Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen in der Bundesverwaltung Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 17. Juni 2019

2019-4073

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Herausgegriffen

217 Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen wurden zwischen 2003 und 2017 in der Bundesverwaltung angeordnet

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30% der Untersuchungen wurden durch verwaltungsexterne Personen geführt

5 Monate dauerte eine Untersuchung durchschnittlich

Dienstaufsicht

Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen sind Instrumente der Dienstaufsicht zur Klärung eines Sachverhalts beziehungsweise einer möglichen Dienstpflichtverletzung.

Disziplinarmassnahmen

Eine Disziplinaruntersuchung kann zu folgenden Massnahmen führen: Verwarnung, Busse, Lohnkürzung, Änderung des Aufgabenkreises, des Arbeitsortes oder der Arbeitszeit.

Kündigung

Eine Kündigung erfordert weder eine vorgängige Administrativuntersuchung noch eine Disziplinaruntersuchung.

Abschaffung

Einige Kantone haben die Disziplinaruntersuchung abgeschafft. Ihre Funktion wird dort durch das Personalrechts, die Administrativuntersuchung oder die Strafuntersuchung übernommen.

Das Wichtigste in Kürze Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen in der Bundesverwaltung werden mehrheitlich angemessen angeordnet, durchgeführt und abgeschlossen. Gewisse Schwächen deckt die Evaluation bei der Wahl der Verfahrensart, dem Einbezug der Departemente, dem Verfahrensrecht, dem Umgang mit der Verjährung und dem vorhandenen Wissen auf.

Im Rahmen der Dienstaufsicht kann die Bundesverwaltung verschiedene Untersuchungen anordnen. Neben einer formlosen Untersuchung durch eine hierarchisch vorgesetzte Stelle bestehen zwei formelle Verfahren: zur Klärung eines Sachverhalts kann eine Administrativuntersuchung (AU) und zur Abklärung einer möglichen Dienstpflichtverletzung durch eine bestimmte Person eine Disziplinaruntersuchung (DU) angeordnet werden.

Aufgrund von Mängeln, welche die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) bei einzelnen Verfahren festgestellt hatten, beauftragten sie die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) im Januar 2018 mit einer Evaluation der AU und DU in der Bundesverwaltung. An ihrer Sitzung vom 25. Juni 2018 entschied die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK des Nationalrates, dass die PVK die Anordnung, die Durchführung und den Abschluss von AU und DU einerseits aus rechtlicher Sicht und andererseits aus Sicht der Anwendungspraxis untersuchen soll. Ebenfalls beschloss die Subkommission, die rechtliche Abgrenzung von formlosen Untersuchungen gegenüber AU und DU sei zu überprüfen.

Die PVK hat in der Folge an die Universität Zürich ein Rechtsgutachten vergeben.

Um sich einen Überblick über die Untersuchungen in der Bundesverwaltung zu verschaffen, hat die PVK zudem eine schriftliche Befragung der Departemente durchgeführt. Auf dieser Grundlage hat sie sechs AU und zwölf DU ausgewählt und vertieft untersucht. Nebst Dokumentenanalysen wurden dazu rund 45 Leitfadeninterviews geführt ­ nach Möglichkeit für jeden Fall mit der anordnenden Stelle, dem Untersuchungsorgan und den Betroffenen. Zusätzlich hat die PVK Interviews mit verschiedenen Personalverbänden, der Schlichtungsstelle des Bundes, dem eidgenössischen Personalamt, der Bundeskanzlei und mit einzelnen Generalsekretariaten der Departemente zur allgemeinen Praxis bei solchen Verfahren geführt.

Schwierigkeiten bei der Wahl der Verfahren Die gesetzlichen Grundlagen regeln nur bedingt,
unter welchen Voraussetzungen eine Behörde eine AU oder eine DU durchführen kann oder muss. Es bleibt deshalb etwas beliebig, in welchen Fällen eine Behörde zu einer AU oder einer DU greift.

Bei den AU zeigt sich in der Praxis, dass in einigen untersuchten Konstellationen die Anordnung einer DU angemessener gewesen wäre. Dies betrifft insbesondere jene Fälle, bei welchen zum Zeitpunkt der Auslösung der Untersuchung bereits bekannt war, auf welche Personen sich die Untersuchung beziehen würde. Vereinzelt wurden auch DU unangemessen angeordnet. Man kann sich grundsätzlich fragen, weshalb es AU und DU braucht, zumal bereits die formlose Untersuchung die Möglichkeit eröffnet, personalrechtliche Massnahmen bis hin zur Kündigung zu

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treffen. Einige Kantone haben die DU denn auch abgeschafft, wobei die PVK die Vor- und Nachteile davon nicht genauer untersucht hat. Letztlich unterstreicht man mit der Anordnung einer AU oder einer DU die Relevanz einer Problematik und setzt allenfalls auch ein Signal gegenüber der betroffenen Person bzw. Verwaltungseinheit oder gegen aussen. Die Abgrenzungsprobleme, welche die Evaluation bei der Anordnung der beiden Verfahren festgestellt hat, werfen jedoch die Frage der Zweckmässigkeit von zwei formellen Verfahren auf.

Teilweise unangemessene Delegation der Anordnung von AU Gemäss Gesetz werden AU durch das Departement angeordnet. In zwei der von der PVK untersuchten AU hat das Departement die Anordnung, abgestützt auf einer Delegationsnorm, an die Verwaltungseinheit abgetreten. Damit hat das Departement die Anordnung der AU zwar rechtmässig delegiert, der Sachverhalt war jedoch so ausgestaltet, dass es angemessener gewesen wäre, das Departement hätte die Untersuchung selbst angeordnet. In zwei weiteren Fällen hat eine Verwaltungseinheit eine AU ausgelöst ohne die notwendige Delegationsnorm des Departements.

Verschiedentlich hat die PVK festgestellt, dass die Verwaltungseinheiten das Departement über AU wie auch DU sehr zurückhaltend informieren, wobei keine rechtliche Mitteilungspflicht besteht. Mangels einer Übersicht reichte ein Departement bei der schriftlichen Befragung durch die PVK aber lückenhafte Informationen zu den durchgeführten Untersuchungen ein.

Rechtsschutz gewährt, jedoch oft späte Information der Betroffenen über ihre Rechte In Verfahrensfragen bestehen vor allem bei der AU rechtliche Unsicherheiten, weil es bei diesem Verfahren grundsätzlich keine Parteien und daher auch keine Parteirechte gibt. Rechtsschutz ist daher bei AU in den rechtlichen Vorgaben nur sehr beschränkt vorgesehen. Die Fallstudien haben aber gezeigt, dass die Gewährung des Rechtsschutzes bei AU, v. a. des rechtlichen Gehörs, angemessen ist, doch hat die PVK nur mit Personen gesprochen, die auch bei den AU angehört worden waren. Es gab indessen keine Hinweise, dass in den untersuchten Verfahren wichtige Betroffene nicht angehört worden wären. Wie auch die Personalverbände bestätigen, werden die Betroffenen bei der Ankündigung sowohl von AU als auch von DU meist nur sehr beschränkt auf ihre Rechte hingewiesen
und erst bei einer Anhörung in der Regel ausführlich über die Verfahrensrechte aufgeklärt. Verschiedentlich wurden betroffene Personen damit erst sehr spät über ihre Rechte aufgeklärt, weshalb sie beispielweise nicht rechtzeitig eine Rechtsvertretung beiziehen konnten.

Kritisch ist dies speziell bei DU, die unmittelbare Folgen für die betroffenen Personen haben können, wie beispielsweise eine Verwarnung oder eine Lohnkürzung.

Aber auch bei AU stellt die späte Information der Betroffenen über ihre Rechte ein Problem dar, da zuweilen die Informationen aus diesen Untersuchungen für nachfolgende DU verwendet werden.

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Angemessene Untersuchungsdauer, vereinzelt aber Disziplinarmassnahmen trotz Verjährung Die PVK bewertet die Untersuchungsdauer der AU und DU allgemein als angemessen. Sie stellte in der Analyse der Anwendungspraxis fest, dass die Beteiligten mehrheitlich ein Interesse daran haben, einen Sachverhalt möglichst rasch zu klären.

Trotzdem stellt bei DU die Tatsache, dass die disziplinarische Verantwortlichkeit von Bundesangestellten ein Jahr nach Entdeckung des Sachverhalts verjährt, verschiedentlich eine Herausforderung dar. Zwar wurde die Mehrheit der DU in einer Zeitspanne von einem bis fünf Monaten abgeschlossen, doch dauerten gewisse Verfahren länger als ein Jahr, und dennoch mündeten sie teilweise in disziplinarische Massnahmen, was aus Sicht der PVK nicht rechtmässig ist und die betroffenen Personen einer langen Unsicherheit aussetzt.

Wissenslücken bezüglich AU und DU Insgesamt gibt es nur wenig Materialien, Lehrmeinungen und Gerichtsentscheide zu AU, DU und formlosen Untersuchungen, die in der Praxis als Unterstützung beigezogen werden könnten. Zwar bewerten die anordnenden Stellen die rechtlichen Vorgaben als klar und zweckmässig, doch sind mehrere Probleme, welche die Evaluation festgestellt hat (z. B. Wahl des Verfahrens, Information der Betroffenen), auf Fehler der anordnenden oder untersuchungsleitenden Stellen zurückzuführen.

Diesen fehlt es gemäss Personalverbänden zuweilen an der nötigen Sensibilität.

Viele Stellen sind nur selten mit der Durchführung einer AU oder DU konfrontiert.

Nur ganz vereinzelt verfügen sie hierfür über festgehaltene Prozesse oder Checklisten. Auch sprechen sie sich selten mit dem Generalsekretariat ihres Departements oder dem Eidgenössischen Personalamt (EPA) ab, weshalb auch diese Einheiten nur über beschränktes Wissen zur Thematik der AU und DU verfügen und kaum zur rechtsgleichen Behandlung der Fälle beitragen können. Als Begründung, warum sie kaum Unterstützung suchen, gaben die untersuchungsleitenden Stellen an, ein diskretes Vorgehen zu bevorzugen und jeweils möglichst wenige Personen über diese zumeist heiklen Untersuchungen zu informieren. In Weiterbildungen für Kader der Bundesverwaltung werden die Verfahren der AU und DU zwar angesprochen, aber nach Einschätzung der PVK wird zu wenig auf die Herausforderungen eingegangen, die sich den Führungsverantwortlichen bei der Anordnung und Durchführung solcher Untersuchungen stellen.

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Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze

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1

Einleitung 1.1 Anlass und Fragestellungen der Evaluation 1.2 Vorgehen 1.2.1 Datenerhebungen und -analyse 1.2.2 Grenzen der Evaluation 1.3 Aufbau des Berichts

1688 1688 1689 1689 1690 1691

2

Administrativ- und Disziplinaruntersuchung 2.1 Analysemodell 2.2 Administrativuntersuchungen 2.3 Disziplinaruntersuchungen 2.4 Formlose Untersuchungen

1691 1691 1693 1694 1695

3

Angemessenheit der Anordnung von Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen 3.1 Keine departementale Übersicht über Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen 3.2 Schwierigkeiten bei der Verfahrenswahl und unklare Abgrenzungen 3.3 Unangemessene Delegation der Anordnung von AU und mangelnde Information der Betroffenen 3.3.1 Delegation der Anordnung 3.3.2 Untersuchungsaufträge 3.3.3 Abschätzung von Kosten und Dauer 3.3.4 Information der betroffenen Personen 3.4 Vereinzelt eingeschränkte Unabhängigkeit der Untersuchungsorgane 3.4.1 Untersuchungsorgane der AU 3.4.2 Untersuchungsorgane der DU

4

Angemessenheit der Durchführung von Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen 4.1 Angemessene Gewährung des Rechtsschutzes trotz gewisser Unklarheiten in den Rechtsgrundlagen 4.1.1 Rechtsschutz bei AU 4.1.2 Rechtsschutz bei DU 4.2 Gleichzeitige Untersuchungen angemessen koordiniert

1686

1695 1696 1697 1699 1699 1700 1700 1701 1702 1703 1704 1705 1706 1706 1707 1708

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4.3

4.4 5

6

Mehrheitlich angemessene Kommunikation über laufende Verfahren gegen innen und aussen 4.3.1 Kommunikation gegen aussen 4.3.2 Kommunikation gegen innen Kaum Austausch und Wissenslücken bezüglich AU und DU

Angemessenheit des Abschlusses von Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen 5.1 Angemessene Information der Betroffenen nach Abschluss, bei DU vereinzelt jedoch Defizite bei der Akteneisicht 5.1.1 Information der Betroffenen und Akteneinsicht nach Abschluss einer AU 5.1.2 Information der Betroffenen und Akteneinsicht nach Abschluss einer DU 5.2 Angemessene Empfehlungen in AU, bei DU aber vereinzelt bei Verjährung nicht rechtmässige disziplinarische Massnahmen 5.2.1 Berichte und Massnahmen bei AU 5.2.2 Berichte und Massnahmen bei DU 5.3 Meist angemessene Untersuchungsdauer, jedoch bei DU Probleme mit der Verjährungsfrist Schlussfolgerungen 6.1 Schwierigkeiten bei der Wahl der Verfahren 6.2 Teilweise unangemessene Delegation der Anordnung von AU 6.3 Rechtsschutz gewährt, jedoch oft späte Information der Betroffenen über ihre Rechte 6.4 Angemessene Untersuchungsdauer, vereinzelt aber Disziplinarmassnahmen trotz Verjährung 6.5 Wissenslücken bezüglich AU und DU

1709 1709 1710 1710 1712 1712 1712 1714 1715 1715 1716 1718 1719 1719 1720 1720 1721 1722

Abkürzungsverzeichnis

1723

Literatur und Dokumentenverzeichnis

1724

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner

1725

Anhang: Vorgehensweise der Evaluation

1726

Impressum

1727

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Bericht 1

Einleitung

1.1

Anlass und Fragestellungen der Evaluation

In der Bundesverwaltung gibt es verschiedene Arten von Untersuchungen, um Problemen nachzugehen. Es existieren zwei formalisierte Untersuchungsverfahren der Dienstaufsicht: die Administrativuntersuchung (AU) zur Klärung eines Sachverhalts und die Disziplinaruntersuchung (DU) zur Feststellung einer möglichen Dienstpflichtverletzung. Daneben gibt es formlose Untersuchungen. Je nach Art der Untersuchung gelten andere rechtlichen Vorgaben und können andere Massnahmen aus ihnen abgeleitet werden.

Die Inspektionen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) zum Oberfeldarzt der Armee1 und zu den Bürgschaften für die schweizerischen Hochseeschiffe2 stellten bei den zu diesen Vorfällen durchgeführten AU und DU teils schwerwiegende Defizite fest. Im Zentrum der Kritik standen unter anderem die Anordnung der Verfahren, die Kompetenzen und die Unabhängigkeit des Untersuchungsorgans sowie die Art der Kommunikation, die teilweise die Interessen der betroffenen Personen zu wenig berücksichtigte.

Angesichts dieser Problemhinweise haben die GPK an ihrer Sitzung vom 30. Januar 2018 die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Evaluation der Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen in der Bundesverwaltung beauftragt.

Die für die Evaluation zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK des Nationalrates (GPK-N) hat am 25. Juni 2018 anhand einer Projektskizze der PVK beschlossen, dass die Evaluation folgende Fragestellungen untersuchen soll: 1.

Ist die Anordnung von AU und DU aus rechtlicher Sicht und in der Anwendungspraxis angemessen?

2.

Ist die Durchführung von AU und DU aus rechtlicher Sicht und in der Anwendungspraxis angemessen?

3.

