20.091 Botschaft zur Genehmigung der Rahmenvereinbarung zwischen der Schweiz und Frankreich über die bilaterale Kooperation zur Nutzung des Satellitensystems «Composante Spatiale Optique» und zum entsprechenden Verpflichtungskredit vom 25. November 2020

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einem einfachen Bundesbeschluss über die Genehmigung der Rahmenvereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verteidigungsminister der Französischen Republik über die bilaterale Kooperation zur Nutzung des Satellitensystems «Composante Spatiale Optique» (CSO) und über den entsprechenden Verpflichtungskredit.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. November 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2020-2568

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Übersicht Mit der vorliegenden Rahmenvereinbarung begründen die Schweiz und Frankreich eine bilaterale Kooperation zur Nutzung des Satellitensystems «Composante Spatiale Optique» (CSO). Zur Finanzierung der Schweizer Beteiligung am System CSO wird ein Verpflichtungskredit von 82 Millionen Franken beantragt.

Ausgangslage Die zivile und militärische Nutzung des Weltraums gewinnt an Bedeutung. Dies gilt auch für die Informationsbeschaffung mittels Satelliten. Diese Technik erlaubt eine Bildaufklärung mit hoher Auflösung, ohne dass dazu ins Hoheitsgebiet eines fremden Staates eingedrungen oder dessen Einwilligung eingeholt werden muss. Deshalb investieren etliche Staaten bedeutende Ressourcen in die Gewinnung und Auswertung von Satellitenbildern für nachrichtendienstliche Zwecke.

Auch für die Schweiz hat die Nachrichtenbeschaffung mit Satellitenbildern aufgrund der sich verändernden Weltlage an Bedeutung gewonnen. Seit 2010 verfügt die Armee über ein entsprechendes Bildauswertungszentrum, das sowohl für den Nachrichtendienst des Bundes als auch für den Militärischen Nachrichtendienst arbeitet.

Aktuell werden einzelne Bilder von kommerziellen Anbietern erworben. Dieses Angebot ist jedoch limitiert und hängt wesentlich von den Fähigkeiten der Anbieter ab, die von der Schweiz nachgefragten Bilder überhaupt liefern zu können.

Als Ergänzung zu anderen Informationsquellen und Sensoren eignen sich Satellitenbilder gut, um eine Sachlage festzustellen oder Aussagen zu bestätigen oder zu widerlegen. Sie werden für die eigenständige Lagebeurteilung und sicherheitspolitische Einschätzung der Schweiz immer wichtiger. Dies gilt mit Blick auf unmittelbare Schweizer Interessen, aber auch für die Kooperation mit internationalen Organisationen oder anderen Staaten. Die Auswertung von Satellitenbildern durch einen neutralen Staat kann in unterschiedlichen Situationen von Bedeutung sein: in unklaren Konfliktsituationen (z. B. Kosovo, Ukraine), im Rahmen der Rüstungskontrolle oder der Überprüfung von Sanktionsregimen (inkl. Proliferation), in internationalen Friedensmissionen oder bei Katastrophen.

Frankreich ist daran, mit der «Composante Spatiale Optique» (CSO) ein hochmodernes System mit drei Bildaufklärungssatelliten im Weltraum zu stationieren, das sowohl elektrooptisch als auch im Infrarotbereich eingesetzt
werden kann. Zudem erlaubt die Technologie eine im internationalen Vergleich sehr hohe räumliche Auflösung. Frankeich hat der Schweiz und wenigen anderen Staaten die Nutzung des Systems CSO angeboten. Bisher haben Belgien, Deutschland, Italien und Schweden ihre Beteiligung zugesagt.

Inhalt der Vorlage Der Bundesrat hat im September 2019 ein Mandat für Verhandlungen mit Frankreich zur Kooperation bei der Nutzung des Systems CSO verabschiedet. Die Verhandlungen brachten ein Ergebnis, das aus vier Elementen besteht: Erstens erhält die Schweiz einen Anteil von 2 Prozent an den Programmierungsrechten des Sys-

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tems CSO. Damit kann sie Einfluss auf das täglich neu erstellte Programm für die Bilddatenaufnahmen der CSO-Satelliten nehmen, indem sie ihre Aufträge und Bedürfnisse eingibt. Ebenso kann die Schweiz auf 2 Prozent der täglich erstellten Bilddaten zugreifen, was einer zweistelligen Anzahl entspricht. Mit eingeschlossen ist der Zugriff auf das von Frankreich verwaltete Bildarchiv des Systems CSO, sodass Zeitreihen und Vergleiche einfach erstellt werden können. Zweitens erhält die Schweiz eine Empfangsstation als Eigentum, um mit dem System CSO kommunizieren und arbeiten zu können. Drittens wird eine französisch-schweizerische Arbeitsgruppe gebildet, in der die Möglichkeiten der vertieften Zusammenarbeit im Forschungs- und Technologiebereich ­ auch unter Berücksichtigung der in der Schweiz vorhandenen industriellen Kompetenzen ­ ausgelotet und gefördert werden sollen. Viertens werden Wartung und Betrieb von Empfangsstation und System CSO geregelt.

Die Kosten für die Programmierungsrechte, den Archivzugriff und die Empfangsstation belaufen sich auf maximal 77 Millionen Euro. Dieser Betrag ist in der Rahmenvereinbarung festgelegt. Hinzu kommt die auf der Empfangsstation anfallende Mehrwertsteuer von rund 480 000 Franken. Für die Finanzierung der Investitionskosten wird dem Parlament ein Verpflichtungskredit von 82 Millionen Franken beantragt. Die Betriebs- und Unterhaltskosten werden auf knapp 2,5 Millionen Franken pro Jahr veranschlagt. Sämtliche Beträge, die diese bilaterale Kooperation betreffen, werden dem Parlament im Rahmen der jährlichen Voranschläge des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Gruppe Verteidigung) unterbreitet und dem Zahlungsrahmen der Armee belastet.

