss festlegt, ob diese Informationen im Rahmen der vierteljährlichen «formellen» Gespräche offiziell behandelt und/oder dem Bundesrat übermittelt werden müssen.

Nach Ansicht des Bundesrates lassen sich informelle Kontakte zwischen den bundesnahen Unternehmen und den Eignerstellen nicht vermeiden. Sie können sogar zur Traktandierung eines bestimmten Themas an einem Eignergespräch führen. Sie dürfen aber den Informationsaustausch auf der obersten Ebene nicht abwerten oder sogar unterlaufen. Strategische Entscheide müssen stets nachvollziehbar und kontrollierbar sein.

Der Bundesrat, das Fachdepartement und die EFV werden mit informellen Kontakten insbesondere auf der obersten Ebene zurückhaltend bleiben und gleichzeitig die entsprechende Sensibilität bei allen involvierten Stellen stärken. Es sei hier aber auch erwähnt, dass ausgelagerte Einheiten auf informelle Kontakte angewiesen sind, so zum Beispiel Swissmedic mit dem Bundesamt für Gesundheit im Bereich der Medikamentenzulassung.

Wie bereits bei der Stellungnahme zu Empfehlung 6 erwähnt, beantragt der Bundesrat dem Parlament die Ablehnung der Motion 19.4383 der GPK-S zur Einrichtung eines neuen Bundesratsausschusses «Bundesnahe Unternehmen».

Empfehlung 10 ­ Interne Aufsichtsinstrumente der Unternehmen (Kap. 8.2.2.7) 10.1 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass in den strategischen Zielen aller bundesnahen Unternehmen das Vorhandensein folgender Aufsichtsinstrumente verlangt wird: Risikomanagementsystem,
internes Kontrollsystem, Compliance Management System. Für jedes dieser Instrumente sind in den strategischen Zielen Vorgaben zur Information des Eigners zu machen und die Kontrollindikatoren zu definieren.

10.2 Der Bundesrat wird zudem ersucht, klar zu definieren, über welche Ergebnisse der unternehmensinternen Aufsichtsinstrumente der Eigner in welcher Form und mit welchem Detailgrad informiert werden soll, und dies dann in den strategischen Zielen festzuhalten.

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10.3 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass der jährliche Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Unternehmen, der dem Parlament unterbreitet wird, transparent Auskunft gibt über die wichtigsten Ergebnisse der unternehmensinternen Aufsichtsinstrumente, u. a in Bezug auf die finanzielle Situation der Unternehmen.

10.4 Der Bundesrat wird ausserdem ersucht, nach Ablauf der aktuellen Strategiephase Bilanz über die strategischen Ziele zu den Risiken und zu deren Kontrollindikatoren zu ziehen und nötigenfalls Anpassungen oder Ergänzungen vorzunehmen.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Empfehlungen 10.1­10.4 materiell grösstenteils umgesetzt sind oder ihre Umsetzung initiiert ist. Entsprechend dem Expertenbericht «Beurteilung Corporate Governance 2019» ist er zudem daran, die Eignergespräche stärker prospektiv auszurichten (vgl. die Ausführungen zu Empfehlung 5).

Dadurch kann der Bundesrat seine strategische Aufsicht bezüglich der internen Aufsichtsinstrumente noch besser wahrnehmen.

Die strategischen Ziele sehen bereits heute vor, dass die Unternehmen über ein Risikomanagement-System (RM-System) verfügen und den Eigner zusätzlich über die wichtigsten Unternehmensrisiken informieren müssen. Zur Messung der Erreichung dieses Ziels wurden Indikatoren festgelegt: Das RM-System, das an den Vorgaben der ISO-Norm 31000 zu orientieren ist, wird einmal pro vierjährige Strategieperiode einem unabhängigen Audit unterstellt. Dieses erfolgt u. a. anhand vorgegebener Prüfkriterien. Dabei stehen zwei Sachverhalte im Fokus: Erstens soll das Audit feststellen, ob die Unternehmung ein angemessenes RM-System sowie einen RM-Prozess nach ISO 31000 implementiert hat. Zweitens wird eine Beurteilung erwartet, ob die Systeme und Prozesse zum Risikomanagement funktionsfähig sind und wirksam angewendet werden. Da eine flächendeckende Prüfung des zweiten Sachverhalts nicht praktikabel ist (ISO 31000 ist nicht zertifizierbar), wird sie anhand einer Reihe von Leitfragen durchgeführt. Im Ergebnis soll das Audit priorisierte Empfehlungen zur Verbesserung und Weiterentwicklung des geprüften Risikomanagements abgeben. Diese Vorgaben zum Risikomanagement werden seit 2018 im Rahmen der jeweiligen Erneuerung der strategischen Ziele für jedes der grossen bundesnahen Unternehmen (Dienstleister am Markt)
erlassen. Der Bundesrat ist deshalb der Ansicht, dass in den strategischen Zielen bereits ausreichende Vorgaben zum RM-System enthalten sind. Er ist sich bewusst, dass sich im Vollzug Hinweise für weitere Verbesserungen ergeben können. Besonders aufmerksam wird er bezüglich der Risiken aus den Tätigkeiten von stark subventionierten oder im Ausland tätigen Einheiten einer Unternehmensgruppe bleiben müssen.