Ist der Abschluss von AU und DU aus rechtlicher Sicht und in der Anwendungspraxis angemessen?

Die zuständige Subkommission entschied zudem, dass die Evaluation die Abgrenzung von formlosen Untersuchungen gegenüber AU und DU aus rechtlicher Sicht klären soll.

1 2

Ereignisse rund um den Oberfeldarzt der Armee, Bericht der GPK-N vom 12. Okt. 2018 (BBl 2018 1279).

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, Bericht der GPK vom 26. Jun. 2018 (BBl 2018 6205).

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1.2

Vorgehen

In Ziffer 1.2.1 werden die Datenerhebungen und -analysen der Evaluation vorgestellt (vgl. auch Anhang). Die Grenzen der Evaluation werden in Ziffer 1.2.2 beschrieben.

1.2.1

Datenerhebungen und -analyse

Den Fragestellungen entsprechend basiert die Evaluation einerseits auf der Bewertung von AU, DU und formloser Untersuchungen aus rechtlicher Sicht und andererseits auf der Bewertung von AU und DU aus dem Blickwinkel der Anwendungspraxis.

Die rechtliche Bewertung erfolgte in einem Gutachten von Prof. Dr. Felix Uhlmann, Zentrum für Rechtsetzungslehre der Universität Zürich.3 Dieses Mandat hat die PVK im Rahmen eines Einladungsverfahrens vergeben.

Zur Bewertung der Anwendungspraxis hat die PVK die Departemente zur Anwendung der beiden Verfahren auf schriftlichem Weg befragt, ausgewählter Fälle analysiert sowie Personen zur allgemeinen Praxis von AU und DU in der Bundesverwaltung interviewt.

Im März 2018 hat die PVK eine schriftliche Befragung der Departemente durchgeführt, bei der sie Angaben zu den AU und DU der vergangenen 15 Jahre sowie verschiedene Unterlagen zu den Untersuchungen der letzten fünf Jahre eingefordert hat.

Auf der Grundlage der durch diese Befragung erhaltenen Informationen wählte die PVK aufgrund verschiedener Kriterien insgesamt 18 Untersuchungen (sechs AU und zwölf DU) für Fallstudien aus. Diese bilden den Kern der Bewertung der Anwendungspraxis. In die Auswahl hat die PVK Fälle aus allen Departementen4 einbezogen, die nach dem 1. Januar 2016 abgeschlossen wurden,5 nicht aber jene Fälle, welche die GPK bereits behandelten (Hochseeschifffahrt6, Bodluv7, Oberfeldarzt8).

Die in den Berichten der GPK enthaltenen Erkenntnisse werden in der vorliegenden Evaluation zur Veranschaulichung von Problemen gleichwohl herangezogen.

3

4 5

6 7 8

Uhlmann, Felix/Bukovac, Jasmina (2019): Gutachten zuhanden der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle betreffend Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen in der Bundesverwaltung.

In der Bundeskanzlei wurden in den vergangenen 15 Jahren weder AU noch DU angeordnet.

Eine der einbezogenen AU konnte innerhalb des Untersuchungszeitraum der Evaluation nicht abgeschlossen werden.

Disziplinarmassnahmen gegen Angehörige der Armee und des Grenzwachkorps werden nicht in die Untersuchung einbezogen, da sie einer anderen Rechtsgrundlage unterstehen (Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927; SR 321.0).

GPK 2018 Sistierung des Projekts «Bodengestützte Luft-Verteidigung (BODLUV) 2020», Bericht der GPK vom 26. Jan. 2017 (BODLUV) 2020» (BBl 2017 3515).

GPK-N 2018

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Zu den ausgewählten Fällen hat die PVK einerseits Dokumente ausgewertet und andererseits Leitfadeninterviews durchgeführt. Sie hat verschiedene Dokumententypen analysiert, welche sie im September 2018 von den Departementen einforderte: die Anordnungen und die Berichte zu den Untersuchungen sowie weitere Dokumente wie E-Mails oder Protokolle, welche die Verwaltungseinheiten zur Dokumentation der Fälle abgelegt haben. Zwischen November 2018 und Januar 2019 führte die PVK zudem rund 45 Leitfadeninterviews mit den von den Untersuchungen betroffenen Personen wie auch der auslösenden und der durchführenden Instanz durch.

Nebst den Interviews zu den spezifischen Fällen hat die PVK auch Interviews zur allgemeinen Praxis bei der Anordnung, der Durchführung und dem Abschluss von AU und DU beim Bund geführt. Dabei hat sie in erster Linie Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Personalverbände, des eidgenössischen Personalamts (EPA), der Schlichtungsstelle des EPA, der Bundeskanzlei (BK) und einzelner Generalsekretariate befragt.

Aufgrund der hohen Sensibilität der untersuchten Dossiers werden die fallspezifischen Erkenntnisse im vorliegenden Bericht in anonymisierter Form dargestellt.

Deshalb sind in der Liste der Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner am Ende des Berichts auch nur jene Personen verzeichnet, mit welchen über die allgemeine Praxis gesprochen wurde.

Einen Entwurf des vorliegenden Berichts und des Rechtsgutachtens hat die PVK im April 2019 allen Departementen und der BK zur Konsultation zugestellt.

1.2.2

Grenzen der Evaluation

Die Aussagekraft der vorliegenden Evaluation ist in verschiedener Hinsicht begrenzt.

Nebst der Dokumentenanalyse zu den ausgewählten Fällen beabsichtigte die PVK Leitfadeninterviews mit der auslösenden und der durchführenden Instanz sowie mit betroffenen Personen zu führen. In fünf der 18 Fällen konnten die betroffenen Personen nicht befragt werden, weil sie nicht mehr für die Bundesverwaltung tätig waren und nicht ausfindig gemacht werden konnten oder von einer Kontaktaufnahme absahen. Punktuell ermöglichten die von den Departementen eingereichten Unterlagen (Schriftwechsel, Protokolle) jedoch bereits eine Einschätzung des Verfahrens durch die Betroffenen.

Einschränkungen hinsichtlich der Aussagekraft der Ergebnisse ergeben sich weiter durch die Fallauswahl. Diese erlaubt nur bedingt, Schlüsse zur Praxis bezüglich AU und DU für die ganze Bundesverwaltung zu ziehen. Mit den zusätzlichen Leitfadeninterviews zur allgemeinen Praxis wurde versucht, dieser Einschränkung entgegenzuwirken.

Die formlose Untersuchung als Instrument der Dienstaufsicht wurde entsprechend dem Auftrag der zuständigen Subkommission nur aus rechtlicher Sicht untersucht.

Über die Anwendungspraxis, wie z. B. die Häufigkeit formloser Untersuchungen, kann daher keine Aussage gemacht werden.

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1.3

Aufbau des Berichts

Der Bericht stellt im folgenden Kapitel die rechtlichen Grundlagen der Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen sowie der formlosen Untersuchungen angelehnt an das Untersuchungsmodell vor. Danach folgen drei Kapitel, die jeweils der Beantwortung einer Fragestellung gewidmet sind: im dritten Kapitel wird die Angemessenheit der Anordnung beurteilt, im vierten Kapitel jene der Durchführung und im fünften Kapitel jene des Abschlusses von AU und DU. Im sechsten Kapitel finden sich die Schlussfolgerungen.

2

Administrativ- und Disziplinaruntersuchung

Ausgangspunkt dieses Kapitels ist das Analysemodell. In der Folge werden die AU und die DU sowie die formlose Untersuchung beschrieben.9 Dabei werden entsprechend der Prozesse im Analysemodell die rechtlichen Grundlagen zur Anordnung, zur Durchführung und zum Abschluss der Untersuchungen erläutert.

2.1

Analysemodell

Die drei Untersuchungsarten folgen, vereinfacht dargestellt, demselben dreistufigen Ablauf (vgl. Abb. 1): Eine Untersuchung wird angeordnet oder ausgelöst, daraufhin durchgeführt und letztlich abgeschlossen, unabhängig davon, ob formalisiert oder nicht. Die Untersuchungsarten unterscheiden sich jedoch hinsichtlich den rechtlichen Grundlagen.

9

Dieses Kapitel stützt sich, sofern nicht anders angegeben, auf Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 6­23.

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Abbildung 1 Ablauf der Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen

Die Evaluation basiert auf diesem Analysemodell. Die drei Verfahren wurden entlang der drei Stufen ­ Anordnung, Durchführung und Abschluss ­ analysiert und verglichen. Bei der formlosen Untersuchung entfiel aber die Analyse der Anwendungspraxis (vgl. Kap. 1.2.1).

1692

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2.2

Administrativuntersuchungen

Als AU wird in der Regel ein verwaltungsinternes aufsichtsrechtliches Verfahren bezeichnet, mit dem die an der Spitze der jeweiligen Verwaltungshierarchie stehende Behörde aufgetauchte oder vermutete Probleme und Mängel bei der Aufgabenerfüllung unterstellter Dienststellen bzw. deren Ursachen abklärt.10 Eine AU hat somit die Klärung von Sachverhalten zum Ziel. Geregelt ist sie in Artikel 27a bis Artikel 27j der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV).11 Sie richtet sich nicht gegen bestimmte Personen (Art. 27a Abs. 2).12 Eine Administrativuntersuchung darf weder Strafuntersuchungen noch Untersuchungen der parlamentarischen Aufsichtsorgane behindern (Art. 27b Abs. 1 RVOV).

Für die Anordnung einer AU ist die Vorsteherin bzw. der Vorsteher des Departements (oder die Bundeskanzlerin bzw. der Bundeskanzler) zuständig (Art. 27c Abs. 1 RVOV). Ist mehr als ein Departement betroffen, obliegt diese Befugnis dem Gesamtbundesrat (Art. 27c Abs. 2 RVOV). Die Zuständigkeit zur Anordnung einer AU kann an die unterstellten Verwaltungseinheiten delegiert werden (Art. 27c Abs. 1, RVOV). Die anordnende Stelle erteilt einen schriftlichen Untersuchungsauftrag der u. a. den Gegenstand der Untersuchung, die Kompetenzen des Untersuchungsorgans sowie die Art und Weise der Berichterstattung enthält (Art. 27e Abs. 1 Bst. a, c und h RVOV). Die betroffenen Verwaltungseinheiten sind über eine AU zu informieren. Dabei sollen Anlass und Zweck der AU sowie das Untersuchungsorgan bekannt gegeben werden (Art. 27f Abs. 1 RVOV). Zudem sind auch die erforderlichen Weisungen betreffend Zutritt und Einsicht der Untersuchungsorgane sowie die Rechte der betroffenen Angestellten festzulegen (Art. 27f Abs. 2 RVOV).

Die Durchführung einer AU erfolgt nicht durchgehend nach den Grundsätzen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG)13. Das VwVG gilt jedoch beispielsweise für die Beweismittel zur Feststellung des Sachverhaltes, wobei eine Zeugeneinvernahme explizit ausgeschlossen ist (Art. 27g Abs. 1 RVOV), die Akteneinsicht (Art. 27g Abs. 4 RVOV) sowie das rechtliche Gehör (Art. 27g Abs. 5 RVOV). AU sind durch fachlich kompetente Personen zu führen, die vom Untersuchungsgegenstand hinlänglich unabhängig sind (Art. 27d Abs. 1 und Abs. 4 RVOV). Mit der Untersuchung können Personen ausserhalb der Bundesverwaltung beauftragt werden
(Art. 27d Abs. 2 RVOV).

Das Ergebnis einer AU ist in einem Bericht festzuhalten (Art. 27j Abs. 1 RVOV).

Die Untersuchungsakten sowie der Bericht sind der anordnenden Stelle zu übergeben (Art. 27j Abs. 1 RVOV). Die anordnende Stelle hat die einbezogenen Behörden und Personen über das Ergebnis zu informieren und allenfalls weitere Entschei-

10 11 12 13

Gutachten des Bundesamtes für Justiz vom 19. Dez. 2002 zuhanden der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen.

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. Nov.1998 (RVOV; SR 172.010.1); Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 10f.

Urteil BGer·1A.137/2004 vom 25. Juni 2004 Bundesgesetz vom 20. Dez. 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021).

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dungen zu treffen (Art. 27j Abs. 3 und 4 RVOV), die auch von personalrechtlicher Natur sein können (Art. 27j Abs. 5 RVOV).

2.3

Disziplinaruntersuchungen

Mit einer DU14 soll abgeklärt werden, ob eine Person durch Verletzung ihrer arbeitsrechtlichen Pflichten den geordneten Aufgabenvollzug einer Verwaltungseinheit stört und deshalb gegen die entsprechende Person gerichtete Massnahmen getroffen werden müssen (Art. 25 Bundespersonalgesetz [BPG]15 und Art. 98 Bundespersonalverordnung [BPV]16). Die Massnahmen sollten dazu führen, dass betroffene Personen ihre arbeitsrechtlichen Pflichten künftig erfüllen.17 Verfahrensrechtlich kommt das VwVG zur Anwendung (Art. 98 Abs. 2 BPV). Endet das Arbeitsverhältnis, so zieht das ohne weiteres Zutun der Behörde auch die Beendigung der DU nach sich (Art. 98 Abs. 3 BPV).

Die Anordnung von DU erfolgt gemäss Artikel 2 BPV durch die zuständige Verwaltungseinheit (Art. 98 Abs. 1 BPV). Auch Personen ausserhalb der Bundesverwaltung können mit der Untersuchung beauftragt werden (Art. 98 Abs. 1 Satz 2 BPV). Das Verhältnis der DU zum Strafverfahren ist folgenermassen geregelt: Grundsätzlich wird die DU bis zur Beendigung des Strafverfahrens aufgeschoben, sie kann aber aus wichtigen Gründen bereits vor Beendigung des Strafverfahrens fortgesetzt werden (Art. 98 Abs. 4 BPV).

Zur Sicherstellung des geordneten Aufgabenvollzuges können Arbeitgeber als disziplinarische Massnahme eine Verwarnung aussprechen, den Aufgabenkreis ändern, den Lohn kürzen, eine Busse oder die Änderung der Arbeitszeit respektive des Arbeitsortes anordnen (Art. 99 Abs. 2f BPV). Disziplinarmassnahmen können nur nach einer Untersuchung ausgesprochen werden (Art. 99 Abs. 1 BPV). Der Arbeitgeber erlässt eine Verfügung, sofern keine Einigung über Massnahmen getroffen werden konnte (Art. 34 Abs. 1 BPG). Demgegenüber ist die Kündigung eine personalrechtliche Massnahme, die keiner vorgängigen DU bedarf.

Die Verjährung in Bezug auf eine disziplinarrechtliche Sanktionierung beträgt ein Jahr nach Entdeckung der Verletzung der arbeitsrechtlichen Pflichten. Ein hinreichend begründeter Verdacht der Verletzung setzt dabei den Fristenlauf in Gang. Die absolute Verjährungsfrist beträgt drei Jahre nach der letzten Verletzung dieser Pflichten (Art. 100 Abs. 1 BPV).

14 15 16 17

In der BPV wird der Begriff «Disziplinaruntersuchung» verwendet, in Art. 27d Abs. 1 Bst. c RVOV ist dagegen von «Disziplinarverfahren» die Rede.

Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1).

Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV; SR 172.220.111.3).

Hülsmann, Andrea (2013): Disziplinarische Verantwortlichkeit im öffentlichen Dienst.

Analyse der gesetzlichen Regelung im Bund und im Kanton Zürich. Hochschulschrift, Universität Bern, 121.

1694

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2.4

Formlose Untersuchungen

Der Bundesrat und jede andere hierarchisch vorgesetzte Einheit können sich im Rahmen der Dienstaufsicht über Vorgänge in den ihr unterstellten Behörden auch durch eine formlose Untersuchung in Kenntnis setzen lassen (Art. 24 ff. RVOV).

