Strategie «Digitale Schweiz» Vom Bundesrat verabschiedet am 11. September 2020

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Inhaltsverzeichnis 1

Zweck

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Grundsätze 2.1 Den Menschen in den Mittelpunkt stellen 2.2 Raum geben zur Entfaltung 2.3 Den Strukturwandel erleichtern 2.4 Transformationsprozesse vernetzt gestalten

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Kernziele 3.1 Chancengleiche Teilhabe aller ermöglichen und Solidarität stärken 3.2 Sicherheit, Vertrauen und Transparenz gewährleisten 3.3 Digitale Befähigung und Selbstbestimmung der Menschen weiter stärken 3.4 Wertschöpfung, Wachstum und Wohlstand sicherstellen 3.5 Ökologischen Fussabdruck und Energieverbrauch verringern

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Aktionsfelder 4.1 Bildung, Forschung und Innovation 4.1.1 Geeignete Rahmenbedingungen machen es möglich, die Chancen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu nutzen 4.1.2 Forschung und Innovation sind gestärkt 4.1.3 Die Schweiz verfügt über attraktive Rahmenbedingungen für eine breit gefächerte Start-up-Szene 4.2 Infrastruktur 4.2.1 Die Schweiz verfügt über eine flächendeckende, wettbewerbsfähige, zuverlässige, effiziente und nachhaltige Kommunikationsinfrastruktur 4.2.2 Die Mobilität in der Schweiz ist intelligent, vernetzt und in allen Bereichen effizient 4.2.3 Die Energienetze in der Schweiz sind intelligent, sicher und effizient 4.3 Sicherheit 4.3.1 Der Schutz vor Cyberrisiken ist gewährleistet 4.3.2 Die Chancen der Digitalisierung werden für die Erhöhung der Sicherheit genutzt 4.4 Umweltschutz, natürliche Ressourcen und Energie 4.4.1 Der Ressourcenverbrauch der Digitalisierung ist optimiert 4.4.2 Das Energieversorgungssystem ist effizient, sicher und zuverlässig 4.4.3 Die Nutzung von Ressourcen und Energie ist effizienter und nachhaltiger

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4.4.4 4.5

4.6

4.7

Die Grundlagen zur Berechnung von Ökobilanzen sind verbessert Politische Partizipation und E-Government 4.5.1 Der Service public im Medienbereich fördert die politische Partizipation und stärkt die Demokratie 4.5.2 Neue Technologien werden genutzt, um die politische Teilnahme von Bevölkerung und Wirtschaft zu stärken 4.5.3 Bevölkerung und Wirtschaft können ihre Behördengeschäfte effizient digital abwickeln 4.5.4 Die Basismodule und die Infrastruktur für eine flächendeckende Ausbreitung der digitalen Verwaltung stehen national bereit 4.5.5 Die Vernetzung ist über alle föderalen Ebenen gestärkt Wirtschaft 4.6.1 Die Schweiz zeichnet sich durch eine hohe Erwerbsbeteiligung und eine gute Qualität der Arbeitsverhältnisse aus 4.6.2 Die Schweiz bietet Raum für die Entfaltung neuer Geschäftsmodelle 4.6.3 Ein innovativer, global vernetzter Fintech-Sektor verbessert die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Finanzindustrie 4.6.4 Die Städte, Gemeinden und Regionen der Schweiz zeichnen sich durch eine hohe Innovationsfähigkeit aus 4.6.5 Smart-Farming-Technologien tragen zur Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Schweizer Landwirtschaft bei 4.6.6 Die Durchgängigkeit von digitalen Arbeitsmethoden steigert die Produktivität der Baubranche 4.6.7 Die Schweiz nutzt ihre Chancen im Hinblick auf den virtuellen internationalen Wirtschaftsraum Daten, digitale Inhalte und künstliche Intelligenz 4.7.1 Die Schweiz verfügt über zeitgemässe und kohärente Rechtsgrundlagen bezüglich der Rechte an Daten und ihrer Nutzung 4.7.2 Geeignete Datenbestände stehen als Open Data zur Verfügung 4.7.3 Der Zugang zu Daten und die Dateninfrastrukturen im Energiesektor sind ausgebaut 4.7.4 Die Zugänglichkeit und die Verfügbarkeit von Daten aus der Planungs-, Bau- und Immobilienbranche sind sichergestellt 4.7.5 Die Schweiz verfügt über vertrauenswürdige Datenräume, in denen die Einwohnerinnen und Einwohner die Kontrolle über ihre eigenen Daten ausüben können

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4.7.6

4.8

4.9

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Die Rahmenbedingungen für einen transparenten und verantwortungsvollen Einsatz von künstlicher Intelligenz sind optimiert 4.7.7 Der Zugang zu digitalen Inhalten ist verbessert 4.7.8 Der Bedarf für eine «Swiss Cloud» und deren Machbarkeit sind geprüft Soziales, Gesundheit und Kultur 4.8.1 Der barriere- und diskriminierungsfreie Zugang zu digitalen Produkten und Dienstleistungen ist gewährleistet 4.8.2 Die Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen ermöglicht eine massgeschneiderte Gesundheitsversorgung 4.8.3 Der erleichterte Zugang zu Kulturschaffen und Kulturerbe stärkt die kulturelle Teilhabe 4.8.4 Die digitale Transformation trägt der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Bevölkerung Rechnung Internationales Engagement 4.9.1 Die Schweiz prägt die internationale Diskussion über die Zukunft des digitalen Raums und dessen Gouvernanz mit 4.9.2 Die Schweiz engagiert sich für die digitale Selbstbestimmung von Individuen und die Schaffung von grenzüberschreitenden Datenräumen 4.9.3 Die Schweiz setzt sich für einen sicheren und vertrauenswürdigen Cyberraum ein 4.9.4 Internationale Normen und Standards widerspiegeln die Interessen der Schweiz 4.9.5 Die Schweiz engagiert sich für die Erreichung der Ziele der Agenda 2030 der UNO mittels neuer Technologien

Umsetzung und Dialog «Digitale Schweiz» 5.1 Vernetzung und Zusammenarbeit aller Anspruchsgruppen 5.2 Aktionsplan «Digitale Schweiz»

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Strategie 1

Zweck

Die Digitalisierung bestimmt heute zunehmend unser Leben. Gerade für ein ressourcenarmes Land wie die Schweiz ist es wichtig, die Chancen, die sich durch den digitalen Wandel für die Gesellschaft und die Wirtschaft ergeben, bestmöglich zum Wohl aller zu nutzen. Unser Land verfügt mit seinem stabilen politischen System und seiner ausgewiesenen hohen Innovationsfähigkeit über eine sehr gute Ausgangslage, um das Erfolgsmodell einer lebenswerten, offenen und modernen Schweiz auch in die digitale Zukunft zu tragen. Die digitale Transformation leistet einen zentralen Beitrag für die nachhaltige Entwicklung unseres Landes und die Erreichung der UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) der Agenda 2030.

Damit alle Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz von den Vorteilen der digitalen Transformation profitieren können, müssen die Behörden aller föderalen Ebenen, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik den Wandel gemeinsam vorantreiben. Ein ständiger Dialog zwischen allen Beteiligten trägt dazu bei, zukünftige Herausforderungen zu antizipieren.

Vor diesem Hintergrund definiert der Bundesrat mit seiner Strategie die Leitlinien für eine «digitale Schweiz» und fordert alle Anspruchsgruppen der digitalen Schweiz auf, relevante Umsetzungsprojekte und Querschnittsthemen gemeinsam anzugehen. Als integraler Teil der Strategie beinhaltet der Aktionsplan die konkreten Massnahmen zur Erreichung der strategischen Ziele.1 Dieses Dokument löst die bundesrätliche Strategie «Digitale Schweiz» vom 5. September 20182 ab. Der Text der Strategie mit allen Links auf weiterführende Dokumente ist unter www.digitaldialog.swiss publiziert.

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Grundsätze

2.1

Den Menschen in den Mittelpunkt stellen

Die Digitalpolitik des Bundes stellt die Menschen in den Mittelpunkt einer inklusiven demokratischen Informations- und Wissensgesellschaft. Damit sie die digitale Gesellschaft mitgestalten können, müssen sie mit ihren Wünschen und Ängsten in die digitalen Transformationsprozesse eingebunden werden. Dazu gehören eine stärkere Befähigung zum eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Handeln, der Schutz der Person und ihrer Rechte, der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Solidarität unter den Bevölkerungsgruppen sowie mehr Möglichkeiten, sich auch unter digitalen Bedingungen aktiv im politischen und gesellschaftlichen Leben einzubringen.

1 2

Der Aktionsplan «Digitale Schweiz» ist abrufbar unter www.digitaldialog.swiss/ BBl 2018 5961

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2.2

Raum geben zur Entfaltung

Für die Schweiz ist entscheidend, dass Gesellschaft und Wirtschaft Raum zur digitalen Entfaltung haben. Die politischen Instanzen und Behörden erleichtern die digitale Transformation nach Möglichkeit und unterstützen sie, wo dies nötig ist. Entsprechend werden dafür geeignete Rahmenbedingungen geschaffen.

2.3

Den Strukturwandel erleichtern

Die digitale Transformation bestehender Strukturen erfordert ein Umdenken auf allen föderalen Ebenen und stellt traditionelle Formen des Zusammenlebens und Wirtschaftens in Frage. Diese Strategie stellt die Weichen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Regionen ebenso wie die kulturelle Vielfalt zu fördern und die Resilienz der Infrastrukturen zu stärken. Sie trägt zu einer inklusiven und chancengleichen Entwicklung der digitalen Schweiz bei. Der Staat will den Strukturwandel, den die Digitalisierung mit sich bringt, aktiv erleichtern.

2.4

Transformationsprozesse vernetzt gestalten

Um die mit dem Strukturwandel verbundenen Chancen zu nutzen und neue Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können, müssen diese bereichsübergreifend sowohl national als auch international vernetzt angegangen werden. Diesbezüglich kann die Schweiz auf einer Position der Stärke aufbauen, insbesondere auf ihrer Multikulturalität, ihrer Dialog- und Konsensbereitschaft sowie auf den von Pragmatismus geprägten direktdemokratischen Prozessen.

3

Kernziele

3.1

Chancengleiche Teilhabe aller ermöglichen und Solidarität stärken

Die Schweiz nutzt die Chancen der Digitalisierung zum Wohlergehen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner und geht die Risiken der Digitalisierung konsequent an.

Die Teilhabe aller Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz am sozialen, politischen und wirtschaftlichen Leben wird auch im digitalen Raum sichergestellt. Die gerechte Verteilung von Chancen und Perspektiven festigt die gesellschaftliche Solidarität als tragenden Pfeiler des Zusammenlebens.

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3.2

Sicherheit, Vertrauen und Transparenz gewährleisten

In der Schweiz sollen sich die Einwohnerinnen und Einwohner in der digitalen Welt genauso sicher wie in der realen Welt bewegen können. Ausserdem soll der Schutz vor digitalem Missbrauch und ungerechtfertigter Verfolgung gewährleistet sein.

Transparente, datengestützte Dienstleistungen stärken das Vertrauen und respektieren die individuelle Entfaltung sowie die Selbstbestimmung des Menschen.

3.3

Digitale Befähigung und Selbstbestimmung der Menschen weiter stärken

Die Kompetenzen der Schweizer Bevölkerung sollen weiter gestärkt werden, damit sie aktiv und so weit wie möglich selbstbestimmt am digitalen Leben teilnehmen kann. Dank dem lebenslangen Lernen soll sie im Alltag wie auch in Krisensituationen stets in der Lage sein, kompetent an digitalisierten politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozessen teilzunehmen und die Konsequenzen des eigenen Tuns so gut wie möglich einzuschätzen. Dabei wird dem Schutz der Grundund Menschenrechte aller Bürgerinnen und Bürger im digitalen wie analogen Bereich besondere Beachtung geschenkt.

3.4

Wertschöpfung, Wachstum und Wohlstand sicherstellen

Die Schweiz baut ihre Stärken als innovative und global vernetzte Volkswirtschaft aus und gestaltet die Rahmenbedingungen für Innovationen und digitale Geschäftsmodelle so aus, dass Wertschöpfung, wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand und der internationale Austausch langfristig gestärkt werden können. Markteintrittshürden und Handelshemmnisse werden weiter abgebaut, damit innovative Unternehmen prosperieren können und der Wettbewerb gestärkt wird. Wo nötig werden die rechtlichen Rahmenbedingungen weiter optimiert. Damit wird das Gemeinwohl gestärkt und die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen wird gewahrt.