Frankreich hat im Dezember 2018 mit der Stationierung der für CSO notwendigen Satelliten im Weltraum begonnen. Das System CSO wird voraussichtlich ab Sommer 2022 vollständig einsatzfähig sein. Seine Nutzungsdauer ist offen; aus heutiger Sicht wird von einer Zeitspanne von mindestens zehn Jahren ausgegangen.

Da das System CSO vom französischen Verteidigungsministerium betrieben wird, stellt diese bilaterale Zusammenarbeit eine Militärkooperation dar. Damit diese neutralitätskompatibel ist, darf die Schweizer Beteiligung am gesamten System CSO zum einen nicht massgeblich sein. Zum anderen muss
die Schweiz mittels einer Suspendierungsklausel über das Recht verfügen, die Kooperation jederzeit, sofort und bedingungslos zu unterbrechen oder aufgrund einer Kündigungsklausel zu beenden.

Zusätzlich zur Suspendierungsklausel muss mit einem Zahlungsplan über mehrere Jahre hinweg gewährleistet sein, dass die Schweiz im Falle einer Beteiligung von Frankreich (oder eines anderen an CSO beteiligten Staates) an einem internationalen bewaffneten Konflikt keinen kriegführenden Staat unterstützt. In einem solchen Fall würden sämtliche anstehenden Zahlungen ebenfalls suspendiert, sodass keine finanziellen Leistungen erfolgen würden.

Frankreich hat alle diese Bedingungen akzeptiert. Damit ist sichergestellt, dass die rechtlichen Pflichten eingehalten und die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der Schweizer Neutralität auch im Rahmen der bilateralen Kooperation zur Nutzung des Systems CSO gewährleistet sind.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Mit der sich verändernden Weltlage und dem technischen Fortschritt hat die Nachrichtenbeschaffung durch die Auswertung von Satellitenbildern auch für die Schweiz an Bedeutung gewonnen. Satellitenbilder sind besonders geeignet, um zusammen mit anderen Informationsquellen und Sensoren eine Sachlage zu ermitteln. Seit 2010 verfügt die Armee über ein Bildauswertungszentrum, das sowohl für den Nachrichtendienst des Bundes als auch für den Militärischen Nachrichtendienst arbeitet.

Für die Nachrichtendienste ist die Bildaufklärung mit Satelliten von zunehmender Relevanz: Informationen lassen sich damit rasch und weltweit beschaffen, ohne dass hierzu ins Hoheitsgebiet eines fremden Staates eingedrungen oder dessen Genehmigung eingeholt werden muss. Zahlreiche Staaten investieren deshalb erhebliche Ressourcen in die Gewinnung und Auswertung von Satellitenbildern für nachrichtendienstliche Zwecke.

Nachrichtendienstlich ausgewertete Satellitenbilder sind ein wichtiger Beitrag für eine eigenständige Lagebeurteilung. Dies gilt sowohl für unmittelbare nationale Interessen der Schweiz als auch für die Kooperation mit anderen Staaten oder internationalen Organisationen. Auf der Basis von Satellitenbildern können zum einen Aussagen bestätigt oder widerlegt und zum anderen Absichten und Fähigkeiten von Akteuren ermittelt werden. Die Qualität der Analysen ist dabei wesentlich abhängig von der Sensortechnologie, von der zeitlichen und örtlichen Verfügbarkeit der Satelliten und von der räumlichen Auflösung. Erst mit sehr hohen räumlichen Auflösungen lassen sich Details, beispielsweise zu Geräten, Waffensystemen oder Installationen am Boden, sicher identifizieren.

Bei sich rasch verändernden Lagen kann die Aufklärung mit Satellitenbildern bedeutsam sein, um beispielsweise den Aufbau und die Bereitschaft von militärischem Potenzial zu beurteilen. Satellitenbilder werden auch für die Überprüfung der Einhaltung von Vereinbarungen verwendet, beispielsweise im Rüstungskontroll- und Abrüstungsbereich, bei Sanktionsregimen, im Kontext von vertrauens- und sicherheitsbildenden Massnahmen oder zur Unterstützung der Nonproliferationspolitik der Schweiz. Ebenso ist die Bildaufklärung für Bedürfnisse in internationalen Friedensmissionen, bei der humanitären Hilfeleistung oder bei Katastrophen im In- und Ausland von Nutzen.
Neben eigenen Erkenntnissen können die Informationen aus von der Schweiz ausgewerteten Bilddaten auch Dritten zur Verfügung gestellt werden, sofern dies im Schweizer Interesse liegt. Dies diente in der Vergangenheit etwa den diplomatischen Bemühungen der Schweiz im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Ukraine-Konflikt, indem in unabhängiger Weise Erkenntnisse über einen umstrittenen Frontverlauf erlangt werden konnten. Im Kontext des Einsatzes der Schweizer Armee in Kosovo wurde die internationale 9194

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Friedensmission Kosovo Force (KFOR) bei der Beurteilung der Bereitschaft von Luftverteidigungsstellungen entlang der Grenze zu Kosovo unterstützt. Bei der Bewältigung von naturbedingten oder vom Menschen verursachten Katastrophen liefern Satellitenbilder rasch verfügbare Analyse- und Entscheidgrundlagen für die Beurteilung der Schadensausmasse, des Zustands von Einrichtungen und der Sicherheit von Evakuationswegen.