Im Gegensatz zum strategisch angelegten RM-System konzentriert sich das interne Kontrollsystem (IKS) auf operative Risiken der finanzrelevanten Geschäftsprozesse sowie auf die Beschreibung und Umsetzung geeigneter Kontrollmassnahmen zur Minimierung dieser Risiken. Seit dem Geschäftsjahr 2008 prüft die Revisionsstelle des Unternehmens, ob ein solches IKS existiert, und hält dies in ihrem jährlichen Revisionsbericht fest (Art. 728a f. OR). Deuten einzelne operative Prozessfehler auf systematische Mängel hin, so muss dies im RM-System aufgenommen und dem 7367

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Eigner zur Kenntnis gebracht werden. Dies geschieht insbesondere anlässlich der Eignergespräche. Die zusätzliche Verankerung der Prüfung der Existenz des IKS in den strategischen Zielen würde folglich keinen Mehrwert ergeben.

Das Compliance-Management-System (CMS) bezweckt die Einhaltung von Gesetzen, Regeln und Normen. Es ist Bestandteil eines integrierten RM-Systems. Das Vorhandensein eines wirksamen CMS ist ein wichtiger Bestandteil einer guten Unternehmensführung und soll deshalb neu in die strategischen Ziele aufgenommen werden. Das Unternehmen wird sich an den Vorgaben der ISO-Norm 19.600 orientieren müssen. Erstmals umgesetzt wurde dies in den strategischen Zielen der Skyguide für die Jahre 2020­2023. Bei den übrigen Unternehmen werden ab Anfang 2020 entsprechende Gespräche geführt, die zu einer punktuellen Anpassung der geltenden strategischen Ziele führen könnten.

Empfehlung 11 ­ Führungsstrukturen in den Tochtergesellschaften der Unternehmen (Kap. 8.2.2.8) Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob die Führungsstrukturen in den Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen angemessen sind und ob grundsätzliche Weisungen dazu erlassen werden sollten.

Der Bundesrat steuert die bundesnahen Unternehmen mit der Vorgabe von strategischen Zielen. Auf das operative Geschäft nimmt er grundsätzlich keinen Einfluss.

Die strategischen Ziele richten sich an die bundesnahen Unternehmen und ihre Konzerngesellschaften. Der Verwaltungsrat der obersten Konzerngesellschaft ist verantwortlich für eine einheitliche Führung des gesamten Unternehmens. Er sorgt für die unternehmensweite Umsetzung und Erreichung der strategischen Ziele, erstattet dem Bundesrat Bericht über deren Erreichung und stellt ihm die zur Überprüfung notwendigen Informationen zur Verfügung.

Der Bundesrat macht den bundesnahen Unternehmen grundsätzlich keine Vorgaben zur Ausgestaltung ihrer Organisation. Dies gehört zu den unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1 und 2 OR). Der Bundesrat nimmt damit auch keine Überprüfung der Führungsstrukturen in den Konzerngesellschaften der bundesnahen Unternehmen vor. Ebenso steht es dem Bundesrat nicht zu, Weisungen zur Ausgestaltung der Führungsstrukturen zu erlassen. Es ist die zentrale Aufgabe des Verwaltungsrates der bundesnahen Unternehmen, die Organisationsstrukturen
regelmässig zu überprüfen und den Eigner transparent und umfassend über die Situation des Unternehmens einschliesslich der Konzerngesellschaften zu informieren.