3.5

Ökologischen Fussabdruck und Energieverbrauch verringern

Die Digitalisierung kann einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass die Schweiz ihre Klima- und Umweltziele erreicht. Damit dies geschieht, dürfen Energie- und Materialverbrauch der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) nicht im Gleichschritt mit dem zunehmenden Einsatz dieser Technologien wachsen. Sie sind verstärkt und gezielt zu nutzen, um den Energie- und Materialverbrauch in allen Lebens- und Arbeitsbereichen zu senken und den Klima- und Umweltschutz zu verbessern.

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4

Aktionsfelder

4.1

Bildung, Forschung und Innovation

Gute Bildung ist sowohl für jeden einzelnen Menschen wie auch für die Gesellschaft und die Wirtschaft als Ganzes ein unverzichtbarer Baustein. Der digitale Transformationsprozess beeinflusst unseren Lebens- und Arbeitsalltag massgeblich. Er verlangt nach Kompetenzen im Umgang mit den neuen Technologien sowie nach kreativem und kritischem Denken. Der Vermittlung geeigneter Fähigkeiten und der Bereitstellung entsprechender Aus- und Weiterbildungsangebote kommt daher eine wichtige Bedeutung zu.

Damit die Schweiz bei der Entwicklung und Nutzung digitaler Technologien weiterhin unter den leistungsfähigsten Ländern rangiert, muss sie die notwendigen Kompetenzen ­ im Sinne des lebenslangen Lernens ­ fördern. Zur Erreichung des Ziels der Chancengleichheit und der Teilhabe aller Einwohnerinnen und Einwohner an den Möglichkeiten der Digitalisierung braucht es Rahmenbedingungen, die den Erwerb der nötigen Kompetenzen ermöglichen. Die Akteure im Bildungssystem haben wichtige Entwicklungen im Kontext der Digitalisierung bereits aufgenommen und starten von einer ausgezeichneten Position aus. Es wird entscheidend sein, diesen Weg zügig weiterzugehen.

Wissenschaft und Forschung nehmen eine entscheidende Rolle ein, wenn es darum geht, Wissen zu erzeugen, zu verbreiten und zu nutzen. Die neuen Technologien sind eine wesentliche Grundlage des digitalen Wandels und digitaler Innovation, zum Beispiel im Bereich der künstlichen Intelligenz oder bei der Verarbeitung grosser Datenmengen. Forschung und Innovation gelten zudem als zentrale Grundlage der hohen Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und als Basis zur erfolgreichen Bewältigung des Strukturwandels. Sie sind zu stärken und weiterzuentwickeln.

Dabei sind die Bedürfnisse der Bevölkerung, Wirtschaft und Umwelt insbesondere auch in einer ausserordentlichen Lage wie der Covid-19-Pandemie zu berücksichtigen.

Die hohe Innovationsleistung der Schweiz wird durch ein stabiles Innovationssystem ermöglicht, das den Innovationsakteuren sehr gute Rahmenbedingungen bietet (insbesondere Zugang zu nationalen und europäischen Förderinstrumenten), das die thematische Schwerpunktsetzung möglichst bei den Akteuren belässt und das in der Lage ist, wichtige Themen wie die Digitalisierung aufzugreifen und auf Herausforderungen zu reagieren. Der Bund ist gemäss seiner subsidiären
Verantwortung aktiv, schafft günstige Rahmenbedingungen und beobachtet die Entwicklungen auch im internationalen Umfeld.

Beitrag des Aktionsfelds zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO: ­

Ziel 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern

­

Ziel 5: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen

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­

Ziel 8: Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern

­

Ziel 9: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen

4.1.1

Geeignete Rahmenbedingungen machen es möglich, die Chancen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu nutzen

Gute Rahmenbedingungen lassen digitale Innovationen im Bildungsbereich zu und fördern den Erwerb der im digitalen Zeitalter erforderlichen Fähigkeiten. Eine kohärente Datennutzungspolitik für den Bildungsraum Schweiz ist etabliert und erleichtert die korrekte Nutzung von im Lernprozess erzeugten Daten. Die sich immer rascher verändernden Anforderungen und neue Herausforderungen in Krisensituationen wie der Covid-19-Pandemie verlangen nach ständigen Weiterentwicklungen im Bildungssystem. Die Stärken des diversifizierten Schweizer Bildungssystems mit seinen gleichwertigen berufsbezogenen und allgemeinbildenden Angeboten bieten dafür beste Voraussetzungen. Zur Erreichung ihrer Ziele koordinieren Bund und Kantone ihre jeweiligen Strategien zur Digitalisierung im Bildungsbereich.

Grundlagendokumente:

3 4

­

Botschaft vom 26. Februar 20203 zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2021­2024 (BFI-Botschaft)

­

Chancen optimal nutzen ­ Erklärung 2019 zu den gemeinsamen bildungspolitischen Zielen für den Bildungsraum Schweiz vom 27. Juni 2019

­

Bericht «Daten in der Bildung ­ Daten für die Bildung» vom 31. August 2019, educa.ch

­

Strategie der EDK für den Umgang mit Wandel durch Digitalisierung im Bildungswesen. Ziele (EDK-Beschluss vom 21. Juni 2018)

­

Massnahmen zur Digitalisierungsstrategie der EDK vom 27. Juni 2019

­

Bericht vom 5. Juli 2020 «Herausforderungen der Digitalisierung für Bildung und Forschung in der Schweiz» und «Aktionsplan Digitalisierung im BFI-Bereich in den Jahren 2019 und 2020»

­

Bildungszusammenarbeitsgesetz vom 30. September 20164

­

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 (Vernehmlassung im Sommer 2020)

BBl 2020 3681 SR 410.2

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4.1.2

Forschung und Innovation sind gestärkt

Angesichts der zunehmenden Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung über alle Wirtschaftsbranchen hinweg und des mit der Digitalisierung einhergehenden Strukturwandels kommt den Kompetenzen in der Forschung eine zentrale Rolle zu. Um den Spitzenplatz der Schweiz als Innovations- und Forschungsstandort zu halten, müssen die Forschungskompetenzen bezüglich digitaler Technologien in ihrer ganzen Breite gestärkt und muss der Wissenstransfer in die Wirtschaft beschleunigt werden. Neue Angebote der Innovationsförderung werden genutzt, insbesondere auch um den Wissenstransfer im Hinblick auf die digitale Transformation zu unterstützen. Ebenso wird die Beteiligung der Schweiz an internationalen Programmen mit Bezug zur Digitalisierung im Bereich Forschung und Innovation angestrebt.

Zur Stärkung der Kompetenzen in Forschung und Innovation werden die Aktionsfelder aus dem «Aktionsplan Digitalisierung im BFI-Bereich in den Jahren 2019 und 2020» konsolidiert im Rahmen der Bildungs-, Forschungs- und Innovationspolitik des Bundes (BFI-Botschaft 2021­2024) weitergeführt. Die etablierten Instrumente für die Förderung von Forschung und Innovation werden weiterhin angewendet.

Aus- und Weiterbildungsangebote, Lehrstühle an Hochschulen und Forschungszentren sowie die internationale Vernetzung in Lehre und Forschung sollen unter Berücksichtigung der Kompetenzverteilung im Rahmen der Hochschulautonomie eigenständig weiterentwickelt werden. Die Hochschulen spielen eine zentrale Rolle für die Weiterentwicklung der Aus- und Weiterbildungsangebote in allen Fachbereichen sowie bei der kritischen Analyse der Auswirkungen der Digitalisierung auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt.

Grundlagendokumente: ­

BFI-Botschaft

­

Bericht vom 5. Juli 2020 «Herausforderungen der Digitalisierung für Bildung und Forschung in der Schweiz» und «Aktionsplan Digitalisierung im BFI-Bereich in den Jahren 2019 und 2020»

­

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 (Vernehmlassung im Sommer 2020)

4.1.3

Die Schweiz verfügt über attraktive Rahmenbedingungen für eine breit gefächerte Start-up-Szene

Für die Innovationsfähigkeit und die Innovationskraft eines Landes ist die Existenz eines starken Start-up-Ökosystems von zentraler Bedeutung. Start-ups, insbesondere solche, die aus der wissenschaftlichen Forschung hervorgehen, sind wichtige Treiber disruptiver Innovationen. Als Agentur zur Innovationsförderung des Bundes setzt die Innosuisse einen Schwerpunkt bei der Start-up-Förderung, um die Schweiz als international kompetitive Start-up-Nation zu positionieren. Die Förderung des Unternehmertums und der Start-ups wird durch die Innosuisse weiter intensiviert und 7602

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gezielt ergänzt. Einerseits soll die Internationalisierung der Start-ups gefördert werden, um ihnen die Erschliessung ausländischer Märkte von der Schweizer Heimbasis aus weiter zu erleichtern. Andererseits steht auf nationaler Ebene die Nutzung von Synergien mit den regionalen Innovationssystemen (RIS) und ihren lokalen Anlaufstellen für die Unternehmen im Vordergrund.

Grundlagendokumente: ­

Mehrjahresprogramm Innosuisse 2021­2024

­

BFI-Botschaft

4.2

Infrastruktur

Eine flächendeckende, finanzierbare und sichere Grundversorgung im Infrastrukturbereich ist und bleibt ein Markenzeichen der Schweiz. Der Bund achtet darauf, dass die Leistungen der Grundversorgung den sich wandelnden Anforderungen und Bedürfnissen angepasst werden, und trägt so zur Lebensqualität der Bevölkerung, dem nationalen Zusammenhalt und der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz bei. Hochwertige, effiziente und sichere Netzinfrastrukturen bilden das Rückgrat für das erfolgreiche Funktionieren von Wirtschaft und Gesellschaft im digitalen Zeitalter. Eine zuverlässige, international konkurrenzfähige und preiswerte Kommunikationsinfrastruktur ist Voraussetzung für die Entwicklung von neuen Lebens- und Arbeitsformen, Dienstleistungen und Produkten. Zudem braucht es ausreichende Frequenzressourcen sowie innovations- und investitionsfördernde Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung möglichst störungsfreier moderner Kommunikationsinfrastrukturen. Zu diesem Zweck müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass im Bereich Telekommunikation sowohl bei den Festnetzen als auch den Mobilfunknetzen jeweils die leistungsfähigsten, international anerkannten Technologien eingesetzt werden können.

Weitere zentrale und unabdingbare Standortfaktoren für die Wirtschaft und Gesellschaft der Schweiz sind die hohe Qualität eines effizienten und umweltverträglichen Gesamtverkehrssystems und dessen Einbindung in internationale Entwicklungen.

Die Zunahme von automatisierten Fahrzeugen auf Strasse und Schiene, die zunehmende Elektrifizierung von Fahrzeugen, Drohnen, neue Mobilitätsdienstleistungen sowie die Digitalisierung in der Logistik werden den Personen- und Güterverkehr in den nächsten Jahren verändern und sich auch auf die räumliche Entwicklung auswirken. Ortsunabhängiges Arbeiten ermöglicht, die bestehenden Infrastrukturen besser auszulasten, indem Verkehr vermieden oder in nicht ausgelastete Verkehrszeiten verlagert wird. Um diesen Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können, ist eine Zusammenarbeit zwischen allen föderalen Ebenen notwendig.

Multimodale Mobilitätsdienstleistungen haben ein grosses Potenzial für die Nutzerinnen und Nutzer, die Wirtschaft und die öffentliche Hand. Dank mehr Information über die verschiedenen Mobilitätsangebote können die Mobilitätsteilnehmerinnen und
-teilnehmer diese einfacher vergleichen und individuell kombinieren. Mobilitätsentscheide werden insgesamt rationaler und tragen zur Energie- und Ressourceneffizienz bei. Der digitale Vertrieb ermöglicht neue Formen von Kundeninterak7603

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tion. Insgesamt schafft dies die Grundlage für die Entwicklung und Bereitstellung von neuen Angeboten durch die Wirtschaft.

Die Digitalisierung in den Energienetzen, d. h. in den Elektrizitäts-, Gas- und Wärmenetzen, unterstützt die Transformation hin zu einem auf dezentralen, erneuerbaren Energien fussenden Energieversorgungssystem. Digitalisierung ist nötig und wird neue Funktionalitäten sowie eine engere Koordination zwischen den bisher separierten Netzen ermöglichen. So kann die Kosteneffizienz verbessert und ein sicherer und zuverlässiger Betrieb der Energienetze gewährleistet werden.

Beitrag des Aktionsfelds zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO: ­

Ziel 7: Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern

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Ziel 9: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen

­

Ziel 11: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten

4.2.1

Die Schweiz verfügt über eine flächendeckende, wettbewerbsfähige, zuverlässige, effiziente und nachhaltige Kommunikationsinfrastruktur

Die Dynamik des marktgetriebenen Kommunikationsnetzausbaus wird durch die Bereitstellung von Ressourcen wie Frequenzen und die Weiterentwicklung von Regulierungsinstrumenten aufrechterhalten. Die Grundversorgung sichert darüber hinaus für alle Bevölkerungskreise ein Basisangebot von Kommunikationsdiensten.