Weder eine DU noch eine AU sind eine Voraussetzung dafür.18 Die formlose Untersuchung zeichnet sich dadurch aus, dass sie sachlich und zeitlich nicht begrenzt ist und dadurch weder einen klaren Beginn noch ein klares Ende aufweist. Im Gegensatz zu den beiden vorher beschriebenen Verfahren werden für die Durchführung von formlosen Untersuchungen in der Regel keine externen Personen beauftragt.19 Formlose Untersuchungen können zu allen Massnahmen führen, die eine Behörde im Rahmen ihrer Leitungs- und Führungsfunktion anordnen kann. Welche konkreten Massnahmen getroffen werden, hängt im Einzelfall von den Umständen ab. Beispielsweise könnten Sektionen umstrukturiert werden oder die zuständige Stelle erlässt neue Reglemente zur Verhinderung organisatorischer Probleme. Denkbar sind auch personalrechtliche Massnahmen wie eine Mahnung oder eine Kündigung. Da auch aufgrund einer AU keine besonderen Massnahmen getroffen werden können, gibt es diesbezüglich keinen Unterschied zur formlosen Untersuchung. Demgegenüber kann bei einer DU beispielsweise der Lohn gekürzt oder eine Busse ausgesprochen werden.

3

Angemessenheit der Anordnung von Administrativund Disziplinaruntersuchungen

Zusammenfassung: In allen Departementen sind AU und DU angeordnet worden.

Anordnungen durch die Verwaltungseinheiten wurden den Departementen nicht immer mitgeteilt, wozu rechtlich aber auch keine Pflicht besteht. Warum eine bestimmte Untersuchungsart gewählt wurde, konnte die PVK nicht immer nachvollziehen und vereinzelt erfolgte die Anordnung der falschen Untersuchungsart. Die rechtlichen Grundlagen regeln die Voraussetzungen für die Anordnung der beiden Verfahren aber auch nur sehr begrenzt. Die Eröffnung der Untersuchungen verlief mehrheitlich rechtmässig, die PVK beurteilt die Delegation der Anordnung von AU vom Departement an die Ämter jedoch als unangemessen. Die betroffenen Personen wurden über eine Anordnung zwar informiert, jedoch nicht immer in angemessener Weise über ihre Rechte aufgeklärt. Die mandatierten Untersuchungsorgane ­ intern wie extern ­ waren fachlich qualifiziert, doch war ihre Unabhängigkeit in einzelnen Fällen eingeschränkt.

In diesem Kapitel werden zunächst die Anzahl der Anordnungen und die Dokumentation der durchgeführten AU und DU diskutiert. Anschliessend werden die Schwierigkeiten der Abgrenzung der Untersuchungsformen und die Problematik fehlender 18 19

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 21 Rüdy, Bernhard (2013): Administrativuntersuchungen und ihre dienstrechtlichen Konsequenzen. In: Schweizerische Vereinigung für Verwaltungsorganisationsrecht [SVVOR], Verwaltungsorganisationsrecht ­ Staatshaftungsrecht ­ öffentliches Dienstrecht, Jahrbuch 2012, 121.

1695

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rechtlicher Vorgaben erläutert. Die Frage der angemessenen Eröffnung der Untersuchungen steht im dritten und die fachliche Qualifikation respektive die Unabhängigkeit der Untersuchungsorgane im vierten Unterkapitel im Zentrum.

3.1

Keine departementale Übersicht über Administrativund Disziplinaruntersuchungen

Tabelle 1 gibt eine Übersicht zu den in den vergangenen 15 Jahren angeordneten/durchgeführten 217 Untersuchungen nach Departement.

Tabelle 1 Abgeschlossene Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen 2003­2017 nach Departement Departement

EDA

Administrativuntersuchungen

8

Disziplinaruntersuchungen

31

Total

39

EDI

3

7

10

EFD*

4

114

118

EJPD

6

8

14

UVEK

3

6

9

VBS*

4

19

23

WBF

2

2

4

BK Total

0

0

0

30

187

217

* Disziplinarmassnahmen gegen Angehörige der Armee und des Grenzwachkorps unterstehen dem Militärstrafgesetz (MStG) und werden hier nicht berücksichtigt.

Quelle: Befragung Departemente (März 2018)

Während in den Jahren 2003 bis 2017 in allen Departementen zwischen zwei und acht AU durchgeführt wurden, fällt die Streuung bei den DU um einiges grösser aus. Augenfällig ist die häufige Anwendung von DU beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und beim Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD), wobei dies beim EDA mit den Vertretungen im Ausland und beim EFD mit der Eidgenössischen Zollverwaltung zusammenhängt. Es ist nicht auszuschliessen, dass Vorkommnisse in diesen Verwaltungseinheiten häufiger zu einer DU führen, während ähnlich gelagerte Fälle in anderen Verwaltungseinheiten formlos behandelt werden. Es ist deshalb nicht zulässig, aus diesen Häufigkeiten auf vermehrte Probleme in diesen Departementen zu schliessen.

In der schriftlichen Befragung hat die PVK die Departemente nach den durchgeführten Untersuchungen gefragt. Beim Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) hat sich beim Abgleich mit den öffentlich bekannten Untersuchungen gezeigt, dass letztere teilweise nicht aufge1696

BBl 2020

führt und Informationen nicht vollständig vorgelegt wurden. Als Grund dafür wurde angegeben, dass das Departement über keine Übersicht zu den durchgeführten Untersuchungen verfügt, was rechtlich aber auch nicht verlangt wird.

3.2

Schwierigkeiten bei der Verfahrenswahl und unklare Abgrenzungen

Eine Schwierigkeit bei der Durchführung von AU, DU und formlosen Untersuchungen liegt aus rechtlicher Sicht darin, dass die gesetzlichen Bestimmungen zwar die Folgen und zum Teil das Verfahren regeln, es aber nicht vorgegeben ist, unter welchen Voraussetzungen eine Behörde eine Untersuchung durchführen kann und ob sie bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen sogar eine Untersuchung anordnen muss. Die DU ist diesbezüglich gegenüber der AU und der formlosen Untersuchung etwas klarer. Sie sollte dort zur Anwendung kommen, wo die Behörde aus hinreichenden Gründen eine disziplinierende Massnahme antizipiert.20 Die Anordnung einer DU setzt daher gewisse Kenntnisse der Behörde über die Missstände voraus, die mit Blick auf ein bestimmtes Verhalten einer Person zu erhärten sind.

Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen AU und DU ist oft nicht möglich. Die AU soll klären, «ob ein Sachverhalt vorliegt, der im öffentlichen Interesse ein Einschreiten von Amtes wegen erfordert» (Art. 27a Abs. 1 RVOV). Gemäss RVOV (Art. 27a Abs. 2), dem Bundesgericht und der herrschenden Lehre richtet sich die AU nicht gegen eine bestimmte Person21, weshalb sie sich in der Anordnung klar von der DU unterscheidet, die sich explizit gegen Personen richtet. Und dennoch: Fehler werden von Menschen begangen.22 Missstände in der Verwaltung haben daher fast immer mit Personen zu tun. Eine Abgrenzung zwischen AU und DU kann beispielsweise dann schwierig sein, wenn eine bestimmte Person massgeblich in die zu klärenden Sachverhaltsabläufe involviert ist und ihr Verhalten zu Missständen im Geschäftsablauf führt.

In der Praxis zeigt sich die Schwierigkeit bei der Abgrenzung der beiden Untersuchungsformen. Für die PVK war der Entscheid für die eine oder andere Verfahrensart nicht immer nachvollziehbar. Abbildung 2 führt die Gründe für den Entscheid über eine AU oder DU in den 18 ausgewählten Fällen auf. Die meisten Untersuchungen fokussieren den Verstoss gegen interne Richtlinien. Auch bei zwei AU war dies der Auslöser. Allerdings gibt es auch zwei Fälle von AU, bei welchen bereits zu Beginn der Untersuchung konkrete Personen im Zentrum standen. Eine dieser AU wurde damit begründet, dass bei belastenden Erkenntnissen im Anschluss eine DU gegen die im Fokus stehende Person durchgeführt werden könne. Im zweiten Fall kann die Anordnung einer AU zumindest in Frage gestellt werden, da die Person, deren Verhalten ausschlaggebend für die Anordnung war, schon vorher 20 21

22

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 25 Urteil BGer 1A.137/2004 vom 25. Juni 2004. Rüdy (2013, 2) und andere Autoren sehen die «reine Lehre» (Sachverhalt AdminU/Persönliche DisziplinarU) faktisch auch im Bund überholt. Bei den Kantonen ist das schon deshalb so, weil das Disziplinarrecht fast überall abgeschafft wurde.

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 26

1697

BBl 2020

gemahnt und freigestellt wurde. Damit zeigen sich Parallelen zur AU im InsiemeSkandal, der von der GPK analysiert wurde. Dort sollte gemäss Untersuchungsfragen ermittelt werden, wer für allfällige Verstösse gegen die Vergaberegeln in welchem Umfang verantwortlich war.23 Abbildung 2 Gründe für Anordnung der ausgewählten Administrativund Disziplinaruntersuchungen

Anzahl Untersuchungen

5

4

Administrativuntersuchung Disziplinaruntersuchung

3

2

1

0

Quelle: Unterlagen der Departemente

Eine weitere Schwierigkeit zeigte sich in einem Fall, in dem die Untersuchung von der anordnenden Stelle als «externe Untersuchung» betitelt wurde. Eine ungenaue Deklaration kann Verwirrung stiften, da ohne klare Bezeichnung auch die Verfahrensrechte nicht offensichtlich sind. Das externe Untersuchungsorgan hat das Verfahren dann als AU behandelt.

Die Personalverbände stellen oftmals eine Hemmschwelle hinsichtlich der Anordnung einer DU fest.24 Das Rechtsgutachten hält zu dieser Praxis fest, dass DU nicht leichtfertig eröffnet werden sollten.25 Die Begründungen für die Anordnung einer DU scheinen grösstenteils plausibel. In einem Fall wäre aus Sicht der PVK eine AU angemessener gewesen, weil es sich 23 24 25

Rüdy (2013), 2­3 In einzelnen Verwaltungseinheiten würde jedoch nach Aussagen einzelner Personalverbände auch zu schnell zu DU gegriffen.

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 32

1698

BBl 2020

wahrscheinlich nicht um eine Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten handelte, sondern eher um eine Schwäche in den Kontrollprozessen des Beschaffungswesens einer Verwaltungseinheit, wofür die betroffene Person nicht verantwortlich gemacht werden konnte. Zudem hätte eine DU in diesem Fall ihre Wirkungen durch die Verfügung von Disziplinarmassnahmen nicht erzielen können, da der Fall bereits länger verjährt war.

Die erwähnten Beispiele zeigen, dass die Abgrenzung zwischen den Untersuchungen wie auch die Frage, unter welchen Umständen diese angeordnet werden sollen oder müssen, auch in der Praxis Schwierigkeiten bereiten kann. Offen bleibt, ob problematische Themen, zu welchen keine formelle Untersuchung angeordnet wird, mit einer formlosen Untersuchung angegangen werden, die allenfalls zu Massnahmen führen.

3.3

Unangemessene Delegation der Anordnung von AU und mangelnde Information der Betroffenen

Um die Angemessenheit der Anordnung einer AU oder einer DU zu beurteilen, werden im Folgenden die Delegation der Anordnung, die Untersuchungsaufträge, die Abschätzung der Kosten und Untersuchungsdauer sowie die Information der Betroffenen diskutiert und bewertet.26

3.3.1

Delegation der Anordnung

In zwei der sechs von der PVK untersuchten Fälle wurde eine AU entsprechend der RVOV vom Departementsvorsteher bzw. von der Departementsvorsteherin angeordnet. In zwei weiteren Fällen bestand eine Delegationsnorm und die Anordnung ging vom Generalsekretär bzw. von der Generalsekretärin oder der Amtsdirektorin bzw. dem Amtsdirektor aus. In einem Fall wurde die AU von einem Amtsdirektor angeordnet, ohne dass eine Delegationsnorm bestand. Aufgrund der Konstellation in diesem Fall wegen vielen Mobbing-Beschuldigten bis auf hoher Hierarchiestufen wäre eine Anordnung auf Stufe Generalsekretariat oder Departement auch inhaltlich angemessener gewesen. In einem weiteren Fall wurde eine AU vom Generalsekretär/von der Generalsekretärin angeordnet, zwar in Absprache mit dem Departementsvorsteher bzw. mit der Departementsvorsteherin, jedoch ebenfalls ohne Delegationsnorm. In den anderen Fällen, in welchen die Delegation rechtmässig erfolgte, kann aufgrund der Problemlagen deren Zweckmässigkeit ebenfalls in Frage gestellt werden. Dies gilt insbesondere für Fälle, bei welchen Anschuldigungen vorliegen, die auch die Amtsspitze betreffen.

Die untersuchten DU wurden hingegen jeweils rechtmässig von der leitenden Person der Verwaltungseinheit angeordnet. In einem Fall stellte die PVK indes fest, dass es keine schriftliche Anordnung gegeben hat.

26

Zur Anordnung von Untersuchungen bei dezentralen Verwaltungsträgern siehe Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 96­100.

1699

BBl 2020

3.3.2

Untersuchungsaufträge

Die präzise Beschreibung des abklärungsbedürftigen Sachverhalts sowie die sorgfältige Formulierung der Fragen sind für einen Untersuchungsauftrag von zentraler Bedeutung.27 Während das Gesetz bei einer AU einen schriftlichen Untersuchungsauftrag, der den Gegenstand, die Kompetenzen sowie die Art und Weise der Berichterstattung nennt, voraussetzt (Art. 27e Abs. 1 RVOV), fehlen entsprechende Vorgaben bei einer DU gänzlich.28 In der Praxis zeigt sich bei den untersuchten AU, dass nur teilweise klare schriftliche Aufträge erteilt werden. Bei externen Untersuchungsorganen ist der Auftrag zumeist im Vertag enthalten. Bei den internen Untersuchungen ist der Auftrag in der Regel in der Anordnung festgehalten. Zwischen den anordnenden Stellen und den Untersuchungsorganen wurde in der Regel aber auch viel mündlich geklärt. Aus Sicht der PVK ist ein klar formulierter Auftrag unumgänglich, damit bei Auftraggeber und Auftragnehmer dasselbe Verständnis vorherrscht und die Pflichten geklärt werden. Letztlich wird dieser auch in den Rechtsgrundlagen erfordert. In einem Fall wurde als Auftrag einzig vermerkt, dass der Vorwurf des Mobbings im Zusammenhang mit einem Mitarbeiter/einer Mitarbeiterin geklärt werden solle, ohne Hinweise zum Gegenstand oder Vorgaben zur Berichterstattung anzufügen. Ebenfalls wurde bei Aufträgen an externe Untersuchungsorgane nicht durchgehend auf die Wahrung des Amtsgeheimnisses hingewiesen. Anwältinnen und Anwälte dürften jedoch an das Anwaltsgeheimnis gebunden sein.

In den meisten Aufträgen für DU werden die Verfahrensleitung und der Verfahrensgegenstand im Auftrag klar bezeichnet. Aufgrund des klaren Zieles einer DU, eine vorgeworfene Pflichtverletzung zu klären, erübrigt sich das Ausformulieren von Fragen im Auftrag.

3.3.3

Abschätzung von Kosten und Dauer

Die Verfahrensdauer ist bei keiner Verfahrensart klar geregelt, wenngleich die kurzen Verjährungsfristen bei den DU eine maximale Verfahrensdauer implizieren.