Gegenwärtig erwirbt die Schweiz die von ihr benötigten Satellitenbilder von kommerziellen Anbietern. Die Auflösung derartiger Bilder erreicht jedoch nicht die Qualität nachrichtendienstlicher Satellitenbilder. Zudem ist die Schweiz von der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der kommerziellen Anbieter abhängig. Hinzu kommt, dass die Schweizer Nachrichtendienste bei dieser Arbeitsweise gezwungen sind, ihre Interessengebiete und Prioritäten gegenüber kommerziellen Anbietern offenzulegen und ungeschützte Kommunikationswege zu verwenden.

1.2

Kooperation mit Frankreich

Frankreich ist in der Satellitentechnologie in Europa führend und betreibt seit 1995 ein eigenes Satellitenaufklärungssystem. Dieses wird nun durch das hochmoderne System «Composante Spatiale Optique» (CSO) ersetzt. Ausgewählte Staaten wurden von Frankreich eingeladen, sich an der Nutzung des Systems CSO zu beteiligen.

Belgien, Deutschland, Italien und Schweden haben ihre Beteiligung bereits zugesagt. Schweden errichtet gar eine Empfangsantenne auf eigenem Territorium im hohen Norden für den Empfang der von den CSO-Satelliten erstellten Daten.

Das System CSO besteht aus drei Satelliten, die in Umlaufbahnen auf Höhen zwischen 480 und 800 Kilometern im Weltraum kreisen, sowohl elektrooptisch als auch im Infrarotbereich einsetzbar sind und Stereobilder liefern können. Die erstellten Bilddaten werden von terrestrischen Antennen in Frankreich und Schweden empfangen und an die Zentrale in Frankreich geleitet, wo sie aufbereitet und gespeichert werden. Diese Datenpakete werden danach an die Empfangsstationen in den einzelnen am System teilnehmenden Staaten übermittelt.

Die Programmierung der täglichen Bildaufnahmen durch die Satelliten erfolgt von der Zentrale in Frankreich aus. Diese nimmt die Bestellungen und Bedürfnisse aller beteiligten Staaten entgegen, bündelt sie und gibt die konkreten Steuerbefehle zur Erstellung der Bilddaten an die drei Satelliten. Sofern sich die gemeldeten Bestellungen nicht vollumfänglich umsetzen lassen, erarbeitet die Steuerzentrale in Frankreich Optionen und schlägt diese den beteiligten Staaten vor. Im Archiv sind alle empfangenen Bilddaten vorhanden, aus denen jederzeit Bildprodukte ­ umgangssprachlich «Satellitenbilder» ­ erstellt werden können. Die Kooperation zwischen Frankreich und den anderen beteiligten Staaten verläuft immer bilateral, sodass ausschliesslich Frankreich als Systemführer über die Gesamtheit der Daten verfügt.

Frankreich hat den ersten CSO-Satelliten im Dezember 2018 im Weltraum stationiert und wird das System CSO voraussichtlich ab Sommer 2022 vollständig nutzen können. Die im System CSO eingesetzte Technologie erlaubt eine sehr hohe räumliche Auflösung von weniger als 30 cm, was aktuell der weltweit höchsten Leistungsklasse entspricht. Eine Identifikation von Einzelpersonen ist hingegen nicht möglich.

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In den Verhandlungen mit Frankreich wurde ein Paket mit vier Elementen ausgehandelt, das die bilaterale Kooperation zur Nutzung des Systems CSO bildet: Erstens erhält die Schweiz einen Anteil von 2 Prozent an den Programmierungsrechten des Systems CSO. Damit kann sie Einfluss auf das täglich neu erstellte Programm für die Bilddatenaufnahmen der CSO-Satelliten nehmen, indem sie ihre Aufträge und Bedürfnisse eingibt. Ebenso kann die Schweiz auf 2 Prozent der täglich erstellten Bilddaten zugreifen, was einer zweistelligen Anzahl entspricht. Weiter ist der Zugriff zu dem von Frankreich verwalteten Bildarchiv des Systems CSO eingeschlossen, sodass Zeitreihen und Vergleiche einfach erstellt werden können. Zweitens erhält die Schweiz eine Empfangsstation zu Besitz und Eigentum, um mit dem System CSO kommunizieren und arbeiten zu können. Drittens wird eine französisch-schweizerische Arbeitsgruppe gebildet, in der Möglichkeiten der vertieften Zusammenarbeit im Forschungs- und Technologiebereich ausgelotet und gefördert werden sollen. Mit dieser Arbeitsgruppe wird ein Forum geschaffen, das den Austausch und die Kontakte zwischen den staatlichen und industriellen Akteuren innerhalb des Sektors erleichtern soll, u. a. auch mit Blick auf mögliche Weiterentwicklungen für die Zeit nach CSO. Viertens werden Wartung und Betrieb von Empfangsstation und System CSO geregelt.

1.3

Nutzen der Kooperation

Verglichen mit der bisherigen Beschaffungspraxis von Satellitenbildern wird die Nutzung des Systems CSO den Schweizer Nachrichtendiensten bedeutende Vorteile bringen. Zum einen werden die eigenen Fähigkeiten signifikant verbessert, namentlich durch die hohe räumliche Auflösung der Bilddaten, durch die Möglichkeit zur direkten Einflussnahme auf die Programmierung von Satelliten und durch die rasche Verfügbarkeit von aktuellen Bilddaten. Da mit dem System CSO auch die Quelle der Bilddaten und die Übertragungswege bekannt sind, kann die Integrität der erhaltenen Daten beurteilt und damit das Risiko von Manipulationen besser kontrolliert werden.