Die Schweiz baut ihre Kommunikationsinfrastruktur aus, um im internationalen Vergleich ihren Spitzenplatz beizubehalten. Um diese zu gewährleisten, gestaltet der Bund die Rahmenbedingungen investitionsfreundlich aus. Mit der Entwicklung von innovativen Lösungen und Standardisierungen wird die Sicherheit der Kommunikationsinfrastrukturen auch in Zukunft sichergestellt. Bei der Ausgestaltung des Mobilfunknetzes werden auch Nachhaltigkeitsaspekte und die Umweltverträglichkeit berücksichtigt. Die Schweiz nutzt zudem das wirtschaftliche und soziale Potenzial des Internet-Domainnamensystems («.ch» und «.swiss»), das zum Nutzen unseres Landes, der internationalen Positionierung der Schweiz und im virtuellen Raum eingesetzt wird.

Grundlagendokumente:

5

­

Fernmeldegesetz vom 30. April 19975

­

Strategie des Bundes vom 27. Februar 2013 für den Umgang mit InternetDomain-Namen

­

Bericht der Expertengruppe «Mobilfunk und Strahlung» vom 28. November 2019 SR 784.10

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4.2.2

Die Mobilität in der Schweiz ist intelligent, vernetzt und in allen Bereichen effizient

Die Schweiz strebt ein in allen Aspekten effizientes Gesamtverkehrssystem an, in welchem die verfügbare Infrastruktur und Technik optimal eingesetzt werden, weniger natürliche und finanzielle Ressourcen verbraucht werden und so für die Gesellschaft ein maximaler Nutzen entsteht. Der Bund fördert die Bereitstellung der Dateninfrastruktur für multimodale Mobilität und erarbeitet geeignete Rahmenbedingungen für den digitalen Vertrieb. Der Austausch von Mobilitätsdaten wird gezielt und aktiv gefördert und die entsprechenden Strukturen für einen vereinfachten Datenaustausch werden geschaffen. Dies damit im Bereich der Endkundenlösungen Markteintrittshürden abgebaut werden und eine Vielfalt entstehen kann, die es einer breiteren Bevölkerungsschicht erlaubt, ihre individuellen Mobilitätsbedürfnisse nachhaltig zu befriedigen. Ausserdem besteht Handlungsbedarf im Bereich der Verkehrsdateninfrastruktur der öffentlichen Hand. Diese soll im Rahmen von «Verkehrsnetz CH» homogenisiert, optimiert, verknüpfbar gemacht und im Sinne von «Open Government Data» öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Die Schweiz kann damit bezüglich Innovationen im Bereich der Mobilität eine internationale Spitzenposition einnehmen. Der Staat nutzt den steigenden Bedarf an Vernetzung der Verkehrsträger, um über alle föderalen Ebenen die departements- und ämterübergreifende interdisziplinäre Zusammenarbeit zu stärken.

Grundlagendokumente: ­

Positionspapier des Koordinationsorgans für Geoinformation des Bundes GKG vom 5. Juli 2018

­

Multimodale Mobilitätsdienstleistungen ­ Massnahmenpläne: Mobilitätsdaten und Öffnung Vertrieb weiterer Mobilitätsanbieter ausserhalb des öV, 7. Dezember 2018

­

Bereitstellung und Austausch von Daten für das automatisierte Fahren im Strassenverkehr ­ Bericht des UVEK vom 7. Dezember 2018

­

Daten als Infrastruktur für multimodale Mobilitätsdienstleistungen vom 26. November 2019 (Bericht Ecoplan)

4.2.3

Die Energienetze in der Schweiz sind intelligent, sicher und effizient

Die Energienetze (Strom, Gas und Wärme) generieren digitale Daten und Informationen und nutzen diese für die Optimierung der Netzplanung und des Netzbetriebs.

So entwickeln die Netze neue Funktionalitäten und bilden das intelligente Bindeglied zwischen Energieproduktion und Energieverbrauch. Intelligente Energienetze ermöglichen es, effizient mit der zunehmenden Komplexität der dezentralen, erneuerbaren Energieproduktion umzugehen. Sie unterstützen geöffnete Energiemärkte sowie Konsumentinnen und Konsumenten, indem sie den Bedürfnissen digitaler Geschäftsmodelle im Markt entsprechen und sicher Energie transportieren. Digitali7605

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sierung ermöglicht eine enge Wechselwirkung der Netze untereinander und damit Effizienzgewinne sowie Kosteneinsparungen.

Grundlagendokumente: ­

Digitalisierung im Energiesektor: Dialogpapier zum Transformationsprozess vom 11. Dezember 2018

­

Smart Grid Roadmap Schweiz vom 27. März 2015

­

Energiestrategie 2050

­

Strategie Stromnetze

­

Revision des Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 20076

­

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030

4.3

Sicherheit

Dem Schutz vor den Risiken der Digitalisierung ist höchste Priorität einzuräumen, damit deren Chancen zum Wohl der Bevölkerung in der Schweiz bestmöglich genutzt werden können. Zentral ist dabei die Verfügbarkeit, Unversehrtheit und Vertraulichkeit von Information in der komplexen Umwelt, die sich aus dem Zusammenwirken von Menschen, Programmen und Dienstleistungen ergibt. Die Aspekte von Schutz und Sicherheit sind deshalb prioritär bei der Ausgestaltung der Digitalisierung. Die resiliente Ausgestaltung und der Schutz der kritischen Infrastrukturen selbst sind ein zentrales Element, um deren Langlebigkeit im Rahmen der Digitalisierung zu gewährleisten. Dieser Schutz erstreckt sich auch auf andere Bereiche des öffentlichen Lebens, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirkungsfähigkeit des Staates zu erhalten. Eine möglichst effektive Zusammenarbeit aller kompetenten Stellen (Behörden des Bundes und der Kantone, Wirtschaft, Gesellschaft) und eine systematische internationale Vernetzung sind entscheidend für die Schaffung eines sicheren Umfelds. Privatpersonen und Unternehmen sind gefordert, ihre Sicherheitskompetenzen in Eigenverantwortung auszubauen und eine Sicherheitskultur am Arbeitsplatz zu etablieren. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor schädlichen Inhalten und missbräuchlichem Verhalten im Online-Bereich geniesst ebenso eine hohe Priorität. Die Digitalisierung bringt jedoch nicht nur Risiken mit sich, sondern kann auch dazu beitragen, Gefahren schneller zu erkennen und Krisensituationen schneller und effizienter zu meistern.

Beitrag des Aktionsfelds zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO:

6

­

Ziel 9: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen

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Ziel 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern

SR 734.7

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4.3.1

Der Schutz vor Cyberrisiken ist gewährleistet

Der Schutz vor Gefahren aus dem Cyberraum ist eine gemeinschaftliche Aufgabe von Bund, Kantonen, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Strukturen und Prozesse für einen wirkungsvollen Schutz von kritischen Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen, die für die Wirtschaft, die Bevölkerung und die Verwaltung relevant sind, sind in den jeweiligen Verantwortungsbereichen etabliert. Der Bund erhöht die Cybersicherheit des Standorts Schweiz in Zusammenarbeit mit den Kantonen, den Hochschulen und der Privatwirtschaft sowie auf internationaler Ebene. Dabei ist wesentlich, dass nicht nur Ex-post-Massnahmen, sondern auch Ex-ante-Massnahmen vorgesehen werden, zum Beispiel Datensicherheitsprüfungen von Komponenten vor deren Einsatz.

Grundlagendokumente: ­

Nationale Strategie vom 18. April 2018 zum Schutz der Schweiz vor CyberRisiken (NCS) 2018­2022

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Umsetzungsplan vom 15. Mai 2019 zur Nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken

­

Nationale Strategie vom 8. Dezember 2017 zum Schutz kritischer Infrastrukturen 2018­2022

4.3.2

Die Chancen der Digitalisierung werden für die Erhöhung der Sicherheit genutzt

Die Gewährleistung der inneren und äusseren Sicherheit ist eine gemeinschaftliche Aufgabe von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden sowie der Armee. Die Akteure nutzen die Chancen der Digitalisierung, um die Vorbeugung, Abwehr und Bewältigung machtpolitisch oder kriminell motivierter Drohungen und Handlungen sowie die Bewältigung natur- und zivilisationsbedingter Katastrophen und Notlagen zu verbessern, unter anderem durch die Erhöhung der Resilienz der Infrastrukturen.

Besondere Bedeutung hat die Digitalisierung bei der Prävention (Simulation von Krisensituationen, Darstellung der Lage auf Geoinformationssystemen). Bei der Bewältigung von ausserordentlichen Ereignissen wie der Covid-19-Pandemie können statistische Daten, Echtzeitdaten von Sensoren und Geoinformationen dazu beitragen, das Lagebild besser zu erfassen und die Effektivität der Arbeit der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen, der Blaulichtorganisationen, der Armee und des Zivilschutzes im Rahmen des Sicherheitsverbunds Schweiz zu verbessern. Der Bund sorgt dafür, dass die Digitalisierung im Bereich der Sicherheit koordiniert erfolgt.

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4.4

Umweltschutz, natürliche Ressourcen und Energie

Die Schweiz nutzt die Chancen der Digitalisierung, indem sie gute Rahmenbedingungen für eine gesteigerte Ressourceneffizienz sowie eine verbesserte Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit des Energieversorgungssystems setzt. Die Produktion und der Konsum von elektrischen und elektronischen Produkten und Dienstleistungen wachsen stetig. Es ist notwendig, die ökologischen und sozialen Auswirkungen mit geeigneten Massnahmen auf das gesellschaftlich gewünschte Mass zu begrenzen. Die IKT-Ressourceneffizienz ist deshalb verstärkt zu optimieren. Die IKT müssen aber vor allem auch gezielt dabei helfen, den Ressourcenverbrauch in anderen Bereichen zu senken.

Die Schweiz trifft konsequent Massnahmen zur Steigerung der IKT-Ressourcenund Prozesseffizienz, um die negativen Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt zu reduzieren. Dazu gehören der gezielte Einsatz der IKT, der Aufbau von berufsspezifischem Know-how, neue Finanzierungsformen sowie Anpassungen im öffentliche Beschaffungswesen. Digitale Produkte und Dienstleistungen werden im Hinblick auf technische Herausforderungen, gesundheitliche Aspekte und ressourcenschonende Anliegen sowie den Energieverbrauch nachhaltig konzipiert und kosteneffizient produziert. Bei langfristigen Investitionen wird eine Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus angestrebt, damit Investition, Umweltbelastung und Effizienz in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.

Energieversorgung und Energiewirtschaft werden durch den IKT-Einsatz intelligenter, flexibler, effizienter und nachhaltiger. Die Technologien werden genutzt, um die wachsende Komplexität zu bewältigen, die sich aus dem Übergang zur vermehrten Nutzung erneuerbarer Energiequellen ergibt. Die Digitalisierung ermöglicht dabei Kosteneinsparungen, z. B. über höhere Automatisierungsgrade. Die Effizienz des Gesamtenergiesystems wird durch neue Instrumente, Geschäftsmodelle und Transparenz kontinuierlich verbessert. Automatisierte Prozesse sind in der Energiewirtschaft etabliert. Eine hohe Verfügbarkeit und Qualität von Daten sowie der erleichterte Zugang zu Informationen erlauben neue Mehrwertdienste. Die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Erhöhung der Flexibilität, d. h. aktive Steuerung von Produktion, dezentrale Speicherung und Verbrauch, werden genutzt und von den Akteuren und Infrastrukturen
(Strom, Gas, Wärme) koordiniert, um einen stabilen, sicheren und effizienten Betrieb zu gewährleisten.

Beitrag des Aktionsfelds zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO: ­

Ziel 7: Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern

­

Ziel 12: Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen

4.4.1

Der Ressourcenverbrauch der Digitalisierung ist optimiert

Die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz werden über die Chancen und Risiken der Digitalisierung für den Ressourcenverbrauch informiert. Die Lebens7608

BBl 2020

dauer von digitalisierten Produkten soll verlängert und nicht absichtlich verkürzt werden. An eine mögliche Wiederverwendung, Recyclingfähigkeit und allenfalls Entsorgung soll bereits beim Produktdesign gedacht werden. Das Einsparpotenzial von Effizienzsteigerungen soll verwirklicht und nicht durch einen höheren Verbrauch an anderer Stelle zunichtegemacht werden. Für eine deutliche Reduktion des Ressourcenverbrauchs und der damit zusammenhängenden Umweltbelastung braucht es allerdings vermehrt eine ganzheitliche Herangehensweise, und zwar vor allem in den besonders umweltrelevanten Bereichen Ernährung, Wohnen und Mobilität. Dabei müssen die Chancen und der Ressourcenverbrauch von digitalen Entwicklungen berücksichtigt werden. Gefordert sind der Staat, die Privatwirtschaft, die Wissenschaft und die ganze Gesellschaft, um Lösungen zu entwickeln, die ein gutes Leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen des Planeten ermöglichen.