Immerhin regelt die RVOV für AU (Art. 27e Abs. 1 Bst. i), dass die anordnende Stelle die Termine für die Untersuchung bestimmt.

Wie sich in den Fallstudien zeigte, besteht auch bei AU meist der Anspruch, die Verfahren möglichst rasch abzuschliessen, da die Situation für alle Beteiligten eine Belastung darstellt. Zu diesem Zweck wurden mit Ausnahme eines Falles stets Fristen für die Fertigstellung des Untersuchungsberichts festgelegt. Das liegt auch daran, dass diese mehrheitlich extern durchgeführt wurden. Auch bei den meisten DU war man sich über ein zügiges Verfahren einig, wobei in fünf Fällen keine Frist für die Fertigstellung des Berichts festgelegt wurde oder keine Einschätzung darüber stattfand.

27 28

Schweizer, Rainer J./Kettiger, Daniel (2016): Administrativuntersuchung. In: Bergmann, Andreas et al. (Hrsg.): Praxishandbuch Public Management, Zürich, 682.

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 33

1700

BBl 2020

Die anordnende Stelle einer AU setzt die Entschädigung des Untersuchungsorgans fest (Art. 27e Abs. 1 Bst. e RVOV). Eine entsprechende Regelung findet sich für die DU nicht.

Letztlich spielt die Frage der Kosten in der Praxis nur dort eine Rolle, wo AU und DU extern durchgeführt werden. Da alle Aufträge der analysierten Fälle klar unter dem Schwellenwert von 150 000 Franken lagen, eine freihändige Vergabe daher rechtmässig und zudem in den meisten Fällen eine hohe Dringlichkeit gegeben war, konnte auf eine Ausschreibung oder ein Einladungsverfahren verzichtet werden. In allen von der PVK untersuchten Fällen, die extern vergeben wurden, legte die auslösende Instanz, abgesehen von einer Ausnahme, vertraglich ein Kostendach fest. Ein Mandat ohne Kostendach erachtet die PVK als unüblich und problematisch, weil so die Kosten nur bedingt kontrolliert werden können.

3.3.4

Information der betroffenen Personen

Betroffene Personen und Verwaltungseinheiten müssen über die Anordnung einer Untersuchung informiert werden. In der Praxis zeigt sich, dass für die Anordnung einer AU und häufiger noch einer DU eine Verfügung erlassen wird.29 Die Eröffnung der AU oder DU bzw. die Anordnung einer formlosen Untersuchung kann jedoch nicht angefochten werden, weil dadurch noch keine Rechte oder Pflichten begründet werden. Eine Verfügung ist deshalb eigentlich nicht zweckmässig.30 Gleichzeitig ergeben sich durch diese aber auch für niemanden Nachteile.

Bei der Anordnung einer Untersuchung stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Betroffenen über die Eröffnung, den Anlass und Zweck sowie das Untersuchungsorgan einer Untersuchung informiert werden oder werden müssen.

Bei einer AU ist die eröffnende Behörde verpflichtet, den betroffenen Verwaltungseinheiten die Eröffnung der AU sowie deren Anlass und Zweck sowie das Untersuchungsorgan bekannt zu geben (Art. 27f Abs. 1 RVOV). Hierzu wird im Rechtsgutachten die Frage aufgeworfen, ob die Information nur an die Leitung der betroffenen Verwaltungseinheit zu gehen hat oder ob jede möglicherweise betroffene Person darüber zu unterrichten ist, und wenn ja, welche Betroffenheit bzw.

Beziehungsnähe gegeben sein muss.31 Verbunden mit der Information der Betroffenen ist auch das Rechtsschutzbedürfnis.

Dies kann relevant sein, falls eine betroffene Person das Untersuchungsorgan als befangen erachtet. Gemäss Rechtsgutachten32 sollte die Rüge der Befangenheit auch im Rahmen einer AU (wie auch einer formlosen Untersuchung) möglich sein.

In den von der PVK untersuchten AU sind die einbezogenen Personen und Verwaltungseinheiten immer über die Eröffnung der AU informiert worden. In der Hälfte 29

30 31 32

Während eine formlose Untersuchung einfach angeordnet werden kann, werden AU und DU aufgrund des formalisierten Aktes «eröffnet» (Art. 27f RVOV und. Art. 98 Abs. 1 BPV).

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 28 Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 29 Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 54

1701

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der Fälle fehlte jedoch der explizite Bezug auf die Rechte der Betroffenen im Ankündigungsschreiben. Bei den anderen Fällen fand sich bloss ein Verweis auf die Rechtsgrundlagen der AU. Ihre Rechte mussten die betroffenen Personen demgemäss selbst nachschlagen, was die PVK als nicht angemessen beurteilt.

Bei der DU fehlt es an einer Regelung zur Information der Betroffenen. Laut dem Rechtsgutachten33 müssen Betroffene von der Eröffnung einer DU unterrichtet werden, denn die Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrens (nach Art. 98 Abs. 2 BPV) bedeutet auch die Anwendbarkeit der Verfahrensgrundrechte der Bundesverfassung (BV). Artikel 29 BV zu den allgemeinen Verfahrensgarantien schreibt ein faires Verfahren vor: Dies bedeutet, dass die Betroffenen über die wesentlichen Verfahrensschritte hinreichend informiert sein müssen, wozu die Eröffnung einer DU sowie die Nennung der Gründe für die Eröffnung gehören.

In den von der PVK analysierten DU wurden die betroffenen Personen in den meisten Fällen über die Eröffnung der Untersuchung informiert. Dies geschah oft zuerst informell und dann schriftlich. Der Umfang der Information über die Verfahrensgrundrechte variiert erheblich zwischen den Verwaltungseinheiten. Bei einem Viertel der Fälle sind im Eröffnungsschreiben keine Hinweise auf die Rechte zu finden, was die PVK mit Blick auf den Anspruch auf ein faires Verfahren als unangemessen bewertet. Dies erklärt auch, weshalb Betroffene nach einer Anordnung oft Kontakt zu Personalverbänden suchen, um sich hinsichtlich ihrer Rechte aufklären zu lassen.

Aus Sicht der PVK wäre die frühzeitige und detaillierte Information hingegen wichtig, da die Betroffenen die Relevanz des Verfahrens oft nur schlecht abschätzen können.

Bei zwei Fällen bestanden relativ lange und unbegründete zeitliche Verzögerungen zwischen der Anordnung der Untersuchung und der Information der betroffenen Person. Bei einer DU wurde begründet, dass das Untersuchungsorgan zuerst Abklärungen habe treffen wollen, bevor die betroffene Person einbezogen werden sollte. Dies ist dahingehend problematisch, da der Betroffene wegen den Vorabklärungen von der Untersuchung wusste und über den weiteren Verlauf der Untersuchung im Unklaren gelassen wurde.

3.4

Vereinzelt eingeschränkte Unabhängigkeit der Untersuchungsorgane

An die Untersuchungsorgane der AU und der DU bestehen unterschiedliche Anforderungen. Für beide Verfahrensarten werden diese Anforderungen in den nächsten beiden Kapiteln diskutiert und aus rechtlicher wie auch praktischer Perspektive bewertet.

33

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 31

1702

BBl 2020

3.4.1

Untersuchungsorgane der AU

Vier der sechs von der PVK untersuchten AU wurden extern durchgeführt. Dieses Vorgehen wird von einigen Departementen bevorzugt. Andere wiederum schätzen interne Lösungen. In einem Departement besteht die Praxis, dass die AU von der Compliance-Stelle des GS geführt werden, sofern keine Befangenheit vorliegt und es die zeitlichen Ressourcen erlauben. In den weiteren Verwaltungseinheiten wird ad hoc über das Untersuchungsorgan einer AU entschieden.

Entsprechend den rechtlichen Vorgaben (Art. 27d Abs. 1 und Abs. 4 RVOV) kann nur eine Person mit der entsprechenden fachlichen Qualifikation und angemessener Unabhängigkeit vom Untersuchungsgegenstand mit der Untersuchung beauftragt werden. Die mandatierten Untersuchungsorgane der untersuchten AU werden von der PVK als fachlich gut qualifiziert und grundsätzlich unabhängig bewertet.

Bei den Untersuchungsorganen handelt es sich mehrheitlich um praktizierende Anwältinnen und Anwälte (extern) oder Juristinnen und Juristen (intern). Die fachliche Qualifikation34 war in allen von der PVK einbezogenen Fällen, die extern durchgeführt wurden, gegeben. Die Kriterien waren mehrheitlich auch bei internen Untersuchungsorganen erfüllt. In einem Fall verfügte das Untersuchungsorgan über keine Erfahrung mit AU, was sich jedoch nicht grundlegend als Problem herausstellte.35 Vergleichbare Probleme wie im Falle der Bürgschaften für die schweizerischen Hochseeschiffe, in welchem sich die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) als externes Untersuchungsorgan rechtlich durch ein Anwaltsbüro beraten liess, wurden in den hier untersuchten Fällen nicht festgestellt.

Hinsichtlich der Unabhängigkeit darf das Untersuchungsorgan entsprechend den rechtlichen Vorgaben nicht im zu untersuchenden Aufgabenbereich tätig (Art. 27d Abs. 1 Bst. b RVOV) und nicht gleichzeitig und in gleicher Sache mit einem Disziplinarverfahren oder einem anderen personalrechtlichen Verfahren betraut sein (Art. 27d Abs. 1 Bst. c RVOV). Die Beurteilung dieser Vorgaben stellte die PVK vor die Herausforderung, den «Aufgabenbereich» abzugrenzen. Die nötige Distanz wurde als gegeben bewertet, wenn das Untersuchungsorgan nicht derselben Sektion oder Linie wie der untersuchte Arbeitsbereich angegliedert war. Vergleichbare Probleme hinsichtlich der Unabhängigkeit wie im Falle der Bürgschaften für die schweizerischen
Hochseeschiffe, in welchem die GPK der EFK als Untersuchungsorgan aufgrund einer früheren Prüfung bei der Verwaltungseinheit in der Thematik von der GPK eine gewisse Befangenheit angelastete36, wurden in den hier untersuchten Fällen nicht festgestellt.

Bereits der Anschein einer möglichen Befangenheit reicht aus, um in einem möglichen Folgeverfahren die Unabhängigkeit des Untersuchungsorgans und damit die Ergebnisse einer Untersuchung anzuzweifeln. Dies muss der anordnenden Stelle bewusst sein und gegebenenfalls im Voraus abgeklärt werden. Bei den zwei intern 34

35 36

Die Kriterien basieren hauptsächlich auf einem Vorschlag aus Keller, Martin/Trösch, Andreas (2014): Checkliste für auftraggebende Behörde. In: Ehrenzeller, Bernhard/Bacher, René (Hrsg.): Administrativuntersuchung in der öffentlichen Verwaltung und in privaten Grossunternehmen, Zürich, 148.

Defizite gab es in diesem Fall jedoch bei der Protokollierung. Vgl. dazu Kapitel 4.1.2.

GPK 2018, 6265

1703

BBl 2020

durchgeführten AU gab es in einem Fall keine Überschneidungen des Aufgabenbereichs, während im anderen eine gewisse Überschneidung festgestellt wurde, da die untersuchungsleitende Person zu einem früheren Zeitpunkt mit der Thematik in Kontakt kam. Die anordnende Instanz liess jedoch vorab die Sachlage rechtlich prüfen und kam zum Schluss, dass keine Umstände vorliegen, welche objektiv geeignet sind, den Anschein einer Voreingenommenheit oder einer Gefährdung der Unparteilichkeit des Untersuchungsorgans aufkommen zu lassen. Als Grund für die Wahl eines internen Untersuchungsorgans führte die auslösende Instanz zudem die absolute Vertraulichkeit der Problematik auf. Dieses Argument alleine könnte in Frage gestellt werden, da ein externer Anwalt dem Anwaltsgeheimnis untersteht.

In einer intern durchgeführten Untersuchung wurde im Auftrag an das Untersuchungsorgan festgehalten, dass auch weitere Personen neben den explizit erwähnten für die Durchführung der Untersuchung beigezogen werden können. In anderen Verträgen wurde dies explizit ausgeschlossen. Für Betroffene ist speziell bei intern durchgeführten Untersuchung wichtig, dass die Personen des Untersuchungsorgans bekannt sind, um allenfalls ein Ausstandsbegehren stellen zu können. Werden Personen ausserhalb der Bundesverwaltung mit einer Untersuchung beauftragt, können darunter nach Auffassung der Gutachter37 auch juristische Personen fallen. Es ist davon auszugehen, dass in diesem Fall nicht alle in die Durchführung der Untersuchung involvierten Personen bekannt sein werden. Aufgrund der Externalisierung der Untersuchung ist jedoch grundsätzlich eine grössere Unabhängigkeit gegeben, sofern das Untersuchungsorgan wie im Falle der oben erwähnten Untersuchung zu den Bürgschaften für die schweizerischen Hochseeschiffe nicht bereits früher mit einer Aufgabe in derselben Thematik betraut war.

3.4.2

Untersuchungsorgane der DU

Die in die Evaluation der PVK einbezogenen DU wurden in zehn von zwölf Fällen intern durchgeführt. Bei DU finden sich keine Regelungen zu den vorausgesetzten fachlichen Kompetenzen der Untersuchungsleitung. Geregelt ist hingegen der Grundsatz der Unbefangenheit des Untersuchungsleiters (Art. 98 Abs. 2 BPV i.V.m.

Art. 10 VwVG).

Werden dieselben Anforderungen der fachlichen Qualifikationen wie bei den AU an die Untersuchungsorgane bei den DU vorausgesetzt, so wurden diese in den analysierten Fällen ebenfalls erreicht. Stark gewichtet wurde deren Erfahrung in ähnlichen Verfahren, um die Untersuchungen schnell abzuwickeln und Verfahrensfehler zu verhindern. Nur in einem Fall wurde eine DU durch ein unerfahrenes Untersuchungsorgan geführt. Bei beschränkter Erfahrung in Verwaltungseinheiten ist es grundsätzlich von Vorteil, wenn eine externe Stelle mandatiert wird.38 Im erwähnten Fall sind der PVK jedoch keine Verfahrensfehler aufgefallen. Doch auch bei vermeintlicher fachlicher Qualifikation offenbarten sich Schwierigkeiten. Bei internen Untersuchungen zeigte sich dies, wenn sich Strafrechtler im ihnen weniger 37 38

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 66 Vereinzelt wird hinsichtlich der Externalisierung von Untersuchungen der Vorbehalt geäussert, dass diesen Personen die jeweilige Amtskultur zu wenig bekannt sei.

1704

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bekannten Feld des Personalrechts bewegten. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass die falschen Instrumente ergriffen werden.

Hinsichtlich der Unabhängigkeit zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den AU. In drei Viertel der Fälle war das Untersuchungsorgan nicht im selben Aufgabenbereich wie die betroffene Person tätig. In der Regel handelte es sich beim Untersuchungsorgan um eine Person des internen Rechtsdienstes. Heikel ist eine solche Konstellation dann, wenn, wie im Falle der DU gegen den Oberfeldarzt der Armee, das Untersuchungsorgan als Partei im Verfahren wahrgenommen wird.39 Eine zu geringe Unabhängigkeit hat die PVK in einem Fall festgestellt, in dem die auslösende Stelle die Würdigung des Sachverhalts des Untersuchungsorgans beeinflusst hat, um danach die passende Disziplinarmassnahme aussprechen zu können.

