20.082 Botschaft zum Bundesgesetz über die Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich (Totalrevision des Bundesgesetzes über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung) vom 4. November 2020

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich (Totalrevision des Bundesgesetzes über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung).

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. November 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2019-4173

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Übersicht Das internationale Steuerrecht hat in jüngerer Zeit wesentliche Änderungen erfahren. Ziel des Bundesgesetzes über die Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich (StADG) ist es, durch Anpassungen an diese Änderungen die Durchführung von Abkommen des Bundes im Steuerbereich, insbesondere von Doppelbesteuerungsabkommen, auch zukünftig sicherzustellen.

Ausgangslage Das Bundesgesetz über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung trat im Jahr 1951 in Kraft und erfuhr seitdem nur wenige Änderungen. Das internationale Steuerrecht ist demgegenüber einem steten Wandel unterworfen. So haben sich die Gegebenheiten beispielsweise im Bereich der Verständigungsverfahren in den letzten Jahren stark verändert. Dies hat dazu geführt, dass die bestehende gesetzliche Grundlage den heutigen Anforderungen nur noch teilweise genügt. Mit einer Totalrevision in Form des StADG soll dieser Mangel behoben und die rechtssichere Durchführung von Abkommen des Bundes im Steuerbereich auch künftig gewährleistet werden.

Inhalt der Vorlage Hauptzweck des StADG ist die Regelung der Durchführung der Verständigungsverfahren. Verständigungsverfahren sind zwischenstaatliche Verfahren, basierend auf einem Doppelbesteuerungsabkommen oder einem anderen internationalen Abkommen, mit welchen die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten auf Antrag einer steuerpflichtigen Person versuchen, Abhilfe für eine abkommenswidrige Besteuerung der steuerpflichtigen Person zu schaffen. Da die Zahl solcher Verfahren in den letzten Jahren markant zugenommen hat und ihre finanziellen Auswirkungen (Steuereinnahmen) erheblich sein können, drängt sich eine gesetzliche Regelung ihrer Durchführung und Umsetzung auf. Ein blosser Rückgriff auf die allgemeinen Verfahrensregeln des Bundes ist aufgrund der Eigenheiten der Verständigungsverfahren nicht in allen Teilen befriedigend möglich.

Im Weiteren wird mit dem StADG die Entlastung von der Verrechnungssteuer aufgrund eines anwendbaren Abkommens im Steuerbereich soweit notwendig im Gesetz geregelt, einschliesslich der dafür notwendigen Strafbestimmungen. Ebenfalls in das Gesetz aufgenommen werden bisher auf Verordnungsstufe festgehaltene Strafbestimmungen im Zusammenhang mit der Anrechnung ausländischer Quellensteuern.

Schliesslich wird die bereits im bestehenden Gesetz zu findende Kompetenz des Bundesrats zum Erlass von Ausführungsbestimmungen aktualisiert.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf 1.1.1 Verfahren zur Vermeidung einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung (Verständigungsverfahren) 1.1.2 Weitere Bestimmungen 1.2 Ziel 1.3 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates 1.4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung 1.4.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

9222 9222

2

Vernehmlassung 2.1 Ergebnisse 2.2 Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

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3

Grundzüge der Vorlage 3.1 Die beantragte Neuregelung 3.1.1 Verständigungsverfahren 3.1.2 Weitere Bestimmungen 3.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 3.3 Umsetzungsfragen

9229 9229 9229 9229 9230 9230

4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

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Auswirkungen 5.1 Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und Gemeinden 5.2 Auswirkungen auf gesuchstellende Personen

9256 9256 9257

6

Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.3 Erlassform 6.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 6.5 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 6.6 Datenschutz

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Bundesgesetz über die Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich (StADG) (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf

Die Schweiz hat bisher mit rund 100 Staaten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen. Diese Abkommen regeln vor allem die Zuteilung des Besteuerungsrechts und den Informationsaustausch auf Ersuchen (Amtshilfe) zwischen den Staaten. Hauptzweck der DBA ist die Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung. Aufgrund der Resultate des Projekts der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der G20-Staaten gegen die Verminderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und die Gewinnverschiebung (BEPSProjekt1) wurde dieser Zweck zudem jüngst mit dem Ziel der Vermeidung der Nichtbesteuerung bzw. der reduzierten Besteuerung durch Steuerhinterziehung und -umgehung ergänzt.

Im Bereich der innerstaatlichen Umsetzung und der Anwendung dieser von der Schweiz abgeschlossenen Abkommen bestehen zurzeit ­ mit Ausnahme des Bereichs der Amtshilfe (vgl. Steueramtshilfegesetz vom 28. September 20122, StAhiG) ­ nur wenige gesetzliche Grundlagen. Im nationalen Recht regeln das Bundesgesetz vom 22. Juni 19513 über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und die gestützt darauf erlassenen Verordnungen gewisse Fragen der Umsetzung und der Anwendung der DBA.

Das Bundesgesetz über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung hat seit 1951 nur vereinzelt Änderungen erfahren. Es besteht gegenwärtig aus vier Artikeln, die den Bundesrat ermächtigen, in einzelnen ­ in Artikel 2 genannten ­ Bereichen weiterführende Regelungen auf dem Verordnungsweg zu erlassen. Diese gesetzliche Grundlage genügt den heutigen Anforderungen nur noch teilweise. Da das internationale Steuerrecht einem steten Wandel unterworfen ist, haben sich die Gegebenheiten beispielsweise im Bereich der Verständigungsverfahren verändert. So ist die Erhöhung der Effektivität der Verfahren zur Streitbeilegung (Verständigungsverfahren) ein integraler Bestandteil des BEPS-Projekts (Aktion 144, Mindeststandard) und gehört zum Mandat des Inclusive Framework, dem auch die Schweiz angehört. Die Umsetzung der Mindeststandards wird regelmässig überprüft (Peer Review). Schliesslich findet man nicht mehr nur in den DBA, sondern auch in anderen Abkommen im Steuerbereich Regelungen, die einer entsprechenden Umsetzung bedürfen (vgl. z. B. Art. 9 1

2 3 4

Einsehbar unter www.oecd.org > Topics > Tax > Base erosion and profit shifting; vgl. für weitere Informationen auch Botschaft zur Genehmigung des multilateralen Übereinkommens zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, BBl 2018 5389.

SR 651.1 SR 672.2; AS 1951 889, 2013 231, 2017 5517, 2019 2413 Informationen zur Aktion 14 einsehbar unter www.oecd.org > Topics > Tax > Base erosion and profit shifting > BEPS Actions > Action 14.

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des Abkommens vom 26. Oktober 20045 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten, AIA-Abkommen). Es drängt sich daher eine Totalrevision des bestehenden Gesetzes auf, um den Entwicklungen Rechnung zu tragen. Dabei sollen die bestehenden Bestimmungen soweit notwendig übernommen und das Gesetz mit neuen Regelungsbereichen ergänzt werden.

1.1.1

Verfahren zur Vermeidung einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung (Verständigungsverfahren)

Ein zentraler Punkt der Totalrevision ist die innerstaatliche Regelung der Durchführung der Verständigungsverfahren. Diese zwischenstaatlichen Verfahren zur Ausräumung von Differenzen basieren auf einem internationalen Abkommen im Steuerbereich und münden in eine völkerrechtliche Vereinbarung. Dabei versuchen die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten auf Antrag einer steuerpflichtigen Person, eine bestehende oder drohende abkommenswidrige Besteuerung der steuerpflichtigen Person zu beseitigen bzw. zu vermeiden (da diese Verfahren zurzeit fast ausschliesslich auf den DBA basieren, wird nachfolgend meist nur auf die DBA und nicht auf andere Abkommen im Steuerbereich verwiesen). Das Verständigungsverfahren ist unabhängig von den innerstaatlichen (Rechtsmittel-)Verfahren. Neben diesen Verständigungsverfahren, die auf Antrag der betroffenen Person durchgeführt werden, sehen die DBA noch andere zwischenstaatliche Verfahren vor, um Schwierigkeiten oder Zweifel bei der Anwendung oder Auslegung der Abkommen auszuräumen (z. B. Art. 25 Abs. 3 des OECD-Musterabkommens6, OECD-MA). Diese werden jedoch von den vorgesehenen Ausführungsbestimmungen nicht erfasst.

Bereits die ersten DBA, die die Schweiz in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts abgeschlossen hat, sahen Verständigungsverfahren zur Vermeidung abkommenswidriger Besteuerungen vor. Die Schweiz führt Verständigungsverfahren deshalb seit langer Zeit durch. Die Anzahl und insbesondere die finanzielle Tragweite dieser Verfahren hat sich in den letzten 15 Jahren jedoch markant erhöht. Allein die Zahl der hängigen Fälle hat sich auf mittlerweile knapp 400 vervielfacht. Die von den Verfahren betroffenen Steuereinnahmen können erhebliche Auswirkungen für Bund, Kantone und Gemeinden haben. Vor allem bei den Verständigungsverfahren zu den Verrechnungspreisen können die Beträge sehr hoch sein. So liegt in über 10 Prozent der Fälle eine Anpassung der Steuerbemessungsgrundlage von über 100 Millionen Franken im Streit; diese kann sich abhängig vom anwendbaren Steuersatz entspre-

5 6

SR 0.641.926.81 Einsehbar unter www.oecd.org > Topics > Tax > Tax treaties > OECD Model Tax Convention. vgl. für weitere Informationen auch Botschaft zur Genehmigung des multilateralen Übereinkommens zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, BBl 2018 5389.

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chend auf die Steuereinnahmen auswirken.7 Gründe für diese Zunahme sind die erhöhte internationale Vernetzung der Unternehmen, aber auch der natürlichen Personen, der stetige Ausbau des DBA-Netzes und möglicherweise auch die internationalen Bemühungen, vor allem im Rahmen des BEPS-Projekts der OECD, zur Verringerung der Risiken von Gewinnverschiebungen multinationaler Unternehmen.

Die DBA selbst regeln in verfahrensrechtlicher Hinsicht nur die Durchführung des Verständigungsverfahrens zwischen den Vertragsstaaten. Wichtige innerstaatliche Verfahrensfragen (Rechte und Pflichten der steuerpflichtigen Person, Fristen, Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung etc.) sind in der Schweiz bis jetzt gesetzlich nicht normiert. Zu vielen Anwendungsfragen hat sich im Laufe der Zeit zwar direkt gestützt auf die DBA eine (gefestigte) Praxis entwickelt, und solange sämtliche Verfahrensbeteiligte (kantonale Steuerverwaltungen, Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), steuerpflichtige Person und das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) als zuständige Behörde) eine gleiche Auffassung dazu vertreten, hat die fehlende gesetzliche Grundlage auch keine erheblichen Anwendungsprobleme verursacht. Es gibt jedoch ­ wie die Erfahrungen gezeigt haben ­ einige Bereiche, in welchen unterschiedliche Auffassungen, insbesondere zwischen den Steuerverwaltungen und der zuständigen Behörde, bestehen. So ist es bei Fragen zu den anwendbaren Verjährungsfristen und zum Verfahren bei der Umsetzung der Verständigungsvereinbarungen bereits zu Differenzen gekommen.

Wegen der erheblichen finanziellen Tragweite gewisser Fälle ist eine fast ausschliesslich auf der gelebten Praxis basierende Verfahrensordnung nicht mehr angemessen. Es drängt sich daher eine Regelung in einem Gesetz im formellen Sinn auf. Da in den letzten Jahren auch eine Zunahme von Gerichtsverfahren in der Schweiz in Fällen zu beobachten ist, für welche parallel oder nachfolgend auch ein Verständigungsverfahren beantragt wird, ist eine klare gesetzliche Einordnung der Verständigungsverfahren zusätzlich geboten.

1.1.2

Weitere Bestimmungen

Entlastung von der Verrechnungssteuer und Strafbestimmungen Für die Durchführung der Entlastung von der Verrechnungssteuer aufgrund eines DBA oder eines anderen Abkommens im Steuerbereich besteht zurzeit keine Grundlage auf Gesetzesstufe. Gewisse Punkte sind in Verordnungen geregelt. Im Übrigen werden teilweise die Bestimmungen des Verrechnungssteuergesetzes vom 13. Oktober 19658 (VStG) analog angewendet. Ähnlich wie bei den Verständigungsverfahren drängt es sich hier auf, die Grundzüge der Entlastung im StADG zu regeln.

Im Weiteren enthält das schweizerische Recht zurzeit keine gesetzliche Grundlage, um eine auf ein Abkommen gestützte ungerechtfertigte Entlastung von der Verrech7

8

Für weitere Informationen vgl. auch Bericht der eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) vom 15. August 2018 «Prüfung der Bewirtschaftung des Verständigungsverfahrens», einsehbar unter www.efk.admin.ch >Publikationen > Öffentliche Finanzen und Steuern > Archiv Finanzen und Steuern > 4. März 2019.

SR 642.21

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nungssteuer oder die Gefährdung der gesetzmässigen Durchführung des Abkommens in Bezug auf die Verrechnungssteuer im internationalen Verhältnis zu ahnden.

Ebenso wenig besteht eine gesetzliche Grundlage zur Ahndung von Widerhandlungen bei der Anrechnung der ausländischen Residualsteuer. Solche Strafnormen sollen ebenfalls in das Gesetz aufgenommen werden.

Geheimhaltung Mittlerweile ist nicht mehr nur die ESTV mit der Durchführung der internationalen Abkommen im Steuerbereich betraut. Auch andere Stellen sind für die Durchführung zuständig oder werden beim Vollzug beigezogen (z. B. die Abteilung Steuern des SIF). Daher ist es wichtig, dass sämtliche involvierten Behörden der Geheimhaltung unterliegen. Dies erleichtert die Zusammenarbeit dieser Behörden.

1.2

Ziel

Ziel des StADG ist die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für wichtige Bereiche bei der Anwendung der internationalen Abkommen im Steuerbereich. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Durchführung der Verständigungsverfahren. Dadurch soll für die steuerpflichtige Person, aber auch für die kantonalen Steuerbehörden sowie für die ESTV und das SIF Rechtssicherheit geschaffen werden. Dies ist eine Grundvoraussetzung für eine reibungslose innerstaatliche Durchführung der Verständigungsverfahren und somit wichtig für die betroffenen steuerpflichtigen Personen und für den Standort Schweiz.

Die im Gesetzgebungsprojekt vorgesehenen Bestimmungen zur Entlastung von der Verrechnungssteuer sollen ebenfalls die reibungslose Durchführung der abkommensrechtlichen Vorgaben sicherstellen. Zudem werden durch die Strafbestimmungen Fehlverhalten im Rahmen der Entlastung analog zur innerstaatlichen Regelung von schweizerischen Situationen unter Strafe gestellt.

Von diesen neuen Regelungen nicht betroffen sind Bereiche der Abkommen, zu welchen bereits spezifische Regelungen der Umsetzung bestehen (z. B. StAhiG).

Die in jenen Gesetzen vorgesehenen Verfahren werden durch das StADG nicht berührt.

Mit diesem Gesetzgebungsprojekt soll die Anwendung der DBA und anderer Abkommen im Steuerbereich für alle Beteiligten (auch administrativ) erleichtert und Rechtssicherheit geschaffen werden.

1.3

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Das StADG soll die Durchführung der Abkommen im Steuerbereich auf Gesetzesstufe regeln. Gewisse Punkte benötigen eine Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn. Eine alternative Regelung auf Verordnungsstufe könnte diese Anforderungen nicht erfüllen.

