Ausnahmen von den Bestimmungen über die Pilotenberechtigungen, den Flugbetrieb und den Unterhalt für das neu zertifizierte, elektrisch angetriebene Luftfahrzeug Pipistrel Virus SW 128, Velis Electro vom 15. Dezember 2020

Verfügende Behörde:

Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL)

Gegenstand:

Am 10. Juni 2020 erhielt per Ergänzung des Typenzertifikats EASA.A.573, Virus SW 121 um die Baureihe mit Elektroantrieb, Virus SW 128 (mit kommerziellem Namen Velis Electro) erstmals in der Geschichte der Luftfahrt ein elektrisch angetriebenes Luftfahrzeug eine Typengenehmigung und damit eine ordentliche Zertifizierung. Die Ausführungsbestimmungen, welche die Lizenzen zum Führen, den Betrieb und den Unterhalt von Luftfahrzeugen regeln, sind bislang ausschliesslich auf Luftfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ausgelegt, und enthalten einerseits Bestimmungen die auf ein Luftfahrzeug nicht passen und damit nicht eingehalten werden können, lassen im Gegenzug aber auch entsprechende bzw. äquivalente Bestimmungen für elektrisch angetriebene Luftfahrzeuge vermissen.

In Bezug auf kleine Flugzeuge, die hauptsächlich in der allgemeinen Luftfahrt eingesetzt werden, bezieht sich die Verordnung (EU) Nr. 1178/20111 und deren Annex I, PartFCL vorläufig auf Flugzeuge mit einem «Kolben»-Motor oder einem «Turbinen»-Motor (einmotoriger Kolben, mehrmotoriger Kolben, einmotorige Turbine). Vergleichbare Kleinflugzeuge, die mit einem Elektromotor ausgestattet sind, wie der Virus SW 128 werden daher nicht berücksichtigt. Die laufende EASA-Regelungsaufgabe (rule making task, RMT) RMT.0678 sieht eine Aktualisierung der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 vor, um den elektrischen Antrieb und dessen Besonderheiten in den Teil-FCL aufzunehmen. Bis der RMT.0678 schliesslich zu entsprechenden Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 geführt

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Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäss der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates.

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hat (geplant für 2022/Q2), bestehen grundsätzlich keine Pilotenlizenzen (bzw. Berechtigungen), mit denen das elektrisch angetriebene Flugzeug geführt werden dürfte.

Eine Ausnahmegenehmigung ist daher die einzige Möglichkeit, den Betrieb der Virus SW 128 und die Ausbildung mit dieser und für diese im Rahmen des geltenden Teil-FCL zu erlauben.

Ebenfalls in Bezug auf kleine Luftfahrzeuge, die hauptsächlich in der allgemeinen Luftfahrt eingesetzt werden, verwendet die Verordnung (EU) Nr. 965/20122 vorläufig den Begriff «Treibstoff» für einige der Anforderungen in ihrem Anhang VII, Teil-NCO. Die Bestimmungen berücksichtigt daher die Spezialitäten und Eigenheiten von Flugzeugen, die elektrisch angetrieben sind, nicht. Die laufende EASARegelungsaufgabe RMT.0573 entwickelt derzeit eine Aktualisierung der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 mit dem Ziel, die Eigenheiten des elektrischen Antriebs in den Teil-NCO aufzunehmen. Bis die RMT.0573 zu entsprechenden Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 geführt hat (geplant für 2021/Q4), kann die Virus SW 128 nicht rechtmässig betrieben werden. Eine Ausnahmegenehmigung ist daher auch diesbezüglich die einzige Möglichkeit, den Betrieb und die Ausbildung für die und mit der Virus SW 128 im Rahmen des derzeitigen Teil-NCO zu erlauben.

Dasselbe gilt für die Regeln betreffend die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit. Als diese entwickelt wurden, waren die einzigen verfügbaren Flugzeugtriebwerke Kolben- oder Turbinentriebwerke, so dass die Regeln nur auf diese Triebwerke zugeschnitten wurden. Daher bieten die Regeln für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit bei Flugzeugen mit bestimmten Konstruktionsneuheiten, wie im vorliegenden Beispiel der Elektroantrieb, keine ausreichende Flexibilität. So gelten zum Beispiel die bestehenden Genehmigungsberechtigungen der Instandhaltungsbetriebe nicht für Elektroantriebe. Der Anhang 3 der Verordnung (EG) Nr. 1321/2014, Teil-66 wurde zwar vergangenes Jahr revidiert und dabei um die Lizenz der Unterkategorie L2 ergänzt, welche die Freigabe der Virus SW 128 (als ELA1Flugzeug mit elektrischem Antrieb) für den Betrieb erlauben würde. Diese neue Lizenz ist in der Praxis allerdings noch immer recht selten und meist nicht in Kombination mit einem geeigneten Unterhaltsbetrieb zu finden.