In einem Departement besteht die Praxis, dass die DU vom Rechtsdienst geführt werden, sofern keine Befangenheit vorliegt und es die zeitlichen Ressourcen erlauben. In den weiteren Verwaltungseinheiten wird ad hoc über das Untersuchungsorgan einer DU entschieden. In drei Fällen führte die Untersuchung eine Person aus derselben Linie wie die betroffene Person, in einem Fall sogar die direkt vorgesetzte Person. In diesen Fällen sah die PVK trotz der im Raum stehenden Vorwürfen jedoch keine Befangenheit der Untersuchungsleitung, da sie weder mit der Thematik in Kontakt war, noch eine Aufsichtspflicht bestanden hätte. Auch nach Auffassung des Rechtsgutachtens40 dürfen DU grundsätzlich von vorgesetzten Stellen mit interner Unterstützung (z. B. Rechtsdienst) durchgeführt werden, da personalrechtliche Entscheidungen in der Führungsverantwortung der Vorgesetzten liegen. Allerdings können sich Fragen der Unabhängigkeit dann stellen, wenn die vorgesetzte Stelle eigene Fehler durch die Entlassung eines oder einer Untergebenen verdecken kann.41 Je nach Situation kann eine solche Konstellation daher Anlass zur Kritik geben oder einen Anfechtungsgrund darstellen.

4

Angemessenheit der Durchführung von Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen

Zusammenfassung: Die PVK bewertet den Rechtsschutz bei AU und DU in der Praxis als angemessen, auch wenn bei AU nach den rechtlichen Grundlagen keine Parteirechte geltend gemacht werden können. Parallellaufende Untersuchungen wurden koordiniert. Gegen innen und aussen haben die Behörden mehrheitlich nicht, oder wenn, dann zurückhaltend kommuniziert, wodurch dem Persönlichkeitsschutz Rechnung getragen wurde. Die verantwortlichen Stellen in den Verwaltungseinheiten suchen bei DU und AU kaum Kontakt zu Querschnittsämtern oder zum Departement. Folglich gibt es weder einen Erfahrungsaustausch, noch ist die rechtsgleiche Behandlung von Fällen sichergestellt. Auch werden die Themen AU

39 40 41

GPK-N 2018, 1286 Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 68 Überdies kann die Durchführung des Verfahrens rein menschlich schwierig sein, wenn die Arbeitsbeziehung sehr lange gedauert hat. In diesen Fällen ist mindestens eine externe Begleitung ernsthaft zu prüfen (Uhlmann/Bukovac 2019, RZ 68).

1705

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und DU in den Weiterbildungskursen des EPA nur sehr rudimentär und lückenhaft angesprochen.

Mit Fokus auf die Durchführung wird in Kapitel 4.1 die Gewährung des Rechtsschutzes bei AU und DU behandelt. Kapitel 4.2 steht die Koordination von AU und DU im Fokus. Weiter werden die Handhabung interner und externer Kommunikation und zuletzt der Austausch respektive die Weiterbildung zu den Verfahren der AU und DU diskutiert.

4.1

Angemessene Gewährung des Rechtsschutzes trotz gewisser Unklarheiten in den Rechtsgrundlagen

Der Rechtsschutz der betroffenen oder einbezogenen Personen unterscheidet sich in AU und DU. Dies wird für die beiden Verfahrensarten in der Folge separat diskutiert und bewertet.

4.1.1

Rechtsschutz bei AU

Der Rechtsschutz ist bei AU (und bei formlosen Untersuchungen) nur sehr beschränkt vorgesehen, da es sich um kein eigentliches Verwaltungsverfahren handelt (vgl. Kap. 2.2). So haben die betroffenen bzw. die befragten Personen die Stellung von Auskunftspersonen und nicht von Parteien. Sie können daher auch keine Parteirechte geltend machen. Das Verfahrensrecht kommt damit nicht integral zur Anwendung. Die Erkenntnisse aus einer AU können für die Betroffenen indes weitreichende Folgen nach sich ziehen. Es ist möglich, dass Informationen über eine laufende AU verwaltungsintern oder via Medien die Reputation der Betroffenen beschädigen. Erkenntnisse aus einer AU können zudem für weitere Untersuchungen herangezogen werden, die in personalrechtliche Massnahmen münden.42 Rein praktisch spricht vieles dafür, das VwVG bei einer AU mindestens sinngemäss heranzuziehen, um die Ergebnisse für Folgeverfahren verwertbar zu machen.43 Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird den in die AU einbezogenen Behörden und Personen explizit zugestanden (Art. 27g Abs. 5 RVOV). Dasselbe gilt für die die Akteneinsicht (Art. 27g Abs. 4 RVOV), wobei der konkrete Umfang nicht geregelt ist.44 In der Praxis ist die Festlegung des Kreises der zu befragenden Personen (als «Quasi-Parteien») kaum mit Problemen verbunden. Die Gewährung des Rechtsschutzes bei AU kann als angemessen eingestuft werden. In den sechs analysierten Fällen informierten die untersuchungsleitenden Personen die Befragten jeweils direkt am 42

43

44

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 35. Sollen die Ergebnisse vorangegangener AU übernommen werden, wird gefordert, dass die Untersuchung unter Wahrung der Verfahrensgrundsätze des VwVG erfolgte.

Diese Regelung hat nach Uhlmann/Bukovac (2019, RZ 37) aber ihre Berechtigung.

Die durchführende Behörde muss also nicht alle Verfahrensschritte des VwVG beachten, wenn sie in Kauf nimmt, die Ergebnisse später nicht direkt verwerten zu können.

Zur Problematik der Akteneinsicht siehe Uhlmann/Bukovac (2019, RZ 41­50).

1706

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Gespräch über ihre Rechte (siehe auch Kap. 4.1.2), die ihnen in der Folge mehrheitlich auch gewährt wurden. Den Personen wird sinngemäss zum VwVG der Rechtsschutz zugesichert. Im Rahmen der AU zu den Bürgschaften für die schweizerischen Hochseeschiffe wurden gewisse Personen nicht angehört, obwohl sie eine zentrale Rolle spielten.45 Dieses Problem stellte die PVK in den Fallstudien nicht fest.46 Weitere Rechte (Rechtsvertretung/Verbeiständung, Aussageverweigerung, Akteneinsicht) wurden kaum eingefordert und wenn, dann wurden sie mehrheitlich gewährt. Vertreter oder Vertreterinnen von Personalverbänden empfinden gelegentlich eine gewisse Skepsis bei den Untersuchungsorganen, wenn sie betroffene Personen zu Anhörungen begleiten.

Verschiedene Untersuchungsorgane wiesen auf Schwierigkeiten hinsichtlich dem Umfang des Rechts auf Akteneinsicht hin. Die Herausforderung besteht darin, das Recht zu gewähren, und möglichst niemandem zu schaden. Wie im Rechtsgutachten47 festgehalten, umfasst die Akteneinsicht auch die Bekanntgabe von Personen sowie deren zum Teil belastenden Aussagen. Bei sinngemässer Anwendung des VwVG können Personen in ihrer Aussagebereitschaft Zurückhaltung walten lassen, wenn ihnen durch die Offenlegung ihrer Identität eine Benachteiligung droht.48 Diese Personen müssen jedoch vor ihrer Aussage auf diese Problematik hingewiesen werden. Tendenziell wird in der Praxis der Umfang der Akteneinsicht auf ein Minimum beschränkt.

4.1.2

Rechtsschutz bei DU

Das Verfahren der DU richtet sich ­ im Gegensatz zu den AU und den formlosen Untersuchungen ­ vollständig nach dem VwVG (vgl. Kap. 2.3). Demnach müssen die Akteneinsicht, das rechtliche Gehör, die Möglichkeit der Rechtsvertretung und Verbeiständung sowie das Zeugnisverweigerungsrecht gewährt werden. Einige Problemfelder (etwa die Anonymität von Auskunftspersonen oder der Umfang der Akteneinsicht) treten jedoch in vergleichbarer Weise wie bei AU auf.

Allgemein wird die Gewährung des Rechtsschutzes bei den von der PVK analysierten DU als angemessen bewertet. Den Untersuchungsorganen sind die rechtlichen Vorgaben bekannt. Demgegenüber hatte sich bei der DU gegen den Oberfeldarzt gezeigt, dass dieser spätestens vor seiner Freistellung umfassend hätte angehört werden müssen, was nicht zutraf.49 In allen von der PVK untersuchten Fällen konnten sich sämtliche Betroffenen äussern. Drei Personen konnten jedoch nur schriftlich zu Vorwürfen Stellung nehmen. Die entsprechenden Verfahren beruhten auf vorangegangenen AU oder Gerichtsverfahren, in welchen sich die Betroffenen bereits äussern konnten. Der Verzicht auf eine erneute Anhörung würde aber vo45 46

47 48 49

GPK 2018, 6264 Gespräche führte die PVK jedoch nur mit Personen, welche im Rahmen der AU angehört wurden. Aus diesen Gesprächen wie auch den Dokumentenanalysen gibt es jedoch keine Hinweise auf einen fehlenden Einbezug.

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 44 Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 44 GPK-N 2018, 1286

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raussetzen, dass qualitativ gute Protokolle vorliegen, was bei einer Untersuchung nicht der Fall war. Zudem kann der Rückgriff auf bestehende Protokolle problematisch sein, wenn den Personen im Rahmen der vorangehenden AU nicht bewusst war, dass Aussagen später weiterverwendet werden können. In einem der untersuchten Fälle wurden die Rechte durchgehend sehr zurückhaltend und nicht vollständig gewährt.

In den untersuchten Verfahren wurde in vier Fällen im Rahmen der Durchführung Akteneinsicht gefordert. In zwei Fällen wurde diese vollumfänglich und in einem Fall mit Begründung nur bedingt gewährt. In einem Fall wurde sie erst während des Abschlusses der Untersuchung gewährt (vgl. Kap. 5.1.2).

In fünf Fällen haben die betroffenen Personen eine Rechtsvertretung beigezogen, was aus ihrer Sicht wie auch aus der Perspektive der Untersuchungsorgane zu keinen grundsätzlichen Schwierigkeiten führte. Es besteht jedoch nach einzelnen Aussagen die Tendenz, dass vermehrt Anwältinnen/Anwälte eingeschaltet und Fristerstreckungen beantragt werden. Dies kann ein Verfahren verzögern und schnell zur Verjährung führen (vgl. Kap. 5.3).

Vom Zeugnisverweigerungsrecht wollte keine der betroffenen Personen Gebrauch machen. In einem Fall erachtete es der erfahrene Untersuchungsleiter, als Pflicht des Befragten, gegenüber dem Arbeitgeber Auskunft zu geben. Deshalb wurde auf dieses Recht auch nicht hingewiesen, was die PVK als äusserst problematisch einschätzt.

4.2

Gleichzeitige Untersuchungen angemessen koordiniert

Das Verhältnis von AU und DU zum Strafverfahren erschliesst sich aus den gesetzlichen Regelungen. Diesen zufolge hat die AU hinter Strafuntersuchungen zurückzutreten. Sobald ein Verfahrenskonflikt absehbar ist, muss die AU sistiert oder abgebrochen werden (Art. 27b Abs. 2 RVOV). Die DU wird grundsätzlich bis zur Beendigung des Strafverfahrens aufgeschoben, sofern es sich um den gleichen Sachverhalt handelt; sie kann aber aus wichtigen Gründen bereits vor Beendigung des Strafverfahrens fortgesetzt werden (Art. 98 Abs. 4 BPV).50 In vier der sechs analysierten AU liefen gleichzeitig Strafuntersuchungen. Keine von ihnen wurde aber vom Departement eingeleitet. Ebenso wenig waren Verfahrenskonflikte absehbar. Den Verwaltungseinheiten war die Relevanz des Zusammenspiels der verschiedenen Instanzen bewusst, und so fanden vereinzelt auch Absprachen resp. Klärungen hinsichtlich der Ziele zwischen der anordnenden Stelle und der Strafuntersuchungsbehörde statt. Aus diesen Gründen wurde in keinem Fall die AU abgebrochen oder sistiert. Die PVK erachtet dies als angemessen, da die Strafanzeigen anders ausgerichtet waren als die AU.

50

Da es bei den von der PVK einbezogenen Untersuchungen keine gleichzeitigen Untersuchungen der parlamentarischen Aufsichtsorgane gab, wird auf diese Thematik hier nicht weiter eingegangen.

1708

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Im Rahmen von zwei DU wurden gleichzeitig Strafuntersuchungen geführt. Dies war der anordnenden Stelle bewusst. Dennoch wurden die DU nicht bis zur Beendigung der Strafverfahren aufgeschoben, weil die amtsinternen Vorwürfe einzig den Vorstoss gegen Dienstpflichten beinhalteten, die von den Strafuntersuchungen nicht betroffen waren. Dies wird von der PVK als angemessen bewertet. Eine Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden fand jeweils statt.

4.3

Mehrheitlich angemessene Kommunikation über laufende Verfahren gegen innen und aussen

Die Kommunikation über AU und DU gegenüber der Öffentlichkeit wie auch gegenüber der Belegschaft einer Verwaltungseinheit stellt eine Herausforderung für die anordnenden Stellen dar. Da sich Fragen zur Kommunikation sowohl bei der Anordnung wie auch der Durchführung und dem Abschluss einer Untersuchung stellen und sich diese stark überschneiden, wird die Kommunikation in der Folge phasenübergreifend diskutiert. Die Frage der Offenlegung der Akten und Berichte für Dritte nach Abschluss einer Untersuchung wird dagegen in Kapitel 5.1.1 behandelt.

4.3.1

Kommunikation gegen aussen

Eine spezifische Regelung für die Information der Öffentlichkeit existiert für keines der beiden Untersuchungsverfahren. Das Rechtsgutachten ortet Schwierigkeiten bei der Frage des Zeitpunktes der Kommunikation und deren Umfang. Dazu kommen entgegenstehende öffentliche oder private Interessen, die allenfalls Einfluss auf den Informationsgehalt haben können (Art. 10 Abs. 2 RVOG). Aus rechtlicher Sicht muss eine angemessene Abwägung von öffentlichen Interessen an der Informationsbeschaffung und dem Persönlichkeitsschutz der betroffenen Personen stattfinden.51 In zwei analysierten AU wurden die Vorfälle bereits von den Medien aufgegriffen, bevor die AU eingeleitet wurde. Diese waren somit auch eine Reaktion auf die öffentlichen Diskussionen. Bei diesen beiden AU wurde die Öffentlichkeit über die laufende Untersuchung informiert. Während in einem Fall nur kommuniziert wurde, dass eine Untersuchung am Laufen sei, wurde im anderen Fall zudem über die Ergebnisse und eingeleitete Massnahmen informiert.

Bei zwei von zwölf DU wurde die Öffentlichkeit ebenfalls über die Untersuchungen informiert, da die Fälle bereits von den Medien aufgegriffen worden waren. Zum Schutz der betroffenen Personen kommunizierten die Verwaltungseinheiten möglichst zurückhaltend. In den restlichen Fällen hat sich gezeigt, dass die verantwortlichen Stellen sehr darauf bedacht waren, dass zum Schutz der Personen und der Reputation der Verwaltungseinheit keine Informationen zu den Untersuchungen an die Medien gelangten. In einem Fall wurden die Medien im Nachgang auf das

51

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 86

1709

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Verfahren aufmerksam. Die betroffene Verwaltungseinheit hat aber von einer Stellungnahme abgesehen.

Die zurückhaltende Kommunikation gegen aussen stuft die PVK als angemessen ein, da bei den untersuchten Fällen verschiedene Personen im Fokus standen, deren Persönlichkeit möglichst geschützt werden musste.