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1.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

1.4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 29. Januar 20209 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 angekündigt. Es sind keine Auswirkungen auf die Finanzplanung zu erwarten.

1.4.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage entspricht der ersten politischen Leitlinie der Legislaturplanung: «Die Schweiz sichert ihren Wohlstand nachhaltig und nutzt die Chancen der Digitalisierung». Gemäss dem dieser Leitlinie untergeordneten Ziel 3 sorgt die Schweiz für bestmögliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen. DBA sind wichtig für den Wirtschaftsstandort Schweiz, da mit ihnen Doppelbesteuerungen verhindert werden können. Eine reibungslose innerstaatliche Durchführung dieser Abkommen, wie sie diese Totalrevision bezweckt, trägt wesentlich zu ihrer Wirkung bei.

2

Vernehmlassung

Vom 13. Dezember 2019 bis zum 27. März 2020 war die Vorlage Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens. Insgesamt sind 40 Stellungnahmen eingegangen. In zwei zusätzlichen Eingaben wurde explizit auf eine Stellungnahme verzichtet.10

2.1

Ergebnisse

Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer begrüssen die Vorlage praktisch einhellig. Im Vordergrund steht für sie vor allem die aufgrund der Reform verbesserte Rechtssicherheit sowohl für die steuerpflichtigen Personen als auch für die zuständigen Steuerbehörden.

Von den Punkten, die in den befürwortenden Stellungnahmen dennoch kritisch beurteilt wurden oder umstritten waren, sind folgende hervorzuheben:

9 10

a.

Geltungsbereich des Kapitels zu den Verständigungsverfahren (Art. 2): Teilweise wird angeregt, auch Vorabverständigungsverfahren über Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen (sog. Advance Pricing Arrangements oder APA) in den Anwendungsbereich des Gesetzes aufzunehmen.

b.

Zuständige Behörde (Art. 3) und Information der Steuerbehörden (Art. 10): Viele begrüssen die im Vorentwurf vorgesehene Möglichkeit der Steuerbe-

BBl 2020 1777, hier 1890 Der Ergebnisbericht ist einsehbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2019 > EFD.

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hörden zur Stellungnahme zu einem Verständigungsverfahren gegenüber dem SIF. Teilweise wird jedoch vorgebracht, dass Verständigungsverfahren erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Situation der betroffenen Gemeinwesen haben können. Daher wird eine verstärkte Mitwirkung der Steuerbehörde bei der Vorbereitung (Verhandlungsmandat) und der Durchführung (Teilnahme an den Verhandlungen) der Verständigungsverfahren gefordert.

c.

Mitwirkungspflicht (Art. 6) und Nichteintreten auf das Gesuch (Art. 7): Einige bringen vor, die gesuchstellende Person solle nur auf Verlangen Auskünfte erteilen und Unterlagen einreichen müssen. Zudem sei die Schwelle für das Eintreten auf Gesuche sehr tief anzusetzen. Schliesslich sei der Ablauf des Einleitungsverfahrens jeweils mit Fristen zu regeln. Andere verlangen demgegenüber, dass das Verhalten der gesuchstellenden Person während des Veranlagungsverfahrens beim Entscheid über das Nichteintreten mitberücksichtigt wird.

d.

Stellung und Mitwirkungspflicht der gesuchstellenden Person (Art. 12): Von einigen wird eine Klärung der Konsequenzen bei mangelhafter Mitwirkung der gesuchstellenden Person verlangt. Von anderen wird demgegenüber angeregt, den Begriff des Augenscheins genauer zu umschreiben.

e.

Verständigungsverfahren und nationale Rechtsmittelverfahren ­ Zustimmung zur Umsetzung (Art. 15): Einige wollen es der betroffenen Person ­ in Abkehr von der heutigen Praxis ­ nicht mehr erlauben, mit der Zustimmung zur Verständigungsvereinbarung zuzuwarten, bis parallel laufende Rechtsmittelverfahren zu einem Ergebnis kommen. Andere schlagen vor, dass Rechtsmittelverfahren während des Verständigungsverfahrens gänzlich zu sistieren seien.

f.

Umsetzungsverfügung (Art. 19): Teilweise wird vorgebracht, es sei nicht notwendig, die Umsetzung neu mit einer Umsetzungsverfügung zu regeln.

Bisher diente die Revision zur Umsetzung, dieses Verfahren habe sich bewährt. Andere geben zu bedenken, dass der Weg der Umsetzungsverfügung mit den Systemen und internen Abläufen der Steuerbehörden kompatibel sein müsse, um nicht unnötigen Aufwand zu verursachen.

g.

Rechtskräftige Verfügungen und Entscheide (Art. 20): Verschiedentlich wird eine Klarstellung in der Botschaft zum Verhältnis zwischen rechtskräftigen Entscheiden und Verständigungsvereinbarungen bzw. Umsetzungsverfügungen verlangt.

h.

Befristung der Umsetzungspflicht (Art. 21): Die Interessen der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer zur Frage der Befristung der Umsetzung haben sich als gegensätzlich erwiesen. Die eine Seite verlangt eine unbefristete Umsetzung der Verständigungsvereinbarung, die andere Seite ist der Ansicht, die im Vorentwurf vorgeschlagene Frist sei zu lange.

i.

Entlastung von der Verrechnungssteuer (Art. 24­27): Teilweise wird eingebracht, der Entwurf müsse mit detaillierteren Bestimmungen zum Entlastungsverfahren ergänzt werden. Andere schlagen eine Ergänzung vor, dass das Rückerstattungsverfahren so einfach und speditiv wie möglich sein solle.

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j.

Strafbestimmungen (Art. 28­33): Einige bringen vor, es solle bloss die vorsätzliche Begehung strafbar sein, die fahrlässige hingegen nicht. Andere möchten den Mindestbussenbetrag auf 100 000 Franken erhöhen. Schliesslich wird auch eingebracht, mit den Strafbestimmungen sei zuzuwarten, bis das gesamte Steuerstrafrecht revidiert worden sei.

k.

Weitere Punkte ­ Anrechnung ausländischer Quellensteuern: Es wird angeregt, Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe c des Vorentwurfs anzupassen, um einem grösseren Teil von Betriebsstätten in der Schweiz eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern zu ermöglichen. Andere bringen vor, es gälte klarzustellen, dass Beteiligte an kollektiven Kapitalanlagen, denen quellenbesteuerte Erträge indirekt zufliessen und die für diese Erträge der schweizerischen Besteuerung unterliegen, Anspruch auf eine entsprechende Anrechnung ausländischer Quellensteuern hätten.

­ Zusatzregelungen zur Verhinderung von Verrechnungssteuerfolgen: Vorgebracht wird, es sei zu verhindern, dass Gewinnkorrekturen Verrechnungssteuerfolgen nach sich zögen. Die aktuelle Praxis sei im Gesetz zu verankern und auf weitere Fälle auszudehnen.

­ Auswirkungen auf den Finanzausgleich (NFA): Verschiedentlich wird zu bedenken gegeben, dass grössere Korrekturen aufgrund eines Verständigungsverfahrens für weit zurückliegende Steuerjahre schwerwiegende finanzielle Auswirkungen auf die betroffenen Gemeinwesen haben können. Diese Auswirkungen würden dadurch verstärkt, dass die Korrekturen nicht mehr im NFA berücksichtigt werden könnten.

2.2

Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Neben verschiedenen inhaltlichen und sprachlichen Präzisierungen, die von den Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern angeregt wurden, sieht der Entwurf im Vergleich zum Vorentwurf neu vor, dass die zuständigen Steuerbehörden eine Besprechung der wesentlichen Sachverhalts- und Rechtsfragen mit dem SIF verlangen können. Damit wird dem Anliegen der Kantone Rechnung getragen, stärker in das Verständigungsverfahren eingebunden zu werden. Eine darüberhinausgehende Mitwirkung der Kantone, welche vereinzelt gefordert wurde, fand aus verschiedenen Gründen keinen Eingang in die Vorlage. Dazu zählt vor allem die aufgrund der Abkommen geforderte Unabhängigkeit der Behörde, welche das Verständigungsverfahren durchführt.

Zudem wurde in den Entwurf eine neue Regelung aufgenommen, welche die Verjährung von Forderungen klarstellt, die sich aus der Umsetzungsverfügung (Art. 19) ergeben.

Weiter wurde Artikel 35 Absatz 2 Buchstabe c an die neue Systematik der Steueranrechnung angepasst.

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Der Bundesrat ist im Übrigen der Ansicht, dass einem Grossteil der in der Vernehmlassung eingegangenen Bemerkungen mit zusätzlichen oder angepassten Ausführungen in der Botschaft Rechnung getragen werden kann. Da die innerstaatliche Durchführung der Verständigungsverfahren erstmals in einem Gesetz im formellen Sinn geregelt wird, hat sich aufgrund der Vernehmlassung gezeigt, dass dieses Thema teilweise vertiefte Erläuterungen in der Botschaft benötigt. Dies betrifft insbesondere den Geltungsbereich (Art. 2) und den 5. Abschnitt des 2. Kapitels (Umsetzung der Verständigungsvereinbarung; Art. 18 ff.).

Schliesslich gibt es Punkte, bei welchen die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer entgegengesetzte Positionen vertreten (z. B. Art. 21). Im vorliegenden Entwurf wird dazu ein sinnvoller Kompromiss vorgeschlagen.

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Die beantragte Neuregelung

3.1.1

Verständigungsverfahren

Das Hauptaugenmerk der Revision liegt auf dem Verfahren zur Vermeidung einer Besteuerung, die nicht dem im Einzelfall anwendbaren Abkommen entspricht. Die eigentliche Durchführung des Verständigungsverfahrens zwischen den Staaten erfolgt direkt gestützt auf das anwendbare Abkommen. Dabei ist die steuerpflichtige Person selbst nicht Verfahrenspartei. Trotzdem hat sie verschiedene Rechte und Pflichten, insbesondere geht von ihr die Einleitung des Verfahrens aus. Dass das für die Verwaltung grundsätzlich geltende Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196811 (VwVG) im Bereich der Verständigungsverfahren zu einer angemessenen Lösung führt, ist nicht gewährleistet, da das Verständigungsverfahren im Vergleich zum nationalen Verfahren betreffend Form und Frist weniger streng sein soll, um den Staaten mehr Raum für eine Lösungsfindung zu geben. Insofern soll neu die Einleitung eines Verständigungsverfahrens gesetzlich geregelt werden.

Weiter wird zur reibungslosen Umsetzung von Verständigungsvereinbarungen eine sogenannte Umsetzungsverfügung geschaffen, da die Verständigungsvereinbarungen gemäss heutiger Praxis innerstaatlich nur über den Weg der Revision angewandt werden können. Mittels dieser Umsetzungsverfügung können die Steuerbehörden die Verständigungsvereinbarung umsetzen, auch wenn bereits eine rechtskräftige Verfügung oder ein Entscheid in der Sache vorliegt. Mit dieser Art der Umsetzung wird der Stellung der Verständigungsverfahren gemäss den DBA Rechnung getragen.

3.1.2

Weitere Bestimmungen

Im Bereich der Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf der Grundlage eines Abkommens wird die Durchführung sichergestellt, indem das Verfahren in Anleh11

SR 172.021

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nung an die nationalen Verfahrensbestimmungen geregelt wird. Zudem wird die Durchführung ­ ebenfalls vergleichbar mit dem rein innerstaatlichen Entlastungsverfahren ­ mittels Strafnormen gesichert.

Schliesslich werden bezüglich der Anrechnung der ausländischen Residualsteuer neue Strafbestimmungen ins Gesetz aufgenommen, die bis anhin in die Verordnung vom 22. August 196712 über die Anrechnung ausländischer Quellensteuern (im Folgenden VStA) integriert waren.

Auch mit dem StADG behält der Bundesrat die Kompetenz, Ausführungsbestimmungen zur Durchführung der DBA und anderer Abkommen im Steuerbereich zu erlassen. Diese Flexibilität ist noch immer wichtig, damit mit den geeigneten Massnahmen auf neue Entwicklungen bei den Abkommen im Steuerbereich reagiert werden kann.

3.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Das StADG ändert die von der Schweiz in den Abkommen im Steuerbereich eingegangenen Verpflichtungen (Gewährung der Entlastung von der Verrechnungssteuer, Durchführung der Verständigungsvereinbarung) nicht. Diese bestehen aufgrund der Staatsverträge unabhängig von der vorliegenden Totalrevision. Die Totalrevision soll jedoch dazu beitragen, die Durchführung der Abkommen zu sichern, Rechtssicherheit zu schaffen und die Verfahren so weit wie möglich zu vereinfachen. Insofern sollten keine zusätzlichen Regulierungskosten entstehen.

3.3

Umsetzungsfragen

Das vorliegende Gesetz stellt in seinem Anwendungsbereich die Durchführung der DBA und der anderen Abkommen im Steuerbereich sicher; es klärt die Verfahrensrechte und trägt damit zur effizienten Verfahrensführung bei.13 Für die Umsetzung von Verständigungsvereinbarungen sind mehrheitlich die kantonalen Steuerbehörden zuständig (Art. 18), da sie die zu korrigierenden Steuern veranlagt haben. Im Rahmen der Vernehmlassung haben fast sämtliche Kantone angemerkt, dass diese Umsetzung mit ihren Systemen und internen Abläufen kompatibel sein müsse. Die Botschaft erläutert daher klärend, dass die Vorlage den Kantonen eine grosse Flexibilität bei der Umsetzung der Verständigungsvereinbarung lasse (Art. 19). Zudem werde das SIF bereits bei der Durchführung des Verständigungsverfahrens allfällige Probleme bei der Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung, welche durch die zuständigen Steuerbehörden vorgebracht werden, berücksichtigen (Art. 21). Für den Vollzug dieser Vorlage sollten daher im Vergleich zu der bereits heute gelebten Praxis keine wesentlichen neuen Massnahmen 12 13

SR 672.201 Bezüglich der Verständigungsverfahren beträgt gemäss einem Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle EFK vom 2018 die durchschnittliche Verfahrensdauer rund zwei Jahre. www.efk.admin.ch >Publikationen > Öffentliche Finanzen und Steuern > Archiv Finanzen und Steuern > 4. März 2019.

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notwendig sein. Es sollten sich vielmehr gewisse administrative Erleichterungen ergeben.

4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Titel des Gesetzes Einzelne Artikel der Kapitel 3 bis 5 betreffen nicht nur die DBA, sondern auch andere Abkommen im Steuerbereich. Auch Verständigungsverfahren können ihre Grundlage in anderen Abkommen haben, so insbesondere im AIA-Abkommen.

Daher ist eine Anpassung des Titels des Gesetzes notwendig.

Art. 1

Gegenstand

Absatz 1 hält in grundsätzlicher Art und Weise fest, dass dieses Gesetz die Durchführung von DBA und anderen internationalen Abkommen im Steuerbereich regelt.

Da jedoch bereits andere Gesetze bestehen, die dies in spezifischen Bereichen tun (StAhiG, Bundesgesetz vom 18. Dezember 201514 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen, Bundesgesetz vom 16. Juni 201715 über den internationalen automatischen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne), wird zur Klarstellung ebenfalls festgehalten, dass diese anderen Bundesgesetze in ihrem Anwendungsbereich dem StADG vorgehen. Absatz 1 stellt somit die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Gesetzen sicher.

In Absatz 2 werden die wesentlichen im Gesetz geregelten Bereiche aufgezählt. Bei den Verständigungsverfahren (Bst. a) wird ­ wie auch in Artikel 2 ­ eine abstrakte und möglichst breite Umschreibung verwendet, da letztlich einzig die anwendbaren Abkommen Umfang und Inhalt der Verständigungsverfahren vorgeben und dies durch das StADG nicht eingeschränkt werden soll.