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Verordnung (EU) Nr. 965/2012 der Kommission vom 5. Oktober 2012 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Flugbetrieb gemäss der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates.

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Die laufende EASA-Regelungsaufgabe RMT.0731 entwickelt derzeit eine Aktualisierung der Verordnung (EU) Nr.

1321/2014, um den elektrischen Antrieb in ihren Regelungsrahmen aufzunehmen. Bis die RMT.0731 schließlich zu entsprechenden Änderungen der Verordnung (EU) Nr.

1321/2014 geführt hat, kann die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit dieser Luftfahrzeuge nicht gemäß der anwendbaren Vorschrift durchgeführt werden. Eine Ausnahmegenehmigung ist daher die einzige Möglichkeit, die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit der Virus SW 128 nach dem derzeitigen Rechtsrahmen der Verordnung (EU) Nr. 1321/2014 zu ermöglichen.

Mit Datum vom 7. Juli 2020 wurde entsprechend eine Ausnahme von den relevanten Bestimmungen verfügt. Nach deren Publikation ergaben sich Entwicklungen im Projekt Pipistrel Virus SW128, welche die Koordinationsgruppe der am Projekt beteiligten Staaten ­ angeleitet von der EASA ­ veranlassten ergänzende Auflagen und Einschränkungen zu fordern. Am 21. September hat die EASA zu Handen der EU-Kommission ein Akzept der schweizerischen Ausnahmebewilligung unter Vorbehalt verschiedener kleinerer Anpassungen erklärt. Dies wurde durch die EUKommission am 25. September 2020 bestätigt. Im Sinne einer harmonisierten Umsetzung des Projekts und folgend den Regeln der Flexibilitätsbestimmungen des anwendbaren EU-Rechts sind diese Anpassungen auch in die für die Schweiz gültige Ausnahmeregelung aufzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist die Allgemeinverfügung vom 7. Juni 2020 in Wiedererwägung zu ziehen und entsprechend zu ergänzen.

Rechtliche Grundlage: Gestützt auf das bilaterale Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr Gestützt auf das bilaterale Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr3 wurde die Verordnung (EU) 2018/11394 ins 3

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Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr; Abgeschlossen am 21. Juni 1999; Von der Bundesversammlung genehmigt am 8. Oktober 1999; SR 0.748.127.192.68.

Verordnung (EU) 2018/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2018 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit sowie zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2111/2005, (EG) Nr. 1008/2008, (EU) Nr. 996/2010, (EU) Nr. 376/2014 und der Richtlinien 2014/30/EU und 2014/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 552/2004 und (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates.

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schweizerische Recht übernommen. Art. 71 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) 2018/1139 ermöglichen es dem BAZL als Competent Authority, von einzelnen Anforderungen der Ausführungsbestimmungen von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten Ausnahmen zu gewähren, wenn dies aufgrund dringender unvorhersehbarer Umstände oder im Falle dringender betrieblicher Erfordernisse notwendig ist.

Inhalt der Verfügung:

Die Allgemeinverfügung des BAZL vom 7. Juni 2020 betreffend Ausnahmen von den Bestimmungen über die Pilotenberechtigungen, den Flugbetrieb und den Unterhalt für das neu zertifizierte, elektrisch angetriebene Luftfahrzeug Pipistrel Virus SW 128, Velis Electro wird in Wiedererwägung gezogen und entsprechend angepasst. Die Vorliegende Allgemeinverfügung ersetzt die in Wiedererwägung gezogene vollumfänglich.

1.) Lizenzen und Berechtigungen zum Führen der Virus SW 128 gemäss der Verordnung (EU) 1178/2011 Die folgenden Regelungen bzw. Ausnahmen von den Anwendbaren Bestimmungen gelten für alle Träger einer durch die Schweiz ausgestellten Lizenz und berechtigen ausschliesslich zur Tätigkeit auf schweizerisch immatrikulierten Luftfahrzeugen.