Grundlagendokument: ­

Massnahmen des Bundes für eine ressourcenschonende, zukunftsfähige Schweiz (Grüne Wirtschaft), 19. Juni 2020

­

Bericht «Umwelt Schweiz 2018» vom 3. Dezember 2018

­

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030

4.4.2

Das Energieversorgungssystem ist effizient, sicher und zuverlässig

Die Energieproduktion und der Energieverbrauch werden zunehmend steuerbar und durch den Einsatz von digitalen Werkzeugen intelligent und flexibel. Die Energiewirtschaft soll auf Basis digitaler Werkzeuge in der Lage sein, den Gebäudesektor, den Mobilitätssektor und andere Sektoren der Wirtschaft besser einzubinden, um Potenziale in Sinne eines auf erneuerbarer Energie basierenden Systems mehrwertstiftend zu erschliessen und effizient zu nutzen. Für die digitale Transformation sind laufend Hemmnisse zu identifizieren und abzubauen sowie eine ständige Risikobewertung durchzuführen. Massnahmen zur Verbreitung von Wissen über Digitalisierungspotenziale schaffen weitere Anreize für diese Transformation. Der Staat sorgt durch gute und flexible Rahmenbedingungen für eine intelligentere und digitale Energieversorgung sowie für deren kontinuierliche Weiterentwicklung. Neue innovative Lösungen und Energiedienstleistungen werden unterstützt und die regulatorischen Rahmenbedingungen laufend überprüft und angepasst.

Grundlagendokumente: ­

Digitalisierung im Energiesektor: Dialogpapier zum Transformationsprozess vom 11. Dezember 2018

­

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016­2019 vom 27. Januar 2016

­

Smart Grid Roadmap Schweiz vom 27. März 2015

­

Energiestrategie 2050

­

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 7609

BBl 2020

4.4.3

Die Nutzung von Ressourcen und Energie ist effizienter und nachhaltiger

Durch den Einsatz von digitalen Plattformen, die Verwendung von Daten und den Einsatz von künstlicher Intelligenz kann der Ressourcenverbrauch eingeschränkt und die Energie effizienter genutzt werden. Voraussetzung dafür sind Dateninfrastrukturen im Energiesektor, auf denen Applikationen zur effizienteren Nutzung von Ressourcen und Energie entwickelt werden können. Anreize zu bewussteren Entscheidungen der Konsumentinnen und Konsumenten auf der Basis von digitalen Werkzeugen, Applikationen oder Plattformen tragen dazu bei, die Energieeffizienz zu erhöhen. Die Rahmenbedingungen und digitale Lösungsansätze werden im Energiesektor zunehmend auf die Nachhaltigkeit ausgerichtet.

Grundlagendokumente: ­

Programmstrategie EnergieSchweiz 2021 bis 2030

­

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030

4.4.4

Die Grundlagen zur Berechnung von Ökobilanzen sind verbessert

Die Digitalisierung ermöglicht neue Möglichkeiten im Bereich Klima- und Umweltschutz. Damit digitale Technologien gezielter und verstärkt dazu genutzt werden können, den Energie- und Materialverbrauch in allen Lebens- und Arbeitsbereichen zu senken, sind die Grundlagen zur Berechnung von Ökobilanzen und Fussabdrücken im Bereich der IKT-Technologien und -Dienstleistungen zu verbessern. Die Datengrundlagen sollen auch durch die Teilnahme der Schweiz an europäischen und internationalen Programmen zur Erdbeobachtung, z. B. am Programm Copernicus, verbessert werden. Sie sind unter anderem mit einer Ökobilanz-Datenbank wie «ecoinvent» nutzbar zu machen, sodass zukünftig auch die zunehmenden IKTAnteile der Wertschöpfungs- und Lieferketten für traditionelle Produkte und Dienstleistungen abgeschätzt werden und gezielte Massnahmen dagegen ergriffen werden können.

Grundlagendokumente: ­

Massnahmen des Bundes für eine ressourcenschonende, zukunftsfähige Schweiz (Grüne Wirtschaft), 19. Juni 2020

­

Aktionsplan Grüne Wirtschaft vom 8. März 2013

­

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030

7610

BBl 2020

4.5

Politische Partizipation und E-Government

Die politische Partizipation widerspiegelt die Teilnahme der Bürgerinnen und Bürger am demokratischen Leben. Technologische Entwicklungen machen neue Formen der Teilnahme an politischen Prozessen möglich und verändern die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig verändern sie die Prozesse politischer Partizipation und bilden neue Foren, die anders funktionieren und anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als bisher Einfluss verleihen. Diesen Veränderungen ist Rechnung zu tragen. Ein barrierefreier Zugang zu Instrumenten der politischen Mitwirkung erlaubt allen Bürgerinnen und Bürgern eine autonome Teilnahme am politischen und öffentlichen Leben.

Auch die Medien leisten mit der Information der Bevölkerung, der demokratischen Meinungsbildung und der Kontrolle über staatliches Handeln einen wesentlichen Beitrag zum Funktionieren der Demokratie. Das Auftauchen von Onlineplattformen und sozialen Medien beeinflusst diese wichtigen Funktionen der Medien für die öffentliche Debatte in nachhaltiger Weise, indem diese Instrumente neue Kommunikationskanäle, den interaktiven Austausch mit der Bevölkerung und neue, ausdifferenzierte Geschäftsmodelle ermöglichen.

Die Digitalisierung der politischen Rechte wird weiterhin gemäss dem Ansatz «Sicherheit vor Tempo» vorangetrieben. Die Transparenz und die Vertrauenswürdigkeit der eingesetzten Systeme werden dabei laufend gefördert.

Der Anspruch von E-Government ist es, die technologischen Entwicklungen für eine Optimierung der Verwaltungstätigkeit insbesondere in der Interaktion zwischen den Behörden und der Bevölkerung sowie der Wirtschaft zu nutzen. E-Government trägt dazu bei, dass die Schweiz auch in Zukunft zu den attraktivsten Standorten für Organisationen und Unternehmen gehört und über eine leistungsfähige Verwaltung verfügt.

Beitrag des Aktionsfelds zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO: ­

Ziel 10: Ungleichheit innerhalb von und zwischen Staaten verringern

­

Ziel 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern

­

Ziel 17: Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen

4.5.1

Der Service public im Medienbereich fördert die politische Partizipation und stärkt die Demokratie

Die Medien tragen wesentlich zur demokratischen Meinungsbildung bei. Ausgewogene Information, Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Informationsquellen bilden dabei die Grundlage und ermöglichen den Einwohnerinnen und Einwohnern der Schweiz wie auch den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern, sich unabhängig und informiert eine Meinung zu bilden und politisch zu engagieren.

7611

BBl 2020

In der digitalisierten, globalisierten und zunehmend fragmentierten Medienwelt, in der sich die Bevölkerung zunehmend von den klassischen Medien ab- und Internetangeboten zuwendet, gibt es auch neue Risiken. Die Funktion der Medien für die demokratische Meinungsbildung wird durch die massenhafte Verbreitung von gezielter Desinformation sowie von Hassreden in den sozialen Medien verstärkt herausgefordert. Die Glaubwürdigkeit journalistischer Inhalte kann durch diese Phänomene reduziert werden, was sich langfristig negativ auf das Vertrauen in die demokratische Grundordnung und in demokratische Institutionen auswirken kann.

Vor diesem Hintergrund kommt dem medialen Service public als Orientierungspunkt zum besseren Verständnis der politischen und gesellschaftlichen Umgebung eine noch grössere Bedeutung zu als bisher. Dies setzt verlässliche, unabhängige und qualitativ hochstehende Medienangebote auch im Internet voraus, welche die gesamte Bevölkerung ansprechen. Der Service public fördert das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen, Sprachgemeinschaften, Kulturen, Religionen und gesellschaftlichen Gruppierungen und berücksichtigt dabei die Eigenheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Er unterstützt die selbstbestimmte politische Partizipation und stärkt die Demokratie sowie die Wahrung der Grundrechte. Die Schweiz setzt sich zudem für eine hohe Qualität und ethische Verantwortung im Journalismus ein.

Grundlagendokumente: ­

Bericht des Bundesrates vom 5. Dezember 2014 zur Sicherung der staatsund demokratiepolitischen Funktionen der Medien

­

Bericht vom 17. Januar 2016 zum Service public im Medienbereich

­

Medienperspektivbericht, Einschätzungen zu künftigen Entwicklungen in der Medienlandschaft Schweiz, vom 17. April 2020

­

Botschaft vom 29. April 20207 zum Massnahmenpaket zugunsten der Medien

4.5.2

Neue Technologien werden genutzt, um die politische Teilnahme von Bevölkerung und Wirtschaft zu stärken

Die Schweiz sieht neue Technologien als Chance für die Demokratie. Die Digitalisierung kann zu einer Erweiterung der politischen Teilhabe der Bevölkerung und zivilgesellschaftlicher Gruppierungen beitragen. Hauptaufgabe des Staates ist es, die für IKT-Anwendungen im politischen Bereich (Civic-Tech-Anwendungen) notwendigen Daten aufzubereiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Weiter muss er die regulatorischen und institutionellen Rahmenbedingungen sicherstellen, damit die politischen Akteure, die Zivilgesellschaft oder auch private Unternehmen die Chancen der Digitalisierung im Bereich der Politik nutzen können. Die regulatorischen und institutionellen Rahmenbedingungen müssen auch dazu dienen, Fehl7

BBl 2020 4485

7612

BBl 2020

entwicklungen vorzubeugen oder solche zu korrigieren. Durch den digitalen Zugang zu ihren archivierten Dokumenten wird ausserdem sichergestellt, dass die Unterlagen der Eidgenossenschaft jederzeit orts- und zeitunabhängig konsultiert werden können.

Die Digitalisierung der politischen Rechte im engeren Sinne (elektronische Stimmabgabe, E-Collecting) erfolgt weiterhin gemäss dem Ansatz «Sicherheit vor Tempo». IKT-Anwendungen in diesem Bereich müssen sicher und vertrauenswürdig sein. Die Aufgabe des Staates ist es, die dafür notwendigen Anforderungen zu definieren und für deren Erfüllung zu sorgen. Die Auswirkungen der neuen Partizipationskanäle auf die demokratische Entscheidfindung sind zu untersuchen und Risiken, die das Vertrauen in die Mehrheitsentscheidung gefährden, frühzeitig anzugehen. Der Barrierefreiheit wird bereits bei Beginn der technischen Entwicklungen gebührend Rechnung getragen: Die Barrierefreiheit von digitalen Produkten und Dienstleistungen soll den chancengleichen Zugang zur Ausübung politischer Rechte von Menschen mit Behinderungen ermöglichen.

Grundlagendokumente: ­

Bericht des Bundesrates vom 14. Juni 2013 zu Vote électronique

­

Schlussbericht der Expertengruppe elektronische Stimmabgabe (EXVE) vom April 2018

­

Medienmitteilung vom 27. Juni 2019: E-Voting: Bundesrat richtet Versuchsbetrieb neu aus und stellt Einführung als ordentlicher Stimmkanal zurück

­

Bericht des Bundesrates vom 9. Mai 2018 zur Behindertenpolitik

­

Bericht des Bundesrates vom 8. Mai 2020 zu «Civic Tech»

­

Strategie Schweizerisches Bundesarchiv 2016­2020

4.5.3

Bevölkerung und Wirtschaft können ihre Behördengeschäfte effizient digital abwickeln

Damit die Bevölkerung und die Wirtschaft ihre Geschäfte mit den Behörden ortsunabhängig und effizient elektronisch abwickeln können, werden die elektronischen Behördenleistungen so bereitgestellt, dass sie ohne besondere Kenntnisse von behördlichen Zuständigkeiten zentral, barrierefrei und ohne technisches Spezialwissen nutzbar sind. Die Geschäftsprozesse der Verwaltung werden konsequent auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet, vereinfacht, standardisiert und in ihrer Effizienz optimiert. Die Unterstützung durch IKT wird weiterentwickelt, um die digitale Transformation der Verwaltung zu optimieren. Dazu wird das elektronische Leistungsangebot für Unternehmen ausgebaut, insbesondere über EasyGov.swiss. Private und Unternehmen teilen der Verwaltung dieselben Informationen nur einmal mit (Umsetzung des Prinzips «once only»). Die Verwaltung nutzt die Informationen unter Berücksichtigung des Datenschutzes und der föderal dezentralen Strukturen organisationsübergreifend.