Gestützt auf diese Ausführungen lehnt der Bundesrat die Empfehlung 11 ab. Sollten sich für den Bundesrat jedoch Anhaltspunkte ergeben, dass aufgrund der Führungsstrukturen einer Konzerngesellschaft mit strategischer Bedeutung die Einhaltung der strategischen Ziele oder der gesetzlichen Vorgaben beeinträchtigt werden könnte, wird er dies gegenüber dem Verwaltungsrat des Unternehmens thematisieren und nötigenfalls entsprechend Einfluss nehmen (vgl. auch die Ausführungen zu Empfehlung 12).

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Empfehlung 12 ­ Wichtigste Tochtergesellschaften (Kap. 8.2.2.8) 12.1 Der Bundesrat wird ersucht, die Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen zu bestimmen, denen aus Sicht des Eigners strategische Bedeutung zukommt, und diese einer verstärkten Aufsicht durch die zuständigen Departemente zu unterstellen. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei den ausländischen Tochtergesellschaften und Kooperationen der Unternehmen zu widmen.

12.2 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass der jährliche Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Unternehmen, der dem Parlament unterbreitet wird, transparent Auskunft gibt über die Situation der Tochtergesellschaften, denen aus Sicht des Bundes als Eigner strategische Bedeutung zukommt.

12.3 Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, mit welchen Massnahmen für mehr Transparenz hinsichtlich der Finanzlage der Tochtergesellschaften von bundesnahen Unternehmen gesorgt werden kann, und über die Ergebnisse seiner Prüfung zu informieren.

Der Bundesrat geht mit der GPK-S einig, dass es bei den bundesnahen Unternehmen einzelne Tochtergesellschaften mit strategischer Bedeutung gibt. Vor dem Hintergrund der PostAuto-Affäre, dem verlustintensiven Geschäft von CarPostal France sowie der unvollständigen Darstellung der finanziellen Lage der PostAuto-Auslandgesellschaften will der Bundesrat den Tochtergesellschaften (insbesondere denjenigen mit Aktivitäten im Ausland) generell mehr Aufmerksamkeit schenken. Der Bundesrat ist daher bereit, der Empfehlung 12 nachzukommen und im jährlichen Bericht über die Zielerreichung der bundesnahen Unternehmen verstärkt auf die Situation der Tochtergesellschaften mit strategischer Bedeutung einzugehen. Es sei hier aber auch erwähnt, dass diese Vorgabe teilweise bereits umgesetzt ist, indem beispielswiese bei der Swisscom AG über die italienische Tochtergesellschaft Fastweb spezifisch berichtet wird.

Der Bundesrat wird auch prüfen, wie die Transparenz der Finanzlage der Tochtergesellschaften erhöht werden kann (gemäss Bericht der GPK-S auch mit Unterstützung der externen Revisionsstelle oder der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) als oberstes Finanzaufsichtsorgan des Bundes (unter Verweis auf die Motion 19.4371 Ettlin)). Hier gilt es jedoch darauf hinzuweisen, dass eine inhärente Informationsasymmetrie zwischen Unternehmen
und Eigner besteht. In der Tat ist der Bundesrat oftmals auf Angaben des Verwaltungsrates angewiesen, um die Erreichung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen beurteilen zu können.

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Empfehlung 13 ­ Massnahmen des Bundes bei Krisensituationen in den Unternehmen (Kap. 8.2.2.9) Der Bundesrat wird ersucht, auf der Grundlage des geltenden Rechts ein Inventar der Instrumente zu erstellen, über die der Bund verfügt, wenn es in Unternehmen, deren Eigner er ist, zu Krisensituationen kommt, und zudem die Verfahren und die Zuständigkeiten für solche Situationen festzulegen. In künftigen Krisensituationen ist dieses Inventar massgebend. Dessen Aufstellung ist dem künftigen ständigen Bundesratssausschuss «Bundesnahe Unternehmen» anzuvertrauen.

