20.022 Botschaft zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) vom 12. Februar 2020

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung die Entwürfe zur Änderung des Landwirtschaftsgesetzes und des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht, des Tierseuchengesetzes sowie zum Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2022­2025.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2012

M

10.3818

Verhandlungen mit der EU über ein Freihandelsabkommen in Agrar- und Lebensmittelbereich stoppen (N 9.6.11, Darbellay; S 7.3.12)

2014

M

11.4020

Für eine sachgerechte Verwendung von BiomasseReststoffen und gegen Technologieverbote (N 17.9.13, Lustenberger; S 27.11.14)

2015

M

14.3095

Ortsüblicher Bewirtschaftungsbereich. Ersatzlose Aufhebung von Artikel 24 der Gewässerschutzverordnung (S 19.6.14, Bischofberger; N 12.3.15)

2016

M

13.3324

Anpassung des Gewässerschutzgesetzes an die heutige Nutztierhaltung (N 12.3.15, Aebi Andreas; S 9.3.16; N 12.9.16)

2016

M

14.4098

Agrarpolitik. Administrativen Aufwand massgeblich reduzieren (N 20.3.15, Müller Walter; S 15.6.16)

2017

M

16.3710

Sachgerechte Verwendung von Biomasse (N 16.12.16, Semadeni; S 13.9.17)

2018

M

17.4203

Bäuerliches Bodenrecht. Ergänzung der Artikel 61 und 66 BGBB (N 26.9.18, Abate; S 12.3.18)

2019-3244

3955

2018

M

18.3144

Stärkung der Pflanzenzüchtung jetzt!

(N 13.3.18, S 6.12.18, Hausammann)

2019

M

18.3241

Es soll gesetzlich verankert werden, dass die landwirtschaftliche Forschung auf die regionalen Gegebenheiten ausgerichtet sein muss (S 6.6.18, N 21.3.19, Savary)

2014

P

14.3514

Agrarpolitik 2018­2021. Massnahmenplan zum Abbau der überbordenden Bürokratie und zur Personalreduktion in der Verwaltung (N 26.9.14, Knecht)

2015

P

15.3862

Den administrativen Aufwand in der Landwirtschaft reduzieren. Unnötige Kontrollpunkte streichen (N 18.12.15, Aebi Andreas)

2015

P

15.4056

Stärkung der Milchproduktion aus betriebseigenem Grundfutter (N 18.12.15, Jans)

2016

P

16.3098

Zusätzlich zur Qualitätsstrategie noch eine Mehrwertstrategie (S 6.6.16, Seydoux)

2018

P

17.3916

Zugang zu Land und zu Landwirtschaftsbetrieben verbessern (N 28.2.18, Jans)

2019

P

19.3385

Wie wird das Klima-Sektorziel der Land- und Ernährungswirtschaft zur Erreichung des Pariser Klimaabkommens konkret umgesetzt? (N 27.9.19, Graf Maya)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. Februar 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

3956

Übersicht Mit der Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) will der Bundesrat die agrarpolitischen Rahmenbedingungen in den Bereichen Markt, Betrieb und Umwelt verbessern.

Die Land- und Ernährungswirtschaft soll die Wertschöpfung am Markt steigern, die betriebliche Effizienz erhöhen und die Umweltbelastung sowie den Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen weiter reduzieren. Dafür soll der Bund der Land- und Ernährungswirtschaft in den Jahren 2022­2025 rund 13,8 Milliarden Franken zur Verfügung stellen, was dem heutigen Stützungsumfang entspricht.

Ausgangslage Die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft produziert einerseits Nahrungsmittel und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit der Bevölkerung. Andererseits erbringt sie von der Gesellschaft erwartete Leistungen wie die Pflege der Kulturlandschaft. Dafür wird sie von der öffentlichen Hand finanziell unterstützt.

Das sich verändernde Umfeld ­ zum Beispiel infolge des Klimawandels, technologischer Fortschritte und veränderter gesellschaftlicher Erwartungen ­ führt zu neuen Herausforderungen für die Land- und Ernährungwirtschaft und erfordert periodische Anpassungen bei den agrarpolitischen Rahmenbedingungen. Substanzielle Anpassungen auf Gesetzesebene erfolgten letztmals im Jahr 2013 mit der Agrarpolitik 2014­2017. Deren Ziele konnten in vielen Bereichen erreicht werden. So hat sich die Einkommenssituation in der Landwirtschaft verbessert, die Kalorienproduktion konnte auf dem angestrebten Niveau gehalten werden und die Beteiligung an Umwelt- und Tierwohlprogrammen ist gestiegen. Es verbleiben aber Ziellücken. Handlungsbedarf besteht insbesondere bei der Reduktion der Umweltbelastungen auf ein für die Ökosysteme tragbares Niveau.

Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament, die gesetzlichen Bestimmungen per 2022 auf die zukünftigen Herausforderungen für die Landund Ernährungswirtschaft und die Ziellücken auszurichten.

Inhalt der Vorlage Die Schweizer Landwirtschaft soll die Wertschöpfung am Markt steigern, die betriebliche Effizienz erhöhen und die Umweltbelastung sowie den Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen weiter reduzieren.

Die AP22+ enthält auch ein Massnahmenpaket als Alternative zur eidgenössischen Volksinitiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung ­ Keine Subventionen für
den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz» (Trinkwasserinitiative). Im Landwirtschaftsgesetz wird ein verbindlicher Absenkpfad für die Verluste an Stickstoff und Phosphor (Reduktion um 20 % bis 2030) verankert. Werden die Ziele nicht erreicht, so wird der Bundesrat verpflichtet, Korrekturmassnahmen zu ergreifen. Nährstofflieferungen an landwirtschaftliche Betriebe müssen transparent festgehalten werden. Im Gewässerschutzgesetz wird die maximal er-

3957

laubte Hofdüngerausbringung reduziert. Im ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) werden Pflanzenschutzmittel mit erhöhtem Umweltrisiko nicht mehr zugelassen und der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel verstärkt mit Direktzahlungen gefördert. Wenn trotzdem regional zu hohe Stoffeinträge in Gewässern festgestellt werden, sollen Bund und Kantone im Rahmen von regionalen landwirtschaftlichen Strategien regionsspezifische Massnahmen fördern und gezielt die Anforderungen regional verschärfen können.

Wichtigste Änderungen bei der Gesetzgebung: Landwirtschaftsgesetz: ­

Verbindlicher Absenkpfad für Stickstoff- und Phosphorverluste: Werden die Ziele nicht erreicht, ergreift der Bundesrat Korrekturmassnahmen.

­

Sozialversicherungsschutz als Voraussetzung für Direktzahlungen: Die Ehefrau, der Ehemann, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Bewirtschafters oder der Bewirtschafterin muss, sofern sie oder er regelmässig und in beträchtlichem Masse auf dem Betrieb mitarbeitet, über einen persönlichen Sozialversicherungsschutz verfügen.

­

Ausbildungsanforderung für Direktzahlungen: Neue Direktzahlungsbezügerinnen und -bezüger sollen mindestens über das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis verfügen müssen und die drei Module Betriebswirtschaft besucht haben.

­

Begrenzung der Direktzahlungen: Aufgehoben werden sollen die Begrenzung pro Standardarbeitskraft und die Abstufung nach Fläche. Dafür sollen die Direktzahlungen ab 150 000 Franken pro Betrieb schrittweise reduziert werden.

­

Ökologischer Leistungsnachweis: Die Vorgaben für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sollen wirkungsvoller ausgestaltet werden. Nicht nur auf der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche eines Betriebs, sondern auch auf der Ackerfläche muss ein Mindestanteil an Biodiversitätsförderflächen angelegt werden. Für bestimmte Gebiete kann der ökologische Leistungsnachweis zum Schutz der Ökosysteme spezifiziert werden.

­

Direktzahlungsprogramme: Die heutigen Basis- und Produktionserschwernisbeiträge der Versorgungssicherheitsbeiträge sowie der Offenhaltungsbeitrag der Kulturlandschaftsbeiträge sollen in einen Zonenbeitrag überführt werden. Die derzeitigen Ressourceneffizienzbeiträge sollen in die Produktionssystembeiträge integriert werden. Mit Letzteren sollen hauptsächlich der gezielte Verzicht auf Pflanzenschutzmittel, die Reduktion von Ammoniakemissionen und die Verbesserung der Tiergesundheit gefördert werden.

Eine standortangepasste Landwirtschaft soll mit regionalen landwirtschaftlichen Strategien gefördert werden. Hierzu werden die heutigen Landschaftsqualitäts- und Vernetzungsbeiträge in einen Beitrag zur Förderung einer standortangepassten Landwirtschaft überführt.

3958

­

Ernteversicherungen: Der Bund soll sich zur Risikoabsicherung der Landwirtschaft gegen wetterbedingte Ertragsschwankungen befristet finanziell an Prämien von Ernteversicherungen beteiligen.

­

Strukturverbesserung: Der Bund soll Investitionshilfen auch für den Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke, für innovative Technologien zur Reduktion negativer Umweltauswirkungen, für den subsidiären Ausbau der Datenübertragungskapazität (z.B. Breitbandanschluss) sowie für die Förderung der Tiergesundheit gewähren können. Voraussetzung für Investitionshilfen soll eine erfolgreiche Wirtschaftlichkeitsprüfung sein.

­

Kompetenz- und Innovationsnetzwerke: Der Bund soll Kompetenz- und Innovationsnetwerke für die Pflanzenzucht, Tierzucht und Nutztiergesundheit finanziell unterstützen können.

­

Pilot- und Demonstrationsprojekte: Die Vernetzung von Forschung, Bildung und Beratung mit der Praxis der Land- und Ernährungswirtschaft soll stärker gefördert und Pilot- und Demonstrationsprojekte sollen unterstützt werden können.

­

Transparenz bei Nährstofflieferungen: Inverkehrbringer von Nährstoffen (Mineraldünger, Futtermittel) werden verpflichtet, ihre Lieferungen an landwirtschaftliche Betriebe offenzulegen.

Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht: ­

Besserstellung der mitarbeitenden Partnerinnen und Partner: Selbstbewirtschaftende Nichteigentümergatten sollen ein Vorkaufsrecht erhalten, das jenem der Geschwister und Geschwisterkinder vorgeht.

­

Juristische Personen: Die Bestimmungen zu den juristischen Personen werden weiterentwickelt, um den landwirtschaftlichen Familienbetrieben mehr unternehmerischen Spielraum zu geben.

­

Belastungsgrenze: Die Überschreitung der Belastungsgrenze zur Vergabe von Hypothekarkrediten soll in Zukunft durch Banken und Versicherungen mit Sitz in der Schweiz ohne Bewilligung möglich sein.

Gewässerschutzgesetz: ­

Hofdüngerausbringung: Die maximal erlaubte Hofdüngerausbringung soll von 3 auf 2,5 Düngergrossvieheinheiten (DGVE) pro Hektare reduziert werden. Wird der Absenkpfad für die Verluste an Stickstoff und Phosphor verfehlt, so kann der Bundesrat die Werte weiter senken.

Tierseuchengesetz: ­

Neuer Zweckartikel: Abbilden der aktuellen Situation und Integration der Tiergesundheit als unerlässlichem Bestandteil der Tierseuchenbekämpfung.

Auswirkungen Die AP22+ trägt wesentlich zur Reduktion der Nährstoffemissionen in die Umwelt bei, sowohl von Stickstoff als auch von Phosphor. Sie unterstützt ausserdem durch

3959

die Reduktion der Treibhausgase das Erreichen der Klimaziele. Durch das Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasserinitiative und das Anreizprogramm im Rahmen der Produktionssystembeiträge werden der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und die damit verbundenen Risiken für die Umwelt erheblich reduziert. Die Weiterentwicklung der Produktionssysteme Ackerbau, Spezialkulturen und Nutztierhaltung in der AP22+ bereitet die Landwirtschaft auf die zukünftigen Herausforderungen vor und fördert eine noch nachhaltigere und wertschöpfungsstärkere Landwirtschaft.

Der Verwaltungsaufwand für Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter, Kantone, Kontrollbehörden und den Bund wird so weit wie möglich reduziert. Das neue risikobasierte Kontrollsystem ist ein Paradigmenwechsel und wird die Wirksamkeit der Kontrollen erhöhen und gleichzeitig die Anzahl der Grundkontrollen um 15­ 20 Prozent reduzieren. Weitere Massnahmen werden die Komplexität des Systems im Rahmen der AP22+ verringern, wie zum Beispiel die Abschaffung der Beitragsabstufung bei den Direktzahlungen, die Integration der Ressourceneffizienzbeiträge in die Produktionssystembeiträge oder in den ökologischen Leistungsnachweis, die Zusammenführung der Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsbeiträge sowie die Überführung der drei Beiträge «Basisbeitrag», «Offenhaltungsbeitrag» und «Produktionserschwernisbeitrag» in einen einzigen Zonenbeitrag.

Weitere administrative Vereinfachungen bei den Strukturverbesserungen und beim bäuerlichen Bodenrecht werden den Handlungsspielraum der Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter vergrössern und das unternehmerische Potenzial der landwirtschaftlichen Betriebe stärken.

Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredit 2022­2025 Mit vorliegender Botschaft werden dem Parlament drei Zahlungsrahmen sowie ­ im Bereich der Strukturverbesserungen ­ ein Verpflichtungskredit unterbreitet. Die Höhe der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen 2022­2025 soll mit 13 774 Millionen Franken nominal weitgehend den in den Jahren 2018­2021 geplanten Ausgaben entsprechen.

Geplantes Inkrafttreten Die Gesetzesänderungen sollen zusammen mit den Ausführungsbestimmungen gleichzeitig mit den neuen Zahlungsrahmen auf den 1. Januar 2022 in Kraft treten.

3960

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

3957

1

Ausgangslage 1.1 Bedeutung der Land- und Ernährungswirtschaft 1.2 Bisherige Agrarpolitik 1.2.1 Massnahmen zugunsten der Landund Ernährungswirtschaft 1.2.2 Evaluation der aktuellen Agrarpolitik 1.3 Politikbereiche mit Einfluss auf die Landwirtschaft 1.3.1 Politik im Bereich Umwelt und Raumplanung 1.3.2 Aussenwirtschaftspolitik, internationale Abkommen 1.4 Zukünftige Rahmenbedingungen und Herausforderungen 1.4.1 Produktionsgrundlagen 1.4.2 Ernährungssicherheit 1.4.3 Entwicklung der globalen Agrarmärkte 1.4.4 Technologische Entwicklung, Digitalisierung 1.5 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 1.5.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 1.5.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates 1.6 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

3966 3966 3966

2

Vernehmlassungsverfahren 2.1 Vernehmlassungsvorlage 2.2 Zusammenfassung der Ergebnisse der Vernehmlassung 2.3 Würdigung der Ergebnisse der Vernehmlassung

3999 3999 4001 4002

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

4004

4

Agrarpolitik ab 2022 im Überblick 4.1 Strategische Ausrichtung 4.2 Perspektiven-Dreieck: Markt, Betrieb und Umwelt 4.2.1 Bereich Markt 4.2.1.1 Ziele und Stossrichtungen 4.2.1.2 Instrumente 4.2.2 Bereich Betrieb 4.2.2.1 Ziele und Stossrichtungen 4.2.2.2 Instrumente 4.2.3 Bereich Umwelt und natürliche Ressourcen 4.2.3.1 Ziele und Stossrichtungen 4.2.3.2 Instrumente 4.2.4 Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasserinitiative 4.3 Ziele und Indikatoren 2022­2025

4006 4006 4007 4008 4008 4009 4010 4010 4010 4014 4014 4015

3967 3970 3980 3980 3984 3988 3988 3988 3989 3989 3989 3989 3990 3992

4017 4021 3961

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5

Grundzüge der Vorlage 5.1 Landwirtschaftsgesetz 5.1.1 Allgemeine Grundsätze 5.1.1.1 Innovationsförderung 5.1.1.2 Digitalisierung 5.1.1.3 Anwendung bestimmter Massnahmen des LwG auf Aquakulturen, Algen, Insekten und weiteren lebende Organismen als Basis für Nahrungsund Futtermittel 5.1.1.4 Absenkpfad für Nährstoffverluste 5.1.2 Produktion und Absatz 5.1.2.1 Zulagen Milchwirtschaft 5.1.2.2 Beitrag an die Milchprüfung 5.1.2.3 Höchstbestandesvorschriften 5.1.2.4 Beiträge zur Anpassung der Produktion von Früchten und Gemüse an die Erfordernisse der Märkte 5.1.2.5 Rebsortenverzeichnis 5.1.3 Direktzahlungen 5.1.3.1 Eintretens- und Begrenzungskriterien 5.1.3.2 Ökologischer Leistungsnachweis 5.1.3.3 Versorgungssicherheitsund Kulturlandschaftsbeiträge 5.1.3.4 Biodiversitätsbeiträge 5.1.3.5 Produktionssystem- und Ressourceneffizienzbeiträge 5.1.3.6 Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft 5.1.3.7 Übergangsbeiträge 5.1.4 Betriebliches Risikomanagement 5.1.5 Strukturverbesserungen 5.1.5.1 Erweiterung der Massnahmen und Optimierung der Struktur im 5. Titel 5.1.5.2 Wirtschaftlichkeitsprüfung 5.1.5.3 Investitionskredite für Wohngebäude 5.1.5.4 Administrative Vereinfachung 5.1.6 Forschung und Beratung sowie Förderung der Pflanzenund Tierzucht 5.1.6.1 Grundlage für die Erarbeitung, die Verwertung und den Austausch von Wissen 5.1.6.2 Landwirtschaftliche Forschung 5.1.6.3 Förderung der Verwertung und des Austauschs von Wissen 5.1.6.4 Aufbau von Kompetenzund Innovationsnetzwerken 5.1.6.5 Förderung der Tierzucht

3962

4024 4024 4024 4025 4025

4027 4028 4030 4030 4032 4033 4035 4035 4036 4036 4046 4052 4055 4058 4070 4073 4074 4077 4077 4082 4084 4085 4086 4086 4087 4089 4090 4092

BBl 2020

5.1.7

5.2

5.3

Pflanzenschutz und Produktionsmittel 5.1.7.1 Vorschriften zum Schutz von Kulturen und Pflanzenmaterial 5.1.7.2 Parteistellung in Verfahren betreffend Pflanzenschutzmittel 5.1.8 Rechtsschutz, Verwaltungsmassnahmen und Strafbestimmungen 5.1.8.1 Erweiterung des Rechtsschutzes 5.1.8.2 Ausnahmen 5.1.8.3 Übertretungen, Vergehen und Verbrechen 5.1.8.4 Einspracheverfahren generell 5.1.9 Schlussbestimmungen 5.1.9.1 Oberaufsicht des Bundes 5.1.9.2 Mitarbeit von Organisationen und Firmen 5.1.9.3 Pflanzenschutzkontrolle 5.1.9.4 Erhebung von Monitoringdaten 5.1.10 Änderung anderer Erlasse 5.1.10.1 Gewässerschutzgesetz 5.1.10.2 Zivildienstgesetz 5.1.10.3 Waldgesetz Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht 5.2.1 Juristische Personen 5.2.2 Anpassungen bei der Belastungsgrenze 5.2.3 Stärkung der Position der Ehegatten 5.2.4 Weitere Anpassungen 5.2.4.1 Administrative Entlastung 5.2.4.2 Definition des Ertragswertes 5.2.4.3 Zuständigkeit für das BGBB Tierseuchengesetz

4095 4095 4097 4098 4098 4098 4099 4100 4101 4101 4101 4102 4103 4105 4105 4105 4106 4106 4107 4110 4110 4111 4111 4112 4113 4113

6

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 6.1 Landwirtschaftsgesetz 6.2 Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht 6.3 Tierseuchengesetz

4114 4114 4139 4148

7

Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel 2022­2025 7.1 Ausgangslage 7.2 Rahmenbedingungen zur Festlegung der Höhe der Zahlungsrahmen 7.2.1 Berücksichtigung der Wirtschaftslage 7.2.2 Finanzpolitische Rahmenbedingungen 7.2.3 Teuerungsanpassungen 7.2.4 Allfällige Begleitmassnahmen für die Landwirtschaft bei neuen oder weiterentwickelten Handelsabkommen 7.3 Mittelbedarf für die Zeitspanne 2022­2025

4149 4149 4149 4149 4150 4150 4151 4151

3963

BBl 2020

7.4

7.5 8

9

Ausgestaltung der drei Zahlungsrahmen 2022­2025 7.4.1 Übersicht über die Zahlungsrahmen 7.4.2 Zahlungsrahmen für die Produktionsgrundlagen 7.4.3 Zahlungsrahmen für Produktion und Absatz 7.4.4 Zahlungsrahmen für die Direktzahlungen Verpflichtungskredit für landwirtschaftliche Strukturverbesserungen

4152 4152 4153 4157 4159 4161

Auswirkungen 8.1 Auswirkungen auf den Bund 8.1.1 Finanzielle Auswirkungen 8.1.2 Personelle Auswirkungen 8.2 Auswirkungen auf Kantone 8.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 8.3.1 Auswirkungen auf die Landwirtschaft 8.3.2 Auswirkungen auf den administrativen Aufwand in der Landwirtschaft 8.3.3 Auswirkungen auf die vor- und nachgelagerten Bereiche 8.3.4 Auswirkungen auf die übrige Wirtschaft 8.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 8.5 Auswirkungen auf die Umwelt

4161 4161 4161 4162 4163 4165 4165

Rechtliche Aspekte 9.1 Verfassungsgrundlage 9.2 Verfassungsmässigkeit 9.3 Berücksichtigung von Artikel 104a BV in der AP22+ 9.4 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 9.4.1 Verpflichtungen der WTO 9.4.1.1 Vorgaben im Bereich der internen Stützung 9.4.1.2 Bisherige Notifikation der wichtigsten Massnahmen der internen Stützung 9.4.1.3 Auswirkung der AP 22+ auf die Notifikation der internen Stützung 9.4.1.4 Weitere Aspekte im Kontext der AP22+ 9.4.2 Weitere internationale Verpflichtungen der Schweiz 9.5 Erlassform 9.6 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 9.7 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz 9.8 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 9.9 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 9.10 Datenschutz

4175 4175 4176 4179 4183 4183 4183

Abkürzungsverzeichnis

3964

4170 4171 4171 4171 4172

4184 4186 4189 4190 4191 4191 4192 4192 4192 4193 4194

BBl 2020

Anhang Beschreibung und Beurteilung der Indikatoren sowie Herleitung der Zielwerte

4199

Bundesgesetz über die Landwirtschaft (Landwirtschaftsgesetz, LwG) (Entwurf)

4213

Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) (Entwurf)

4231

Tierseuchengesetz (TSG) (Entwurf)

4237

Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2022­2025 (Entwurf)

4239

3965

BBl 2020

Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Bedeutung der Land- und Ernährungswirtschaft

Die Landwirtschaft nutzt und pflegt mit rund 50 850 Betrieben (2018) etwa einen Viertel unserer Landesfläche (1,04 Mio. ha) als landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) (Naturwiesen, Weiden, Acker- und Spezialkulturen). Zusätzlich zu dieser Fläche nutzt und pflegt sie etwa 13 Prozent der Landesfläche als Alp- und Sömmerungsweiden. Die Landwirtschaft produziert und erbringt zum einen marktfähige Güter und Dienstleitungen (z. B. Nahrungsmittel und Agrotourismus). Zum anderen erbringt sie wichtige Leistungen für die Öffentlichkeit (z. B. Pflege der Kulturlandschaft).

Im Landwirtschaftssektor sind rund 152 500 Personen beschäftigt, der grösste Anteil davon sind die Betriebsleitenden und ihre Familienangehörigen. Die Abnahme der Beschäftigten in den Jahren 2000­2018 ist mit 1,6 Prozent pro Jahr etwas kleiner als diejenige der Betriebe mit 1,8 Prozent pro Jahr. Die durchschnittliche Betriebsgrösse ist aufgrund des Rückgangs der Anzahl Betriebe auf 20,6 Hektaren gewachsen.

Der Primärsektor, zu dem neben der Landwirtschaft auch die Forstwirtschaft und die Fischerei zählen, trägt mit 4,5 Milliarden Franken rund 0,7 Prozent zur gesamten Bruttowertschöpfung der Schweiz bei.

1.2

Bisherige Agrarpolitik

Seit Beginn der 1990er-Jahre wurde die Agrarpolitik in Richtung stärkere Marktorientierung und gezieltere Förderung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen weiterentwickelt. Mit den Reformen haben diese Leistungen der Landwirtschaft zugenommen, und die volkswirtschaftlichen Kosten sind gesunken. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden mit der Agrarpolitik 2014­20171 (AP 14­17) umfassend angepasst. Für die Jahre 2018­2021 beschloss das Parlament drei landwirtschaftliche Zahlungsrahmen ohne Gesetzesänderungen.2 Die mit der AP 14­17 geschaffenen gesetzlichen Bestimmungen boten eine ausreichende Grundlage, um die notwendigen Systemoptimierungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, Reduktion des administrativen Aufwands und Verbesserung der Ressourceneffizienz auf Verordnungsstufe umzusetzen.

1 2

AS 2013 3463 BBl 2017 3447

3966

BBl 2020

1.2.1

Massnahmen zugunsten der Landund Ernährungswirtschaft

Ausgaben für die Land- und Ernährungswirtschaft Die Leistungen der Landwirtschaft zugunsten der Gesellschaft werden vom Bund hauptsächlich mit Direktzahlungen abgegolten. Dazu gehören die Beiträge zur Versorgungssicherheit, zur Erhaltung der Biodiversität, zur Pflege der Kulturlandschaft und für die besonders tierfreundliche Haltung von Nutztieren. Zusätzlich zu den Direktzahlungen unterstützt der Bund die Landwirtschaft mit Massnahmen zur Förderung der Produktion (z. B. Milchzulagen) und des Absatzes (z. B. Marketing).

Hinzu kommen Massnahmen für die Grundlagenverbesserung (z. B. Strukturverbesserungsmassnahmen) und soziale Begleitmassnahmen. Die Bundesausgaben für die Landwirtschaft und Ernährung betragen jährlich rund 3,6 Milliarden Franken (davon rund 2,8 Mrd. Franken Direktzahlungen). Sie sind in den letzten 10 Jahren nominal weitgehend konstant geblieben. Prozentual ist der Anteil der Bundesausgaben für die Landwirtschaft und die Ernährung jedoch gesunken, da die Bundesausgaben insgesamt gestiegen sind. Er beträgt zurzeit rund 5,2 Prozent.

Abbildung 1 Bundesausgaben für Landwirtschaft und Ernährung

Die agrarpolitischen Massnahmen werden grösstenteils über die drei landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen «Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen», «Produktion und Absatz» und «Direktzahlungen» gesteuert (vgl. Tabelle 1).

3967

BBl 2020

Tabelle 1 Zahlungsrahmen und Massnahmen gemäss Budget 20203 (in Mio. CHF) Zahlungsrahmen

Budget 2020

Massnahmen

ZR Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen: 134,6 Mio. CHF Soziale Begleitmassnahmen

0,4

Betriebshilfedarlehen

Strukturverbesserungen

80,6

Beiträge für Bodenverbesserungen, landw.

Gebäude, Projekte zur regionalen Entwicklung (PRE) und zur Verwirklichung ökologischer, tierschützerischer und raumplanerischer Ziele

0,8

Investitionskredite

Pflanzen- und Tierzucht

41,5

Beiträge zur Förderung der Pflanzenund Tierzucht

Beratungswesen

11,3

Finanzhilfen an die Beratungszentrale Agridea, an überregional tätige Beratungsdienste und für die Vorabklärung von gemeinschaftlichen Projektinitiativen. Ausschreibungen von Projekten des BLW.

ZR Produktion und Absatz: 537,0 Mio. CHF Absatzförderung

69,9

Beiträge an die Marketingkommunikation

Milchwirtschaft

371,8

Zulage für verkäste Milch Zulage für Fütterung ohne Silage Zulage für Verkehrsmilch

Viehwirtschaft

6,0

Inlandbeihilfen Schlachtvieh und Fleisch Inlandbeihilfen Eier Verwertungsbeiträge für Schafwolle Infrastrukturbeiträge an öffentliche Schlachtviehmärkte im Berggebiet

Pflanzenbau

89,4

Einzelkulturbeiträge für Körnerleguminosen, Ölsaaten, Saatgut (Kartoffeln, Mais und Futterpflanzen), Zuckerrüben und Getreide Finanzierung der Obstverwertungsmassnahmen Administration der Weinkontrolle

3

gemäss Bundesbeschluss vom 12. Dez. 2019 (19.041).

3968

BBl 2020

Zahlungsrahmen

Budget 2020

Massnahmen

ZR Direktzahlungen: 2812,0 Mio. CHF Direktzahlungen Landwirtschaft

2812,0

Versorgungssicherheits-, Kulturlandschafts-, Biodiversitäts-, Landschaftsqualitäts-, Produktionssystem-, Ressourceneffizienz- und Übergangsbeiträge

Weitere Bundesausgaben im Umfang von rund 164,1 Millionen Franken werden ebenfalls dem Aufgabengebiet «Landwirtschaft und Ernährung» zugeordnet, obwohl diese ausserhalb der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen liegen (vgl. Tabelle 2).

Tabelle 2 Ausserhalb der drei landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen finanzierte Massnahmen im Aufgabengebiet Landwirtschaft und Ernährung (in Mio. CHF) Massnahmen

Budget 2020

Verwaltungsausgaben BLW ohne interne Leistungsverrechnungen

56,1

Ausgaben für Vollzugs- und Kontrollaufgaben der landwirtschaftlichen Forschungsanstalten inkl. Nationalgestüt (Agroscope)

53,1

Bekämpfungsmassnahmen im Pflanzenschutz Familienzulagen für Landwirte und landwirtschaftliche Arbeitnehmer im Rahmen des FLG4

3,4 51,5

Im Budget des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) und des Kompetenzzentrums des Bundes für landwirtschaftliche Forschung Agroscope sind auch die Ausgaben des Bundes im Bereich der landwirtschaftlichen Forschung und Entwicklung (2017: 123,0 Mio. Fr.; 2018: 126,2 Mio. Fr.), die Beiträge an die Entsorgung tierischer Nebenprodukte (2017: 46,6 Mio. Fr.; 2018: 47,3 Mio. Fr.) und für die Ernährungsund Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) (2017: 7,2 Mio. Fr.; 2018: 7,7 Mio. Fr.) enthalten. Sie unterstützen den Landwirtschaftssektor indirekt, werden jedoch nicht dem Aufgabengebiet «Landwirtschaft und Ernährung» zugeordnet. Eine weitere Unterstützung für die Landwirtschaft, die nicht dem Aufgabengebiet «Landwirtschaft und Ernährung» zugeordnet ist, ist die Rückerstattung der Mineralölsteuer (2017: 65,5 Mio. Fr.; 2018: 65,1 Mio. Fr.).

Zusätzlich zu den Finanzhilfen des Bundes und dem Grenzschutz (vgl. Abbildung 2) unterstützen auch das landwirtschaftliche Pachtrecht und das bäuerliche Bodenrecht die Landwirtschaft. Sie fördern das bäuerliche Grundeigentum und die Selbstbewirtschaftung, begünstigen die Betriebsübergabe innerhalb der Familie und bekämpfen übersetzte Preise für landwirtschaftlichen Boden. Das bäuerliche Bodenrecht hat auch Auswirkungen auf die steuerliche Bewertung landwirtschaftlicher Liegenschaften, was sich auf die Steuerlast und damit verbundene kantonale Massnahmen wie Verbilligung der Krankenkassenprämien oder Stipendien auswirken kann. Eine 4

SR 836.1

3969

BBl 2020

Übersicht wird der entsprechende Bericht zum Postulat Caroni 18.4275 («Übersicht über die entlastenden und belastenden Spezialregeln der Landwirtschaft») geben.

Die Vielfalt an Massnahmen ermöglicht es einerseits, die Bedürfnisse der verschiedenen Regionen und Betriebsausrichtungen gut abzudecken. Anderseits ist das System sehr komplex, nicht widerspruchsfrei und verursacht administrativen Aufwand. Nicht zuletzt hat die hohe Komplexität im Nachgang zur Agrarpolitik 2014­ 2017 zu zahlreichen parlamentarischen Vorstössen geführt.

Grenzschutz Die Schweiz hat im internationalen Vergleich einen hohen Grenzschutz im Agrarbereich. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt den Wert des Grenzschutzes auf Stufe des landwirtschaftlichen Erlöses auf rund 3,3 Milliarden Franken5. In der Ausgestaltung des Grenzschutzes für Agrarprodukte und Lebensmittel kommen in der Schweiz heute verschiedene Instrumente zur Anwendung. Das wichtigste Instrument sind Zollkontingente mit einem relativ tiefen Zollsatz für eine festgelegte Importmenge und einem oft prohibitiv hohen Zollsatz für Importe ausserhalb dieser Kontingentsmenge. Mit Zollkontingenten und hohen Ausserkontingentszollansätzen wird die Importmenge reduziert, was zu höheren Produzenten- und Konsumentenpreisen im Inland führt.

1.2.2

Evaluation der aktuellen Agrarpolitik

Als Referenzrahmen für die Beurteilung der aktuellen Agrarpolitik dienen die Ziele und Indikatoren, die der Bundesrat in der Botschaft vom 1. Februar 6 2012 zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik in den Jahren 2014­2017 definiert hat. Diese werden in der Periode 2018­2021 weiterverfolgt.

Tabelle 3 Ziele mit Horizont 2021 und Stand Zielerreichung Zielbereich

Aspekt

Ökonomie

Arbeitsproduk- +2,2 % p.a.

tivität7 (2000/02­ 2008/10)

+2,2 % p.a.

(2008/10­ 2019/21)

+0,8 % p.a.

(2008/10­ 2017/19)

Kapitalerneue- 30 Jahre rung

30 Jahre

28 Jahre (2017/19)

5 6 7

Stand 2007/09 Ziel 2021

Aktueller Stand (Referenzjahr)

Durchschnitt der Jahre 2015­2017 gemäss PSE, OECD Monitoring and Evaluation Report 2018.

BBl 2012 2075, hier 2100 BFS, Entwicklung der Bruttowertschöpfung zu Vorjahrespreisen pro Jahresarbeitseinheit.

3970

BBl 2020

Zielbereich

Aspekt

Stand 2007/09 Ziel 2021

Aktueller Stand (Referenzjahr)

Soziales

Sektorales Arbeitseinkommen

­0,7 % p.a.

Rückgang unter 0,5 % p.a.

+0,6 % p.a.

(12/14­ 2017/19)

Sichere Versorgung

Bruttoproduktion

23 000 TJ

23 300 TJ

22 743 TJ (2016/18)

Nettoprodukti- 20 700 TJ on

21 300 TJ

19 835 TJ (2016/18)

Landwirtschaftliche Nutzfläche im Dauersiedlungsgebiet

­1 900 ha p.a.

Flächenverlust k.A.

unter 1 000 ha p.a.

Stickstoffeffizienz

29 %

33 %

30 % (2015/17)

Phosphoreffizienz

61 %

68 %

60 % (2015/17)

Ammoniakemissionen NH3-N (Modell 5.0)

43 700 t

37 000 t

42 300 t (2015/17)

Quantität der BFF

60 000 ha im Talgebiet

65 000 ha im Talgebiet

77 965 ha im Talgebiet (2018)

Qualität der BFF

36 % vernetzt, 50 % vernetzt, 27 % Qualität 40 % Qualität

Natürliche Lebensgrundlagen, Ökologie

78 % vernetzt, 42 % Qualität (2018)

Kulturlandschaft

Alpwirtschaft- ­1400 ha p.a.

lich genutzte Fläche

Reduktion k.A.

Waldeinwuchs um 20 %

Tierwohl

Beteiligung RAUS

80 %

72 %

77 % (2018)

Quellen: Agroscope, BFS, SBV, HAFL und BLW

Ökonomie Die nach wie vor positive Entwicklung bei der Arbeitsproduktivität deutet darauf hin, dass Effizienzverbesserungspotenziale beispielsweise infolge des technischen Fortschritts genutzt werden. Die durchschnittliche jährliche Steigerung der Arbeits3971

BBl 2020

produktivität war mit 0,8 Prozent in den Jahren 2008/10­2017/19 aber weniger hoch als in den Vorjahren, was unter anderem auf den verlangsamten Strukturwandel zurückzuführen ist. Kapital wurde genügend in die Landwirtschaft investiert. Es kann damit gerechnet werden, dass sich der Kapitalstock weiterhin in etwas weniger als 30 Jahren erneuert.

Defizite in der Landwirtschaft verbleiben bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit (vgl. Kasten unten). Im Vergleich zum Ausland ist die Schweiz mit einem Produktivitätsrückstand konfrontiert, der aus kleineren Strukturen mit entsprechend weniger Skaleneffekten, klimatischen und topografischen Erschwernissen und einem allgemein hohen Kostenniveau resultiert. Hinzu kommen hohe Ausgaben für Vorleistungen.

Gesamtstützung der Schweizer Landwirtschaft im internationalen Vergleich Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft ist ein prioritäres Ziel der Agrarpolitik. Als Indikator für die Beurteilung der statischen Wettbewerbsfähigkeit kann das Producer Support Estimate (PSE) der OECD herangezogen werden.8 Das PSE schätzt den Anteil der Agrarstützung am Produzentenerlös. Es zeigt, wie stark die Landwirtschaft eines Landes durch staatliche Massnahmen (Grenzschutz, Direktzahlungen, Marktstützung usw.) gestützt wird.

Abbildung 2 Gesamtstützung der Schweizer Landwirtschaft im OECD-Vergleich

Die Differenzen im PSE verschiedener Länder lassen den Schluss zu, dass die Schweizer Landwirtschaft einzig gegenüber Ländern wie Norwegen, Südkorea

8

OECD (2018): Agricultural Policy Monitoring and Evaluation 2018, OECD Publishing, Paris.

3972

BBl 2020

oder Japan, die ein ähnlich hohes Stützungsniveau aufweisen (vgl. Abbildung 2), wettbewerbsfähig wäre. Im Vergleich zur EU ist das Stützungsniveau in der Schweiz weit höher. Die Schweizer Landwirtschaft wäre im EU-Raum kaum wettbewerbsfähig. Zu einem ähnlichen Schluss kommt die OECD auch für die der Landwirtschaft vor- und nachgelagerte Industrie.9 Die OECD stellt allgemein fest, dass diejenigen Branchen, die in geschützten Märkten operieren, dem Wettbewerb mit der ausländischen Konkurrenz nicht gewachsen wären. Branchen ohne oder mit weniger Schutz vor internationaler Konkurrenz werden als wettbewerbsfähiger eingestuft.

Soziales Das sektorale Arbeitseinkommen in der Landwirtschaft (Nettounternehmenseinkommen plus Arbeitnehmerentgelt) ist in den Neunzigerjahren zurückgegangen und hat sich ab der Jahrtausendwende zwischen 4 und 4,5 Milliarden Franken bewegt (vgl. Abbildung 3). Der durchschnittliche Strukturwandel betrug in dieser Zeit rund 1,9 Prozent bei der Anzahl Betriebe und war leicht geringer bei den landwirtschaftlichen Jahresarbeitseinheiten10. In den Neunzigerjahren sind mit 2­3 Prozent jährlich mehr Betriebe ausgestiegen. Aufgrund der Strukturentwicklung stieg das sektorale Arbeitseinkommen pro Jahresarbeitseinheit seit den Neunzigerjahren bis 2018 um rund 30 Prozent auf 58 300 Franken an.

Abbildung 3 Entwicklung der Anzahl Betriebe und des sektoralen Arbeitseinkommens

9 10

OECD (2015): OECD Review of Agricultural Policies: Switzerland 2015, OECD Review of Agricultural Policies, OECD Publishing, Paris.

Die landwirtschaftliche Jahresarbeitseinheit (JAE) entspricht der Arbeit einer oder eines Vollzeitangestellten während eines Jahres (basierend auf 280 Arbeitstagen).

3973

BBl 2020

Die Einkommensentwicklung zeigt sich auch bei den Buchhaltungsergebnissen der zentralen Auswertung von Agroscope. Sowohl das landwirtschaftliche Einkommen pro Betrieb als auch der Arbeitsverdienst pro Familienarbeitskraft sind seit Mitte der Neunzigerjahre kontinuierlich angestiegen (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4 Entwicklung des einzelbetrieblichen Einkommens

Der methodische Wechsel der Einkommenserhebung im Jahr 2015 führte zu einer tieferen Schätzung der Einkommen. Dadurch verschob sich der Anteil der Betriebe, die über dem Vergleichslohn liegen, gegen unten. Der tiefere Arbeitsverdienst ist teilweise auf die neue Stichprobenzusammensetzung, mehr ausgewiesene Familienarbeitskräfte und auf den Umstand zurückzuführen, dass neu rund die Hälfte der Sozialabgaben vom Arbeitsverdienst abgezogen wird. Die Ursachen und Effekte der Umstellung auf die Zufallsstichprobe wurden untersucht.11 Das Gesamteinkommen pro Betrieb setzt sich zusammen aus dem Einkommen landwirtschaftlicher und ausserlandwirtschaftlicher Tätigkeiten. In der ersten Hälfte der Neunzigerjahre war das Gesamteinkommen pro Betrieb rückläufig. Seitdem hat es sich wieder positiv entwickelt, wobei der Anteil des ausserlandwirtschaftlichen Einkommens zugenommen hat.

Was die Verteilung des Einkommens in der Schweizer Landwirtschaft betrifft, sind die Unterschiede beträchtlich. Eine Analyse von landwirtschaftlichen Buchhaltungen von Agroscope12 identifizierte vier Ursachen dafür: Ausbildung (mit den Bil11

12

Vgl. www.agroscope.admin.ch > Themen > Wirtschaft und Technik > Betriebswirtschaft > Zentrale Auswertung von Buchhaltungsdaten > Das Erhebungssystem ZA2015 der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten: Stichprobe Einkommenssituation und Stichprobe Betriebsführung.

Lips, M. (2017): Wirtschaftliche Heterogenität auf Stufe Betrieb und Betriebszweig, Agroscope Science, Entenhausen.

3974

BBl 2020

dungsniveau steigt der Arbeitsverdienst), Betriebsgrösse (mit der Grösse steigen die Skaleneffekte), Betriebsausrichtung (die Arbeitsverdienste sind z. B. bei Spezialkulturen höher als bei der Milchproduktion) und die Betriebsführung (z. B. steigt der Arbeitsverdienst mit sinkenden Maschinenkosten pro ha). Auch die Region spielt eine bedeutende Rolle. Die Einkommen verringern sich mit zunehmender Höhenlage. Die Studie zeigt somit, dass ein wichtiger Teil der Einkommensunterschiede von Faktoren abhängen, welche die Betriebsleitenden selbst beeinflussen können.