7613

BBl 2020

Grundlagendokumente: ­

E-Government-Strategie Schweiz 2020­2023 vom 1. Januar 2020

­

IKT-Strategie des Bundes 2020­2023 vom 3. April 2020

­

Bericht des Bundesrates vom 9. Mai 2018 zur Behindertenpolitik

­

Umsetzungsplan E-Government Schweiz 2020­2023 vom 14. Oktober 2019

­

Öffentlich-rechtliche Rahmenvereinbarung vom 1. Januar 2020 über die E-Government Zusammenarbeit in der Schweiz 2020

­

Tallinn Declaration on eGovernment vom 6. Oktober 2017

­

Botschaft vom 20. Februar 20198 zur Standortförderung 2020­2023

­

Mehrfachnutzung von Daten: Statistik System Schweiz und die Datenbewirtschaftung des Bundes

4.5.4

Die Basismodule und die Infrastruktur für eine flächendeckende Ausbreitung der digitalen Verwaltung stehen national bereit

Basisdienste sind bei der digitalen Verwaltung grundlegend für eine nutzerfreundliche und effiziente Abwicklung von elektronischen Prozessen. Zentral ist dabei die Bereitstellung von Diensten und Infrastrukturen für die Identitäts- und Zugriffsverwaltung sowie für die Nutzung und die Verwaltung von Daten. Ziel der gemeinsamen Aktivitäten von Bund, Kantonen und Gemeinden ist es, die wichtigsten nationalen Basisdienste (u. a. eine staatlich anerkannte elektronische Identität) zu etablieren und eine Strategie für die gemeinsame Datenverwaltung zu erarbeiten. Die Verwaltung sorgt wo nötig für die entsprechenden Vorleistungen und setzt auf offene Schnittstellen und den Aufbau von gemeinschaftlich nutzbaren Diensten.

Grundlagendokument: ­

E-Government-Strategie Schweiz 2020­2023 vom 1. Januar 2020

­

Schlussbericht «Digitale Verwaltung: Projekt zur Optimierung der bundesstaatlichen Steuerung und Koordination» vom 24. Oktober 2019

4.5.5

Die Vernetzung ist über alle föderalen Ebenen gestärkt

Im föderalen System der Schweiz sind der Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit besonders wichtig. Es ist daher einerseits auf die Koordination zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden und andererseits auf die Zusammenarbeit zwischen den schweizweit im Bereich Digitalisierung aktiven Organisationen ein besonderes Augenmerk zu richten. Die Abstimmung der verschiedenen behördlichen Program8

BBl 2019 2365

7614

BBl 2020

me und Projekte wird vertieft, um Ressourcen zu bündeln und Redundanzen zu vermeiden.

Grundlagendokument: ­

E-Government-Strategie Schweiz 2020­2023 vom 1. Januar 2020

­

Botschaft vom 21. November 20189 zum Verpflichtungskredit für das nationale sichere Datenverbundsystem

­

Pilotprojekt für ein mobiles breitbandiges Sicherheitskommunikationssystem MSK, 29. Januar 2020

­

Schlussbericht «Digitale Verwaltung: Projekt zur Optimierung der bundesstaatlichen Steuerung und Koordination» vom 24. Oktober 2019

4.6

Wirtschaft

Die Digitalisierung verändert die Wirtschaft und die Arbeitswelt. Sie hat einen wesentlichen Einfluss auf den stetigen Strukturwandel und das Wirtschaftswachstum. Märkte und Wertschöpfungsketten verändern sich. Kaum ein Wirtschaftssektor bleibt davon unberührt, wenn auch nicht alle Sektoren in gleichem Masse davon betroffen sind. Gerade für ein ressourcenarmes Land wie die Schweiz ist es deshalb wichtig, die Potenziale, die sich durch die Digitalisierung ergeben, bestmöglich zu nutzen. Eine optimale Positionierung und Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandorts Schweiz ist von hohem Interesse: Mit einer proaktiven Herangehensweise im Bereich Digitalisierung und innovativen Konzepten kann sich die Schweiz in einer Führungsrolle positionieren und die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts stärken.

Dazu werden möglichst günstige Rahmenbedingungen für digitale Geschäftsmodelle und Innovationen geschaffen, die zum Gemeinwohl beitragen und die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen bewahren. Städte und Gemeinden, der ländliche Raum und die Berggebiete sollen von dieser Entwicklung profitieren.

Die Unternehmen sollen sich optimal an die Digitalisierung anpassen können und zu Vorreitern in der IKT-Anwendung werden. Es gilt, die Stärken der Schweiz, insbesondere den flexiblen Arbeitsmarkt, die Exzellenz in Ausbildung, Forschung und Entwicklung wie auch die hochwertigen Infrastrukturen, weiterzuentwickeln und in die Zukunft zu tragen. Auch KMU und Jungunternehmen spielen dabei eine wichtige Rolle, denn sie sind oft ein nicht zu unterschätzender Innovationstreiber. Zudem sind administrative Hürden weiter abzubauen und der Austausch zwischen den Unternehmen und Behörden ist zentral abzuwickeln. Die Entwicklungen in anderen Wirtschaftsräumen wie im europäischen digitalen Binnenmarkt sollen eng begleitet und deren mögliche Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft der Schweiz analysiert werden.

9

BBl 2019 241

7615

BBl 2020

Beitrag des Aktionsfelds zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO: ­

Ziel 1: Armut in allen ihren Formen und überall beenden

­

Ziel 2: Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern

­

Ziel 8: Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern

­

Ziel 11: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig machen

4.6.1

Die Schweiz zeichnet sich durch eine hohe Erwerbsbeteiligung und eine gute Qualität der Arbeitsverhältnisse aus

Die Schweiz nutzt den strukturellen Wandel in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung zu ihren Gunsten. Die Rahmenbedingungen für die Nutzung der Chancen der Digitalisierung sowie zur Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen sind optimiert. Der Schweizer Arbeitsmarkt weist weiterhin eine für die Herausforderungen der digitalen Transformation notwendige Flexibilität auf und zeichnet sich durch eine hohe Erwerbsbeteiligung und eine gute Qualität der Beschäftigungsverhältnisse aus.

Das Sozialversicherungssystem zeigt eine hohe Anpassungsfähigkeit gegenüber gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen. Die Rahmenbedingungen für die Entstehung innovativer Geschäftsmodelle sind verbessert, ohne dass damit neue Prekarisierungsrisiken und Risiken der Lastenverschiebung auf die Allgemeinheit und den Bundeshaushalt einhergehen.

4.6.2

Die Schweiz bietet Raum für die Entfaltung neuer Geschäftsmodelle

Attraktive wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen stellen sicher, dass die Schweiz als innovative Volkswirtschaft die Digitalisierung als Motor zur Entwicklung und Erneuerung nutzt. Innovative Geschäftsmodelle haben genügend Raum zur Entfaltung. Jungunternehmen können die Gründung ihrer Firma rasch und reibungslos durchführen. Sie haben Zugang zu gut ausgebildeten Mitarbeitenden und können schnell genug wachsen, damit der Verbleib des Unternehmens in der Schweiz attraktiv bleibt und Arbeitsplätze geschaffen werden und erhalten bleiben. Gleichzeitig gilt es, die mit der Digitalisierung verbundenen Herausforderungen zu antizipieren und mögliche Regulierungsfragen rechtzeitig anzugehen. Dazu gehören z. B. Fragen des internationalen Marktzugangs, der Rechtssicherheit im Umgang mit neuen Technologien, die Optimierung der Grundvoraussetzungen für digitale Ökosysteme, die Schaffung vertrauenswürdiger Datenräume oder die zeitgemässe Besteuerung.

7616

BBl 2020

Regulatorische Hürden für digitale Geschäftsmodelle werden kontinuierlich abgebaut.

Grundlagendokumente: ­

Lagebericht des Bundesrates vom 6. Dezember 2019 zur Schweizer Volkswirtschaft

­

Bericht des Bundesrates vom 11. Januar 2017 über die zentralen Rahmenbedingungen für die digitale Wirtschaft

­

Ergebnisbericht der Umfrage «Digitaler Test» vom 29. August 2018, Überprüfung regulatorischer Hindernisse für die Digitalisierung

­

Stellungnahme des SIF vom 31. Januar 2020 zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft

­

BFI-Botschaft

­

Botschaft vom 20. Februar 2019 zur Standortförderung des Bundes 2020­ 2023

­

Tourismusstrategie des Bundes vom 15. November 2017

4.6.3

Ein innovativer, global vernetzter Fintech-Sektor verbessert die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Finanzindustrie

Die Schweiz geniesst international einen Ruf als vertrauenswürdiger, zuverlässiger und integrer Banken- und Versicherungsstandort. Kombiniert mit technologischer Expertise und Innovationskraft sowie einer gut ausgebauten Infrastruktur kann die Schweiz ihre Position dank günstiger Rahmenbedingungen für den Fintech-Sektor wahren und weiter ausbauen.

Grundlagendokument:

10

­

Bericht des Bundesrates vom Oktober 2016 zur Finanzmarktpolitik für einen wettbewerbsfähigen Finanzplatz Schweiz

­

Bericht des Bundesrates vom 14. Dezember 2018 «Rechtliche Grundlagen für Distributed Ledger-Technologie und Blockchain in der Schweiz»

­

Botschaft vom 27. November 201910 zum Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register

BBl 2020 233

7617

BBl 2020

4.6.4

Die Städte, Gemeinden und Regionen der Schweiz zeichnen sich durch eine hohe Innovationsfähigkeit aus

Sowohl die Städte und die Zentrumsregionen als auch der ländliche Raum und die Berggebiete ergreifen die Chancen, die die Digitalisierung für sie bietet, und stärken ihre Wirtschaft durch eine bessere Vernetzung zwischen den Akteuren und Wissensträgern. Dabei spielen beispielsweise neue Vertriebskanäle und Kooperationen, die zunehmende Flexibilisierung im Arbeitsmarkt sowie die damit einhergehenden neuen Arbeitsformen oder auch die Datennutzung eine Rolle.

Im Bereich der Standortförderung (KMU-, Tourismus- und Regionalpolitik sowie Exportförderung und Standortpromotion) sind die Chancen der Digitalisierung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für KMU, zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsakteure und der Wettbewerbsfähigkeit der Regionen wie auch zur Schärfung des Profils des Wirtschaftsstandorts Schweiz im Ausland verstärkt zu nutzen.

Der Bund unterstützt die Kantone, Städte und Gemeinden im Rahmen seiner bestehenden Instrumente bei der Umsetzung von Smart-City-, Smart-Village- oder SmartRegions-Initiativen. Namentlich unterstützt der Bund den Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer in wie auch unter den Städten und Regionen. Der Bund erhöht die nationale und internationale Sichtbarkeit der Aktivitäten der Kantone, Städte und Gemeinden und fördert das Problembewusstsein und die Akzeptanz der Initiativen.

Um die Wirksamkeit seiner Unterstützung zu erhöhen, koordiniert der Bund seine Aktivitäten in diesem Bereich.

Eine besondere Bedeutung kommt der Nutzung von Geodaten zu. Der Geodatenfluss nimmt ständig zu. Immer häufiger auch in Echtzeit verfügbar, stehen die Geodaten zunehmend im Mittelpunkt der modernen Raumplanung. Auf allen Verwaltungsebenen geht es darum, echte «intelligente Daten» im Dienste der Smart-City, SmartVillage oder Smart-Region zur Verfügung zu haben.

Grundlagendokumente: ­

Botschaft vom 20. Februar 2019 zur Standortförderung des Bundes 2020­ 2023

­

Tourismusstrategie des Bundes vom 15. November 2017

4.6.5

Smart-Farming-Technologien tragen zur Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Schweizer Landwirtschaft bei

Die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft treibt die Entwicklung und den Ausbau von Smart Farming voran. Durch den Einsatz von Smart-Farming-Technologien wird der Mensch von Routinearbeiten entlastet; er kann seine Arbeitskraft effizienter einsetzen und Ressourcen gezielter nutzen. Dadurch werden Produktionsprozesse optimiert, was die Auswirkungen der Nahrungsmittelproduktion auf die Umwelt reduziert und gleichzeitig die Qualität der Produkte steigert. Zur Optimie7618

BBl 2020

rung von Produktionssystemen und zur Qualitätssicherung stehen vermehrt sensorgesteuerte, automatisierte Verfahren zur Verfügung. Dies trägt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Nachhaltigkeit der Schweizer Landwirtschaft bei.

Grundlagendokument: ­

4.6.6

Charta vom 19. Juni 2018 zur Digitalisierung der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft

Die Durchgängigkeit von digitalen Arbeitsmethoden steigert die Produktivität der Baubranche

Die Planungs-, Bau- und Immobilienbranche zeichnet sich durch Heterogenität und eine hohe Dichte von Schnittstellen aus. Der effiziente Einsatz von digitalen Arbeitsmethoden bedingt die Vereinheitlichung und Durchgängigkeit von digitalen Prozessen über alle Branchen und Sektoren: von der Eigentümerin oder vom Eigentümer über Planung zu Bau und Produktion bis hin zu Betrieb und Nutzung ebenso wie zu bewilligenden Behörden, Grundbuchämtern und Versicherungen. Bestehende Prozesse, Normen und Standards müssen aktualisiert und harmonisiert oder auch überhaupt erst erarbeitet und etabliert werden.