4.3.2

Kommunikation gegen innen

Die interne Information über die Untersuchungsverfahren ist rechtlich ebenfalls nicht geregelt. Wie bei der Kommunikation gegen aussen muss eine angemessene Abwägung von öffentlichen Interessen an der Informationsbeschaffung und dem Persönlichkeitsschutz der betroffenen Personen stattfinden (vgl. Kap. 4.3.1).

Bei den öffentlich gewordenen AU wurde meist auch nach innen kommuniziert, was mit der jeweiligen Untersuchung abgeklärt wird. Die betroffenen Personen wurden in der Regel per Schreiben oder E-Mail über die Befragung informiert. In den weiteren Fällen bestand die Herausforderung darin, dass betroffene Personen möglichst nicht erkenntlich gemacht werden, um sie vor möglicher Vorverurteilungen zu schützen. Mehrheitlich wurden daher auch nur jene Personen informiert, die zu einem Gespräch eingeladen wurden.

Schwierig waren jene Situationen im Rahmen von AU, in denen von der Untersuchung betroffene Mitarbeitende E-Mails an Arbeitskolleginnen und -kollegen zu einem Fall versendet hatten oder eine Freistellung verfügt wurde. In beiden Fällen wurde per E-Mail resp. Blog auf dem Intranet über das Nötigste (Durchführung einer Untersuchung) informiert. Die Kommunikation erfolgte mit der nötigen Vorsicht, wurde von Betroffenen teilweise aber auch kritisiert, da sie mehr Fragen aufwarf, als Antworten lieferte.

Bei den DU wurde die Kommunikation teilweise mit der betroffenen Person abgestimmt. In einem der untersuchten Fälle, dessen Thematik intern bekannt war, wurde die Unschuldsvermutung und letztlich die festgestellte Unschuld nach Abschluss der DU intern nur unzureichend kommuniziert.

Wie bei der Kommunikation gegen aussen erachtet die PVK bis auf wenige Ausnahmen die interne Kommunikation in den untersuchten Fällen als angemessen.

4.4

Kaum Austausch und Wissenslücken bezüglich AU und DU

Die bestehenden gesetzlichen Regelungen zu AU, DU und formlosen Untersuchungen sind stimmig ­ Unklarheiten sind auf die schwierige rechtliche Ausgangslage zurückzuführen (vgl. Kap. 3.1). In der Praxis werden die Vorgaben seitens der anordnenden Stelle als klar und zweckmässig betrachtet. Nur in zwei Fällen wurde angemerkt, dass die gesetzlichen Grundlagen präziser sein könnten und klare Vorgaben und Hilfsmittel wünschenswert wären. Insgesamt bestehen wenige Materia-

1710

BBl 2020

lien, Lehrmeinungen und Gerichtsentscheide, die in der Praxis als Unterstützung beigezogen werden können.52 In keiner der sechs AU wurde hinsichtlich des Verfahrens Kontakt zu departementsübergreifenden Stellen gesucht. Wurde eine AU oder DU nicht vom internen Rechtsdienst geführt, so kontaktierte das Untersuchungsorgan diesen in der Regel bei Unsicherheiten und zur Beantwortung von Fragen. Was die AU betrifft, besteht nur in wenigen Departementen ein Austausch zwischen den Verwaltungseinheiten respektive zwischen den Verwaltungseinheiten und dem Departement, was aufgrund der Rechtsgrundlagen jedoch auch nicht zwingend ist. Nach Aussagen von verschiedenen befragten Personen können sich die auslösenden Instanzen daher kaum absichern und von vorhandenem Know-how in anderen Verwaltungseinheiten profitieren. Ebenfalls stellt sich dir Frage der rechtsgleichen Behandlung der Fälle. Einzelne Verwaltungseinheiten sind bezüglich des Austauschs, auch was das Kontaktieren des Generalsekretariates bei Problemen im Amt betrifft, zurückhaltender.

Gegenüber der PVK wurde als Grund angegeben, dass viele Fälle als sehr heikel angesehen werden, weshalb der Kreis an Informierten möglichst klein zu halten sei.

Das EPA wurde in den von der PVK untersuchten Fällen nur sehr punktuell einbezogen: in einem Fall für eine Beratung zu möglichen Massnahmen und in einem anderen zu Aspekten bezüglich sexueller Belästigung und Mobbing. In einem Fall hat das EPA auf Nachfrage mögliche externe Auftragnehmende kommuniziert.

Diese Hilfestellungen wurden von den Verwaltungseinheiten, welche die Anfragen auslösten, als hilfreich bezeichnet.

Zum Bericht der GPK zu den Hochseeschifffahrt-Bürgschaften hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 28. September 201853 darauf hingewiesen, dass bei Bedarf die zuständigen Stellen (insb. BK und Bundesamt für Justiz [BJ]) schon heute anfallende Fragen speditiv prüfen und die Auftraggeber von Administrativuntersuchungen beraten können. Weder das BJ noch die BK wurden von den befragten Stellen gegenüber der PVK als Ressource zur Unterstützung bei der Durchführung von AU und DU genannt. Das BJ und die BK bestätigten, dass sie von Verwaltungseinheiten keine Anfragen zu konkreten AU oder DU erhalten.

Nur vereinzelt wurde in Gesprächen eine Fachstelle mit einem Netzwerk von externen Experten
oder Musterverfahrensabläufe sowie Checklisten für AU oder DU gewünscht. Die PVK konnte bloss in einer Verwaltungseinheit klar definierte Verfahrensabläufe feststellen. Eine Standardisierung der Verfahren ist daher in den meisten Verwaltungseinheiten nicht gegeben.

Das EPA behandelt AU und DU im Rahmen ihres fakultativen Weiterbildungsangebots «Personalrecht für Führungskräfte» und «Personalrecht für HR-Fachleute». Die der PVK vorgelegten Präsentationen der Kurse sind jedoch diesbezüglich sehr kurz gefasst und weisen erhebliche Lücken auf. So wird in den Folien für die Kurse in deutscher Sprache nur die DU thematisiert, während in jenen in französischer Sprache die Parteirechte nicht erwähnt werden. Kein Thema ist auch die Kommunikation im Rahmen von Untersuchungen ­ ein Aspekt der oftmals eine Herausfor52 53

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 101 Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, Stellungnahme des Bundesrates vom 26. September 2018 zum Bericht der GPK vom 26. Juni 2018 (BBl 2018 6277).

1711

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derung darstellt. Gleichzeitig wurde von keiner der befragten Personen das Weiterbildungsangebot des EPA als wichtige Unterstützung bei Fragen zum Thema der AU und DU angegeben. Dies betont die Feststellung der befragten Personalverbände, dass es an Sensibilität für die Thematik fehle. Insbesondere die Anordnung einer AU und DU gegenüber der formlosen Untersuchung stellen Führungsverantwortliche oftmals vor schwierige Entscheide, wozu meist die Erfahrung fehlt.

5

Angemessenheit des Abschlusses von Administrativund Disziplinaruntersuchungen

Zusammenfassung: Die Berichte der AU und DU waren meist klar formuliert und enthielten Empfehlungen, auf welche sich die Massnahmen bei den AU immer und die Verfügungen bei den DU in drei Viertel der Fälle abstützten. Bei den DU wurden jedoch Berichte in zwei Verwaltungseinheiten intern verwendet, ohne diese den betroffenen Personen vorzulegen. Gerade, wenn die betroffenen Bundesangestellten über das Vorliegen eines Berichts nicht informiert werden oder die Akteneinsicht verwehrt wird und ihnen dadurch grundlegende Informationen zu einem Verfahren fehlen, können sich diese nur bedingt wehren. Die Untersuchungsdauer der AU und DU war meist angemessen. Bei DU führten Verjährungen teilweise zu einem Abschluss ohne disziplinarische Massnahmen, teils wurden trotzdem Disziplinarmassnahmen ergriffen, was rechtlich problematisch ist.

Gegenstand des folgenden Kapitels ist die Information der betroffenen Personen sowie die Möglichkeit der Akteneinsicht bei Abschluss der AU und DU, die Qualität und Folgen der Berichte und Verfügungen sowie die Angemessenheit der Kosten und Dauer der Untersuchungen.

5.1

Angemessene Information der Betroffenen nach Abschluss, bei DU vereinzelt jedoch Defizite bei der Akteneisicht

Da die Stellung der einbezogenen Personen in der AU und der DU variiert (vgl.

Kap. 3.2), bestehen auch hinsichtlich der Information der Personen über den Abschluss und die Rechtsmittel unterschiedliche rechtliche Vorgaben. Diese werden in der Folge für jede Verfahrensart einzeln diskutiert und bewertet.

5.1.1

Information der Betroffenen und Akteneinsicht nach Abschluss einer AU

Die AU wird mit einem Bericht abgeschlossen, in dem wesentliche Erkenntnisse aufgeführt und Empfehlungen für das weitere Vorgehen vorgeschlagen werden (Art. 27j Abs. 1 und 2 RVOV). Die einbezogenen Behörden und Personen werden durch die anordnende Stelle über das Ergebnis unterrichtet (Art. 27j Abs. 3 RVOV).

Letztere entscheidet auch über die Folgen der AU (Art. 27j Abs. 4 RVOV). Dem 1712

BBl 2020

Abschluss einer AU kommt für die Betroffenen jedoch keine direkte rechtliche Wirkung zu. So fehlt den betroffenen Personen die Parteistellung und damit eine Beschwerdelegitimation. Die Ergebnisse einer AU können allerdings zum Anlass für die Einleitung anderer, insbesondere personalrechtlicher Verfahren genommen werden (Art. 27j Abs. 5 RVOV). Überdies kann durch die Verbreitung der Ergebnisse des Berichts die Persönlichkeit der Betroffenen beeinträchtigt werden. Für die Gutachter ergibt sich daraus eine Problematik und eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Anfechtungsmöglichkeiten. Nach ihrer Auffassung sollte die Rüge der Befangenheit auch im Rahmen einer Administrativuntersuchung möglich sein, da auch der der Rechtsschutz gegen Realakte geregelt ist, worunter Untersuchungshandlungen der Behörden fallen können.54 Bei den von der PVK untersuchten AU wurden die einbezogenen Personen meist über den Abschluss und die Ergebnisse der Untersuchung informiert, jedoch nicht in gleicher Art und in gleichem Umfang. Teilweise erfolgte die Information mündlich, bei geringer Betroffenheit nur schriftlich. Mehreren betroffenen Personen wurden Teile aus dem Bericht zur Stellungnahme vorgelegt. Das Akteneinsichtsrecht nach der AU ist abhängig vom schutzwürdigen Interesse, das die betroffene Person glaubhaft machen muss, da sie nicht Partei ist. Demgegenüber steht das öffentliche Interesse des Staates oder die berechtigten Interessen Dritter, nicht alles offenzulegen. Die Akteneinsicht wurde in zwei Drittel der untersuchten Fälle gewährt.

Diese umfasste in der Regel nur die relevanten Auszüge aus den Protokollen, damit die Betroffenen dazu Stellung nehmen können. Der komplette Schlussbericht wurde diesen aber nicht vorgelegt. Der PVK sind weitere Fälle aus der Bundesverwaltung bekannt, in welchen offensichtlich betroffene Personen nicht die Möglichkeit erhielten, den Bericht einzusehen und dadurch die Forderung einer Anonymisierung zu stellen.55 Gemäss Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ)56 steht nach der administrativen Entscheidung auch von der Untersuchung nicht betroffenen Personen Einsicht zu (Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 BGÖ), da der Schlussbericht einer AU im Sinne von Art. 5 BGÖ ein amtliches Dokument darstellt und das Gesetz Transparenz über die Verwaltungstätigkeit (Art. 1 BGÖ) fordert. Eine
Abwägung im Einzelfall ist jedoch notwendig (Art. 7 und Art. 9 BGÖ). Die Grenze stellt das überwiegende öffentliche Interesse des Staates oder die berechtigten Interessen Dritter dar.57 Selbst wenn in der Praxis kaum Defizite bei der Information der Betroffenen festgestellt wurden, bleiben die Problematik der Verfahrensrechte und die Frage, wer informiert werden muss, bestehen (vgl. Kap. 3.2). Mit der Evaluation der PVK konnte nur äusserst bedingt geprüft werden, ob alle Personen rechtliches Gehör erhielten, da bei den AU einerseits nicht alle betroffenen Personen befragt werden konnten und andererseits der Kreis an betroffenen Personen nicht immer klar abge54 55

56 57

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 52­55 Da es bei der AU keine Parteien gibt, besteht auch die Problematik, dass eine Anfechtungsmöglichkeit der Veröffentlichung nicht vorgesehen ist. Nach Auffassung der Gutachter sollten die Betroffenen zumindest die Anonymisierung des Berichtes fordern können (Uhlmann/Bukovac 2019, RZ 56).

Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ, SR 152.3).

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 47, RZ 56

1713

BBl 2020

grenzt werden kann. Die Einschätzung von Medienschaffenden zu dieser Thematik hat die PVK nicht eingeholt.

5.1.2

Information der Betroffenen und Akteneinsicht nach Abschluss einer DU

Mündet ein Verwaltungsverfahren wie eine DU im Erlass einer Verfügung, so ist die betroffene Person zuvor anzuhören (Art. 30 Abs. 1 VwVG). Die betroffenen Personen wurden in den meisten untersuchten DU über die Ergebnisse informiert und konnten am Ende der Untersuchung nochmals dazu Stellung nehmen, jedoch in unterschiedlichem Umfang. In der Regel wurde ihnen die Einsicht in den Entwurf der Verfügung ermöglicht.

Obwohl rechtlich geregelt (Art. 26 ff. VwVG), stellt das Rechtsgutachten fest, dass der Umfang der Akteneinsicht zu heiklen Fragen führen kann. Schwierigkeiten bestehen beispielweise dann, wenn eine angestellte Person Einsicht in einen umfassenden Bericht verlangt, obwohl sie darin nur eine vergleichsweise unbedeutende Rolle spielt. Grundsätzlich erstreckt sich das Einsichtsrecht auf alle Sachverhaltselemente, die für die betroffene Person von Bedeutung sein könnten. Hierzu zählen insbesondere belastende Vorwürfe, aber auch entlastende Feststellungen (z. B.

schlechte Organisation der Verwaltungseinheit zur Milderung seines eigenen Fehlers). Einer umfassenden Einsicht können aber berechtigte Interessen der Behörde oder Dritter entgegenstehen (Art. 27 VwVG). Zu denken ist etwa an den internen Entscheidungsprozess der Behörde (z. B. Differenzen innerhalb verschiedener Stellen bzgl. Relevanz der Verfehlung und Anordnung der Massnahmen) oder an den Persönlichkeitsschutz Dritter. Hier ist eine Abwägung der Behörde im Einzelfall unausweichlich.58 Wie bei der AU kann sich die Gewährung der Akteneinsicht auch bei der DU für die auslösende Stelle als herausfordernd erweisen (vgl. Kap. 5.1.1). Insbesondere müssen Auskunftspersonen oder Zeugen vor der Befragung über die mögliche spätere Offenlegung ihrer Aussagen informiert werden, damit sie von eventuell folgenschweren Äusserungen absehen können. Der Schlussbericht haben die Betroffenen in den untersuchten Fällen mehrheitlich vorgelegt erhalten. Akteneinsicht wurde allerdings nur in der Hälfte der Fälle verlangt. Auch wurde sie im Rahmen eines Falles betreffend sexuelle Belästigungen gewährt, wobei die Untersuchungsleitung den Befragten im Vorfeld klarmachte, dass ihre Aussagen der Akteneinsicht unterstehen werden und es ein Recht der angeschuldigten Partei ist, diese einzusehen.