Zum anderen müssen die Interessengebiete und Prioritäten der Schweizer Nachrichtendienste gegenüber kommerziellen Anbietern nicht mehr über nicht klassifizierte Verbindungen offengelegt werden. Vertraulichkeit, Datenintegrität und Datenverfügbarkeit sind für die nachrichtendienstliche Arbeit von grosser Bedeutung und können in diesem Masse von den kommerziellen Anbietern von Satellitenbildern nicht garantiert werden. Schliesslich verbessert die Beteiligung an CSO die Möglichkeit, die Erzeugung von Bilddaten gezielt nach eigenen Bedürfnissen in Auftrag zu geben, während der Zugriff auf das Archiv die Möglichkeit schafft, über einen längeren Zeitraum vergleichende Analysen zu erstellen. Beides bedeutet für die Schweizer Nachrichtendienste einen erheblichen Fortschritt bei der Informationsbeschaffung, die wiederum Voraussetzung für die eigene Analyse und Gewinnung von Erkenntnissen ist.

Die erhaltenen Bilddaten werden ausschliesslich durch das Bildauswertungszentrum der Armee analysiert. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass diese Analysen nicht zurück ins System CSO fliessen und von Frankreich oder anderen Staaten genutzt

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werden können: Während die Rohdaten im System CSO gespeichert sind, verbleiben die Auswertungen und Analysen im getrennten Schweizer System.

1.4

Verhältnis zur Neutralität

Als dauernd neutraler Staat hat die Schweiz Pflichten aus dem Neutralitätsrecht zu beachten: Insbesondere darf die Schweiz in einem internationalen bewaffneten Konflikt keinen kriegführenden Staat militärisch unterstützen. In Friedenszeiten muss sie zudem darauf achten, dass sie in keine Lage gerät, die ihr die Einhaltung der Rechtspflichten eines neutralen Staates in einem künftigen internationalen bewaffneten Konflikt verunmöglichen würde.

Mit ihrer Neutralitätspolitik trifft die Schweiz ausserhalb konkreter rechtlicher Pflichten weitere Massnahmen, welche die Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit ihrer Neutralität gewährleisten. Welche Massnahmen die Schweiz ergreift, liegt in ihrem eigenen politischen Ermessen. Militärkooperationen mit Partnerländern sind aus Sicht der Neutralität möglich; die Schweiz betreibt solche in verschiedenen Bereichen (z. B. Ausbildung, Rüstungsgüter, internationale Friedensförderungseinsätze).

Derartige Kooperationen müssen allerdings gewisse Bedingungen erfüllen: Im Neutralitätsfall, insbesondere bei der Beteiligung eines Kooperationspartners an einem internationalen bewaffneten Konflikt ausserhalb der UNO-Charta, muss die Schweiz die Möglichkeit haben, jederzeit in politischer und militärischer Unabhängigkeit aus einer Kooperation auszusteigen oder diese zu sistieren.

Die Zusammenarbeit der Schweiz mit Frankreich im Rahmen der Nutzung des Systems CSO ist als Militärkooperation zu qualifizieren: Das System CSO wird vom französischen Verteidigungsministerium betrieben; seine Nutzung ist für militärische und nachrichtendienstliche Zwecke vorgesehen.

Der eigentliche Bezug von Bilddaten über das System CSO durch die Schweiz ist neutralitätsrechtlich und -politisch unbedenklich: Durch einen freiwilligen Bezug ohne unmittelbare Gegenleistung ­ Lieferung nachrichtendienstlicher Informationen oder dergleichen ­ lässt die Schweiz Frankreich keine militärische Unterstützung zukommen. Dies wirkt sich auch nicht negativ auf die Glaubwürdigkeit der Schweiz und ihrer Neutralität aus. Hingegen könnte die finanzielle Beteiligung an einem militärischen System Frankreichs neutralitätspolitisch und -rechtlich problematisch werden, falls sich Frankreich (oder ein anderer am System CSO beteiligter Staat) ohne Mandat der UNO an einem internationalen Konflikt beteiligen würde.

Damit die
bilaterale Kooperation zur Nutzung des Systems CSO mit der Neutralität kompatibel ist, müssen Bedingungen erfüllt sein: Zum einen darf der Anteil der Schweizer Beteiligung an den Gesamtkosten des Systems CSO nicht massgeblich sein. Dies ist hier gewährleistet, denn die Schweizer Quote an der Nutzung beträgt lediglich 2 Prozent. Ebenso stehen die für die Schweiz anfallenden Kosten für die Programmierungsrechte und die Empfangsstation mit maximal 77 Millionen Euro mit Blick auf das von Frankreich öffentlich angegebene Gesamtvolumen von 1,9 Milliarden Euro in keinem massgeblichen Verhältnis.

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Zum anderen muss mit einer Suspendierungsklausel sichergestellt sein, dass die Schweiz jederzeit ihre Teilnahme am System CSO unterbrechen kann, sofern ihr dies aus neutralitätsrelevanten Gründen angezeigt erscheint. Dieser Unterbruch muss sofort und bedingungslos erfolgen können. Ebenso muss gewährleistet sein, dass die Schweiz nach dem Unterbruch wieder vollständig am System CSO teilnehmen kann, sofern sie dies wünscht. Dabei ist die Schweiz bereit, die allfälligen Kosten zu tragen, die durch die Rückkehr ins System CSO anfallen. Auf Schweizer Seite entscheidet der Bundesrat über eine Suspendierung und deren Aufhebung. Frankreich hat der Suspendierungsklausel zugestimmt.

Aus neutralitätspolitischen Gründen muss zudem ein Zahlungsplan ausgehandelt werden, der die Überweisung der Schweizer Beiträge über mehrere Jahre verteilt. In Kombination mit der Suspendierungsmöglichkeit gewährleistet diese Aufteilung der Zahlungen, dass die Schweiz im Falle einer Beteiligung von Frankreich (oder eines anderen an CSO beteiligten Staates) an einem internationalen bewaffneten Konflikt keinen kriegführenden Staat unterstützt. Nach Aufhebung der Suspendierung würden auch hier die während der Suspendierung fällig gewordenen Zahlungen geleistet werden. Frankreich hat einem derart ausgestalteten Zahlungsplan zugestimmt.