Absatz 3: Enthält das im Einzelfall anwendbare Abkommen vom StADG abweichende Bestimmungen, so gehen diese als Staatsvertragsrecht dem Landesrecht vor.

Gerade bei den Verständigungsverfahren enthalten die Abkommen vereinzelt Regelungen, die sich von den in diesem Gesetz verankerten unterscheiden. Ein Beispiel dafür sind Regelungen zur zeitlichen Begrenzung der Umsetzung (vgl. die Ausführungen zu Art. 21).

Art. 2

Geltungsbereich dieses Kapitels

Im 2. Kapitel sind die Verfahren zur Vermeidung einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung geregelt (Verständigungsverfahren). Die materiell-rechtlichen Grundlagen für diese Verständigungsverfahren zwischen der Schweiz und ihren Vertragspartnern befinden sich in den Abkommen selbst. Demgegenüber soll das 2. Kapitel des StADG die verfahrensrechtliche Durchführung der Verständigungsverfahren ­ innerhalb des vom anwendbaren Abkommen gesteckten Rahmens ­ innerstaatlich sicherstellen.

14 15

SR 653.1 SR 654.1

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Heute befinden sich die materiell-rechtlichen Grundlagen fast ausschliesslich in den DBA, was jedoch nicht bedeutet, dass nicht auch andere Abkommen im Steuerbereich die Durchführung von Verständigungsverfahren vorsehen können (vgl. z. B.

AIA-Abkommen). Daher ist die Umschreibung der Verfahren in Artikel 2 absichtlich weit gefasst. Ein direkter Verweis auf bestimmte Abkommen oder gar Artikel ist aufgrund der Vielzahl der anwendbaren Abkommen und der Unterschiede zwischen diesen Abkommen nicht sinnvoll. Im OECD-MA sind die Verständigungsverfahren in Artikel 25 geregelt. Die Schweiz übernimmt diesen Artikel grundsätzlich in ihre DBA (meist, aber nicht immer ebenfalls in Art. 25). Artikel 25 Absätze 1 und 2 OECD-MA betrifft die von der steuerpflichtigen Person eingeleiteten Verständigungsverfahren im Einzelfall, während Artikel 25 Absatz 3 OECD-MA die von diesem Gesetz nicht erfassten allgemeinen Verständigungs- und Konsultationsverfahren zur Regelung von Schwierigkeiten und Zweifeln bei der Auslegung oder der Anwendung des Abkommens zwischen den Vertragsstaaten betrifft.

Charakteristisch für die von Artikel 2 erfassten Verständigungsverfahren ist, dass sie auf Antrag einer steuerpflichtigen Person eingeleitet werden, weil eine dem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung eingetreten ist oder zumindest droht. Die Behörde, bei welcher das Gesuch gestellt wird, leitet in der Folge das zwischenstaatliche Verfahren ein, sofern die Voraussetzungen des Abkommens erfüllt sind und sie nicht selbst eine abkommenskonforme Besteuerung herbeiführen kann (vgl. Art. 16).

Die eigentliche Durchführung der Verständigungsverfahren zwischen den Behörden der Vertragsstaaten findet anschliessend ausschliesslich zwischen diesen statt (Art. 12). Dabei sehen die Abkommen meist weder ein konkretes Verfahren noch eine Verpflichtung zur Einigung vor. Einzig, wenn der Fall in der Folge aufgrund einer Schiedsklausel im anwendbaren Abkommen von einer Schiedsstelle beurteilt werden kann, ist sichergestellt, dass es zu einer Lösung kommt.

Verständigungsverfahren sind unabhängig von nationalen (Rechtsmittel-)Verfahren.

Die von der abkommenswidrigen Besteuerung betroffene Person kann somit sowohl das innerstaatliche Verfahren weiterführen und ein Rechtsmittel ergreifen als auch die Durchführung eines Verständigungsverfahrens
beantragen. Während des laufenden Verständigungsverfahrens besteht kein Bedarf nach einer Koordination der Verfahren in diesem Gesetz. Es liegt an der steuerpflichtigen Person und allenfalls der betroffenen Steuerbehörde, einzelfallgerecht eine Sistierung eines laufenden (Rechtsmittel-)Verfahrens zu beantragen. Aufgrund dieser Parallelität der Verfahren gilt es jedoch sicherzustellen, dass es nach Abschluss der Verständigungsvereinbarung nicht erneut zu Doppelbesteuerungen oder zu ungewollten doppelten Nichtbesteuerungen kommt. Daher muss vor der Umsetzung (Art. 18 ff.) der Verständigungsvereinbarung in der Schweiz die Zustimmung der von der Umsetzung betroffenen Person (oder Personen) eingeholt werden. Die Zustimmung zur Verständigungsvereinbarung beinhaltet gleichzeitig einen Rechtsmittelverzicht, welcher verhindert, dass ein allenfalls noch laufendes oder neu angestrengtes innerstaatliches Rechtsmittelverfahren zu einer von der Verständigungsvereinbarung abweichenden Lösung kommt (Art. 15 und 16).

Gegenstand der von diesem Gesetz erfassten Verständigungsverfahren ist somit jeweils ein konkreter Einzelfall. Nicht von der Definition erfasst sind dagegen allgemeine Verständigungsverfahren und sogenannte Konsultationsverfahren zwi9232

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schen der Schweiz und einem Vertragsstaat (vgl. Art. 25 Abs. 3 OECD-MA). Diese werden ohne Antrag einer steuerpflichtigen Person ausschliesslich zwischen den Vertragsstaaten durchgeführt und benötigen keine weitergehenden nationalen Verfahrensbestimmungen. Die Regelungen in den Abkommen genügen.

Auch Vorabverständigungsverfahren über Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen (APA) werden vom StADG nicht erfasst. Mit diesen Verfahren legen die zuständigen Behörden gestützt auf Artikel 25 Absatz 3 OECD-MA die zwischen verbundenen Unternehmen anwendbaren Verrechnungspreise für künftige Steuerperioden fest, wenn noch keine abkommenswidrige Besteuerung eingetreten ist oder zumindest droht. Die Staaten sind gemäss Abkommen nicht zur Durchführung solcher Verfahren verpflichtet. Die Steuerpflichtigen haben daher aufgrund der Abkommen keinen (weder direkten noch indirekten) Anspruch auf Durchführung eines APA-Verfahrens. Deshalb erscheint die Normierung eines Einleitungsverfahrens im vorliegenden Gesetz weder notwendig noch sinnvoll. Auch die Umsetzung solcher APA kann nicht mit jener von Verständigungsvereinbarungen verglichen werden. Die Bestimmungen dieser Vorlage passen daher aus mehreren Gründen nicht zu den APA-Verfahren.

APA sind vielmehr vergleichbar mit Vorabauskünften (sog. Rulings) im innerstaatlichen Steuerverfahren. Die APA-Verfahren sollten möglichst flexibel sein und nicht durch starre Verfahrensregeln eingeschränkt werden. Letztlich basieren sie darauf, dass alle Beteiligten sich in bestimmten grenzüberschreitenden Steuerfragen (Gewinnzuteilung) auf eine Lösung für zukünftige Steuerperioden einigen. Dafür genügen die Grundlagen in den anwendbaren Abkommen, und ein nationaler gesetzlicher Rahmen zur verfahrensrechtlichen Ergänzung der Abkommen ist nicht notwendig.

Zu erwähnen ist immerhin, dass die Regelungen zu den Verständigungsverfahren insoweit auch für APA zur Anwendung kommen können, als diese vergangene Steuerperioden umfassen. In diesen Fällen kann zumindest ein Teil des APA ein eigentliches Verständigungsverfahren sein. Dies ergibt sich aber wiederum aus dem anwendbaren Abkommen und bedarf keiner weiteren innerstaatlichen Regelung.

Art. 3

Zuständige Behörde

Aktuell ist das SIF für die Durchführung von Verständigungsverfahren zuständig.

Entsprechend wird diese Zuständigkeit auch im Gesetz festgehalten. Grundlage dafür ist letztlich die Zuständigkeit des Bundes für auswärtige Angelegenheiten (Art. 54 Abs. 1 der Bundesverfassung [BV]16). Durch die Zuständigkeit des SIF wird in der Schweiz eine Trennung zwischen der veranlagenden Steuerbehörde und der für das Verständigungsverfahren zuständigen Behörde vorgenommen. Der Mindeststandard der Aktion 14 des BEPS-Projekts17 verlangt, dass die für das Verständigungsverfahren zuständige Behörde nicht gleichzeitig die veranlagende Steuerbehörde sein darf und dass sie von dieser unabhängig sein muss. Die Schweiz erfüllt diesen Mindeststandard mit der Zuständigkeit des SIF für die Durchführung 16 17

SR 101 Vgl. Ziff. 2 (insb. 2.3), S. 18 ff. in OCDE (2016), Accroître l'efficacité des mécanismes de règlement des différends, Action 14 ­ Rapport final 2015, Projet OCDE/G20 sur l'érosion de la base d'imposition et le transfert de bénéfices, Éditions OCDE, Paris.

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der Verständigungsverfahren. Dadurch wird ein möglichst unabhängiges und so weit wie möglich effizientes Durchführen und Abschliessen der Verständigungsverfahren begünstigt, wovon nicht zuletzt die Schweiz als Wirtschaftsstandort profitiert.

Art. 4

Gesuchstellende Person

Die gesuchstellende Person ist die Person, die die Durchführung eines Verständigungsverfahrens beantragt. Das Gesuch kann ­ insbesondere in Konzernverhältnissen ­ auch verbundene Personen oder mehrere Personen (z. B. Mutter- und Tochtergesellschaft, Ehepaar) betreffen.

Art. 5

Gesuch

Dem anwendbaren Abkommen im Steuerbereich ist zu entnehmen, in welchem Staat ein Verständigungsverfahren beantragt werden kann. Wird das Gesuch um Durchführung eines Verständigungsverfahrens in der Schweiz gestellt, so geht dem zwischenstaatlichen Verfahren ein Einleitungsverfahren in der Schweiz voraus. Ziel dieses Einleitungsverfahrens ist die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Durchführung eines Verständigungsverfahrens erfüllt sind. Ob eine Frist zur Einreichung des Gesuchs besteht, gibt das anwendbare Abkommen vor. Eine Einführung einer (kurzen) innerstaatlichen Frist ­ soweit dies das anwendbare Abkommen überhaupt zulassen würde ­ erscheint nicht sinnvoll, da die Gefahr von Doppelbesteuerungen zulasten der Steuerpflichtigen erhöht werden würde.

Gemäss Absatz 1 muss ein Gesuch beim SIF eingereicht werden. Indem der Wortlaut die Einreichung des Gesuchs verlangt, ist die Stellung mündlicher Gesuche ausgeschlossen. Es muss also ein Gesuch in Textform «eingereicht» und es kann kein mündliches Gesuch «gestellt» werden. Diese Anforderungen an die Form entsprechen der bereits heute gelebten Praxis.

Absatz 2: Das Gesuch muss gewisse Mindestanforderungen erfüllen. Sie werden in diesem Absatz aufgezählt. Da es sich um internationale Sachverhalte handelt, verfügt meist nur die steuerpflichtige Person über Informationen aus den Steuerverfahren in den beiden Staaten. Sie muss diese darlegen und ­ soweit es für sie möglich ist ­ belegen, damit das SIF überhaupt beginnen kann, den Fall zu bearbeiten. Um die Gesuchseinreichung nicht unnötig zu erschweren, sieht das StADG gleich wie beispielsweise das Bundesgesetz vom 14. Dezember 199018 über die direkte Bundessteuer (Art. 115 DBG) und das Steuerharmonisierungsgesetz vom 14. Dezember 199019 (Art. 44 StHG) keine Beschränkung der gesetzlich zulässigen Beweismittel vor. Das Merkblatt des SIF zu den Verständigungsverfahren enthält Hinweise über Form und Inhalt des Gesuchs um Einleitung eines Verständigungsverfahrens. Dieses hat als Merkblatt keine verbindliche Wirkung, erleichtert jedoch die Gesuchstellung.

Absatz 3: Das Gesuch ist in einer schweizerischen Amtssprache oder in Englisch einzureichen.

18 19

SR 642.11 SR 642.14

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Absatz 4: Genügt das Gesuch den Anforderungen dieses Artikels nicht oder lassen die Anträge oder die Begründung die nötige Klarheit vermissen, so fordert das SIF die gesuchstellende Person auf, das Gesuch zu verbessern. Es setzt ihr dazu eine Frist. Damit das SIF den sehr unterschiedlichen Konstellationen der verschiedenen Verständigungsverfahren Rechnung tragen kann, wird keine starre Frist in den Entwurf aufgenommen. Ohnehin haben die gesuchstellenden Personen einen Anreiz, das Gesuch möglichst schnell zu verbessern, da Verständigungsverfahren hauptsächlich in ihrem Interesse geführt werden.

Art. 6

Mitwirkungspflicht

Verfahren zur Vermeidung einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung werden durchgeführt, wenn eine abkommenswidrige Besteuerung droht oder bereits eingetreten ist. Die Steuerbehörden der Vertragsstaaten haben in diesem Verfahrensstadium die Steuern meist bereits veranlagt und eingezogen. Die gesuchstellende Person möchte dies mit dem Verständigungsverfahren entsprechend den Vorgaben des Abkommens korrigieren. Die Durchführung eines Verständigungsverfahrens liegt demnach primär im Interesse der gesuchstellenden Person und das Verfahren wird auch von ihr beantragt. Insofern darf von der gesuchstellenden Person erwartet werden, dass sie dem SIF alle ihr zur Verfügung stehenden verfahrensrelevanten Informationen und Unterlagen bereitstellt, damit das Verfahren effizient vorbereitet und durchführt werden kann. Alles andere würde dem Zweck des Verständigungsverfahrens zuwiderlaufen. Während des gesamten Verfahrens zur Vermeidung einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung hat die gesuchstellende Person daher dem SIF Auskünfte zu erteilen und benötigte Unterlagen einzureichen.

Für das Einleitungsverfahren ist diese Pflicht in Artikel 6 geregelt. Diese in den meisten Steuergesetzen zu findende Pflicht zur Auskunft und Mitwirkung der gesuchstellenden Person ist für das SIF wichtig, damit es den Sachverhalt abklären kann. Oft ist nur die gesuchstellende Person im Besitz der relevanten Unterlagen.

Die Durchführung des Verständigungsverfahrens findet anschliessend zwischen den Vertragsstaaten statt. In diesem zwischenstaatlichen Verfahren gibt es grundsätzlich keine Regeln zur Verteilung der Beweislast. Es ist daher für das SIF von besonderer Bedeutung, dass die gesuchstellende Person die verlangten Auskünfte vollständig erteilt, damit es sich ein umfassendes Bild des relevanten Sachverhalts machen kann.

Tut die gesuchstellende Person dies im Rahmen des Einleitungsverfahrens nicht oder nur ungenügend, so tritt das SIF auf das Gesuch nicht ein (vgl. Art. 7). Wie jede Mitwirkungspflicht ist auch die vorliegende durch das Verhältnismässigkeitsgebot begrenzt.

Art. 7

Nichteintreten auf das Gesuch

Artikel 7 nennt verschiedene Gründe, bei deren Vorliegen das SIF auf das Gesuch nicht eintritt. Das SIF teilt dies der gesuchstellenden Person schriftlich mit.