Sichere Versorgung und Kulturlandverlust Die inländische Kalorienproduktion ist in den letzten Jahren im Trend gestiegen. Die Abweichungen im Jahresvergleich sind hauptsächlich auf wetterbedingte Ernteschwankungen zurückzuführen. So führten im Jahr 2016 ungünstige Witterungsbedingungen (v.a. Schnee, Frost und viel Regen im ersten Halbjahr und trockene Verhältnisse im zweiten Halbjahr) zu ausserordentlich schlechten Getreide-, Zuckerrüben- und Kartoffelernten, was sich in der tiefen Kalorienproduktion und in entsprechend tiefen Selbstversorgungsraten für das genannte Jahr widerspiegelte. Für die Beurteilung der längerfristigen Entwicklung der Inlandproduktion ist der Trend aussagekräftiger als einzelne Jahreswerte. Aufgrund des steigenden Trends bei der Brutto-Kalorienproduktion und des stabilen bis leicht steigenden Trends bei der Netto-Kalorienproduktion (d. h. der auf Basis von einheimischen Futtermitteln produzierten Lebensmitteln) ist zu erwarten, dass die Ziele des Bundesrats bis 2021 (brutto: 23 300 Terajoule [TJ]; netto: 21 300 TJ) erreicht werden können.

Der Selbstversorgungsgrad, also der Anteil der Inlandproduktion am Konsum, ist zusätzlich zur Entwicklung der Inlandproduktion auch von der Bevölkerungsentwicklung abhängig. Trotz Bevölkerungszunahme konnte der Brutto-Selbstversorgungsgrad in den letzten Jahren konstant gehalten werden. Der Netto-Selbstversorgungsgrad ist aufgrund das Anstiegs der Futtermittelimporte im Trend leicht gesunken.

Abbildung 5 Entwicklung Kalorienproduktion und Selbstversorgungsgrad

3975

BBl 2020

Kulturland ist für die bodenabhängige Produktion von Lebensmitteln und für die Erbringung von Ökosystemleistungen durch die Landwirtschaft zentral. Zwischen 1979/85 und 2004/09 sind 107 900 Hektaren Landwirtschaftsfläche verloren gegangen und neue Landwirtschaftsflächen im Umfang von 22 900 Hektaren dazu gekommen. Netto resultiert ein Rückgang von rund 85 000 Hektaren (­5,4 %). Zwei Drittel des Verlusts erfolgte auf Landwirtschaftsflächen im Dauersiedlungsgebiet (hauptsächlich aufgrund des Siedlungswachstums) und ein Drittel auf alpwirtschaftlich genutzten Flächen im Sömmerungsgebiet (v.a. durch Waldeinwuchs). Damit der Verlust an Kulturland auf unter 1 000 Hektaren pro Jahr gesenkt werden kann, sind grosse Anstrengungen nötig.

Natürliche Lebensgrundlagen, Ökosysteme Die Ziele der Agrarpolitik 2018­2021 im Bereich der natürlichen Lebensgrundlagen und der Ökologie können bis 2021 voraussichtlich nur teilweise erreicht werden. In den Bereichen Stickstoff- und Phosphorbelastung der Umwelt durch die Landwirtschaft sind seit der Jahrtausendwende kaum mehr Fortschritte erzielt worden. Im Bereich Biodiversität konnte trotz zunehmender Beteiligung an den Förderprogrammen der Rückgang der Biodiversität nicht verhindert werden.

Stickstoff (N) Das Etappenziel einer Stickstoffeffizienz von 33 Prozent bis ins Jahr 2021 kann voraussichtlich erreicht werden (Stand 2015/17: 30 %). Das Ziel, die Stickstoffverluste bis dahin auf 95 000 Tonnen Stickstoff zu senken, wird gemäss den vorliegenden Daten jedoch nicht erreicht (Stand 2015/17: 113 938 t N).

Bei den Ammoniakemissionen kann das Etappenziel von 37 000 Tonnen Ammoniak (NH3) bis ins Jahr 2021 nur mit weiteren Anstrengungen zur Emissionsreduktion erreicht werden (Stand 2015/2017: 42 300 t NH3-N). Die kritischen Eintragsraten im Mittelland, im Jura, am nördlichen und am südlichen Alpenhang sowie im Tessin werden teilweise um 30 kg N/ha pro Jahr oder mehr überschritten. Das Modell zur Berechnung der Ammoniakemissionen wurde 2018 von der Version 4 auf die Version 5 aktualisiert. Mit dem neuen Modell fallen die Emissionen für die ganze Zeitreihe rund 10 Prozent tiefer aus.13 Phosphor (P) Das Phosphor-Effizienzziel von 68 Prozent kann bis 2021 voraussichtlich nicht erreicht werden (Stand 2015/17: 60 %). Auch das Etappenziel zur Senkung des Phosphorüberschusses auf 4 000 Tonnen Phosphor bis im Jahr 2021 wird gemäss 13

Beim Modell 5.0 (Kupper et al. 2018) werden für die Ausscheidung der Nutztiere Richtwerte der überarbeiteten Grundlagen zur Düngung (GRUD 2017) verwendet, die Emissionen aus landwirtschaftlichen Böden und Kulturen werden nach Methodik von EMEP/EEA 2016 nicht mehr separat ausgewiesen und Denitrifikationsverluste von NO 2, NO, N2O und N2 werden detailliert berücksichtigt. Die Aktualisierung des Modells hat hingegen keine Auswirkung auf das landwirtschaftliche Umweltziel von 25 000 t NH3-N.

Dieses Umweltziel ist von der Rezeptorseite her definiert und stützt sich auf die für Ökosysteme maximale erträgliche Stickstoffmenge (d.h. weiträumige Einhaltung der Critical Loads für Stickstoff) unter Einbezug des Reduktionsziels für Stickoxide (Zielvorgabe LRK für NOx: ­50 % gegenüber 2005).

3976

BBl 2020

den bis jetzt vorliegenden Daten nicht erreicht (Stand 2015/17: 6122 t P). Die Phosphoreinträge aus der Landwirtschaft sind in verschiedenen Seen der Schweiz nach wie vor zu hoch.

Abbildung 6 Entwicklung Stickstoff- und Phosphorverluste sowie Ammoniakemissionen

Biodiversität Die agrarpolitischen Etappenziele bis 2021 beinhalten Vorgaben zur Fläche, zur Qualität und zur Vernetzung der Biodiversitätsförderflächen (BFF). Im 2018 wurde das agrarpolitische Flächenziel von 65 000 Hektaren im Talgebiet erreicht; es wurden über 77 900 Hektaren als BFF bewirtschaftet. Dies entspricht rund 8 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche, wobei der Wert regional und lokal stark schwankt.

Auf 42 Prozent der BFF wurden Beiträge für die Qualitätsstufe 2 ausbezahlt, und 78 Prozent der BFF haben Beiträge für die Vernetzung erhalten.

Trotz steigender Beteiligung an den Förderprogrammen konnte der Rückgang der Biodiversität bisher nicht verhindert werden. Erste Resultate des Monitoringprogramms Arten und Lebensräume Landwirtschaft 14 (ALL-EMA) zeigen, dass auch auf vielen Biodiversitätsförderflächen, die mit Beiträgen für die Qualitätsstufe 2 gefördert werden, die qualitativen Ziele im Sinne der Umweltziele Landwirtschaft (UZL) nicht erreicht werden. Der Bund, die Kantone und die Landwirtschaftsbetrie14

Vgl. www.agroscope.admin.ch > Themen > Umwelt und Ressourcen > Monitoring, Analytik > Monitoringprogramm ALL-EMA.

3977

BBl 2020

be leisten einen beträchtlichen Aufwand zur Förderung der Biodiversität. Dennoch konnte der angestrebte Zustand der Biodiversität im Agrarland noch nicht erreicht werden.

Tierwohl Die Beteiligung an den Tierwohlprogrammen nimmt seit ihrer Einführung laufend zu. Im Jahr 2018 hatten gut drei Viertel der landwirtschaftlichen Nutztiere regelmässigen Auslauf im Freien (RAUS). Es kann damit gerechnet werden, dass das Ziel von 80 Prozent bis 2021 erreicht wird. 60 Prozent der landwirtschaftlichen Nutztiere wurden 2018 in besonders tierfreundlichen Stallhaltungssystemen (BTS) gehalten.

Ziellücken Die mit der AP 14­17 gesetzten und der AP 18­21 weiterverfolgten Ziele konnten in vielen Bereichen erreicht werden (z. B. Kalorienproduktion, Beteiligung an Biolandbau-, Tierwohl- und Extenso-Programmen). Während die Entwicklung für einige weitere Ziele in die gewünschte Richtung geht, stagniert die Entwicklung in anderen Zielbereichen.

Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ist nach wie vor eine grosse Herausforderung für die Landwirtschaft. Ziellücken bestehen bei allen UZL. 15 Weitere Anstrengungen sind nötig, um den ökologischen Fussabdruck der Landwirtschaft zu senken. Um diese Zielerreichung zu verbessern, sind insbesondere Fortschritte bei der Emissionsminderung durch eine Verbesserung der Ressourceneffizienz und eine Anpassung der Produktion an die Tragfähigkeit der Ökosysteme notwendig. Ebenfalls konnte der Verlust von landwirtschaftlicher Nutzfläche in den letzten Jahren zwar reduziert werden, das Ausmass des Flächenverlusts ist aber nach wie vor zu hoch.

Ein grosses Defizit besteht bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft. Die Ausrichtung auf den Markt und die Wettbewerbsfähigkeit konnten zwar kontinuierlich verbessert werden. Die Entwicklung im Ausland ging jedoch teilweise schneller vor sich. Insbesondere in der EU hat die Agrarstützung (inkl. Grenzschutz) stärker abgenommen als in der Schweiz, womit die Landwirtschaft der EU im Vergleich noch wettbewerbsfähiger wurde. Der Anteil der Agrarstützung (Finanzhilfen und Grenzschutz) am Erlös der Landwirtschaft konnte seit Beginn der 1990er-Jahre zwar reduziert werden, die Stützung der Schweizer Landwirtschaft ist weltweit aber immer noch eine der höchsten.

Neue Herausforderungen, die auf die Schweizer Land- und
Ernährungswirtschaft zukommen, erfordern eine grundsätzliche Überprüfung und Anpassung des Zielsystems. In Ziffer 4.3 werden die gegenwärtigen Ziellücken aufgegriffen und in einem neuen Zielsystem für die AP22+ berücksichtigt.

Überprüfung der Beiträge an die Kosten der Entsorgung von tierischen Nebenprodukten Der Bundesrat hat im Rahmen der Ausarbeitung der Vorlage zur AP22+ geprüft, ob die Entsorgungsbeiträge an die Schlachtbetriebe gemäss der Verordnung vom 15

https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/46591.pdf

3978

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10. Oktober 200416 über die Ausrichtung von Beiträgen an die Kosten der Entsorgung von tierischen Nebenprodukten abgeschafft werden können. Das Resultat dieser Prüfung wird nachfolgend dargelegt.

Um die Verbreitung von BSE (Bovine spongiform encephalopathy) und anderen Seuchen zu verhindern, ist seit dem Jahr 2001 das Verfüttern von Tiermehl an Nutztiere verboten. Tierische Nebenprodukte, die unter anderem bei der Schlachtung von Tieren anfallen ­ das sind Tierkörper und Schlachttierkörper sowie Teile von beiden, Erzeugnisse tierischen Ursprungs und Speisereste, die nicht verzehrt werden dürfen oder aus der Lebensmittelkette ausgeschlossen worden sind ­, müssen deshalb mit Mehraufwand entsorgt werden. Als Teilkompensation für diesen Mehraufwand zahlt der Bund seitdem Entsorgungsbeiträge an die Geburts- und an die Schlachtbetriebe.

Nach Prüfung einer möglichen Abschaffung der Beiträge an die Schlachtbetriebe sprechen folgende Argumente für die Beibehaltung der Beiträge:

16 17 18

­

Die Schlachtbetriebe sind die Akteure in der Produktionskette, die die Kosten tragen, die sich aus den Massnahmen für die Entsorgung tierischer Nebenprodukte ergeben. Es ist daher naheliegend, dass sie auch die Hauptbegünstigten sind.

­

Entgegen der Haltung des Bundesrates17 hat das Parlament mit der AP 14-17 den Kreis der Empfänger von Beiträgen zur Entsorgung tierischer Nebenprodukte auf Schlachtbetriebe ausgedehnt, die Equiden und Geflügel schlachten.18

­

Für Tiere der Rindergattung werden die Beiträge an die Schlachthöfe nur unter der Bedingung ausgerichtet, dass der Tiergeschichtenstatus korrekt ist, das heisst dass die Rückverfolgbarkeit von der Geburt bis zum Schlachtbetrieb plausibel dokumentiert ist. Diese Bestimmung wiederum schafft einen Anreiz, damit die Tierhalterinnen und -halter ihre Tiere der Betreiberin der Tierverkehrsdatenbank (TVDB) melden.

­

Ab dem 1. Januar 2020 wird das Rückverfolgbarkeitssystem für Rinder auf Schafe und Ziegen ausgedehnt. Um die Schaf- und Ziegenhalterinnen und halter dazu zu motivieren, die Geburt von Lämmern und Zicklein der Betreiberin der TVDB zu melden ­ was die Hauptvoraussetzung für ein Rückverfolgbarkeitssystem ist ­ und die entsprechenden Kosten zu zahlen (0.40 Fr. pro Tier), hat der Bundesrat beschlossen, einen Beitrag in der Höhe von 4.50 Franken für jede gemeldete Geburt eines Lamms oder eines Zickleins zu gewähren.

­

Ebenfalls per 1. Januar 2020 hat der Bundesrat beschlossen, die Beiträge für geschlachtete Schafe und Ziegen auf Tiere zu beschränken, deren Tiergeschichte vollständig ist, von denen also alle Aufenthalte lückenlos dokumentiert sind. Diese Einschränkung wird die nachfolgenden Stufen der Produktionskette ermutigen, die Betreiberin der TVDB über den Tierverkehr zu SR 916.407 BBl 2012 2075 AS 2013 3463

3979

BBl 2020

informieren. Die Erfahrungen der Jahre 2000­2002 mit Rindern haben gezeigt, dass ein solches Anreizsystem sowohl effektiver als auch kostengünstiger ist als das Ergreifen von Sensibilisierungs- oder Sanktionsmassnahmen durch die kantonalen Veterinärdienste.

­

Im Bericht vom 25. Januar 200919 in Erfüllung des Postulats der Finanzkommission NR vom 13. November 2009 (09.3981) kam der Bundesrat zum Schluss, dass die Entsorgungskosten auch mit einer teilweisen Wiederzulassung von tierischen Nebenprodukten in der Nutztierfütterung kaum substanziell sinken würden. Die Gründe dafür sind das in absoluten Mengen betrachtet geringe Volumen der potenziell nutzbaren Nebenprodukte und die hohen Kosten, welche ein notwendiger vollständig getrennter Warenfluss verursacht, sowie die zusätzlich notwendigen Kontrollmassnahmen und allfällige neue Investitionen in den Wiederverwertungsbetrieben. Diese Feststellungen sind weiterhin gültig. Eine allfällige Lockerung des Fütterungsverbots muss in Abstimmung mit der Regelung in der EU erfolgen, damit die Äquivalenz zum geltenden EU-Recht erhalten bleibt.

Aufgrund der Prüfergebnisse spricht sich der Bundesrat gegen die Aufhebung der Entsorgungsbeiträge an die Schlachtbetriebe aus. Er prüft indes eine Anpassung der Beitragshöhe im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Mittelumlagerung zugunsten des Kompetenz- und Innovationsnetzwerks für Nutztiergesundheit (Art. 120 des Entwurfs zur Änderung des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 199820 [LwG], Art. 11b des Entwurfs zur Änderung des Tierseuchengesetzes vom 1. Juli 196621 [TSG]; vgl. Ziff. 5.1.6.4 und 5.3).

1.3

Politikbereiche mit Einfluss auf die Landwirtschaft

1.3.1

Politik im Bereich Umwelt und Raumplanung

Boden Die grössten Bedrohungen für landwirtschaftlich genutzte Böden sowie konkrete Handlungsempfehlungen wurden im Nationalen Forschungsprogramm 68 «Nachhaltige Nutzung der Ressource Boden» (NFP 68) erarbeitet. Die Gesamtsynthese präsentiert Ansätze für eine nachhaltige Nutzung des Bodens in der Raumplanung und der Land- und Forstwirtschaft.22 Er skizziert, wie die bestehende Lücke bei den Bodeninformationen in den nächsten zwei Jahrzehnten gefüllt werden kann. Des Weiteren werden die Auswirkungen behandelt, die die Nutzung von Boden im Ausland für Konsumzwecke in der Schweiz verursacht. Schliesslich wird ein Weg zu einer nachhaltigen Bodenpolitik beleuchtet, mit der Notwendigkeit der Zusam19 20 21 22

Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Services > Publikationen > Berichte > Entsorgungsbeiträge für Rinder und Kleinvieh (Massnahme BSE).

SR 910.1 SR 916.40 Steiger U., Knüsel P., Rey L. (2018): Die Ressource Boden nachhaltig nutzen. Gesamtsynthese des Nationalen Forschungsprogramms «Nachhaltige Nutzung der Ressource Boden» (nfp 68); Hrsg.: Leitungsgruppe des nfp 68, Bern.

3980

BBl 2020

menarbeit der verschiedenen Akteurinnen und Akteure im Bereich der Nutzung, der Bewirtschaftung und des Schutzes des Bodens.

Auf Bundesebene wird derzeit an einer nationalen Bodenstrategie gearbeitet, welche die von Böden erfüllten Funktionen langfristig sichern soll. Es gilt nicht nur Flächen für die Lebensmittelproduktion und die weiteren Funktionen (Hochwasserschutz, Biodiversität, Klimaschutz usw.) zu erhalten, sondern auch deren Qualität.

Boden ist ständig dem Spannungsfeld zwischen Siedlungsbau und Landwirtschaft ausgesetzt, wobei die Raumplanung die mögliche Nutzung bestimmt. Im Sachplan Fruchtfolgeflächen23 (SP FFF) des Bundesamts für Raumplanung (ARE) werden die fruchtbarsten Böden der Schweiz für die landwirtschaftliche Produktion vor Überbauung geschützt.

Der Bundesrat hat am 6. September 2017 den Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (AP PSM) verabschiedet. 24 Mit der Umsetzung des AP PSM soll die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) keine langfristig nachteiligen Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit haben und der Einsatz von PSM mit für den Boden hohem Risikopotenzial soll reduziert werden.

Wasser und Gewässerraum Die Anfang 2018 eingereichte Volksinitiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung ­ Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz» 25 (Trinkwasserinitiative) will Direktzahlungen auf Betriebe beschränken, die keine PSM und zugekaufte Futtermittel einsetzen. Die im Mai 2018 eingereichte Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide»26 verlangt, dass synthetische PSM in der landwirtschaftlichen Produktion, in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und in der Boden- und Landschaftspflege verboten werden.

Mit dem AP PSM sollen bis 2027 als Zwischenziele die Länge der Abschnitte des Schweizer Fliessgewässernetzes mit Überschreitungen der numerischen Anforderungen an die Wasserqualität gemäss der Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 199827 (GSchV) halbiert und das Risikopotenzial für aquatische Organismen um 50 Prozent gegenüber dem Mittelwert 2012­2015 reduziert werden.

Die bisherige Anforderung von 0.1 µg/l für organische PSM in oberirdischen Gewässern soll für ausgewählte Wirkstoffe durch risikobasierte Werte ersetzt werden.

Eine entsprechende Änderung der GSchV für verschiedene Stoffe wurde im Dezember 2017 in die Vernehmlassung geschickt.

23

24 25 26 27

Der Sachplan ist abrufbar unter www.are.admin.ch > Raumentwicklung & Raumplanung > Strategie und Planung > Konzepte und Sachpläne > Sachpläne des Bundes > Fruchtfolgeflächen.

Der Aktionsplan ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Nachhaltige Produktion > Pflanzenschutz > Aktionsplan Pflanzenschutzmittel.

BBl 2017 2221 BBl 2016 8433 SR 814.201

3981

BBl 2020

Für Regionen, in denen Wasserknappheit ein Thema ist, stehen seit 2017 Praxisgrundlagen zum Wasserressourcenmanagement zur Verfügung. Die Kantone können diese einsetzen, um Probleme aufgrund der mit dem Klimawandel zunehmenden Trockenheit anzugehen.

Die Kantone sind daran, den Gewässerraum entlang von Flüssen, Bächen und Seen festzulegen und in der kantonalen Richt- und Nutzungsplanung zu berücksichtigen.

Der Gewässerraum darf nur extensiv gestaltet und bewirtschaftet werden. Er kann an den kantonalen Mindestumfang der Fruchtfolgeflächen angerechnet werden, sofern er die Qualität von Fruchtfolgeflächen aufweist. Für einen Verlust an Fruchtfolgeflächen ist nach den Vorgaben der Sachplanung des Bundes Ersatz zu leisten.

Luftreinhaltung Ammoniak (NH3) ist eine gasförmige reaktive Stickstoffverbindung, die zu über 90 Prozent aus der Landwirtschaft stammt. Ammoniakemissionen haben weitreichende Umweltwirkungen zur Folge, da sie zu einer Überdüngung von empfindlichen Ökosystemen wie Wäldern, Mooren oder Magerwiesen führen.

Die Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 198528 (LRV) bestimmt, dass schädliche oder lästige Emissionen vorsorglich begrenzt werden müssen, wenn die Massnahmen technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar sind.

Sind trotz vorsorglicher Emissionsminderungsmassnahmen übermässige Immissionen zu erwarten, sind die Kantone gehalten, Massnahmenpläne zur Luftreinhaltung auszuarbeiten und umzusetzen.

Übermässig sind Immissionen unter anderem dann, wenn sie Menschen, Tiere, Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften oder ihre Lebensräume gefährden (Art. 2 Abs. 5 Bst. a LRV). Dies ist heute bei fast 90 Prozent der Waldstandorte, bei fast allen Hochmooren, bei drei Vierteln der Flachmoore und einem Drittel der artenreichen Trockenwiesen und -weiden der Fall.29 Mit dem Umweltziel Ammoniak von 25 000t NH3-N pro Jahr wird beabsichtigt, die kritischen Belastungsgrenzen für Stickstoffeinträge in Ökosysteme nicht mehr zu überschreiten.30 Klima Im Dezember 2015 hat die internationale Gemeinschaft das Übereinkommen von Paris verabschiedet, welches an die zweite Verpflichtungsperiode des KyotoProtokolls anknüpft. In seiner Botschaft vom 1. Dezember 201731 zur Totalrevision des CO2-Gesetzes nach 2020 legt der Bundesrat dar, wie die Verpflichtungen auf nationaler Ebene konkretisiert
werden sollen.

Neu soll auch die Landwirtschaft in die Schweizer Klimapolitik einbezogen werden.

Der Bundesrat schlägt für den Sektor Landwirtschaft einen inländischen Reduktionsbeitrag von 20 bis 25 Prozent für das Jahr 2030 gegenüber dem Basisjahr 1990 28 29 30 31

SR 814.318.142.1 Eidgenössische Kommission für Lufthygiene EKL (2014): Ammoniak-Immisssionen und Stickstoffeinträge, Abklärungen der EKL zur Beurteilung der Übermässigkeit.

Die Umweltziele Landwirtschaft sind abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Biodiversität > Publikationen und Studien > Umweltziele Landwirtschaft.

BBl 2018 247

3982

BBl 2020

vor. Die Erreichung dieses Ziels soll durch entsprechende Massnahmen in der Landwirtschaftsgesetzgebung, wie zum Beispiel die Weiterentwicklung der Beiträge an nachhaltige Produktionssysteme, gewährleistet werden.

Auch zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits heute Massnahmen nötig und werden in Zukunft immer wichtiger. In der Klimastrategie Landwirtschaft32 hat das BLW dazu verschiedene Handlungsfelder aufgezeigt, die zum Beispiel die Diversifizierung der Produktion oder verbesserte Prognose- und Warnsysteme umfassen.

Energie Am 21. Mai 2017 haben die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger das revidierte Energiegesetz33 als Teil der Energiestrategie 2050 angenommen. Mit der Energiestrategie 2050 will der Bundesrat den Energieverbrauch bis 2050 erheblich senken, die Energieeffizienz in allen Bereichen stärken sowie die erneuerbaren Energien fördern. Zudem soll die Abhängigkeit von fossilen Energien und die damit verbundenen energetisch bedingten CO2-Emissionen entsprechend reduziert werden.

Rund 2 Prozent des direkten Energieverbrauchs der Schweiz sind der Landwirtschaft zuzuordnen. Die Landwirtschaft spielt aber auch als Produzentin von erneuerbaren Energien eine wichtige Rolle. Um die mittel- bis langfristigen Ziele der Energiestrategie zu erreichen, muss das Potenzial in der Landwirtschaft bei der Produktion erneuerbarer Energien genutzt werden. Aus diesem Grund unterstützt der Bund die landwirtschaftlichen Betriebe unter anderem beim Bau von Anlagen zur Stromgewinnung aus Sonnenkollektoren, Wasserkraftwerken und Biogasanlagen mittels zinsfreier Investitionskredite.

Biodiversität 2010 wurden die Aichi-Biodiversitätsziele verabschiedet, die als globales Rahmenwerk zur Förderung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Biodiversität gelten.

Die 2012 vom Bundesrat verabschiedeten Strategie Biodiversität Schweiz 34 nennt zehn strategische Ziele und beschreibt die Rahmenbedingungen für die Umsetzung.

2017 verabschiedete der Bundesrat den Aktionsplan zur Strategie Biodiversität Schweiz. Die Synergiemassnahme 4.2.3 hält fest, dass die landwirtschaftliche Produktion an die natürlichen Standortbedingungen anzupassen sei. Unter anderem sollen dafür die Instrumente für die Biodiversität effektiver ausgestaltet werden.

Ein Kernanliegen der Strategie Biodiversität Schweiz ist zudem
der Auf-, Ausbau und Unterhalt einer landesweiten ökologischen Infrastruktur (Synergiemassnahme 4.2.1 des Aktionsplans). Derzeit erarbeitet der Bund gemeinsam mit den Kantonen ein gesamtheitliches Zielsystem zur ökologischen Infrastruktur mit inhaltlichen und räumlichen Grundsätzen sowie mit Zielen zur Sicherung des Raumes für die langfristige Erhaltung der Biodiversität.

32 33 34

Die Klimastrategie Landwirtschaft ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Nachhaltige Produktion > Umwelt > Klima.

Energiegesetz vom 30. September 2016 (EnG); SR 730.0 Strategie Biodiversität Schweiz (2012), abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Biodiversität > Publikationen und Studien > Strategie Biodiversität Schweiz.

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BBl 2020

Regional- und Raumplanungspolitik (RPG) Die Umsetzung der Änderung vom 15. Juni 201235 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197936 (RPG), 1. Etappe (RPG 1) ist seit dem 1. Januar 2014 in Arbeit. Mit der 2. Etappe der Teilrevision des RPG (RPG 2), deren Botschaft der Bundesrat am 31. Oktober 201837 verabschiedet hat, werden Lösungen für das Bauen ausserhalb des Baugebiets gesucht, die direkt dem Kulturlandverlust entgegenwirken. Dies sind einerseits die Beseitigung von nicht mehr benötigten Ökonomiegebäuden und andererseits eine gesamtheitliche Planung des Raumes, um koordiniert und kulturlandschonend vorzugehen und Einzelvorhaben in einem grösseren Kontext zu beurteilen.

Zurzeit wird auch der SP FFF überarbeitet. Er sieht vor, dass die FFF auf der Basis von verlässlichen Bodendaten und festgelegten Qualitätskriterien bezeichnet werden. Die langfristige Sicherung dieser Flächen soll durch eine angepasste Bewirtschaftung und einen minimierten Verbrauch gewährleistet werden. Am schweizweiten Mindestumfang und den von den Kantonen zu sichernden Kontingenten ändert nichts. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) haben vom 20. Dezember 2018 bis zum 26. April 2019 eine Anhörung zum Sachplan durchgeführt. Praktisch alle Stellungnehmenden erachten die langfristige Sicherung der FFF als wichtig. Nebst dem quantitativen Aspekt wird vermehrt die Erhaltung der Bodenqualität als zentrale Herausforderung erkannt. Die Grundsätze des überarbeiteten Sachplans stossen mehrheitlich auf Zustimmung.

Kontrovers beurteilt werden Bestimmungen, welche auf eine Flexibilisierung des Umgangs mit FFF zielen, ohne dabei den Mindestumfang in Frage zu stellen: Die Ermöglichung eines beschränkten Handels von FFF zwischen Kantonen sowie der Schaffung von Fonds zur Kompensation von verbrauchten FFF. Der Sachplan soll voraussichtlich im 1. Quartal 2020 dem Bundesrat zur Verabschiedung vorgelegt werden.

Mit der Botschaft vom 18. Februar 201538 zur Standortförderung 2016­2019 hat der Bundesrat die Stossrichtung für die Regional- und Tourismuspolitik festgelegt.

Dabei geht es darum, die Abstimmung der Akteure und Angebote in der Innovationsförderung weiter zu verbessern und regionale Innovationspotenziale
auszuschöpfen. Dadurch sollen die regionale Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit erhöht und Entwicklungsperspektiven in den ländlichen Räumen und im Berggebiet geschaffen werden.

1.3.2

Aussenwirtschaftspolitik, internationale Abkommen

UN-Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung Im September 2015 wurde unter der Ägide der Vereinten Nationen die Agenda «Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung» 35 36 37 38

AS 2014 899 SR 700 BBl 2018 7443 BBl 2015 2381

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BBl 2020

(Agenda 2030) verabschiedet, welche die internationale Gemeinschaft zur Erreichung von 17 Zielen für die nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) bis 2030 auffordert. 39 Die Agrarpolitik des Bundes ist Bestandteil der nationalen Anstrengungen zur Erreichung dieser Ziele.

Das zweite Nachhaltigkeitsziel (SDG 2) betrifft explizit den Bereich nachhaltige Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und -qualität. Es umfasst unter anderem folgende Unterziele: (a) Hunger und Fehlernährung beenden, (b) Verdoppelung der Produktivität und Einkommen von Kleinbauern, (c) Sicherstellung nachhaltiger Systeme zur Nahrungsmittelproduktion und (d) Erhalt der landwirtschaftlichen Artenvielfalt. Aber auch weitere Nachhaltigkeitsziele haben einen grossen Bezug zur Land- und Ernährungswirtschaft, wie zum Beispiel die SDG 1 (Armut in allen ihren Formen und überall beenden, inkl. sozialer Absicherung), SDG 12 (Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen) und SDG 15 (Leben an Land inkl. Schützen und nachhaltige Nutzung von Landökosystemen).

WTO Die Welthandelsorganisation (WTO) steht im Zentrum der aktuellen handelspolitischen Auseinandersetzungen. Insbesondere die USA hat den Druck stark erhöht, indem sie eine Eskalation von Handelsschutzmassnahmen und Gegenmassnahmen ausgelöst hat und die personelle Erneuerung der Berufungsinstanz (Appellate Body) der WTO-Streitschlichtung blockiert. Die Notwendigkeit von Reformen zur Sicherung der WTO findet unter den WTO-Mitgliedern ein breites Echo. Für sehr viele WTO-Mitglieder hat dabei die Weiterentwicklung der Handelsregeln im Bereich der Landwirtschaft oberste Priorität. Weitgehende Fortschritte auf multilateraler Ebene bleiben vorderhand aber unwahrscheinlich. Dass die Doha-Runde der WTO als Gesamtpaket nicht abgeschlossen werden kann, zeigte sich zuletzt an der Ministerkonferenz von Buenos Aires im Dezember 2017, an der weder eine gemeinsame Ministererklärung noch ein vollumfängliches Arbeitsprogramm verabschiedet wurden. Es muss damit gerechnet werden, dass einzelne der Kernthemen der DohaRunde oder neue Themen im Rahmen von kleineren Paketen aufgegriffen und behandelt werden.

Als kleines Land hat die Schweiz ein Interesse am Erhalt der WTO als multilateralem Regelwerk, das volkswirtschaftlich äusserst relevant ist. Gleichzeitig ist es wichtig, dass
die Verhandlungen ausgewogen voranschreiten. Im Landwirtschaftsdossier setzt sich die Schweiz deshalb dafür ein, dass ihre Interessen ­ wie zum Beispiel Exportrestriktionen und ein verbesserter Schutz von geografischen Herkunftsangaben ­ in die Diskussionen aufgenommen werden. Nach dem Beschluss zur Abschaffung aller verbleibenden Exportsubventionen an der WTO-Ministerkonferenz in Nairobi 2015 ist es ausserdem von zentraler Bedeutung, dass die verbleibenden Themen im Exportwettbewerb gleichermassen geregelt werden.

39

Vgl. dazu www.eda.admin.ch > Agenda 2030 > 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung.

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EU Das Abkommen vom 22. Juli 197240 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft der (Freihandelsabkommen) schafft eine Freihandelszone für industrielle Erzeugnisse. Zusätzlich wird im Protokoll Nr. 2 des Freihandelsabkommens der Handel mit verarbeiteten Agrarprodukten geregelt. Während für eine Reihe von Produkten bilateraler Freihandel vereinbart wurde, gilt für Produkte, die relevante Agrarrohstoffe enthalten, ein Preisausgleichsmechanismus. Dabei wird ausgehend vom höheren Schweizer Niveau die Differenz zu den tieferen EU-Rohstoffpreisen betrachtet. Als Resultat davon kann die Schweiz, bedingt durch die höheren inländischen Rohstoffpreise, auf Preisausgleichsprodukte Zölle erheben, während die EU der Schweiz für dieselben Produkte zollfreien Marktzugang gewährt. Hier ist zu erwarten, dass die die EU künftig verstärkt darauf drängen wird, die Zölle der Schweiz beim Import von EU-Produkten weiter abzusenken.

Mit dem Abkommen vom 21. Juni 199941 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Agrarabkommen), das seit Juni 2002 in Kraft ist, wird durch Zollkonzessionen auf ausgewählten Produkte, durch den Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse sowie durch Handelsvereinfachungen der gegenseitige Marktzutritt verbessert.

Im November 2008 wurden zwischen der Schweiz und der EU Verhandlungen zu einer Marktöffnung der gesamten ernährungswirtschaftlichen Produktionskette sowie einer verstärkten Zusammenarbeit in den Bereichen Lebensmittel- und Produktsicherheit und im Bereich der öffentlichen Gesundheit aufgenommen. Seit 2010 sind die Verhandlungen aufgrund offener institutioneller Fragen und innenpolitischen Widerstands betreffend den Marktzugang im Agrarbereich ins Stocken geraten. In den beiden Bereichen Lebensmittelsicherheit und Gesundheit konnten die Verhandlungen seit 2015 weitergeführt werden.

Im Agrarbereich hängt die Machbarkeit jeglicher Marktzugangsschritte, welche auf Gegenseitigkeit beruhen, einerseits von der innenpolitischen Lage und andererseits vom übergeordneten Verhältnis mit der EU ab. Der Bundesrat ist bestrebt, den bilateralen Weg für die Zukunft zu sichern und weiterzuentwickeln.

Eine weitere Annäherung der Agrarmärkte der Schweiz und der EU
wird auch aufgrund der Entwicklungen auf dem EU-Markt (z. B. Abschaffung der Produktionsquoten für Zucker) und internationaler Rahmenbedingungen (z. B. Abschaffung von Ausfuhrbeiträgen im Rahmen der WTO) weiter geprüft werden müssen. Der Bundesrat erachtet eine stärkere Vernetzung zwischen den Agrar- und Lebensmittelmärkten der Schweiz und der EU weiterhin als sinnvoll. Die EU ihrerseits hat mehrfach ihr Interesse an einer Fortführung der Verhandlungen über die gegenseitige Öffnung der Agrarmärkte bekundet.

40 41

SR 0.632.401 SR 0.916.026.81

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Freihandelsabkommen mit Staaten ausserhalb der EU und der EFTA Neben dem Übereinkommen vom 4. Januar 196042 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Konvention) sowie dem Freihandelsabkommen und dem Agrarabkommen verfügt die Schweiz gegenwärtig über ein Netz von 30 in Kraft getretenen Freihandelsabkommen mit 40 Partnern. Mit Ecuador und Indonesien wurden 2018 neue Abkommen unterzeichnet, mit den Mercosur-Staaten konnten die Verhandlungen 2019 im Grundsatz abgeschlossen werden. Gegenwärtig laufen Verhandlungen über neue Abkommen mit Indien, Malaysia und Vietnam. Die Schweiz ist auch bestrebt, ältere Abkommen zu modernisieren. Entsprechende Verhandlungen laufen zurzeit mit Chile, der Südafrikanischen Zollunion (SACU) und Mexiko; mit Kanada sind exploratorische Gespräche in Gang. Das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei wurde am 25. Juni 201843 unterzeichnet.

Bisher wurde der Marktzugang im Agrarbereich weitgehend im Rahmen der WTOkonsolidierten Zollkontingente und ausserhalb dieser Kontingente beschränkt für nicht sensible Produkte gewährt (z. B. tropische Früchte). Im Rahmen der MercosurVerhandlungen gewährt die Schweiz erstmals bilaterale Kontingente für sensible Agrargüter (u. a. Rind, Geflügel, Wein, Früchte und Futtermittel) ausserhalb der WTO-Kontingente. Bei Verhandlungen mit anderen Ländern, die offensive Exportinteressen bei Agrarprodukten verfolgen, wird es künftig zunehmend schwierig sein, Konzessionen lediglich innerhalb der WTO-Kontingente zu gewähren. Im Rahmen der Aushandlung weiterer und der Weiterentwicklung bestehender Handelsabkommen mit Partnern, welche die Zollschranken für Agrarprodukte in anderen Abkommen umfassend abgebaut haben, sieht sich die Schweiz vermehrt mit Forderungen nach einem weitergehenden Abbau des Grenzschutzes für Basis- und verarbeitete Agrarprodukte konfrontiert. Kanada oder Mexiko, zum Beispiel, haben Zollschranken für Agrarprodukte in ihren Abkommen mit anderen Partnern umfassend abgebaut.

Die EU schliesst Abkommen mit anderen Staaten ab, die einen weitgehenden Zollabbau für landwirtschaftlichen Produkte beinhalten. Im umfassenden Wirtschaftsund Handelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) zwischen der EU und Kanada vom 21. September 2017 haben sich beide Partner zur Beseitigung von mehr
als 90 Prozent ihrer Agrarzölle verpflichtet. Schweizer Exporteure haben infolgedessen einen schlechteren Marktzugang in Kanada als ihre europäischen Konkurrenten. Auch das revidierte transpazifische Partnerschaftsabkommen (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership [CPTPP oder TPP11]) birgt für die Schweiz potenzielle Diskriminierungen. Bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen ist dies vor allem in Bezug auf Käse der Fall.

Eine derart weitgehende Öffnung des Agrarmarkts, wie er im Rahmen des CETA oder der CPTPP vereinbart wurde, wäre dabei mit der aktuellen schweizerischen Agrarpolitik nicht vereinbar. In gegenwärtig laufenden Verhandlungen offeriert die Schweiz zollfreien Marktzugang für höchstens die Hälfte ihrer Zolltariflinien im Agrarbereich.

42 43

SR 0.632.31 BBl 2019 821

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BBl 2020

1.4

Zukünftige Rahmenbedingungen und Herausforderungen

1.4.1

Produktionsgrundlagen

Die Schweiz ist bei vielen Rohstoffen und bei fossilen Energieträgern stark abhängig von aussereuropäischen Quellen (z. B. bei Phosphor zu über 95 %). Aufgrund der Bevölkerungszunahme und des erwarteten Wirtschaftswachstums wird im Inland der Druck auf die bereits heute knappe landwirtschaftliche Nutzfläche hoch bleiben. Als Folge des Klimawandels ist in der Schweiz damit zu rechnen, dass an gewissen Standorten der Bewässerungsbedarf steigt und Starkniederschläge mit lokalen Überschwemmungen und Erosionsgefahren zunehmen. Der technische Fortschritt (Zuchterfolge, effizientere Technologien) wird auch in der Schweiz eine weitere Steigerung der Arbeitsproduktivität, der Erträge im Pflanzenbau, der Leistungen in der Tierproduktion und der Ressourceneffizienz bei der Produktion von Nahrungsmitteln zur Folge haben.

1.4.2

Ernährungssicherheit

Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln dürfte sich infolge der zunehmenden Weltbevölkerung und des steigenden Wohlstands in Schwellenländern bis 2050 verdoppeln.

Das Angebot im Gleichschritt mit der zunehmenden Nachfrage zu steigern, wird eine Herausforderung bleiben. Der grenzüberschreitende Handel mit Lebensmitteln wird zunehmend an Bedeutung für die Ernährungssicherheit gewinnen. In einigen Ländern steht eine grössere Nachfrage nach Lebensmitteln unzureichenden natürlichen Ressourcen für die inländische Nahrungsmittelerzeugung gegenüber. Diese Nachfrage wird gedeckt werden mit Lebensmitteln aus Ländern, die über noch ungenutztes Produktionspotenzial verfügen.

In der Schweiz wird die Bevölkerungszahl bis 2045 voraussichtlich von 8,4 Millionen (2017) auf rund 10 Millionen steigen.44 Eine zentrale Herausforderung für den Beitrag der Schweizer Landwirtschaft an die inländische Ernährungssicherheit ist es, die landwirtschaftlich nutzbaren Böden in ihrem Umfang und ihrer Qualität bestmöglich zu erhalten. Das knappe Ackerland soll primär für die direkte menschliche Ernährung genutzt werden. Die Abhängigkeit der Agrarproduktion von nicht erneuerbaren Rohstoffen wie fossiler Energie und Phosphor ist zu reduzieren. Die Reduktion von Lebensmittelverlusten und ein verantwortungsbewusster Konsum können ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Ressourcenschonung im In- und Ausland leisten. Auch in Zukunft wird ein substanzieller Anteil der Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit Lebensmitteln und des Bedarfs an landwirtschaftlichen Produktionsmitteln durch Importe zu decken sein. Es ist davon auszugehen, dass die im internationalen Vergleich hohe Kaufkraft der Schweiz bestehen bleibt und es damit weiterhin möglich sein wird, den Importbedarf zu decken. Ein guter Zugang zu den internationalen Agrarmärkten und ein breit abgestütztes Portfolio von Herkunftsländern werden für die Ernährungssicherheit auch in Zukunft wichtig sein.