Alle Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011, die auf die Klassenberechtigung für einmotorige Flugzeuge mit Kolbenmotor (single engine piston, SEP) anwendbar sind oder sich auf diese beziehen, werden unter den folgenden Bedingungen auf die Virus SW 128 angewendet: (a) Die Virus SW 128 wird als eine Baureihe innerhalb der Klasse SEP behandelt. Die entsprechende Berechtigung unterliegt abweichend von FCL.710(d) eigenständig der fortlaufenden Flugerfahrung gemäss FCL.140.A im Fall eines LAPL und verfügt über eine eigenständige Gültigkeitsdauer von zwei Jahren gemäss FCL.740(b) und FCL.740.A(b) im Fall eines PPL, CPL oder ATPL.

(b) Die im Pipistrel-Dokument «DOT-128-00-11-401 Virus SW 128 Difference Training Programme» festgelegten Trainingsinhalte sind verbindlich für: (1) Die mit der Virus SW 128 durchgeführte Flugausbildung zum Erwerb einer LAPL(A) (gemäss FCL.115) oder PPL(A) (gemäss FCL.210), (2) die Unterschiedsschulung (gemäss FCL.135.A(b) und FCL.710) zur Erweiterung der Klassenberechtigung SEP auf die VIRUS SW 128.

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(c) Die Unterschiedsschulung zur Ausdehnung der Berechtigungen innerhalb der SEP-Klassenberechtigung auf SEPBaureihen mit Kolbenmotor muss gemäss FCL.135.A(b) und FCL.710 diejenigen Elementen der Ausbildung zum Erwerb der Klassenberechtigung SEP enthalten, die erforderlich zur Gewährleistung der Kompetenz des Kandidaten zum sicheren Betrieb von SEP-Baureihen mit Kolbenmotor sind.

(d) Die Erfüllung der Anforderungen an die fortlaufende Flugerfahrung gemäss FCL.140.A gilt nur für beide SEPBaureihen, jene mit Kolbenmotoren und die Virus SW 128, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: (1) Die 12 Stunden Flugzeit gemäss der Bedingungen in FCL.140.A(a) und, falls zutreffend, FCL.140.A(b)(2) wurden auf einer Kombination von SEP-Baureihen mit Kolbenmotoren und einer Virus SW 128 absolviert: (i) mindestens 3 Stunden auf SEP-Baureihen mit Kolbenmotoren; (ii) mindestens 3 Stunden auf der Virus SW 128; (iii) einem Auffrischungsflug gemäss Punkt FCL.140.A(a)(2) auf einer SEP-Baureihe mit Kolbenmotor; (iv) einem Auffrischungsflug auf der Virus SW 128 von mindestens 40 Minuten mit einem Fluglehrer (FI) oder einem Ausbilder mit Klassenberechtigung (CRI); oder (2) im Fall von FCL.140.A(b)(1) je eine Befähigungsüberprüfung auf einer SEP-Baureihe mit Kolbenmotor und der Virus SW 128.

(e) Die Verlängerung der Klassenberechtigung SEP gemäss FCL.740.A(b) gilt nur dann für beide SEP-Baureihen, jene mit Kolbenmotoren und die Virus SW 128, wenn der Inhaber der Klassenberechtigung SEP die folgenden Voraussetzungen erfüllt: (1) die 12 Stunden Flugzeit gemäss FCL.740.A(b)(1)(ii) enthalten: (i) mindestens 3 Stunden auf SEP-Baureihen mit Kolbenmotoren; (ii) mindestens 3 Stunden auf der Virus SW 128; (iii) einem Auffrischungsflug auf einer SEP-Baureihe mit Kolbenmotor gemäss FCL.740.A(b)(1)(ii); (iv) einem Auffrischungsflug auf der Virus SW 128 von mindestens 40 Minuten mit einem Fluglehrer (FI) oder einem Ausbilder mit Klassenberechtigung (CRI); oder 9530

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(2) im Fall von Punkt FCL.740.A(b)(1))(i) je eine Befähigungsüberprüfung auf einer SEP-Baureihe mit Kolbenmotor und dem Virus SW 128.

(f) Wenn der Inhaber einer Klassenberechtigung SEP in Übereinstimmung mit FCL.740.A(b)(1)(ii) nur die Berechtigungen für die Virus SW 128 verlängern möchte oder in Übereinstimmung mit FCL.140.A nur die fortlaufende Flugerfahrung für die Virus SW 128 aufrecht erhalten möchte, muss der erforderliche Auffrischungsflug eine Mindestdauer von 40 Minuten aufweisen.