1.5

Geprüfte Alternativen

Kooperationsmöglichkeiten zwischen Staaten bei der Nutzung von Satellitenbildern für nachrichtendienstliche Zwecke sind sehr limitiert. Sie werden üblicherweise bilateral oder im Rahmen weitreichender militärischer Bündnisse abgeschlossen.

Deshalb war es der Schweiz bisher nicht möglich, in diesem Bereich eine engere Zusammenarbeit einzugehen. Das von Frankreich gemachte Angebot zur bilateralen Kooperation bei der Nutzung des Systems CSO ist somit einzigartig; die Schweiz verfügt über keine vergleichbaren Alternativangebote anderer Staaten.

Als Alternative wurde das Programm «Copernicus» der Europäischen Union geprüft. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass «Copernicus» als multinationales Programm die spezifischen Anforderungen, die an ein System für nachrichtendienstliche Zwecke zwingend zu stellen sind, in zentralen Bereichen derzeit nicht oder nur ungenügend abdecken kann; das System CSO ist bezüglich Datenbeschaffung, Datenintegrität und Vertraulichkeit, namentlich des Datenaustauschs, auf andere Massstäbe ausgerichtet als das zivile Programm «Copernicus». Dieses verfolgt primär andere Zwecke, nämlich die Beobachtung der Atmosphäre und der Meeresumwelt sowie die Informationsbeschaffung über die Bodenbedeckung und deren Veränderungen, über den Klimawandel sowie bei Katastrophen und Krisen. Im Sicherheitsbereich wird «Copernicus» in den Bereichen Grenzüberwachung und maritime Überwachung sowie zur Unterstützung der EU-Aussenpolitik eingesetzt.

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1.6

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 20201 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 20202 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Die Rahmenvereinbarung über die bilaterale Kooperation zur Nutzung des Satellitensystems CSO entspricht jedoch der Leitlinie 3 in Botschaft und Bundesbeschluss zur Legislaturplanung 2019­2023, wonach die Schweiz für Sicherheit sorgt und als verlässliche Partnerin in der Welt agiert, und sie entspricht namentlich den unter dieser Leitlinie aufgeführten Zielen 14 und 15: «Die Schweiz beugt Gewalt, Kriminalität und Terrorismus vor und bekämpft sie wirksam» und «Die Schweiz kennt die Bedrohungen ihrer Sicherheit und verfügt über die notwendigen Instrumente, um diesen wirksam entgegenzutreten.»3

1.7

Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis

Der Bundesrat hat am 4. September 2019 ein Verhandlungsmandat verabschiedet, das die Aufnahme der Verhandlungen mit Frankreich erlaubte und verschiedene Richtlinien festlegte, wobei namentlich die Suspendierungsklausel, der Zahlungsplan, die Vermeidung der Datenübermittlung Richtung Frankreich ausserhalb der Bildbestellung und die Verhinderung von Amtshandlungen fremder Staaten auf Schweizer Territorium zu erwähnen sind. Das Verhandlungsergebnis berücksichtigt alle Richtlinien umfassend.

Auf Schweizer Seite wurden die Verhandlungen unter Leitung des Armeestabes (Internationale Beziehungen Verteidigung) unter Einbezug des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), des Generalsekretariats des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), verschiedener Stellen der Gruppe Verteidigung und der Armasuisse geführt.

Punktuell wurden das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) und das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) beigezogen.

Die Verhandlungen wurden formell zwischen Dezember 2019 und August 2020 geführt. Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie erschwerte die Verhandlungen, da insbesondere die technischen Vereinbarungen klassifiziert sind und die entsprechenden Gespräche und Daten auf gesicherten Wegen geführt bzw. ausgetauscht werden mussten. Die langjährigen und guten Beziehungen zwischen Frankreich und der Schweiz machten es jedoch möglich, diese Herausforderungen in einem konstruktiven Ansatz zu bewältigen.

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BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 BBl 2020 8385, hier 8390 f.

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Verzicht auf ein Vernehmlassungsverfahren

Die vorliegende Rahmenvereinbarung sieht keinen Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationalen Gemeinschaften vor, sie enthält keine rechtsetzenden Bestimmungen, und ihre Umsetzung erfordert keinen Erlass von Bundesgesetzen. Gestützt auf Artikel 140 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung (BV)4 in Verbindung mit den Artikeln 3 und 3a des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20055 wurde daher auf eine Vernehmlassung verzichtet.

3

Grundzüge der Rahmenvereinbarung

Die bilaterale Kooperation mit Frankreich zur gemeinsamen Nutzung des Systems CSO wird in einer Rahmenvereinbarung geregelt, die keine konkreten Zeitangaben festhält. Frankreich rechnet mit einer Nutzungsdauer des Systems CSO von mindestens zehn Jahren. Die Umsetzung und Parametrisierung erfolgt in drei nachgeordneten technischen Vereinbarungen, die klassifiziert sind.

Die Rahmenvereinbarung trägt den Kerngedanken der Kooperation. Obschon Frankreich die Systemführerschaft hat und deshalb an sich in einer stärkeren Position ist, werden formell sämtliche Fragen der Nutzung, Problembehandlung und Weiterentwicklung in französisch-schweizerischen Gremien entschieden, die paritätisch zusammengesetzt sind. Dabei kann keine Partei überstimmt werden. Bezüglich der Leistungsinhalte wird festgelegt, dass die Schweiz von Frankreich bezüglich Systemnutzung, -verfügbarkeit und -qualität gleichbehandelt wird.