In zwei Verwaltungseinheiten stellte die PVK eine problematische
Praxis fest: Die Berichte wurden den Betroffenen nicht zur Verfügung gestellt, sondern dienten nur intern als Grundlage für die Verfügung seitens der anordnenden Stelle. Da die Betroffenen nichts über das Vorliegen eines Berichtes wussten, wurde dieser auch nicht zur Einsicht eingefordert. Eine der beiden Verwaltungseinheiten hat gegenüber der PVK klar zum Ausdruck gebracht, dass die Berichte auch auf Anfrage nicht offengelegt werden. Das Zurückhalten dieser Informationen kann dann beson58

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 50

1714

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ders problematisch sein, wenn die Disziplinarmassnahmen von den Empfehlungen des Berichtes abweichen, wie die PVK in einem Fall festgestellt hat. In einem weiteren Fall wurde die Akteneinsicht mit dem Hinweis auf den heiklen Untersuchungsgegenstand (Mobbing) nicht gewährt. Dort fand nur eine mündliche Erläuterung der Vorwürfe statt.

5.2

Angemessene Empfehlungen in AU, bei DU aber vereinzelt bei Verjährung nicht rechtmässige disziplinarische Massnahmen

Da bei der AU die anordnende Stelle für allfällige Massnahmen zuständig ist, muss ihr vom Untersuchungsorgan ein fundierter Untersuchungsbericht vorgelegt werden.

Auch wenn ein Bericht einzig bei der AU explizit vorgesehen ist, wird meist auch nach einer DU einer erstellt, da eine Grundlage zur Anordnung von Disziplinarmassnahmen erforderlich ist. Folgerungen oder Massnahmen können bei beiden Untersuchungen nur von der anordnenden Stelle getroffen werden. Ein Untersuchungsorgan darf nicht ­ wie im Falle der AU zur Hochseeschifffahrt durch die EFK fälschlicherweise geschehen ­ selber Massnahmen nach einer Untersuchung treffen (z. B. Einleitung von Strafverfahren).59 Die Berichterstattung und die Konsequenzen werden in der Folge für beide Untersuchungsformen dargelegt.

5.2.1

Berichte und Massnahmen bei AU

Bei den AU wurde der anordnenden Stelle in vier von sechs Fällen ein Bericht vorgelegt. In einem Fall lag lediglich ein Zwischenbericht vor, da es sich um ein Verfahren handelte, das aufgrund einer Strafuntersuchung im Ausland sistiert wurde.60 Ein weiterer Fall war zum Zeitpunkt der Evaluation der PVK noch nicht abgeschlossen, weshalb noch kein Bericht vorlag.

Die Befunde in den Berichten sind meist klar. In vier Berichten hat das Untersuchungsorgan Empfehlungen formuliert und in einem Fall wurde zusätzlich die Durchführung einer DU empfohlen. In einem weiteren Fall erwiesen sich alle ursprünglichen Vorwürfe und vermuteten Probleme als haltlos, weshalb vom Untersuchungsorgan auch keine Empfehlungen formuliert wurden. Die PVK erachtet deshalb den Abschluss in allen Fällen als angemessen.

59 60

GPK 2018, 6268 Da das Strafverfahren eingestellt wurde, gilt für die Verwaltungseinheit der Fall als abgeschlossen. Ein Schlussbericht wurde nicht erstellt.

1715

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5.2.2

Berichte und Massnahmen bei DU

Bei den DU wurden die Ergebnisse in allen Fällen der anordnenden Stelle vorgelegt.

In neun von zwölf Fällen haben diese Stellen eine Verfügung erlassen, welche die nötigen rechtlichen Anforderungen (u. a. die Rechtsmittelbelehrung) beinhaltet. In drei Fällen wurde eine Vereinbarung getroffen. Die PVK konnte feststellen, dass eine Vereinbarung seitens der Führung oftmals nicht in Betracht gezogen wird, auch wenn diese dieselben Massnahmen beinhalten kann, wie z. B. eine Verwarnung.

Eine vertragliche Vereinbarung erreicht jedoch aufgrund des gegenseitigen Einverständnisses mehr Akzeptanz als eine einseitig verordnete Massnahme und das Verfahren kann schneller abgeschlossen werden.61 Eine der untersuchten DU mündete in eine Mediation.

Bis auf einen Fall sind die Befunde und Empfehlungen bei den DU klar formuliert.

Verschiedentlich fanden sich in Berichten Empfehlungen, die nicht personalrechtlicher Natur sind. In zwei Fällen ging es um die Verbesserung des Controllings und in einem weiteren Fall wurde eine interne Schulung zum Zweck der Prävention sexueller Belästigungen vorgeschlagen.

Mit dem Abschluss einer beschwerdefähigen Verfügung oder mit einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen den Arbeitnehmenden und der Arbeitgebenden kann unter anderem die Einstellung des Disziplinarverfahrens, die Anordnung einer Disziplinarmassnahme oder der Verzicht auf eine solche geregelt werden (vgl. Kap.

2.3). Bei den von der PVK untersuchten DU wurde in fünf Fällen eine Verwarnung ausgesprochen (siehe Abb. 3). Mit einer Verwarnung geben Arbeitgebende den Arbeitnehmenden zu verstehen, dass sie das gerügte Verhalten nicht weiterhin hinzunehmen gewillt sind und dass bei Wiederholung oder Weiterführung des gerügten Verhaltens härtere Massnahmen zu treffen gedenken. Die Verwarnung kann aber gleichzeitig auch eine Mahnung darstellen. Eine Mahnung wird im Hinblick auf eine mögliche Kündigung ausgesprochen und beinhaltet explizit ein Verhalten, welches inskünftig erwartet wird.62 Sie kann auch ohne DU ausgesprochen werden. In drei der fünf Fälle, in welchen eine Verwarnung ausgesprochen wurde, war eine Mahnung Teil der Verfügung. Die disziplinarische Massnahme einer Lohnkürzung und einer Busse wurde in zwei Fällen verfügt. Die DU hatten nicht nur Disziplinarmassnahmen, sondern auch zwei Kündigungen, eine Strafanzeige oder eine therapeutische Massnahme zur Folge.

61 62

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 17 Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 83

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Abbildung 3 Massnahmen nach analysierten Disziplinaruntersuchungen 4

Anzahl DU

3

2

1

0

Legende: Da mehrere Massnahmen pro Fall möglich sind, übersteigt deren Summe die Zahl der Fälle.

Die ersten vier Säulen entsprechen den Disziplinarmassnahmen nach BPG, die weiteren Säulen betreffen personalrechtliche Massnahmen, die auch ohne DU möglich sind.

In zwei Fällen, in welchen keine Massnahme ergriffen wurden, waren die Sachverhalte verjährt.

Quelle: Unterlagen der Departemente

In einem Drittel der Fälle wurde das Verfahren nicht zeitgerecht abgeschlossen (ein Jahr nach Entdecken der Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten). In zwei dieser verjährten Fälle wurde jedoch trotzdem eine Massnahme verfügt, was aus Sicht der PVK nicht rechtmässig ist.

Die PVK stellte fest, dass in einem Viertel der Fälle die verfügten Massnahmen der anordnenden Behörde von den in den Berichten empfohlenen Massnahmen abweichen. Dies kann dann problematisch sein, wenn eine verfügte Massnahme eine stärkere Sanktionierung darstellt als die im Bericht empfohlene, was hier jedoch nicht der Fall war, und wenn der Bericht der Person nicht zur Akteneinsicht vorgelegt wird. So fehlt der Person eine Information, die ihr allenfalls im Rahmen einer Beschwerde helfen könnte.

Von der Möglichkeit einer Beschwerde wurde in den untersuchten Fällen nur einmal Gebrauch gemacht. In den untersuchten DU wurde auch dann keine Beschwerde eingelegt, wenn Fälle verjährt waren und trotzdem eine Massnahme verfügt wurde oder die Disziplinarmassnahme klar nicht zum Verschulden passte. Ausschlaggebend dafür war die Angst der betroffenen Person, dass sich die Zusammenarbeit in der Verwaltungseinheit dadurch erschweren könnte.

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5.3

Meist angemessene Untersuchungsdauer, jedoch bei DU Probleme mit der Verjährungsfrist

Wie in Kapitel 3.3.3 aufgezeigt, werden die Kosten und die Untersuchungsdauer meist nur für die extern durchgeführten Untersuchungen abgeschätzt.

Die PVK konnte bei den untersuchten Fällen generell feststellen, dass die Beteiligten in der Regel ein Interesse daran haben, einen Sachverhalt möglichst rasch zu klären. Dementsprechend trieben die Untersuchungsorgane die AU und DU möglichst schnell voran. Die PVK stuft die Untersuchungsdauer allgemein als angemessen ein. Wie gross der Arbeitsaufwand und in der Folge die Kosten ausgefallen sind, liess sich bei den internen Untersuchungen nicht feststellen. Was die Kosten der externen Untersuchungsorgane anbelangt, wurden bis auf eine Untersuchung alle im Rahmen des Kostendaches abgeschlossen. In diesem einen Fall lagen die Vergütungen letztlich um rund 30 % über dem offerierten Betrag. Problematisch ist zudem, dass in diesem Fall der Auftrag nur sehr punktuell einem E-Mail-Text zu entnehmen war. Bei mindestens einer Untersuchung wurde das ­ nach Einschätzung der PVK extrem tiefe ­ Kostendach zwar eingehalten, der Aufwand fiel aber um ein Mehrfaches höher aus als geplant (dieser wurde aber nicht vergütet).

Die disziplinarische Verantwortlichkeit von Bundesangestellten verjährt gemäss Artikel 100 BPV ein Jahr nach Entdeckung der Verletzung der arbeitsrechtlichen Pflichten (siehe Kap. 2.3). Dies führte in einzelnen DU aus unterschiedlichen Gründen zu einem Abbruch der Untersuchung. Die meisten DU wurden jedoch in einer Zeitspanne von einem bis fünf Monaten abgeschlossen. Als herausfordernd erwiesen sich Fälle, welchen eine AU voranging, sowie DU mit unklaren Abgrenzungen gegenüber Strafverfahren. Diese Aspekte können einen zeitgerechten Abschluss der Untersuchung erschweren, da beispielsweise Fristen auch unter Zeitdruck so angesetzt werden müssen, dass die Betroffenen genügend Zeit zur Inanspruchnahme des rechtlichen Gehörs erhalten.63 Dahingehend wurde vereinzelt von Untersuchungsorganen gegenüber der PVK der Wunsch nach einer längeren Verjährungsfrist geäussert. In zwei DU, in denen trotz Verjährung eine Massnahme verfügt wurde (vgl. Kap. 5.2.2), argumentierte die anordnende Stelle mit Hinweis auf die lange Verfahrensdauer u. a. mit der Belastung des untersuchungsleitenden Rechtsdienstes, der die DU nicht immer prioritär behandeln konnte. Da die
Möglichkeit einer externen Untersuchungsleitung besteht, ist dieses Argument für die PVK nur bedingt nachvollziehbar. Eine Verlängerung der Verjährungsfrist würde zudem nach Auffassung der PVK den disziplinarischen Charakter der Massnahmen schwächen, da diese möglichst zeitnah getroffen werden sollen, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen.

63

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Schlussfolgerungen

Die PVK kommt insgesamt zum Ergebnis, dass AU und DU in der Bundesverwaltung mehrheitlich angemessen angeordnet, durchgeführt und abgeschlossen werden. Die Untersuchungen werden meist sehr sorgfältig geführt. Einzelne mögliche Schwierigkeiten, die im Rahmen des Rechtsgutachtens für AU und DU antizipiert wurden, bereiten in der Praxis kaum Probleme. Auch kommen die in früheren Untersuchungen der GPK festgestellten schwerwiegenden Mängel bei AU und bei DU ­ wie beispielsweise eine mangelnde Unabhängigkeit der Untersuchungsorgane ­ nicht gehäuft vor. Trotzdem bestehen hinsichtlich der Wahl des Verfahrens, der Delegation der Anordnung, dem Verfahrensrecht und dem vorhandenen Wissen zu AU und DU gewisse Schwächen.

6.1

Schwierigkeiten bei der Wahl der Verfahren

Grundsätzlich dient die AU der Klärung eines Sachverhalts und die DU der Klärung, ob eine bestimmte Person eine Dienstpflichtverletzung begangen hat. Die gesetzlichen Bestimmungen legen die Voraussetzungen für die Wahl der einen oder anderen Verfahrensart nur bedingt fest. Das gilt insbesondere für die AU, bei der nicht geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen eine Behörde eine AU durchführen kann und ob sie bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine AU anordnen muss. Auch wenn die gesetzliche Regelung hinsichtlich der Voraussetzungen für eine DU etwas klarer sind, dürften die Vorgaben zu einer gewissen Zufälligkeit führen, wann sich eine Behörde einer AU oder einer DU bedient.64 So zeigt sich denn auch in der Praxis, dass in einigen untersuchten Konstellationen, in welchen eine AU durchgeführt wurde, eine DU angemessener gewesen wäre.

Dies betrifft insbesondere jene Fälle, bei welchen bereits zum Zeitpunkt der Auslösung das Verhalten konkreter Personen im Zentrum stand. Vereinzelt wurden aber auch DU unangemessen angeordnet, insbesondere, wenn noch nicht klar war, was welche Personen zum Problem beigetragen haben oder ein Sachverhalt bei der Eröffnung bereits verjährt war. Eine DU anzuordnen, wenn der fragliche Sachverhalt bereits verjährt ist, macht keinen Sinn, da keine Disziplinarmassnahmen mehr verfügt werden können.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, weshalb überhaupt eine AU oder eine DU ausgelöst wird, zumal durch die formlose Untersuchung bereits die Möglichkeit besteht, Vorgänge zu untersuchen und personalrechtliche Massnahmen bis hin zur Kündigung zu treffen.65 Wie sich in der Evaluation gezeigt hat, unterstreicht man mit der Anordnung einer AU oder einer DU letztlich die Relevanz einer Problematik und setzt ein gewisses Signal gegenüber der betroffenen Person oder Verwaltungseinheit sowie allenfalls nach aussen. Angesichts der Abgrenzungsprobleme bei der Anordnung, welche die Evaluation bei der Anordnung von AU und DU festgestellt hat, stellt sich jedoch die Frage, ob zwei formelle Verfahren zweckmässig sind. Einige

64 65

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 102 Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 61

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Kantone haben denn auch die DU abgeschafft, wobei in der Evaluation nicht genauer untersucht wurde, welche Vor- und Nachteile dies hat.

6.2

Teilweise unangemessene Delegation der Anordnung von AU

Gemäss Gesetz werden AU durch das Departement angeordnet. Bei zwei der von der PVK untersuchten AU hat das Departement die Anordnung der AU, abgestützt auf einer Delegationsnorm, an die Verwaltungseinheit abgetreten. Bei diesen Anordnungen von AU basierend auf einer Delegationsnorm geschah dies zwar rechtmässig, der Sachverhalt war jedoch so ausgestaltet, dass die Anordnung der Untersuchung auf Ebene des Departementes angemessener gewesen wäre. In einem Fall fand eine unrechtmässige Anordnung statt, indem eine Verwaltungseinheit eine AU auslöste, im Departement jedoch keine entsprechende Delegationsnorm existierte.

In einem weiteren Fall wurde eine AU vom Generalsekretär bzw. von der Generalsekretärin angeordnet, zwar in Absprache mit dem Departementsvorsteher bzw. der Departementsvorsteherin, jedoch ebenfalls ohne Delegationsnorm. Allgemein besteht die Gefahr, dass bei der Delegation der Kompetenzen Fehler in Verwaltungseinheiten durch eine gezielte Ausgestaltung des Untersuchungsauftrages einer AU versteckt werden können.