(g) Der Auffrischungsflug gemäss der vorstehenden Bestimmungen 1.)(d)(1)(iv), (e)(1)(iv) und (f), muss alle folgenden Punkte umfassen: (1) Notfallverfahren bei Batterieüberhitzung; (2) Fehlfunktionen der Batterie: (i) SOC; (ii) reduziertes Batterieausdauer-Management (Batterieverlust); (iii) Batterieüberhitzung und Batteriebrand (Notfallübungen und -verfahren); (3) Leistungs- bzw. Schubreduzierung nach Aktivierung des «Derating System», simuliert durch eine Leistungsreduktion.

(h) Die Erneuerung der Musterberechtigung SEP gemäss FCL.740(b)(1) gilt nur für diejenige der beiden SEPBaureihen, mit Kolbenmotor oder die Virus SW 128 auf welcher die Befähigungsüberprüfung abgelegt wurde.

(i) Ein Flugschüler/eine Flugschülerin, der/die eine LAPL(A)- oder PPL(A)-Ausbildung auf einer Virus SW 128 absolviert, darf gemäss FCL.020(a) erst dann die erforderlichen Alleinflüge und Alleinüberlandflüge auf einer SEP-Baureihe mit Kolbenmotor durchzuführen, wenn er/sie genügend vertraut mit SEP-Baureihen mit Kolbenmotor ist, um diese sicher führen zu können.

(j) Der Ausbilder, der Prüfer oder die Ausbildungseinrichtung muss in allen folgenden Unterlagen angeben, dass die Ausbildung, Prüfung oder Kontrolle auf der Grundlage dieser Verfügung (Exemption) durchgeführt wurde: (1) im Fall von Punkt (b)(1) hiervor: (i) in den Ausbildungsunterlagen gemäss ORA.ATO.120 von Anhang VII (Teil-ORA) und DTO.GEN.220 von Anhang VIII (Teil-DTO) der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011;

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(ii) die Empfehlung für einen Geschicklichkeitstest (gemäß Punkt FCL.030(b)); (2) im Falle der Punkte (b)(2), (c), (d)(1), (e)(1) oder (f) hiervor die Eintragung des Ausbildners im Flugbuch des Piloten; (3) im Falle der Punkte (d)(2), (e)(2) oder (h) hiervor oder im Falle einer Fähigkeitsprüfung zur Ausstellung eines LAPL(A) oder eines PPL(A) in einer SW 128 der Bericht des Prüfers über die Fähigkeitsprüfung oder Eignungsprüfung (gemäss Punkt FCL.1030(b)(3)).

2.) Operationelle Anforderungen gemäss der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 Schweizer Betreiber von in der Schweiz immatrikulierten Virus SW 128 werden von der Anwendbarkeit der nachfolgenden Anforderungen aus Anhang VII (Teil-NCO) der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 unter den jeweils genannten Bedingungen und ausschliesslich für Flüge nach Sichtflugregeln (visual flight rules; VFR) ausgenommen: (a) NCO.OP.125 Treibstoff- und Ölversorgung: (1) Der verantwortliche Luftfahrzeugführer darf einen Flug nach Sichtflugregeln (Visual Flight Rules, VFR) nur dann beginnen, wenn die elektrische Energie des Flugzeugs ausreichend ist für: (i) um die beabsichtigte Strecke und danach mindestens 10 Minuten lang in normaler Reiseflughöhe zu fliegen bei Tag, sofern Start und Landung auf demselben Flugplatz/Landeplatz erfolgen und der gesamte Flug in Sichtweite dieses Flugplatzes/Landeplatzes durchgeführt wird; oder (ii) den Flug zum Flugplatz der beabsichtigten Landung und anschliessend mindestens 30 Minuten lang in normaler Reiseflughöhe zu fliegen bei Flügen am Tag; oder (iii) den Flug zum Flugplatz der beabsichtigten Landung und danach mindestens 45 Minuten lang in normaler Reiseflughöhe zu fliegen bei Flügen in der Nacht.

(2) Bei der Berechnung der erforderlichen elektrischen Energie, die für den Antrieb einschliesslich der Notfallvorsorge verwendet wird, ist durch den verantwortlichen Luftfahrzeugführer Folgendes zu berücksichtigen: (i) Wetterprognose;

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(ii) erwartete ATC-Routings und Verzögerungen durch erhöhtes Verkehrsaufkommen; und (iii) jede andere Eventualität, welche die Landung des Flugzeugs verzögern oder den für den Antrieb verwendeten elektrischen Energieverbrauch erhöhen kann.

(3) Eine Änderung eines Flugplans während des Fluges ist zulässig, sofern vom Punkt der Änderung alle Anforderungen betreffend die für den Antrieb verwendete elektrische Energie erfüllt werden können.