Die Umsetzung der Kooperation folgt dem Subsidiaritätsprinzip: Für jede technische Vereinbarung wird eine spezielle Expertengruppe eingesetzt, welche die technischen Fragestellungen zu behandeln hat. Ihnen vorgesetzt ist ein bilateraler Lenkungsausschuss, dessen Zusammensetzung und Zuständigkeiten in Artikel 3 der Rahmenvereinbarung geregelt werden. Diesem Lenkungsausschuss sind die jeweils federführenden Amtsstellen in beiden Staaten übergeordnet: auf französischer Seite die Direction générale de l'Armement (DGA), auf Schweizer Seite das VBS. Sollten allfällige Schwierigkeiten bis auf diese Stufe nicht gelöst werden können, obliegt es den Vorsteherinnen bzw. Vorstehern des französischen Verteidigungsministeriums und des VBS, auf politischer Ebene eine Lösung zu finden.

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Erläuterungen zu einzelnen Artikeln der Rahmenvereinbarung

Sowohl die Rahmenvereinbarung wie auch die nachgeordneten technischen Vereinbarungen sind rechtsverbindlicher Natur. Alle Texte wurden in französischer Sprache erstellt. Rechtlich massgebend ist die französische Originalfassung der Texte.

4 5

SR 101 SR 172.061

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Art. 1

Begriffsbestimmungen und Abkürzungen

Die technische Natur der Kooperation verlangt verschiedene Begriffsbestimmungen.

Besonders hervorzuheben ist, dass Frankreich als Vertragspartei nicht alle Leistungen selbst erstellt, sondern zum Teil bei der spezialisierten Industrie bezieht (z. B.

Satelliten, Empfangsstationen).

Art. 2

Gegenstand und Umfang

In Artikel 2 werden die Eckwerte der Kooperation festgelegt. Auf Wunsch Frankreichs wird der Schweizer Anteil an den Programmierungsrechten nicht in der Rahmenvereinbarung, sondern in einer technischen Vereinbarung festgelegt. Der Anteil beträgt 2 Prozent, ist rechtsverbindlich und nur im gegenseitigen Einverständnis veränderbar.

Die beiden Parteien verpflichten sich in Absatz 3, für die Programmierung, die Empfangsstation in der Schweiz und die Aspekte des Betriebs und Unterhalts je eine gesonderte technische Vereinbarung abzuschliessen. In diesen Vereinbarungen werden technische Details festgelegt und die Parametrisierung vorgenommen, weshalb sie auf Wunsch Frankreichs klassifiziert sind. Die technischen Vereinbarungen sind ausgehandelt; es ist vorgesehen, sie gleichzeitig mit dieser Rahmenvereinbarung in Kraft zu setzen.

Absatz 4 legt fest, dass die Rahmenvereinbarung nicht für die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Kampfhandlungen oder anderen militärischen Operationen gilt. Somit ist eine direkte und indirekte Zusammenarbeit in diesem Bereich ausgeschlossen. Ebenso gilt die Rahmenvereinbarung nicht für Auswertungen, die auf der Basis von Bildprodukten vorgenommen werden. Sie bildet somit nicht die Grundlage für eine entsprechende bilaterale Zusammenarbeit.

Da Frankreich die Systemführerschaft zukommt, bestimmt Absatz 5, dass Frankreich die Schweiz einmal jährlich über die relevanten technischen Aspekte informiert, die das System CSO betreffen. Dies gilt namentlich für den Zustand der Satelliten und damit für die Weiterführung der Kooperation.

Art. 3

Steuerung

Die Steuerung erfolgt auf zwei Ebenen: Während die «leitenden Behörden» ­ die französische DGA und das VBS ­ die übergeordnete Rahmenvereinbarung umsetzen, setzen beide zusammen einen Lenkungsausschuss ein, der verantwortlich für die Ausgestaltung der Kooperation und die praktische Umsetzung der Rahmenvereinbarung sowie der technischen Vereinbarungen ist. Schliesslich wird für jede technische Vereinbarung eine Expertengruppe geschaffen, die das jeweilige Dokument umsetzen soll (Abs. 12).

Der Lenkungsausschuss besteht aus sechs Mitgliedern, von denen jede Vertragspartei drei ernennt. Er fällt seine Beschlüsse einstimmig. Absatz 8 enthält einen detaillierten Aufgabenkatalog, wobei hier die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Erörterung und Förderung der Zusammenarbeit in den Bereichen Technologie und Raumfahrtprogramme zwischen den Parteien ­ unter Einbezug der Fähigkeiten der

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Industrie ­ besonders zu erwähnen ist (Abs. 8 Bst. k). Damit wird sichergestellt, dass die in der Schweiz vorhandenen industriellen Kompetenzen berücksichtigt werden.

Absatz 9 gibt die übergeordnete Stossrichtung für die Kooperation vor: Der Lenkungsausschuss hat dafür zu sorgen, dass die beste Verfügbarkeit des Systems CSO und die Lieferung der von der Schweiz bestellten Satellitenbilder unter Berücksichtigung der vereinbarten Quote erreicht wird.

Der Lenkungsausschuss trifft sich bei Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich, abwechselnd in Frankreich oder in der Schweiz.

Art. 4

Technische Vereinbarungen

Artikel 4 gibt den Parteien die Kompetenz, die für die Umsetzung notwendigen technischen Vereinbarungen abzuschliessen. In diesen technischen Vereinbarungen müssen die Vorgaben der Rahmenvereinbarung eingehalten sein.