Mit dem Vorantreiben der Durchgängigkeit von digitalen Prozessen über die gesamte Wertschöpfungskette von Planung, Bau und Nutzung von Bauten wird die Produktivität der Schweizer Baubranche sowohl im Interesse der öffentlichen Bauherren wie auch des gesamten Wirtschaftsstandorts sichergestellt und gesteigert.

4.6.7

Die Schweiz nutzt ihre Chancen im Hinblick auf den virtuellen internationalen Wirtschaftsraum

Anfang 2020 hat die Europäische Union (EU) ihr neues Arbeitsprogramm verabschiedet. Dazu gehört ihre Strategie zur Gestaltung der digitalen Zukunft Europas mit der Förderung einer fairen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft, der Schaffung europäischer Datenräume und der Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz (KI). Die Schweiz ist eng mit dem europäischen Wirtschaftsraum verbunden.

Gleichzeitig gewinnen aber auch digitale Produkte und Dienstleistungen in den Handelsbeziehungen mit anderen Regionen an Bedeutung. Die Schweiz beobachtet die regulatorischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich KI und der digitalen Wirtschaft, sowie die Schaffung von Datenräumen in der EU. Ebenso werden digitale Entwicklungen in anderen für unser Land wichtigen Weltmärkten verfolgt. Dazu führt die Schweiz einen aktiven Dialog mit der EU-Kommission, mit anderen Ländern und in internationalen Organisationen wie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Welthandelsorganisation (WTO). In der WTO beteiligt sich die Schweiz aktiv an den plurilateralen Verhandlungen über E-Commerce zur Förderung des digitalen Handels, zum Abbau von Handelshemmnissen sowie zur Entwicklung von gemeinsamen Grundprinzipien für die innerstaatliche Regulierung. Ziel ist, die Chancen dieser digitalen Märkte und 7619

BBl 2020

Datenräume für die Schweiz nutzbar zu machen und das Risiko unlauterer Praktiken und einer Ausgrenzung abzuwenden.

Grundlagendokumente: ­

Bericht vom 15. Januar 202011 zur Aussenwirtschaftspolitik 2019, einschliesslich Botschaften zu Wirtschaftsvereinbarungen sowie Bericht über zolltarifarische Massnahmen im Jahr 2019 (Schwerpunkt Digitalisierung und Aussenwirtschaft) (Aussenwirtschaftsbericht des Bundesrates 2019)

­

Strategie der EU-Kommission: Ein Europa für das digitale Zeitalter, Februar 2020

­

Mitteilung der EU-Kommission: Eine europäische Datenstrategie, Februar 2020

­

Mitteilung der EU-Kommission: Gestaltung der digitalen Zukunft Europas, Februar 2020

­

Mitteilung der EU-Kommission: Weissbuch vom 19. Februar 2020 zur Künstlichen Intelligenz

­

OECD Going Digital Framework

4.7

Daten, digitale Inhalte und künstliche Intelligenz

Daten sind ein zentraler Rohstoff der Wissensgesellschaft und der digitalen Wirtschaft. Dies bedingt, dass sie in hoher Qualität vorhanden sind. Soweit keine rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, sollen Daten öffentlich zugänglich und verfügbar gemacht werden. Dank der technologischen Möglichkeiten der Erhebung, Speicherung und Verarbeitung entstehen Potenziale für neue, innovative Produkte und Dienste sowie für die Optimierung von Verfahren und Entscheidungen. Dies setzt jedoch voraus, dass viele Daten über ihren ursprünglichen Verwendungszweck hinaus gebraucht werden können. Dabei sind Vertrauenswürdigkeit, Sicherheit, Nutzbarkeit, Zugänglichkeit, Verifizierbarkeit und Verfügbarkeit von Daten in einer digitalisierten Gesellschaft zentrale Anliegen. Um diese sicherzustellen, braucht es möglicherweise neue und kooperative Formen der Datennutzung, bei der die Einwohnerinnen und Einwohner, aber auch die Unternehmen eine grösstmögliche Kontrolle über ihre Daten ausüben können.

Zu adressieren sind neben den Chancen auch die Risiken einer zunehmend datenbasierten Entscheidfindung wie die fehlende Nachvollziehbarkeit bei computerbasierten Schlussfolgerungen und die mögliche Ungleichbehandlung von Personen, die ein Recht auf Gleichbehandlung haben. Auch der Frage einer nachhaltigen, ressourcenschonenden Datenbewirtschaftung muss Beachtung geschenkt werden.

11

BBl 2020 1979

7620

BBl 2020

Beitrag des Aktionsfelds zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO: ­

Ziel 8: Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern

­

Ziel 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern

4.7.1

Die Schweiz verfügt über zeitgemässe und kohärente Rechtsgrundlagen bezüglich der Rechte an Daten und ihrer Nutzung

Die Schweiz prüft laufend, ob ihre Rechtsordnung und die internationalen Abkommen für die Datenwirtschaft optimal ausgestaltet sind. Mit zeitgemässen und kohärenten Rechtsgrundlagen kann das Potenzial der Daten für Wirtschaft und Gesellschaft ausgeschöpft werden. Die Schweiz entwickelt eine international abgestimmte Datenpolitik, die unter anderem Fragen der Datensouveränität, des Zugangs zu Daten der Behörden, des internationalen Datenverkehrs, der Wettbewerbsordnung, des geistigen Eigentums, des Datenschutzes und des Umgangs mit Lokalisierungsvorschriften umfasst.

Grundlagendokumente:

12 13

­

Botschaft vom 15. September 201712 zum Bundesgesetz über die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz

­

Aussenwirtschaftsbericht des Bundesrates 2019 (Schwerpunkt Digitalisierung und Aussenwirtschaft)

­

Gutachten vom 15. Februar 2018 zur Datenportabilität sowie zu Regelungen betreffend die Wiederverwendung von Daten

­

Gutachten vom 22. Dezember 2017 zur Möglichkeit der Einführung eines Datenportabilitätsrechts im schweizerischen Recht und zur Rechtslage bei Personal Information Management Systems (PIMS)

­

Botschaft vom 6. Dezember 201913 zur Genehmigung des Protokolls vom 10. Oktober 2018 zur Änderung des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten

BBl 2017 6941 BBl 2020 565

7621

BBl 2020

4.7.2

Geeignete Datenbestände stehen als Open Data zur Verfügung

Die Prozesse der öffentlichen Hand zur Erhebung, Speicherung und Verarbeitung von Daten werden so weiterentwickelt, dass sie die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz sowie Unternehmen administrativ entlasten und effizient und nachhaltig ausgestaltet sind. Um das daraus entstehende Potenzial zur geordneten Umsetzung des Prinzips «once only» effizient zu nutzen, sind in verschiedenen Bereichen die Zusammenarbeitsmodelle der Verwaltung weiterzuentwickeln. Damit Daten ausgetauscht werden können, soll die Interoperabilität zwischen den einzelnen Datensammlungen sichergestellt werden. Die Daten der Verwaltung tragen zu mehr Wertschöpfung und einer Positionierung der Schweiz als attraktivem Lebensraum und Wirtschaftsstandort bei.

Durch die öffentliche Hand produzierte oder in ihrem Auftrag erhobene Daten werden grundsätzlich als «Open Government Data» in offener und maschinenlesbarer Form veröffentlicht Dies entspricht dem Prinzip «open by default», wie es in der Open-Government-Data-Strategie 2019­2023 vorgesehen ist. Zudem wird die Weiterverwendung von zur Verfügung gestellten Verwaltungsdaten auf allen föderalen Ebenen unterstützt und gefördert ebenso wie die Zusammenarbeit zwischen Privaten und der öffentlichen Hand.

Der offene Zugang zu geeigneten Forschungsdaten und -resultaten leistet ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Wirkung, Transparenz und Reproduzierbarkeit wissenschaftlicher Forschung und wird im Rahmen der Open-DataStrategie der Hochschulen und des Schweizerischen Nationalfonds verfolgt. In Hinblick auf die Sicherung des Zugangs zu «Open Government Data» im Ausland für Schweizer Forschende und Unternehmen im Ausland setzt sich die Schweiz im Rahmen von internationalen Verhandlungen (z. B. WTO) für eine Open-DataStrategie im Ausland ein.

Die Schweiz positioniert sich in den kommenden Jahren auch für den Zugang zu geeigneten Sachdaten, die nicht von Verwaltung und Wissenschaft generiert werden.

Den unterschiedlichen Interessen der Akteure im Datenbereich wird bei der Lösungsfindung Rechnung getragen.

Grundlagendokumente: ­

Open-Government-Data-Strategie 2019­2023 vom 30. November 2018

­

Eckwerte für eine Datenpolitik der Schweiz vom 9. Mai 2018

­

Nationale Open-Access-Strategie von Swissuniversities vom 31. Januar 2017

­

Positionspapier des Koordinationsorgans für Geoinformation des Bundes GKG vom 5. Juli 2018

­

Dateninnovationsstrategie von 2017 des Bundesamtes für Statistik

­

Mehrfachnutzung von Daten: Statistik System Schweiz und die Datenbewirtschaftung des Bundes

7622

BBl 2020

­

Bericht der Expertengruppe zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit vom 17. August 2018

­

Bericht vom 15. Oktober 2019 zu den Empfehlungen der Expertengruppe zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit: Kenntnisnahme und weiteres Vorgehen

4.7.3

Der Zugang zu Daten und die Dateninfrastrukturen im Energiesektor sind ausgebaut

Der Zugang zu digitalen Daten und Informationen im Energiesektor wird verbessert und harmonisiert. Die dafür nötigen Dateninfrastrukturen werden auf- und ausgebaut. Die Vernetzung unterschiedlicher Datensätze wird unterstützt und die Koordination der Akteure im Energiesektor verbessert, was Markteffizienz, Leistungsfähigkeit und Versorgungssicherheit verbessert. Möglichst offen zugängliche Dateninfrastrukturen unterstützen die Reduktion des Energieverbrauchs, die Nutzung der erneuerbaren Energien, die Flexibilisierung von Produktion und Verbrauch sowie die Kopplung der Energiesysteme. Transparenz und die aktive Einbindung der Konsumentinnen und Konsumenten werden verbessert. Der Zugang zu Daten und Dateninfrastrukturen hängt nicht von der Frage ab, ob proprietäre oder quell-offene Software verwendet wird.

Grundlagendokumente: ­

Digitalisierung im Energiesektor: Dialogpapier zum Transformationsprozess vom 11. Dezember 2018

­

Datahub Schweiz, Kosten-Nutzen-Analyse und regulatorischer Handlungsbedarf, Bericht vom 1. Oktober 2018

­

Berichte und Studien im Zusammenhang mit der Revision des Stromversorgungsgesetzes

4.7.4

Die Zugänglichkeit und die Verfügbarkeit von Daten aus der Planungs-, Bau- und Immobilienbranche sind sichergestellt

Ein Grossteil aller menschlichen Aktivitäten findet in gebauter Umgebung statt.

Zunehmend wird der Prozess des Planens, Bauens und Bewirtschaftens von Bauwerken und Immobilien digitalisiert. Die Planungs-, Bau- und Immobilienbranche ist national und global sowohl Lieferantin wie auch Konsumentin von Daten und Prozessen über fast alle Bereiche menschlicher Aktivitäten.

Die während Planung, Bau und Nutzung von Bauwerken anfallenden Daten sollen soweit möglich und sinnvoll für alle zugänglich und nutzbar gemacht werden. Zusammen mit der Branche wird eine übergeordnete Strategie dazu erarbeitet. Im Anschluss wird nach geeigneten Methoden und Gefässen für die Erfassung, Speiche-

7623

BBl 2020

rung und Verarbeitung der Daten gesucht. Diese werden nach Möglichkeit zur Verfügung gestellt.

4.7.5

Die Schweiz verfügt über vertrauenswürdige Datenräume, in denen die Einwohnerinnen und Einwohner die Kontrolle über ihre eigenen Daten ausüben können

Die Datennutzung und der Datenaustausch wird mit fortschreitender Vernetzung vermehrt in voneinander abhängigen Beziehungsgeflechten organisiert. Die Schweiz nutzt diese Entwicklung und fördert den Zugang zu vertrauenswürdigen Datenräumen für Individuen, Unternehmen und den öffentlichen Sektor. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und sämtliche gesellschaftliche Akteure können dabei eine grösstmögliche Kontrolle im Sinne einer digitalen Selbstbestimmung über ihre Daten ausüben. Es gibt klar geregelte Verhältnisse zwischen Datenproduzierenden, Datennutzenden und betroffenen Personen, die es allen Akteuren erlauben, existierende Datenbestände innerhalb von Ökosystemen selbstbestimmt und sicher über ihren ursprünglichen Verwendungszweck hinaus verfügbar zu machen. Diese Datenräume erlauben es, sowohl innerhalb von Sektoren als auch sektorenübergreifend Innovationen und neue Businessmodelle voranzutreiben. Um die Chancen von internationalen digitalen Märkten und Datenräumen ebenfalls für die Schweiz nutzbar zu machen, wird zudem die Zusammenarbeit und Vernetzung mit internationalen Partnern aktiv gesucht.