Grundsätzlich ist die Schwelle für die Einleitung eines Verständigungsverfahrens tief anzusetzen. Einzig, wenn gewisse Grundvoraussetzungen nicht erfüllt sind, wird das zwischenstaatliche Verfahren nicht eingeleitet.

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Abgesehen von den in den Buchstaben b und c genannten Gründen für das Nichteintreten auf ein Gesuch müssen sich alle weiteren Gründe direkt aus dem anwendbaren Abkommen ergeben (Bst. a). Dies ist notwendig, damit die Schweiz ihren staatsvertraglichen Verpflichtungen nachkommen kann. Sieht also ein Abkommen einen möglichst einfachen Zugang zum Verfahren vor (wie dies heute die DBA tun), so kann und soll das StADG diesen Zugang nicht zusätzlich erschweren (vgl. Vorrang des anwendbaren Abkommens gemäss Art. 1 Abs. 3). Sieht ein Abkommen jedoch bestimmte Voraussetzungen für die Gesuchstellung vor, so sind diese unabhängig vom StADG zu beachten. Klarzustellen ist schliesslich, dass die blosse Möglichkeit zur Einleitung eines Verfahrens der gesuchstellenden Person noch keinen Anspruch auf Durchführung und Abschluss des Verständigungsverfahrens verschafft (vgl.

Art. 12). So kann im zwischenstaatlichen Verfahren insbesondere auch das Verhalten der steuerpflichtigen Person während des Veranlagungsverfahrens Einfluss auf die Lösungsfindung haben.

Buchstabe a: Unter diesen Punkt fallen sämtliche Anforderungen, die das anwendbare Abkommen an die Einleitung und die Durchführung des Verständigungsverfahrens stellt. So findet sich in zahlreichen DBA beispielsweise die Voraussetzung, dass der Fall innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der Massnahmen, die zu einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung führt, unterbreitet werden muss. Wird diese Frist nicht eingehalten, kann kein Verständigungsverfahren mehr eingeleitet werden. Ebenfalls zu keiner Einleitung kommt es, wenn (noch) keine abkommenswidrige Besteuerung besteht oder droht (verfrühte Gesuche).

Buchstabe b: Dieser Buchstabe erfasst Fälle, in welchen das Gesuch grundlegende inhaltliche Anforderungen nicht erfüllt und der Mangel nicht innert Frist behoben wird.

Buchstabe c: Ist das SIF trotz Rückfragen aufgrund fehlender Informationen nicht in der Lage, sich ein Urteil darüber zu bilden, ob die Einwendung begründet ist und gegebenenfalls inwieweit die abkommenswidrige Besteuerung im eigenen oder im anderen Staat liegt, so kann dies die Ablehnung des Zugangs zum Verständigungsverfahren rechtfertigen.

Art. 8

Kosten und Entschädigungen

Für die Behandlung des Gesuchs um Einleitung eines Verständigungsverfahrens werden der gesuchstellenden Person keine Kosten auferlegt. Entschädigungen werden ebenfalls nicht gesprochen.

Art. 9

Anwendbares Verfahrensrecht

Soweit das StADG nichts anderes bestimmt, ist das VwVG auf das Einleitungsverfahren in der Schweiz anwendbar. In diesem Verfahrensabschnitt kommt der gesuchstellenden Person Parteistellung zu, was die Anwendung des VwVG rechtfertigt. Da es sich beim Verständigungsverfahren um ein Steuerverfahren handelt, ist das VwVG, wie in Artikel 2 Absatz 1 VwVG festgehalten, nur eingeschränkt anwendbar.

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Verfügungen des SIF im Rahmen der Einleitung eines Verständigungsverfahrens können beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Im nachfolgenden Verfahrensabschnitt, dem eigentlichen Verständigungsverfahren zwischen den Staaten (Art. 12 ff.), kommt der gesuchstellenden Person demgegenüber keine Parteistellung mehr zu. Das Verfahren wird einzig auf Grundlage des DBA zwischen den Behörden der Staaten geführt. Das VwVG findet somit nur im Einleitungsverfahren, aber nicht im zwischenstaatlichen Verfahren Anwendung.

Art. 10

Information der Steuerbehörden

Im 3. Abschnitt wird die Zusammenarbeit der Behörden im Rahmen eines Verständigungsverfahrens geregelt. Sie beginnt in der Regel nach Eingang eines Gesuchs um Durchführung eines Verständigungsverfahrens (Art. 5) oder sobald dem SIF von einer ausländischen Behörde der Eingang eines solchen Gesuchs angezeigt wird und dauert bis zur Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung fort.

Absatz 1: Das SIF informiert die für den Fall zuständigen schweizerischen Steuerbehörden über sämtliche sie betreffenden Verständigungsfälle. Dies kann im Einzelfall auch erst nach Abschluss des Verfahrens sein, falls die Besteuerung in der Schweiz zwischenstaatlich nicht strittig ist und einzig der andere Staat seine Veranlagung korrigieren muss.

Absatz 2: Ist in einem Verständigungsfall die Besteuerung in der Schweiz betroffen, so erhält die Steuerbehörde, die für die Erhebung der vom Verständigungsverfahren betroffenen Steuern zuständig ist, Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Stellungnahme der zuständigen Steuerbehörde ist ein wichtiger Bestandteil des schweizerischen Positionsbezugs gegenüber dem anderen Vertragsstaat. Die Steuerbehörde als veranlagende Behörde ist mit dem konkreten Sachverhalt vertraut und verfügt über entsprechende Unterlagen. Das SIF weist die Steuerbehörde falls notwendig auf die zeitliche Dringlichkeit eines Falles hin.

Absatz 3: Die zuständige Steuerbehörde kann vom SIF eine Besprechung der wesentlichen Sachverhalts- und Rechtsfragen des Verständigungsverfahrens verlangen.

Damit ist gewährleistet, dass die zuständige Steuerbehörde ihre Position in der Vorbereitung des Verständigungsverfahrens, aber bei Bedarf auch während eines laufenden Verständigungsverfahrens gegenüber dem SIF einbringen kann. Das zwischenstaatliche Verfahren wird jedoch auf Schweizer Seite einzig vom SIF als der dafür zuständigen Behörde geführt (vgl. Art. 3).

Art. 11

Amtshilfe

Zur Abklärung der relevanten Umstände des Falles ist es für das SIF wichtig, an die notwendigen Informationen und Auskünfte zu gelangen. Ebenfalls kann es für die zuständige Steuerbehörde im Rahmen der Umsetzung wichtig sein, weitere Informationen vom SIF zu erhalten. Schliesslich kann für die Umsetzung auch eine Meldung des SIF an Steuerbehörden, die indirekt vom Verständigungsverfahren betroffen sind, angezeigt sein. Daher ist in Artikel 11 die Amtshilfe anderer Behörden geregelt. Inhaltlich entspricht Artikel 11 vergleichbaren Normen in verschiedenen Steuergesetzen des Bundes (vgl. Art. 111 und 112 DBG).

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Artikel 11 regelt nur die Amtshilfe zwischen Behörden der Schweiz. Die internationale Amtshilfe richtet sich nach den entsprechenden Regeln im anwendbaren Abkommen (z. B. DBA). Diese können unter Umständen die innerstaatliche Amtshilfe einschränken. Enthält das Abkommen nämlich spezifische Normen zum Informationsaustausch und schränken diese Normen die Verwendung der erhaltenen Informationen ein, so gehen gemäss Artikel 1 Absatz 3 diese Einschränkungen der allgemeinen Amtshilfe nach Artikel 11 vor.

Art. 12

Stellung und Mitwirkungspflicht der gesuchstellenden Person

Während im 2. Abschnitt das Einleitungsverfahren in der Schweiz behandelt wurde, kommt der 4. Abschnitt unabhängig davon zur Anwendung, ob das Verständigungsverfahren in der Schweiz oder in einem anderen Staat beantragt wurde.

Verfahren zur Vermeidung einer dem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung haben, wie es der Name sagt, das Ziel, abkommenswidrige Besteuerungen zu vermeiden. Beim Verfahren nach den Artikeln 12­17 handelt es sich um das eigentliche Verständigungsverfahren zwischen den Staaten. Grundlage dieses Verfahrens ist stets ein entsprechendes Abkommen und nicht das vorliegende Gesetz. Aus völkerrechtlicher Sicht ist das Verständigungsverfahren als diplomatisches Streitbeilegungsmittel einzuordnen. Dieses auf Völkerrecht basierte Verfahren findet ausschliesslich zwischen den beiden Vertragsstaaten statt. In den meisten Abkommen sind die beiden Staaten zu keinem festgelegten Vorgehen verpflichtet, sondern bloss zu einem Versuch, eine Verständigung zu erreichen (vgl. Art. 25 Abs. 2 OECD-MA «l'autorité compétente s'efforce» bzw. «the competent authority shall endeavour»; dt. Übers. «Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten bemühen sich»). Die zuständigen Behörden haben daher einen grossen Spielraum, wie das Verfahren anzugehen ist. Das Verständigungsverfahren ist ein Verfahren sui generis und nicht mit einem nationalen Rechtsmittelverfahren zu vergleichen.

Absatz 1: Aus den bis heute abgeschlossenen Abkommen und daraus abgeleitet aus Artikel 12 dieses Gesetzes ergibt sich, dass die gesuchstellende Person nicht Partei des Verständigungsverfahrens ist und nicht unmittelbar am zwischenstaatlichen Verfahren teilnimmt. Durch ihr Gesuch wird das Verfahren aber immerhin eingeleitet, und sie hat die Möglichkeit, der zuständigen Behörde von sich aus weitere Stellungnahmen und Unterlagen zukommen zu lassen. Zudem kann sie sich über den Stand des Verfahrens unterrichten lassen.

Das Verfahren findet somit grundsätzlich einzig zwischen den zuständigen Behörden der beiden Staaten statt. Dabei unterliegt die Kommunikation zwischen den Behörden der Vertraulichkeit20 und Akteneinsicht ist nicht vorgesehen21. Keine Einschränkung der Akteneinsicht besteht jedoch hinsichtlich der Akten, die die steuerpflichtige Person selbst zur Verfügung gestellt hat. Der zwischenstaatlich vereinbarte Nichteinbezug
der gesuchstellenden Person in das Verfahren soll es den zuständigen Behörden erleichtern, Lösungen ­ insbesondere auch Kompromisse ­ zu finden. Zwangsläufig müssen eine oder beide Behörden während des Verfahrens 20 21

Vgl. «confidentiality of government to government communication» in OECD Manual on effective Mutual Agreement Procedures, Best Practice No 14.

Vgl. auch Art. 25 Rz. 61 des Kommentars zum OECD-MA.

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von ihrer ursprünglichen Position abrücken, damit die von der gesuchstellenden Person gerügte abkommenswidrige Besteuerung behoben werden kann. Die Vertraulichkeit des Verfahrens erleichtert dies. Zudem wird verhindert, dass aus einem Kompromiss in einem Einzelfall ein Präjudiz werden könnte.

Die Vertraulichkeit des internationalen Streitbeilegungsverfahrens bringt es mit sich, dass der gesuchstellenden Person keine Einsicht in die Akten des zwischenstaatlichen Verfahrens gewährt werden kann. Diese Einschränkung erscheint vorliegend vertretbar zu sein, da das Verständigungsverfahren, im Unterschied beispielsweise zum Amtshilfeverfahren, von der gesuchstellenden Person selbst beantragt wird im Wissen, dass es sich gemäss Abkommen um ein zwischenstaatliches Verfahren handelt, in welchem sie selbst nicht Partei ist. Entsprechend wird auch ein allfälliges Verhandlungsergebnis nur mit Zustimmung der steuerpflichtigen Person umgesetzt (vgl. Art. 15).

Absatz 2 hält fest, dass die gesuchstellende Person auch in diesem Verfahrensabschnitt zur Auskunft und zur Einreichung weiterer Unterlagen verpflichtet ist. Sollte sie dieser Pflicht nicht nachkommen, so ergeben sich die Folgen aus dem anwendbaren Abkommen selbst. Es bedarf keiner entsprechenden Sanktionen in diesem Gesetz. Fehlende Mitwirkung kann beispielsweise zur Folge haben, dass die zuständigen Behörden der beiden Staaten nicht zu einer Verständigungslösung gelangen können und das Verfahren erfolglos beendet wird.

Die Durchführung eines Augenscheins bei der gesuchstellenden Person (Vorortbesuche), allenfalls zusammen mit der Behörde des anderen Staats, ist im Rahmen des Verständigungsverfahrens möglich, jedoch nur mit Zustimmung der gesuchstellenden Person. Der Augenschein umfasst nur die Wahrnehmung äusserer Gegebenheiten. Die Vorlage sieht demgegenüber keine Teilnahme der Behörde des anderen Staates bei der Beschaffung weitergehender Beweismittel oder bei der Befragung der betroffenen Peron in der Schweiz vor.

Ein Augenschein bei einer mit der gesuchstellenden Person verbundenen Person in der Schweiz bedarf auch deren Zustimmung. Selbstverständlich kann die gesuchstellende Person die Durchführung eines Augenscheins anbieten. Aufgrund der fehlenden Parteistellung hat sie jedoch keinen Anspruch darauf.

Art. 13

Übertragung der Verhandlungsführung

Artikel 13 ist auf Konstellationen gerichtet, in welchen die Gewinnabgrenzung zwischen einer Betriebsstätte und einer verbundenen Konzerngesellschaft Streitgegenstand ist. Da die Betriebsstätte nicht als ansässige Person gilt, kann der Staat, in dem die Betriebsstätte liegt, sich gemäss den heute verwendeten Regelungen in den DBA nicht direkt mit dem Staat der Konzerngesellschaft im Rahmen eines Verständigungsverfahrens über die Gewinnabgrenzung verständigen. Solche Konstellationen werden von den Abkommen im Steuerbereich bis jetzt noch nicht erfasst. Vielmehr ist das DBA zwischen dem Ansässigkeitsstaat der Konzerngesellschaft und dem Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der Betriebsstätte anwendbar. Da jedoch der Ansässigkeitsstaat des Stammhauses unter Umständen kein (steuerliches) Interesse an einem Verständigungsverfahren hat, weil nur die Besteuerung im Staat der

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Betriebsstätte von der abkommenswidrigen Besteuerung betroffen ist, können solche Konstellationen zu unbefriedigenden Ergebnissen führen.

Mit der in diesem Artikel vorgesehenen Delegation der Verhandlungskompetenz ist es möglich, dass die Staaten, deren steuerliche Interessen betroffen sind, tatsächlich das Verfahren miteinander durchführen oder dass sie zumindest in das Verfahren einbezogen werden können. Absatz 1 kommt dabei zur Anwendung, wenn die Schweiz beispielsweise als Ansässigkeitsstaat des Stammhauses die Verhandlungsführung an den Staat delegieren möchte, in dem die Betriebsstätte liegt. Die Möglichkeit zur Delegation ändert nichts daran, dass die Vereinbarung in solchen Fällen gemäss Artikel 14 letztlich durch das SIF abzuschliessen ist.

Absatz 2 ermöglicht es dem SIF, sich zur Sicherung der steuerlichen Interessen der Schweiz in Verhandlungen einzubringen, auch wenn nur die Betriebsstätte in der Schweiz gelegen ist. Selbstredend sind solche Delegationen nur möglich, falls alle beteiligten Staaten damit einverstanden sind und dazu Hand bieten können.