Art. 5

Weitergabe und Nutzung von Informationen

In Artikel 5 wird festgelegt, dass Informationen, die eine Partei von der anderen erhält, ausschliesslich zum Zweck der Umsetzung der Rahmenvereinbarung und damit der Kooperation genutzt werden dürfen. Damit wird sichergestellt, dass z. B.

die Aufträge und Prioritäten der Schweiz keinem anderen Staat oder Akteur offengelegt werden.

Da Frankreich die Systemführerschaft zukommt, legt es den Informationsaustausch fest, der zur Umsetzung der Rahmenvereinbarung und der technischen Vereinbarungen notwendig ist. Die Schweiz hat jedoch insoweit ein Mitspracherecht, als der Informationsaustausch nach Massgabe des Lenkungsausschusses stattfindet (Abs. 2).

Die Weitergabe von Informationen an Dritte ist nur möglich, wenn vorgängig das schriftliche Einverständnis der anderen Partei vorliegt (Abs. 3). Die Details bezüglich des Gebrauchs der Bildprodukte und von deren Ableitungen wird in einer technischen Vereinbarung geregelt (Abs. 4).

Art. 6

Finanzielle Bestimmungen

Die Schweiz beteiligt sich an der Kooperation mit finanziellen Beiträgen für die Bereiche der Programmierung, der Empfangsstation in der Schweiz sowie dem Erhalt der Betriebsfähigkeit dieser Empfangsstation und des gesamten Systems CSO (Abs. 1).

Der Schweizer Beitrag für die Programmierungsrechte am System CSO und für die Empfangsstation wird auf maximal 77 Millionen Euro festgelegt. Der Zahlungsplan wird in einer technischen Vereinbarung festgelegt (Abs. 3). Gleiches gilt für den Beitrag, den die Schweiz für den Erhalt der Betriebsfähigkeit der Empfangsstation in der Schweiz und des gesamten Systems CSO zu entrichten hat (Abs. 4).

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Art. 7

Suspendierung

Die Schweiz erhält das Recht, jederzeit die Rahmenvereinbarung zu suspendieren, sofern sie diese Massnahme als notwendig zur Aufrechterhaltung ihrer Neutralität erachtet. Mit der Suspendierung werden alle Leistungen aus der Rahmenvereinbarung und den technischen Vereinbarungen sofort ausgesetzt. Damit kann die Schweiz sicherstellen, dass sie im Neutralitätsfall keine Zahlungen an Frankreich leistet. Die Suspendierung tritt mit ihrer Notifikation an Frankreich umgehend in Kraft (Abs. 1). Mit der Suspendierung kann die Schweiz ­ im Gegensatz zu einer Kündigung ­ wieder zum vollumfänglichen Datenbezug zurückkehren, wenn sie dies für opportun hält.

Die Schweiz kann jederzeit entscheiden, dass sie die Suspendierung wieder aufheben will. Damit das System CSO wieder genutzt werden kann, müssen allfällige technische Massnahmen (z. B. Updates) ausgeführt und allfällige finanzielle Aspekte geregelt werden. Nach dem Entscheid zur Aufhebung der Suspendierung übernimmt die Schweiz die Kosten, die aus dem Wiederanschluss nach Beendigung der Suspendierung resultieren. Ebenso begleicht sie die während der Suspendierung angefallenen Zahlungen (Abs. 2).

Falls Frankreich die Rahmenvereinbarung während einer Suspendierung durch die Schweiz kündigt, entfallen sofort alle Leistungspflichten beider Parteien. Stehen zu diesem Zeitpunkt noch Zahlungen der Schweiz an Frankreich aus, so entfallen diese ebenfalls (Abs. 3). Dieser Absatz ist als Spezialregelung zu sehen, die den anderen Schlussbestimmungen vorgeht.

Art. 8

Steuern, Zölle und ähnliche Abgaben

Beide Seiten streben im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten an, dass alle Steuern, Zölle und ähnlichen Abgaben im Rahmen der Kooperation nicht erhoben werden (Abs. 1). Sofern dies nicht geht, trägt die Partei die Kosten, welche sie erhebt (Abs. 2). Für die Schweiz bedeutet dies, dass die Lieferung der Empfangsstation der Mehrwertsteuerpflicht untersteht und sie dafür selbst aufzukommen hat.

Art. 9

Haftung und Gewährleistung

Da Frankreich verschiedene Leistungen im System CSO nicht selbst erbringt, sondern Dritte entsprechend beauftragt, liegt aus Schweizer Sicht eine indirekte Stellvertretung vor. Deshalb muss die Gewährleistung so ausgestaltet sein, dass Frankreich der Schweiz gegenüber verpflichtet ist, selbst alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um den ordnungsgemässen Betrieb des Systems CSO sowie die reibungslose Erbringung der Leistungen sicherzustellen. Dabei hat Frankreich so vorzugehen, dass die Schweiz und Frankreich von den Dritten bezüglich Haftung und Gewährleistung gleich bzw. vergleichbar behandelt werden (Abs. 1, 2 und 6).

Die Absätze 3 bis 5 regeln den Haftungsausschluss und den Umgang mit Ersatzansprüchen zwischen den beiden Parteien ausserhalb der Komponenten des Systems CSO. Dieser Haftungsausschluss entspricht dem internationalen Standard bei Kooperationsvereinbarungen.

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Art. 10

Sicherheit

Artikel 10 legt fest, dass die Vereinbarung vom 16. August 20066 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Frankreich über den gegenseitigen Austausch und Schutz klassifizierter Informationen auch auf die Rahmenvereinbarung und die technischen Vereinbarungen anwendbar ist. Diese Bestimmung wurde auf Wunsch von Frankreich in den Text aufgenommen. Die Ausführungsbestimmungen werden in speziellen Sicherheitsvorschriften erlassen, die vom Lenkungsausschuss zu genehmigen sind.