44

Gemäss BFS, 2015.

3988

BBl 2020

1.4.3

Entwicklung der globalen Agrarmärkte

In der näheren Zukunft erwarten OECD/FAO, dass die Pro-Kopf-Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln stabil bleiben wird.45 Eine Ausdehnung der Nachfrage erfolgt hier nur durch das Wachstum der Bevölkerung. Auch die Nachfrage nach Getreide, pflanzlichen Ölen und Zucker für die Produktion von Bio-Treibstoffen wird nur noch langsam ansteigen. Erwartet wird jedoch ein steigender Pro-Kopf-Konsum von Zucker sowie pflanzlichen Ölen sowie für verarbeitete Lebensmittel. Stark zunehmen wird auch die Nachfrage nach Milchprodukten, vor allem Frischmilchprodukten.

Gedeckt wird die zusätzliche Nachfrage vor allem durch eine Intensivierung beziehungsweise bessere Effizienz der Produktion in Afrika, Süd- und Ost-Asien sowie dem Nahen Osten. Gegenüber der letzten Dekade wird erwartet, dass die Produktion nur noch halb so schnell wächst. Es wird erwartet, dass diese Ausdehnung der Produktion ausreicht, um die zusätzliche Nachfrage zu decken, weshalb sich der nominale FAO-Nahrungsmittel-Preis-Index stabil entwickeln wird.

1.4.4

Technologische Entwicklung, Digitalisierung

Für die Landwirtschaft bietet die Digitalisierung eine Möglichkeit zur Verbesserung der Ressourceneffizienz, einer Reduktion der Umweltbelastung und derVereinfachung administrativer Aufgaben durch eine digitalisierte Dokumentation. Sie eröffnet der Landwirtschaft auch absatzseitig neue Möglichkeiten: Zum Beispiel können mit Hilfe digitaler Vermarktungsplattformen neue Kundensegmente erschlossen werden. Die technologische Entwicklung kann zur höheren Attraktivität des Berufs der Landwirtin und des Landwirts beitragen, sie erhöht aber auch den Druck auf strukturelle Anpassungen in der Landwirtschaft. Zu den Risiken der Digitalisierung gehört die Cyberkriminalität sowie die zunehmende Abhängigkeit von einer stabilen Stromversorgung und einer verlässlichen Anbindung an Kommunikationsnetze.

1.5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

1.5.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 201646 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201647 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt. Der Erlass ist jedoch eine Folge des in der Botschaft vom zur Legislaturplanung 2015­2019 und im Bundesbeschluss über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigten Berichtes über die Gesamtschau zur mittelfristi45 46 47

OECD/FAO (2018): OECD-FAO Agricultural Outlook 2018­2027, OECD Publishing, Paris.

BBl 2016 1105 BBl 2016 5183

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gen Weiterentwicklung der Agrarpolitik in Erfüllung diverser parlamentarischer Vorstösse. Im Bericht vom 1. November 201748 hat der Bundesrat die Botschaft zur AP22+ in Aussicht gestellt.

Gemäss Artikel 5 Absatz 5 der Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006 49 müssen mehrjährige und periodisch wiederkehrende Finanzbeschlüsse von erheblicher Tragweite in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach der Verabschiedung der Botschaft über die Legislaturplanung dem Parlament unterbreitet werden. Die Verabschiedung im ersten Quartal 2020 ermöglicht eine fristgerechte Verabschiedung der Botschaft in der Frühjahrs- oder spätestens in der Sommersession 2021 durch das Parlament und die Inkraftsetzung der Ausführungsbestimmungen per 1. Januar 2022. Mit dem Start der Agrarpolitik am 1. Januar 2022 und den Zahlungsrahmen 2022­2025 wird die Kohärenz zwischen der Legislaturplanung und der Landwirtschaftspolitik sichergestellt.

1.5.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Die Massnahmen der Agrarpolitik 2022 stehen im Einklang mit verschiedenen Strategien des Bundesrates. Zu erwähnen sind dabei insbesondere: Strategie Nachhaltige Entwicklung Die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016­201950 (SNE) zeigt auf, welche politischen Schwerpunkte der Bundesrat für die nachhaltige Entwicklung mittel- bis langfristig setzt. Weiter zeigt die Strategie auf, welchen Beitrag die Schweiz leistet, um die Ziele der globalen Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) der Vereinten Nationen zu erfüllen. Nachhaltige Entwicklung ist eine zukunftsgerichtete Anforderung, die von sämtlichen Politikbereichen aufzunehmen ist. Aus diesem Grund hat der Bundesrat die Legislaturplanung und die SNE miteinander verknüpft. Diese Verknüpfung soll weiter gestärkt werden, indem Erarbeitungsprozesse und Inhalte aufeinander abgestimmt werden. Erstens sollen die Schwerpunkte der SNE, welche zur Umsetzung der Agenda 2030 dienen, in die Aussprachen des Bundesrates zu den Schwerpunkten der Legislaturplanung einfliessen und für die Festlegung seiner Leitlinien und Ziele zur Verfügung stehen. Zweitens sollen im Rahmen der Erhebung der Geschäfte für die Legislaturplanung den Ämtern die Umsetzungsziele der SNE zugestellt werden, damit die Massnahmen der Legislaturplanung mit den Umsetzungszielen der SNE verknüpft werden können. Drittens soll jedes Ziel und soweit möglich jede Massnahme der Legislaturplanung mit den Schwerpunkten der SNE verknüpft werden.

48 49 50

Der Bericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Politik > Agrarpolitik > Gesamtschau.

SR 611.01 Die Strategie ist abrufbar unter: www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Politik und Strategie.

3990

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Strategie und Aktionsplan zur Strategie Biodiversität Schweiz Der Bundesrat hat am 6. September 2017 den Aktionsplan zur Strategie Biodiversität Schweiz51 verabschiedet. Er umfasst einen Katalog an Massnahmen und Pilotprojekten zur Erhaltung und Förderung der Arten und ihrer Lebensräume. Die Massnahmen der AP22+ insbesondere im Bereich der Direktzahlungen dienen einerseits der direkten Sicherung von wertvollen Flächen als auch der indirekten Förderung der Biodiversität beispielsweise durch den reduzierten Einsatz von Hilfsstoffen. Die erste Umsetzungsetappe des Aktionsplans zur Strategie Biodiversität Schweiz umfasst die Jahre 2017­2023 und damit noch die ersten beiden Jahre der AP22+.

Aktionsplan Pflanzenschutzmittel Der Bundesrat hat am 6. September 2017 den AP PSM verabschiedet. Mit der Umsetzung des Aktionsplans sollen die Risiken des PSM-Einsatzes halbiert und Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz gefördert werden. Mit dem Aktionsplan setzt der Bundesrat klare Ziele. Damit diese erreicht werden, sollen bestehende Massnahmen ausgebaut sowie neue eingeführt werden, insbesondere im Bereich der Direktzahlungen. Der Aktionsplan erlaubt der Schweizer Landwirtschaft, sich mit der Produktion nachhaltiger Nahrungsmittel zu positionieren und unterstützt damit auch den Aspekt der Wertschöpfung. Die Massnahmen der AP22+ zur Umsetzung des AP PSM sind primär im Bereich der Direktzahlungen angesiedelt.

Antibiotikastrategie Oberstes Ziel der nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen52 (StAR) ist es, die Wirksamkeit von Antibiotika für Mensch und Tier langfristig zu erhalten. Die Massnahmen der StAR betreffen Mensch, Tier, Landwirtschaft und Umwelt und sind in acht Handlungsfelder eingeteilt. Die Strategie folgt dem One-Health-Ansatz. Auch diese Strategie soll im Bereich der Landwirtschaftspolitik primär mit Direktzahlungsmassnahmen umgesetzt werden, insbesondere mit dem neuen freiwilligen Anreizprogramm «Tiergesundheit».

Politik des Bundes für die ländlichen Räume und Berggebiete Die Politik des Bundes für Berggebiete und ländliche Räume (P-LRB) stellt einen strategischen Rahmen für die raumrelevanten Politiken des Bundes dar. Sie dient bei der Weiterentwicklung der Agrarpolitik als Orientierungshilfe und soll insbesondere die Zusammenarbeit auf Bundesebene im Hinblick auf eine kohärente Raumentwicklung
in und zwischen den ländlichen Räumen und Berggebieten, aber auch den Städten und Agglomerationen stärken. Mit der beantragten stärkeren Ausrichtung von regionalen und projektbasierten Zahlungen auf eine standortangepasste und regional differenzierte Landwirtschaft unterstützt die AP22+ die Stossrichtung der P-LRB. Die Agrarpolitik schafft mit der beantragten Neuregelung Anreize zur Sektor übergreifenden Zusammenarbeit auf kantonaler und regionaler Ebene und

51 52

Der Aktionsplan ist abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Strategie Biodiversität Schweiz und Aktionsplan.

Die Strategie ist abrufbar unter www.blv.admin.ch > Das BLV > Strategien > Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR).

3991

BBl 2020

schafft so günstige Voraussetzungen für eine kohärente und nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume und Berggebiete der Schweiz.

Aussenwirtschaftsstrategie Ein zentraler Pfeiler der Aussenwirtschaftsstrategie des Bundesrates53 ist die Sicherstellung des möglichst diskriminierungsfreien und rechtssicheren Zugangs von Exporten des Wirtschaftsstandortes Schweiz zu ausländischen Märkten gestützt auf das multilaterale Handelssystem der WTO, die bilateralen Verträge mit der EU und die Freihandelsabkommen mit Drittländern. Der Handlungsspielraum der Schweiz insbesondere beim Abschluss neuer Freihandelsabkommen und der Modernisierung bestehender Abkommen ist zunehmend eingeschränkt, da die gegenwärtigen Verhandlungspartner einer unterschiedlichen Behandlung von Industrie- und Landwirtschaftsprodukten tendenziell ablehnend gegenüberstehen. Die Forderungen für einen verbesserten Marktzugang für Agrarprodukte werden entsprechend mit Konzessionen in anderen, für die Schweiz wichtigen Bereichen verknüpft. Die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Landwirtschaft ermöglicht künftig einen grösseren Handlungsspielraum der Schweiz in der Aussenhandelspolitik.

1.6

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Der Bundesrat beantragt, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2012 M 10.3818

Verhandlungen mit der EU über ein Freihandelsabkommen in Agrar- und Lebensmittelbereich stoppen (N 9.6.11, Darbellay; S 7.3.12)

Der Bundesrat wird mit der Motion beauftragt, die laufenden Verhandlungen mit der Europäischen Union (EU) über ein Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich unverzüglich zu stoppen. Der Bundesrat soll keine weiteren Verhandlungen führen, solange ein Abschluss der Doha-Runde der WTO nicht zustande kommt.

Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU im Hinblick auf eine Öffnung der Märkte der gesamten Lebensmittelkette wurden 2008 aufgenommen. Nach mehrjährigem Unterbruch hat die Verhandlungsgruppe zum Thema «Lebensmittelsicherheit» die Gespräche im Jahr 2016 wiederaufgenommen. Allerdings sind Fortschritte in dieser Thematik nur im Kontext der Verhandlungen zur Lösung der institutionellen Fragen im Zusammenhang mit dem Marktzugangsabkommen Schweiz-EU zu sehen. Der Nationalrat hat am 4. Juni 2018 im Rahmen der Beratung der Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik entschieden, von einer Integration der internationalen Komponente in die AP22+° abzusehen. Diesem Entscheid trägt der Bundesrat mit der Vorlage Rechnung.

53

Vgl. Berichte des Bundesrates zur Aussenwirtschaftspolitik 2004 (BBl 2005 1089), 2005 (2006 1885) und 2011 (BBl 2012 827).

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BBl 2020

2014 M 11.4020

Für eine sachgerechte Verwendung von BiomasseReststoffen und gegen Technologieverbote (N 17.9.13, Lustenberger; S 27.11.14)

2017 M 16.3710

Sachgerechte Verwendung von Biomasse (N 16.12.16, Semadeni; S 13.9.17)

Die Motion Lustenberger beauftragt den Bundesrat, dem Parlament die notwendigen Gesetzesänderungen zu unterbreiten oder Massnahmen zu treffen, damit bestehende Technologiebehinderungen und Verbote bei der sachgerechten Verwendung von Biomasse abgeschafft oder vermieden werden. Hauptziel der Motion ist es, das Verbrennen von Hofdünger und bestimmten Biomasse-Reststoffen zur Energieerzeugung zu ermöglichen.

Die Motion Semadeni beauftragt den Bundesrat ebenfalls, dem Parlament die notwendigen Gesetzesänderungen zu unterbreiten oder Massnahmen zu treffen, damit eine sachgerechte Verwendung von Biomasse gewährleistet wird, allerdings mit der Stossrichtung, das Verbrennen von Hofdünger und Biomasse-Reststoffen möglichst einzuschränken. Die Motion strebt stattdessen die stoffliche Verwertung und Vergärung an.

Die Motion Lustenberger nennt neben Hofdüngern noch Biomasse-Reststoffe aus der Landwirtschaft sowie Reste aus der Nahrungsmittelindustrie (Kaffeesatz), deren Verwendung als Brennstoff vorteilhaft sei. Die LRV erlaubt es bereits heute, biogene Abfälle und Erzeugnisse aus der Landwirtschaft (z. B. Stroh, Energiegras) in Feuerungen mit einer Leistung ab 70 kW zu verbrennen. Kaffeesatz hingegen eignet sich für die Vergärung oder Kompostierung und sollte angesichts des Kreislaufgedankens nicht verfeuert, sondern stofflich oder energetisch genutzt werden, wie es die Motion Semadeni fordert. Die aktuellen Nutzungs- und Entsorgungswege für biogene Abfälle bieten ausreichend Möglichkeiten, solche Abfälle zu nutzen. Neu wäre daher vor allem die Möglichkeit, Hofdünger zu verbrennen, was nach geltendem Recht nicht zulässig ist, da Hofdünger nach Artikel 14 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer 54 (GSchG) zwingend landwirtschaftlich und gartenbaulich (als Dünger) verwertet werden muss, um die natürlichen Stoffkreisläufe zu schliessen. Hofdünger gilt deshalb in jedem Fall als Dünger und nicht als Abfall, weshalb seine bestimmungsgemässe Verwendung das Verbrennen ausschliesst.

Die Inhalte beider Motionen betreffen den gleichen Artikel 14 Absatz 2 GSchG, sodass die Vernehmlassung zusammen durchgeführt wurde. Die zur Umsetzung der Motion Lustenberger vorgeschlagene Änderung dieses Artikels wurde von der Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren (LDK), der Konferenz
der Vorsteher der Umweltämter (KVU), der Konferenz der Landwirtschaftsämter (KOLAS) und von 8 von 9 teilnehmenden Kantonen abgelehnt. Ebenso lehnen SPS, GPS und GLP wie auch die Konferenz der Beauftragten für Natur- und Landschaftsschutz (KBNL) Anpassungen betreffend Biomasse ab. Unterstützung erhält die Änderung fast nur aus Landwirtschaftskreisen, wobei selbst diese nur unter der 54

SR 814.20

3993

BBl 2020

Bedingung zustimmen, dass eine kombinierte (energetische und stoffliche) Verwertung zu bevorzugen sei.

Der Bundesrat schlägt aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse vor, die Motion Lustenberger ohne Anpassung des GSchG abzuschreiben. Da die Motion Semadeni ohne Änderung des GSchG oder weiterer Erlasse des Bundesrechts erfüllt werden kann, beantragt der Bundesrat auch diese Motion abzuschreiben.

Sollte Bedarf für die Verbrennung von Abfallarten entstehen, die im aktuellen Raster nicht sachgerecht entsorgt werden können, so besteht bereits heute die Möglichkeit, Pilotprojekte durchzuführen und aufzuzeigen, dass sie ohne ökologische Nachteile als Brennstoffe eingesetzt werden können. Auf dieser Basis könnte dann eine Anpassung der Vorschriften (LRV, Vollzugshilfe von 201955 zur Abfallverordnung vom 4. Dez. 201556) in die Wege geleitet werden.

2015 M 14.3095

Ortsüblicher Bewirtschaftungsbereich. Ersatzlose Aufhebung von Artikel 24 der Gewässerschutzverordnung (S 19.6.14, Bischofberger; N 12.3.15)

Die Motion Bischofberger beauftragt den Bundesrat, Artikel 24 GSchV aufzuheben.

Damit soll die Vorschrift des ortsüblichen Bewirtschaftungsbereiches hinfällig werden. Die rechtliche Grundlage für den ortsüblichen Bewirtschaftungsbereich befindet sich aber in Artikel 14 Absatz 4 GSchG, Artikel 24 GSchV regelt nur seine einheitliche Ausdehnung.

Um der Forderung der Motion Bischofberger effektiv entsprechen zu können, schlug der Bundesrat entgegen der Formulierung der Motion die Änderung von Artikel 14 Absatz 4 GSchG vor. Dieser schreibt vor, dass überschüssiger Hofdünger nur dann an einen ausserhalb des ortsüblichen Bewirtschaftungsbereiches gelegenen Betrieb abgegeben werden darf, wenn der abgebende Betrieb mindestens 50 Prozent des anfallenden Hofdüngers auf seiner eigenen oder der von ihm gepachteten Nutzfläche verwenden kann.

Im Rahmen der Vernehmlassung haben sich alle sieben stellungnehmenden Kantone gegen die Aufhebung ausgesprochen, darunter auch der meistbetroffene Kanton Luzern. Ebenso lehnen sowohl alle stellungnehmenden Parteien (SPS, GPS und GLP) als auch die KBNL diese Aufhebung ab. Hingegen unterstützen die LDK und die bäuerlichen Kreise die Änderung, ebenso die KVU, letztere allerdings nur unter dem Vorbehalt, dass zuerst die Defizite des Internetprogramms zur einheitlichen Verwaltung von Hof- und Recyclingdüngerverschiebungen in der Landwirtschaft (HODUFLU) behoben werden müssen.

Der Bundesrat schlägt aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse vor, die Motion ohne Anpassung des GSchG abzuschreiben.

55 56

Die Vollzugshilfe ist abrufbar unter: www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Abfall > Publikationen und Studien > Vollzugshilfe VVEA.

SR 814.600

3994

BBl 2020

2016 M 13.3324

Anpassung des Gewässerschutzgesetzes an die heutige Nutztierhaltung (N 12.3.15, Aebi Andreas; S 9.3.16; N 12.9.16)

Die Motion Aebi Andreas beauftragt den Bundesrat, Artikel 12 Absatz 4 GSchG so anzupassen, dass alle Landwirtschaftsbetriebe im Anschlussbereich der öffentlichen Kanalisation, die über einen erheblichen Nutztierbestand verfügen, das häusliche Abwasser zusammen mit den Ausscheidungen der Nutztiere verwerten dürfen.

Zurzeit ist die landwirtschaftliche Verwertung (d. h. die Verwertung auf der Nutzfläche) von häuslichem Abwasser nur zusammen mit Gülle und nur auf Betrieben mit erheblichen Rindvieh- und Schweinebeständen erlaubt.

Die eidgenössischen Räte haben der Motion mit einem Änderungsantrag des Ständerates zugestimmt und einen ausformulierten Text für die Änderung von Artikel 12 Absatz 4 GSchG gutgeheissen. Demnach können alle Landwirtschaftsbetriebe von der Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisation befreit werden, also ihr häusliches Abwasser zusammen mit dem Hofdünger auf die Felder ausbringen, die über einen erheblichen Bestand an Nutztieren jeglicher Art verfügen, unabhängig davon, ob bei der Haltung dieser Nutztiere flüssiger oder fester Hofdünger anfällt.

Die vorgeschlagene Änderung wurde von der LDK, der KVU, der (KOLAS und von 9 von 10 teilnehmenden Kantonen abgelehnt. Die GLP lehnt diese Anpassung ab.

Unterstützung erhält die Änderung fast nur aus Landwirtschaftskreisen.

Der Bundesrat schlägt aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse vor, die Motion ohne Anpassung des GSchG abzuschreiben.

2016 M 14.4098

Agrarpolitik. Administrativen Aufwand massgeblich reduzieren (N 20.3.15, Müller Walter; S 15.6.16)

Der Bundesrat wird beauftragt, den administrativen Aufwand in der Agrarpolitik für alle Beteiligten (Bund, Kantone, Gemeinden, Landwirtschaft) massgeblich zu reduzieren. Die getroffenen Massnahmen und die damit erzielte Wirkung sollen im jährlichen Agrarbericht veröffentlicht werden.

Am 17. Mai 2016 hat das BLW im Bericht zum Projekt «Administrative Vereinfachungen in der Landwirtschaft» Massnahmen zur Reduktion der Administration in der Agrarpolitik aufgezeigt. 57 Aus diesem Bericht werden laufend Vereinfachungsvorschläge in Verordnungen, Weisungen oder Vollzugsformularen umgesetzt. Ein grosser Schritt wurde mit der Einführung eines risikobasierten Kontrollsystems für landwirtschaftsrechtliche Kontrollen per 1. Januar 2020 gemacht. In der Folge werden rund 15­20 Prozent weniger Grundkontrollen durchgeführt. Weitere Schritte zu einem risikobasierten Kontrollsystem werden ab 2022 geprüft. Mögliche Stossrichtungen sind einerseits risikolose Betriebe noch weniger als heute zu kontrollieren, dafür ein nochmals stärkeres Gewicht auf die risikoreichen Betriebe zu legen.

Andererseits wären auch regionale oder gemeindeweise Kontrollen denkbar, damit

57

Der Projektbericht ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Politik > Agrarpolitik > Administrative Vereinfachung.

3995

BBl 2020

bestimmte Auflagen wirksamer kontrolliert werden können. Die Umsetzung der Vereinfachungen wird im jährlichen Agrarbericht dokumentiert.

2018 M 17.4203

Bäuerliches Bodenrecht. Ergänzung der Artikel 61 und 66 BGBB (N 26.9.18, Abate; S 12.3.18)

Der Bundesrat wird beauftragt, im Bundesgesetz vom 4. Oktober 199158 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) eine maximale Geltungsdauer festzulegen für die gestützt auf die Artikel 61 ff. BGBB erteilten Bewilligungen für den Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken.

Der Bundesrat schlägt zur Umsetzung der Motion zu Artikel 61 BGBB einen neuen Absatz 4 vor. Dieser sieht vor, dass die Bewilligung verfällt, wenn der Erwerb vom landwirtschaftlichen Grundstück nicht innerhalb eines Jahres erfolgt. Zudem wird in Absatz 3 die Definition der wirtschaftlichen Eigentumsübertragung mit dem Erwerb von Anteilsrechten an einer bäuerlichen juristischen Person ergänzt.

2018 M 18.3144

Stärkung der Pflanzenzüchtung jetzt!

(N 13.3.2018, S 6.12.18, Hausammann)

Der Bundesrat wird beauftragt, das Engagement des Bundes in eine standortgerechte Pflanzenzüchtung inklusive der Sortenprüfung umgehend substanziell zu erhöhen.

Der Bundesrat schlägt vor, bereits ab dem Jahr 2020 zur Förderung der Pflanzenzüchtung Mittel im Umfang von 3 Millionen Schweizer Franken im Rahmen des bestehenden landwirtschaftlichen Zahlungsrahmens jährlich breitzustellen. Zur Erfüllung der Motion vor dem Inkrafttreten der AP22+ führt der Bundesrat diesen Vorschlag bereits in der Finanzhaushaltsplanung für das Jahr 2020 auf. Als Grundlage dazu dient die Strategie Pflanzenzüchtung 2050, die im dazugehörigen Massnahmenplan das bestehende Portfolio öffentlicher Züchtungsprogramme bei den Forschungsanstalten bestätigt und ein Detailkonzept zur Förderung komplementärer Massnahmen liefert. 59 Zudem sollen mit der AP22+ die Nachteile von Schweizer Züchtungsprogrammen, kompensiert werden. Denn im internationalen Vergleich sind diese zwar erfolgreich, aber klein und deshalb gegenüber grossen Programmen im Zugang zu Technologien benachteiligt, wodurch ihre Innovationskapazität eingeschränkt ist. Dieser Nachteil soll durch optimale Zusammenarbeit, Vernetzung und gemeinsame Nutzung von Infrastruktur im Rahmen eines Kompetenzzentrums für Pflanzenzüchtung kompensiert werden. Um den Aufbau und Betrieb eines solchen Netzwerks für Pflanzenzüchtung durch den Bund zu unterstützen werden eine gesetzliche Grundlage geschaffen und 2 Millionen Franken jährlich im Rahmen der bisherigen Ausgaben für die Landwirtschaft haushaltsneutral beantragt.

58 59

SR 211.412.11 Die Strategie ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Nachhaltige Produktion > Pflanzliche Produktion > Pflanzenzüchtung.

3996

BBl 2020

2019 M 18.3241

Es soll gesetzlich verankert werden, dass die landwirtschaftliche Forschung auf die regionalen Gegebenheiten ausgerichtet sein muss (S 6.6.18, N 21.3.19, Savary)

Der Bundesrat wird beauftragt, Artikel 114 (Forschungsanstalten) Absatz 1 LwG wie folgt anzupassen: Anstelle von «Der Bund kann landwirtschaftliche Forschungsanstalten betreiben» soll der Absatz künftig heissen: «Der Bund betreibt landwirtschaftliche Forschungsanstalten».

Der Bundesrat schlägt im Rahmen der vorliegenden Botschaft vor, Artikel 114 LwG entsprechend anzupassen. Der Bund soll mit Artikel 114 Absatz 1 LwG dazu verpflichtet werden, eine landwirtschaftliche Forschungsanstalt zu betreiben. In Absatz 2 soll präzisiert werden, dass die landwirtschaftliche Forschungsanstalt gemäss dem Beschluss des Bundesrats vom 30. November 2018 aus einem zentralen Forschungscampus, regionalen Forschungszentren sowie auf die verschiedenen Landesgegenden verteilten Versuchsstationen besteht.

2014 P 14.3514

Agrarpolitik 2018­2021. Massnahmenplan zum Abbau der überbordenden Bürokratie und zur Personalreduktion in der Verwaltung (N 26.9.14, Knecht)

Der Bundesrat wird im Hinblick auf die Agrarpolitik 2018­2021 gebeten, aufzuzeigen, wie durch eine Vereinfachung der Auflagen der Kontrollaufwand nachhaltig verringert und dadurch auch der Personalaufwand gesenkt werden kann (Umsetzung vgl. Motion 14.4098).

2015 P 15.3862

Den administrativen Aufwand in der Landwirtschaft reduzieren. Unnötige Kontrollpunkte streichen (N 18.12.15, Aebi Andreas)

Der Bundesrat wird aufgefordert darzulegen, wie viele der aktuellen Kontrollpunkte aus allen Programmen der Agrarpolitik aufgrund einer risikobasierten Sichtweise ersatzlos gestrichen werden können.

Mit dem Verordnungspaket 2017 hat der Bundesrat rund 300 der insgesamt 880 Kontrollpunkte im landwirtschaftlichen Bereich aufgehoben oder zusammengefasst.

Am 31. Oktober 2018 hat er im Rahmen des landwirtschaftlichen Verordnungspakets 2018 zudem beschlossen, das Kontrollsystem für Landwirtschaftsbetriebe auf den 1. Januar 2020 zu erneuern. Die Grundkontrollen werden einerseits kürzer, indem auf die wichtigsten und kritischen Kontrollpunkte fokussiert wird. Andererseits wird die Grundkontrollfrequenz von 4 auf 8 Jahre gesenkt. Die risikobasierten Kontrollen bekommen im Verhältnis zu den Grundkontrollen deutlich mehr Gewicht. Mit der AP22+ schlägt der Bundesrat den Einbezug bestimmter Grundkontrollen des Gewässerschutzes in den ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) vor, womit die Anzahl der Kontrollen für die Landwirte und Landwirtinnen und damit auch der administrative Aufwand weiter reduziert werden kann. Im Bereich der Strukturverbesserungen schlägt der Bundesrat Massnahmen zur Entlastung des administrativen Aufwandes der Kantone vor; insbesondere die Pflicht zur Stellung3997

BBl 2020

nahme sowie die Einsprachemöglichkeit des BLW bei Investitionskrediten und Betriebshilfedarlehen unter dem Grenzbetrag sollen aufgehoben werden.

2015 P 15.4056

Stärkung der Milchproduktion aus betriebseigenem Grundfutter (N 18.12.15, Jans)

In Ergänzung zum Postulat der WAK-NR 15.3380 «Perspektiven im Milchmarkt» wird der Bundesrat gebeten festzulegen, wie das Programm für graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF-Programm) anzupassen wäre, damit es den Kraftfutterzukauf auf Milchbetrieben schweizweit senkt und die betriebseigene Futterbasis anstelle von Importfutter besser berücksichtigt wird. Zweitens soll dargelegt werden, ob eine strikte Grasmilchstrategie die Positionierung der Schweizer Milch stärken kann.

Agroscope hat die Auswirkungen des Beitrags für GMF zu evaluieren. Der Evaluationsbericht wurde im Frühling 2017 vorgelegt. Basierend auf den Evaluationsergebnissen sollen die Beiträge für gesamt- und teilbetriebliche Produktionssysteme (im vorliegenden Fall die GMF-Beiträge) im Grundsatz weitergeführt und in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickelt werden. Die neuen Beiträge für teilbetriebliche Produktionsformen bieten eine gute Grundlage, damit die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft ihre Marktposition als Anbieterin von qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln weiter ausbauen kann.

2016 P 16.3098

Zusätzlich zur Qualitätsstrategie noch eine Mehrwertstrategie (S 6.6.16, Seydoux)

Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen und in einem Bericht darzulegen, ob zur Schaffung und zur besseren Verteilung des Mehrwerts im Landwirtschaftssektor Rahmenbedingungen definiert werden müssen. Dies soll zusätzlich zur Qualitätsstrategie getan werden, deren Auswirkungen auf die Preise weit unter den festgelegten Auflagen zu liegen scheinen.

Mit der AP22+ sollen die Rahmenbedingungen für eine konsequente Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine Qualitätsstrategie verbessert werden.

Die technologische Entwicklung ­ vor allem im Bereich der Digitalisierung ­ bietet neue Möglichkeiten für die Land- und Ernährungswirtschaft im Marktbereich. Sie eröffnet Entwicklungsraum für neue Geschäftsmodelle und kann die Effizienz und Transparenz in den Wertschöpfungsketten signifikant erhöhen. Innovative Projekte können auch in Zukunft mit Finanzhilfen unterstützt werden, die die landwirtschaftliche Wertschöpfung langfristig erhöhen (z. B. Verordnung vom 23. Okt. 201360 über die Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft [QuNaV]). In der Verantwortung sind primär die Marktakteure, die Rolle des Bundes soll auch in Zukunft subsidiärer Natur bleiben.

60

SR 910.16

3998

BBl 2020

2018 P 17.3916

Zugang zu Land und zu Landwirtschaftsbetrieben verbessern (N 28.2.18, Jans)

Der Bundesrat wird beauftragt, zu prüfen und zu berichten, wie der Einstieg für ausserfamiliäre Hofnachfolger und Initiativen der solidarischen Landwirtschaft (Produzenten-Konsumenten-Kollektive) erleichtert werden kann.

Bereits nach dem geltenden Recht kann jede Person, welche den Boden selbst bewirtschaftet und dazu geeignet ist landwirtschaftlichen Boden erwerben. Der Bundesrat schlägt mit der AP22+ vor, die Kriterien der Selbstbewirtschaftung im Gesetz zu verankern und einheitliche Rahmenbedingungen für juristische Personen zu schaffen. Damit Selbstbewirtschafterinnen und Selbstbewirtschafter den Kauf eines Betriebs besser finanzieren können, wird die Bewilligungspflicht zur Überschreitung der Belastungsgrenze (Art. 73 ff. BGBB) für Banken und Versicherungen mit Sitz in der Schweiz aufgehoben.

2019 P 19.3385

Wie wird das Klima-Sektorziel der Land- und Ernährungswirtschaft zur Erreichung des Pariser Klimaabkommens konkret umgesetzt? (N 27.9.19, Graf Maya)

In der Botschaft vom 1. Dezember 201761 zur Totalrevision des CO2-Gesetzes nach 2020 schlägt der Bundesrat für den Sektor Landwirtschaft einen inländischen Reduktionsbeitrag von 20 bis 25 Prozent für das Jahr 2030 gegenüber dem Basisjahr 1990 vor. Die Erreichung dieses Ziels soll durch Massnahmen in der AP22+ gewährleistet werden. Entsprechende Änderungen sind bei den Strukturverbesserungen und insbesondere im Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasserinitiative vorgesehen. Die Anpassungen sollen dazu führen, dass die Landwirtschaft klimafreundlicher produziert indem sie unter anderem die Nährstoffverluste begrenzt, die Nutzungsdauer der Kühe verlängert, auf Alternativen zu fossilen Energieträgern setzt und die Kohlenstoffspeicherung in den Böden verbessert. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Summe der Wirkung der Massnahmen dazu führen wird, dass das Reduktionsziel der Landwirtschaft für die Treibhausgasemissionen eingehalten werden kann, sofern die Ausgestaltung der Massnahmen ambitiös ist und die Programme die benötigte Dynamik auslösen.

2

Vernehmlassungsverfahren

2.1

Vernehmlassungsvorlage

In der Vernehmlassung, die vom 14. November 2018 bis zum 6. März 2019 durchgeführt wurde, schlug der Bundesrat ein Konzept für die AP22+ vor, das auf eine Verbesserung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen in den Bereichen Markt, Betrieb und Umwelt/natürliche Ressourcen ausgerichtet ist. Einerseits soll die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft zukünftige Chancen eigenständiger und unternehmerischer nutzen können. Andererseits soll die AP22+ dazu beitragen, 61

BBl 2018 247

3999

BBl 2020

bestehende Ziellücken in den Bereichen Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Soziales zu schliessen.62 Die Vernehmlassungsvorlage baut auf folgenden Zielsetzungen und Stossrichtungen auf: Im Bereich Markt soll die Position und Wettbewerbskraft der Land- und Ernährungswirtschaft auf den in- und ausländischen Märkten gestärkt und die Wertschöpfung durch eine konsequentere Marktausrichtung erhöht werden. Synergien zwischen Nachhaltigkeit und Markt sollen besser genutzt werden können. Zu diesem Zweck schlug der Bundesrat die Fokussierung der Milchpreisstützung auf wertschöpfungsstarke Produkte, ein einheitliches System geschützte Ursprungsbezeichnungen (GUB) und geschützten geografischen Angaben (GGA) für Wein und die Schaffung einer Plattform für Agrarexporte vor. Weiter wurden die Aufhebung der Inlandleistung bei der Vergabe von Zollkontingenten sowie die Aufhebung von Marktstützungsmassnahmen (u.a. Marktentlastungsmassnahmen) mittels Fragebogen zur Diskussion gestellt.

Im Bereich Betrieb steht in der Vernehmlassungsvorlage die Stärkung des Unternehmertums durch Aufhebung staatlicher Beschränkungen und die Stärkung der betrieblichen Effizienz bei gleichzeitiger Erhaltung von vielfältigen bäuerlichen Betriebsstrukturen im Fokus. Der technologische Fortschritt und die Digitalisierung sollen optimal genutzt werden können. Als Massnahmen schlug der Bundesrat insbesondere eine Anpassung des Direktzahlungssystems mit einer Neugestaltung der Versorgungssicherheitsbeiträge, eine Modernisierung des Boden- und Pachtrechts zur Erleichterung des Quereinstiegs in die Landwirtschaft und den Einbezug neuer Produktionsformen ins Landwirtschaftsrecht wie die Produktion von Insekten oder Algen zu Nahrungs- und Futterzwecken vor.

Im Bereich Umwelt und natürliche Ressourcen sollen die Agrarökosystemleistungen langfristig gesichert und die Umweltbelastung sowie der Verbrauch an nicht erneuerbaren Ressourcen weiter reduziert werden. Zu diesem Zweck schlug der Bundesrat in der Vernehmlassung vor, den ÖLN weiterzuentwickeln, die Biodiversitätsförderung zu vereinfachen und wirkungsvoller zu gestalten sowie eine standortangepasste Landwirtschaft mit regionalen Strategien zu fördern.

Die Vernehmlassungsvorlage enthielt auch ein Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasserinitiative. Damit sollten unter anderem die maximal
erlaubte Hofdüngerausbringung pro Fläche gemäss GSchG reduziert, im ÖLN PSM mit erhöhtem Umweltrisiko nicht mehr angewendet werden dürfen und der Verzicht auf PSM verstärkt mit Produktionssystembeiträgen gefördert werden. Wenn trotzdem regional zu hohe Stoffeinträge in Gewässern festgestellt werden, sollten Bund und Kantone im Rahmen von regionalen landwirtschaftlichen Strategien (RLS) regionsspezifische Massnahmen fördern und gezielt die Anforderungen regional verschärfen können.

62

Die Vernehmlassungsunterlagen und der Ergebnisbericht sind abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2018 > WBF.

4000

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Die Höhe der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen 2022­2025 soll gemäss Vernehmlassung nominal weitgehend den in den Jahren 2018­2021 geplanten Ausgaben entsprechen.

2.2

Zusammenfassung der Ergebnisse der Vernehmlassung

Eine deutliche Mehrheit der Kantone, politischen Parteien und Organisationen unterstützte in der Vernehmlassung die strategischen Ziele und Stossrichtungen des Bundesrats. Begrüsst wird, dass die Eigenverantwortung und das Unternehmertum in der Land- und Ernährungswirtschaft gestärkt, die Wertschöpfung durch mehr Marktausrichtung verbessert und die Umweltbelastung insgesamt reduziert werden sollen. Ebenfalls teilen die Stellungnehmenden mehrheitlich die Ansicht des Bundesrats, dass für die Zielerreichung eine Anpassung der landwirtschaftsrelevanten Gesetzgebung notwendig ist. Einige Kantone (AR, FR, LU, SG, TG) lehnten eine Gesetzesrevision explizit ab. Handlungsbedarf sehen insbesondere Wasserversorger, Forschung, mehrere Kantone, LDK und BPUK, SP, GPS, GLP sowie die Vertreter der Umweltseite (WWF, Greenpeace, Pro Natura) mit Verweis auf die bestehenden Ziellücken im Umweltbereich. Auch Vertreter der Wirtschaft (u. a. Economiesuisse) sehen Reformbedarf. Für sie sind strukturelle Anpassungen in der Landwirtschaft dringenden nötig. SZ, CVP und bäuerliche Kreise (u. a. SBV, kantonale Bauernverbände) sehen wenig oder keinen Handlungsbedarf für Gesetzesanpassungen. Sie lehnten in der Vernehmlassung insbesondere Änderungen beim BGBB und beim Bundesgesetz vom 4. Oktober 198563 über die landwirtschaftliche Pacht (LPG) ab.

Sie argumentierten, dass die mit der AP 14­17 implementierten Massnahmen noch nicht verdaut seien, und befürchten, dass eine erneute Gesetzesreform die Landwirtschaft überfordern könnte.

Ob die Ziele der AP22+ mit den vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen erreicht werden können, wurde von den Stellungnehmenden unterschiedlich beurteilt. Die GLP, GPS, SPS und die Umweltkreise (u. a. Pro Natura, WWF) erachten die Vorlage insgesamt als ungenügend, um die SDG und die aus dem Schweizer Umweltrecht abgeleiteten Umweltziele Landwirtschaft zu erreichen. Sie sehen im vorgeschlagenen Massnahmenpaket auch keine Alternative zur Trinkwasserinitiative und zur Initiative «Schweiz ohne Pestizide». Einige Kantone (AI, AR, BE, TG, TI), Parteien (GLP, GPS, SPS) und zahlreiche Organisationen (u. a. WWF, Agrarallianz) fordern die Prüfung einer Lenkungsabgabe auf PSM. Die Umweltseite, BPUK und VD fordern ambitioniertere Umwelt- und Klimaziele, griffigere Massnahmen im Umweltbereich und generell eine
weniger intensive Landwirtschaft. Eine gegensätzliche Haltung dazu vertreten die bäuerlichen und wirtschaftlichen Kreise, für welche die AP22+ zu stark auf die Umwelt fokussiert ist. LDK, BDP, SVP, SBV und SBLV fordern eine grundlegende Korrektur der AP22+ in Richtung Stärkung der landwirtschaftlichen Produktion, Einkommensverbesserung für die bäuerlichen Familienbetriebe (verbindliches Einkommensziel) und administrative Vereinfachung. Die Wirtschaftsseite (Economiesuisse, Nestlé) verlangt weniger staatliche Eingriffe und 63

SR 221.213.2

4001

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mehr unternehmerische Freiheiten, damit sich die Landwirtschaft auf die Bedürfnisse der Märkte ausrichten kann.

Die Ausklammerung des Themas Grenzschutz in der AP22+ wird von einigen Kantonen, der LDK und der bäuerlichen Seite ausdrücklich begrüsst, wohingegen liberale Kreise (u. a. FDP, Economiesuisse) eine Vernachlässigung der internationalen Komponente als verantwortungslos erachten.

Zahlreiche Stellungnehmende beurteilen die AP22+ im Kontext des neuen Verfassungsartikels 104a der Bundesverfassung64 (BV) zur Ernährungssicherheit. Für SVP und bäuerliche Kreise wurde der Inlandproduktion nicht genügend Bedeutung beigemessen. GPS und Umweltkreise fordern eine konsequentere Ausrichtung der Agrarpolitik auf die Tragfähigkeit der Ökosysteme (Art. 104a Bst. b BV). Sie vermissen zudem die Berücksichtigung des Themas Foodwaste (Art. 104a Bst. e BV).

Wirtschaftskreise bemängeln, dass die grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen (Art. 104a Bst. d BV) ausgeblendet wurden.

Was den Vollzug der AP22+ betrifft, befürchten 19 Kantone, BPUK, LDK, BDP, CVP, GLP, FDP, SVP und verschiedene Organisationen (u. a. SBV, Economiesuisse), dass die mit der AP22+ zunehmende Vielfalt und Komplexität der Massnahmen zu steigendem administrativen Aufwand führt. Sie fordern explizit eine Vereinfachung der heutigen Massnahmen und eine administrative Entlastung. Die Kantone AG, AR, BE, GE, SZ, TG und TI erachten die AP22+ ­ insbesondere die vorgeschlagenen Änderungen bei den Direktzahlungen ­ als zu vage formuliert und zu wenig ausgereift. Sie verlangen einen Marschhalt und eine vertiefte Überprüfung der Praxistauglichkeit mittels Pilotprojekten.