Art. 14

Abschluss des Verständigungsverfahrens

Absatz 1: Mit dem Abschluss einer Verständigungsvereinbarung zwischen den zuständigen Behörden der betroffenen Vertragsstaaten endet das zwischenstaatliche Verfahren. Das SIF informiert in der Folge die gesuchstellende Person in der Schweiz über das Verhandlungsergebnis.

Absatz 2: Eine Verständigungsvereinbarung ist eine völkerrechtliche Vereinbarung zwischen den Behörden zweier Staaten und richtet sich nicht wie eine Verfügung an die gesuchstellende Person. Insofern kann weder gegen den Abschluss noch gegen den Inhalt der Vereinbarung ein innerstaatliches Rechtsmittel ergriffen werden.

Keine besondere Regelung in diesem Gesetz benötigen die Schiedsverfahren nach den DBA. Zwar ist es möglich, dass das anwendbare Abkommen unter gewissen Umständen vorsieht, dass ein Schiedsverfahren durchzuführen ist, falls sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten nicht innert gewisser Frist auf eine Lösung einigen können. Ein solches Schiedsverfahren ist jedoch kein eigenständiges Verfahren, sondern Bestandteil des Verständigungsverfahrens. Ein ergangener Schiedsspruch muss durch die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten mittels einer Verständigungsvereinbarung umgesetzt werden, womit letztlich in der Schweiz wiederum eine Verständigungsvereinbarung und nicht ein Schiedsspruch umzusetzen ist.

Art. 15

Zustimmung zur Umsetzung

In den vorangegangenen Artikeln dieses Kapitels wird jeweils von der gesuchstellenden Person gesprochen. Im Rahmen der Umsetzung der Verständigungslösung kann es aber gerade in Fällen, die Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen betreffen, vorkommen, dass die Umsetzung in der Schweiz ein verbundenes Unternehmen betrifft und nicht die im Ausland ansässige Konzerngesellschaft, die das Gesuch gestellt hat. Insofern ist in den folgenden Artikeln jeweils von der «betroffenen Person» die Rede.

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Absatz 1: Falls die Verständigungsvereinbarung eine Änderung der Besteuerung in der Schweiz notwendig macht, wird diese Vereinbarung gemäss Artikel 15 erst mit der Zustimmung der betroffenen Person (gesuchstellende Person bzw. Personen oder allenfalls auch eine verbundene Person [Tochtergesellschaft]) umgesetzt. Falls mehrere Personen betroffen sind und zustimmen müssen, ist für die Verbindlichkeit die Zustimmung sämtlicher Personen notwendig. Meist ist die Notwendigkeit der Zustimmung bereits Bestandteil der Verständigungsvereinbarung zwischen den Staaten. In diesen Fällen hat Absatz 1 keine eigenständige Bedeutung.

Bei einer Verweigerung der Zustimmung durch die betroffene Person (bzw. eine der betroffenen Personen) bleibt die bisherige von der Steuerbehörde veranlagte Besteuerung in der Schweiz bestehen und es kommt zu keiner Umsetzung der Verständigungsvereinbarung.

Im Entwurf ist keine Frist für die Zustimmung vorgesehen. Das SIF hat jedoch unabhängig davon die Möglichkeit, eine solche anzusetzen. Darüber hinaus können auch die zuständigen Behörden der betroffenen Vertragsstaaten eine Frist für die Zustimmung direkt in der Verständigungsvereinbarung vorsehen. Ohne Fristansetzung steht es der betroffenen Person offen, mit der Zustimmung zuzuwarten, bis es beispielsweise in einem unabhängig vom Verständigungsverfahren laufenden innerstaatlichen Rechtsmittelverfahren zu einem Entscheid kommt.

Absatz 2: Mit der Zustimmung verknüpft sind ein Rechtsmittelverzicht sowie die Pflicht der betroffenen Person, hängige Rechtsmittel umgehend zurückzuziehen. Der Rechtsmittelverzicht ist notwendig, damit im Ergebnis eine zu tiefe Besteuerung verhindert werden kann. Würde nämlich eine betroffene Person im Zusammenhang mit dem in der Verständigungsvereinbarung geregelten Gegenstand ein weiteres (innerstaatliches) Rechtsmittel ergreifen, so könnte es im Falle eines Obsiegens zu einer ungerechtfertigten (doppelten) Nichtbesteuerung kommen, da der eine Staat aufgrund der Verständigungsvereinbarung und der andere aufgrund des Gerichtsurteils nicht besteuern dürften. Dieser Rechtsmittelverzicht gilt einzig für Rechtsmittelverfahren im Zusammenhang mit dem in der Verständigungsvereinbarung geregelten Gegenstand und auch nur, soweit diese Rechtsmittelverfahren den Gegenstand der Verständigungsvereinbarung betreffen.
Der Rechtsmittelverzicht wird gegenüber dem SIF abgegeben. Vor der Umsetzung der Verständigungsvereinbarung ist danach gemäss Artikel 18 Absatz 3 sicherzustellen, dass laufende Rechtsmittelverfahren im Zusammenhang mit dem in der Verständigungsvereinbarung geregelten Gegenstand abgeschlossen sind. Dies erfolgt durch die zuständige Steuerbehörde und ist Voraussetzung für die Umsetzung der Verständigungsvereinbarung.

Von diesem Rechtsmittelverzicht nicht betroffen sind Rechtsmittel gegen die Umsetzung der Verständigungsvereinbarung durch die Steuerbehörde. So ist es der von der Umsetzung betroffenen Person nicht verwehrt, diese Umsetzung gerichtlich prüfen zu lassen (vgl. Art. 19 Abs. 4).

Rechtsmittel können demnach weder gegen die Verständigungsvereinbarung als solche (Art. 14 Abs. 2) noch ­ nach Zustimmung zur Vereinbarung ­ im Zusammenhang mit dem in der Verständigungsvereinbarung geregelten Gegenstand (Art. 15 Abs. 2) ergriffen werden. Gegen eine (unrichtige) Umsetzung der Verstän9241

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digungsvereinbarung stehen demgegenüber die üblichen Rechtsmittel zur Verfügung (Art. 19 Abs. 4).

Art. 16

Innerstaatliche Übereinkunft

In den DBA ist vorgesehen, dass nach Eingang eines Gesuchs der ersuchte Staat zuerst prüft, ob er die abkommenswidrige Besteuerung ohne Einbezug des anderen Staates beheben kann. Das Bestehen einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage, damit in unbestrittenen Fällen unilateral Abhilfe geschaffen werden kann, wenn keine innerstaatlichen Rechtsbehelfe mehr zur Verfügung stehen, wird in der Schweiz teilweise in Zweifel gezogen. Auch wenn es offensichtlich und unbestritten ist, dass eine Korrektur in der Schweiz vorzunehmen ist, muss bis heute in diesen Fällen ein Verständigungsverfahren zum Abschluss einer zwischenstaatlichen Verständigungsvereinbarung durchgeführt werden. Dies verursacht administrativen Aufwand und sorgt für Verzögerungen.

Artikel 16 ermöglicht es neu, in klaren Fällen eine innerstaatliche Korrektur der bisherigen Besteuerung vorzunehmen, ohne ein Verständigungsverfahren einleiten zu müssen. Kommen die zuständige Steuerbehörde und das SIF zweifelsfrei überein, dass eine Korrektur in der Schweiz zu erfolgen hat, z. B. weil ein Einkommen nach dem anwendbaren DBA und dem eindeutigen Sachverhalt in der Schweiz nicht oder nur teilweise besteuert werden darf, so können sie die Korrektur ohne Einbezug des anderen Staates vornehmen. Die Möglichkeit der innerstaatlichen Übereinkunft stellt im Vergleich zur bisherigen Praxis eine administrative Erleichterung dar. Die zuständige Behörde sorgt dafür, dass der andere Staat über eine solche innerstaatliche Übereinkunft informiert wird. Gleich wie bei einer Verständigungsvereinbarung bedarf die innerstaatliche Übereinkunft der Zustimmung der betroffenen Person (Abs. 2). Mit der Zustimmung ist ein Verzicht auf Rechtsmittel im Zusammenhang mit dem in der Übereinkunft geregelten Gegenstand und eine Verpflichtung zum Rückzug ergriffener Rechtsmittel verbunden (Abs. 3).

Eine innerstaatliche Übereinkunft nach Artikel 16 ist einer zwischenstaatlichen Verständigungsvereinbarung (Art. 15) in ihrer Wirkung gleichgestellt. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf die innerstaatliche Umsetzung (Art. 18­23). In diesem Zusammenhang wird es auch zu einer Anpassung der Praxis der ESTV zur Verrechnungssteuer bei internationalen Gewinnberichtigungen im Rahmen von Verständigungslösungen kommen.

Art. 17

Kosten und Entschädigungen

Das Verständigungsverfahren bezweckt, eine Besteuerung herzustellen, wie sie die Vertragsstaaten nach dem anwendbaren Abkommen beabsichtigt haben. Die gesuchstellende Person ist nicht Teil des Verfahrens. Es ist daher internationale Usanz, dass das Verfahren kostenlos für sie ist.22 Im Gesetz ist deshalb festgehalten, dass die zuständige Behörde keine Kosten für das Verständigungsverfahren auferlegt.

22

«Typically there are no fees charged by the competent authorities for MAP cases» in OECD Manual on effective Mutual Agreement Procedures, S. 15.

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Da die gesuchstellende Person und allenfalls andere betroffene Personen nicht am Verfahren beteiligt sind, ist auch eine Entschädigung für das Verständigungsverfahren an sie ausgeschlossen.

Art. 18

Grundsätze

Verständigungsverfahren haben ihre Grundlage in einem zwischenstaatlichen Abkommen. Aus diesen Abkommen ergibt sich, dass die Staaten verpflichtet sind, die abgeschlossenen Verständigungsvereinbarungen umzusetzen. Bei den Verständigungsvereinbarungen selbst handelt es sich ebenfalls um Vereinbarungen völkerrechtlicher Natur.

Falls durch die Verständigungsvereinbarung die Besteuerung in der Schweiz betroffen ist, ist ein weiterer innerstaatlicher Schritt notwendig, um das Resultat der Verständigungsvereinbarung umzusetzen. Dieser Umsetzungsakt hat gemäss heutiger Praxis seine Grundlage nicht direkt im DBA, sondern bedarf einer zusätzlichen innerstaatlichen gesetzlichen Regelung.

Die Absätze 1 und 2 halten fest, dass nach Mitteilung des SIF die durch Zustimmung der betroffenen Person verbindlich gewordene Verständigungslösung von Amtes wegen durch die zuständige Steuerbehörde umzusetzen ist. Die verfahrensrechtliche Form der Umsetzung hängt dabei von der betroffenen Steuer, den entsprechenden Steuergesetzen und vom Stand des innerstaatlichen Verfahrens ab. Ist das relevante Steuerjahr beispielsweise noch nicht veranlagt, so genügt die Berücksichtigung der Verständigungsvereinbarung bei der ordentlichen Veranlagung zur Umsetzung und somit zur Erfüllung der staatsvertraglich eingegangenen Verpflichtung. Gleiches ist denkbar, falls eine Verfügung noch nicht rechtskräftig ist, weil das innerstaatliche Beschwerdeverfahren noch läuft. In diesen Fällen kann die Steuerbehörde ­ falls es das anwendbare Verfahrensrecht zulässt ­ mittels Wiedererwägung die Verständigungsvereinbarung umsetzen.

Genügen die bereits bestehenden innerstaatlichen Mittel, um die Verständigungsvereinbarung in der Schweiz umzusetzen, so sind keine weiteren Verfahren in diesem Gesetz (Umsetzungsverfügung) notwendig.

Zu einer vollständigen Umsetzung der Verständigungsvereinbarung kann auch gehören, dass die zuständige Steuerbehörde andere kantonale Steuerbehörden oder die ESTV über die Umsetzung zu informieren hat, da die Umsetzung wiederum Auswirkungen auf die Besteuerung in anderen Kantonen oder auf Steuern hat, für deren Erhebung die ESTV zuständig ist.

Absatz 3: Eine Umsetzung soll unabhängig von der verfahrensrechtlichen Form nur dann erfolgen, wenn Rechtsmittelverfahren, die im Zusammenhang mit dem in der Verständigungsvereinbarung
geregelten Gegenstand stehen, abgeschlossen sind.

Dieser Artikel steht im Zusammenhang mit dem in Artikel 15 Absatz 2 bzw. Artikel 16 Absatz 3 geregelten Rechtsmittelverzicht. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Schweiz die gegenüber dem anderen Staat eingegangene Verpflichtung umsetzen kann. Würden Rechtsmittelverfahren hingegen nicht beendet, so bestünde die Gefahr neuer Doppelbesteuerungen oder (doppelter) Nichtbesteuerungen, wenn für den gleichen Gegenstand nach Abschluss und Umsetzung der Verständigungsvereinbarung noch ein Gerichtsurteil in der Schweiz ergehen würde. Das 9243

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Rechtsmittelverfahren wird meist aufgrund eines Rückzugs oder einer Wiedererwägung beendet.

Art. 19

Umsetzungsverfügung

Absatz 1: Ist es nicht mehr möglich, die Verständigungsvereinbarung in einem noch laufenden (Veranlagungs-)Verfahren von Amtes wegen umzusetzen (vgl. Art. 18 Abs. 1 und 2), so wird sie durch Erlass einer Umsetzungsverfügung umgesetzt. Mit Artikel 19 wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, die es der zuständigen Steuerbehörde ermöglicht, Verständigungsvereinbarungen in jedem Fall umzusetzen.

Gegenstand der Umsetzungsverfügung ist die Verständigungsvereinbarung. Bereits bestehende Verfügungen oder Entscheide werden mitberücksichtigt, soweit sie von der Verständigungsvereinbarung abweichende Gegenstände betreffen. Die zuständige Steuerbehörde kann in die Umsetzungsverfügung sämtliche Umstände und Informationen einbeziehen, die sich aus dem Verständigungsverfahren ergeben haben.

Die neue Verfügung kann eine Erhöhung, aber auch eine Reduktion der ursprünglichen Besteuerung zur Folge haben. Da die von der Umsetzung betroffene Person der Verständigungsvereinbarung zustimmen muss, was sie nur tun wird, wenn gesamthaft in beiden Staaten für sie eine vorteilhafte Lösung erzielt wurde, sind die Interessen der betroffenen Person auch bei einer Erhöhung der Besteuerung in der Schweiz gewahrt.

Die zuständige Steuerbehörde kann eine Umsetzungsverfügung erlassen, in welcher ein Betrag zur Korrektur der veranlagten und allenfalls bereits bezahlten Steuer festgesetzt wird. Eine solche Umsetzungsverfügung ergänzt somit die ursprüngliche Veranlagung und hält ­ je nach Situation ­ eine Rückzahlung zu viel bezahlter Steuern oder eine zusätzliche Steuerzahlung fest. Die Umsetzungsverfügung kann aber auch in der Form einer neuen (zweiten) Veranlagungsverfügung ergehen.

Absatz 1 gibt der zuständigen Steuerbehörde keine bestimmte Form vor. Sie hat demnach die Möglichkeit, durch die Wahl der Art und der Ausgestaltung der Umsetzungsverfügung den Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen und, auch unter Berücksichtigung der internen Verfahrensabläufe, eine optimale Lösung zu wählen. Solange dies durch die zuständige Steuerbehörde (Art. 18 Abs. 1) und von Amtes wegen (Art. 18 Abs. 2) erfolgt, werden die Vorgaben gemäss Entwurf erfüllt.

Die Umsetzung der Verständigungsvereinbarung mittels einer speziellen Verfügung entspricht dem Konzept von Artikel 25 Absatz 1 OECD-MA, der dem Verständigungsverfahren eine von den
innerstaatlichen Verfahren unabhängige Rolle zuteilt.