Aus dem Leitsatz 22b zur Corporate Governance des Bundes sind die wichtigsten Instrumente des Bundesrates ersichtlich, wenn es zu Fehlentwicklungen bei einem bundesnahen Unternehmen kommen sollte. Neben der Änderung der strategischen Ziele und Massnahmen der Gesetzgebung (z. B. Teilrevision des Organisationserlasses) stehen dem Bundesrat alle aktienrechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung, um gegen den Willen des Verwaltungsrats Massnahmen zu ergreifen: ­

Änderung der Statuten im Rahmen des zwingenden Aktienrechts (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 1 OR);

­

Abberufung bzw. Wahl der Revisionsstelle und einzelner oder aller Mitglieder des Verwaltungsrats (Ziff. 2);

­

Verweigerung der Genehmigung des Geschäftsberichts, insbesondere der Jahres- und Konzernrechnung (Ziff. 3 und 4), und damit der Verwendung des Bilanzgewinns und der Bildung der Reserven;

­

Verweigerung der Entlastung einzelner oder aller Mitglieder des Verwaltungsrats (Ziff. 5);

­

Erweiterung der Aufgaben der Revisionsstelle, ad hoc oder mittels Statutenänderung (Art. 731a Abs. 1 OR; z. B. Prüfung der Liquidität, des Lageberichts, der Gehaltspolitik oder sämtlicher Geschäftsvorfälle in einem bestimmten Bereich; umfassendere Berichtserstattung an die Generalversammlung als vom OR vorgeschrieben);

­

Ernennung von Sachverständigen zur Prüfung der Geschäftsführung oder einzelner Teile davon (Abs. 3);

­

Beantragung einer Sonderprüfung beim Gericht (Art. 697a ff. OR);

­

Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen gegen Mitglieder des Verwaltungsrats und der Revisionsstelle (Art. 754 ff. OR).

Der Bundesrat kann diese Instrumente an einer formell einberufenen Generalversammlung (Art. 699 OR) oder sofort an einer Universalversammlung (Art. 701 OR) einsetzen.

Ein Inventar der Instrumente ist also bereits vorhanden. Wie der Bundesrat diese in einer Krisensituation einsetzt und kombiniert, liesse sich im Voraus jedoch nur relativ abstrakt festlegen. Zu vieles hängt im Einzelfall von der allfälligen Krisensituation ab (zeitliche Komponente, beweisrechtliche Aspekte, aktuelles Verhalten des 7370

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obersten Kaders, betriebswirtschaftliche Opportunitätsüberlegungen, Vorarbeiten von anderen staatlichen Stellen, bereits vom Unternehmen ergriffene Massnahmen, politische Dimension etc.). Im grundsätzlich bewährten dualen Eignermodell sollten das Fachdepartement und die EFV dem Bundesrat die geeigneten Massnahmen stets einzelfallgerecht vorschlagen können. Ein Plan mit im Voraus fixierten Massnahmen würde eine trügerische Rechtssicherheit schaffen und den involvierten Stellen die notwendige Flexibilität rauben. Dies sollte vermieden werden. Deshalb lehnt der Bundesrat den entsprechenden Teil der Empfehlung 13 ab.

Wie bereits bei der Stellungnahme zu Empfehlung 6 erwähnt, beantragt der Bundesrat dem Parlament die Ablehnung der Motion 19.4383 der GPK-S zur Errichtung eines neuen Bundesratsausschusses «Bundesnahe Unternehmen».

Empfehlung 14 ­ Koordination zwischen dem Eigner und den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden (Kap. 8.2.3.1) 14.1. Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass die Eignerdepartemente und die EFV einen intensiveren Austausch mit den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden pflegen und diesen Austausch klar dokumentieren.

14.2 Der Bundesrat wird ersucht, im Anhang seines Jahresberichts über die Erreichung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen, den er dem Parlament unterbreitet, in einem Kapitel die wichtigsten für die Zielerreichung erheblichen Informationen zu präsentieren, die ihm von den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden übermittelt wurden.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass der Empfehlung 14.1 bereits heute grösstenteils nachgekommen wird, insbesondere wenn es sich bei den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden um Ämter des Fachdepartementes UVEK handelt. An den alle 2 bis 3 Wochen stattfindenden Amtsrapporten (Austausch der Amtsleitung mit der Vorsteherin des UVEK) wird auch über Themen mit Bezug zu den bundesnahen Unternehmen gesprochen (z. B. Amtsrapporte BAKOM zur Post, Amtsrapporte BAV zur SBB, Amtsrapporte BAZL zu Skyguide). Diese Rapporte werden jeweils protokolliert. Der Austausch mit den Aufsichtsbehörden (PostCom, ComCom) ist wegen deren gesetzlich vorgeschriebenen Unabhängigkeit deutlich weniger intensiv.