Zum Umfang der finanziellen Mittel, die der Bundesrat der Landwirtschaft von 2022­2025 zur Verfügung stellen will, äussern sich die Stellungnehmenden mit wenigen Ausnahmen positiv. Begrüsst wird, dass die über die landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen gesteuerten Mittel im Vergleich zur Vorperiode weitgehend stabil gehalten werden. GLP und WWF erachten die für die Versorgungssicherheitsbeiträge vorgesehenen Mittel als zu hoch.

2.3

Würdigung der Ergebnisse der Vernehmlassung

Nachfolgend wird dargelegt, wie die Ergebnisse der Vernehmlassung in dieser Vorlage berücksichtigt wurden.

Die Vernehmlassung hat gezeigt, dass viele Kantone, bäuerliche Kreise sowie bürgerliche Parteien wenig bis keinen Handlungsbedarf sehen, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich Markt anzupassen. So wurden die Aufhebung der Verteilung der Zollkontingente nach Inlandleistung sowie die Abschaffung der Marktentlastungsmassnahmen, der Beiträge für die Verwertung von Schafwolle im Inland und der Infrastrukturbeiträge für öffentliche Märkte im Berggebiet von zahlreichen Kantonen, Bauernverbänden und Branchenorganisationen sowie SVP, CVP (und teilweise GPS) abgelehnt. Eine Mehrheit der Kantone, bäuerlichen Organisati64

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onen und Branchenvertreter des Milchsektors sowie SVP lehnten auch eine Erhöhung der Zulage für Fütterung ohne Silage und Auszahlung für alle vermarktete Milch (ohne Sömmerung) sowie eine Reduktion der Zulage für verkäste Milch ab.

Diese Massnahmen werden deshalb nicht in die Vorlage aufgenommen werden. Der Bundesrat verzichtet zudem auf die Einführung eines einheitlichen Systems für geschützte Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben beim Wein, da die nationalen Weinverbände und zahlreiche Kantone die heutige Regelung bevorzugen.

Im Bereich Direktzahlungen wurde in der Vernehmlassung vorgeschlagen, die Direktzahlungen pro Betrieb bei maximal 250 000 Franken zu plafonieren. Dieser Vorschlag wurde von 17 Kantonen, dem SBV und zahlreichen bäuerlichen Organisationen abgelehnt. Deshalb schlägt der Bundesrat vor, darauf zu verzichten. Anstelle einer fixen Obergrenze sollen die Direktzahlungen ab einer Beitragssumme von 150 000 Franken pro Betrieb schrittweise abgestuft und alle heutigen Abstufungen und Begrenzungen von Direktzahlungen aufgehoben werden.

Die Einführung eines fixen Betriebsbeitrags wurde von einer Mehrheit der Kantone und bäuerlichen Organisationen sowie der SVP abgelehnt. Viele Stellungnehmende haben alternative Lösungen gefordert, die jedoch komplizierter als die heutige Lösung sind. Der Bundesrat schlägt deshalb vor, auf einen Betriebsbeitrag zu verzichten. Die dafür vorgesehenen Finanzmittel sollen über Zonenbeiträge pro Hektare ausgerichtet werden.

Aufgrund der Befürchtungen der Kantone, dass das im Vorentwurf vorgeschlagene zweiteilige Biodiversitätsfördersystem zu mehr Aufwand im Vollzug führt, soll kein neues System eingeführt, sondern das heutige System mit Beiträgen für Biodiversitätsförderflächen der Qualitätsstufen I und II weiterentwickelt werden.

Bezüglich der Förderung einer standortangepassten Landwirtschaft mit RLS lehnen die Kantone einen Kofinanzierungsschlüssel auf den RLS aufbauenden Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft Bund-Kantone von 70:30 ab. Er soll daher auf 90:10 angepasst werden. Gleichzeitig soll die Möglichkeit zur Plafonierung dieser Beiträge pro Kanton und einzelner Themenbereiche geschaffen werden.

Einige Kantone und Organisationen haben in der Vernehmlassung eine Ausweitung der Direktzahlungsberechtigung verlangt. Juristische
Personen (inklusive Gemeinden und Kantone) sollen als Bewirtschafterinnen von Landwirtschaftsbetrieben für alle Direktzahlungen beitragsberechtigt sein. Sie fordern auch eine Vereinheitlichung und Vereinfachung. Der Bundesrat kommt diesem Anliegen mit seinem Entwurf entgegen.

Festhalten will der Bundesrat indes an einer Erhöhung der minimalen Anforderungen an die Ausbildung für neue Direktzahlungsbezügerinnen und -bezüger. Jedoch soll anstelle der Berufsprüfung das EFZ mit einem nachfolgenden Besuch von drei betriebswirtschaftlichen Modulen zur Erfüllung der Voraussetzung ausreichen. Eine Mehrheit der Stellungnehmenden begrüsste in der Vernehmlassung eine Erhöhung der Anforderungen, die Berufsprüfung als Berechtigung für die Gewährung der Direktzahlungen ging ihnen jedoch zu weit.

Im Bereich Strukturverbesserungen haben eine Mehrheit der Kantone und viele bäuerliche Organisationen den Vorschlag abgelehnt, die Investitionskredite (IK) für alle landwirtschaftlichen Wohnbauten aufzuheben. Aus diesem Grund schlägt der 4003

BBl 2020

Bundesrat vor, die IK für Betriebsleiterwohnungen beizubehalten und lediglich für das Altenteil aufzuheben.

In der Vernehmlassung wurde keine Änderung der Gesetzesgrundlagen im Bereich Risikomanagement vorgeschlagen. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf zunehmende Ertragsrisiken aufgrund des Klimawandels zusätzliche wissenschaftliche Grundlagen geschaffen werden. Von acht Kantonen sowie bäuerlichen Kreisen (u. a. SBV) wurde die Einführung von Massnahmen zur Risikoabsicherung gefordert. Es soll deshalb eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden, damit der Bund auf acht Jahre befristete Beiträge zur Verbilligung der Prämien von Wetterereignisversicherungen mit tiefer Marktdurchdringung ausrichten kann.

Im Bereich Bodenrecht wurden die vorgeschlagenen Anpassungen bei der ausserfamiliären Betriebsnachfolge, die Aufhebung des Vorkaufsrechtes für Geschwisterkinder sowie die Kürzung der Dauer des Vorkaufsrechts für Geschwister und Geschwisterkinder von 25 auf 10 Jahren von einer Mehrheit der Kantone und zahlreichen bäuerlichen Organisationen abgelehnt. Deshalb will der Bundesrat darauf verzichten. Die Familienbetriebe werden im Zweckartikel ausdrücklich erwähnt bleiben.

Bezüglich der Rahmenbedingungen für juristische Personen will der Bundesrat materiell am Grundsatz des Vorentwurfs, klare Anforderungen für juristische Personen im bäuerlichen Bodenrecht zu schaffen, festhalten. Die gesetzlichen Bestimmungen sollen gegenüber dem Vernehmlassungsvorschlag aber vereinfacht werden.

Der Vorschlag, die Überschreitung der Belastungsgrenze durch sämtliche Gläubiger ohne kantonale Bewilligung zu ermöglichen, fand in der Vernehmlassung wenig Unterstützung. Der Bundesrat schlägt deshalb vor, dass die Belastungsgrenze ausschliesslich für Hypotheken von Banken und Versicherungen mit Sitz in der Schweiz ohne kantonale Bewilligung überschritten werden kann.

Gänzlich verzichtet werden soll auf eine Anpassung des LPG, weil die Mehrheit der Stellungnehmenden (insb. die bäuerlichen Organisationen) die Vorschläge in der Vernehmlassung abgelehnt hat.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht65

Im Sinne einer kohärenten Entwicklung der Agrarpolitik sind die Tendenzen im EURaum von Bedeutung ­ dies vielmehr aus politischen als aus rechtlichen Gründen, da die EU-Agrarpolitik keinen für die Schweiz verbindlichen Rahmen einnimmt.

Aufgrund der starken Einbindung der Schweiz in den EU-Raum ist ein Blick auf die jeweiligen Entwicklungen sinnvoll.

Die EU-Kommission plant, die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für den nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021­2027 zu überarbeiten. Sie schlägt vor, die Finanzmittel für die GAP um rund 5 Prozent zu kürzen. Die Direkt65

Vgl. Europäische Kommission, EU-Haushalt: Die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2020; Pressemitteilung IP/18/3985 vom 1. Juni 2018, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_18_3985

4004

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zahlungen an Landwirte und Landwirtinnen könnten ab 2020 somit um rund 5 Prozent tiefer ausfallen. Die neue GAP hat neun Ziele: 1.

Sicherung angemessener Einkommen

2.

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit

3.

Faireres Kräfteverhältnis in der Lebensmittelversorgungskette

4.

Klimaschutzmassnahmen

5.

Umweltschutz

6.

Erhaltung von Landschaften und biologischer Vielfalt

7.

Förderung des Generationenwechsels

8.

Lebendige ländliche Gebiete

9.

Schutz von Gesundheit und Lebensmittelqualität

Die wichtigsten Vorschläge zur Erreichung dieser Ziele sind: ­

Mehr Flexibilität: Die GAP wird die Funktionsweise vereinfachen und modernisieren, um den Landwirten und der Gesellschaft einen Mehrwert zu bringen. Der Fokus in der Zukunft wird mehr auf Ergebnissen und Leistung liegen. Jeder Mitgliedstaat kann entscheiden, wie er die neun gemeinsamen Ziele am besten erreichen und dabei auch auf die spezifischen Bedürfnisse seiner Landwirte und ländlichen Gemeinschaften eingehen kann. Auch im Bereich der Investitionshilfen werden die EU-Mitgliedstaaten mehr Spielraum erhalten. Es soll aber vermieden werden, dass Investitionen, die möglicherweise nicht ökologisch nachhaltig sind, gefördert werden.

­

Gezieltere Ausrichtung der Unterstützung: Die GAP wird sich stark darauf konzentrieren, kleine und mittlere Familienbetriebe und Junglandwirte zu unterstützen. Direktzahlungen ab 60 000 Euro werden gekürzt und Zahlungen von mehr als 100 000 Euro pro Betrieb gekappt. Mindestens 2 Prozent der Direktzahlungen in jedem Mitgliedstaat werden für Junglandwirte bereitgestellt. Kleine und mittlere Betriebe erhalten eine höhere Unterstützung je Hektare.

­

Grössere Ambitionen beim Umwelt- und Klimaschutz: Die zukünftige GAP verlangt obligatorische und freiwillige Umwelt- und Klimaschutzmassnahmen und Direktzahlungen werden an höhere Umwelt- und Klimaschutz Anforderungen geknüpft. Mindestens 30 Prozent der Mittel werden für umweltund klimabezogene Massnahmen reserviert und 40 Prozent der gesamten GAP-Mittel sollen zum Klimaschutz beitragen. Zu den Verpflichtungen gehören: ­ Schutz von Feucht- und Torfgebieten, um die kohlenstoffreichen Böden zu erhalten; ­ Verbesserung der Wasserqualität und Verringerung der Ammoniakund Stickoxidkonzentrationen in der Atmosphäre durch ein obligatorisches Instrument zur Nährstoffbewirtschaftung; ­ Fruchtwechsel anstelle von Anbaudiversifizierung.

4005

BBl 2020

­

Stärkere Nutzung von Kenntnissen und Innovation: Die modernisierte GAP wird Investitionen in Forschung und Innovation verstärken und auch Landwirten und ländlichen Gemeinschaften die Möglichkeit geben, davon zu profitieren. Ein Budget von 10 Milliarden Euro des EU-Forschungspro-gramms «Horizont Europa» wird für die Bereiche Ernährung, Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Biowirtschaft bereitgestellt. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Big Data und neuen Technologien für Kontrollen und Überwachung zu nutzen. Die Europäische Innovationspartnerschaft für die Landwirtschaft (EIP-AGRI) wird Mittel aus ,,Horizont Europa" und Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums binden, um eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Landwirtschaft zu fördern.

Die agrarpolitische Weiterentwicklung der EU und der Schweiz gehen in vielen Bereichen in die gleiche Richtung. Mehr Flexibilität, eine gezieltere Ausrichtung der Unterstützung und grössere Ambitionen beim Umwelt- und Klimaschutz sind Stossrichtungen auch in der AP22+. Ein wesentlicher Unterschied zur Schweiz besteht in der stärkeren Ausrichtung der EU auf Massnahmen, welche die Marktöffnung und die Steigerung des Wettbewerbs ­ sowohl im Binnenmarkt als auch im Aussenhandel ­ zum Ziel haben. Dies wird dazu führen, dass sich die Preisunterschiede zwischen der Schweiz und EU vergrössern, was sich zunehmend negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz im Agrarbereich auswirken wird.

4

Agrarpolitik ab 2022 im Überblick

4.1

Strategische Ausrichtung

Der Bundesrat hat seine langfristige Strategie der Agrarpolitik in der Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik dargelegt. Die Land- und Ernährungswirtschaft soll über alle Stufen markt- und wertschöpfungsorientiert sein.

Sie soll ressourcenschonend Qualitätsprodukte für das In- und Ausland herstellen und die von der Gesellschaft erwarteten Leistungen effizient erbringen. Die Landund Ernährungswirtschaft soll sich in offeneren Märkten behaupten, die Ressourcen effizient nutzen und die Umwelt schonen. Der Bundesrat setzt in seiner Strategie auf marktorientierte, unternehmerische Potenziale, Selbstverantwortung und die Innovationskraft in der Landwirtschaft. Durch gegenseitige Zollreduktionen im Rahmen von Handelsabkommen soll auch neues Exportpotenzial für Agrarprodukte, Nahrungsmittel und Industrieprodukte geschaffen werden. Zudem soll die Regulierungsdichte verringert, die Chancen der Digitalisierung genutzt und das interne Stützungssystem effizienter ausgestaltet werden.

Das Konzept des Bundesrates zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik hat zwei Komponenten: Die erste betrifft die grenzüberschreitende Vernetzung der Märkte, die zweite umfasst die agrarpolitischen Massnahmen, die im Rahmen der AP22+ im Inland umgesetzt werden sollen.

Der Nationalrat hat am 4. Juni 2018 im Rahmen der Beratung der Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik entschieden, von einer Integrati-

4006

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on der internationalen Komponente in die AP22+ abzusehen.66 Die Vernetzung der Märkte soll über separat verhandelte Freihandelsabkommen im Interesse der Gesamtwirtschaft erfolgen. Diesem Entscheid trägt der Bundesrat Rechnung, indem er die beiden Prozesse ­ die AP22+ und die Verhandlungen von Handelsabkommen ­ klar trennt. Allfällige neue oder weiterentwickelte Handelsabkommen werden dem Parlament mit separaten Vorlagen zur Ratifikation unterbreitet. Sie sind somit nicht Gegenstand dieser Vorlage.

Gegenwärtig laufen Verhandlungen mit verschiedenen Handelspartnern (vgl.

Ziff. 1.3.2). Der Abschluss neuer oder die Weiterentwicklung bestehender Handelsabkommen, die für die Schweizer Volkswirtschaft von hoher Wichtigkeit sind, werden kaum mehr möglich sein, wenn die Schweiz nicht Konzessionen im Landwirtschaftsbereich machen kann. Diese Handelsabkommen können für unsere Landwirtschaft zwar mehr Importdruck bedeuten, sie eröffnen aber auch neue Exportchancen für Nahrungsmittel wie Käse und andere hochwertige Landwirtschaftsprodukte mit hoher Wertschöpfung. Ein Verlust von Marktanteilen aufgrund gesteigerter Importe kann verhindert und Gewinne durch mehr Exporte können erzielt werden, wenn es der Landwirtschaft gelingt, ihre Wettbewerbskraft zu verbessern.

Mit der AP22+ sollen die Rahmenbedingungen dafür optimiert werden.

4.2

Perspektiven-Dreieck: Markt, Betrieb und Umwelt

Die Ausrichtung der AP22+ orientiert sich am Nachhaltigkeitsdreieck, das die drei Bereiche Markt, Umwelt/natürliche Ressourcen und landwirtschaftliche Unternehmen (inkl. soziale Aspekte) verbindet.

66

Geschäftsnummer Curia Vista 18.044.

4007

BBl 2020

Abbildung 7 Perspektiven-Dreieck

Im folgenden Kapitel werden die drei Bereiche des Perspektivendreiecks mit ihren Zielen und Stossrichtungen erläutert. Es wird dargelegt, welche bereits bestehenden agrarpolitischen Instrumente zur Zielerreichung beitragen und welche neuen oder weiterentwickelten Instrumente im Rahmen der AP22+ geplant sind, um die vorhandenen Ziellücken zu schliessen.

4.2.1

Bereich Markt

4.2.1.1

Ziele und Stossrichtungen

Im Bereich Markt sollen im Rahmen der AP22+ folgende Ziele erreicht werden: ­

Verbesserung der Position und Wettbewerbskraft der Land- und Ernährungswirtschaft auf den in- und ausländischen Märkten

­

Mehr Wertschöpfung durch mehr Marktausrichtung

­

Nutzung von Synergien zwischen Nachhaltigkeit und Markt

Die Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf eine Qualitätsstrategie wurde bereits mit der AP 14­17 im LwG verankert. Durch die noch stärkere Ausrichtung des Sektors auf die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten (Marktausrichtung) soll dessen Wertschöpfung gesteigert werden. Im hohen Kostenumfeld der Schweiz ist die Produktion von Rohstoffen, die aufgrund ihrer Alleinstellungsmerkmale (Nachhaltigkeit, Qualität, Regionalität usw.) nicht oder weniger 4008

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austauschbar sind, von vitaler Bedeutung. Diese Mehrwerte sind die Voraussetzung für eine klare Positionierung der Produkte und Dienstleistungen im Qualitätssegment. Im Rahmen der AP22+ wird die konsequente Ausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft auf Qualität und Nachhaltigkeit und auf die Nutzung des Innovationspotenzials und der technologischen Entwicklung (Digitalisierung) vorangetrieben. Der Bund legt den Schwerpunkt seiner Förderpolitik in den Märkten auf die Umsetzung der Mehrwertstrategien, sowohl in den einzelnen Branchen als auch in der gesamten Land- und Ernährungswirtschaft. Entsprechende Initiativen und Massnahmen der Branchen werden auf Basis der bestehenden rechtlichen Grundlagen vom Bund unterstützt.

4.2.1.2

Instrumente

Bestehende Instrumente Im Hinblick auf die genannten Ziele stehen im Bereich Markt die Initiativen der Branchenakteure im Zentrum der Weiterentwicklung. Die Massnahmen des Bundes im Bereich der Qualitäts- und Absatzförderung (Art. 8­13 LwG), der Kennzeichnung (Art. 14­16 LwG) und der Marktbeobachtung (Art. 27 LwG) unterstützen die Branchen der Land- und Ernährungswirtschaft bei der Zielerreichung. Folgende Massnahmen sind besonders hervorzuheben: ­

Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit (Art. 11 LwG): Ziel dieses Instruments ist die Förderung von Innovationen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft. Die geförderten Vorhaben müssen einen Mehrwert in den Bereichen Nachhaltigkeit oder Qualität bieten und die landwirtschaftliche Wertschöpfung langfristig erhöhen. Im Fokus der AP22+ steht die Weiterentwicklung der Mehrwertstrategien der einzelnen Branchen, um die Schweizer Agrarprodukte und deren Wertschöpfungsketten durch ihre Alleinstellungsmerkmale wettbewerbsfähiger zu machen.

­

Exportinitiativen und Plattform für Agrarexport (Art. 12 LwG): Im Bereich Absatzförderung wurde 2014 die Unterstützung von Exportinitiativen etabliert, die als Starthilfe für die Markterschliessung und Marktbearbeitung in neuen Märkten genutzt werden können. Komplementär wurde 2019 durch private Akteure, insbesondere aus der Milch- und Fleischwirtschaft, eine «Plattform Agrarexport» gegründet, welche Schweizer Unternehmen der Agrar- und Lebensmittelbranche dabei unterstützt, Handelshürden beim Export in Märkte ausserhalb der EU zu überwinden. Die Aufgabe dieser Plattform, die Unterstützung bei Überwindung von technischen Handelshemmnissen, wird als Exportinitiative im Rahmen der Absatzförderung im Sinne einer Anschubfinanzierung unterstützt.

4009

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Neue oder weiterentwickelte Instrumente im Rahmen der AP22+ Folgende Massnahme soll mit der AP22+ umgesetzt werden im vorliegenden Entwurf zur Änderung des LwG (E-LwG): ­

Weiterentwicklung der Produktionssystembeiträge (Art. 75 und 76 E-LwG): Produktionssystembeiträge ermöglichen die Nutzung von Synergien für die Vermarktung einer umweltschonenden landwirtschaftlichen Produktion.

Leistungen der Landwirtschaft wie der gezielte Verzicht auf PSM, die Reduktion von Ammoniakemissionen oder die Förderung der Tiergesundheit sollen neu durch Produktionssystembeiträge abgegolten werden. Mit Hilfe von Labels, die auf diesen Beiträgen aufbauen, sollen die Anreizwirkung für die Produzentinnen und Produzenten erhöht und die Leistungen am Markt in Wert gesetzt werden.

4.2.2

Bereich Betrieb

4.2.2.1

Ziele und Stossrichtungen

Im Bereich Betrieb sollen mit der AP22+ folgende Ziele erreicht werden: ­

Die Betriebsleiterinnen und -leiter sollen eigenständige und verantwortungsbewusste Unternehmerinnen und Unternehmer sein. Sie sollen basierend auf ihren standort- und betriebsspezifischen Stärken und Strategien flexibel auf Chancen und Risiken des Marktes reagieren können.

­

Die Landwirtinnen und Landwirte sollen sich mit mehr Unternehmertum auf den Markt ausrichten und ihre individuellen Potenziale nutzen. Dafür sollen die Betriebe möglichst wenigen staatlichen Beschränkungen unterliegen, die sie in ihrem unternehmerischen Handeln einschränken.

­

Die betriebliche Effizienz (d. h. die Produktivität von eingesetzten Faktoren wie Arbeit und Kapital) soll erhöht werden. Gleichzeitig sollen vielseitige und bäuerliche Betriebsstrukturen erhalten bleiben.

Die Kompetenzen und der Handlungsspielraum der Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter im Bereich Unternehmensführung (z. B. die Anwendung neuer Technologien) spielen für den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebs eine entscheidende Rolle. Mit der AP22+ sollen günstigere Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die notwendigen Kompetenzen der Landwirtinnen und Landwirte für mehr Unternehmertum zu unterstützen.

4.2.2.2

Instrumente

Bestehende Instrumente Im Bereich Betrieb tragen die Direktzahlungsinstrumente (Art. 70­77 LwG), die sozialen Begleitmassnahmen (Art. 78­86a LwG) und die Strukturverbesserungsmassnahmen (Art. 87­112 LwG) zur Zielerreichung der AP22+ bei. Von besonderer

4010

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Bedeutung sind auch die Forschung und Beratung (Art. 113­117 und 136 LwG).

Folgende Massnahmen tragen explizit zur Zielerreichung bei: ­

Strukturverbesserungsbeiträge (Art. 93­104 LwG): Vom Bund unterstützte Meliorationen oder Bodenverbesserungen (Güterzusammenlegungen, Wegerschliessungen, Wasser- und Elektrizitätsversorgungen, Massnahmen zur Regelung des Boden- und Wasserhaushaltes wie Bewässerungen und Drainagen) tragen zur Senkung der Produktionskosten bei.

­

Projekte zur regionalen Entwicklung, (PRE; Art. 93 LwG): Primäre Ziele der PRE sind die Schaffung von Wertschöpfung in der Landwirtschaft und die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit. Neben klassischen Investitionsvorhaben wie Käsereien können mit PRE auch neue und innovative Projekte sowie die Vermarktung unterstützt werden.

­

Investitionskredite (Art. 105­112 LwG): Wettbewerbsfähige Strukturen werden mit zinslosen Darlehen unterstützt. Die Darlehen fördern die Weiterentwicklung von Zusammenarbeitsformen und den Aufbau von bäuerlichen Selbsthilfeorganisationen im Bereich der marktgerechten Produktion und Betriebsführung sowie der Erweiterung von Geschäftstätigkeiten (Diversifizierung, Agrotourismus usw.).

­

Landwirtschaftliche Forschung und Beratung (Art. 113­116 und 136 LwG): Agroscope, Finanzhilfen an Forschungsorganisationen und für Forschungsprojekte und die vom Bund unterstützte Beratung und Weiterbildung insbesondere im Bereich Betriebsführung fördern das Unternehmertum (Marktausrichtung) und die betriebliche Effizienz.

Neue oder weiterentwickelte Instrumente im Rahmen der AP22+ Folgende Massnahmen sollen mit der AP22+ umgesetzt werden: Direktzahlungen ­

Weiterentwicklung des Versorgungssicherheitsbeitrags und Weiterführung eines Übergangsbeitrags (Art. 71, 72 und 77 E-LwG): Der Basis- und Produktionserschwernisbeitrag der Versorgungssicherheitsbeiträge sowie der Offenhaltungsbeitrag der Kulturlandschaftsbeiträge sollen in einen neuen Zonenbeitrag überführt werden. Die Beiträge sollen so ausgestaltet werden, dass die Mittelverteilung pro Zone stabil bleibt. Ein Mindesttierbesatz für die Dauergrünfläche wird nicht mehr vorausgesetzt. Der bisherige Übergangsbeitrag soll als Instrument weitergeführt werden, um den Übergang in die AP22+ abzufedern und um die Finanzierung der schrittweise einzuführenden neuen und weiterentwickelten Instrumente sicherzustellen.

­

Besserer Versicherungsschutz für mitarbeitende Familienangehörige (Art. 70a E-LwG): Als Voraussetzung für die Ausrichtung von Direktzahlungen wird ein obligatorischer Sozialversicherungsschutz für regelmässig und beträchtlich mitarbeitende Ehegatten und Partnerinnen und Partnern im Falle von eingetragenen Partnerschaften (mit Risiko-Vorsorge [Risiken Invalidität und Tod] und mit Verdienstausfall) vorgeschlagen.

4011

BBl 2020

­

Aufhebung der Beitragsabstufung nach Fläche und Standardarbeitskraft (SAK) und Einführung einer Abstufung pro Betrieb (70a E-LwG): Mit der Einführung der neu gestalteten Versorgungssicherheitsbeiträge und einer Begrenzung der Direktzahlungen pro Betrieb können die Begrenzung der Direktzahlungssumme SAK und die Abstufung nach Fläche aufgehoben werden. Eine schrittweise Abstufung der Direktzahlungen ab 150 000 Franken pro Betrieb soll aus sozialpolitischen und ökonomischen Gründen eingeführt werden. Für Betriebsgemeinschaften soll die Direktzahlungssumme, ab der abgestuft wird, nach der Zahl der zusammengefassten Betriebe in der Betriebsgemeinschaft multipliziert werden.

­

Anforderung an die Ausbildung: Weil die Herausforderungen in der Betriebsführung komplexer werden, sollen neue Direktzahlungsbezügerinnen und -bezüger in Zukunft mindestens das EFZ aufweisen und zusätzlich drei Module Betriebswirtschaft besuchen. Diese Regelung soll in Artikel 4 der Direktzahlungsverordnung vom 23. Oktober 201367 (DZV) aufgenommen werden.

Betriebliches Risikomanagement ­

Befristete Beiträge zur Verbilligung der Prämien von Ernteversicherungen (Art. 86b E-LwG): Zur Verbesserung der Risikoabsicherung der Landwirtschaft gegenüber wetterbedingten Ertragsschwankungen soll eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden, damit der Bund Beiträge an die Verbilligung von Prämien von Ernteversicherungen leisten kann. Dadurch soll die Marktdurchdringung von Ernteversicherungen, die grossräumig auftretende Risiken abdecken, gefördert werden. Die Beiträge sind auf acht Jahre befristet.

Strukturverbesserungen

67

­

Weiterentwicklung der Strukturverbesserungsmassnahmen (Art. 87 und 87a E-LwG): Die Ziele und Massnahmen im Bereich der Investitionshilfen sollen neu strukturiert und inhaltlich ergänzt werden. Neu soll der Bund auch für innovative Technologien zur Reduktion der negativen Umweltwirkungen (z. B. ressourcenschonende Maschinen und Geräte), zur Verbesserung des digitalen Zugangs sowie für den Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke Investitionshilfen gewähren können.

­

Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Investitionshilfen (Art. 89 E-LwG): Mit einer expliziten Forderung der Wirtschaftlichkeit bei Investitionshilfen soll die Investitionstätigkeit der Betriebe noch stärker auf die Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet werden. Investitionshilfen sollen nur noch gewährt werden, wenn der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin mit einer standortangepassten Bewirtschaftungsweise in der Lage ist, das gesamte betriebliche Fremdkapital innert einer Frist von 30 Jahren zurückzuzahlen.

­

Investitionshilfen nur noch für landwirtschaftliche Betriebsleiterwohnungen (Art. 106 E-LwG): Der Wohnbau in der Landwirtschaft wird heute über IK SR 910.13

4012

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(zinsfreie Darlehen) vom Bund unterstützt. IK sollen neu nur noch für die Betriebsleiterwohnung gewährt werden, da diese dem Geltungsbereich des BGBB untersteht und von einem landwirtschaftlichen Gewerbe nicht abgetrennt werden kann.

Bodenrecht ­

Stärkung der Position der Ehegatten (insb. Art. 18, 31 und 42 E-BGBB): In der Landwirtschaft mitarbeitende Partnerinnen und Partner (insb. Frauen) sollen rechtlich bessergestellt werden. Es soll ein Vorkaufsrecht für den selbstbewirtschaftenden Nichteigentümergatten eingeführt werden, das dem Vorkaufsrecht der Geschwister und Geschwisterkinder vorgeht. Zudem sollen im Scheidungsfall getätigte Investitionen stärker berücksichtigt werden.

­

Rahmenbedingungen für juristische Personen (insb. Art. 3, 9a und 61 EBGBB): Auch landwirtschaftliche Familienbetriebe sollen juristische Personen gründen können, um eine dem jeweiligen Unternehmen angepasste Organisationsform zu geben und finanzielle Risiken zu mindern. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass Selbstbewirtschafter über eine Mehrheitsbeteiligung verfügen und die Hauptzweckbestimmung die landwirtschaftliche oder gartenbauliche Produktion ist.

­

Änderung der Bestimmungen zur Belastungsgrenze (insb. Art. 76­78 und 81 E-BGBB): Die Bestimmungen zur Belastungsgrenze sollen angepasst werden, sodass Banken und Versicherungen mit Sitz in der Schweiz künftig auf eine Bewilligung des Kantons verzichten können. Die strengen Anforderungen an die Tragbarkeit und die Tilgung der Hypotheken bleibt erhalten. Dies erlaubt wirtschaftlich geführten Betrieben mit hohen aber vielversprechenden Investitionen den unternehmerischen Handlungsspielraum zu vergrössern.

Innovation ­

Digitalisierung (Art. 2, 87a und 185 E-LwG): Es soll ein allgemeiner Grundsatz ins LwG aufgenommen werden, der postuliert, dass die Massnahmen des Bundes die Digitalisierung in der Land- und Ernährungswirtschaft unterstützen. Zudem soll die Grundlage geschaffen werden, um im Rahmen der Strukturverbesserungen technologische Anwendungen unterstützen zu können, die zur Förderung des Tierwohls und der Tiergesundheit und zur Vermeidung negativer Umwelteffekte beitragen. Weiter sollen die Landwirtschaftsbetriebe stärker in die Pflicht genommen werden, dem Bund Monitoringdaten zur Verfügung zu stellen.

­

Anwendung von Massnahmen für neue Produktionsformen (Art. 3 E-LwG): Bestimmte Massnahmen des LwG sollen neu für Aquakulturen, Algen, Insekten und weitere lebende Organismen als Basis für Nahrungs- und Futtermittel angewendet werden. Dies gibt der Agrarpolitik mehr Möglichkeiten, innovative Produktionsformen zu unterstützen.

­

Forschung, Beratung und Innovationsförderung (Art. 113, 114, 118,119 und 120 E-LwG): Der Bund soll in Zukunft mit seinen Instrumenten der Innova4013

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tionsförderung die aktive und zeitgerechte Verwertung von neuem Wissen zu Produktionsmethoden, Produktionsmitteln, Qualitätskriterien und wirtschaftlichen Erfolgsfaktoren unterstützen können. Konkrete Ansatzpunkte sind die Förderung einer besseren Vernetzung von Forschung, Bildung und Beratung mit der Praxis der Land- und Ernährungswirtschaft, sowie die Unterstützung von Pilot- und Demonstrationsprojekten (z. B. Ressourcenprogramme, Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit, Forschung, Beratung).

4.2.3

Bereich Umwelt und natürliche Ressourcen

4.2.3.1

Ziele und Stossrichtungen

Die AP22+ verfolgt im Bereich Umwelt und natürliche Ressourcen folgende Ziele: ­

Bereitstellung von Agrarökosystemleistungen ­ Durch eine nachhaltige Bewirtschaftung soll die Bodenfruchtbarkeit gesichert werden.

­ Die Landwirtschaft soll sich klimatischen Veränderungen anpassen, das heisst neue Chancen nutzen, Risiken minimieren und die Anpassungsfähigkeit steigern), und dadurch ihre Resilienz erhöhen.

­

Verminderung der Umweltbelastung und Reduktion des ökologischen Fussabdrucks ­ Die Umweltbelastung der Landwirtschaft soll reduziert werden. Im Fokus stehen die Umweltrisiken durch die Pflanzennährstoffe Stickstoff und Phosphor sowie durch Treibhausgase, PSM und Antibiotika.

­ Der Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen (fossile Energie, Phosphor und Boden usw.) soll reduziert werden. Im Fokus steht der quantitative Kulturlandschutz. Die landwirtschaftliche Nutzfläche, vor allem der fruchtbarste Boden (FFF), muss vor Versiegelung geschützt und die Bodenqualität langfristig erhalten bleiben.

­ Emissionen und der Verbrauch nicht erneuerbarer Energien können in der Schweiz auch mit weniger Inlandproduktion und vermehrtem Import reduziert werden. Dies ist ökologisch nur dann sinnvoll, wenn der ökologische Fussabdruck eines importierten Produktes kleiner ist als derjenige des entsprechenden inländischen Produktes und wenn die ökologische Tragfähigkeit am Produktionsort nicht überschritten wird.

Damit die Landwirtschaft ihre Agrarökosystemleistungen (z. B. Pflege der Kulturlandschaft, Erhalt der Bodenfunktionen) langfristig erbringen kann, dürfen die natürlichen Ressourcen in Agrar- aber auch in natürlichen Ökosystemen nicht irreversibel geschädigt werden. Die Voraussetzungen dafür sind heute nicht immer gegeben. Eine zu intensive landwirtschaftliche Nutzung führt beispielsweise zum Verlust von Arten und Lebensräumen. Um Agrarökosystemleistungen nachhaltig bereitzustellen und die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, muss die Schweizer Landwirtschaft ihre verschiedenen Leistungen in Zukunft ökologischer erbringen

4014

BBl 2020

als heute. Dazu kann ein konsequenter Vollzug der bestehenden umweltrechtlichen Bestimmungen beisteuern.

Mit Artikel 104a Buchstabe b wurde die standortangepasste Lebensmittelproduktion in der BV verankert. Eine standortangepasste Landwirtschaft nutzt die standortspezifischen agronomischen, ökonomischen und ökologischen Potenziale für die Lebensmittelproduktion unter Berücksichtigung der ökologischen Tragfähigkeit der Ökosysteme. Die UZL beschreiben den Zustand, mit dem die langfristige Erhaltung der Tragfähigkeit der Ökosysteme und der Ökosystemleistungen gewährleistet werden kann. Mit der AP22+ sollen die agrarpolitischen Instrumente verstärkt auf eine standortangepasste Landwirtschaft ausgerichtet werden.

4.2.3.2

Instrumente

Bestehende Instrumente Grundanforderung an eine landwirtschaftliche Tätigkeit ist die Einhaltung der geltenden Gesetzgebung unter anderem im Umwelt-, Tierschutz- und Tierseuchenbereich. Im LwG tragen in erster Linie der ÖLN (Art. 70a LwG), verschiedene Direktzahlungsinstrumente (Biodiversitäts-, Landschaftsqualitäts-, Produktionssystem- und Ressourceneffizienzbeiträge; Art. 73­77 LwG), die Förderung der Pflanzen- und Tierzucht (Art. 140­147 LwG) und die Regelungen zu den genetischen Ressourcen (Art 147a und 147b LwG) dazu bei, die Landwirtschaft über die gesetzlichen Anforderungen hinaus nachhaltiger zu machen. Zudem fördert der Bund die Verbesserung der Nachhaltigkeit bei der Nutzung von natürlichen Ressourcen im Rahmen des Ressourcenprogramms (Art. 77a und 77b LwG). Des Weiteren zielen folgende Instrumente auf eine Reduktion der Umweltbelastung durch die Landwirtschaft und den Ressourcenschutz ab: ­

Aktionsplan Pflanzenschutzmittel (AP PSM): Der im September 2017 vom Bundesrat verabschiedete Aktionsplan beabsichtigt, die heutigen Risiken von PSM zu halbieren. Einige der darin beschriebenen Massnahmen werden bis 2021 bereits umgesetzt sein. Weitere sollen im Rahmen der AP22+ umgesetzt werden.

­

Sachplan Fruchtfolgeflächen (SP FFF): Die Instrumente zum quantitativen Schutz des Kulturlandes sind vor allem in der Raumplanung zu finden. Im Rahmen der 2. Revisionsetappe des Raumplanungsrechtes soll dabei explizit das Bauen ausserhalb der Bauzonen neu geregelt werden. Die Massnahmen für einen besseren Schutz der FFF werden im Rahmen der Überarbeitung des SP FFF weiterverfolgt.

Neue oder weiterentwickelte Instrumente im Rahmen der AP22+ Folgende Massnahmen sollen mit der AP22+ umgesetzt werden: ­

Weiterentwicklung des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN; Art. 70a ELwG): Um Ziellücken im Umweltbereich zu reduzieren, soll der ÖLN wirkungsvoller werden und insbesondere die Tragfähigkeit der Ökosysteme besser berücksichtigen. Es wird geprüft, ob im ÖLN zur Begrenzung und 4015

BBl 2020

gezielten Reduktion der in die Umwelt gelangenden Nährstoffverluste besser geeignete Instrumente als die heutige ausgeglichene Düngerbilanz (Methode Suisse-Bilanz68) eingeführt werden können. Im Rahmen des Massnahmenpakets als Alternative zur Trinkwasserinitiative wird zudem vorgeschlagen, die Toleranz von 10 Prozent bei der Suisse-Bilanz abzuschaffen, eine über Hofdüngerannahmen hinausgehende Offenlegungspflicht für Nährstofflieferungen (Kraft- und Raufuttermittelzufuhr, Mineraldünger) einzuführen und die Vorgaben für den Einsatz von PSM, wie im AP PSM vorgesehen, zu überarbeiten und wirkungsvoller auszugestalten. Um dem bestehenden Defizit bei der Förderung der Biodiversität in ackerbaulich genutzten Gebieten zu begegnen, gilt neu ein Mindestanteil von Biodiversitätsförderflächen auf der Ackerfläche. Für bestimmte Gebiete sollen zudem spezifische Anforderungen zum Schutz der Ökosysteme festgelegt werden können.

68

­

Wirkungsverbesserung der Biodiversitätsförderung (Art. 73 E-LwG): Die Wirkung der Biodiversitätsfördermassnahmen soll mit einer stärkeren Zielausrichtung, die an den identifizierten Defiziten ansetzt, erhöht werden.

Das neue System soll auf den Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz abgestimmt sein.

­

Förderung der Tiergesundheit (Art. 75 und 87a E-LwG): Das Tierverhalten, die Haltungsbedingungen, die Fütterung, die Vermeidung von Stresssituationen, die medizinische Gesundheit und der Einsatz von Tierarzneimitteln sollen gesamtheitlich und unter Berücksichtigung ihrer Wechselwirkungen verbessert werden. Auf Massnahmenebene sollen die bestehenden Tierwohlprogramme BTS und RAUS weitergeführt und in Richtung vermehrter Weidehaltung weiterentwickelt werden. In Ergänzung dazu sollen im Rahmen der Produktionssysteme Massnahmen zur Förderung der Tiergesundheit eingeführt werden.

­

Weiterentwicklung der Produktionssystembeiträge und Integration der Ressourceneffizienzbeiträge (Art. 75 und 76 E-LwG): Die Beiträge für gesamtund teilbetriebliche Produktionssysteme (Bio-, Extenso-, Tierwohl- und GMF-Beiträge) sollen im Grundsatz weitergeführt und in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickelt werden. Die bisherigen zahlreichen Einzelmassnahmen zur Förderung der Ressourceneffizienz sollen entweder in den ÖLN integriert (z. B. Förderung des Schleppschlauchs) oder in die Produktionssystembeiträge überführt (z. B. Herbizidverzicht im Zuckerrübenanbau) und mit weiteren Massnahmen ergänzt werden. Die Förderung einzelner Maschinen und Techniken erfolgt zukünftig über die Strukturverbesserungen oder über Produktionssystembeiträge.

­

Förderung regionsspezifischer Massnahmen mit Beiträgen für eine standortangepasste Landwirtschaft (Art. 76 und 87a E-LwG): Die derzeit als einzelne Förderinstrumente konzipierten Direktzahlungsarten Landschaftsqualitätsbeitrag und Vernetzungsbeitrag sollen in einen neuen Beitrag zur Die Suisse-Bilanz ist abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Instrumente > Direktzahlungen > Ökologischer Leistungsnachweis > Ausgeglichene Düngerbilanz und Bodenuntersuchungen (DZV Art. 13).

4016

BBl 2020

Förderung einer standortangepassten Landwirtschaft integriert und mit regional differenzierten Massnahmen im Bereich nachhaltige Ressourcennutzung ergänzt werden. Voraussetzung für die Ausrichtung dieses projektbezogenen Beitrags ist das Vorliegen einer vom Bund bewilligten RLS. Diese Strategie soll auch für eine gezieltere Ausrichtung von Strukturverbesserungsmassnahmen wie die Erneuerung landwirtschaftlicher Infrastrukturen oder die Stärkung der ländlichen Entwicklung genutzt werden.

­

Unterstützung von Kompetenz- und Innovationsnetzwerken für die Pflanzenzüchtung, Tierzucht und Nutztiergesundheit (Art. 120 E-LwG): Ziel dieser Netzwerke ist es, die Vernetzung der Akteure der Land- und Ernährungswirtschaft mit Forschung, Bildung und Beratung in den Bereichen Pflanzenzüchtung, Tierzucht und Nutztiergesundheit zu verbessern.