Die nationalen Veranlagungsverfahren, einschliesslich der nachfolgenden Rechtsmittelverfahren, und die Verständigungsverfahren sind voneinander unterschiedliche Verfahren mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Regeln. Dabei hat das Verständigungsverfahren das Ziel, eine abkommenswidrige Besteuerung und insbesondere eine Doppelbesteuerung für die betroffene Person zu vermeiden. Um dies zu erreichen, ist es der zuständigen Behörde im Einzelfall auch möglich, Billigkeitserwägungen einzubeziehen.

Bisher wählte man in der Schweiz zur Umsetzung der Verständigungsvereinbarungen den Weg der Revision. Dabei gilt das Vorliegen einer Verständigungsvereinbarung nach ständiger Praxis als (ungeschriebener) Revisionsgrund. Dieses Vorgehen 9244

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ist jedoch nur eine Hilfskonstruktion zur Erfüllung der staatsvertraglich eingegangenen Verpflichtungen. Aus systematischer Sicht eignen sich die Vorschriften der Revision nicht ohne Weiteres für die Umsetzung der Verständigungsverfahren.

Auch ist es nicht restlos geklärt, ob in jedem Fall der notwendige Raum dafür besteht, eine Verständigungsvereinbarung als (ungeschriebenen) Revisionsgrund anzuerkennen. Das besonders streng ausgebildete abgaberechtliche Legalitätsprinzip lässt weder aussergesetzliche noch übergesetzliche Revisionsgründe zu.23 Zudem kennt das Revisionsverfahren weitere Einschränkungen. So ist gemäss Artikel 147 Absatz 2 DBG die Revision ausgeschlossen, wenn der Antragsteller als Revisionsgrund vorbringt, was er bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können. Eine solche Einschränkung des Verständigungsverfahrens kennen die bis heute vereinbarten Klauseln in den Abkommen nicht. Das Verhalten der betroffenen Person kann zwar von den zuständigen Behörden im Rahmen des Verständigungsverfahrens berücksichtigt werden. Schliessen die zuständigen Behörden jedoch eine Verständigungsvereinbarung ab, so ist diese ohne weitere Prüfung des Falls und des Verhaltens der betroffenen Person umzusetzen.

Die Umsetzungsverfügung nach Artikel 19 wird der Eigenständigkeit der Verständigungsverfahren gerecht. Da die Verständigungsverfahren unabhängig vom innerstaatlichen Verfahren ablaufen, sollte auch die Umsetzung mittels einer eigenen Verfügung erfolgen. Mit der Umsetzungsverfügung ist es der zuständigen Steuerbehörde auch möglich, die Verständigungsvereinbarung trotz Vorliegen eines rechtskräftigen innerstaatlichen Rechtsmittelentscheids umzusetzen, ohne dass dieser formell aufgehoben werden muss. Die von der Schweiz staatsvertraglich eingegangene Verpflichtung wird mit der Umsetzungsverfügung vollzogen und stellt zudem im Vergleich zu der bisherigen Umsetzung mittels Revision eine administrative Vereinfachung dar.

Absatz 2: Die von der Umsetzungsverfügung betroffene Person hat der zuständigen Steuerbehörde alle für die Umsetzung notwendigen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen die benötigten Unterlagen einzureichen. Die Mitwirkungspflicht ist auch in diesem Verfahrensabschnitt unerlässlich für die reibungslose Umsetzung der Verständigungsverfahren.
Absatz 3: Für das Verfahren kommen die gleichen Vorschriften zur Anwendung wie für das ursprüngliche Verfahren bei der Steuerbehörde. Da verschiedene Steuerarten und damit auch verschiedene Steuergesetze von den Verständigungsverfahren betroffen sein können, ist es zweckmässig, wenn die weiteren Verfahrensvorschriften im Zusammenhang mit der Umsetzungsverfügung sich nach dem Recht richten, nach dem die ursprüngliche Veranlagung oder Verfügung erlassen wurde, die vom Gegenstand der Umsetzungsverfügung betroffen ist oder, falls keine Verfügung erlassen wurde, nach dem eine solche erlassen worden wäre. Keine Verfügung liegt teilweise in Fällen vor, in welchen in der Schweiz eine Quellensteuer auf dem Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit erhoben wurde und die Doppelbesteuerung sich erst nach Ablauf der einschlägigen Fristen durch eine Besteuerung im Ausland ergibt. Folge einer Umsetzungsverfügung ist unter anderem auch, dass die 23

Vgl. die entsprechenden Ausführungen in den Urteilen des Bundesgerichts 2C_706/2017, E. 3.1 und 2C_487/2017, E. 3.1.

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in den Gesetzen vorgesehenen Verfahrensfristen in Bezug auf die Umsetzungsverfügung neu zu laufen beginnen (vgl. Abs. 5).

Absatz 4: Gegen die Umsetzungsverfügung kann eine betroffene Person ein Rechtsmittel ergreifen. Sie kann jedoch einzig die unrichtige Umsetzung der Verständigungsvereinbarung geltend machen. Der Inhalt der Vereinbarung wurde demgegenüber von der betroffenen Person akzeptiert und kann im Umsetzungsverfahren nicht mehr infrage gestellt werden. Dies ergibt sich auch aus den Artikeln 15 Absatz 2 und 16 Absatz 3. Tatsachen, die bereits im ursprünglichen Verfahren behandelt wurden und in keinem Zusammenhang mit dem Verständigungsverfahren stehen, können ebenfalls nicht mit einem Rechtsmittel gegen die Umsetzungsverfügung angefochten werden, da sie nicht Gegenstand der Verständigungsvereinbarung sind.

Anfechtungsobjekt ist somit einzig die Umsetzungsverfügung.

Absatz 5: Da es in gewissen Fällen einige Jahre dauern kann, bis eine Verständigungsvereinbarung abgeschlossen und daraufhin eine Umsetzungsverfügung erlassen wird, stellt Absatz 5 sicher, dass die Bezugsfristen ab Erlass der Umsetzungsverfügung neu zu laufen beginnen.

Art. 20

Rechtskräftige Verfügungen und Entscheide

Artikel 20 hält klärend fest, dass bereits bestehende rechtskräftige Verfügungen oder Entscheide nicht vollstreckbar sind, soweit sie den in der Umsetzungsverfügung geregelten Gegenstand betreffen. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Umsetzungsverfügung einzig die Verständigungsvereinbarung umsetzt. Die Parallelität von nationalem Verfahren und Verständigungsverfahren erlaubt es darüber hinaus nicht, dass die Umsetzungsverfügung bestehende (Rechtsmittel-)Entscheide aufhebt.

Besteht also ein rechtskräftiger Entscheid eines Gerichts, so kann zwar die zuständige Steuerbehörde eine Verfügung erlassen, um die Verständigungsvereinbarung umzusetzen; der Entscheid des Gerichts wird von der Steuerbehörde jedoch damit nicht aufgehoben. Er ist einzig so weit nicht vollstreckbar, als der Gegenstand der Umsetzungsverfügung betroffen ist. Die Umsetzungsverfügung entfaltet mit Hilfe von Artikel 20 somit gegenüber ergangenen innerstaatlichen Verfügungen und Entscheiden eine Art Sperrwirkung. Damit sorgt die Umsetzungsverfügung dafür, dass die von der Schweiz völkerrechtlich eingegangene Verpflichtung zur Umsetzung von Verständigungsvereinbarungen erfüllt wird, indem eine bestehende Verfügung oder ein Entscheid soweit notwendig nicht vollstreckbar ist. Wurde eine rechtskräftige Verfügung oder ein Entscheid bereits vollstreckt, so ist aufgrund der Artikel 19 und 20 zudem gesichert, dass es durch die Umsetzungsverfügung abhängig vom Ausgang des Verständigungsverfahrens sowohl zu einer Nachbelastung wie auch einer Rückzahlung kommen kann. Von Artikel 20 nicht betroffen sind demgegenüber weitere nicht direkt auf den Gegenstand der Verständigungsvereinbarung bezogene Bestimmungen des Dispositivs. Dazu gehören auch Anordnungen zu Kosten- und Entschädigungsfolgen.

Art. 21

Befristung der Umsetzungspflicht

Absatz 1: Falls das DBA keine eigene Regelung betreffend die Frist zur Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung enthält, entspricht es der aktuellen Praxis in der 9246

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Schweiz, eine Frist von zehn Jahren anzuwenden. Diese aus dem Revisionsrecht abgeleitete Frist stellt sicher, dass nur Steuerjahre von der Umsetzungsverfügung erfasst werden, für welche eine zehnjährige Frist im Zeitpunkt der Stellung des Gesuchs noch nicht abgelaufen ist.

Die Frist beginnt mit Eröffnung der ursprünglichen Verfügung oder des Entscheids, die den Gegenstand der Umsetzungsverfügung betreffen, zu laufen und endet mit der Gesuchstellung in dem Staat, der gemäss Abkommen für die Einleitung des Verständigungsverfahrens zuständig ist. Die Frist endet also nicht erst mit der Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung. Verständigungsverfahren können abhängig vom Einzelfall und den beteiligten Staaten mehrere Jahre dauern. Für diese mitunter lange Verfahrensdauer sollte nicht die gesuchstellende Person das Risiko tragen müssen. Dies rechtfertigt sich insbesondere, da sie vom zwischenstaatlichen Verfahren ausgeschlossen ist und demnach keinen Einfluss auf dieses hat (vgl.

2. Kapitel, 4. Abschnitt). Durch das im Entwurf vorgesehene Ende des Fristenlaufs kann diesen Besonderheiten Rechnung getragen werden.

Die in Artikel 21 vorgesehene zehnjährige Frist hat zur Folge, dass es mitunter viele Jahre nach Ende der betroffenen Steuerperiode noch zu einer Umsetzungsverfügung kommen kann. Da internationale Sachverhalte teilweise komplex sind und vor allem in anderen Staaten auch erst nach Jahren eine Steuerprüfung durchgeführt wird, ist eine grosszügige Anwendung der Frist zur Umsetzung von Verständigungsverfahren sachgerecht, um tatsächlich auch abkommenswidrige Besteuerungen vermeiden zu können. Es soll wenn möglich vermieden werden, dass in der Schweiz steuerpflichtige Personen letztlich eine Doppelbesteuerung tragen müssen.

Die heutige Praxis und der vorliegende Entwurf stellen einen Kompromiss zwischen verschiedenen Interessen dar. Während es für die Gemeinwesen finanzielle Unsicherheiten bringt, wenn noch für weit zurückliegende Steuerperioden aufgrund einer Verständigungslösung Rückerstattungen vorgenommen werden müssen, und sie daher kürzere Fristen bevorzugen, haben umgekehrt die betroffenen Personen ein Interesse an einer zeitlich unbeschränkten Vermeidung einer abkommenswidrigen (Doppel-)Besteuerung. Eine zeitlich möglichst grosszügige Lösung ist somit auch für den Wirtschaftsstandort
Schweiz vorteilhaft. Diese unterschiedlichen Interessen wurden auch in der Vernehmlassung zum Vorentwurf von den Kantonen einerseits und von den Wirtschaftsverbänden andererseits vorgebracht. Diese beidseitig zwar berechtigten, aber gegensätzlichen Interessen lassen den Bundesrat zum Schluss kommen, dass die bisherige Praxis und somit auch die neue gesetzliche Regelung einen sinnvollen Kompromiss darstellen.

Von der Frist zur Umsetzung abzugrenzen ist die Situation, in welcher die zuständige Steuerbehörde aufgrund weit zurückliegender Steuerjahre nicht mehr über alle Unterlagen verfügt (z. B. nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist), um eine Lösung korrekt umsetzen zu können. Solche Umstände kann die Steuerbehörde im Rahmen ihrer Stellungnahme (Art. 10 Abs. 2) einbringen; das SIF berücksichtigt diese bei der Durchführung des Verständigungsverfahrens.

Obwohl in Artikel 1 Absatz 3 für das ganze Gesetz vorgesehen, gilt es hier speziell zu erwähnen, dass zur Umsetzungsfrist Normen in den DBA zu finden sind, die

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Artikel 21 vorgehen. Beispielsweise sieht das Abkommen vom 26. Februar 201024 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen in Artikel 25 Absatz 2, entsprechend der Regelung im OECD-MA, eine Umsetzung «unbeschadet der Fristen des innerstaatlichen Rechts» vor. Die in Artikel 21 vorgesehene Frist gilt daher z. B. nicht bei Verständigungsverfahren im schweizerisch-niederländischen Verhältnis.

Absatz 2: Es kann Fälle geben, in welchen aufgrund einer drohenden Doppelbesteuerung ein Verständigungsverfahren eingeleitet wird, ohne dass eine Verfügung erlassen wurde (hauptsächlich bei Quellensteuern). In diesen Fällen würde die Frist nach Absatz 1 nie zu laufen beginnen. Absatz 2 hält deshalb für Fälle, in welchen ursprünglich keine Verfügung ergangen ist, eine begrenzende Umsetzungsfrist von zehn Jahren nach Fälligkeit der steuerbaren Leistung fest.

Art. 22

Verzinsung

Hat die von der Umsetzung betroffene Person aufgrund der Umsetzung Anspruch auf Rückerstattung bereits bezahlter Steuern und sieht das anwendbare Steuergesetz (vgl. Art. 19 Abs. 3) eine Verzinsung vor, so ist eine solche nur geschuldet, wenn weder Buchstabe a noch Buchstabe b erfüllt sind. Die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen ist zwar ein allgemeiner Rechtsgrundsatz. Bei treuwidrigem Verhalten soll dieser jedoch nicht zur Anwendung kommen. Die von der Umsetzung betroffene Person hat daher keinen Anspruch auf Verzinsung, wenn durch ihr absichtliches oder unsorgfältiges Handeln ein Verständigungsverfahren notwendig wurde oder sie die verzögerte Rückerstattung zu viel bezahlter Steuern durch ihr Verhalten verursacht hat. Buchstabe a bezieht sich dabei auf Fälle, in welchen ursprünglich ein Veranlagungsverfahren durchgeführt wurde. Buchstabe b betrifft die Verständigungsverfahren, die durchgeführt werden mussten, weil die betroffene Person im Rahmen eines Quellensteuerverfahrens die vorgesehenen Verfahren absichtlich oder aufgrund fehlender Sorgfalt versäumt (z. B. verpasste Fristen) oder mit fehlender Sorgfalt (z. B. mangelhafte Mitwirkung) geführt hat. Der Ausschluss der Verzinsung rechtfertigt sich in solchen Fällen, da die Besteuerung in der Schweiz absichtlich oder aufgrund fehlender Sorgfalt durch die betroffene Person herbeigeführt wurde.

Diese Fälle sind demnach nicht mit jenen zu vergleichen, in welchen ein Pflichtiger zur Vermeidung einer gesetzlichen Verzugszinspflicht gezwungen ist, die Abgabe vorläufig unter Vorbehalt zu bezahlen, aber gleichzeitig mit Rechtsmitteln die Abgabepflicht bestreitet.25 Keine Absicht oder fehlende Sorgfalt kann der betroffenen Person beispielsweise angelastet werden, wenn sie anlässlich des Veranlagungsverfahrens eine fachlich vertretbare Position eingenommen hat, es im Verständigungsverfahren letztlich aber dennoch zu einer Korrektur zulasten des Schweizer Fiskus gekommen ist.

24 25

SR 0.672.963.61 Vgl. zu jener Konstellation BGE 143 II 37 E. 5.3 mit weiteren Hinweisen.