(b) NCO.OP.145 Betankung mit an Bord befindlichen sowie ein- oder aussteigenden Passagieren: (1) Der verantwortliche Luftfahrzeugführer hat sicherzustellen, dass Passagiere nicht an Bord gehen, an Bord bleiben oder von Bord gehen, wenn die für den Antrieb verwendeten Batterien aufgeladen oder ersetzt werden.

(c) NCO.OP.155 Rauchen an Bord: Der verantwortliche Luftfahrzeugführer darf das Rauchen an Bord nicht gestatten: (1) wenn immer es im Interesse der Sicherheit als notwendig erachtet wird; und (2) wenn die für den Antrieb verwendeten Batterien aufgeladen oder ausgetauscht werden.

(d) NCO.OP.185 In-flight fuel management: (1) Der verantwortliche Luftfahrzeugführer hat in regelmässigen Abständen zu überprüfen, dass die für den Antrieb verbleibende Menge an elektrischer Energie nicht geringer ist als die elektrische Energie, die benötigt wird, um einen Flugplatz zu erreichen dessen Wetterbedingungen eine Landung zulassen, sowie die geplante elektrische Reserveenergie gemäss Punkt 2.)(a) (zu NCO.OP.125).

(2) Der verantwortliche Luftfahrzeugführer hat sicherzustellen, dass die Genauigkeit des Instruments zur Messung der Menge der für den Antrieb verbrauchten elektrischen Energie und des Zustands der Batterie den geltenden Anforderungen für die Lufttüchtigkeitsbescheinigung entsprechen.

3.) Technische Bestimmungen in Abweichung der Verordnung (EU) Nr. 1321/2014 Instandhaltungsbetriebe und Instandhaltungspersonal unter Aufsicht des BAZL werden ausschliesslich für die Instandhaltung von im schweizerischen Luftfahrzeugregister einge9533

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tragenen Flugzeugen des Typs Virus SW 128 von der Anwendbarkeit der nachfolgenden Artikel der Verordnung (EU) Nr. 1321/2014 und unter Einhaltung der genannten Bedingungen ausgenommen: (a) M.A.603(b), CAO.A.020 und 145.A.20 Diese Freistellung gestattet es einem genehmigten Instandhaltungsbetrieb, unter der Klasse «Motor» eine neue Berechtigung «Elektrisch» zu beantragen und bei Erfüllung der einschlägigen Anforderungen vom BAZL zu erhalten.

(b) M.A.606(g), M.A.607(a), CAO.A.040(a), 145.A.30(g)&(h) und 145.A.35(a)&(b Diese Freistellung gestattet es Instandhaltungsbetrieben, dem Personal, das nicht Inhaber einer mit dem Luftfahrzeugmuster Virus SW 128 versehenen Teil-66-Lizenz ist, die Freigabeberechtigung für elektrische Motoren zu erteilen. Die Ausnahme ist erforderlich, da der Geltungsbereich der Lizenzen A2, B1.2 und B3 auf Kolbenmotorflugzeuge beschränkt ist. Auch B2- und C-Lizenzen sind nicht für ein Flugzeug mit Elektroantrieb vorgesehen, da der Lehrplan für die Ausbildung der Grundkenntnisse sich nicht auf Flugzeuge mit Elektroantrieb erstreckt.

(c) Der Eigentümer des in der Schweiz eingetragenen Luftfahrzeugs verpflichtet sich, die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit von einer schweizerischen CAMO oder einer CAO verwalten zu lassen.

Die CAMO/CAO verzichtet auf die Selbsterklärung des Luftfahrzeug-Instandhaltungsprogramms (AMP) gemäss ML.A.302(b)(1) und auf ML.A.302(c)(2)(a) (durch den Verzicht auf diese Bestimmung wird gewährleistet, dass die Anweisungen des Inhabers der Musterzulassung für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit im AMP berücksichtigt werden). Die CAMO/CAO verzichtet zudem auf die Vorschrift ML.A.302(e), die das Fehlen eines AMP-Dokuments zulässt.

Die CAMO/CAO verzichtet auf die Anwendung der Bestimmungen ML.A.502(a), ML.A.801(b)(2) und ML.A.801(b)(3), weshalb nur zugelassene Betriebe die Instandhaltung freigeben dürfen.