Verschiedentlich hat die PVK festgestellt, dass die Verwaltungseinheiten gegenüber dem Departement bezüglich AU und DU sehr zurückhaltend kommunizieren. Eine Mitteilungspflicht seitens der Verwaltungseinheiten gegenüber dem Departement besteht in den rechtlichen Grundlagen jedoch nicht. Das Problem hat sich auch in der schriftlichen Befragung der PVK gezeigt: So reichte ein Departement nur lückenhafte Informationen zu den durchgeführten Untersuchungen ein, da es nicht über eine entsprechende Übersicht verfügte.

6.3

Rechtsschutz gewährt, jedoch oft späte Information der Betroffenen über ihre Rechte

In Verfahrensfragen bestehen vor allem bei der AU rechtliche Unsicherheiten, weil es bei diesem Verfahren grundsätzlich keine Parteien und daher auch keine Parteirechte gibt. Rechtsschutz ist daher bei AU in den rechtlichen Vorgaben nur sehr beschränkt vorgesehen, was im Rechtsgutachten als Schwierigkeit hervorgehoben wird.66 Immerhin ist die Gewährung des rechtlichen Gehörs für die Betroffenen explizit vorgesehen. Die Fallstudien haben gezeigt, dass die Gewährung des Rechtsschutzes bei AU, v. a. des rechtlichen Gehörs, in der Praxis mehrheitlich dem VwVG entspricht. Diese Feststellung ist jedoch mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, weil die PVK in der Evaluation nur mit Personen gesprochen hat, die bereits im Rahmen der AU angehört worden waren. Weder diese Gespräche, noch die Berichte wiesen jedoch darauf hin, dass andere wesentlich betroffene Personen in den Verfahren nicht angehört worden wären.

66

Uhlmann/Bukovac (2019), RZ 103

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Kritischer bewertet die PVK dagegen die Information der Betroffenen über ihre Rechte. So wurden die Betroffenen bei der Anordnung sowohl der AU als auch der DU meist nur sehr beschränkt auf ihre Rechte hingewiesen. Erst bei einer Anhörung erfolgte in der Regel eine ausführliche Information über die Verfahrensrechte. Dies erschwert beispielweise den rechtzeitigen Beizug einer Rechtsvertretung, was speziell bei der DU als kritisch zu bewerten ist, die unmittelbare Folgen für die betroffenen Personen haben kann, wie beispielsweise eine Verwarnung oder eine Lohnkürzung. Aber auch bei AU stellt die späte Aufklärung der Betroffenen über ihre Rechte ein Problem dar, da zuweilen die Informationen aus AU auch für nachfolgende DU genutzt werden, was in den rechtlichen Grundlagen ausdrücklich so vorgesehen ist.

6.4

Angemessene Untersuchungsdauer, vereinzelt aber Disziplinarmassnahmen trotz Verjährung

Die PVK stuft die Untersuchungsdauer im Allgemeinen als angemessen ein. Sie stellte in der Analyse der Anwendungspraxis fest, dass die Beteiligten mehrheitlich ein Interesse daran hatten, einen Sachverhalt möglichst rasch zu klären. Dementsprechend wurden die Untersuchungen meist unverzüglich an die Hand genommen.

Trotzdem stellt bei DU die Tatsache, dass die disziplinarische Verantwortlichkeit von Bundesangestellten ein Jahr nach Entdeckung des Sachverhalts verjährt, verschiedentlich eine Herausforderung dar. Zwar wurde die Mehrheit der von der PVK untersuchten DU in einer Zeitspanne von einem bis fünf Monaten abgeschlossen, doch dauerten gewisse Verfahren länger als ein Jahr. Dies betraf insbesondere DU, welchen eine AU voranging, oder DU mit einer unklaren Abgrenzung gegenüber Strafverfahren. Daneben begründeten die anordnenden Stellen eine längere Verfahrensdauer damit, dass die mit der DU betrauten internen Stellen die Untersuchungen neben der täglichen Arbeit durchführen mussten und diese darum nicht immer prioritär behandeln konnten. Da jedoch auch bei DU die Möglichkeit besteht, ein externes Untersuchungsorgan einzusetzen, stellt die interne Belastung keine überzeugende Erklärung für eine lange Untersuchungsdauer dar.

Zusätzlich hat die PVK festgestellt, dass sich DU merklich in die Länge ziehen können, wenn die Betroffenen eine Anwältin oder einen Anwalt beiziehen. Untersuchungsorgane haben deshalb gelegentlich eine längere Verjährungsfrist gewünscht.

Eine längere Verjährungsfrist würde nach Auffassung der PVK aber den disziplinarischen Charakter der aus einer DU gezogenen Massnahmen schwächen, da diese möglichst zeitnah getroffen werden sollten, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen.

Kritisch erachtet die PVK in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen einiger DU trotz Verjährung disziplinarische Massnahmen verfügt wurden. Dies ist aus Sicht der PVK nicht rechtmässig, und die betroffene Person wird auf diese Weise auch einer langen Unsicherheit ausgesetzt. Zwar hätten die Betroffenen die Möglichkeit, disziplinarische Massnahmen anzufechten, doch kommt dies kaum je vor. Dies dürfte einerseits daran liegen, dass die Betroffenen in einem Abhängigkeitsverhält-

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nis zu ihrem Arbeitgeber stehen und andererseits sind die verfügten Massnahmen, meist Verwarnungen, oft nicht allzu einschneidend.

6.5

Wissenslücken bezüglich AU und DU

Insgesamt bestehen zu AU, DU und formlosen Untersuchungen nur wenige Materialien, Lehrmeinungen und Gerichtsentscheide, die in der Praxis als Unterstützung beigezogen werden könnten. Die anordnenden Stellen betrachten die rechtlichen Vorgaben in der Praxis jedoch als klar und zweckmässig. Allerdings sind verschiedene Defizite, welche die Evaluation festgestellt hat (z. B. Wahl des Verfahrens, Information der Betroffenen), auf Fehler der anordnenden und teilweise der untersuchungsleitenden Stellen zurückzuführen. Personalverbände stellten verschiedentlich fest, dass es diesen Stellen teilweise an der nötigen Sensibilität für die Durchführung solcher Untersuchungen fehle.

Viele Stellen sind nur selten mit AU und DU konfrontiert und verfügen deshalb über wenig Erfahrung mit solchen Untersuchungen. Schriftlich festgehaltene Prozesse hat die PVK nur in einer Verwaltungseinheit vorgefunden. Auch waren nirgends Checklisten für AU oder DU vorhanden. Die Verwaltungseinheiten sprechen sich zudem selten mit den Generalsekretariaten der Departemente ab. Auch kontaktieren sie kaum jemals eines der Querschnittsämter wie das für Personalfragen zuständige EPA oder das BJ und die BK, die nach Aussage des Bundesrates im Rahmen der Inspektion der GPK zu den Hochseeschifffahrt-Bürgschaften zur Klärung anfallender Fragen die Auftraggeber beraten können. Deshalb verfügen auch diese Stellen nur über beschränktes Wissen zur Thematik der AU und DU und können kaum zu einer rechtsgleichen Behandlung der Fälle beitragen. Als Begründung, warum sie kaum Unterstützung suchen, gaben die anordnenden und untersuchungsleitenden Stellen gegenüber der PVK an, dass sie viele Untersuchungen als sehr heikel einschätzen. Deshalb bevorzugen sie meist ein diskretes Vorgehen und informieren möglichst wenige Personen über die Untersuchungen. In den wenigen Situationen, in welchen die zuständigen Stellen etwa zum EPA Kontakte aufgenommen haben, bewerteten sie den Austausch positiv.

In Weiterbildungen für Kader der Bundesverwaltung werden die Verfahren der AU und DU zwar angesprochen, aber nach Einschätzung der PVK wird zu wenig auf die Herausforderungen eingegangen, die sich den Führungsverantwortlichen bei der Durchführung solcher Untersuchungen stellen. So wird in den Folien für die Kurse in deutscher Sprache beispielsweise nur die DU
thematisiert, während in jenen in französischer Sprache die Parteirechte nicht erwähnt werden. Kein Thema ist auch die Kommunikation im Rahmen von Untersuchungen ­ ein Aspekt der oftmals eine Herausforderung darstellt.

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Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abs.

Art.

AU BBl BGer BGÖ BJ BK BPG BPV Bst.

BV DU Ebd.

EDA EDI EFD EFK EJPD EPA GPK GPK-N MStG PVK RVOG RVOV RZ UVEK VBS vgl.

VwVG WBF

Abbildung Absatz Artikel Administrativuntersuchung Bundesblatt Bundesgericht Bundesgesetz vom 17. Dez. 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, SR 152.3) Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1) Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (SR 172.220.111.3) Buchstabe Bundesverfassung (SR 101) Disziplinaruntersuchung Ebenda Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössisches Personalamt Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (SR 321.0) Parlamentarische Verwaltungskontrolle Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. Nov. 1998 (SR 172.010.1) Randziffer Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport vergleiche Bundesgesetz vom 20. Dez. 1968 über das Verwaltungsverfahren (SR 172.021).

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

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Literatur und Dokumentenverzeichnis Bundesrat (2018): Stellungnahme zum Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte zu den Hochseeschifffahrts-Bürgschaften vom 26. Sept.

2018 (BBl 2018 6277).

Bundesamtes für Justiz (2002): Gutachten vom 19. Dez. 2002 zuhanden der Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen.

Hülsmann, Andrea (2013): Disziplinarische Verantwortlichkeit im öffentlichen Dienst. Analyse der gesetzlichen Regelung im Bund und im Kanton Zürich. Hochschulschrift, Universität Bern.

GPK (2017): Bericht der GPK vom 26. Jan. 2017 über die Sistierung des Projekts «Bodengestützte Luft-Verteidigung (BODLUV) 2020» (BBl 2017 3513).

GPK (2018): Bericht der GPK vom 26. Jun. 2018 über die HochseeschifffahrtsBürgschaften (BBl 2018 6205).

GPK-N (2018): Bericht der GPK-N vom 12. Okt. 2018 über die Ereignisse rund um den Oberfeldarzt der Armee (BBl 2018 1279).

Keller, Martin/Trösch, Andreas (2014): Checkliste für auftraggebende Behörde.

In: Ehrenzeller, Bernhard/Bacher, René (Hrsg.): Administrativuntersuchung in der öffentlichen Verwaltung und in privaten Grossunternehmen, Zürich, 147­150.

Rüdy, Bernhard (2013): Administrativuntersuchungen und ihre dienstrechtlichen Konsequenzen. In: Schweizerische Vereinigung für Verwaltungsorganisationsrecht (SVVOR), Verwaltungsorganisationsrecht ­ Staatshaftungsrecht ­ öffentliches Dienstrecht, Jahrbuch 2012.

Schweizer, Rainer J./Kettiger, Daniel (2016): Administrativuntersuchung. In: Bergmann, Andreas et al. (Hrsg.): Praxishandbuch Public Management, Zürich, 674­695.

Schmid, Niklaus (2004): Strafverfahren und sein Verhältnis zu Administrativuntersuchung und Disziplinarverfahren. In: Ehrenzeller, Bernhard/Bacher, René (Hrsg.): Administrativuntersuchung in der öffentlichen Verwaltung und in privaten Grossunternehmen, Zürich, 43­70.

Uhlmann, Felix/Bukovac, Jasmina (2019): Gutachten zuhanden der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle betreffend Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen in der Bundesverwaltung.

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Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner67 Badrutt, Gian Andrea Bruhin, Lukas Brunner, Stephan Dumas, Frédéric Imobersteg, Rahel Knecht, Reto Meyer, Markus Pitteloud, Jacques Raschlé, Corinne Rebsamen, Heidi Rindlisbacher, Brigitte Stauffer, Jürg Tanner, Samuel

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Stv. Direktor, Direktion für Ressourcen, EDA Generalsekretär, EDI Leiter Rechtsdienst, BK Chef Rechtsdienst, EJPD Stv. Generalsekretärin, Personalverband des Bundes (PVB) Leiter Personalrecht, VBS Zentralpräsident, Swisspersona Direktor, Direktion für Ressourcen, EDA Leiterin Rechtsdienst, EPA Zentralsekretärin, Gewerkschaft des Zoll- und Grenzwachtpersonals (Garanto) Beraterin, Vertrauensstelle für das Bundespersonal Personalchef, VBS Berater, Vertrauensstelle für das Bundespersonal

Um Rückschlüsse auf die in der Untersuchung analysierten Fälle zu verhindern, werden hier nur jene Interviewpartnerinnen- und Interviewpartner aufgeführt, die der PVK über die allgemeine Praxis Auskunft gegeben haben.

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Anhang Vorgehensweise der Evaluation Ziele der Politik:

Der Bundesrat übt die ständige und systematische Aufsicht über die Bundesverwaltung aus.

Er hat für die Sicherstellung der Aufgabenerfüllung durch die Verwaltung zu sorgen.


Dies wird erreicht durch:

Werden in einer Verwaltungseinheit Missstände vermutet, kann die zuständige Stelle im Rahmen der Dienstaufsicht zur Klärung eine Administrativuntersuchung (AU) oder Disziplinaruntersuchung (DU) anordnen. Die AU hat die Klärung von Sachverhalten zum Ziel. Bei der DU wird dagegen abgeklärt, ob eine bestimmte Person arbeitsrechtliche Pflichten verletzt hat.


Fokus der Evaluation:

Fragestellungen der Evaluation:

Durchgeführte Analysen:

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Die GPK stellten bei einzelnen AU und DU in der Vergangenheit Schwierigkeiten fest (fehlerhafte Anordnung, mangelnde Unabhängigkeit, unangebrachte Kommunikation etc.).

Mit der Evaluation soll ein Überblick zur Angemessenheit der rechtlichen Vorgaben zu AU und DU und ihrer Anwendung in der Bundesverwaltung geschaffen werden. Zudem soll die Abgrenzung zu formlosen Untersuchungen rechtlich geklärt werden.







Ist die Anordnung von AU und DU aus rechtlicher Sicht und in der Anwendungspraxis angemessen?

Ist die Durchführung von AU und DU aus rechtlicher Sicht und in der Anwendungspraxis angemessen?

Ist der Abschluss von AU und DU aus rechtlicher Sicht und in der Anwendungspraxis angemessen?







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Schriftliche Befragung 18 Fallstudien (6 AU und 12 DU) Dokumentenanalysen Interviews Rechtsgutachten (Auftrag an Universität Zürich)

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Impressum Durchführung der Untersuchung Dr. Felix Strebel, PVK (Projektleitung) Amélie Pestoni, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Andreas Tobler, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Sereina Dick, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Jeanne Prodolliet, Parlamentsdienste (wissenschaftliche Mitarbeit) Expertenbericht «Rechtsgutachten» Prof. Dr. Felix Uhlmann, Universität Zürich (Projektleitung) Jasmina Bukovac, Universität Zürich (wissenschaftliche Mitarbeit) Dank Die PVK dankt allen Departementen für die Bereitstellung von Dokumenten und ihre Abklärungen. Ein Dank gilt zudem allen Gesprächspartnerinnen und -partnern für ihre bereitwillige Teilnahme an den Interviews und für die erteilten Auskünfte.

Schliesslich danken wir Prof. Dr. Felix Uhlmann und Jasmina Bukovac für die gute Zusammenarbeit im Rahmen des externen Mandats.

Kontakt Parlamentarische Verwaltungskontrolle Parlamentsdienste CH-3003 Bern Tel. +41 58 322 97 99 E-Mail: pvk.cpa@parl.admin.ch www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > PVK Originalsprache des Berichts: Deutsch

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