Grundlagendokumente: ­

Botschaft vom 15. September 2017 zum Bundesgesetz über die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz

­

Bericht der Expertengruppe zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit vom 17. August 2018

­

Bericht vom 15. Oktober 2019 zu den Empfehlungen der Expertengruppe zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit: Kenntnisnahme und weiteres Vorgehen

4.7.6

Die Rahmenbedingungen für einen transparenten und verantwortungsvollen Einsatz von künstlicher Intelligenz sind optimiert

Die zunehmende Nutzung von KI verändert Wirtschaft und Gesellschaft. Die Schweiz soll sich national wie auch international für ein Monitoring und eine Evaluation der sich daraus ergebenden Folgen für unser Privat- und Arbeitsleben einsetzen und dabei die Entwicklungen auf internationaler und insbesondere auch auf europäischer Ebene berücksichtigen. In der Schweiz sind die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass algorithmische Entscheidungssysteme, wo dies angezeigt ist, transpa7624

BBl 2020

rent und überprüfbar sind, die Verantwortlichkeiten geregelt sind und die eingesetzten Systeme die gesellschaftlichen Werte und die Gesetze respektieren. Die hierfür lancierten Massnahmen im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten und Kompetenzen des Bundes sind weiterzuführen.

Grundlagendokumente: ­

Herausforderungen der künstlichen Intelligenz ­ Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe «Künstliche Intelligenz» an den Bundesrat vom 13. Dezember 2019

­

Recommendation of the Council on Artificial Intelligence der OECD vom 22. Mai 2019

­

Mitteilung der EU-Kommission: Weissbuch vom 19. Februar 2020 zur Künstlichen Intelligenz

­

Botschaft vom 15. September 2017 zum Bundesgesetz über die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz

4.7.7

Der Zugang zu digitalen Inhalten ist verbessert

Die Konsumentinnen und Konsumenten erheben den Anspruch, auf die von ihnen gekauften Inhalte überall und mobil zugreifen zu können. Diesem Anspruch stehen Barrieren bei der grenzüberschreitenden Portabilität von urheberrechtlich geschützten Inhalten in Europa und der Welt gegenüber. Es sind Möglichkeiten auszuloten, um den Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz die grenzüberschreitende Portabilität digitaler Inhalte zu ermöglichen. Dabei sind Eigentums- und Urheberrechte zu respektieren.

Grundlagendokumente: ­

Urheberrechtsgesetz vom 9. Oktober 199214

­

Botschaft vom 22. November 201715 zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes sowie zur Genehmigung zweier Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum und zu deren Umsetzung

4.7.8

Der Bedarf für eine «Swiss Cloud» und deren Machbarkeit sind geprüft

Die Nutzung von Cloud-Dienstleistungen ermöglicht eine grosse Flexibilität und Innovationsfähigkeit zu wirtschaftlich günstigen Bedingungen. Solche zumeist von globalen Anbietern angebotenen Dienstleistungen (sogenannte «Public Clouds») sind grundsätzlich attraktiv. An ihnen führt heute kaum ein Weg vorbei. Bedeuten14 15

SR 231.1 SR 2018 591

7625

BBl 2020

den Vorteilen (wie Skalierbarkeit, Schnelligkeit, Kosteneffizienz, Professionalität, Qualität, Innovationskraft) stehen aber auch Nachteile gegenüber, welche die Handlungsspielräume einschränken, Abhängigkeiten schaffen, Risiken bergen oder die Souveränität beeinträchtigen können.

Daher lässt der Bund im Rahmen einer Machbarkeitsstudie vertieft abklären, ob und in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht, damit sowohl die Datensouveränität verbessert wie auch die Abhängigkeiten von den grossen internationalen PublicCloud-Service-Providern mittel- bis langfristig minimiert werden könnten.

4.8

Soziales, Gesundheit und Kultur

Vor dem Hintergrund der sozialen und demografischen Entwicklungen in der Schweiz werden innovative Technologien für ältere Personen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Migrationshintergrund und mit besonderen Bedürfnissen immer wichtiger. Im Positiven sind die Innovationen mit neuen technischen Möglichkeiten der Unterstützung und für Erleichterungen im Alltag, mit dem Abbau von Hindernissen und neuen Möglichkeiten der beruflichen Integration verbunden. Im Negativen können sie zu einer umfassenden Überwachung und zu einer verstärkten Ausgrenzung von Personen mit Behinderungen führen. Es ist daher zentral, dass bei der anwendungsorientierten Technologieentwicklung auch die Bedürfnisse dieser Personengruppen berücksichtigt werden und innovative Möglichkeiten der sozialen und beruflichen Integration gefördert werden. Zudem sind im Rahmen der Forschungsarbeiten zum digitalen Wandel in der Schweiz auch dessen Auswirkungen auf die genannten sozialen Gruppen zu analysieren und Lösungen zu entwickeln, die dazu beitragen, die chancengleiche Teilhabe aller zu verbessern.

Innovative und intelligente Technologien beeinflussen immer mehr Lebens- und Arbeitsbereiche, beispielsweise in Form von Telemedizin-Lösungen oder in den Bereichen Assistenzsysteme und Robotik. Die fachliche Spezialisierung im Gesundheitswesen führt dazu, dass immer mehr Gesundheitsfachpersonen aus unterschiedlichen Berufsgruppen an der Behandlung der Patientinnen und Patienten beteiligt sind. Damit steigt die Anzahl von Personen, die unabhängig von Ort und Zeit einen Zugang zu immer mehr Daten haben müssen. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen erfordert Lösungen, die technisch interoperabel sind und damit eine bessere Vernetzung, Integration und Koordination der Behandlungsprozesse ermöglichen.

Die elektronischen Gesundheitsdienste sind weiterzuentwickeln und der Datenaustausch zwischen Gesundheitseinrichtungen ist effizienter zu gestalten, um eine qualitativ hochstehende Patientenversorgung entlang der Behandlungskette sicherzustellen.

Im Bereich der Kultur bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten, die kulturelle Vielfalt zu fördern, den Zugang aller zum Kulturerbe zu erleichtern und mittels neuer Technologien innovative Arten des Kulturschaffens sowie dessen Verbreitung und Rezeption zu fördern. Durch den verstärkten Dialog
mit den Akteuren sollen der Wissenstransfer und die Zusammenarbeit im Bereich transversaler digitaler Projekte gefördert und das Verständnis zwischen den gesellschaftlichen, sprachlichen und kulturellen Gemeinschaften gestärkt werden.

7626

BBl 2020

Beitrag des Aktionsfelds zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO: ­

Ziel 3: Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern

­

Ziel 9: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen

4.8.1

Der barriere- und diskriminierungsfreie Zugang zu digitalen Produkten und Dienstleistungen ist gewährleistet

Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass alle Einwohnerinnen und Einwohner einen chancengleichen, barriere- und diskriminierungsfreien Zugang zu innovativen Technologien und Dienstleistungen haben. Ältere Personen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Migrationshintergrund und mit besonderen Bedürfnissen, insbesondere sozial benachteiligte und bildungsfremde Personen, sollen diese Technologien nutzen können, um Hindernisse abzubauen. Ziel ist, deren Inklusion in den sozialen und deren Integration in den beruflichen Alltag und in der Schule zu erleichtern und sie dabei zu unterstützen, ein selbstbestimmteres Leben zu führen.

Die Dienstleistungen der Behörden im Internet sind nach den internationalen Informatikstandards bezüglich Barrierefreiheit auszurichten.

Im Rahmen der internationalen Innovationszusammenarbeit unterstützt die Forschung und Entwicklung Assistenztechnologien und innovative Dienstleistungen, die sich an den individuellen Bedürfnissen der genannten sozialen Gruppen orientieren. Damit diese Technologien und Dienstleistungen von den Zielgruppen auch eingesetzt werden können, sind die von der Invaliden- und Unfallversicherung abgegebenen Hilfsmittel dem technologischen Fortschritt anzupassen und deren Verbreitung, Verfügbarkeit und Finanzierung sicherzustellen.

Grundlagendokumente: ­

Bericht des Bundesrates vom 9. Mai 2018 zur Behindertenpolitik

­

Forschungsprogramm «Digitale Transformation» (NFP 77)

4.8.2

Die Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen ermöglicht eine massgeschneiderte Gesundheitsversorgung

Die Menschen in der Schweiz haben mit dem elektronischen Patientendossier Zugang zu ihren Gesundheitsdaten und können diese den Gesundheitsfachpersonen ihrer Wahl unabhängig von Ort und Zeit zugänglich machen, wobei dem Schutz der persönlichen Daten grosse Bedeutung beigemessen wird.

Die Patientinnen und Patienten sind aktiv an den Entscheidungen in Bezug auf ihr Gesundheitsverhalten und ihre Gesundheitsprobleme beteiligt und stärken damit ihre Gesundheitskompetenz. Neue Technologien und die umsichtige und vertrauenswür7627

BBl 2020

dige Nutzung von Gesundheitsdaten fördern die Vernetzung im Gesundheitswesen sowie qualitativ bessere, sicherere und effizientere Prozesse. Dieser Fokus auf den Behandlungspfad der Patientinnen und Patienten kann nur umgesetzt werden, wenn Bund, Kantone und private Akteure verstärkt zusammenarbeiten und ihre Aktivitäten koordinieren. Gleichzeitig müssen die Grundsätze der informationellen Selbstbestimmung und der Freiwilligkeit einen hohen Stellenwert behalten. Nur so kann sichergestellt werden, dass die gesellschaftliche Solidarität nicht gefährdet wird.

Grundlagendokumente: ­

Strategie eHealth Schweiz 2.0 vom 14. Dezember 2018

­

Strategie Gesundheit 2020

­

Strategie Gesundheit 2030

4.8.3

Der erleichterte Zugang zu Kulturschaffen und Kulturerbe stärkt die kulturelle Teilhabe

Digitale Kanäle und Plattformen erleichtern den Zugang zu Kulturschaffen und Kulturerbe und stellen eine breite gesellschaftliche Teilhabe am kulturellen Leben sicher. Der Bund setzt sich für die Entwicklung, Produktion und Vermittlung von digitalem Kulturschaffen ein und fördert die kulturelle Teilhabe sowie die Verständigung zwischen den gesellschaftlichen, sprachlichen und kulturellen Gemeinschaften. Die Zugänglichkeit des analogen Kulturerbes in Archiven, Bibliotheken und Museen wird durch Digitalisierungsmassnahmen verbessert. Die Langzeitverfügbarkeit des digitalen Kulturerbes in Archiven, Bibliotheken und Museen wie auch der Wissenstransfer und die Vernetzung im Bereich transversaler Projekte werden sichergestellt.

Grundlagendokumente: ­

Strategie der Schweizerischen Nationalbibliothek 2020­2028

­

Strategische Ziele des Bundesrates vom 4. Dezember 2015 für die Stiftung Pro Helvetia 2016­2020

­

Kulturbotschaft 2021­2024 vom 26. Februar 202016

4.8.4

Die digitale Transformation trägt der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Bevölkerung Rechnung

Die fortschreitende Digitalisierung und die zunehmende Nutzung elektronischer Geräte führen zu Veränderungen unserer Lebensgewohnheiten und unseres Verhaltens. Diese Veränderungen können negative Auswirkungen auf die Gesundheit mit sich bringen. Die digitale Transformation muss daher mit gezielten Massnahmen

16

BBl 2020 3131

7628

BBl 2020

begleitet werden, um allfällige negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung nach Möglichkeit zu vermeiden.

Grundlagendokumente: ­

Strategie Gesundheit 2030

­

Forschungsprogramm «Nichtionisierende Strahlung ­ Umwelt und Gesundheit» (NFP 57)

4.9

Internationales Engagement

In seiner Aussenpolitischen Strategie (APS) 2020­23 hat der Bundesrat die Digitalisierung erstmals als einen von vier thematischen Schwerpunkten definiert. Dabei hat er festgehalten, dass er die Digitalaussenpolitik der Schweiz weiterentwickeln will.

Er nimmt das Postulat 17.3789 Béglé zum Anlass, noch vor Ende 2020 eine themenspezifische Umsetzungsstrategie zur APS 2020­23 vorzulegen, welche die Digitalaussenpolitik konzeptionell erläutert, die entsprechenden Leitlinien der APS 2020­ 23 konkretisiert und die einzelnen aussenpolitischen Aktionsfelder festlegt.