Die CAMO/CAO verpflichtet sich, die Instandhaltung des Luftfahrzeugs nur von einem Instandhaltungsbetrieb durchzuführen zu lassen, welcher über die Berechtigung A2 verfügt und bei welchem das Luftfahrzeugmuster Virus SW 128 im vom BAZL genehmigten Zulassungsumfang unter «Beschränkungen» ausdrücklich aufgeführt wird.

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(d) Die CAMO/CAO verpflichtet sich, die Instandhaltung des Motors in Instandhaltungsbetrieben durchführen zu lassen, die dafür vom BAZL zugelassen oder anerkannt sind.

(e) Die Instandhaltungsbetriebe, die beabsichtigen, Instandhaltungsarbeiten an Luftfahrzeugen des Typs Virus SW 128 durchzuführen, werden mit der Berechtigung A2 genehmigt und das Luftfahrzeugmuster Virus SW 128 unter «Beschränkungen» aufgeführt.

(f) Diese Instandhaltungsbetriebe verpflichten sich, nur dann Freigabeberechtigungen für freigabeberechtigtes Personal und Unterstützungspersonal auszustellen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: (1) Die Luftfahrzeuginstandhaltung bezieht sich nicht auf den Elektroantrieb oder verwandte Systeme.

(2) Für Instandhaltung des Elektroantriebs oder verwandter Systeme muss der Anwärter für die Freigabeberechtigung Inhaber einer Teil-66-Lizenz der Kategorien B3, B1.2 und C mit einer Berechtigung der Gruppe 3 sein und eine theoretische LuftfahrzeugDifferenzschulung sowie eine Liste praktischer Aufgaben (vgl. unten) erfolgreich absolviert haben.

Auf den Freigabeberechtigungen des Instandhaltungspersonals und den Freigabebescheinigungen (EASA Form 1) muss ausdrücklich vermerkt sein, dass diese gestützt auf die vorliegende Ausnahme vom xy Datum ausgestellt worden sind. Diese Bedingung muss im Instandhaltungsbetriebshandbuch (MOE) aufgenommen und die Änderung vom BAZL genehmigt werden.

Die ebenfalls von Pipistrel d.o.o. durchzuführende praktische Schulung muss typische AMM-Aufgaben umfassen, die für den elektrischen Antrieb und die zugehörigen Systeme der Virus SW 128 spezifisch sind und sich von solchen bei Kolbenmotoren (oder der SW 121) unterscheiden.

Sowohl der Lehrplan für die theoretischen Elemente der Differenzschulung als auch die Liste der praktischen Aufgaben werden von Pipistrel d.o.o. zur Verfügung gestellt und basieren auf dem EASA geprüften Dokument «DOT-128-00-11-001 Differenztraining ­ Instandhaltung».

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(g) Genehmigungszertifikate von Instandhaltungsbetrieben mit der Berechtigung «Elektrisch» unter der Klasse «Motor» müssen «Beschränkungen» enthalten, die sich ausdrücklich auf den «Motortyp» beziehen.

4.) Pflicht zur Mitführung der vorliegenden Allgemeinverfügung Die vorliegende Allgemeinverfügung ist zusammen mit den vom Gesetz geforderten Borddokumenten an Bord aller Virus SW 128 mitzuführen.

Adressatenkreis:

Die vorliegenden Ausnahmeregelungen richten sich an alle Halter, Betreiber (ausgenommen Inhaber einer Betriebsgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008, Flugschulen, Unterhaltsbetriebe und deren Mitarbeiter sowie Piloten, Instruktoren, Prüfungsexperten und Mechaniker mit einer durch die Schweiz ausgestellten Bewilligung oder Berechtigung, die mit dem Betrieb oder der Wartung von Flugzeugen des Typs Virus SW 128 befasst oder betraut sind, die im schweizerischen Luftfahrzeugregister eingetragen sind.

Öffentliche Auflage:

Die Verfügung wird durch Publikation im Bundesblatt in deutscher, französischer und italienischer Sprache eröffnet.

Im Weiteren kann diese Verfügung schriftlich beim BAZL, Abteilung Sicherheit Flugbetrieb, angefordert werden.

Rechtsmittel:

Gegen diese Verfügung kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesverwaltungsgericht, Postfach, 9023 St.

Gallen, Beschwerde erhoben werden. Die Beschwerde ist im Doppel einzureichen. Sie hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der Beschwerdeführenden zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit die Beschwerdeführenden sie in Händen haben. Ferner ist die Vollmacht einer allfälligen Vertreterin oder eines allfälligen Vertreters beizulegen.

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Bundesamt für Zivilluftfahrt Der Direktor: Christian Hegner

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