Art. 11

Streitbeilegung

Streitigkeiten bezüglich Auslegung und Anwendung der Rahmenvereinbarung und der technischen Vereinbarungen werden durch Konsultationen oder Verhandlungen zwischen den Parteien geregelt. Eine derartige Klausel ist Standard bei Kooperationsabkommen.

Art. 12

Schlussbestimmungen

Die Rahmenvereinbarung tritt am Tag der letzten Unterzeichnung in Kraft und erlischt 180 Tage nach Beendigung der operationellen Nutzung des Systems CSO.

Eine vorzeitige Kündigung ist jederzeit mit einer Kündigungsfrist von 180 Tagen möglich. In diesem Fall ermittelt der Lenkungsausschuss die Konsequenzen und bestimmt die am besten geeignete Vorgehensweise, um die Kooperation nach Billigkeit und Wirtschaftlichkeit beenden zu können. Bis zum Eintritt der Kündigung hat jede Partei ihre Verpflichtungen zu erfüllen; die sich zurückziehende Partei bemüht sich, dass die in der Rahmenvereinbarung beschriebenen Bedürfnisse der anderen Partei bis dahin weiter erfüllt werden.

5

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Kooperation mit Frankreich zur Nutzung des Systems CSO besteht aus folgenden Teilen:

6

­

Für die Programmierungsrechte, einschliesslich des Rechts auf Archivzugriff, und die Empfangsstation in der Schweiz wurde mit Frankreich ein Kostendach von 77 Millionen Euro vereinbart, wobei die Zahlungen innerhalb von fünf Jahren geleistet werden. Sollten die Berechnungen auf französischer Seite nach der vollständigen Inbetriebnahme des Systems CSO zu tieferen Beträgen führen, so wird dies bei der letzten Zahlungstranche berücksichtigt und diese entsprechend gekürzt. Sollten die französischen Berechnungen zu höheren Werten führen, so bleibt der Schweizer Beitrag bei 77 Millionen Euro plafoniert.

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Um das Wechselkursrisiko zu minimieren, wird der Bund den Betrag von 77 Millionen Euro nach Genehmigung der Rahmenvereinbarung durch die SR 0.514.134.91

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Bundesversammlung bei der Bundestresorerie absichern. Da die Lieferung der Empfangsstation auf Schweizer Seite mehrwertsteuerpflichtig ist, muss ein Steuerbetrag von rund 480 000 Franken hinzugerechnet werden.

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Für die Betriebs- und Unterhaltskosten der Empfangsstation in der Schweiz sowie für den Beitrag der Schweiz zum Gesamtsystem CSO werden 2,5 Millionen Franken pro Jahr veranschlagt. Diese Kosten fallen erst ab Inbetriebnahme der Empfangsstation in der Schweiz an.

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Die Installation der Empfangsstation in der Schweiz bedingt einige Anpassungen an bestehenden Infrastrukturen (Lüftung, Stromzufuhr, Sicherheit).

Diese einmaligen Kosten werden mit maximal 2 Millionen Franken veranschlagt und durch das VBS (Armasuisse Immobilien) im Rahmen des ordentlichen Budgetprozesses sowie zulasten der Verpflichtungskredite für die Immobilienprogramme VBS finanziert.

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Zur Nutzung des Systems CSO wird der Personalbestand des Bildauswertungszentrums der Armee um eine Stelle erhöht. Diese Stellenerhöhung und die zu einem späteren Zeitpunkt allenfalls notwendige Erhöhung der Zahl der Bildauswerterinnen und Bildauswerter werden VBS-intern aufgefangen.

Das Vorhaben wird über das Globalbudget Funktionsaufwand der Gruppe Verteidigung abgewickelt. Dafür wird ein Verpflichtungskredit von 82 Millionen Franken beim Parlament beantragt. Dieser setzt sich zusammen aus: ­

80,9 Millionen Franken für die Programmierungsrechte, einschliesslich des Rechts auf Archivzugriff, und die Empfangsstation in der Schweiz (Kostendach von 77 Millionen Euro zum Kurs von 1.05 Franken pro Euro), zuzüglich einer Rundungsdifferenz, und

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0,48 Millionen Franken Mehrwertsteuer (7,7 %) für die Lieferung der Empfangsstation.

Sollten sich die Devisenkurse bis zur Absicherung des Spezialgeschäfts erhöhen, so kann nachträglich ein währungsbedingter Zusatzkredit beantragt werden.

Sämtliche Beträge, welche die bilaterale Kooperation mit Frankreich zur Nutzung des Systems CSO betreffen, werden dem Zahlungsrahmen der Armee (Budgets der Gruppe Verteidigung und der Armasuisse Immobilien) belastet.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die vorliegende Rahmenvereinbarung ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen Frankreich und der Schweiz.

Nach Artikel 54 Absatz 1 BV fallen die auswärtigen Angelegenheiten in die Zuständigkeit des Bundes. Dieser ist für den Abschluss von Verträgen mit ausländischen Staaten zuständig. Aufgrund von Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat 9205

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zuständig ist (Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (ParlG)7; Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19978).

6.2

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn ihre Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 ParlG sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Die Rahmenvereinbarung enthält keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen; ihre Umsetzung erfordert keinerlei Änderungen von Gesetzen. Sie regelt die bilaterale Zusammenarbeit mit Frankreich zur Nutzung des Systems CSO und ist technischer Natur.

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Rahmenabkommens ist deshalb nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

6.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedarf Artikel 2 des Bundesbeschlusses der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte, da die Bestimmung einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken nach sich zieht.

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SR 171.10 SR 172.010

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