­

Umsetzung der «Strategie Tierzucht 2030» des WBF69 ­ Anpassung der Ausrichtung der Tierzuchtförderung (Art. 141 E-LwG): Die Förderung der Tierzucht soll verstärkt auf die Bereiche Wirtschaftlichkeit, Produktequalität, Umweltwirkung, Ressourceneffizienz, Standortangepasstheit, Tiergesundheit und Tierwohl ausgerichtet werden. Die Zuchtorganisationen erhalten Beiträge, wenn ihre Zuchtprogramme auf diese Bereiche ausgerichtet sind. Zudem soll die Forschung in der Tierzucht unterstützt werden. Dabei geht es neben der Grundlagenforschung vor allem um die angewandte Forschung, das heisst um die Entwicklung neuer Zuchtmerkmale und methoden sowie die Bewertung und Nutzung des technischen Fortschritts.

4.2.4

Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasserinitiative

Am 18. Januar 2018 wurde die eidgenössische Volksinitiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung ­ Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz» (Trinkwasserinitiative) mit 113 979 gültigen Unterschriften eingereicht. Sie verlangt mit einer Verfassungsänderung, dass nur noch diejenigen Landwirtschaftsbetriebe mit Direktzahlungen unterstützt werden, die keine PSM einsetzen, ohne prophylaktischen Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung auskommen und deren Tierbestand mit dem auf dem Betrieb produzierten Futter ernährt werden kann. Eine Annahme der Volksinitiative hätte Folgen für die Schweizer Landwirtschaft, die der Bundesrat als zu weitreichend und schädlich beurteilt. Einerseits würde die Produktion durch den kompletten Verzicht auf PSM und zugekauftes Futter auf vielen direktzahlungsberechtigten Betrieben stark abnehmen. Anderseits besteht das Risiko, dass die Umweltbelastung durch eine intensivere landwirtschaftliche Produktion zunimmt, weil Betriebe vermehrt aus dem Direktzahlungssystem aussteigen und dadurch die Anforderungen des ÖLN nicht mehr berücksichtigen müssen.

Die Volksinitiative nimmt jedoch wichtige Anliegen auf, die der Bund selber bereits mit verschiedenen agrarpolitischen Massnahmen wie dem AP PSM anstrebt. Auf69

https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/52496.pdf

4017

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grund der inhaltlichen und terminlichen Überschneidung hat der Bundesrat am 15. Juni 2018 beschlossen, ein Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasserinitiative im Rahmen der AP22+ aufzunehmen. Das LwG soll mit einem verbindlichen Absenkpfad für die landwirtschaftlichen Nährstoffverluste (Stickstoff und Phosphor) ergänzt werden. Für Stickstoff und Phosphor sollen verbindliche Zwischenziele gesetzlich verankert werden. Die Stickstoff- und Phosphorverluste sollen gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2014­2016 um mindestens 10 Prozent bis 2025 und um mindestens 20 Prozent bis 2030 zurückgehen. Die betroffenen Branchenorganisationen sollen verpflichtet werden, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen und dem Bund ab 2023 regelmässig Bericht über die Art und Wirkung der getroffenen Massnahmen zu erstatten. Werden die Zwischenziele nicht erreicht, so soll der Bundesrat verpflichtet werden, spätestens 2025 wirkungsvolle Korrekturmassnahmen zu ergreifen. Sie sollen sicherstellen, dass die Stickstoff- und Phosphorverluste bis 2030 um 20 Prozent sinken.

Tabelle 4 Verbindlicher Absenkpfad für Stickstoff- und Phosphorverluste Ziel

Indikatoren

Zielwerte 2025

Zielwerte 2030

N-Verluste P-Verluste

Referenz

Saldo der nationalen Input-Outputbilanz

­ 10 %

­ 20 %

2014/16: 113 781 t N

Saldo der nationalen Input-Outputbilanz

­ 10 %

­ 20 %

2014/16: 6 087 t P

Im LwG wird eine zusätzliche Offenlegungspflicht für Nährstofflieferungen mit Futtermitteln und Mineraldüngern an landwirtschaftliche Betriebe ­ in Ergänzung der bereits bestehenden Pflicht bei Hof- und Recyclingdüngern ­ als Grundlage zur besseren Überprüfung der Nährstoffbilanzen verankert. Im GSchG wird die maximal erlaubte Düngerausbringung von 3 auf 2,5 Düngergrossvieheinheiten (DGVE) pro Hektare reduziert. Zudem erhält der Bundesrat die Kompetenz, diese Limite weiter zu reduzieren, wenn die Absenkpfade für Stickstoff und Phosphor nicht eingehalten werden. Im ÖLN werden PSM mit erhöhtem Umweltrisiko nicht mehr zugelassen und der Verzicht auf PSM wird verstärkt mit Direktzahlungen gefördert: Im Bereich der Pflanzenschutzmittel werden zusätzliche Massnahmen eingeführt, die diejenigen des Aktionsplans ergänzen. Produkte, die ein unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellen, werden bereits heute im Rahmen der Überprüfung von Bewilligungen bereits zugelassender Produkte vom Markt genommen. Zusätzlich dazu dürfen im Rahmen der ÖLN-Regeln die verbleibenden bewilligten Produkte, von denen ein erhöhtes Risiko ausgeht, nicht mehr verwendet werden, ausser es seien keine alternativen Lösungen zum Schutz der Kulturen vorhanden. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf die Auswahl der Produkte bezüglich Risiko einer Kontamination des Trinkwassers durch Metaboliten und bezüglich Risiko für Wasserlebewesen gelegt. Die Anforderungen des ÖLN werden ebenfalls verschärft, mit dem Ziel, die Abdrift und die Abschwemmung von PSM in Gewässer und in Biotope, die an die behandelten Parzellen angrenzen, zu verringern.

4018

BBl 2020

Schliesslich schaffen die Produktionssystembeiträge die Möglichkeit, durch die Förderung alternativer Methoden zum Schutz der Kulturen auf die Verwendung von PSM verzichten zu können.

Wenn trotzdem regional zu hohe Stoffeinträge in Gewässern festgestellt werden, sollen Bund und Kantone im Rahmen der Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft regionsspezifische Massnahmen fördern. Zudem wird die Grundlage geschaffen, um die Anforderungen des ÖLN regional gezielt erhöhen zu können.

Das UVEK hat in Zusammenarbeit mit dem WBF und den betroffenen Departementen sowie den Kantonen geprüft, ob eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden soll, die den Bund verpflichtet, bei wiederholten und in grossen Teilen der Schweiz festgestellten Überschreitung von Grenzwerten von PSM in Oberflächengewässern Massnahmen zur Verminderung der Einträge zu ergreifen. Der Prüfauftrag hat ergeben, dass zwar Optimierungen notwendig sind, es dazu jedoch keine Anpassungen auf Gesetzesstufe braucht. Die entsprechenden Prozessverbesserungen werden geprüft und auf Verordnungsstufe umgesetzt.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-SR) hat die parlamentarische Initiative 19.475 «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» eingereicht. Es soll ein Erlassentwurf erarbeitet werden, der die gesetzliche Verankerung eines Absenkpfads mit Zielwerten für das Risiko beim Einsatz von Pestiziden vorsieht. Die Behandlung dieser Kommissionsinitiative soll nach Möglichkeit mit der Beratung der AP22+ zusammengelegt werden.

4019

BBl 2020

Tabelle 5 Schematische Darstellung des Massnahmenpaketes als Alternative zur Trinkwasserinitiative Treiber Pflanzenschutzmittel

Nährstoffe

Ebene Im ÖLN:

Verbindlicher Absenkpfad mit ZieZusätzliche Anforderungen für len für N- und P-Verluste für 2025 die Reduktion der Einträge in und 2030 und Auftrag an betroffene die Ökosysteme, u .a. Gewässer Branchenorganisationen, erforderliche (Massnahmen zur Reduktion Massnahmen zu ergreifen. Falls Zwischenziele ab 2023 nicht erreicht des Abdrifts und der Abwerden, muss der Bundesrat spätestens schwemmung).

2025 weitere Massnahmen ergreifen.

Grundsätzlich sollen bewilligte PSM mit einem höheren Risiko Art. 6a E-LwG Verstärkte Ausrichtung Nährstoffbilanz auf Begrendurch solche mit einem tieferen zung der Nährstoffverluste ersetzt werden.
Art. 70a Abs. 2 Bst. b E-LwG Art. 70a Abs. 2

National

Bst. g E-LwG

Offenlegungspflicht für Nährstofflieferungen an landwirtschaftliche Betriebe.
Art. 164a E-LwG
Senkung maximale Düngerausbringung von 3 auf 2,5 DGVE pro ha düngbare Fläche.
Art. 14 Abs. 4 E-GschG
Kompetenz des Bundesrates zur weiteren Senkung der pro ha zulässigen DGVE falls Ziele nach Art. 6a E-LwG nicht erreicht werden und die Massnahme erforderlich und zur Zielerreichung geeignet ist.
Art. 14 Abs. 6bis E-GschG

Förderung von Low-Input-Systemen mit vermindertem PSM-Einsatz, sowie Massnahmen zum effizienteren N-Einsatz und für NH3-Reduktionen mit Produktionssystembeiträgen.
Massnahmen auf Basis des bestehenden Art. 75 LwG
(Produktionssystembeiträge)

4020

Regional/ lokal

BBl 2020

Die nationalen Massnahmen im Bereich Pflanzenschutz und Nährstoffe sollen regional/lokal gezielt verschärft werden, wenn die umweltrechtlichen Anforderungen aufgrund landwirtschaftlicher Einträge nicht erreicht werden. Die Massnahmen werden von Bund und Kantonen grundsätzlich gemeinsam festgelegt. Der Bund kann bei Bedarf auch selber regionalisierte ÖLN-Massnahmen festlegen.
Art. 70a Abs. 2 Bst. h E-LwG
Förderung von regionsspezifischen Massnahmen im Bereich nachhaltige Ressourcennutzung mit Beiträgen für eine standortangepasste Landwirtschaft.

Vollzug

Art. 76 und 87a E-LwG
Die Einhaltung der auf den Einzelbetrieb bezogenen landwirtschaftsrelevanten Vorgaben der Gewässerschutzgesetzgebung soll analog der artgerechten Haltung der Nutztiere (Tierschutz) im ÖLN integriert werden. Damit kann der Vollzug gestärkt werden und Verstösse auf Landwirtschaftsbetrieben gegen die gesetzlichen Vorgaben werden direkt und in der ganzen Schweiz rechtsgleich mit Kürzungen von Direktzahlungen sanktioniert.
Art. 70a Abs. 2 Bst. i E-LwG
Das Massnahmenpaket zielt auf eine naturnahe, standortangepasste Landwirtschaft ab. Damit werden die Kernanliegen der Volksinitiative abgedeckt. Sie nimmt den verbesserten Schutz der Ökosysteme, der Gewässer und des Trinkwassers vor PSM und zu hohen Nährstoffeinträgen auf und deckt damit die langfristige Sicherung von gesundem Trinkwasser ab. Im Vergleich zur Initiative wird der unternehmerische Spielraum der Betriebe weniger eingeschränkt. Zudem wird der Vollzug der Umweltgesetzgebung in der Landwirtschaft gestärkt. Im Unterschied zur Initiative gilt ein Teil des Massnahmenpaketes (Massnahmen Absenkpfad für Stickstoff und Phosphor, Offenlegungspflicht von Nährstofflieferungen, Begrenzung DGVE) auch für die nicht direktzahlungsberechtigten Betriebe. Damit kann vermieden werden, dass Betriebe aus dem Direktzahlungssystem aussteigen, um den Anforderungen auszuweichen.

4.3

Ziele und Indikatoren 2022­2025

Das Monitoring der bisherigen Agrarpolitik (vgl. Ziff. 1.2.2) hat aufgezeigt, dass in bestimmten Bereichen (z. B. Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, insbesondere Biodiversität und Emissionen von Stickstoff, Phosphor und PSM, internationale Wettbewerbsfähigkeit) noch Ziellücken bestehen. Hinzu kommen neue Rahmenbedingungen und Herausforderungen (z. B. Digitalisierung), die neue agrarpolitische Zielsetzungen erfordern (vgl. Ziff. 4.2). In Bereichen mit Ziellücken und neuen Zielbereichen werden für die nächste Reformetappe Zielwerte gesetzt und Indikatoren definiert, die ein kontinuierliches Monitoring ermöglichen (vgl. Tabelle 6). Die Zielwerte zeigen auf, in welche Richtung und in welchem Ausmass eine Verbesse4021

BBl 2020

rung mit den Massnahmen der AP22+ angestrebt werden. Bei der Überprüfung der Zielerreichung muss berücksichtigt werden, dass die Zielerreichung von Ereignissen und Entwicklungen beeinflusst werden kann, die ausserhalb des Wirkungsbereichs der Agrarpolitik liegen. Eine ausführliche Beschreibung und Beurteilung der Indikatoren sowie eine Herleitung der Zielwerte enthält der Anhang.

Tabelle 6 Operationalisierte Ziele der Agrarpolitik im Zeithorizont 2025 Ziel

Indikatoren

Zielwerte 2025

Aktueller Stand

Erfolg auf den Märkten im In- und Ausland Verbesserung der Position und Wettbewerbskraft im internationalen Vergleich

Wettbewerbsfä< 140 % higkeit: Verhältnis von Produzentenpreis im Inland70 zum Ausland in % (NPC der OECD71)

158 % (2016/2018)

Wettbewerbskraft > 3,0 Mrd. CHF Ausland: Wert Nahrungsmittelexporte auf der Basis inländischer Rohstoffe

3,2 Mrd. CHF (2018)

Steigerung der Wertschöpfun g am Markt

Bruttowertschöpfung gemäss LGR (BFS) zu laufenden Preisen

4,0 Mrd. CHF

4,0 Mrd. CHF (2017/2019)

Nutzung der Synergien zwischen Nachhaltigkeit und Markt

Entwicklung der Basisflächen für Nachhaltigkeitslabels: LN mit mindestens einem flächenbezogenen Produktionssystembeitrag

+2 % pro Jahr

+1,2 % pro Jahr (2016/2018)

70 71

Importpreis an der Grenze NPC = Producer Nominal Protection Coefficient

4022

BBl 2020

Ziel

Indikatoren

Zielwerte 2025

Aktueller Stand

Unternehmerische Entfaltung der Betriebe Förderung des Unternehmertums / Stärkung der Eigenverantwortung

Verhältnis Brutto- > 15 % anlageinvestitio< 18 % nen (BAI) zum Produktionswert der Landwirtschaft (LGR)

15,6 % (2017/2019)

Erhöhung der betrieblichen Produktivität

Arbeitsproduktivität72

1,1 % p.a.

(2006/2010 zu 2015/2019)

>1,5 % p.a.

Natürliche Ressourcen nutzen und schützen Reduktion der Verluste und Emissionen

Emissionen von Stickstoff, Phosphor, Treibhausgasen und Ammoniak

Reduktion um 10 % gegenüber 2014/201673

113 938 t N 6 122 t P 7 571 000 t CO2-Äquivalente.

42 300 t NH3-N (2015/2017)

Erhaltung der Biodiversität

Zustand der Biodiversität und Qualität der Arten und landwirtschaftlichen Lebensräume auf der ganzen landwirtschaftlich genutzten Fläche

Erhöhung der Biodiversität auf den BFF und stabile Entwicklung auf der restlichen landwirtschaftlich genutzten Flächezwischen dem ersten und zweiten ALL-EMAErhebungszyklus74

Erster Erhebungszyklus des Monitoringprogramms ALL-EMA

72 73

74

BFS, Entwicklung der Bruttowertschöpfung zu Vorjahrespreisen pro Jahresarbeitseinheit.

Ausgangswerte 2014/16: 113 781 t N, 6087 t P, 7 581 000 t CO2-Äquivalente, 42 500 t NH3-N; erweiterte Zielsetzung für N und P bis 2030 gemäss den Ziff. 4.2.4 und 5.1.3.2 zu Art. 6a E-LwG (Absenkpfad für Nährstoffverluste).

Erster Erhebungszyklus des Monitoringprogramms ALL-EMA: 2015­2019, zweiter Erhebungszyklus: 2020­2024.

4023

BBl 2020

Ziel

Indikatoren

Zielwerte 2025

Aktueller Stand

Verbesserung der Gewässerqualität

Biologischer Zustand der Fliessgewässer75

Erhöhung des Anteils mit gutem und sehr gutem Zustand

Erste Erfassung 2018

Stickstoffeinträge in die Gewässer aus der Landwirtschaft Risiken der PSM für die Wasserorganismen76 Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Nutzung

Jährlicher Flächenverlust an LN

­10 % Reduktion der Risiken um 50 % <800 ha pro Jahr

36.5 t N (2010) Situation 2014/2016 865 ha pro Jahr (2014/2018)

Erhaltung > 26 % der offenen Ackerfläche: Anteil an der LN

26,2 % (2016/2018)

Bestossung der Alpen (Normalstösse)

305 466 (2016/2018)

> 290 000

5

Grundzüge der Vorlage

5.1

Landwirtschaftsgesetz

Im folgenden Kapitel werden die Neuregelungen erläutert, die der Bundesrat im Rahmen der AP22+ im LwG vorsieht. Die Reihenfolge der Themen orientiert sich am Aufbau des LwG.

5.1.1

Allgemeine Grundsätze

Die Grundsätze des LwG sind nach wie vor aktuell. Die vorgesehenen Änderungen des LwG entsprechen weitgehend den geltenden Grundsätzen. Ergänzungen sind in den Bereichen Innovationsförderung und Digitalisierung nötig. Hinzu kommt die Anwendung bestimmter Massnahmen des LwG auf weitere lebende Organismen,

75

76

Neue NAWA-Messstellen an kleinen Fliessgewässern mit Haupteinfluss Landwirtschaft, Bioindikatoren Kieselalgen (Nährstoffzeiger) und Invertebraten (Spear pesticide-Index als Zeiger für PSM-Belastung).

Indikator, der in Zusammenarbeit mit Agroscope und dem BAFU zu entwickeln ist, Durchschnitt 2014/16; gemäss Aktionsplan zur Risikoreduzierung und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, Entwicklung 2012/15 bis 2026/28.

4024

BBl 2020

wie Aquakulturen, Algen und Insekten, als Basis für Nahrungs- und Futtermittel und die Definition verbindlicher Reduktionsziele für Nährstoffverluste.

5.1.1.1

Innovationsförderung

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Der Bund fördert auf der Grundlage des LwG die landwirtschaftliche Forschung, Beratung sowie die Pflanzen- und Tierzucht. Forschung und züchterische Aktivitäten legen oft den Grundstein für Innovationen. Damit neu gewonnenes Wissen in der Form von Innovationen in der Praxis erfolgreich und möglichst rasch umgesetzt werden kann, braucht es nicht nur eine effektive Beratung der Landwirtinnen und Landwirte. Es braucht auch eine systematischere schweizweite Vernetzung aller Akteure des landwirtschaftlichen Innovations- und Wissenssystems (LIWIS, d. h.

Forschung, Bildung, Beratung, land- und ernährungswirtschaftliche Praxis), eine konsequentere praxisorientierte Anwendung von umsetzungsrelevanten Erkenntnissen in Form von Pilotprojekten und die aktive Weiterverbreitung von Erkenntnissen aus erfolgreichen Projekten in Form von Demonstrationsprojekten.

Beantragte Neuregelung Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe e LwG soll dahingehend ergänzt werden, dass der Bund im Hinblick auf eine Stärkung der Innovationskraft der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft neben der Förderung von Forschung, Beratung sowie Pflanzen- und Tierzucht explizit auch die Nutzbarmachung von neu gewonnenem Wissen für die Praxis (d. h. die Verwertung dieses Wissens) fördert. Eine erfolgreiche Verwertung von Wissen setzt voraus, dass sich alle Akteure des LIWIS (inkl. jene der Verarbeitung und des Vertriebs) im Sinne von Koordination und Kooperation stärker vernetzen (z. B. im Rahmen von Kompetenz- und Innovationsnetzwerken).

Entsprechend braucht es im LwG auch eine begriffliche Ausweitung von «Landwirtschaft» auf «Land- und Ernährungswirtschaft». Diese Ausweitung ist auf der Grundlage des neuen Artikel 104a Buchstabe c BV («eine auf den Markt ausgerichtete Land- und Ernährungswirtschaft») möglich. Neben der stärkeren Vernetzung ist auch eine konsequentere Durchführung von Pilot- und Demonstrationsprojekten wichtig, damit von der Forschung erarbeitetes Wissen in der Praxis getestet und verbreitet werden kann.
Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe e E-LwG

5.1.1.2

Digitalisierung

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Der Bundesrat hat im September 2018 eine aktualisierte Strategie «Digitale Schweiz» verabschiedet.77 Durch die konsequente Nutzung der Chancen der Digita77

Die Strategie ist abrufbar unter: www.bakom.admin.ch > Digitale Schweiz und Internet > Digitale Schweiz.

4025

BBl 2020

lisierung soll sich die Schweiz als attraktiver Lebensraum und innovativer, zukunftsorientierter Wirtschafts- und Forschungsstandort behaupten können. Für die Landwirtschaft hat die Digitalisierung auch Potenzial für die Verbesserung der Ressourceneffizienz, eine Reduktion der Umweltbelastung oder die Vereinfachung administrativer Aufgaben durch eine digitalisierte Dokumentation. Wichtig ist für den Bundesrat, dass staatliche Regulierungen nicht dazu führen, dass herkömmliche Technologien oder traditionelle Geschäftsmodelle bevorzugt und dadurch Innovationen behindert werden. Zudem darf eine allfällige Unterstützung der Digitalisierung in der Landwirtschaft das bestehende und funktionierende Instrument der Grundversorgung im Telekommunikationsbereich nicht konkurrenzieren oder sogar Anreize dafür setzen, dass der private Ausbau von Fernmeldedienstanschlüssen langsamer voranschreitet. Veränderungen aufgrund der Digitalisierung sollen aktiv angegangen werden und die Transformationsprozesse vernetzt erfolgen.

Mit den bestehenden Massnahmen der Agrarpolitik wird die Digitalisierung bereits heute unterstützt: ­

Im Bereich Forschung und Beratung werden anwendungsorientierte Grundlagen, Beratungsinstrumente und digitale Werkzeuge zur Wissensvermittlung entwickelt.

­

Im Rahmen von Ressourcenprojekten (Art. 77a und 77b LwG) kann die Nutzung digitaler Technologien zur Reduktion von negativen Umweltwirkungen erprobt werden (z. B. durch den Einsatz von Smart-FarmingTechnologie, Datenerfassung über Bodenfeuchtsonden, Humusbilanz).

­

Über die Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit (Art. 11 LwG) werden innovative Projekte unterstützt, die digitale Technologien insbesondere in den Bereichen Rückverfolgbarkeit, Dokumentation, Angebotsplanung einsetzen. Unterstützt wird auch die Entwicklung neuer Technologien im Bereich der Produktionsmittel (z. B. Drohneneinsatz und Jätroboter).

­

Mit Massnahmen im Bereich Strukturverbesserungen können gemeinschaftliche Anschaffungen von Maschinen und Fahrzeugen sowie feste Betriebseinrichtungen unterstützt werden (z. B. Melkroboter).

­

Mit Mitteln aus der Absatzförderung können digitale Kommunikationskanäle oder Marktforschung gefördert werden.

­

Die Agrarinformationssysteme des Bundes werden laufend weiterentwickelt, damit sie ein anwenderfreundliches und medienbruchfreies Datenmanagement zwischen den verschiedenen Verwaltungsstellen beim Bund und bei den Kantonen ermöglichen. Weitere Datenharmonisierungen und normierte Schnittstellen werden dazu beitragen, dass sich Systeme einfacher vernetzen lassen und redundante Datenerhebungen weiter reduziert werden können.

Beantragte Neuregelung Der Bund begleitet die Land- und Ernährungswirtschaft bereits auf der geltenden Gesetzesgrundlage im Digitalisierungsprozess. Jedoch fehlt dafür eine explizite Verankerung im LwG. Die dynamische Entwicklung der digitalen Technologien erfordert seitens des Bundes eine laufende Optimierung der Rahmenbedingungen 4026

BBl 2020

und Massnahmen. Deshalb soll im LwG ein entsprechender Grundsatz aufgenommen werden. Da die Landwirtschaft in vielen Fällen mit den vor- und nachgelagerten Sektoren zusammenarbeiten muss, um das volle Potenzial ausschöpfen zu können, soll hier explizit auch die Ernährungswirtschaft erwähnt werden. Die vorgeschlagene Ergänzung steht im Einklang mit der Anpassung der Instrumente im Bereich Strukturverbesserungen, die auf eine optimale Unterstützung der Landwirtschaft im Digitalisierungsprozess abzielt.
Artikel 2 Absatz 4bis E-LwG

5.1.1.3

Anwendung bestimmter Massnahmen des LwG auf Aquakulturen, Algen, Insekten und weiteren lebende Organismen als Basis für Nahrungsund Futtermittel

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Landwirtschaft umfasst insbesondere die Produktion verwertbarer Erzeugnisse aus Pflanzenbau und Nutztierhaltung (Art. 3 Abs. 1 Bst. a LwG). Damit ist auch die Pilzproduktion eingeschlossen, wie dies der Bundesrat in seiner Stellungnahme auf die Motion Hess 10.3388 «Pilzproduktion. Ergänzung des Landwirtschaftsgesetzes» bestätigte. Die Bienenzucht und die Bienenhaltung (Art. 3 Abs. 4 LwG) gehören ebenfalls zur Landwirtschaft. Der Anwendungsbereich der Massnahmen für die Bienenzucht und die Bienenhaltung wurde mit der Agrarpolitik 2011 festgelegt. Die Berufsfischerei und die Fischzucht (Art. 3 Abs. 3 LwG) gehören gemäss bisheriger Auslegung der BV nicht zur Landwirtschaft nach Absatz 1. Fische sind infolgedessen auch keine landwirtschaftlichen Nutztiere nach der Landwirtschaftsgesetzgebung. Fischer und Fischerinnen sowie Fischzüchter und Fischzüchterinnen können jedoch von bestimmten Massnahmen, beispielsweise im Bereich der Absatzförderung oder der Strukturverbesserungsmassnahmen profitieren. Die Produktion auf Landwirtschaftsbetrieben hat sich in den vergangenen Jahren sehr innovativ entwickelt. So werden neuerdings Insekten und Algen produziert, die der menschlichen und tierischen Ernährung dienen. Für solche Organismen sollen künftig auch bestimmte Massnahmen des LwG angewendet werden können.

Beantragte Neuregelung Für Erzeugnisse der Aquakultur (Fische, Krebse, Weichtiere), Algen und Insekten und weitere lebende Organismen (Wasserlinsen u. a.), die keine verwertbaren Erzeugnisse aus Pflanzenbau und Nutztierhaltung sind (Art. 3 Abs. 1 LwG), sollen die Massnahmen im 1. Kapitel des 2. Titels, im 5. und 6. Titel und im 4. Kapitel des 7. Titels angewendet werden können. Der Begriff «weitere lebende Organismen» ist nicht abschliessend und soll alle lebenden Organismen betreffen, die nicht unter die Landwirtschaft bzw. die landwirtschaftliche Produktion nach Artikel 3 Absatz 1 LwG fallen. Mit der Formulierung in einem neuen Absatz 3 bis ist die Fischzucht integriert, die deshalb in Artikel 3 Absatz 3 aufgehoben werden muss. Des Weiteren wird in Analogie zu den landwirtschaftsnahen Tätigkeiten nach Artikel 3 Absatz 1bis (landwirtschaftsnahe Tätigkeiten) der neue Absatz 3bis mit der Voraussetzung er4027

BBl 2020

gänzt, dass die Anwendung der Massnahmen eine Tätigkeit in der Landwirtschaft nach Absatz 1 Buchstaben a­c bedingen. Demgegenüber soll der bisherige Absatz 3 nur noch die Berufsfischerei umfassen. Für die Berufsfischerei sollen die gleichen Anwendungsmöglichkeiten wie heute bestehen bleiben. Auf die Voraussetzung einer landwirtschaftlichen Produktion nach Absatz 1 soll bei der Berufsfischerei wie bislang verzichtet werden, da die Berufsfischerei nicht eine Produktion im engeren Sinn ist und eine landwirtschaftliche Produktion als Voraussetzung nicht zweckdienlich ist.

Mit dieser Änderung wird auch die Grundlage geschaffen, die Aquakultur in der Bio-Verordnung vom 22. September 199778 zu regeln. Damit kann die BioAquakulturproduktion bei zunehmender Nachfrage auch für Schweizer Produzenten erschlossen werden. Die Aufnahme der Aquakultur in die Bio-Verordnung ist ferner erforderlich, um die Gleichwertigkeit mit den Bio-Bestimmungen anderer Länder (z. B. Kanada und EU) zu komplettieren.
Artikel 3 Absätze 3 und 3bis E-LwG

5.1.1.4

Absenkpfad für Nährstoffverluste

Heutige Regelung und Handlungsbedarf In seinem Bericht vom 9. Dezember 201679 in Erfüllung des Postulats Bertschy 13.4284 «Natürliche Lebensgrundlagen und ressourceneffiziente Produktion.

Aktualisierung der Ziele» hat der Bundesrat aufgezeigt, dass die Ziellücken bei den UZL je nach Bereich unterschiedlich gross sind und dass bis heute keines der UZL vollständig erreicht ist. Aufgrund der Wirkungszusammenhänge und der bestehenden Ziellücken ist der Handlungsbedarf aufgrund der hohen Produktionsintensität in der Schweiz bei den Stickstoff- und Phosphorverlusten nach wie vor gross. Die Nährstoffverluste sind die Differenz zwischen Nährstoffinput (z. B. durch Dünger und importierte Futtermittel) und dem Output in Form von pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln. Bei gleichbleibender Produktion lassen sich die Nährstoffverluste senken, indem der Nährstoffinput genauer an den Bedarf angepasst wird und die in der Nährstoffbilanz bis anhin als unvermeidbar akzeptierten Verluste entsprechend der erhöhten Nährstoffeffizienz angepasst werden. Andernfalls wird die höhere Effizienz der eingesetzten Nährstoffe in der Bilanz einfach durch einen zusätzlichen Nährstoffinput kompensiert. Die Nährstoffverluste lassen sich zudem durch die Anwendung von angepassten Produktionstechniken senken. Die Nährstoffeffizienz steigt dadurch. Aufgrund natürlicher Prozesse ist die maximal mögliche Effizienz beim Phosphor höher als beim Stickstoff und im Pflanzenbau höher als in der tierischen Produktion. Insbesondere beim Stickstoff gibt es je nach Produktionsbedingungen unvermeidbare Verluste in Form von Auswaschung und Verflüchtigung. Auffallend ist, dass bei den Stickstoffeinträgen in die Gewässer sowie bei den Ammoniak- und Treibhausgasemissionen ein Rückgang vor allem zwi78 79

SR 910.18 Der Bericht ist abrufbar unter: www.parlament.ch > 13.4284 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

4028

BBl 2020

schen 1990 und 2000 stattfand und seither eine Stagnation auf einem Niveau deutlich über der ökologischen Tragfähigkeit beobachtet werden kann. Der Rückgang zwischen 1990 und 2000 widerspiegelt vor allem die damalige Abnahme der Tierbestände und des Mineraldüngereinsatzes. Derzeit liegen die jährlichen Verluste bei rund 111 700 Tonnen Stickstoff sowie bei 6100 Tonnen Phosphor.

Beantragte Neuregelung Es soll eine gesetzliche Grundlage zur Reduktion der Stickstoff- und Phosphorverluste geschaffen werden. Gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2014­2016 sollen die Verluste für die beiden Nährstoffe bis 2025 um 10 Prozent und bis 2030 um 20 Prozent gesenkt werden. Erreicht werden soll diese Reduktion der Nährstoffverluste, indem die Branchenorganisationen die dafür erforderlichen Massnahmen ergreifen. Die AP22+ sieht ein Set von aufeinander abgestimmten Massnahmen vor, die die Branchenorganisationen dabei unterstützen sollen: ­

Nährstofflieferungen ­ Offenlegungspflicht für Nährstofflieferungen

­

Anpassungen beim ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) ­ Abschaffung der Toleranzgrenze von 10 Prozent sowie allenfalls weiterer Abzugsmöglichkeiten in der Suisse-Bilanz ­ Mindestanteil von 3,5 Prozent Biodiversitätsförderflächen der Ackerflächen ­ Möglichkeit zur regionalen Verschärfung des ÖLN ­ obligatorische Phasenfütterung für Schweine

­

Förderung mittels Produktionssystembeiträgen ­ Begrenzung der Rohproteinzufuhr in der Wiederkäuerfütterung ­ Ammoniakreduktion in der Tierhaltung ­ Längere Nutzungsdauer für Milch- und Mutterkühe ­ Zusatzbeitrag für das RAUS-Programm bei verstärkter Weidehaltung ­ Effizienter Stickstoff-Einsatz im Ackerbau und bei Spezialkulturen ­ Förderung Humusaufbau bzw. Massnahmenset zur Bodenfruchtbarkeit

­

Förderung mit Beiträgen für eine standortangepasste Landwirtschaft ­ Parzellenscharfer Düngungsplan ­ Förderung Dauergrünlandnutzung ­ Angepasster Tierbesatz

­

Förderung mittels Strukturverbesserungen ­ Förderung besonders umweltfreundlicher Produktionsformen mit Investitionshilfen

4029

BBl 2020

­

Anpassung Gewässerschutzgesetz ­ Reduktion der maximalen Düngerausbringung von 3 auf 2,5 DGVE pro ha ­ Kompetenz des Bundesrates zur weiteren Senkung bei Nichterreichen der Reduktionsziele

Auch ausserhalb der AP22+ werden weitere Massnahmen umgesetzt, die eine Reduktion der Nährstoffverluste bewirken. So hat beispielsweise die Ausscheidung von 20 000 Hektaren LN als Gewässerraum basierend auf der Gewässerschutzgesetzgebung eine Reduktion der Nährstoffverluste zur Folge. Die Umsetzung erfolgt zurzeit sehr heterogen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass bereits heute ein Teil des zukünftigen Gewässerraums nicht gedüngt werden darf (Pufferstreiffen von 3 m entlang der Gewässer), womit der zusätzlichen Rekuktionsbeitrag insgesamt geringer ausfallen wird. Die Massnahme ist im Kompetenzbereich der Kantone und wird vom UVEK beaufsichtigt. Zudem gilt per 1. Januar 2022 neu in der LRV die Pflicht zur emissionsarmen Güllelagerung und -ausbringung (Schleppschlaucheinsatz).

Gleichzeitig werden diese beiden Anforderungen auch Bestandteil des ÖLN.

Ob die definierten Ziele erreicht werden, hängt einerseits von der Beteiligung der Landwirtschaft an den Massnahmen, die ihnen der Bund zur Verfügung stellt, ab.

Andererseits ist die Landwirtschaft aufgefordert, eigene Massnahmen zu ergreifen.

Die Zielerreichung hängt auch davon ab, wie ambitiös die Massnahmen ausgestaltet werden. Über die von den Branchenorganisationen getroffenen Massnahmen und deren Wirkung ist dem Bundesrat ab 2023 regelmässig Bericht zu erstatten.

Die Daten zu den Nährstoffverlusten liegen jeweils erst zwei Jahre später vor. So können Aussagen für das Jahr 2023 erst im Jahr 2025 gemacht werden. Das Monitoring der Zielerreichung soll daher anhand eines kontinuierlichen Absenkpfades von jährlich minus 2 Prozent ab 2021 erfolgen. Zeigt die Entwicklung der Nährstoffverluste zwischen 2014­2016 und 2023 bzw. 2028, dass die Zwischenziele in den Jahren 2025 bzw. 2030 mit den ergriffenen Massnahmen voraussichtlich nicht erreicht werden, so muss der Bundesrat gemäss Artikel 6a Absatz 4 E-LwG die erforderlichen Massnahmen zur Zielerreichung ergreifen, um die Absenkung um 20 Prozent bis 2030 sicherzustellen.
Artikel 6a E-LwG

5.1.2

Produktion und Absatz

5.1.2.1

Zulagen Milchwirtschaft

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Gestützt auf das Agrarabkommen ist der Handel mit Käse zwischen der Schweiz und der EU seit dem 1. Juni 2007 zollfrei möglich. Für die übrigen Milchprodukte besteht weiter ein hoher Grenzschutz. Der Bund gleicht mit der Zulage für verkäste Milch im Inland den unterschiedlichen Grenzschutz aus. Zusätzlich wird mit der Zulage für Fütterung ohne Silage die Produktion von aus Rohmilch hergestellten Käsespezialitäten unterstützt. Beide Zulagen werden heute an die milchverarbeiten4030

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den Betriebe ausbezahlt. Diese sind nach Artikel 6 der Milchpreisstützungsverordnung vom 25. Juni 200880 verpflichtet, die Zulagen innert Monatsfrist den Milchproduzentinnen und -produzenten weiterzugeben, von denen sie die zu Käse verarbeitete Milch gekauft haben.

Vor rund 10 Jahren ist ein Milchverwerter während mehrerer Monate seiner Pflicht, die Zulagen innert Monatsfrist den Produzenten und Produzentinnen weiterzugeben, nicht nachgekommen. Einige Milchproduzenten haben den Fall bis vor das Bundesgericht gezogen. Das Bundesgericht hat im Urteil vom 4. Dezember 201881 festgestellt, dass die Beschwerdeführer (Milchproduzenten) für den betroffenen Zeitraum gegenüber dem BLW einen Erfüllungsanspruch auf Ausrichtung der Zulage für verkäste Milch und der Zulage für Fütterung ohne Silage haben. Die Eidgenössische Finanzkontrolle hielt in ihrem Prüfbericht vom September 2010 «Aufsicht im Bereich Milchwirtschaft Prüfung der Angemessenheit und Rechtmässigkeit der Aufsicht des Bundesamts für Landwirtschaft» ebenfalls fest, dass für das BLW das Risiko bestehe, dass die Zulagen nicht gesetzeskonform die Produzenten erreichen könnten und der Bund somit nicht rechtsverbindlich entlastet würde.82 Im LwG ist festgehalten, dass das 2. Kapitel Milchwirtschaft nur für Kuhmilch gilt.

Der Bundesrat kann aber einzelne Bestimmungen, insbesondere die Zulage für verkäste Milch und die Zulage für Fütterung ohne Silage, auch auf Ziegen- und Schafmilch anwenden. Der Freihandel für Käse mit der EU gilt jedoch auch für Büffelmozzarella. In den letzten Jahren hat der Import dieses Produkts zugenommen und konkurriert somit zunehmend den aus Schweizer Büffelmilch hergestellten Mozzarella. Es ist daher angezeigt, diese beiden Zulagen auch für Büffelmilch auszurichten.

Beantragte Neuregelung Die Zulage für verkäste Milch und die Zulage für Fütterung ohne Silage sollen auch für Büffelmilch ausgerichtet werden, was eine Ergänzung von Artikel 28 Absatz 2 LwG erfordert. Die Mittel für diese beiden Zulagen bleiben unverändert.

Das Parlament hat die Höhe der Zulage für verkäste Milch in Artikel 38 Absatz 3 LwG und die Höhe der Zulage für Fütterung ohne Silage in Artikel 39 Absatz 2 LwG festgelegt. Der Bundesrat kann zwar die Höhe der Zulagen unter Berücksichtigung der Mengenentwicklung anpassen. Er hat aber keinen Entscheidungsspielraum,
ob er die Zulage ausbezahlen will oder nicht. Die Kann-Formulierung in Artikel 38 Absatz 1 LwG soll deshalb aufgehoben werden. Weiter soll die Formulierung in Artikel 39 Absatz 2 bereinigt werden.

Die Auszahlung der Zulage für verkäste Milch und der Zulage für Fütterung ohne Silage erfolgt heute aus organisatorischen Gründen über die Milchverwerterinnen und Milchverwerter. Mit dem technologischen Fortschritt könnte eine andere Art der Auszahlung möglich werden. Aus diesem Grund soll der Gesetzgeber dem Bundesrat die beiden Möglichkeiten der Auszahlung eröffnen. Die Artikel 38 und 39 LwG sollen dazu mit einem Absatz 1bis ergänzt werden, der es dem Bundesrat ermöglicht, 80 81 82

SR 916.350.2 BGer Urteil 2C_403/2017 Der Prüfbericht ist abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Prüfauftrag 10284.

4031

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über die Auszahlungsform zu entscheiden. Für den Zeitraum, in dem die Zulagen weiterhin über die Milchverwerterinnen und Milchverwerter ausbezahlt werden, stellt der Bund sicher, dass diese die Zulagen an die Produzentinnen und Produzenten weiterleiten. Die befreiende Wirkung von Absatz 1bis für den Bund tritt nur in den Fällen eines Konkurses einer Milchverwerterin oder eines Milchverwerters oder eines behördlich oder gerichtlich festgestellten Missbrauchs (z. B. Veruntreuung) durch eine Milchverwerterin oder einen Milchverwerter ein. Mit dieser Bestimmung kann das finanzielle Risiko für den Bund, die Zulagen in diesen Fällen doppelt auszahlen zu müssen, ausgeräumt werden.
Artikel 28 Absatz 2, 38 Absätze 1 und 1bis sowie 39 Absätze 1bis und 2 ELwG

5.1.2.2

Beitrag an die Milchprüfung

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Beim Umgang mit Lebensmitteln ist die Gewährleistung der Hygiene von zentraler Bedeutung (vgl. Art. 10 des Lebensmittelgesetzes vom 20. Juni 201483 [LMG]).

Qualitätsvorschriften sind bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen auch zur Einhaltung internationaler Verpflichtungen und Normen, die von wesentlicher Bedeutung für die schweizerische Landwirtschaft sind, notwendig. Damit werden die Produktequalität gewährleistet und allfällige Exporthemmnisse verhindert. Die Ausführungsvorschriften in Bezug auf die Hygiene und Qualität von Milch finden sich in der Milchprüfungsverordnung vom 20. Oktober 201084 und in der Verordnung des EDI vom 23. November 200585 über die Hygiene bei der Milchproduktion. Die Milchprüfung umfasst sämtliche Milch von Kühen, Büffeln, Schafen und Ziegen in der Schweiz, welche die Produzentinnen oder Produzenten in Verkehr bringen.