Die nachfolgenden Elemente werden im Lichte dieser Umsetzungsstrategie umzusetzen sein.

Beitrag des Aktionsfelds zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO: ­

Ziel 9: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen

­

Ziel 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern

­

Ziel 17: Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen

4.9.1

Die Schweiz prägt die internationale Diskussion über die Zukunft des digitalen Raums und dessen Gouvernanz mit

Die Schweiz schärft ihr Profil im Bereich der Digitalaussenpolitik weiter und stärkt ihre Rolle in der Ausgestaltung der globalen digitalen Gouvernanz. Sie setzt sich dabei für den Einbezug aller betroffenen Akteure ein und trägt dazu bei, neue Lösungsansätze zu finden. Auf globaler Ebene verfolgt die Schweiz das Ziel eines offenen und sicheren digitalen Raums, der sich auf das Völkerrecht stützt und in dem die Menschen und ihre Bedürfnisse im Zentrum stehen. Rechtsstaatlichkeit und universelle Menschenrechte wie die Informations- und Meinungsfreiheit und der Schutz der Privatsphäre müssen auch online gewährleistet sein. Freiheitsrechte wie die Pressefreiheit gilt es zu verteidigen. Als Brückenbauerin will die Schweiz zur Umsetzung der Empfehlungen des hochrangigen Panels von UNO-Generalsekretär Guterres zur digitalen Kooperation beitragen, indem sie mithilft, neue Gouvernanz7629

BBl 2020

modelle zu entwickeln. Das internationale Genf wird durch eine stärkere Vernetzung der Akteure, interdisziplinäre Zusammenarbeit und verstärkten Einbezug von Entwicklungsländern weiter als globales Zentrum für die Digitalpolitik gefördert. Existierende Foren werden gestärkt und die Vernetzung in Genf ansässiger internationaler Organisationen, NGO und Think Tanks wird vorangetrieben, um deren Potenzial besser auszuschöpfen. Von der Schweiz unterstützte Initiativen wie die «Geneva Internet Platform» oder die Stiftung «Geneva Science and Diplomacy Anticipator» werden weiter genutzt und ausgebaut.

Grundlagendokumente: ­

Aussenpolitischer Bericht 2019 vom 29. Januar 202017

­

Aussenpolitische Strategie 2020­2023 vom 30. Januar 2020

­

Sicherheitspolitischer Bericht 2016 vom 24. August 201618

­

Bericht des High Level Panel on Digital Cooperation 2019

­

Ergebnisse des UNO-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS) 2003 und 2005

­

Ergebnisse des WSIS+10 Review Prozesses

4.9.2

Die Schweiz engagiert sich für die digitale Selbstbestimmung von Individuen und die Schaffung von grenzüberschreitenden Datenräumen

Die Schweiz setzt sich national wie auch auf europäischer und globaler Ebene für innovative und sichere Methoden ein, die den Austausch von Daten fördern und zu einer möglichst freien und gleichzeitig vertrauenswürdigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entfaltung im digitalen Raum beitragen. Die Schweiz engagiert sich mit internationalen Partnern für eine digitale Selbstbestimmung und einen digitalen Raum, in dem Bürgerinnen und Bürger eine massgebende Rolle in der Entwicklung von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen digitalen Ökosystemen einnehmen. Die Schweiz gestaltet auf dieser Basis globale Datengouvernanzsysteme aktiv mit und fördert die Vernetzung sowie den Aufbau von entsprechenden internationalen Datenräumen, um deren Interoperabilität mit der Schweiz zu fördern und neue Barrieren zu vermeiden. Sie baut diesbezüglich eine Zusammenarbeit mit internationalen Partnern auf, die ähnliche Ziele verfolgen, beispielsweise mit der EU und ihren Mitgliedstaaten, dem Vereinigten Königreich und mit Staaten ausserhalb Europas.

Grundlagendokumente:

17 18

­

Aussenpolitische Strategie 2020­2023 vom 30. Januar 2020

­

Mitteilung der EU-Kommission: Eine europäische Datenstrategie, Februar 2020 BBl 2020 1565 BBl 2016 7763

7630

BBl 2020

­

Mitteilung der EU-Kommission: Gestaltung der digitalen Zukunft Europas, Februar 2020

­

OECD Going Digital Framework

4.9.3

Die Schweiz setzt sich für einen sicheren und vertrauenswürdigen Cyberraum ein

Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass auch im Cyberraum klare Regeln gelten und das Prinzip «Recht vor Macht» beachtet wird. Das Fundament für einen sicheren, offenen und freien digitalen Raum, der auf klaren Regeln und gegenseitigem Vertrauen basiert, bilden die Anerkennung, Einhaltung und Durchsetzung des Völkerrechts. Hierzu setzt sich die Schweiz für die zwischenstaatliche Vertrauensbildung sowie die Friedensförderung ein, insbesondere im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Sie überträgt dabei ihr Engagement von der «Offline-Welt» in die «Online-Welt» und schärft ihr Profil im Bereich der Digitalaussenpolitik weiter, indem sie zur Minimierung der Risiken im Cyberraum beiträgt. Betreffend Cybersicherheit fördert die Schweiz den Aus- und Aufbau ihrer eigenen Fähigkeiten und trägt angesichts der ausgeprägten globalen Interdependenzen nach Möglichkeit auch zum Kapazitätsaufbau in anderen Ländern bei. Auch bezüglich Cyberspace kann sich die Schweiz als Brückenbauerin einbringen, indem sie Vertreterinnen und Vertreter aller beteiligten Akteure zusammenbringt, um beispielsweise mit eigenen Initiativen wie dem «Geneva Dialogue on Responsible Behaviour in Cyberspace» die Verantwortlichkeiten im Cyberraum zu klären, verantwortungsvolles Verhalten zu fördern oder neue Gouvernanzmodelle zu entwickeln. Zudem setzt sich die Schweiz für international koordinierte Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von gezielter Desinformation sowie von Hass- und Terrorpropaganda ein. Diese Phänomene fordern die globale Sicherheitspolitik und das Funktionieren der demokratischen Willensbildung zunehmend heraus.

Grundlagendokumente: ­

Nationale Strategie vom 18. April 2018 zum Schutz der Schweiz vor CyberRisiken (NCS) 2018­2022

­

Umsetzungsplan vom 15. Mai 2019 zur Nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken

­

Aussenpolitischer Bericht 2019 vom 29. Januar 2020

­

Aussenpolitische Strategie 2020­2023 vom 30. Januar 2020

­

Sicherheitspolitischer Bericht 2016 vom 24. August 2016

­

Ergebnisse der UNGGE: Berichte 2010, 2013, 2015

­

Beschluss Nr. 1202 vom 10. März 2016 des Ständigen Rates der OSZE betreffend 16 vertrauensbildende Massnahmen der OSZE

7631

BBl 2020

4.9.4

Internationale Normen und Standards widerspiegeln die Interessen der Schweiz

Normen und Standards sind Voraussetzung für die branchenübergreifende Anwendung und Implementierung von digitalen Methoden. Die Schweiz als Wissensstandort mit hochqualifizierten Fachpersonen aus Theorie und Praxis soll ihr Wissen und ihre Interessen verstärkt im internationalen Normenschaffen einbringen. In der Schweiz werden Normen und Standards nicht hoheitlich, sondern im Milizsystem erarbeitet. Dieses System stösst mit der Internationalisierung an seine Leistungsgrenzen. Kurzfristig müssen bestehende Strukturen gestärkt und unterstützt werden.

Längerfristig müssen tragfähige Strukturen gefunden werden, die den Herausforderungen der Internationalisierung im Normierungs- und Standardisierungsbereich gewachsen sind.

4.9.5

Die Schweiz engagiert sich für die Erreichung der Ziele der Agenda 2030 der UNO mittels neuer Technologien

Die Schweiz setzt die neuen Technologien zur Erreichung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der UNO ein. So nutzt die Schweiz das Potenzial neuer Technologien in der internationalen Zusammenarbeit, d. h. in der Armutsbekämpfung, in der guten Regierungsführung und wirtschaftlichen Entwicklung, in der Nothilfe, zum Schutz der Menschenrechte und in ihrer Antwort auf die globalen Herausforderungen. Innovative technologische Ansätze erhöhen die Wirksamkeit der Programme und Projekte und können die Umsetzung der Agenda 2030 beschleunigen, insbesondere für einen universellen und erschwinglichen Zugang der gesamten Weltbevölkerung zum Internet, qualitativ hochstehende Bildungsangebote sowie die Gleichstellung der Geschlechter. Dabei spielen qualitativ hochstehende Daten eine zentrale Rolle. Die Schweiz engagiert sich zudem für die strategische Verknüpfung der Ergebnisse des UNO-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft mit den Zielen der Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung.

Die Bedeutung von humanitärem Schutz und die Ansprüche an humanitäre Organisationen wandeln sich in einer Welt, in der Verfolgung, Überwachung und Krieg nicht nur im physischen, sondern zunehmend auch im digitalen Raum stattfinden.

Besonders für humanitäre Akteure, die hochsensible Daten von schutzbedürftigen Personen verwalten, ist ein sicheres Datenumfeld essenziell. Mit ihrer humanitären Tradition setzt sich die Schweiz in internationalen Gremien vermehrt dafür ein, humanitäre Fragestellungen zu thematisieren, die Kompetenzen humanitärer Organisationen entsprechend zu stärken und die Erfüllung humanitärer Mandate auch im digitalen Zeitalter zu gewährleisten.

7632

BBl 2020

Grundlagendokumente: ­

Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG)

­

Strategie vom 19. Februar 202019 zur internationalen Zusammenarbeit 2021­2024

­

Ergebnisse des UNO-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS) 2003 und 2005

­

Ergebnisse des WSIS+10 Review Prozesses

­

The Global Fundamental Geospatial Data Themes, New York 2019

5

Umsetzung und Dialog «Digitale Schweiz»

5.1

Vernetzung und Zusammenarbeit aller Anspruchsgruppen

Der Bundesrat lädt alle Anspruchsgruppen der digitalen Schweiz, insbesondere die Kantone, Städte und Gemeinden ein, sich über ihre Projekte zur Umsetzung dieser Strategie und relevante Querschnittsthemen auszutauschen und allfällige Synergien zu nutzen. Die Verwaltung arbeitet zudem eng mit der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft zusammen und trägt so zur effizienten Umsetzung der Strategie bei. Insbesondere in Fachgebieten mit geteilten Zuständigkeiten zwischen Bund, Kantonen und privaten Organisationen (z. B. im Gesundheits- und Bildungswesen) ist eine nachhaltige digitale Vernetzung nur möglich, wenn es ständige Foren oder Plattformen für die Zusammenarbeit gibt.

Dieser Dialog stärkt das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines gemeinsamen Engagements für die digitale Schweiz. Er dient auch dazu, die Vernetzung der Akteure zu fördern und einen Informationsaustausch über die laufenden Massnahmen sicherzustellen.

Das Eidgenössische Department für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation ist bis Ende 2020 verantwortlich für die bundesinterne Koordination und Weiterentwicklung der Strategie. Diese Arbeiten werden im Rahmen einer Koordinationsgruppe «Digitale Schweiz» des Bundes durchgeführt. Die Geschäftsstelle «Digitale Schweiz» des Bundes, angesiedelt im BAKOM, unterstützt die Koordinationsgruppe organisatorisch und inhaltlich. Am 1. Januar 2021 wird die bundesinterne Koordination von der Bundeskanzlei übernommen.

19

BBl 2020 2597

7633

BBl 2020

5.2

Aktionsplan «Digitale Schweiz»

Der Aktionsplan «Digitale Schweiz» umfasst die Massnahmen, die einen konkreten Beitrag zur Erreichung der Ziele der Strategie «Digitale Schweiz» leisten. Ausgangspunkt dafür bilden die Massnahmen der Bundesverwaltung. Die Departemente und Bundesstellen finanzieren ihre Umsetzungsmassnahmen im Rahmen ihrer ordentlichen Budgets und stellen bei Bedarf deren Evaluation sicher. Der Aktionsplan «Digitale Schweiz» ist auf der Website www.digitaldialog.swiss publiziert und wird regelmässig aktualisiert.

Die digitale Schweiz ist aber ein Gemeinschaftswerk von Behörden aller Staatsebenen, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik. Dies soll sich auch im Aktionsplan zu dieser Strategie niederschlagen. Ausgewählte Projekte anderer Akteure, die zur Erreichung der Strategieziele beitragen und vordefinierte Kriterien erfüllen, können der Inspiration und Nachahmung dienen. Sie können daher im Aktionsplan «Digitale Schweiz» publiziert werden. Die für ihre Umsetzung verantwortlichen Stellen sorgen für die nötigen Mittel.

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