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Art. 23

Kosten und Entschädigungen

Sämtliche Kosten, die mit der Umsetzung der Verständigungsvereinbarung im Zusammenhang stehen, können der von der Umsetzung betroffenen Person auferlegt werden, sofern das Verständigungsverfahren bei zumutbarer Sorgfalt hätte vermieden werden können. Zu diesen Kosten können neben den Kosten des Umsetzungsverfahrens auch Gerichtskosten im Zusammenhang mit dem von der Umsetzung betroffenen Sachverhalt zählen, sofern diese der Steuerbehörde nur aufgrund des unsorgfältigen Verhaltens der von der Umsetzung betroffenen Person entstanden sind. Kein unsorgfältiges Verhalten kann der betroffenen Person beispielsweise angelastet werden, wenn sie anlässlich des Veranlagungsverfahrens eine fachlich vertretbare Position eingenommen hat, es im Verständigungsverfahren letztlich aber dennoch zu einer Korrektur zulasten des Schweizer Fiskus gekommen ist.

Die Berechnung der Kosten richtet sich nach den anwendbaren Verfahrensbestimmungen (Art. 19 Abs. 3).

Ein Anspruch auf Entschädigung besteht im Umsetzungsverfahren nicht.

Vorbemerkungen zu den Art. 24­27: Die Artikel 24­27 lehnen sich an die Verfahrensgrundsätze zur Entlastung von der Verrechnungssteuer an einen inländischen Berechtigten unter dem VStG an. Betroffen ist also nicht nur die Rückerstattung der Quellensteuer, sondern auch die Reduktion auf den DBA-rechtlichen Satz an der Quelle. Es wird daher ­ soweit sachgerecht ­ der Oberbegriff der Entlastung verwendet.

Die Rechtsprechung im Zusammenhang mit Entlastungen aufgrund eines Abkommens im Steuerbereich hat zwar in der Vergangenheit wiederholt ergeben, dass bei fehlender gesetzlicher Grundlage, insbesondere im Rückerstattungsverfahren, eine echte Lücke bestehe, welche mit den Verfahrensgrundsätzen des VStG zu schliessen sei.26 Die Anwendbarkeit der Verfahrensgrundsätze des VStG bei der Entlastung von der Verrechnungssteuer nach einem Abkommen im Steuerbereich wird jedoch von den antragstellenden Personen immer wieder infrage gestellt. Deshalb soll die Aufnahme der Verfahrensgrundsätze in das vorliegende StADG Klarheit und Rechtssicherheit schaffen. In den Entwurf werden nur diejenigen Bestimmungen aufgenommen, die einer Regelung auf Gesetzesstufe bedürfen. Der materielle Anspruch auf Rückerstattung ergibt sich des Weiteren direkt aus dem anwendbaren Abkommen. Zu den jeweiligen Abkommen gibt es teilweise
weiterführende Protokollbestimmungen oder spezielle Verordnungen, die auch die Rückerstattung betreffen. Diese Spezialbestimmungen werden den Besonderheiten der Abkommen besser gerecht als zusätzliche allgemeine Regelungen in diesem Gesetz. Sollte sich zukünftig Bedarf für weitere Detailbestimmungen zur Rückerstattung ergeben, so hat der Bundesrat nach Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe a stets die Möglichkeit, entsprechende Verordnungsbestimmungen zu erlassen.

26

Vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_249/2018 E. 3.4 mit weiteren Hinweisen.

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Art. 24

Organisation

Die ESTV ist zuständig für die Durchführung des Verfahrens zur Entlastung von der Verrechnungssteuer aufgrund eines DBA. Sie erlässt dazu allgemeine Weisungen und trifft die notwendigen Verfügungen im Einzelfall. Die ESTV regelt die Modalitäten der Geltendmachung des Anspruchs auf Entlastung von der Verrechnungssteuer (z. B. Bezeichnung der von den Steuerpflichtigen zu verwendenden ­ allenfalls elektronischen ­ Formulare). Diese sollen auch dazu beitragen, dass die Verfahren für die antragstellende Person administrativ so einfach und zeitsparend wie möglich durchgeführt werden können. Für die elektronische Übermittlung von Rückerstattungsanträgen bestimmt die ESTV zudem die Zustellplattform. Weiter legt sie die den Anträgen beizufügenden Fragebogen und Belege (Beweismittel) fest.

Art. 25

Mitwirkungspflicht

Artikel 25 stellt klar, dass die antragstellende Person, die eine Entlastung von der Verrechnungssteuer basierend auf einem DBA beantragt, bei der Prüfung ihres Antrags mitzuwirken hat. Ihr obliegen die gleichen Auskunftspflichten wie im Verfahren nach VStG. Die Auskunftspflicht ist umfassend und bezieht sich nicht nur auf die Feststellung derjenigen Tatsachen, für die die Beweislast bei der antragstellenden Person liegt, sondern im Rahmen der Prüfungspflicht der Behörde auch auf die Feststellung von Tatsachen, für welche die ESTV die Beweislast trägt. Wie jede Mitwirkungspflicht ist auch die vorliegende durch das Verhältnismässigkeitsgebot begrenzt.

Als Folge einer mangelhaften Auskunft wird der Antrag abgewiesen (Abs. 2). Die Regelung im Artikel 26 Absatz 2 findet sinngemäss Anwendung.

Art. 26

Mitteilung und Entscheid

Die ESTV prüft die auf der Grundlage eines internationalen Abkommens basierenden Anträge auf Entlastung von der Verrechnungssteuer und verlangt notwendige ergänzende Auskünfte und Beweismittel von der antragstellenden Person oder der zu ihrer Vertretung bevollmächtigten Person. Falls das Ergebnis der Prüfung nicht mit dem Antrag übereinstimmt, nimmt die ESTV notwendige Korrekturen vor (z. B.

auch aufgrund von Schreib- oder Rechenfehlern) und teilt der antragstellenden Person die Gründe für die Korrektur mit. Ist diese mit der Korrektur nicht einverstanden und lässt sich der Anstand nicht auf andere Weise beseitigen, so kann sie von der ESTV einen Entscheid verlangen.

Die nicht auf einem solchen Entscheid beruhende Entlastung von der Verrechnungssteuer, welche beispielsweise aufgrund einer lediglich summarischen Prüfung des Antrags gewährt wurde, steht analog der Regelung im VStG unter dem Vorbehalt einer späteren Nachprüfung innerhalb von drei Jahren nach Gewährung der Entlastung. Im Rahmen eines Strafverfahrens nach Artikel 28 kann diese Frist entsprechend verlängert werden.

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Art. 27

Antragsfristen für die Rückerstattung

Absatz 1: Artikel 27 übernimmt die Regelungen von Artikel 32 VStG und stellt damit in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung klar, dass die dort genannten Verwirkungsfristen auch für die Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs auf der Basis eines DBA zur Anwendung gelangen, sofern dieses keine abweichende Regelung enthält (Art. 1 Abs. 3). Wer die Rückerstattung der Verrechnungssteuer aufgrund eines DBA verlangt, muss dies daher innerhalb derselben Fristen tun wie derjenige, der die Rückerstattung aufgrund des VStG verlangt. Damit muss der Rückerstattungsantrag innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die steuerbare Leistung fällig geworden ist, bei der ESTV eingereicht werden.

Absatz 2: Wird die Verrechnungssteuer erst aufgrund einer Beanstandung der ESTV entrichtet und überwälzt (z. B. infolge Aufrechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung anlässlich einer Domizilkontrolle) und ist die Frist nach Absatz 1 bereits abgelaufen oder verbleiben von der Entrichtung der Steuer bis zum Ablauf dieser Frist weniger als 60 Tage, so beginnt mit der Entrichtung der Steuer eine neue Frist von 60 Tagen bis zur Einreichung des Antrags zu laufen.

Art. 28 und 29 Ungerechtfertigte Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer; Gefährdung der schweizerischen Verrechnungssteuer Erwirkt eine im Inland ansässige Person eine ungerechtfertigte Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer oder gefährdet sie die Durchführung der Verrechnungssteuer, so wird dieses Verhalten gestützt auf die Artikel 61­67 VStG strafrechtlich geahndet, weil sich der (ungerechtfertigte) Anspruch auf das VStG abstützt. Erwirkt hingegen eine im Ausland ansässige Person ungerechtfertigterweise die Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer, so stützt sie sich auf ein internationales Abkommen im Steuerbereich zwischen der Schweiz und einem anderen Land. Deshalb können die Strafbestimmungen des VStG nicht auf diese Personen angewandt werden. Das schweizerische Recht enthält zurzeit keine klare gesetzliche Grundlage, um eine ungerechtfertigte Rückerstattung oder die Gefährdung der gesetzmässigen Durchführung des Abkommens in Bezug auf die Verrechnungssteuer strafrechtlich zu ahnden. Diese Straftaten werden zwar typischerweise durch Personen mit Ansässigkeit im Ausland begangen. Sie
können aber auch durch Personen mit Ansässigkeit im Inland zugunsten von im Ausland ansässigen Personen begangen werden: Dritte (beispielsweise Berater mit Sitz im Inland) können eine ungerechtfertigte Rückerstattung «zum Vorteil einer andern Person» erwirken. Da sich die Rückerstattung auch in diesen Fällen auf ein internationales Abkommen stützt, sind die Strafbestimmungen des VStG nicht auf diese Dritten anwendbar.

Der Schutz der Schweiz vor missbräuchlicher Inanspruchnahme ihrer internationalen Abkommen im Steuerbereich und der Schutz des schweizerischen Steuersubstrats erfordern, dass eine ungerechtfertigte Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer gestützt auf ein internationales Abkommen denselben Strafdrohungen unterliegt wie die ungerechtfertigte Rückerstattung oder die Gefährdung der

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Verrechnungssteuer gestützt auf das VStG. Aus diesem Grund werden diese Widerhandlungen in den Artikeln 28 und 29 ausdrücklich unter Strafe gestellt. Bei diesen beiden Artikeln handelt es sich um eine Normübernahme der Artikel 61 und 62 VStG. Ziel der Revision ist es, dass das gleiche Verhalten zur gleichen Strafbarkeit führen soll, unabhängig davon, ob gegen das VStG oder gegen das StADG bzw. das anwendbare Abkommen verstossen wurde. Andere (höhere) Strafrahmen oder eine Einschränkung der Strafbarkeit auf vorsätzliche Begehung wären unter diesem Blickwinkel nicht zu rechtfertigen. Die im nationalen Verhältnis mit Strafe bedrohten Sachverhalte sind zahlreicher als die Sachverhalte, die im internationalen Verhältnis auftreten können. Deshalb werden zur Wahrung des Bestimmtheitsgebotes nur diejenigen Sachverhalte übernommen, die für die Rückforderung der Verrechnungssteuer im internationalen Verhältnis einschlägig sind. Die Normübernahme aus dem VStG hat zur Folge, dass bei künftigen Revisionen der relevanten Artikel des VStG auch das StADG entsprechend anzupassen ist.

Konkret werden die folgenden Tathandlungen aus den Strafbestimmungen des VStG übernommen: Erfolgt eine Rückerstattung der Verrechnungssteuer an Personen im Ausland ungerechtfertigt und tatsächlich, so liegt eine Steuerhinterziehung im Sinne von Artikel 61 Buchstabe c VStG vor (Art. 28).

Erkennt die Steuerverwaltung, dass der Rückerstattungsantrag zu einer ungerechtfertigten Rückerstattung geführt hätte, und verweigert sie die Rückerstattung, so sind der rechtmässige Vollzug des internationalen Abkommens und damit die schweizerische Verrechnungssteuer gefährdet (Art. 29), wenn: ­

im Rückerstattungsantrag falsche Angaben gemacht oder erhebliche Tatsachen verschwiegen oder dabei unwahre Belege vorgelegt werden (vgl.

Art. 62 Abs. 1 Bst. c dritter Satzteil VStG)

­

die antragstellende Person oder auskunftspflichtige Drittperson (auf Nachfrage hin) unrichtige Auskünfte erteilt (vgl. Art. 62 Abs. 1 Bst. d VStG) oder

­

Rückerstattungsansprüche geltend gemacht werden, die der betreffenden Person nicht zustehen oder für welche sie bereits befriedigt worden ist (vgl.

Art. 62 Abs.1 Bst. e VStG).

Eine Übernahme von Artikel 63 VStG (Verletzung der Überwälzungsvorschrift) ist im StADG nicht erforderlich, da die Überwälzung der Verrechnungssteuer durch die im Inland ansässige Schuldnerin erfolgt, die den (Straf-)Bestimmungen des VStG unterliegt. Aufgrund fehlenden Strafbedürfnisses wird schliesslich auf die Möglichkeit verzichtet, Ordnungsbussen im Sinne von Artikel 64 VStG auszufällen.

Schliesslich bleibt die Anwendung der materiell-rechtlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 22. März 197427 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) vorbehalten. Werden somit die im StADG unter Strafe gestellten Handlungen beispielsweise arglistig begangen, so drohen die Strafen für die in Artikel 14 VStrR bezeichneten Vergehen oder Verbrechen.

27

SR 313.0

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Zur Durchführung des Verfahrens stellen sich keine Fragen, die nicht bereits heute in Verwaltungsstrafverfahren bekannt und im Gesetz geregelt sind. Ist eine im Ausland ansässige Person betroffen, so wird sie auf der Grundlage der Artikel 34 und 103 VStrR in das Verfahren einbezogen.

Art. 30 und 31 Ungerechtfertigte Anrechnung der ausländischen Residualsteuer; Gefährdung der schweizerischen Einkommens- oder Gewinnsteuer Bis anhin waren die Strafbestimmungen bezüglich der Anrechnung ausländischer Residualsteuern in die VStA integriert. Dies lag darin begründet, dass die VStA das einzige Regelwerk in diesem Bereich war. Die Anrechnung einer ausländischen Residualsteuer an die schweizerischen Steuern und die diesbezüglichen Strafbestimmungen stehen in direktem Zusammenhang mit der Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich in der Schweiz.

Im Gegensatz zur Rückforderung der schweizerischen Verrechnungssteuer durch Personen im Ausland erhalten hier Inländer eine Befreiung oder Entlastung von der doppelten Besteuerung durch Anrechnung der (nach Staatsvertrag) residualen ausländischen Quellensteuer an die direkten Steuern der Schweiz.

Das StADG bietet erstmals einen gesetzlichen Rahmen, in welchen die strafrechtliche Ahndung der Widerhandlungen in Zusammenhang mit einer ungerechtfertigten Anrechnung einer ausländischen Residualsteuer an die direkten Bundes-, Kantonsund Gemeindesteuern eingebettet werden kann. Aus diesem Grund werden die Strafbestimmungen aus der VStA in das neue StADG überführt. Die Strafbestimmungen werden damit auf eine gesetzliche Grundlage gehoben, womit dem Legalitätsprinzip deutlicher Rechnung getragen wird. Eine ungerechtfertigte Anrechnung ausländischer Residualsteuern ist weder eine Rückerstattung noch ein anderer Vorteil aus der Verrechnungssteuer (Art. 61­67 VStG), noch stellt sie eine zu Unrecht unterlassene oder zu Unrecht unvollständige Veranlagung dar (Art. 175­177 und 181 DBG). Eine Subsumption unter die bestehenden Straftatbestände (wie in den Art. 28 und 29) ist deshalb nicht möglich, sondern es sind die bestehenden, speziellen Strafbestimmungen der VStA zu übernehmen.