Der Bund beteiligt sich an den Kosten für die Milchprüfung. Im Rahmen der Staatsrechnung 2015 wurden die Finanzhilfen und Abgeltungen überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die Rechtsgrundlage für die Subventionierung der Milchprüfung in Artikel 11 LwG nicht den heutigen Anforderungen an eine gesetzliche Subventionsbestimmung genügt und entsprechend anzupassen ist.86 Beantragte Neuregelung Das Parlament hat sich in der Wintersession 2017 im Rahmen der Beratungen zum Voranschlag 2018 entgegen dem Antrag des Bundesrates für die Weiterführung der Unterstützung der Milchprüfung ausgesprochen. In Artikel 41 E-LwG soll deshalb, unter dem neuen Abschnitt 4a (Beitrag an die Milchprüfung), eine explizite gesetzliche Grundlage für die finanzielle Unterstützung der Milchprüfung geschaffen werden. Damit der Beitrag an die Milchprüfung auch für Büffelmilch ausbezahlt werden kann, braucht es eine Ergänzung von Artikel 28 Absatz 2 LwG.

83 84 85 86

SR 817.0 SR 916.351.0 SR 916.351.021.1 Staatsrechnung 2015, Band 3, S. 64­65

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Artikel 28 Absatz 2 und 41 E-LwG

5.1.2.3

Höchstbestandesvorschriften

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die auf die Artikel 46 und 47 LwG abgestützte Höchstbestandesverordnung vom 23. Oktober 201387 (HBV) begrenzt die Tierbestände je Betrieb für die Schweinezucht, Schweinemast, Legehennenhaltung, Pouletmast, Trutenmast und Kälbermast.

Damit sollen drohende Überschüsse in der Fleisch- und Eierproduktion abgewendet und die Entstehung bodenunabhängiger Betriebe verhindert werden.

Das BLW ist für den Vollzug der HBV zuständig und erhebt gestützt auf Artikel 20 HBV eine Abgabe, wenn die in Artikel 2 HBV festgelegten Höchstbestände je Betrieb überschritten werden. Das BLW kann auf Gesuch hin höhere Bestände bewilligen. Folgende Betriebe können ein Gesuch um Bewilligung eines höheren Tierbestands einreichen: ­

Betriebe, die den ÖLN erbringen, ohne dass sie Hofdünger abgeben; aktuell haben 10 solche Betriebe eine Bewilligung für einen höheren Tierbestand;

­

Betriebe mit Schweinehaltung, die im öffentlichen Interesse Nebenprodukte aus der Milch- und Lebensmittelverarbeitung verwerten (maximal für 200 % der Höchstbestände). Der Energiebedarf der Schweine muss mindestens zu 25 Prozent mit Nebenprodukten aus der Milchverarbeitung oder 40 Prozent mit Nebenprodukten aus der Milchverarbeitung und/oder mit Lebensmittelnebenprodukten, die nicht aus der Milchverarbeitung stammen, gedeckt werden. Aktuell haben 22 solche Betriebe eine Bewilligung für einen höheren Tierbestand;

­

Versuchsbetriebe und landwirtschaftliche Forschungsanstalten des Bundes; aktuell hat ein solcher Betrieb eine Bewilligung für einen höheren Tierbestand.

Die Höchstbestände widersprechen den Grundsätzen der unternehmerischen Freiheit, der Eigenverantwortung und der Wettbewerbsfähigkeit. Sie lassen sich auch nicht mit Tierwohlaspekten rechtfertigen, weil der Tierbestand pro Betrieb keinen direkten Einfluss auf das Tierwohl hat. Da kein Bezug zur Fläche besteht, handelt es sich auch nicht um eine geeignete Umweltvorschrift. Auf die Tierbestände pro Standort wirkt bereits die geltende Raumplanungs-, Gewässerschutz- und Umweltschutzgesetzgebung begrenzend. Hinzu kommt, dass der Vollzug sich aufgrund der überbetrieblichen Zusammenarbeitsformen und der Betriebe in Form von juristischen Personen zunehmend als schwierig gestaltet.

87

SR 916.344

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Obwohl die oben genannten Gründe für eine Abschaffung der Höchstbestandesvorschriften sprechen, sollen sie aus den folgenden Überlegungen beibehalten werden: ­

Höchstbestände sind in der Gesellschaft akzeptiert. Insbesondere die Geflügelbranche nutzt diese kommunikativ zur Differenzierung gegenüber dem Ausland.

­

Im Falle einer Abschaffung der Höchstbestände kann nicht ausgeschlossen werden, dass es in Einzelfällen zu höheren Tierbeständen kommt, als dass dies heute möglich ist. Dies würde dem Image der Schweizer Landwirtschaft schaden.

Die abschliessende Aufzählung der Versuchsbetriebe und Forschungsanstalten in Artikel 46 LwG verhindert, dass private Organisationen und Unternehmen ebenfalls einen höheren Tierbestand für Versuchs- und Forschungszwecke beantragen können.

Bei der Genehmigung von Ausnahmen für Betriebe, die eine im öffentlichen Interesse liegende Entsorgungsaufgabe erfüllen, werden zudem nur Nebenprodukte (z. B. Schotte und Käseabfälle, Teig- und Brotreste) berücksichtigt, die in einem Lebensmittelverarbeitungsbetrieb anfallen (z. B. Käserei oder Bäckerei). Nicht berücksichtigt werden entsprechende Abfälle, wenn sie im Detailhandel anfallen oder Lebensmittel, die nicht verarbeitet werden (z. B. Bananen bei der Nachreifung).

Der Bundesrat hat in der Antwort auf die Interpellation Grin 15.3148 «Verordnung über Höchstbestände in der Fleisch- und Eierproduktion. Liste der Lebensmittelnebenprodukte nach den Artikeln 9 und 10» angekündigt, dass er die Regelungen zu den Nebenprodukten im Hinblick auf eine bessere Nutzung von Nahrungsmittelabfällen überprüfen wird.

Beantragte Neuregelung Die Höchstbestandesvorschriften sollen nicht abgeschafft, aber weiterentwickelt werden, damit Nebenprodukte und Lebensmittelabfälle von Betrieben der Milchund Lebensmittelbranche besser genutzt werden können und den Bedürfnissen von privaten Forschungsbetrieben Rechnung getragen wird.

Mit einer Änderung von Artikel 46 LwG soll ein höherer Tierbestand für die ständigen Versuchstätigkeiten aller Organisationen und Unternehmen ermöglicht werden, soweit dies zur Durchführung der auf wissenschaftlichen Grundlagen basierenden Versuche und Prüfungen erforderlich ist und die statistisch ausgewerteten Resultate zur Unterstützung der Schweizer Tierproduktion beitragen.

Da aus Verarbeitungsbetrieben oder dem Detailhandel stammende Nebenprodukte aufgrund der optimierten Logistikketten im Vollzug nicht schlüssig unterschieden werden können und es zudem sinnvoll ist, Lebensmittelabfälle weiterzuverwerten, drängt sich eine Anpassung von Artikel 46 LwG auf. Neu soll die Verwertung sämtlicher verderblicher Lebensmittelabfälle für die Bewilligung eines höheren Tierbestands berücksichtigt werden können, sofern eine im öffentlichen Interesse liegende Entsorgungsaufgabe wahrgenommen wird und deren Einsatz in der Schweinefütterung sinnvoller ist als der Einsatz in einem herkömmlichen, trockenen Futtermittel.
Artikel 46 Absatz 3 E-LwG
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5.1.2.4

Beiträge zur Anpassung der Produktion von Früchten und Gemüse an die Erfordernisse der Märkte

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Mit Artikel 58 Absatz 2 LwG besteht noch eine bis Ende 2017 befristete gesetzliche Grundlage zur Unterstützung von gemeinschaftlichen Massnahmen von Produzentinnen und Produzenten zur Anpassung der Produktion von Früchten und Gemüse an die Erfordernisse der Märkte. Mit dem von 2004 bis 2011 unterstützten Anbau von innovativen Obst- und Gemüsekulturen wurden die Ziele erreicht. Aufgrund von Abklärungen mit den betroffenen Branchen wurde im Rahmen der Verlängerung der ursprünglich bis 2011 befristeten Rechtsgrundlage auf die Einführung von neuen Massnahmen verzichtet. Die bestehenden Förderinstrumente im Bereich Qualitätsund Absatzförderung sowie die weiteren Instrumente im LwG zur Forschungs- und Innovationsförderung oder zur Unterstützung von Produktionssystemen reichen aus, um eine markt- und wertschöpfungsorientierte Produktion zielgerichtet zu unterstützen. Eine produktspezifische Förderung im Bereich Früchte und Gemüse wird nicht mehr benötigt.

Beantragte Neuregelung Aufgrund der Befristung und des fehlenden Bedarfs soll die gesetzliche Grundlage zur Unterstützung von gemeinschaftlichen Massnahmen von Produzentinnen und Produzenten zur Anpassung der Produktion von Früchten und Gemüse an die Erfordernisse der Märkte aufgehoben werden.
Artikel 58 Absatz 2 E-LwG

5.1.2.5

Rebsortenverzeichnis

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Das eidgenössische Rebsortenverzeichnis, definiert nach früherem Recht, wurde 1998 gestützt auf Artikel 62 LwG fortgeführt. In der Zwischenzeit hat die EU ihre Rechtsvorschriften geändert: Sie macht Drittländern, deren Weine mit der Rebsortenbezeichnung etikettiert sind und in ihr Hoheitsgebiet eingeführt werden, keine Vorschriften mehr bezüglich der Führung eines Rebsortenverzeichnisses.

Beantragte Neuregelung Artikel 62 LwG «Rebsortenverzeichnis» ist überholt, da die EU ihre Anforderungen an die Kennzeichnung der Rebsortennamen geändert hat, und soll gestrichen werden. Die Aufhebung dieses Artikels hat keine Auswirkungen auf die Tätigkeiten, die gemäss dem 6. Titel des LwG zum Auftrag von Agroscope gehören.
Artikel 62 E-LwG

4035

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5.1.3

Direktzahlungen

5.1.3.1

Eintretens- und Begrenzungskriterien

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter von Betrieben müssen ­ neben dem ÖLN (vgl. Ziff. 5.1.3.2) ­ verschiedene allgemeine Anforderungen und soziale Kriterien erfüllen, damit sie Direktzahlungen erhalten können: ­

bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe;

­

Einhaltung der für die landwirtschaftliche Produktion massgeblichen Bestimmungen der Gewässerschutz-, der Umweltschutz- und der Tierschutzgesetzgebung;

­

landwirtschaftliche Ausbildung;

­

obere Altersgrenze: Beiträge maximal bis zum 65. Altersjahr;

­

Mindestarbeitsaufkommen auf dem Betrieb in SAK: mindestens 0,20 SAK;

­

Mindestanteil der Arbeiten, die durch betriebseigene Arbeitskräfte ausgeführt werden: 50 Prozent.

Eine zentrale Anforderung ist die Erfüllung des ÖLN, auf den in Ziffer 5.1.3.2 eingegangen wird.

Bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe Die Direktzahlungen werden gemäss BV und LwG an bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe ausgerichtet. Seit der Umsetzung der Agrarpolitik 2002 werden juristische Personen (inklusive Gemeinden und Kantone) als Bewirtschafterinnen von Ganzjahresbetrieben mit wenigen Ausnahmen von Direktzahlungen ausgeschlossen, weil sie aufgrund der Rechtsform als nichtbäuerlich aufgefasst werden. Sie erhalten aber die Biodiversitätsbeiträge und seit 2014 auch die Landschaftsqualitätsbeiträge (Art. 70a Abs. 3 Bst. e LwG). Die sogenannten «bäuerlichen Familien AG oder GmbH» sind für alle Beiträge berechtigt, wenn das Kapital und die Stimmrechte zu zwei Dritteln beziehungsweise drei Vierteln bei der natürlichen Person liegen, die den Betrieb im Sinne einer Selbstbewirtschafterin führt und die Anforderungen für die Beitragsberechtigung erfüllt. Ferner erhalten juristische Personen (inklusive Gemeinden) alle Beiträge im Sömmerungsgebiet.

Infolge der Interpellation Streiff-Feller 18.3486 «Direktzahlungen für Landwirtschaftsbetriebe von sozialen Institutionen» hat der Bundesrat die Förderung von «bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betrieben» nach Artikel 104 Absatz 2 BV mit Direktzahlungen unter heutiger Betrachtungsweise rechtlich abklären lassen. Zwei unabhängige Expertengutachten kommen zum Schluss, dass der Begriff «bodenbewirtschaftender bäuerlicher Betrieb» ein Leitbegriff in der BV darstellt, der dem Gesetzgeber Gestaltungsraum lässt. Das Gesetz wiederum schliesst juristische Personen nicht explizit als nichtbäuerlich aus. Die auf Verordnungsebene vorgenommene Abgrenzung hat sich im Laufe der Zeit geändert: ­

4036

Im Jahr 1993 wurden die ergänzenden Direktzahlungen eingeführt. Diese wurden unabhängig von der Rechtsform an bäuerliche Bewirtschafter und

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Bewirtschafterinnen von Landwirtschaftsbetrieben mit maximal sieben Arbeitskräften (Vollzeit) ausgerichtet. Bei Betrieben mit vorwiegend Spezialkulturen war die Grenze bei zwölf Arbeitskräften. Betriebe mit mehr Arbeitskräften und Betriebe, deren Tierbestand über der Grenze der Höchstbestandsvorschriften lag, galten als nichtbäuerlich und erhielten keine ergänzenden Direktzahlungen.

­

Mit der Agrarpolitik 2002 (AP 2002) erfolgte die Abgrenzung der bäuerlichen Betriebe bei den Direktzahlungen nicht mehr über die Betriebsgrösse, sondern über die Rechtsform. Juristische Personen sowie Betriebe mit einem Tierbestand über der Grenze der Höchstbestandsvorschriften wurden als nichtbäuerlich vom Erhalt der Direktzahlungen ausgeschlossen. Im Sinne einer Ausnahmeregelung erhielten sie trotzdem Biodiversitätsbeiträge. Sömmerungsbetriebe wurden jedoch nicht von den Beiträgen ausgeschlossen, da sie meist traditionell als juristische Personen wie Gemeinden, Genossenschaften und Alpkorporationen geführt werden.

­

Mit der AP 14­17 erhielten die juristischen Personen (inklusive Gemeinden und Kantone) zusätzlich zu den Biodiversitätsbeiträgen auch die Landschaftsqualitätsbeiträge. Die Fördermassnahmen wurden zudem stärker auf Leistungen ausgerichtet.

Diese Ausrichtung auf die Erbringung von Leistungen in der AP 14­17 wird mit dieser Vorlage weiterverfolgt und teilweise verstärkt (Produktionssystembeiträge, Biodiversitätsbeiträge, Beiträge für standortangepasste Landwirtschaft usw.). Die mit den Beiträgen angestrebten Leistungen können unabhängig von der Rechtsform des Bewirtschafters oder der Bewirtschafterin eines Betriebs erbracht werden. Der momentane mehrheitliche Ausschluss juristischer Personen von den Direktzahlungen behandelt die Leistungserbringer aufgrund der Rechtsform ungleich und ist daher nicht mehr zeitgemäss. Zudem profitieren die Landwirtschaftsbetriebe unabhängig von der Rechtsform von vielen anderen Förderinstrumenten des Bundes (z. B. Zulagen für die verkäste Milch, Zulagen für den Verzicht auf Silofütterung, Investitionshilfen und Einzelkulturbeiträge). In der EU besteht ebenfalls keine Einschränkungen bezüglich Rechtsform.

Begrenzungen und Abstufungen Zum Bezug von Direktzahlungen sind verschiedene Begrenzungen und Grenzwerte in Kraft: ­

Begrenzung der Direktzahlungen (Ausnahme: Vernetzungsbeitrag, Landschaftsqualitätsbeitrag, Ressourceneffizienzbeiträge, Übergangsbeitrag) auf 70 000 Franken pro SAK;

­

Grenzwerte in Bezug auf die Fläche je Betrieb, ab denen die Beiträge pro Hektare reduziert werden (Abstufung Basisbeitrag Versorgungssicherheit; Beitrag für Biodiversitätsförderflächen der ersten Qualitätsstufe für maximal 50 % der LN);

­

Grenzwerte in Bezug auf Einkommen und Vermögen bei den Übergangsbeiträgen.

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Mit der Begrenzung der Beiträge pro SAK sollte eine übermässige Ausdehnung von Ökoausgleichsflächen verhindert werden. Effektiv wurden jedoch damit hauptsächlich die Beiträge der viehlosen Ackerbaubetriebe mit Produktionssystembeiträgen (Beiträge für biologische Landwirtschaft, Beiträge für extensive Produktion) begrenzt. Betriebe mit intensiver Tierhaltung sind hingegen kaum betroffen, weil sie meist viele SAK ausweisen. Die Massnahme hat somit nicht die angestrebte Wirkung erreicht.

Einhaltung der für die landwirtschaftliche Produktion massgeblichen Bestimmungen Direktzahlungen werden ausgerichtet, wenn die für die landwirtschaftliche Produktion massgeblichen gesetzlichen Bestimmungen der Gewässerschutz-, Umweltschutz- und Tierschutzgesetzgebung eingehalten sind. Verstösse, die mittels Verfügung festgestellt werden, haben Kürzungen von Direktzahlungen zur Folge. Die Natur- und Heimatschutzgesetzgebung gemäss dem Natur- und Heimatschutzgesetz vom 1. Juli 196688 (NHG) ist heute in diesem Zusammenhang nicht aufgeführt, obwohl die Landwirtschaft diese Bestimmungen bei der Bewirtschaftung ebenfalls einzuhalten hat.

Landwirtschaftliche Ausbildung Die Anforderung einer landwirtschaftlichen Ausbildung kann heute mit einem Abschluss einer beruflichen Grundbildung (Eidg. Berufsattest oder EFZ) im Berufsfeld Landwirtschaft oder einer höheren Berufsbildung als Bäuerin (Fachausweis) erfüllt werden. Ebenfalls erfüllen höhere Ausbildungen in diesen Berufen die Ausbildungsanforderungen. Gleichgestellt ist eine berufliche Grundbildung in einem anderen Beruf, ergänzt mit einem Direktzahlungskurs oder ergänzt mit einer praktischen Tätigkeit während mindestens drei Jahren auf einem Landwirtschaftsbetrieb (Art. 4 Abs. 2 DZV).

Gemäss Berufsbildungssystematik befähigt der Abschluss der Grundbildung zur Ausübung des Berufs, aber noch nicht zur Führung eines Betriebs. Erst in der höheren Berufsbildung kommen die betriebswirtschaftlichen Führungsthemen (Wirtschaftlichkeit des Betriebs, Personalführung usw.) dazu. Nur rund ein Drittel der Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter verfügt heute über einen Abschluss der höheren Berufsbildung aus, weit weniger als bei Gewerbetreibenden und übrigen Selbstständigen.

Die Gesellschaft erwartet insbesondere von jenen Landwirtinnen und Landwirten, die Direktzahlungen erhalten,
eine nachhaltige Wirtschaftsweise im umfassenden Sinn. Die Grundbildung beinhaltet die Betriebsführung nicht. In einem immer komplexer werdenden Umfeld ist jedoch gerade dieses Ausbildungsthema von zunehmender Wichtigkeit, um erfolgreich und nachhaltig sowie auf den Markt ausgerichtet einen Betrieb leiten zu können.

Eine Studie von Agroscope89 konnte aufzeigen, dass es eine positive Korrelation zwischen Arbeitsverdienst und Höhe des Bildungsniveaus gibt. Besser ausgebildete 88 89

SR 451 Vgl. www.agroscope.admin.ch/agroscope/de/home/publikationen/suchen/agroscopescience.html; Wirtschaftliche Heterogenität auf Stufe Betrieb und Betriebszweig, S. 23.

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Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen erzielen tendenziell einen höheren Arbeitsverdienst.

Sozialversicherungsschutz Im Bericht «Frauen in der Landwirtschaft» hat der Bundesrat unter anderem dargelegt, wie es heute um die soziale Absicherung in der Landwirtschaft steht. Im Gegensatz zu familienfremden Angestellten sind mitarbeitende Familienmitglieder in der Landwirtschaft folgenden Sozialversicherungen nicht unterstellt: Arbeitslosenversicherung, Unfallversicherung sowie berufliche Vorsorge (2. Säule). So ist die Abdeckung der Heilungs- und Pflegekosten zwar obligatorisch versichert, der Verdienstausfall aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfall hingegen nicht. Während familienfremde Angestellte dem obligatorischen Sozialversicherungsschutz unterstellt sind, müssen mitarbeitende Familienmitglieder selbst oder die betriebsleitende Person für sie einen Sozialversicherungsschutz aufbauen ­ falls keiner ausserbetrieblichen, entlohnten Erwerbstätigkeit nachgegangen wird und die mitarbeitenden Familienmitglieder auf diese Weise versichert sind. Heute sind mitarbeitende Familienmitglieder nicht ausreichend gegen Verdienstausfall versichert und verfügen nicht über eine angemessene Vorsorge.

Beantragte Neuregelung Die Anforderung der Altersgrenze, das Mindestarbeitsaufkommen auf dem Betrieb und der Mindestanteil der Arbeiten mit betriebseigenen Arbeitskräften sollen unverändert weitergeführt werden.

Bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe Natürliche und juristische Personen sollen bezüglich der Beitragsberechtigung für Direktzahlungen gleichbehandelt werden. In den juristischen Personen sind auch Gemeinden und Kantone eingeschlossen. Die geforderten gemeinwirtschaftlichen Leistungen und Anstrengungen für ressourcen- und umweltschonende Verfahren werden unabhängig von der Rechtsform auch von juristischen Personen erbracht.

Der Bundesrat soll aber weiterhin die Kompetenz behalten, bestimmte Betriebe von den Direktzahlungen auszuschliessen. Darunter fallen ­ wie bisher ­ Betriebe mit einem Tierbestand über der Höchstbestandslimite. Er behält zudem die Möglichkeit, auf Veränderungen in der Landwirtschaft reagieren zu können.

Begrenzungen und Abstufungen Mit der Einführung der weiterentwickelten Versorgungssicherheitsbeiträge (vgl.

Ziff. 5.1.3.3) soll der Basisbeitrag Versorgungssicherheit
aufgehoben werden. Infolge dieser Aufhebung fällt auch die bisher einzige Beitragsabstufung nach Fläche weg. Zudem soll wegen der ausgebliebenen Wirkung die Begrenzung der Direktzahlung pro SAK ebenfalls aufgehoben werden. Eine Weiterführung dieser Massnahme würde die mit dem Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasserinitiative verbundenen Anstrengungen behindern, weil sie die Wirkung der Direktzahlungen für die Reduktion des PSM begrenzt oder verhindert. Sie bevorteilt intensive Tierhaltungsbetriebe mit hohem Nährstoffanfall, da diese aufgrund der hohen SAKWerte von der Begrenzung nicht betroffen sind. Ohne die Begrenzung nach SAK 4039

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wird das Direktzahlungssystem zudem einfacher. Die SAK-Faktoren sind stark standardisierte Einheiten zur Bemessung der Betriebsgrösse und eignen sich als Abgrenzungskriterium für die Einstiegsschwelle für die Direktzahlungen oder für die Definition der Mindestgrösse für landwirtschaftliche Gewerbe. Als Begrenzungskriterium für die weiterentwickelten Versorgungssicherheitsbeiträge und die zielgerichteten übrigen Beiträge sind die SAK hingegen nicht geeignet, weil die Massnahmen nach ihrer Zielsetzung unabhängig von der Betriebsgrösse differenziert werden. Ebenfalls soll auf die Begrenzung des Übergangsbeitrags nach Vermögen und Einkommen verzichtet werden. Die Wirkung dieser Begrenzung war sehr gering und verursachte in den Kantonen erhebliche Mehraufwände.

Aus sozialpolitischen und ökonomischen Gründen soll als Ersatz aller bisherigen teils komplizierten Abstufungen und Begrenzungen eine einzige Abstufung für alle Direktzahlungen pro Betrieb eingeführt werden. Konkret soll der Bundesrat die Direktzahlungssumme pro Betrieb und pro Beitragsart abstufen oder begrenzen können. Vorgesehen ist eine Abstufung der gesamten Direktzahlungen pro Betrieb.

Diese Bestimmung gilt nicht für die Sömmerungs- und Gemeinschaftsweidebetriebe.

Die Direktzahlungen sollen ab 150 000 Franken je zusätzliche 50 000 Franken progressiv abgestuft werden. Die prozentuale Reduktion soll in 10-Prozent-Schritten ansteigen: Bei einem Betrieb mit 200 000 Franken Direktzahlungen wird um 5000 Franken gekürzt (10 % zwischen 150 000 und 200 000 Fr.), bei einem Betrieb mit 250 000 Franken Direktzahlungen wird um 15 000 Franken gekürzt (10 % zwischen 150 000 und 200 000 Fr. + 20 % zwischen 200 000 und 250 000 Fr.) usw.

Mit diesem System kann ein Maximum von 375 000 Franken Direktzahlungen pro Betrieb erreicht werden. Für Betriebsgemeinschaften wird mit der Zahl der zusammengefassten Betriebe in der Betriebsgemeinschaft multipliziert. Bei einer Betriebsgemeinschaft (bestehend aus zwei Betrieben) würden Direktzahlungen somit ab 300 000 Franken reduziert. Die Reduktionen betragen für eine solche Betriebsgemeinschaft 10 Prozent zwischen 300 000 und 400 000 Franken, 20 Prozent zwischen 400 000 und 500 000 Franken usw. Das vorgeschlagene System ist vergleichbar mit dem Vorschlag der EU-Kommission für die Periode 2021­2027: Die Kommission
schlägt eine Abstufung ab 60 000 Euro und eine absolute Obergrenze der Direktzahlungen von 100 000 Euro pro Betrieb vor. Die Abstufung der gesamten Direktzahlungen pro Betrieb ist besser verständlich als die bisherigen zahlreichen kumulativen Begrenzungen und Abstufungen einzelner Beitragsarten. Sie berücksichtigt damit über den gesamten Betrieb die positiven Skaleneffekte der Leistungserbringung.

Versorgungs-, Umwelt- und Tierwohlleistungen können von grösseren Betrieben pro Hektare oder pro Tier günstiger erbracht werden.

Der Bundesrat soll nötigenfalls auch für einzelne Beitragstypen eine Begrenzung festlegen können. Eine solche Begrenzung wird heute bei den Biodiversitätsbeiträgen im Sömmerungsgebiet angewendet. Diese soll fortgeführt werden.

Einhaltung der für die landwirtschaftliche Produktion massgeblichen Bestimmungen Aus formalen Gründen werden die für die landwirtschaftliche Produktion massgeblichen Gesetze neu alle ­ auch das NHG ­ in Artikel 70a Absatz 1 Buchstabe c LwG aufgelistet. Die Einhaltung von deren Bestimmungen ist bereits heute Voraussetzung für die Ausrichtung der Direktzahlungen.

4040

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Landwirtschaftliche Ausbildung Weil die Herausforderungen in der Betriebsführung komplexer werden, sollen neue Direktzahlungsbezügerinnen und -bezüger in Zukunft ein EFZ vorweisen und anschliessend drei betriebswirtschaftliche Module besuchen müssen, die für die Berufsprüfung im Berufsfeld Landwirtschaft (Fachausweis) angeboten werden. Die Ausbildung ist von unmittelbarem Nutzen für die angehenden Fachpersonen. So sieht der Lehrplan beispielsweise vor, dass im Rahmen eines der betriebswirtschaftlichen Pflichtmodule das erworbene Wissen in einer Betriebsstudie auf dem eigenen Betrieb angewendet wird. Die Sozialverträglichkeit wird dadurch sichergestellt, dass nur Neueinsteigende oder Neubezügerinnen und -bezüger von Direktzahlungen die höhere Voraussetzung erfüllen müssen. Für Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen, die vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmung bereits Direktzahlungen erhalten, sollen diese neuen Bestimmungen nicht gelten. Parallel sollen auch die Anforderungen an Bäuerinnen und Quereinsteigende mit einer nicht landwirtschaftlichen Grundbildung angepasst werden. Neu Direktzahlungen beziehende Bäuerinnen mit Fachausweis müssen drei betriebswirtschaftliche Pflichtmodule der Berufsprüfung im Berufsfeld Landwirtschaft, welche für sie bisher Wahlmodule sind, ebenfalls besuchen. Quereinsteigende sollen neben dem EFZ in ihrem angestammten Beruf und der schon bisher erforderlichen landwirtschaftlichen Weiterbildung oder Praxis ebenfalls drei Module besuchen müssen. Die bisherige Ausnahme von den Ausbildungsanforderungen für kleine Betriebe bis 0,50 SAK im Berggebiet soll unverändert weitergeführt werden (vgl. Art. 4 Abs. 3 DZV). Gleiches gilt für die weiteren Ausnahmen, beispielsweise bei Todesfällen. Die Anpassung der Ausbildungsanforderungen erfordert keine Gesetzesänderung, sondern kann auf Verordnungsstufe umgesetzt werden. Für die Einführung der höheren Ausbildungsanforderungen sind Übergangsbestimmungen vorgesehen.

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Tabelle 7 Ausbildungsanforderungen für Direktzahlungen AP 14-17 (bisher)

AP 22+ (neu)

Besitzstandswahrung für Bewirtschaf- ­ ter/innen, die zwischen 2007 und 2013 während mindestens 3 Jahren Direktzahlungen erhalten haben.

­

Bisherige DZ-Bezüger/innen müssen keine neuen, zusätzlichen Ausbildungsanforderungen erfüllen Übergangsfrist bis zur Anwendung der höheren Ausbildungsanforderungen

Neue Bezüger/innen von Direktzahlungen seit 2007

Neue Bezüger/innen von Direktzahlungen nach der Übergangsfrist

1) Eidg. Berufsattest oder EFZ im «Berufsfeld Landwirtschaft und deren Berufe» (Art. 37 oder 38 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dez. 200290 [BBG])

1) EFZ im «Berufsfeld Landwirtschaft und deren Berufe» (Art. 38 BBG) + drei Module Betriebswirtschaft

2) Bäuerin mit Fachausweis (Art. 43 BBG)

2) Bäuerin mit Fachausweis (Art. 43 BBG) + drei Module Betriebswirtschaft

3) Höhere Ausbildungen in den Berufen 3) Höhere Ausbildungen in den nach nach den Ziff. 1) und 2) den Ziff. 1) und 2) 4) Eidg. Berufsattest oder EFZ in einem 4) EFZ in einem anderen Berufsfeld anderen Berufsfeld als Landwirtals Landwirtschaft (Art. 38 BBG) schaft (Art. 37 oder 38 BBG) + drei Module Betriebswirtschaft + landwirtschaftliche Weiterbildung + landwirtschaftliche Weiterbildung (Direktzahlungskurs) oder mindes(Direktzahlungskurs) oder mindestens 3 Jahre praktische Tätigkeit auf tens 3 Jahre praktische Tätigkeit auf einem Landwirtschaftsbetrieb einem Landwirtschaftsbetrieb Ausnahmen ­ Betriebe im Berggebiet < 0,5 SAK ­ Erben und Erbengemeinschaft im Todesfall (drei Jahre) ­ Übernahme des Betriebs durch die Ehefrau oder den Ehemann, wenn 10 Jahre Mitarbeit, im Falle des Erreichens des Pensionsalters des bisherigen Bewirtschafters oder der bisherigen Bewirtschafterin Sozialversicherungsschutz Um die sozialversicherungsrechtliche Situation der mitarbeitenden Familienmitglieder zu verbessern, soll die Ausrichtung von Direktzahlungen neu an das Vorliegen 90

SR 412.10

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eines Sozialversicherungsschutzes geknüpft werden. Diese Neuregelung beschränkt sich aus administrativen Gründen auf die Ehefrau, den Ehemann, die eingetragene Partnerin oder den eingetragenen Partner des Bewirtschafters oder der Bewirtschafterin, die auf dem Betrieb mitarbeiten. Die Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen werden verpflichtet, den Nachweis zu erbringen, dass die mitarbeitende Ehepartnerin oder der mitarbeitende Ehepartner sozial abgesichert ist, falls sie regelmässig und in beträchtlichem bzw. erheblichem Masse auf dem Betrieb ihres Ehepartners mitarbeitet und nicht über ein ausreichend hohes eigenes Einkommen verfügt.

Der Sozialversicherungsschutz muss die Risiko-Vorsorge (Risiken Invalidität und Tod) sowie den Verdienstausfall (Taggeld bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit und Unfall) abdecken. Weil Versicherungen eine Person aufgrund ihres Gesundheitszustands ablehnen können und weil die Prämien bei älteren Personen unverhältnismässig hoch sein können, sind für diese Fälle Ausnahmebestimmungen vorgesehen.

Falls nicht bereits ein entsprechender Sozialversicherungsschutz der Partnerin oder des Partners mit Abdeckung Risiko-Vorsorge und Verdienstausfall vorliegt, muss ein solcher neu aufgebaut werden, idealerweise im Rahmen einer umfassenden Versicherungsberatung. Diese Pflicht für einen Sozialversicherungsschutz gilt einzig für die mitarbeitende Partnerin oder den mitarbeitenden Partner, nicht aber für die in Eigenverantwortung den Betrieb leitende Person.

In einer vorgesehenen Übergangszeit von zwei Jahren sollen alle Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen aufgrund von wenigen gezielten Fragen beim Gesuch um Direktzahlungen an das kantonale Landwirtschaftsamt einen Hinweis auf die Situation in Sachen Sozialversicherungsschutz der Ehepartnerin und des Ehepartners erhalten (Selbstdeklaration). So können sie sich beraten lassen und die nötigen Schritte einleiten, wenn der Schutz noch ungenügend ist. Bereits heute existieren spezielle Verdienstausfall- und Vorsorgelösungen für mitarbeitende Familienmitglieder mit und ohne Lohn zu günstigen Bedingungen. Während dieser Übergangszeit soll es auch noch keine Kürzungen von Direktzahlungen geben, wenn der Sozialversicherungsschutz nicht erfüllt ist.

Nach der zweijährigen Einführungsphase soll jährlich ein Teil der Bewirtschafter und
Bewirtschafterinnen kontrolliert werden. Das kantonale Landwirtschaftsamt kann Nachweise verlangen und im Rahmen der Amtshilfe relevante Daten von den Steuerbehörden anfragen. Wird der Nachweis des Sozialversicherungsschutzes nicht oder nur teilweise erbracht, hat dies ­ analog zur Regelung im ÖLN ­ eine Kürzung der Direktzahlungen zur Folge.

4043

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Tabelle 8 Sozialversicherungsschutz für die mitarbeitenden Partnerinnen und Partner neu

Bemerkungen

Staatliche (1. Säule)

obligatorisch

obligatorisch

Beitragspflicht erfüllt, sofern der Ehepartner mindestens den doppelten Minimalbeitrag leistet (964 Fr. p.a.; 2019).

Berufliche (Säule 2b)

freiwillig

erforderlich für Direktzahlungen* (entweder 2b oder 3a/3b)

Eine freiwillige berufliche Vorsorge (Säule 2b) bedingt ­ je nach Vorsorgeeinrichtung ­ ein versichertes Einkommen von mindestens 12,5 % der maximalen AHVAltersrente (3555 Fr. p.a.; 2019).

Private (3. Säule)

freiwillig

Krankheit

freiwillig

Unfall

freiwillig

Taggeld

Vorsorge

bisher

Freiwillige private Vorsorge (Säule 3b) auch ohne Einkommen möglich.

erforderlich für Direktzahlungen*

Versicherung gegen bei Krankheit und Unfall.

*mit Ausnahmen aufgrund des Gesundheitszustands und des Alters

Tabelle 9 Voraussetzungen und Begrenzungen bei den Direktzahlungen AP 14­17 (bisher)

AP22+ (neu)

­ Bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe

­ Bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe, inklusive juristische Personen ­ Persönlicher Sozialversicherungsschutz für mitarbeitende Ehepartner/innen oder eingetragene Partner/innen

­ ÖLN

4044

­ ÖLN (angepasst)

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AP 14­17 (bisher)

AP22+ (neu)

­ Einhaltung der landwirtschaftsrelevanten Bestimmung der Gewässerschutz-, Umweltschutz und Tierschutzgesetzgebung

­ Einhaltung der landwirtschaftsrelevanten Bestimmung der Gewässerschutz-, Umweltschutz-, Natur- und Heimatschutzund Tierschutzgesetzgebung

­ Landwirtschaftliche Grundbildung, ­ Für neue DirektzahlungsbezüBäuerin mit Fachausweis oder andere ger/innen: EFZ Landwirtschaft, BäueGrundbildung plus landwirtschaftlirin mit Fachausweis, EFZ in einem che Weiterbildung oder praktische Beruf ausserhalb Landwirtschaft plus Tätigkeit Landwirtschaftsbetrieb landwirtschaftliche Weiterbildung oder praktische Tätigkeit auf Landwirtschaftsbetrieb; für alle zusätzlich drei betriebswirtschaftliche Module ­ Bisherige Direktzahlungsbezüger/innen müssen keine neuen, zusätzlichen Ausbildungsanforderungen erfüllen ­ Altersgrenze 65 Jahre

­ Altersgrenze 65 Jahre

­ Mindestarbeitsaufkommen 0,20 SAK ­ Mindestarbeitsaufkommen 0,20 SAK ­ Mindestanteil Arbeiten durch betriebseigene Arbeitskräfte 50 %

­ Mindestanteil Arbeiten durch betriebseigene Arbeitskräfte 50 %

­ Maximal CHF 70 000 Direktzahlungen / SAK ­ Abstufung Basisbeitrag Versorgungs- ­ Begrenzung der Summe der Beiträge sicherheit je Betrieb (ohne Sömmerungsund Gemeinschaftsweidebetriebe) und der Summe je Beitragsart ­ Beitrag für Biodiversitätsförderflächen der Qualitätsstufe I für maximal 50 % der LN (Regelung auf Verordnungsebene) ­ Grenzwerte in Bezug auf Einkommen und Vermögen bei den Übergangsbeiträgen
Artikel 70a Absatz 1 und 2 E-LwG

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5.1.3.2

Ökologischer Leistungsnachweis

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Ausrichtung von Direktzahlungen setzt voraus, dass auf dem gesamten Betrieb die Anforderungen des ÖLN eingehalten werden. Der ÖLN umfasst heute die artgerechte Haltung der Nutztiere, eine ausgeglichene Düngerbilanz, einen angemessenen Anteil an Biodiversitätsförderflächen, die vorschriftsgemässe Bewirtschaftung von Objekten in Inventaren von nationaler Bedeutung, eine geregelte Fruchtfolge, den geeigneten Bodenschutz sowie die gezielte Auswahl und Anwendung der PSM.

Die Einführung des ÖLN zu Beginn der 1990er-Jahre hat zu einer Reduktion der Umweltbelastung durch die Landwirtschaft beigetragen. Heute garantiert der ÖLN ein Mindestniveau an ökologischen Leistungen. Die geforderten Massnahmen werden flächendeckend umgesetzt. Darüber hinaus gehen jedoch vom ÖLN kaum weitere Verbesserungsanreize für die Betriebe aus.

Beantragte Neuregelung Um die bestehenden ökologischen Ziellücken zu reduzieren, soll der ÖLN weiterentwickelt werden. Damit soll die Erreichung der UZL in den Bereichen Biodiversität und Ressourcenschutz verbessert und die Zielerreichung des AP PSM unterstützt werden. Diese Änderung ist Teil des Massnahmenpakets, das als Alternative zur Trinkwasserinitiative vorgeschlagen wird (vgl. Ziff. 4.2.4).

Tabelle 10 Übersicht über den ökologischen Leistungsnachweis (Art. 70a LwG) AP 14­17 (bisher) 2

Der ökologische Leistungsnachweis umfasst:

AP22+ (neu) 2

Der ökologische Leistungsnachweis umfasst:

a. eine artgerechte Haltung der Nutztiere;

a. eine artgerechte Haltung der Nutztiere;

b. eine ausgeglichene Düngerbilanz;

b. eine Nährstoffbilanz mit begrenzten Nährstoffverlusten;

c. einen angemessenen Anteil an Biodiversitätsförderflächen;

c. eine ausreichende Förderung der Biodiversität;

d. die vorschriftsgemässe Bewirtschaf- d. die vorschriftsgemässe Bewirtschaftung von Objekten in Inventaren von tung von Objekten in Inventaren von nationaler Bedeutung nach NHG; nationaler Bedeutung nach dem NHG; e. eine geregelte Fruchtfolge;

e. eine geregelte Fruchtfolge;

f. einen geeigneten Bodenschutz;

f. einen geeigneten Bodenschutz;

g. eine gezielte Auswahl und Anwendung der Pflanzenschutzmittel.

g. einen umweltschonenden Pflanzenschutz;

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AP 14­17 (bisher)

AP22+ (neu) h. für bestimmte Gebiete spezifische Anforderungen zum Schutz der Ökosysteme; i. die Einhaltung von Vorgaben des Gewässerschutzes.

3

Der Bundesrat:

a. konkretisiert den ökologischen Leistungsnachweis;

3

Der Bundesrat:

a. konkretisiert den ökologischen Leistungsnachweis unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit der Ökosysteme;

Der ÖLN soll neu stärker und explizit auf die ökologische Tragfähigkeit der Ökosysteme ausgerichtet werden. Damit wird der Bezug zum Begriff der standortangepassten Produktion im neu eingeführten Artikel 104a Absatz 2 BV sichergestellt.

Der Bundesrat erhält damit die Möglichkeit zur kontinuierlichen Verbesserung der notwendigen Massnahmen, um die Tragfähigkeit von Ökosystemen langfristig aufrechtzuerhalten. Mit einer Anpassung der Landwirtschaft an den jeweiligen Standort werden räumliche Eigenheiten berücksichtigt. Dabei gilt es, die ökologische Tragfähigkeit der von der Tätigkeit am Standort beeinflussten Ökosysteme aufrechtzuerhalten. Mit der geplanten Integration der Ressourceneffizienzbeiträge in die Produktionssystembeiträge nach Artikel 75 LwG werden die bisher über Resssourceneffizenzbeiträge geförderten Elemente entweder in den ÖLN integriert oder in die Produktionssysteme überführt (vgl. Ziff. 5.1.3.5).

Die UZL konkretisieren die für die Landwirtschaft massgeblichen Anforderungen des Umweltrechts und beschreiben den Zustand, der die langfristige Erhaltung der Tragfähigkeit der Ökosysteme und der Ökosystemleistungen gewährleisten soll.

Nährstoffe: Künftig soll die Nährstoffüberschussproblematik transparenter dargestellt und gezielter angegangen werden, damit die bestehenden Nährstoffverluste insbesondere beim Stickstoff reduziert werden können. Die Düngerbilanz ist nicht mehr nur ein Mittel, um auf betrieblicher Ebene eine ausgeglichene Düngung zu erreichen; sie muss auch den Abbau von überschüssigen Nährstoffen gewährleisten.