Der Bundesrat wird dafür sorgen, dass die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden von den Fachdepartementen ermuntert werden, festgestellte
Schwierigkeiten mit den bundesnahen Unternehmen frühzeitig zur Sprache zu bringen. Ebenso unterstützt er das Anliegen der GPK-S, die Aufsichtsbehörden vor den Eignergesprächen zu konsultieren, um allfällig vorhandene Schwierigkeiten traktandieren zu können. Um eine Funktionsvermischung zu vermeiden, sollte die Teilnahme einer Aufsichtsbehörde am Eignergespräch jedoch die absolute Ausnahme sein.

Der Bericht des Bundesrates zur Erreichung der strategischen Ziele im vergangenen Geschäftsjahr orientiert sich an den Vorgaben des Bundesrates an die bundesnahen Unternehmen und gibt zu jedem einzelnen Ziel Auskunft über dessen Erreichungsgrad. Informationen der sektorspezifischen Aufsichtsbehörden stellen ein Element der Grundlagen dar, aufgrund deren der Bundesrat zu seiner Beurteilung gelangt.

Dies nebst der umfassenden Berichterstattung des Verwaltungsrats sowie eigenen 7371

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Beobachtungen der Eignerstellen. Dies ergibt für den Bundesrat ein Gesamtbild, um den Zielerreichungsgrad festzulegen, was er mit einer Begründung unterlegt. Würde der Bundesrat in seinem Zielerreichungsbericht darlegen, welche Informationen der sektorspezifischen Aufsichtsbehörden für die Zielbeurteilung von Bedeutung sind, müsste er auch eine Wertung der übrigen ihm zur Verfügung stehenden Informationen vornehmen. Dies würde zu einem unverhältnismässigen Aufwand führen und kaum einen Mehrwert im Rahmen des Zielerreichungsprozesses generieren. Vielmehr nimmt der Bundesrat ­ wie bereits erwähnt ­ eine Gesamtwürdigung aller ihm zur Verfügung stehenden Informationen vor. Der Bundesrat lehnt daher eine Umsetzung der Empfehlung 14.2 ab.

Empfehlung 15 ­ Transparenz der Unternehmen gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden (Kap. 8.2.3.2) Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass die für die sektorspezifische Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen zuständigen Behörden jederzeit Zugang zu sämtlichen Informationen haben, die sie für die Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrags benötigen. Der Bundesrat ist zudem gebeten, zu prüfen, ob die Transparenz gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden ausdrücklich in die strategischen Ziele der Unternehmen aufzunehmen ist.

Der Bundesrat ist selbstverständlich auch der Ansicht, dass die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden Zugang zu den für sie erforderlichen Unterlagen der von ihnen beaufsichtigten bundesnahen Unternehmen haben müssen. Es ist jedoch nicht die Aufgabe des Bundesrates, den Unternehmen Vorgaben zur Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden zu machen. Bei der Frage der Transparenz gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden handelt es sich denn auch nicht um einen strategischen Aspekt der Unternehmenssteuerung, der in die strategischen Ziele aufgenommen werden sollte.

Wie bereits bei der Empfehlung 8 erwähnt, nimmt der Bundesrat grundsätzlich keine Vorgaben in die strategischen Ziele auf, die sich bereits klar aus Gesetzen und Verordnungen ergibt. Auch wenn nicht alle Spezialgesetze explizite Vorgaben zu den Auskunftspflichten enthalten, gibt es spezialgesetzliche Bestimmungen zur Frage, welche Unterlagen und Informationen den Aufsichtsbehörden zur Verfügung zu stellen sind. In Artikel 23 Absatz 3 des Postgesetzes vom
17. Dezember 2010 16 steht beispielsweise, dass die Post der Eidgenössischen Postkommission (PostCom) als Aufsichtsbehörde über die Grundversorgung mit Postdiensten insbesondere diejenigen Auskünfte erteilen muss, die für die Prüfung der Einhaltung des gesetzlichen Grundversorgungsauftrags und der Qualitätsvorgaben sowie für die Überwachung der Einhaltung des Quersubventionierungsverbots notwendig sind.

Sollten die Aufsichtsbehörden im konkreten Einzelfall Schwierigkeiten bei der Informationsbeschaffung haben, können sie sich jederzeit an die Eignerstellen wenden (wie dies das BAV beim Fall PostAuto Schweiz AG gemacht hat).

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SR 783.0

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Vor diesem Hintergrund ist der Bundesrat der Ansicht, dass Vorgaben zur Transparenz der bundesnahen Unternehmen gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden kein Thema der strategischen Ziele sein können. Er lehnt daher die Empfehlung 15 ab.

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