Aufgrund fehlenden Strafbedürfnisses wird schliesslich auf die Möglichkeit verzichtet, Ordnungsbussen im Sinne von Artikel 23 Absatz 3 VStA auszufällen.

Art. 32

Anzeige an die ESTV

Die Anrechnung der Residualsteuer wird in den (Veranlagungs-)Verfahren der kantonalen Steuerverwaltungen geprüft und entschieden. Die ESTV übt diesbezüglich einzig die Aufsicht aus. Deshalb treten Widerhandlungen vor allem in den Verfahren vor einer kantonalen Behörde (Veranlagungs- oder Justizbehörde) zutage.

Da die ESTV für die Strafverfahren zuständig ist, sieht das StADG eine Verpflichtung der kantonalen Behörden zur Anzeige an die ESTV vor.

Art. 33

Strafverfahren und Zuständigkeit

Schliesslich wird in Artikel 33 analog zu Artikel 67 Absatz 1 VStG das VStrR als anwendbar erklärt und die Kompetenz zur Führung der Verfahren (ESTV) geklärt.

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Art. 34

Geheimhaltung

Absatz 1 stellt sicher, dass Personen der Geheimhaltungspflicht unterliegen, wenn sie mit dem Vollzug eines DBA oder eines anderen Abkommens im Steuerbereich oder dieses Gesetzes betraut sind oder zu deren Vollzug beigezogen werden.

Absatz 2 gewährleistet dabei jedoch, dass Informationen übermittelt und Auskünfte erteilt werden können, soweit in einem anwendbaren Abkommen oder im Bundesrecht eine Grundlage dafür besteht. Mit der genügenden gesetzlichen Grundlage ist auch sichergestellt, dass die Vorgaben des Datenschutzes erfüllt werden.

Art. 35

Ausführungsbestimmungen

Die Kompetenz des Bundesrats zum Erlass von Ausführungsbestimmungen wurde aus dem bisherigen Gesetz übernommen. Dabei wurden gewisse Bestimmungen angepasst, nicht mehr notwendige Bestimmungen gestrichen und der Artikel neu gegliedert. Auch nach der Totalrevision soll der Bundesrat für die Durchführung von Abkommen im Steuerbereich die Kompetenz zum Erlass von Ausführungsbestimmungen haben. Dies ist notwendig, um rasch auf Veränderungen im zwischenstaatlichen Verhältnis reagieren zu können, die Auswirkungen auf die Durchführung der Abkommen haben.

Buchstabe a: Statt von Rückerstattung der Quellensteuer wird neu von Entlastung gesprochen, um sowohl die Rückerstattung der Quellensteuer als auch deren Reduktion auf den im anwendbaren DBA vereinbarten Satz an der Quelle zu erfassen.

Diese Reduktion betrifft die verrechnungssteuerlichen Meldeverfahren in internationalen Verhältnissen. Darunter fallen beispielsweise die Meldeverfahren gemäss der Verordnung vom 22. Dezember 200428 über die Steuerentlastung schweizerischer Dividenden aus wesentlichen Beteiligungen ausländischer Gesellschaften.

Die auf Buchstabe b des bisherigen Gesetzes basierende Verordnung vom 14. Dezember 196229 über Massnahmen gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen des Bundes wurde bis heute wegen der fehlenden Rechtsgrundlage für die strafrechtliche Verfolgung von ungerechtfertigten Rückerstattungsbegehren beibehalten. Mit Inkrafttreten des StADG wird diese Lücke geschlossen. Damit können die Verordnung aufgehoben und der bisherige Buchstabe b gestrichen werden.

Buchstaben b und c: Die VStA wurde jüngst überarbeitet und an das Bundesgesetz vom 28. September 201830 über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung angepasst (STAF). Die neuen Verordnungsbestimmungen traten per 1. Januar 2020 in Kraft. Aufgrund dieser kürzlich erfolgten Arbeiten war die Steueranrechnung nicht mehr Kernthema der Revision des StADG. Insbesondere Fragen zur Steueranrechnung bei indirekt gehaltenen Anlagen wurden vom Bundesrat damals behandelt und beantwortet und werden vorliegend nicht nochmals aufgenommen. Dennoch haben sich aufgrund der neuen VStA einige Anpassungen im StADG aufgedrängt. So wurde zum einen eine sprachliche Anpassung an die neue Terminologie notwendig.

28 29 30

SR 672.203 SR 672.202 AS 2019 2395, 2413

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Zum anderen wurde die Voraussetzung gestrichen, dass eine Betriebsstätte nur eine Steueranrechnung beantragen kann, wenn sie «sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch bei den Kantons- und Gemeindesteuern der ordentlichen Gewinnsteuer unterliegt». Diese Voraussetzung steht im Widerspruch zur Systematik der VStA, wonach nur der Maximalbetrag die Aufgabe hat, zu verhindern, dass der Anrechnungsbetrag höher ist als die in der Schweiz auf den entsprechenden Einkünften geschuldeten Steuern. Eine weitere Beschränkung aufgrund der Steuerpflicht in der Schweiz ist nicht mehr angezeigt. Damit können auch Konflikte mit dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 24 OECD-MA), welches in den meisten DBA der Schweiz zu finden ist, verhindert werden.

Buchstabe f des bisherigen Gesetzes kann gestrichen werden, da die Strafbestimmungen aus den Verordnungen nunmehr in das StADG übernommen wurden.

Art. 36

Aufhebung und Änderung anderer Erlasse

Änderung von Art. 83 Bst. y des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200531: Eine Beschwerde an das Bundesgericht ist unzulässig gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts im Zusammenhang mit einem Verständigungsverfahren.

Betroffen davon sind Beschwerden, die Verfügungen der zuständigen Behörde im Rahmen eines Verständigungsverfahrens zum Gegenstand haben. Nicht betroffen von dieser Einschränkung sind Verfügungen, wie beispielsweise die Umsetzungsverfügungen, die eine Steuerbehörde gemäss den Artikeln 18­23 StADG erlassen hat. Solche Verfügungen können gemäss Artikel 19 Absatz 4 StADG abhängig von den anwendbaren Steuergesetzen bis vor Bundesgericht angefochten werden.

Art. 37

Übergangsbestimmung

Für das Inkrafttreten des Gesetzes sind grundsätzlich keine besonderen Übergangsbestimmungen notwendig. Einzig um Überschneidungen bei den Verfahren zur Umsetzung der Verständigungsvereinbarungen zu vermeiden, bestimmt Artikel 37, dass die Artikel 18­23 nur für Verständigungsvereinbarungen zur Anwendung kommen, die das SIF nach Inkrafttreten des Gesetzes der zuständigen Steuerbehörde mitgeteilt hat.

Art. 38

Inkrafttreten

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. Dies muss nicht auf einen bestimmten Termin (z. B. Jahresbeginn), sondern kann so bald als möglich nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens erfolgen.

31

SR 173.110

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5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und Gemeinden

Die meisten Kantone sind in mindestens ein Verständigungsverfahren involviert.

Zudem ist auch die ESTV in einigen Fällen die zuständige Steuerbehörde. Nur vier Kantone haben per Juni 2020 überhaupt keinen Fall ausstehend. Am meisten Verständigungsverfahren sind gegenwärtig in den fünf Kantonen Zürich, Waadt, BaselStadt, Bern und Genf hängig, die zusammen von über 50 Prozent aller Verständigungsverfahren betroffen sind. Eine hohe Anzahl Fälle ist jedoch nicht zwingend gleichbedeutend mit hohen Risiken für die Steuereinnahmen eines Kantons oder des Bundes. Vielmehr können auch bei einer nur geringen Anzahl Fälle wesentliche Risiken für die Steuereinnahmen eines Kantons bestehen. Insgesamt steht in den knapp 400 gegenwärtig pendenten Fällen Steuersubstrat im Umfang von mehreren Milliarden Franken zur Disposition.32 Zusammen mit der Anzahl Fälle hat seit der Finanzkrise auch das zur Disposition stehende Steuersubstrat zugenommen.

Mit dem StADG wird eine schweizweit einheitliche Durchführung der Verständigungsverfahren bei internationalen Steuerstreitigkeiten erreicht und die Rechtssicherheit gestärkt. Beispielsweise gilt neu überall die gleiche zeitliche Begrenzung der Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung (Art. 21), die der geltenden langjährigen Praxis des EFD entspricht. Dies hat zur Folge, dass einzelne Kantone ihre Praxis anpassen und die Begrenzung zugunsten der steuerpflichtigen Personen erhöhen müssen. Abgesehen davon ist für Bund, Kantone und Gemeinden mit keinen weiteren Auswirkungen zu rechnen. Insbesondere werden aufgrund des StADG keine beschleunigte Zunahme der Anzahl Fälle und keine Erhöhung des Verwaltungsaufwands oder der Einnahmenverluste erwartet. Der Nutzen aufgrund der erwarteten erhöhten Rechtssicherheit kann nicht beziffert werden.

Dass die finanziellen Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden bei grösseren Korrekturen aufgrund eines Verständigungsverfahrens erheblich sein können, ist eine Tatsache. Diese hat ihren Grund jedoch nicht im StADG, sondern in den anwendbaren Abkommen und in der Funktion der Verständigungsvereinbarungen (Vermeidung abkommenswidriger Besteuerungen). Gut funktionierende Verständigungsverfahren tragen aber gleichzeitig zur Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz bei. Insofern sollten allfällige Nachteile aufgewogen werden. Der
Umstand, dass gewisse Korrekturen für zurückliegende Jahre nicht mehr für den Finanzausgleich (kantonal oder eidgenössisch) berücksichtigt werden können und es dadurch zu Verzerrungen kommen kann, lässt sich nur durch eine Änderung in den entsprechenden Regelungen zum Finanzausgleich korrigieren. Das StADG ist dafür nicht der geeignete Erlass.

32

Gemäss Bericht der eidgenössischen Finanzkontrolle von 2018 betrug das in den 350 damals hängigen Fällen zur Disposition stehende Steuersubstrat maximal rund 8 Milliarden Franken. www.efk.admin.ch >Publikationen > Öffentliche Finanzen und Steuern > Archiv Finanzen und Steuern > 4. März 2019.

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Verteilung der Fälle unter den Kantonen (Stand Ende Juni 2020)

Quelle: EFD

Auch die Bestimmungen über die Entlastung von der Verrechnungssteuer stellen hauptsächlich eine gesetzliche Verankerung der bestehenden Praxis der ESTV dar.

Für die ESTV ist nicht mit einem höheren Aufwand zu rechnen. Der Nutzen aufgrund der erhöhten Rechtssicherheit kann auch hier nicht beziffert werden.

Schliesslich stellen die neuen Strafbestimmungen die Durchführung der Abkommen bei der Rückerstattung der Verrechnungssteuer und der Anrechnung der ausländischen Residualsteuer sicher. Es ist nicht zu erwarten, dass die aufgrund dieser Bestimmungen durchzuführenden Strafverfahren im Verhältnis zu den übrigen Verfahren, welche die zuständige Abteilung der ESTV führt, eine substanzielle Erhöhung des Aufwands zur Folge haben wird.

5.2

Auswirkungen auf gesuchstellende Personen

Gesuche für ein Verständigungsverfahren können sowohl juristische als auch natürliche Personen stellen. Von den gegenwärtig knapp 400 hängigen Fällen betreffen etwa die Hälfte natürliche Personen.

Das Verständigungsverfahren bleibt für gesuchstellende Personen grundsätzlich ohne Kostenfolgen. Dies sowie die erhöhte Rechtssicherheit bei den Verständigungsverfahren aufgrund des StADG stellen sicher, dass Verständigungsverfahren bei berechtigten Anliegen der betroffenen Personen effizient durchgeführt werden können. Von Bedeutung ist insbesondere die einheitliche Regelung von Verjährungsfristen. Zehn Jahre für die Umsetzung von Verständigungsverfahren sind eine angemessene Verjährungsfrist. Die Möglichkeit, der betroffenen Person bei ver9257

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meidbaren Verständigungsverfahren die Kosten der Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung aufzuerlegen (Art. 23), und der Verlust des Anspruchs der gesuchstellenden Person auf Bezahlung eines allenfalls geschuldeten Zinses (Art. 22) bei mangelnder Sorgfalt setzen Anreize, Verständigungsverfahren zu vermeiden und die administrative Belastung der Steuerbehörden zu begrenzen.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Das StADG regelt die Durchführung der DBA und anderer Abkommen im Steuerbereich, die weder in die Gesetzgebungskompetenz der Kantone noch einer anderen Bundesbehörde fällt. Die Rechtsgrundlage für das StADG befindet sich somit in Artikel 173 Absatz 2 BV, wonach die Bundesversammlung alle Geschäfte behandelt, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner anderen Behörde zugewiesen sind.

Das Verständigungsverfahren ist ein diplomatisches Streitbeilegungsmittel. Gemäss der gegenwärtig in den Abkommen (fast ausschliesslich DBA) vorgesehenen Form bemühen sich die beiden Staaten, die abkommenswidrige Besteuerung auf dem Wege einer völkerrechtlichen Vereinbarung zu beseitigen. In den Abkommen wird der steuerpflichtigen Person im Verständigungsverfahren keine Parteistellung zuerkannt. Für das StADG bedeutet dies, dass gemäss Artikel 12 die gesuchstellende Person bei der Durchführung des Verständigungsverfahrens nicht Partei ist und nicht am zwischenstaatlichen Verfahren teilnehmen kann. Weiter wird das Recht auf Einsicht in die Akten dieses zwischenstaatlichen Verfahrens eingeschränkt. Diese Einschränkung rechtfertigt sich, da die Vertraulichkeit des zwischenstaatlichen Verfahrens es den Staaten erleichtert, nach Lösungen für die konkreten Fälle zu suchen und damit auch die Situation für die betroffenen Steuerpflichtigen zu verbessern. Diese Vertraulichkeit ist ein wichtiges Element für viele Partnerstaaten, damit überhaupt ein Verständigungsverfahren durchgeführt werden kann. In diesem Zusammenhang ist zudem festzuhalten, dass die Umsetzung der Verständigungsvereinbarung von der Zustimmung der betroffenen Person abhängt.

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Mit der Vorlage soll sichergestellt werden, dass die Schweiz die staatsvertraglich eingegangenen Verpflichtungen namentlich hinsichtlich der Verständigungsverfahren nach den DBA und anderen Abkommen im Steuerbereich erfüllen kann.

6.3

Erlassform

Als Bundesgesetz untersteht das StADG dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV.

9258

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6.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Vorlage untersteht nicht der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV, da sie weder Subventionsbestimmungen noch die Grundlage für die Schaffung eines Verpflichtungskredits oder Zahlungsrahmens enthält.

6.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Bundesrat ist gemäss Artikel 35 auch nach der Revision des StADG dafür zuständig, Ausführungsbestimmungen für die Durchführung eines Abkommens im Steuerbereich zu erlassen. Einzelne in Absatz 2 des bisherigen Gesetzes aufgeführte Bereiche werden mit der Revision gestrichen, da sie nicht mehr aktuell sind oder im Gesetz selbst geregelt werden. Dies hat auch zur Folge, dass einzelne vom Bundesrat auf Grundlage des bisherigen Gesetzes erlassene Verordnungen ganz oder teilweise aufzuheben sind. Die anderen auf Grundlage des bisherigen Gesetzes erlassenen Verordnungen haben ihre Grundlage neu in Artikel 35. Insofern erfolgt mit der Totalrevision keine weitere Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen an den Bundesrat.

6.6

Datenschutz

Mit der Totalrevision ergeben sich keine neuen datenschutzrechtlichen Fragen.

9259

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