Im Fokus stehen die Prüfung und Beantwortung der Fragen, wie eine kontinuierliche Minderung dieser Nährstoffverluste umgesetzt und die Nährstoffverluste ausreichend auf die Tragbarkeit der Ökosysteme begrenzt werden können. Dazu wird geprüft, ob für diese Zielerreichung eine neue Bilanzierungsmethodik, welche die Nährstoffverluste eines Betriebs transparent ausweist, notwendig wird und die heutige Suisse-Bilanz ergänzen oder ersetzen kann. Die bisherige Bilanzierungsmethodik basiert auf dem Wissensstand von 2000. Eine Anpassung an die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Entwicklungen beim landwirtschaftlichen Nährstoffmanagement und zur Zielerreichung bei den Nährstoffverlusten ist deshalb notwendig. Diese neue Bilanzierungsmethodik soll ab 2026 in der
Praxis umgesetzt werden.

Neben der Überarbeitung der Nährstoffbilanzierungsmethode soll gleichzeitig deren digitale Umsetzung vorangetrieben werden. Dazu wurde ein umfassendes digitales 4047

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Projekt zum Nährstoffmanagement lanciert. Es ist vorgesehen, dass weitere Anwendungen integraler Bestandteil dieses Nährstoffmanagementsystems werden. Im Vordergrund stehen dabei die Erfassung von Ammoniakemissionen sowie von Futtermittel- und Mineraldüngerflüssen. Die Umsetzung und Anwendung dieses integralen und digitalen Nährstoffmanagementsystems soll ab 2026 erfolgen. Eine revidierte Suisse-Bilanz soll bereits ab 2022 umgesetzt und bis 2026 mit der neuen digitalen Bilanzierungsmethodik zusammengelegt werden.

Damit das Ziel des Absenkungspfads von 10 Prozent der Stickstoff- und Phosphorverluste bis 2025 und von 20 Prozent bis 2030 erreicht werden kann, sollen folgende Massnahmen ab 2022 in zwei Etapen umgesetzt werden: Im Jahr 2022 werden eine Reihe von Massnahmen zur Modernisierung der Suisse-Bilanz, wie die Streichung der 10-%-Toleranz und die Senkung des Gewässerschutzgrenzwerts von 3 auf 2,5 DGVE, eingeführt. Bis 2026 soll das Nährstoffmanagement vollständig in einem digitalen System zusammengeführt sein. Nährstoffe wie Mineraldünger sowie Futtermittel, die an landwirtschaftliche Betriebe geliefert werden, müssen von den Verkäufern gemeldet werden (Art. 164a E-LwG), um die Transparenz und die Überwachung der Einzelbilanzen sowie der nationalen Bilanz sicherzustellen, die für die Beurteilung der Erreichung der für 2030 gesetzten Ziele massgebend sind.

Dieses System wird zudem die Administration auf allen Ebenen vereinfachen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die zu diesem Zweck geplanten Massnahmen: Tabelle 11 Massnahmen zur Reduktion der Stickstoff- und Phosphorverluste im ÖLN und im Gewässerschutzgesetz Instrument

Bis 2022

Suisse-Bilanz Überprüfung der grundlegenden Methodik: Mögliche Anpassungen und Streichung von Toleranzen und Schwachstellen innerhalb der Berechnungsmethodik; Überprüfung NAusnutzungskoeffizienten; Prüfen von Vereinfachungen und Entlastung von ökologisch unproblematischen Betrieben.

4048

Ab 2022 bis 2024 Bis 2026ff Umsetzung der revidierten Suisse-Bilanz.

Einführung der Deklaration von Mineraldüngereinsatz.

Abschaffung des 10 %Fehlerbereichs.

Erarbeitung neuer Bilanzierungsmethodik im Projekt Nährstoffmanagement.

Erfassung der Ammoniakemmis sionen.

Erfassung von Nähstofflieferun gen (Mineraldünger und Futtermittel) im Nährstoffmanagementsystem.

Umsetzung der Vereinfachungen für ökologisch unproblematische Vollständig digitale Betriebe.

Umsetzung des Nährstoffmanagements ab 2026.

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Instrument

Bis 2022

Absenkung DGVE auf max. 2,5 pro ha düngbare Fläche gemäss GSchG

Notwendige AnpasUmsetzung sungen der Vollzugsin- der Limiten strumente bei Bund im Vollzug und Kantonen.

Ab 2022 bis 2024 Bis 2026ff

Sollten die verbindlichen Zwischenziele für die Reduktion der Stickstoff- und Phosphor-Verluste gemäss Artikel 6a Absatz 1 E-LwG nicht erreicht werden, so ergreift der Bundesrat gemäss Artikel 6a Absatz 4 E-LwG spätestens 2025 weitere Massnahmen. Darüber hinaus kann er bei einer Nichterreichung der Zwischenziele eine weitere Absenkung der DGVE-Werte pro Hektare beschliessen (vgl. Art. 14 Abs. 6bis E-GSchG).

Eine Begrenzung der Nährstoffverluste umfasst auch den emissionsarmen Umgang mit Hofdüngern nach dem Umwelt- und insbesondere Luftreinhalterecht. Dabei steht die emmissionsarme Güllelagerung und -ausbringung im Vordergrund.

Biodiversität: Der heutige ÖLN fordert einen «angemessenen Anteil an Biodiversitätsförderflächen». Neu soll im ÖLN eine «ausreichende Förderung der Biodiversität» vorausgesetzt werden. Die neue Formulierung bringt einerseits zum Ausdruck, dass neben flächigen Elementen auch andere Fördermassnahmen einen wirksamen Beitrag zur Förderung der Biodiversität leisten können. Andererseits bringt sie mit dem Wechsel von «angemessen» zu «ausreichend» zum Ausdruck, dass heute nicht alle Betriebe das nötige Minimum an eine wirksame Förderung der Biodiversität beitragen. Insbesondere im Ackerbaugebiet bestehen relevante Defizite. Deshalb soll bei der Umsetzung der AP22+ ein Mindestanteil der Ackerfläche als BFF bewirtschaftet werden müssen. Dieser Anteil soll bei 3,5 Prozent festgelegt werden; er wird an die erforderlichen 7 Prozent Biodiversitätsflächen angerechnet. Alle Betriebe müssen weiterhin mindestens 7 Prozent ihrer Flächen (3,5 % bei Spezialkulturen) mit Biodiversitätsförderflächen bewirtschaften (vgl. dazu Ziff. 5.1.3.4).

Bodenschutz: Im Bereich ÖLN und Bodenschutz gab es in den letzten Jahren diverse Anpassungen, um die bewirtschaftungsbedingte Erosion möglichst zu verhindern.

Bezüglich der Bodenverdichtung stellt der ÖLN bis anhin keine Anforderungen, obwohl landwirtschaftliche Böden durch Verdichtung in ihrer Ertragsfähigkeit für längere Zeit wesentlich beeinträchtigt werden können. Das Risiko für Bodenverdichtung ist hoch beim Befahren der Böden mit schweren Maschinen bei ungeeigneten Witterungsbedingungen. Deshalb sollen mit der AP22+ auf Verordnungsstufe Schutzmassnahmen ergriffen werden. Um insbesondere schadhafte Unterbodenverdichtungen zu vermeiden, soll im ÖLN die
Tragfähigkeit der Böden bei der Bewirtschaftung berücksichtigt werden. Dazu sollen Lohnunternehmerinnen und unternehmer und Landwirtinnen und Landwirte mittels einer zur Verfügung gestellten Software (Terranimo) für die verwendete Gerätekombination bei der gegebenen Witterung standortspezifisch bestimmen, ob ein erhöhtes Verdichtungsrisiko besteht.

Dies schützt die Landwirte/Landwirtinnen vor langjährigen Ernteausfällen durch Verdichtungsschäden und unterstützt sie in der Entscheidung der optimalen Maschi4049

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nenwahl. Als Vereinfachung kann auf die Bestimmung mittels Software verzichtet werden, solange die Radlast keine überproportionale Gefährdung darstellt. Damit wird eine Grundlage geschaffen, dass Landwirtinnen und Landwirte und insbesondere ihre Lohnunternehmerinnen und -unternehmer bezüglich Bodenverdichtung stärker in die Pflicht genommen werden können.

Pflanzenschutz: Der ÖLN enthält heute schon Elemente des integrierten Pflanzenschutzes (präventive Massnahmen wie eine geregelte Fruchtfolge, die Förderung der Nützlinge und die bedarfsgerechte Düngung) sowie eine restriktive Auswahl an PSM. Mit dem neuen Begriff «umweltschonender Pflanzenschutz» sollen Verbesserungen in diesen beiden Bereichen erreicht werden. Folgende Massnahme ist vorgesehen: ­

Einschränkung von PSM mit erhöhten Umweltrisiken: Die PSM-Anwendung im ÖLN soll eingeschränkt werden. PSM mit einem unannehmbaren Umweltrisiko werden im Rahmen der Überprüfung der Bewilligung aus dem Markt zurückgezogen. Zum Schutz der Umwelt sollen die verbleibenden bewilligten Produkte mit einem höheren Risiko durch solche mit einem tieferen ersetzt werden, sofern diese zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang wurde Agroscope beauftragt, für alle zugelassenen PSMWirkstoffe das Potenzial für Metaboliten im Grundwasser sowie das Risikopotenzial für Oberflächengewässer und für die Bienen zu ermitteln. Für Wirkstoffe mit erhöhten Potenzialen sollen mögliche Alternativen gesucht werden. Die Liste der im ÖLN einzuschränkenden PSM wird anhand dieser zurzeit laufenden Abklärungen in den Vollzugsbestimmungen festgelegt.

Ergänzend wird mit den Produktionssystembeiträgen der Verzicht oder der Teilverzicht auf die Anwendung von PSM gefördert (vgl. Ziff. 5.1.3.5).

Zusätzlich soll der ÖLN mit der Umsetzung von emissionsmindernden Massnahmen ergänzt werden: ­

91

Umsetzung von emissionsmindernden Massnahmen: Beim Befüllen, beim Spülen und bei der Reinigung der Spritzgeräte sollen Einträge in die Gewässer verhindert werden. Dies soll mit Innenreinigungssystemen für eine effiziente Reinigung auf dem Feld und der Sammlung und Aufbereitung des anfallenden Waschwassers auf dem Betrieb erreicht werden. Vorausgesetzt wird zudem die korrekte Entwässerung gemäss Gewässerschutzanforderung von Plätzen, auf denen Spritzgeräte befüllt oder gereinigt werden oder Hofund Recyclingdünger anfallen oder umgeschlagen werden. Zudem soll der Einsatz von Technologien und Massnahmen zur Reduktion der Abdrift und der Abschwemmung von PSM gefordert werden. In den Weisungen des BLW betreffend der Massnahmen zur Reduktion der Risiken bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln91 sind alle Massnahmen zur Reduktion der Abdrift und Abschwemmung ausgewiesen. Die Betriebe sollen verpflichtet werden, davon geeignete Massnahmen zu ergreifen, deren Anwendung eine Reduktion der unerwünschten Emissionen von PSM von mindestens 75 Prozent zur Folge hat.

Die Weisungen sind abrufbar unter: www.blw.admin.ch > Nachhaltige Produktion > Pflanzenschutz > Pflanzenschutzmittel > Nachhaltige Anwendung und Risikoreduktion.

4050

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Standortanpassung: Ausgehend vom Grundsatz der Tragfähigkeit der Ökosysteme sollen für bestimmte Gebiete spezifische ÖLN-Anforderungen festgelegt werden können. Mit dieser Regionalisierung des ÖLN können lokale und standortangepasste Vorgaben definiert werden. Bereits heute werden in einzelnen sensiblen Gebieten gestützt auf den Anhang der DZV strengere Anforderungen an die Nährstoffbilanz beispielsweise in den Zuströmbereichen von Seen vorgeschrieben. Die Zuströmbereiche wurden gemäss GSchV im Hinblick auf die Phosphorproblematik ausgeschieden. Befindet sich ein Betrieb in einem solchen Zuströmbereich und ist sein Phosphoreigenversorgungsgrad gemäss Suisse-Bilanz grösser als 100 Prozent, dann darf er maximal 80 Prozent des Phosphorbedarfs ausbringen.

Zukünftig können auf diese Weise zielgerichtet zum Beispiel erhöhte Nitratgehalte im für Trinkwasser genutzten Grundwasser oder zu hohe Stickstoffimmissionen in sensible Ökosysteme reduziert werden. Die Massnahmen werden von Bund und Kantonen grundsätzlich gemeinsam festgelegt. Der Bund kann bei Bedarf auch selber regionalisierte ÖLN-Massnahmen festlegen. In einem ersten Schritt soll die Regionalisierung des ÖLN zur Sicherung von Projekterfolgen von Projekten nach Artikel 62a GSchG eingesetzt werden, indem beispielsweise ein minimal nötiger Anteil Grünlandflächen im Zuströmbereich festgelegt werden kann.

Gewässerschutz: Aktuell muss bei Verstössen gegen die Vorschriften der Gewässerschutzgesetzgebung ein rechtskräftiger Entscheid oder eine Verfügung vorliegen, damit eine Kürzung der Direktzahlungen bei Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern von Landwirtschaftsbetrieben erfolgen kann, was einen zusätzlichen Aufwand für die Vollzugsstellen bedeutet. Künftig sollen Vorgaben der Gewässerschutzgesetzgebung als Teil des ÖLN gelten, wobei sich die Kontrollen weiterhin nach der Gewässerschutzgesetzgebung richten. Dies in Analogie zur artgerechten Tierhaltung (Einhaltung der Tierschutzgesetzgebung). Diese Vorgaben der Gewässerschutzgesetzgebung umfassen ausschliesslich einfache und sichtbare Kriterien, die im Rahmen von Grundkontrollen überprüft werden sollen. Dabei geht es u.a. um Gülle- und Mistsaftaustritt in die Umwelt, befestigte Laufhöfe mit korrekter Entwässerung, Lagerung von gefährlichen Stoffen und dergleichen. Verwendet werden dabei die Kontrollpunkte,
welche die KVU im Jahr 2017 als Empfehlung für die Umsetzung von Grundkontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben bestimmt hat. Rechtskräftige Entscheide oder Verfügungen sind zukünftig für diese Elemente nicht mehr nötig, weil alleine die Feststellung des Mangels reicht, damit Direktzahlungen gekürzt werden können. Mit der Aufnahme in den ÖLN ändert sich bei der Zuständigkeit im Vollzug der Kontrollen nichts. Es ist Sache des Kantons festzulegen, welche Stellen die Kontrollen des Gewässerschutzes auf Landwirtschaftsbetrieben durchführen.
Artikel 70a Absatz 2 E-LwG
Lenkungsabgaben sind eine weitere Möglichkeit, den Einsatz von PSM zu regulieren. Die verursachergerechte Besteuerung von Produkten mit erhöhten Umweltrisiken soll zu einem Einsatz von risikoärmeren Produkten und alternativen Pflanzenschutzstrategien anregen und die externen Kosten infolge der Umwelt- und Gesundheitsschäden internalisieren. Durch ein differenziertes Abgabensystem und genügend Substitutionsmöglichkeiten kann die durchschnittliche Abgabenlast und somit der Einfluss auf die Produktion geringgehalten werden.

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Dieses Instrument wird bereits in verschiedenen europäischen Ländern wie Schweden, Norwegen, Dänemark oder Frankreich in unterschiedlicher Ausgestaltung eingesetzt. In einer Studie im Auftrag des BLW schätzt die ETH Zürich, dass eine solche Abgabe auch in der Schweiz einen Einfluss auf den Verzicht und differenzierten Einsatz von PSM haben kann. Diese Studie zeigt modellhaft, dass Landwirtinnen und Landwirte durch die Abgabe in ihrer PSM-Wahl gelenkt werden können.

Erfahrungen in diesen europäischen Ländern bestätigen die vorhergesagte Lenkung.

Allerdings zeigen die derzeit verfügbaren Daten, dass ihre durchschnittliche Wirkung nur begrenzt ist.

Die Ausgestaltung und Umsetzung einer Lenkungsabgabe birgt jedoch grössere Herausforderungen. Damit dieses Instrument eine zielführende Wirkung entfalten kann, braucht es zum einen eine Vielzahl an Alternativen, um die Substitution zu weniger risikoreichen Produkten zu ermöglichen, und zum anderen die Abstufung dieser Alternativen anhand von Abwägungen ihrer unterschiedlichen Risiken für Mensch und Umwelt. Deshalb bedingt ein differenziertes Abgabesystem gewichtete Ziele wie zum Beispiel der Schutz des Menschen oder der Schutz der Gewässer. Nur wenn klar feststeht, wie diese Ziele zueinanderstehen und zu gewichten sind, ist es möglich, die Höhe der Abgaben auf die einzelnen Produkte so festzusetzen, dass eine optimale Lenkungswirkung des Instruments entsteht.

Ebenfalls ist es notwendig, ein administratives Einnahmesystem zu erstellen. Da derzeit keine Struktur zur Einnahme solcher Abgaben vorhanden ist, müsste eine neue geschaffen und mit einem grossen Aufwand unterhalten werden.

Nach Abwägung der oben genannten Vor- und Nachteile wird die Entwicklung einer solchen Lenkungsabgabe nicht weiterverfolgt. Aus heutiger Sicht eignen sich andere Instrumente gleich gut oder besser: Die Beschränkung im Rahmen des ÖLN der Verwendung von Produkten, von denen ein erhöhtes Risiko für die Umwelt ausgeht, erreicht das gleiche Ziel wie eine Lenkungsabgabe, nämlich die Verringerung des Einsatzes dieser Produkte. Die ÖLN-Lösung hat den Vorteil, dass sie den Mangel an Alternativen zum Schutz bestimmter Kulturen berücksichtigt, bei denen das Interesse an der Entwicklung neuer Lösungen beschränkt ist.

5.1.3.3

Versorgungssicherheitsund Kulturlandschaftsbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Zur sicheren Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln werden Versorgungssicherheitsbeiträge ausgerichtet. Diese bestehen aus drei Beitragstypen: Basisbeitrag, Produktionserschwernisbeitrag und Beitrag für offene Ackerfläche und für Dauerkulturen. Der Basisbeitrag ist ein einheitlicher Beitrag von 900 Franken pro Hektare. Für Dauergrünflächen, die als Biodiversitätsflächen bewirtschaftet werden, wird ein reduzierter Beitrag von 450 Franken pro Hektare ausgerichtet. Für Flächen ohne Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln (z. B. Brachen) werden keine Versorgungssicherheitsbeiträge ausgerichtet. Der Produktionserschwernisbeitrag gleicht klimatische Nachteile aus und wird für alle Flächen im Hügel- und Berggebiet ausgerichtet. Mit dem Beitrag für die offene Ackerfläche und für Dauer4052

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kulturen werden diese Flächen und deren Nutzung besonders gefördert. Damit Versorgungssicherheitsbeiträge für die Dauergrünflächen ausgerichtet werden, muss ein Mindesttierbesatz von Raufutterverzehrern auf dem Betrieb erreicht werden.

Die Ausgestaltung und Wirkung der Versorgungssicherheitsbeiträge wurde von Agroscope im Rahmen einer Evaluation92 analysiert. Dabei wurden verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt. So sollen zum Beispiel die Ziele der Versorgungssicherheitsbeiträge klarer definiert und operationalisiert werden. Regelungen wie der Mindesttierbesatz oder die Abstufung der Beitragshöhe nach Betriebsfläche und nach Intensität auf der Grünfläche werden hinterfragt. Die Evaluation zeigte, dass die Kalorienproduktion auch bei einer Reduktion der Versorgungssicherheitsbeiträge nur unwesentlich sinkt. Im Falle einer Reduktion der gesamten Versorgungssicherheitsbeiträge um 25 Prozent (ca. 280 Mio. Fr.) würde die Kalorienproduktion beispielsweise nur um 4 Prozent sinken. Ein weiteres Ergebnis ist, dass mit einer stärkeren Förderung der offenen Ackerfläche gegenüber dem Grünland die Kalorienproduktion wesentlich zunimmt und das Ziel mit weniger Geldern erreicht werden kann.

Zur Erhaltung einer offenen Kulturlandschaft werden Kulturlandschaftsbeiträge bestehend aus einem Offenhaltungsbeitrag, einem Hangbeitrag, einem Steillagenbeitrag, einem Alpungsbeitrag und einem Sömmerungsbeitrag ausgerichtet. Der Offenhaltungsbeitrag ist nach Zone abgestuft und wird für Flächen im Hügel- und Berggebiet ausbezahlt. Ziel ist, dass die Flächen nicht verbuschen oder verwalden. Der Hangbeitrag, der Steillagenbeitrag und der Hangbeitrag für Rebflächen fördern die Bewirtschaftung und Offenhaltung der Flächen in Hanglagen, welche besonders von Waldeinwuchs bedroht sind. Zur Sicherstellung einer angemessenen Bestossung der Sömmerungsbetriebe wird für Ganzjahresbetriebe, die ihre Tiere im Inland sömmern, ein Alpungsbeitrag ausgerichtet. Die nachhaltige Bewirtschaftung und Pflege der Sömmerungsflächen wird zudem mit Sömmerungsbeiträgen unterstützt.

Beantragte Neuregelung Mit dem 2017 in Kraft getretenen Artikel 104a BV erhält der Bund explizit den Auftrag, die Voraussetzungen zur Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion, insbesondere des Kulturlandes, zu schaffen. Zur Sicherung dieser
Grundlagen sollen die Versorgungssicherheitsbeiträge unter Berücksichtigung der Evaluationsergebnisse weiterentwickelt werden.

Ziel dieser Weiterentwicklung ist es, neben den bisherigen Zielsetzungen der sicheren Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und der Erhaltung der Produktionskapazität auch standortbedingte Kostennachteile der Schweizer Betriebe gegenüber dem Ausland sowie klimatische Nachteile der höheren Zonen angemessen auszugleichen. Die Versorgungssicherheitsbeiträge sollen aus zwei Beitragstypen bestehen: einem nach Zonen abgestuften Beitrag pro Fläche (Zonenbeitrag) und dem Beitrag für offene Ackerflächen und Dauerkulturen.

­

92

Zonenbeitrag: Dieser Beitrag wird pro Hektare ausgerichtet und nach Zonen abgestuft. Er wird für die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche der BeMöhring, A., Mack, G., Zimmermann, A., Mann, S., & Ferjani, A. (2018): Evaluation Versorgungssicherheitsbeiträge. Schlussbericht. Agroscope Science, (66), 123.

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triebe von der Talzone bis zur Bergzone IV ausgerichtet und steigt von der Tal- bis zur Bergzone IV an. Der Zonenbeitrag gleicht einerseits Nachteile gegenüber dem Ausland aufgrund der hohen Kosten in der Schweiz und andererseits klimatische Nachteile in den höheren Zonen (z. B. kürzere Vegetationsdauer, geringeres Ertragsniveau) aus. Damit soll die Bewirtschaftung in allen Zonen sichergestellt und damit die Produktionskapazität erhalten werden.

­

Beitrag für offene Ackerflächen und Dauerkulturen: Dieser Beitrag wird pro Hektare ausgerichtet und ist in allen Zonen gleich hoch. Er bezweckt insbesondere die Erhaltung der offenen Ackerfläche und der Dauerkulturen. Damit kann eine angemessene Produktionskapazität und die Kalorienproduktion aufrechterhalten werden.

Zur Finanzierung dieser zwei Versorgungssicherheitsbeitragstypen dient ein grosser Teil der Gelder aus den bisherigen Versorgungssicherheitsbeiträgen sowie der Offenhaltungsbeitrag der Kulturlandschaftsbeiträge.

Mit der Weiterentwicklung soll künftig kein Mindesttierbesatz für Dauergrünflächen mehr verlangt werden. Die Evaluation durch Agroscope zeigt, dass dieser entgegen den Erwartungen nur wenig Wirkung hinsichtlich der Intensität der Grünlandnutzung und der Zielerreichung im Bereich Kalorienproduktion aufweist. Mit der Aufhebung von Bestimmungen (Mindesttierbesatz, Abstufung der Versorgungssicherheitsbasisbeiträge ab der 60. ha, Verzicht auf differenzierte Basisbeiträge für Biodiversitäts-Dauergrünflächen) und der Beschränkung auf zwei Beitragstypen werden die Versorgungssicherheitsbeiträge vereinfacht und verständlicher.

Bei den Kulturlandschaftsbeiträgen wird der Offenhaltungsbeitrag aufgehoben und die entsprechenden Mittel werden zu den Zonenbeiträgen der Versorgungssicherheit umgelagert. Die Zielsetzung dieses Beitragstyps besteht darin, die erschwerten klimatischen Nachteile der höheren Zonen zu kompensieren. Weil die Zielsetzungen der Versorgungssicherheitsbeiträge mit dieser Zielsetzung erweitert werden und der Mindesttierbesatz aufgehoben wird, ist diese Umlagerung zweckmässig. Sie vereinfacht das Beitragssystem. Die übrigen Komponenten der Kulturlandschaftsbeiträge (Steillagenbeitrag, Hangbeitrag Rebflächen, Alpungsbeitrag, Sömmerungsbeitrag) sollen unverändert mit gleich hohen Direktzahlungen weitergeführt werden. Die Vorschriften für die Sömmerung (PSM-Einsatz, Düngung, Kraftfutter usw.) sind auf Verordnungsstufe geregelt. Sie werden im Rahmen der Ausarbeitung der Verordnungen zur Umsetzung der AP22+ überprüft.

Tabelle 12 Übersicht Kulturlandschafts- und Versorgungssicherheitsbeiträge AP 14­17 (bisher)

AP 22+ (neu)

Kulturlandschaftsbeiträge

Kulturlandschaftsbeiträge

­ Hangbeitrag

­ Hangbeitrag

­ Steillagenbeitrag

­ Steillagenbeitrag

­ Hangbeitrag Rebflächen

­ Hangbeitrag Rebflächen

4054

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AP 14­17 (bisher)

AP 22+ (neu)

­ Alpungsbeitrag

­ Alpungsbeitrag

­ Sömmerungsbeitrag

­ Sömmerungsbeitrag

­ Offenhaltungsbeitrag Versorgungssicherheitsbeiträge

Versorgungssicherheitsbeiträge

­ Basisbeitrag

­ Zonenbeitrag

­ Produktionserschwernisbeitrag ­ Beitrag für offene Ackerfläche und Dauerkulturen

­ Beitrag für offene Ackerfläche und Dauerkulturen

Artikel 71 Absatz 1 Buchstaben a und Artikel 72 E-LwG

5.1.3.4

Biodiversitätsbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Zur Förderung und Erhaltung der Biodiversität sowie der damit verbundenen Ökosystemleistungen werden Biodiversitätsbeiträge ausgerichtet. Sie belaufen sich jährlich auf rund 410 Millionen Franken. Die Biodiversitätsbeiträge umfassen drei Stufen von flächenbezogenen Zahlungen, die kumuliert werden können: ­

Qualitätsstufe I (QI) mit spezifischen, massnahmenorientierten Anforderungen für jeden der einzelnen BFF-Typen (Bsp. extensiv genutzte Wiesen, Hecken, Hochstamm-Feldobstbäume).

­

Qualitätsstufe II (QII) mit Grundanforderungen gemäss QI und je nach BFFTyp spezifischen Anforderungen an die botanische Qualität oder an biodiversitätsfördernde Strukturen. Die Umsetzung ist je nach BFF-Typ teilweise bis ausschliesslich ergebnisorientiert ausgestaltet.

­

Vernetzung mit projektspezifischen Bewirtschaftungsauflagen oder Lagekriterien.

Das Konzept zur Förderung von ökologischen Ausgleichsmassnahmen in der Landwirtschaft wurde zu Beginn der 1990er-Jahre eingeführt. Über verschiedene Reformetappen der Agrarpolitik wurde es laufend angepasst.

Der Bund, die Kantone und die Landwirtschaftsbetriebe leisten heute einen beträchtlichen Aufwand zur Förderung der Biodiversität. Doch trotz steigender Beteiligung an den Förderprogrammen konnte der Rückgang der Biodiversität bisher nicht verhindert werden.93 Eine 2019 abgeschlossene, umfassende Evaluation der Biodiversitätsbeiträge hat verschiedene Defizite in Bezug auf deren Wirkung aufgezeigt

93

Biodiversität in der Schweiz: Zustand und Entwicklung (BAFU 2017) und Zustand der Biodiversität in der Schweiz 2014: Die Analyse der Wissenschaft (Forum Biodiversität Schweiz et al, 2014).

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und Ursachen dafür benannt.94 In die Evaluation eingeflossen sind die ersten Resultate des Monitoringprogramms ALL-EMA.95 Mit der bisherigen Weiterentwicklung der Massnahmen in Folge von Forderungen aus der Praxis und agrarpolitischen Entscheiden kamen mehr Förderelemente und Auflagen hinzu. Dies führte dazu, dass die geltenden Regelungen komplex und die Umsetzung kompliziert geworden sind. Deshalb sollen mit der Weiterentwicklung der Biodiversitätsbeiträge die Massnahmen effizienter gestaltet und die Anforderungen für die Landwirtschaftsbetriebe möglichst vereinfacht werden. Zudem sollen die Ergebnisse der Evaluation aufgegriffen und Verbesserungen in Bezug auf die folgenden festgestellten Defizite erreicht werden: ­

Ungenügende Zielerreichung in Bezug auf die UZL zur Biodiversität, insbesondere auf den Anteil an Flächen mit hoher Qualität;

­

zu wenig BFF in Ackerbauregionen, insbesondere auf Ackerland;

­

fehlende Kleinstrukturen;

­

ungeeignete Wahl der BFF-Typen aufgrund von fehlendem Wissen und ungünstigen ökonomischen Anreizen;

­

zu wenig Biodiversitätsberatung für die Bewirtschafter/innen;

­

zu hohe Komplexität des Systems.

Der Bundesrat hatte in der Vernehmlassung zur AP22+ vorgeschlagen, ein neues, zweiteiliges Biodiversitätsfördersystem einzuführen. Die Betriebe hätten damit die Wahl gehabt, die Biodiversität nach einem vereinfachten heutigen System oder auf Basis von betrieblichen Biodiversitätsförderkonzepten zu fördern. Die Vernehmlassung hat gezeigt, dass das vorgeschlagene zweiteilige Biodiversitätsfördersystem kompliziert, für den Vollzug aufwendig und damit nicht mehrheitsfähig ist. Die Defizite des heutigen Systems sind unter anderem aufgrund der durchgeführten Evaluation bekannt. Mit einer zielgerichteten Weiterentwicklung des heutigen Systems sollen diese angegangen und Wirkungsverbesserungen und Vereinfachungen erreicht werden.

Beantragte Neuregelung Die Weiterentwicklung des heutigen Systems soll weitgehend auf der Basis des heutigen Artikels 73 LwG erfolgen und mit Änderungen auf Verordnungsstufe umgesetzt werden. Für die konkrete Ausarbeitung wurde und wird eng mit den Expertinnen und Experten der verschiedenen Stakeholder (Kantone, Branche, Wissenschaft, Beratung, Bundesamt für Umwelt [BAFU]) zusammengearbeitet.

Die Weiterentwicklung der Biodiversitätsbeiträge erfolgt in folgenden sechs Massnahmenpaketen: ­

94 95

Ackerbau: Die Defizite in Ackerbauregionen sind besonders ausgeprägt. Zur Verbesserung der Wirkung sollen Anforderungen im ÖLN verstärkt (vgl.

Ziff. 5.1.3.2) und BFF-Typen angepasst oder neu geschaffen werden. So soll Econcept, AG, Agridea und L'Azuré (2019): Evaluation der Biodiversitätsbeiträge Schlussbericht, im Auftrag des BLW, Bern.

Vgl. www.ALL-EMA.ch.

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beispielsweise der BFF-Typ «Getreide in weiten Reihen» als anrechenbares und beitragsberechtigtes Element neu allen Betrieben mit Ackerbau zur Verfügung stehen.

96

97

­

Grünland: Die Massnahmen in diesem Paket zielen zum einen darauf ab, die Übereinstimmung angemeldeter BFF-Typen mit dem Potenzial der Flächen zu verbessern. Dies soll insbesondere die Wahl zwischen den Typen «Extensive Wiese» und «Wenig intensive Wiese» verbessern. Dazu wird geprüft, über welche Massnahmen dies erreicht werden kann. Zudem sollen zur Förderung der Fauna bewährte Massnahmen wie Rückzugsstreifen und der Verzicht auf Mähaufbereiter auf allen BFF-Wiesentypen umgesetzt werden.

­

Biodiversitätsfördernde Kleinstrukturen: Neu soll die Erhaltung und Pflege von Kleinstrukturen (z. B. Tümpel und Steinhaufen) mit Biodiversitätsbeiträgen gefördert werden.

­

Biodiversitätsberatung: An Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter sollen Biodiversitätsbeiträge ausgerichtet werden, wenn sie Beratungsleistungen zum Thema Biodiversität in Anspruch nehmen. Verschiedene Studien belegen die positiven Effekte von Beratung auf die Biodiversität96 97. Durch die Ausrichtung von Biodiversitätsbeiträgen an die Beratungskosten sollen die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter unterstützt werden, die Biodiversitätspotenziale auf ihren Betrieben zu erkennen und besser auszuschöpfen.

Damit wird die Wirkung der Biodiversitätsbeiträge erhöht.

­

Besondere Biodiversitätsleistungen: Zur Förderung von besonderen Biodiversitätsleistungen sollen den Betrieben Zusatzbeiträge ausgerichtet werden können. Ein Beispiel einer solchen besonderen Leistung ist ein hoher Anteil an QII-Flächen.

­

Vereinfachung: Die bestehenden Regelungen sollen systematisch vereinfacht werden. Nachfolgend eine Auswahl der vorgesehenen Vereinfachungen: ­ Zusammenfassung der Blühelemente «Bunt- und Rotationsbrache» und «Saum auf Ackerfläche» zu einem BFF-Typ; ­ Vereinheitlichung der Verpflichtungsdauern bei QI auf 8 Jahre; ­ Vereinheitlichung der Anteile an Kleinstrukturen auf BFF, welche noch zur landwirtschaftlichen Nutzfläche gezählt werden; ­ Aufhebung der Beiträge für Einzelbäume und Alleen und nur noch Ausrichtung im Rahmen der neuen Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft (bisher Landschaftsqualitätsbeiträge).

Chevillat V., Stöckli S., Birrer S., Jenny M., Graf R., Pfiffner L., Zellweger-Fischer J.

(2017): Agricultural extension gives rise to greater proportions of biodiversity priority areas of higher quality [Mehr und qualitativ wertvollere Biodiversitätsförderflächen dank Beratung], Agrarforschung Schweiz, Vol. 8, Issue 6: 232­239.

Gabel V.M., Home R., Stolze M., Birrer S., Steinemann B., Köpke U. (2018): The influence of on-farm advice on beliefs and motivations for Swiss lowland farmers to implement ecological compensation areas on their farms, Journal of Agricultural Education and Extension, Vol. 24, Issue 3: 233­248.

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Von diesen sechs Massnahmenpaketen erfordern die Einführung von Zusatzbeiträgen für besondere Biodiversitätsleistungen sowie die Einführung von Beiträgen an die Beratungskosten im Bereich Biodiversität eine Änderung des LwG. Artikel 73 LwG soll entsprechend ergänzt werden (vgl. Ziff. 6.1).

Sömmerungsbetriebe Sömmerungsbetriebe sollen auch zukünftig die Voraussetzungen für das Sömmerungsgebiet nach Artikel 70b LwG erfüllen müssen, um Direktzahlungen zu erhalten. Diese Voraussetzungen sollen in den für die Biodiversität relevanten Punkten überprüft und gestärkt werden.

Der Typ «Artenreiche Grün- und Streueflächen im Sömmerungsgebiet» soll wie bisher weitergeführt werden.

Vernetzung Die Vernetzung soll ab 2025 über die Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft (Art. 76 E-LwG) gefördert (vgl. Ziff. 5.1.3.6). Noch laufende Vernetzungsprojekte werden maximal bis Ende 2024 weitergeführt oder verlängert. Danach entscheiden die Betriebe, ob sie die Massnahmen der RLS im Rahmen der Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft umsetzen wollen oder darauf verzichten. Voraussetzung ist, dass die Betriebsfläche in einem Perimeter mit einer RLS liegt.
Artikel 73 E-LwG

5.1.3.5

Produktionssystem- und Ressourceneffizienzbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Besonders naturnahe, umwelt- und tierfreundliche Produktionsformen werden heute mit Produktionssystembeiträgen gefördert. Mit Ressourceneffizienzbeiträgen werden spezifisch die nachhaltige Nutzung von Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft gefördert sowie die Effizienz beim Einsatz von Produktionsmitteln verbessert.

Die Ressourceneffizienzbeiträge sind zeitlich befristet.

Die Produktionssystembeiträge umfassen als gesamtbetriebliche Produktionsform den biologischen Landbau und als teilbetriebliche Produktionsformen die extensive Produktion, die GMF sowie die Tierwohlprogramme BTS und RAUS. Diese Programme werden mit Ausnahme der GMF, die mit der AP 14­17 per 2014 eingeführt wurden, seit 1999 angeboten.

Die Ressourceneffizienzbeiträge zur Förderung präziser Applikationstechniken für PSM, der schonenden Bodenbearbeitung und emissionsarmer Ausbringtechniken für Hofdünger wurden ebenfalls mit der AP 14­17 eingeführt. In den Folgejahren wurden die Beiträge auf die Ausrüstung von Spritzen mit einem Spülsystem zur Reinigung von PSM-Rückständen, die stickstoffreduzierte Phasenfütterung von Schweinen sowie die Reduktion von PSM im Obstbau, im Rebbau und im Zuckerrübenanbau ausgeweitet. Seit 2019 wird auch der herbizidlose Ackerbau mit Ressourceneffizienzbeiträgen gefördert.

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Die Produktionssystem- und Ressourceneffizienzbeiträge tragen im koordinierten Zusammenspiel mit gesetzlichen Anforderungen und dem ÖLN wesentlich zur Erreichung ökologischer Ziele bei. Es besteht aber noch Verbesserungspotenzial: Der Humusgehalt, entscheidender Faktor unter anderem für Bodenstruktur, Nährstoffnachlieferung und Wasserhaushalt, wird durch die bestehenden Anreize ungenügend gefördert. Obwohl heute die Ziellücken bei den Treibhausgasen und den Ammoniakemissionen besonders gross sind, gibt es bisher keine Förderung von entsprechenden emissionsarmen Produktionssystemen. Zudem sind die Anreize für eine Reduktion des PSM-Einsatzes bei den teilbetrieblichen Massnahmen zu gering.

Des Weiteren existiert bisher keine agrarpolitische Massnahme, die eine umfassende Gesundheit der Nutztiere fördert. Umfassend in diesem Kontext bedeutet «frei sein von Krankheiten» und «Achtung von Würde und Wohlbefinden» in Analogie zum Begriff der Humangesundheit, welchen die Weltgesundheitsorganisation in ähnlicher Weise definiert. Mit der Stärkung der Tiergesundheit wird eine langfristige Reduktion des Antibiotikaeinsatzes und damit eine Reduktion der Resistenzlage zugunsten der Bevölkerung sowie der Umwelt erreicht. In der Tiergesundheitsstrategie Schweiz 2010+98 und in der StAR wurde diesbezüglich Handlungsbedarf festgestellt.

Der «One Health»-Ansatz der StAR betrifft sowohl die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt. Nur ein gemeinsames Vorgehen kann die Wirksamkeit von Antibiotika erhalten. In den Bereichen Prävention und Investition in die Tiergesundheit gehen einige umliegende Länder weiter als die Schweiz. Auch schneidet die Schweiz im Vergleich zum europäischen Umfeld zum Beispiel in der Vertriebsstatistik von Antibiotika nur durchschnittlich ab. Die Menge an verkauften Antibiotika im Nutztierbereich ist zwar rückläufig. Dies ist aber mit Aufwand und Investitionen verbunden. Auf Ebene Bund widerspiegelt sich diese Entwicklung in einer stetig steigenden Anzahl von Projektinitiativen zur Verbesserung der Tiergesundheit.

Diese werden derzeit über zeitlich limitierte Programme im Rahmen der Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit und Ressourcenprogrammen basierend auf den Artikeln 77a und 77b LwG gefördert. Grundsätzlich werden gute Erfahrungen damit gemacht. Es bestehen jedoch grosse
Unterschiede in der Beteiligung an Gesundheitsförderung und Zielsetzung der Programme. Die Koordination zwischen einzelnen Programmen ist nur bedingt gegeben. Ebenso fehlen Programme, die auf langfristige Verbesserungen im Sinne eines präventiven Gesundheitsmanagements ausgerichtet sind.

Mit einer Weiterentwicklung der Produktionssysteme soll der Anreiz zur Senkung des ökologischen Fussabdrucks und zum Schutz der natürlichen Ressourcen weiter verstärkt und damit ein zusätzlicher Beitrag zur Erreichung der UZL im Bereich Ressourcenschutz und der Ziele des AP PSM geleistet werden.

Ein weiterer Handlungsbedarf besteht in der flexiblen Ausgestaltung der Anreizprogramme. Es sollen vermehrt ergebnisorientierte Massnahmen umgesetzt werden, die nach der erbrachten Leistung entschädigt werden.

98

Die Strategie ist abrufbar unter: www.blv.admin.ch > Das BLV > Strategien > Tiergesundheitsstrategie Schweiz.

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Produktionssystembeiträge bieten Synergien für die Vermarktung einer umweltschonenden landwirtschaftlichen Produktion. Durch Labels, die auf Produktionssystembeiträgen aufbauen, wird die Anreizwirkung für die Produzentinnen und Produzenten erhöht. Die Produktionssystembeiträge bleiben aber subsidiär. Dieser Synergie mit den Märkten soll bei der Ausgestaltung der Produktionssystembeiträge Beachtung geschenkt werden, damit diese Beiträge eine nachhaltig produzierende und mehrwertgenerierende Landwirtschaft fördern.

Beantragte Neuregelung Die Produktionssystembeiträge sollen im Grundsatz weitergeführt und weiterentwickelt werden. Die Umsetzung der verschiedenen Massnahmen ist zum grössten Teil für das Jahr 2022 geplant. Je nach Fortschritt der Arbeiten kann die Umsetzung bei einzelnen Massnahmen auch später erfolgen.

Produktionssystembeiträge für gesamtbetriebliche Produktionsformen: Die Beiträge für die biologische Landwirtschaft bleiben unverändert. Die Betriebe, die diese erhalten, können sich zusätzlich an den verschiedenen Massnahmen beteiligen, die im Rahmen der Beiträge für teilbetriebliche Produktionssysteme möglich sind.

Ausgenommen ist aktuell einzig die Massnahme «Parzellen mit Produktionsmitteln gemäss Bio-Verordnung».

Der Produktionssystembeitrag für teilbetriebliche Produktionsformen wird weiterentwickelt. Es sollen neu die drei teilbetrieblichen Produktionssysteme Ackerbau, Spezialkulturen und Nutztierhaltung gefördert werden. Damit soll eine Verbesserung der ökologischen Effektivität der Massnahmen und gleichzeitig mehr Flexibilität für die Landwirtinnen und Landwirte erreicht werden. Konkret sollen folgende Leistungen und Anstrengungen stärker gefördert werden: ­

Produktion mit reduzierter PSM-Anwendung

­

Humusaufbau zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit

­

Reduktion der Nährstoffverluste

­

Förderung der funktionellen Biodiversität

­

Reduktion der Treibhausgas- und Ammoniakemissionen (Klima)

­

Stärkung der Tiergesundheit

Die Weiterentwicklung der Produktionssystembeiträge ist Teil des Massnahmenpakets, das als Alternative zur Trinkwasserinitiative vorgeschlagen wird (vgl.

Ziff. 4.2.4).

Damit die ökologische Effektivität der Massnahmen verbessert wird, sollen die finanziellen Mittel, die für die Produktionssystembeiträge vorgesehen sind, erhöht werden. Agroscope hat die Ausgestaltung und Wirkung der Versorgungssicherheitsbeiträge evaluiert und dabei aufgezeigt, dass die heutige Kalorienproduktion auch mit weniger Mitteln erreicht werden kann (vgl. Ziff. 5.1.3.3). Die aufgrund der Reduktion der Versorgungssicherheitsbeiträge freiwerdende Mitteln (ca. 300 Mio.

Fr.) sollen deshalb in die Produktionssystembeiträge umgelagert und damit zielgerichteter eingesetzt werden.

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Tabelle 13 Produktionssystembeiträge: abgedeckte Zielbereiche Zielbereich

Produktionssystem Ackerbau

Produktionssystem Spezialkulturen

Pflanzenschutz

x

x

Bodenfruchtbarkeit

x

x

Nährstoffe

x

Funktionelle Biodiversität

x

x

Klima

x

x

Tiergesundheit

Produktionssystem Nutztierhaltung

x

x x

Die Massnahmen, die ab 2022 im Rahmen der Produktionssystembeiträge umgesetzt werden sollen, wurden in enger Zusammenarbeit mit Produzentenorganisationen, Kantonen, Umweltorganisationen, Kontrollstellen, Forschungsstellen und weiteren betroffenen Kreisen erarbeitet. Zwischen Februar und August 2019 wurden 12 Workshops organisiert und die Massnahmen mit rund 60 Stakeholdern definiert.

In den Workshops wurden insbesondere die Wirkung, Umsetzbarkeit und Vollziehbarkeit der Massnahmen geprüft. Dank dieser konstruktiven Zusammenarbeit konnten für die verschiedenen Teile des Systems (nachfolgend Module genannt; vgl.

Tabelle 13) spezifische Massnahmen für die Einführung ab 2022 definiert werden.

Das System wird in Zukunft weiterentwickelt werden.

Um eine systematische Abdeckung der Ziele zu gewährleisten, kann der Bundesrat Mindestbeteiligungen pro Produktionssystem und Modul festlegen.

Produktionssysteme im Pflanzenbau: PS Ackerbau (PSAB) und PS Spezialkulturen (PSSK) Für jedes Modul wurden Massnahmen definiert und integriert, um die Umweltkosten der Produktion zu reduzieren, ohne diese zu beeinträchtigen. Dabei wurde besonders darauf Wert gelegt, innovative Ansätze und positive Wechselwirkungen zwischen den Massnahmen zu fördern: So entfaltet beispielsweise die Förderung der Bodenfruchtbarkeit durch Erhöhung des Humusgehalts eine erhebliche positive Wechselwirkung innerhalb des Moduls «Klima». Dieser systemische Ansatz ergänzt die Bestimmungen des ÖLN, die auf dem gleichen Konzept beruhen, sowie den AP PSM, wodurch Synergien geschaffen werden. Viele Label arbeiten ähnlich und es wird erwartet, dass dieses Konzept in Zukunft die Bündelung von Massnahmen erleichtern wird. Dieses Paket von Bestimmungen soll der Landwirtschaft helfen, ihre Umweltziele zu erreichen.

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Abbildung 8 Übersicht Produktionssystem Ackerbau

MA = Massnahme Produktionssystem Ackerbau Schraffierte Felder = gemeinsame Massnahme PS Ackerbau und PS Spezialkulturen

Abbildung 9 Übersicht Produktionssystem Spezialkulturen

MS = Massnahme Produktionssystem Spezialkulturen Schraffierte Felder = gemeinsame Massnahme PS Ackerbau und PS Spezialkulturen

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In der Folge wird pro Modul beschrieben, welche Massnahmen in das PSAB und in das PSSK Eingang gefunden haben: Modul Pflanzenschutz PSAB: Anreiz für den vollständigen oder teilweisen Verzicht auf PSM.

­

MA1: vollständiger oder teilweiser Verzicht auf Insektizide, Fungizide und Halmverkürzer während der Hauptkulturphase;

­

MA2: vollständiger oder teilweiser Verzicht auf Herbizide; gezielte Unkrautbekämpfungsmassnahmen zwischen und in den Reihen haben in gewissen Fällen das Potenzial, PSM erheblich zu reduzieren: Daher wurde ein Anreiz für den teilweisen Verzicht bei bestimmten Kulturen berücksichtigt.

Die Anmeldung für Beiträge erfolgt pro Jahr und pro Kultur. Die Beiträge werden flächenbezogen nach Risiko und Ausmass des möglichen Ertragsverlustes der Kultur ausgerichtet.

Um das System zu vereinfachen und eine ausreichende Effizienz der Massnahmen zu gewährleisten, erfolgt die Beteiligung auf Ebene der Kultur anstatt auf Ebene der Parzelle.

PSSK: Spezialkulturen zeichnen sich durch sehr hohe finanzielle Erträge und eine ausgeprägte Marktunverträglichkeit gegenüber Mängeln bei den Produkten (Obst, Gemüse) aus. Um einen Anreiz für einen reduzierten Pflanzenschutz zu bieten, ist es notwendig, einen Teil des damit verbundenen finanziellen Risikos abzufedern. Bei mehrjährigen Kulturen mit einer langfristigen Verpflichtung (mind. 4 Jahre) und einem Mindestanteil an Flächen, die für die verschiedenen Massnahmen angemeldet sind (mind. 10 %), ist eine Teilnahme auf Ebene Parzelle ohne Beeinträchtigung des Systems möglich. Bei Gemüsekulturen, deren Fruchtfolgen eng und von kurzfristigen Marktbewegungen abhängig sind, ist die Teilnahme nach Pflanzenfamilien möglich.

Folgende Massnahmen sollen umgesetzt werden: ­

MS1a: Verzicht auf Insektizide und Akarizide für den Reb- und Gemüsebau;

­

MS1b: Verzicht auf Insektizide, Akarizide und Fungizide nach der Blüte im Obst- und Rebbau (erlaubt bleiben Produkte, die in der biologischen Landwirtschaft zugelassen sind);

­

MS2: vollständiger Verzicht auf Herbizide im Reb-, Obst- und Gemüsebau.

Bei Letzterem soll auch ein teilweiser Verzicht zwischen den Reihen möglich sein;

­

MS9: beim Obst- und Rebbau Behandlung der Parzelle ausschliesslich mit Produkten, die in der biologischen Landwirtschaft zugelassen sind. Dieser Ansatz fördert den schrittweisen Übergang zu ganzheitlicheren und anspruchsvolleren Produktionssystemen wie der biologischen Landwirtschaft.

Dieser Beitrag ist deshalb zeitlich befristet.

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Modul Funktionale Biodiversität ­

MA3, MS3: Im Ackerbau (PSAB) und in Spezialkulturen (PSSK) wird das Anpflanzen von Nützlingsstreifen unterstützt. Die Massnahme zielt darauf ab, die Anzahl der natürlichen Feinde der Schädlinge zu erhöhen, und trägt damit dazu bei, den Schädlingsdruck auf die Kulturen zu verringern. Dies soll die Widerstandsfähigkeit des Agrarökosystems verbessern und den Pflanzenschutz vereinfachen.

Modul Boden Das PSAB und das PSSK ermöglichen die Wahl zwischen zwei alternativen Programmen, die bezwecken, die Bodenfruchtbarkeit zur erhalten und zu erhöhen, indem hauptsächlich auf den Humusgehalt Einfluss genommen wird: ­

MA4, MS4: Erstellung einer Humusbilanz und Umsetzung der gewählten Massnahmen. Es geht darum, die Entwicklung des Humusgehalts anhand einer von Agroscope entwickelten Informatiklösung zu überprüfen. Dieses einfache und anwenderfreundliche Programm wird den Bewirtschaftenden zur Verfügung gestellt. Es werden Daten für jede Parzelle des Betriebs erfasst. Die Verpflichtungsdauer beträgt sechs Jahre. Der Beitrag wird jährlich ausgerichtet und ein zusätzlicher Beitrag kann in Abhängigkeit vom Gesamtergebnis am Ende der Verpflichtungsperiode gewährt werden. Bei den Spezialkulturen können nur Gemüsekulturen teilnehmen.

­

MA5, MS5: Umsetzung spezifischer Massnahmen. Es handelt sich um definierte Massnahmen zur Förderung der Bodenfruchtbarkeit auf allen Parzellen des Betriebs für einen Zeitraum von sechs Jahren. Zu den geplanten Massnahmen gehören eine minimale Bodenbearbeitung, das Anlegen von Bodenbegrünungen und eine vielfältige Fruchtfolge. Bei den Spezialkulturen soll das Anlegen von Bodenbegrünungen und zusätzliche spezifische Einträge organischer Substanz gefördert werden, dies jedoch ausschliesslich für den Gemüse- und Rebbau.

­

MS10: Die Spezialkulturen (PSSK) verbrauchen naturgemäss viele natürliche Ressourcen. Im Hinblick auf den Klimawandel wird ein Anreiz für eine präzise Wasserbewirtschaftung vorgeschlagen. Dazu gehört die Unterstützung der Installation und der Nutzung von Boden- und Blattsensoren in Verbindung mit Wasser-Management-Systemen. Vorgesehen ist eine Kombination aus Investitionskrediten für den Erwerb der Installationen (fakultativ) und einem zeitlich begrenzten jährlichen Unterhaltsbeitrag. Vorgesehen sind spezifische Teilnahmebedingungen für den Obst-, Gemüse- und Rebbau.

Beim Weinbau wird eine erhebliche positive Wechselwirkung auf die Begrünung in trockenen Regionen erwartet.

Modul Klima ­

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MA6, MS6: Eine Verringerung des Einsatzes von stickstoffhaltigen Mineraldüngern führt zu einer erheblichen Reduzierung der Treibhausgase (Reduzierung der Lachgasemissionen). Bewirtschaftende, die Stickstoffdünger besonders effizient einsetzen, sollen von einem spezifischen Flächenbeitrag

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profitieren. Die Effizienz der Stickstoffnutzung wird mit der Düngerbilanz gemessen. Es ist geplant, einen gestaffelten Beitrag für Düngerbilanzen ab einer Deckung des Stickstoffbedarfs von weniger als 95 Prozent auszurichten. Die Beiträge für diese Massnahme sind für den Acker- und den Gemüsebau vorgesehen.

­

MA7, MS7: Vorgesehen ist ein Beitrag zur Reduktion des Einsatzes fossiler Energien. Die Massnahme soll die Landwirtschaft bei der gegenwärtigen Energiewende unterstützen. Geplant ist eine Kombination aus Investitionskrediten (fakultativ), die den Ersatz der fossil betriebenen Maschinen erleichtert, und zeitlich begrenzten PSAB- und PSSK-Beiträgen im Zusammenhang mit der Nutzung dieser neuen Technologien.

­

MA8, MS8: Die Agrarforstwirtschaft soll gefördert werden. Sie betrifft sowohl den Ackerbau als auch die Spezialkulturen. Die gezielte Kombination von Bäumen und Kulturpflanzen hat unter den hiesigen Bedingungen positive Auswirkungen, die beispielsweise in einer Studie von Agridea nachgewiesen wurden. Es ist ein Beitrag pro angelegte Fläche (Streifen mit regelmässigem Baumbestand) vorgesehen.

Produktionssystem Nutztierhaltung Mit dem Produktionssystem Nutztierhaltung sollen die Ziellücken im Bereich der natürlichen Ressourcen und des Klimas reduziert und die Tiergesundheit inklusive Tierwohl gefördert werden.

Angestrebt werden eine standortangepasste Fütterung und standortangepasste Tierbestände. Weiter sollen Anreize zur Senkung der Ammoniak- und Treibhausgasemissionen geschaffen werden.

Abbildung 10 Übersicht Produktionssystem Nutztierhaltung

MN = Massnahme Produktionssystem Nutztierhaltung

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Modul Ressourcen MN1: Begrenzung der Rohproteinzufuhr Die Evaluation der bestehenden Kriterien der GMF zeigte die ungenügende Wirkung im Bereich des Kraftfuttereinsatzes, des Grasanteils sowie beim Silomaisanteil in der Wiederkäuerproduktion auf. Ein weiterer Schwachpunkt des GMFProgramms ist die geringe Kontrollierbarkeit der Auflagen. Deshalb soll mit einer abgestuften Begrenzung der Rohproteinzufuhr eine einfachere und besser kontrollierbare Massnahme eingeführt werden. Weiter wird damit die Limitierung des Einsatzes von Mais in der Wiederkäuerfütterung hinfällig, da diese durch die Begrenzung der Eiweisszufuhr geregelt wird.

Die Proteinversorgung der Tiere soll primär mit den betriebseigenen Futtermitteln sichergestellt werden. Dabei werden regionale Zusammenarbeitsformen geprüft, um den Austausch von eiweissreichen Futtermitteln innerhalb einer Region zu ermöglichen. Der Energieausgleich der Futterration soll bei allfälligen Proteinüberschüssen wie beispielsweise während der Weidesaison gewährleistet werden. Um die GMF weiterhin zu fördern, erfolgt die Beitragsausrichtung pro Hektare Grünland.

Modul Ammoniak MN2: Reduktion Ammoniakemissionen Mit der Massnahme «Reduktion Ammoniakemissionen» sollen Anreize für landwirtschaftliche Betriebe geschaffen werden, ihre Ammoniakemissionen gezielt zu senken. Im Sinne eines ergebnisorientierten Instruments sind die Landwirte und Landwirtinnen in der Wahl der Massnahmen frei. Massgebend für die Beiträge sind die gesamtbetrieblichen Emissionen. Beiträge sollen sowohl für die Reduktion der Emissionen als auch für ein bestehendes tiefes Emissionsniveau ausgerichtet werden. Bei der Berechnung der Emissionen werden nur Massnahmen berücksichtigt, deren Wirkung wissenschaftlich nachgewiesen ist, die über die rechtlichen Vorschriften hinausgehen und die gut kontrollierbar sind. Die Möglichkeiten zur Emissionsreduktion werden laufend dem neuesten Stand der Forschung angepasst. Die Emissionen werden im Grundsatz mit einem IT-Tool ähnlich «Agrammon» berechnet.

Modul Tiergesundheit Als Ergänzung zu den Massnahmen für das Tierwohl (vgl. MN4) soll neu ein zweistufiges Anreizprogramm «Tiergesundheit» eingeführt werden, das auf das Tierverhalten, die Haltungsbedingungen, die Fütterung, die Vermeidung von Stresssituationen, die medizinisch messbare Gesundheit und einen
angemessenen Einsatz von Tierarzneimitteln einwirkt. Einerseits hat das Programm eine massnahmenorientierte Komponente für Landwirte und Landwirtinnen, welche Unterstützung bei der Gesundheitsförderung in Anspruch nehmen wollen. Andererseits hat es eine ergebnisorientierte Komponente, die den effektiven Tiergesundheitsstatus in den einzelnen Betrieben aufzeigt und bei besonders guten Leistungen honoriert. Diese Komponenten sind unabhängig voneinander. Tiergesundheitsbeiträge werden bis zu einem definierten Höchstbetrag ausbezahlt.

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MN3: Tiergesundheit Stufe Massnahmen Massnahmen werden im Bereich der Prävention und Grundlagenverbesserung zur Stärkung der Tiergesundheit vorgeschlagen. Dazu sollen keine neuen Handlungsanweisungen von Seiten Bund ausgearbeitet werden. Vielmehr soll die Teilnahme von Betrieben an umfassenden, teilweise bereits im Grundsatz existierenden, vorwiegend präventiv wirkenden Angeboten, welche betriebsindividuelle Massnahmen aufzeigen, mit Direktzahlungen gefördert werden (z. B. Bestandesbetreuung, Gesundheitsdienste; nachfolgend private Massnahmenprogramme genannt). Für diese Zielsetzung müssen die privaten Massnahmenprogramme eine Reihe von Anforderungskriterien erfüllen, um im Bereich Wiederkäuer, Schweine oder Geflügel vom BLW anerkannt zu werden. Landwirte und Landwirtinnen, die an diesen Massnahmenprogrammen teilnehmen und betriebsspezifische Massnahmen umsetzen, erhalten einen zu definierenden Anteil der anfallenden Kosten bis zu einem bestimmten Maximalbetrag pro Betrieb. Sie können ein für ihren Betrieb passendes Massnahmenprogramm aus der Liste der anerkannten privaten Massnahmenprogramme auswählen.

Der Bund schreibt keine auf dem Betrieb umzusetzenden Massnahmen vor. Die Wirkung der privaten Massnahmenprogramme wird über einen alle vier Jahre zu erbringenden Wirkungsnachweis und jährliche Zwischenberichte sichergestellt.

Dieses Modell hat den Vorteil, dass bewährte private Initiativen, allenfalls mit entsprechenden Erweiterungen oder Anpassungen, fortgeführt werden und die Attraktivität der Prävention durch die Kostenbeteiligung des Bundes gesteigert wird.

Anerkannte private Massnahmenprogramme profitieren somit vom Zugang zu einem breiteren Kundenkreis, wodurch eine grössere Wirkung erzielt werden kann.

MN3: Tiergesundheit Stufe Ergebnisse Betriebe, die auf eigenen Wegen oder mit unterstützenden Massnahmen eine besonders gute Gesundheit ihrer Nutztiere, die über den gesetzlichen Anforderungen liegt, erreichen, sollen Beiträge erhalten. In dieser Stufe werden keine Massnahmen vorausgesetzt und keine Handlungsanweisungen erteilt. Ein Set von Indikatoren stellt den Tiergesundheitszustand des Bestandes objektiv fest. Das BLW legt in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) einen Zielwert für diese Indikatoren fest. Betriebe, die das gesetzte Ziel
erreichen, können Beiträge beantragen. Diese Stufe honoriert vom Landwirt oder der Landwirtin erbrachte Leistungen zur Stärkung der Tiergesundheit und gilt den dafür erbrachten Mehraufwand ab.

Die Tiergesundheitsindikatoren werden im Rahmen eines 2019 gestarteten und voraussichtlich 2021 beendeten Forschungsprojektes ausgearbeitet. Die Stufe Ergebnisse wird deshalb erst nach Beendigung des Forschungsprojektes, frühestens 2024, eingeführt.

Im Rahmen der Schaffung der Grundlagen für diese Tiergesundheitsbeiträge im LwG sollen auch im TSG entsprechende Bestimmungen geschaffen werden (vgl.

Ziff. 5.3).

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MN4: Tierwohl Die Massnahme Tierwohl beinhaltet die beiden besonders tierfreundlichen Produktionsformen RAUS und BTS. Diese werden in der bisher bestehenden Form weitergeführt.

Der Weideanteil soll, insbesondere beim Rindvieh, mit einem Zusatzbeitrag pro GVE im RAUS-Programm erhöht werden. Der Zusatzbeitrag soll ausbezahlt werden, wenn alle auf einem Betrieb vorhandenen Kategorien einer Tierart die RAUSAnforderungen einhalten. Zudem muss das Futter während der Vegetationsperiode weitestgehend durch die Weide aufgenommen werden.

Modul Klima MN5: Nutzungsdauer Kühe Gemäss der Studie von Agroscope «Ökologische und ökonomische Bewertung von Klimaschutzmassnahmen zur Umsetzung auf landwirtschaftlichen Betrieben in der Schweiz»99 sind Methanemissionen aus der Rinderhaltung eine bedeutende Emissionsquelle. Die Reduktion dieser Emissionen kann die Treibhauswirkung eines Betriebs deutlich senken. Die Erhöhung der Anzahl Laktationen wird darin als zielführende Massnahme identifiziert, die auch aus ökonomischer Sicht vorteilhaft ist. Mit einem Beitrag für eine überdurchschnittliche Anzahl Abkalbungen pro Kuh innerhalb eines Betriebes kann die Nutzungsdauer der Kühe und damit die Reduktion der Treibhausgasemissionen gefördert werden. Durch eine Erhöhung der Nutzungsdauer der Kühe um zwei Laktationen auf einem Milchproduktionsbetrieb resultiert ein Einsparungspotenzial bei den Methanemissionen von schätzungsweise 20 Prozent. Heute liegt die durchschnittliche Nutzungsdauer bei den Milchkühen bei rund 3,9 Laktationen pro Kuh.

Die bisher mit Ressourceneffizienzbeiträgen geförderten Techniken und Verfahren sollen in die neuen teilbetrieblichen Produktionssystembeiträge integriert werden (vgl. Tabellen 14 und 15).

Tabelle 14 Übersicht teilbetriebliche Produktionssystembeiträge (PSB) Beitrag AP 14­17 und AP 18­21

Beitrag AP22+

PSB für extensive Produktion von Überführung in Produktionssystem Getreide, Sonnenblumen, Eiweisserbsen, Ackerbau Ackerbohnen, Lupinen und Raps (Zielbereich Pflanzenschutz) PSB für GMF

Überführung in Produktionssystem Nutztierhaltung

PSB für BTS

Überführung in Produktionssystem Nutztierhaltung

99

Agroscope Science, Nr. 29, 2015.

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PSB für RAUS

Überführung in Produktionssystem Nutztierhaltung Zusätzliche Förderung von mehr Weidehaltung Tabelle 15

Übersicht Ressourceneffizienzbeiträge (REB) Beitrag AP 14-17 und AP 18-21

Beitrag / Anforderung AP22+

REB für den Herbizidverzicht auf offener Ackerfläche (seit 1. Jan. 2019)

Überführung in Produktionssystem Ackerbau

REB für die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln im Obstbau, im Rebbau und im Zuckerrübenanbau

Überführung in: Produktionssystem Spezialkulturen Produktionssystem Ackerbau

REB für schonende Bodenbearbeitung

Überführung in Produktionssystem Ackerbau

REB für emissionsmindernde Ausbringverfahren

Integration in LRV; ÖLN

REB für den Einsatz von präziser Applikationstechnik

ÖLN-Anforderung: umweltschonender Pflanzenschutz

REB für die Ausrüstung von Spritzen mit einem Spülsystem mit separatem Spülwasserkreislauf zur Reinigung von Geräten für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln REB für die stickstoffreduzierte Phasenfütterung von Schweinen

ÖLN-Anforderung: Begrenzung der Nährstoffverluste

Auf Gesetzesebene soll Artikel 75 Absatz 1 Buchstabe b LwG geändert werden, damit auch ergebnisorientierte Elemente, wie eine Reduktion der Ammoniakemissionen in die Produktionssystembeiträge integriert werden können. Zudem soll im Gesetz nicht mehr explizit ein Beitrag pro Hektare vorgeschrieben werden, da ein Beitrag für eine ergebnisorientierte Massnahme teilweise pro Betrieb ausgewiesen wird. Es ist davon auszugehen, dass nach einer Einführungsphase von mehreren Jahren mit finanzieller Unterstützung die erforderlichen Techniken und Maschinen etabliert sind und eingesetzt werden. Sie sind nun Bestandteil der umweltschonenden guten Landwirtschaftspraxis, die im ÖLN gefordert wird. Die bisher geförderten Massnahmen der Ressourceneffizienzbeiträge werden entweder in den ÖLN oder in die LRV integriert (z. B. Förderung des Schleppschlauchs) oder in die Produktionssystembeiträge überführt. Artikel 76 LwG wird aufgehoben. Damit wird das System vereinheitlicht, da umweltschonende, ressourceneffiziente Produktionsformen nur noch über einen Beitragstyp (Produktionssystembeiträge) gefördert werden. Die Möglichkeit einer Förderung umweltschonender, ressourceneffizienter Techniken

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und Einrichtungen soll mit den Strukturverbesserungen (Art. 87a Abs. 1 Bst. d Ziffer 1 E-LwG) oder mit Produktionssystembeiträgen unterstützt werden können.

Die neuen Beiträge für teilbetriebliche Produktionsformen bieten eine gute Grundlage, damit die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft ihre Marktposition als Anbieterin von hochwertigen, umweltschonend und in der Region produzierten Nahrungsmitteln weiter ausbauen kann.
Artikel 75 Absatz 1 Buchstaben b und d sowie 76 E-LwG

5.1.3.6

Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen und -standorte in der Schweiz unterscheiden sich kleinräumig stark. Viele Herausforderungen insbesondere im Umweltbereich bedingen neben einem spezifischen betrieblichen auch ein überbetrieblich koordiniertes Vorgehen. Diese Herausforderungen müssen in der Regel regional angegangen werden. Bereits heute verfügt die Agrarpolitik deshalb neben Instrumenten mit nationalen oder gesamtsektoralen Zielsetzungen (z. B. Grenzschutz oder Versorgungssicherheitsbeiträgen) über verschiedene Förderinstrumente, die standortspezifische oder regionale Zielsetzungen verfolgen und entsprechende Massnahmen umsetzen. Die Finanzhilfen des Bundes im Rahmen dieser Instrumente werden in Form von Direktzahlungen oder Investitionshilfen gewährt und setzen in der Regel bewilligte Projekte auf regionaler Ebene voraus (z. B. Landschaftsqualitätsprojekte oder Vernetzungsprojekte im Bereich Biodiversität).

Mit Artikel 104a Buchstabe b BV wurde die standortangepasste Lebensmittelproduktion in der BV verankert (vgl. Ziff. 4.2.3.1). Insbesondere im Umweltbereich besteht Handlungsbedarf zur stärkeren Standortanpassung der Lebensmittelproduktion. Wie im Bericht des Bundesrates in Beantwortung des Postulats Bertschy 13.4284 dargelegt, ist dieser Handlungsbedarf regional unterschiedlich ausgeprägt.

Eine regional differenzierte Herangehensweise ist daher angezeigt.

Die bestehenden standort- beziehungsweise regionalspezifischen Förderinstrumente wurden in unterschiedlichen agrarpolitischen Reformetappen entwickelt und etabliert. Sie sind daher konzeptionell nur teilweise aufeinander abgestimmt und unterscheiden sich nicht nur bezüglich der inhaltlichen Zielsetzungen, sondern auch in ihrer Ausgestaltung. So sind beispielsweise die Vollzugsorganisation, die Finanzierung oder die Anforderungen an die Projekte je nach Instrument unterschiedlich geregelt. Aufgrund teilweise überlappender Projektperimeter liegen die Flächen eines Betriebs in verschiedenen Projektperimetern, was administrativen Aufwand für die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter und die Kantone verursacht. Zudem werden inhaltliche Synergien auf regionaler Ebene, beispielsweise zwischen der regionalen Biodiversitätsförderung und der Förderung der Landschaftsqualität, nur teilweise genutzt. Da
sich die Herausforderungen für die Standortanpassung der Landwirtschaft regional unterscheiden, ist eine integrale und stärker regionale Entwicklung und Umsetzung von Fördermassnahmen zweckmässig.

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Beantragte Neuregelung Die bestehenden Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsbeiträge (Art. 73 Abs. 3 und 74 LwG) sollen in einem neuen projektbasierten Beitrag zur Förderung einer standortangepassten Landwirtschaft (BSL) zusammengefasst werden (Art. 76 E-LwG).

Die bisher mit separaten Projekten unterstützten Zielsetzungen Vernetzung und Landschaftsqualität sollen so neu in themenübergreifenden Projekten gefördert werden. Damit sollen inhaltliche Synergien besser genutzt, Doppelspurigkeiten abgebaut sowie der administrative Aufwand für die Landwirtschaft reduziert und der Vollzug für die Kantone vereinfacht werden. Trägerschaften, Laufzeiten und Perimeter der Projekte werden harmonisiert.

Zudem sollen mit den projektbasierten BSL neu auch regional differenzierte Massnahmen im Bereich nachhaltige Ressourcennutzung unterstützt werden. Damit sollen regionale Defizite im Agrarumweltbereich gezielt angegangen und ein Beitrag zur besseren Erreichung der UZL geleistet werden.

Die BSL stellen eine gezielte Ergänzung der national ausgestalteten Biodiversitätsbeiträge und der Produktionssystembeiträge dar. Die Massnahmen der BSL werden kohärent auf diese beiden nationalen Instrumente abgestimmt. Insgesamt wird mit den BSL die Standortangepasstheit der Landwirtschaft verbessert, indem eine möglichst optimale Nutzung der standortspezifischen Potenziale im Bereich Biodiversität und Landschaftsqualität sowie die Schliessung von regionalen Ziellücken im Umweltbereich gefördert werden.

Voraussetzung für die Ausrichtung der projektbezogenen BSL ist das Vorliegen einer durch den Bund bewilligten RLS. In der RLS müssen Ausgangslage, Ziele, Massnahmen und Beiträge in folgenden Themenbereichen beschrieben beziehungweise festgelegt und aufeinander abgestimmt sein: ­

Biodiversität auf regionaler Ebene: Grundlage bilden die heutigen Vernetzungsprojekte. Aufbauend auf den bereits bestehenden Projekten sollen von den Kantonen oder Trägerschaften die regional- oder standortspezifischen Ziele (Arten, Flächen- bzw. Strukturziele) und die entsprechenden Massnahmen überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. In Ergänzung zu den Biodiversitätsbeiträgen nach Artikel 73 LwG werden mit BSL Biodiversitätsmassnahmen gefördert, die regionalen Koordinationsbedarf voraussetzen, Lagekriterien berücksichtigen und bedarfsweise auch die Neuanlage von Strukturelementen umfassen. Die Ziele und Massnahmen sind auf den Aufbau der ökologischen Infrastruktur in den Kantonen abzustimmen.

­

Landschaftsqualität: Aufbauend auf den laufenden Landschaftsqualitätsprojekten sollen von den Kantonen oder Trägerschaften regionale Ziele und Massnahmen zur Stärkung der Landschaftsqualität und von vielfältigen Kulturlandschaften definiert werden. Im Zentrum steht die Überprüfung und allenfalls Aktualisierung der bestehenden Zielsetzungen und Massnahmen vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung der Landschaftspolitik des Bundes, beispielsweise mit der laufenden Überarbeitung des Landschaftskonzepts Schweiz oder der in Erarbeitung stehenden interdepartementalen Strategie Baukultur.

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­

Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen: Es soll aufgezeigt werden, wo die Region bei der Erreichung der UZL in den Bereichen Boden, Wasser und Luft/Klima steht. Auf dieser Basis sind für identifizierte Defizitbereiche ambitionierte Ziele zu definieren. Abgestimmt auf diese Zielsetzungen sollen Massnahmen zur gezielten Verbesserung der Ressourcennutzung festgelegt werden. Die Massnahmen können entweder auf den einzelnen Modulen der Produktionssystembeiträge aufbauen und deren Wirkung so regional verstärken (vgl. Ziff. 5.1.3.5) oder weitere regionsspezifische Massnahmen umfassen. Zudem können Massnahmen aus Projekten nach Artikel 62a GSchG unterstützt werden, wenn diese einen Beitrag zur Zielerreichung leisten. Höhere Anforderungen im Rahmen des regionalisierten ÖLN (vgl. Ziff. 5.1.3.2) werden nicht mit Direktzahlungen finanziell unterstützt. Eine Abgeltung von Massnahmen der Landwirtschaft auf Basis von Artikel 62a GSchG ist möglich.

Bestehen in den drei Themenbereichen übergeordnete Konzepte, wie beispielsweise Vorgaben zur ökologischen Infrastruktur oder zur Luftreinhaltung, so sind diese bei der Situationsanalyse und der Zielformulierung in den RLS zu berücksichtigen. Die UZL bilden den Referenzrahmen zur Bestimmung des regionalen Handlungsbedarfs.

Insbesondere ist aufzuzeigen, in welchem Zeitrahmen mit welchen Massnahmen die UZL auf regionaler Ebene erreicht werden sollen. Im Bereich der Massnahmen ist vorgesehen, den Trägerschaften von Seiten Bund ein Set von BSL-Massnahmen mit einheitlichen Förderparametern (z. B. Beitragshöhe, Auflagen, Kontrollpunkte) zur Auswahl zur Verfügung zu stellen. Beispielsweise sollen im Bereich Landschaftsqualität Massnahmen ins Bundesset aufgenommen werden, die in vielen Landschaftsqualitätsprojekten ähnlich umgesetzt werden (z. B. blühende Hauptkulturen oder vielfältige Fruchtfolge). Neben den vorgeschlagenen Massnahmen im BSLBundesset haben die regionalen Trägerschaften oder Kantone die Möglichkeit, weitere ergänzende Massnahmen vorzuschlagen.

Die BSL werden durch Bund und Kantone gemeinsam finanziert, wobei der Bund maximal 90 Prozent der ausgerichteten Beiträge übernimmt. Die Laufzeit der Projekte beträgt analog zur heutigen Regelung in den Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekten acht Jahre. Für den Vollzug der Massnahmen auf Ebene der beteiligten Betriebe sind die Kantone zuständig. Auf Ebene der teilnehmenden Regionen erfolgt ein Wirkungsmonitoring anhand themenspezifisch im Rahmen der Strategieerarbeitung definierter Zielindikatoren. Anhand dieser Zielindikatoren wird die Zielerreichung am Ende der Projekt-Laufdauer gemessen. Der Grad der Zielerreichung bildet die Grundlage für die Ausrichtung eines Teils der Beiträge sowie für die Bewilligung einer weiteren Laufzeit. Aufgrund der regional bestehenden Ziellücken im Umweltbereich ist es wichtig, dass schweizweit möglichst flächendeckend Projekte umgesetzt werden. So kann sichergestellt werden, dass mit den BSL gezielt die regional wirkungsvollsten Massnahmen zur Standortanpassung der Landwirtschaft finanziert und umgesetzt werden können. Die finanziellen Anreize sind entsprechend zu bemessen (vgl. Ziff. 7.4.4).

Die BSL sollen ab 2025 ausgerichtet werden. Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsbeiträge werden demnach maximal bis Ende 2024 ausgerichtet. Noch laufende Projekte und Beiträge werden bis zu diesem Zeitpunkt nach bisherigem Recht wei4072

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tergeführt (vgl. Art. 187e E-LwG). Damit kann ein geordneter Übergang von den heutigen projektbasierten Direktzahlungsbeiträgen zum neuen System sichergestellt werden. Zudem steht den Kantonen ausreichend Zeit für die Erarbeitung von RLS zur Verfügung. Die Erarbeitung soll auf Grundlage des neu eingeführten Artikel 87a Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 4 E-LwG finanziell unterstützt werden können (vgl.

Ziff. 5.1.5.1).

Im Hinblick auf die Ausarbeitung der Verordnung und der entsprechenden Vollzugshilfen werden derzeit in den Regionen Oberaargau (BE), Sursee (LU), Beverin (GR), Valais Central (VS) und Broye (VD/FR) fünf Pilotprojekte durchgeführt. Die Pilotprojekte dauern bis Ende 2020. Ziel der Pilotprojekte ist insbesondere das Sammeln von Erfahrungen für die effiziente Gestaltung des RLS-Strategieprozesses unter Nutzung der bestehenden Grundlagen laufender Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekte.
Artikel 76 E-LwG

5.1.3.7

Übergangsbeiträge

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Mit dem Übergangsbeitrag wurde der Wechsel zur AP 14­17 sozialverträglich ausgestaltet. 2014 haben die Kantone einmalig einen Basiswert für jeden landwirtschaftlichen Betrieb berechnet und damit die Differenz zwischen den Allgemeinen Direktzahlungen nach altem Recht und den Kulturlandschaftsbeiträgen und den Versorgungssicherheitsbeiträgen für Ganzjahresbetriebe nach neuem Recht festgelegt. Die für den Übergangsbeitrag zur Verfügung gestellten Mittel entsprechen dem Kredit der Direktzahlungen abzüglich der Ausgaben für alle Beitragsarten (Kulturlandschaftsbeiträge, Versorgungssicherheitsbeiträge, Biodiversitätsbeiträge, Landschaftsqualitätsbeiträge, Produktionssystembeiträge, Ressourceneffizienzbeiträge) sowie den Ausgaben für Ressourceneffizienz- und Gewässerschutzprojekte.

Der jährlich ausbezahlte Übergangsbeitrag wird aufgrund des Verhältnisses der für den Übergangsbeitrag verfügbaren Mittel zur Summe der Basiswerte aller Betriebe festgelegt. Mit Einführung des Übergangsbeitrags erhielten die Betriebe Zeit, auf die Änderungen der AP 14­17 zu reagieren und allenfalls ihre Betriebe anzupassen.

Durch die steigende Teilnahme an den neu eingeführten Beiträgen ist die mit dem Übergangsbeitrag ausbezahlte Direktzahlungssumme in der Folge jährlich gesunken.

In der Botschaft zur AP 14­17 hat der Bundesrat in Aussicht gestellt, diese Beiträge während acht Jahren auszurichten, im LwG wurden sie jedoch nicht befristet. Der Zweck des bisherigen Übergangsbeitrags wird Ende 2021 erfüllt sein. Um auch den Übergang zur AP22+ sozialverträglich ausgestalten zu können, sollen jedoch weiterhin Übergangsbeiträge ausbezahlt werden.

Beantragte Neuregelung Mit der Umgestaltung verschiedener Direktzahlungstypen sind keine grösseren Umverteilungen beabsichtigt. Gewisse Direktzahlungsveränderungen bei einem Teil der Betriebe sind jedoch zu erwarten. Die Übergangsbeiträge sollen deshalb zur 4073

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Abfederung des einzelbetrieblichen Übergangs weitergeführt werden, um diese Direktzahlungsveränderungen teilweise aufzufangen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die jährlich zunehmende Teilnahme der Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen an bestehenden und an neuen Programmen leichter im Kredit Direktzahlungen zu handhaben ist und nicht jährlich Beitragsansätze geändert werden müssen. Es ist wie bei der AP 14­17 vorgesehen, einen einzelbetrieblichen Basiswert aufgrund der Differenz von Beiträgen nach altem und neuem Recht festzulegen. Der Bundesrat wird in der DZV bestimmen, wie der Basiswert je Betrieb genau ermittelt wird.

Nach heutigem Kenntnisstand wird der Basiswert je Betrieb folgendermassen berechnet: +

Versorgungssicherheitsbeiträge nach altem Recht (Art. 72 LwG)

+

Offenhaltungsbeiträge nach altem Recht (Art. 71 Abs. 1 Bst. a LwG)

­

Versorgungssicherheitsbeiträge neu ab AP22+ (Art. 72 E-LwG)

=

Basiswert des Betriebs

Als Grundlage für die Berechnungen der einzelbetrieblichen Basiswerte sollen die Werte der Beiträge und der Flächendaten des Jahres mit den höchsten Versorgungssicherheits- und Offenhaltungsbeiträgen in den letzten drei Jahren vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung verwendet werden. Wie bisher soll der jährliche Übergangsbeitrag aufgrund des Verhältnisses der für Übergangsbeiträge verfügbaren Mittel zur Summe der Basiswerte aller Betriebe festgelegt werden. Der Bundesrat wird auch die Modalitäten für die neuen Übergangsbeiträge in der DZV festlegen.

Die bisherigen Einkommens- und Vermögenslimiten werden nicht weitergeführt, da die leistungsbezogenen Direktzahlungen seit 2014 (Umsetzung AP 14­17) nicht mehr aufgrund von Einkommen und Vermögen begrenzt sind.
Artikel 77 E-LwG

5.1.4

Betriebliches Risikomanagement

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Untersuchungen zeigen, dass Klimaereignisse in Zukunft häufiger auftreten und heftiger ausfallen werden. Die neuesten Projektionen gehen bei einem Szenario ohne Klimaschutz für die Schweiz davon aus, dass bis Mitte des 21. Jahrhunderts die Durchschnittstemperatur im Sommer um 2,5­4,5 Grad Celsius steigen und die Anzahl Hitzetage zunehmen wird. Gleichzeitig wird es längere Zeiträume ohne Niederschlag geben. Aufgrund der höheren Verdunstung und des geringeren Niederschlags werden Trockenheitsperioden deutlich häufiger werden. Gleichzeitig wird die Intensität bei den seltener werdenden Niederschlagsereignissen deutlich steigen.100 Mit der Zunahme der Häufigkeit und der Intensität von wetterbedingten 100

NCCS (Hrsg.) (2018): CH2018 - Klimaszenarien für die Schweiz, National Centre for Climate Services, Zürich.

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Extremereignissen steigen in der Landwirtschaft die Risiken von Ernteausfällen.

Entsprechend gewinnen präventive Massnahmen zur Risikominimierung auf den landwirtschaftlichen Betrieben in Zukunft an Bedeutung.

Das Risikomanagement in der Landwirtschaft muss ganzheitlich erfolgen, und die Vielfalt der Risiken erfordert ein breites Spektrum an Lösungsansätzen. Diese lassen sich in zwei Kategorien gliedern: betriebsinterne Lösungen zur Risikovermeidung und betriebsexterne zur Risikoabsicherung. Zu den internen Lösungen, die von den Betriebsleitern und -leiterinnen direkt beeinflusst werden können, zählen einerseits präventive technische Massnahmen wie Kultur- und Sortenwahl, Bewässerung oder optimierter Bodenschutz. Andererseits sind auch betriebswirtschaftliche Ansätze wie die Anpassung der Produktionsintensität oder Strategien wie die Diversifizierung der Einkommensquellen möglich. Demgegenüber haben die Landwirtinnen und Landwirte keinen Einfluss auf das Wetter oder die Entwicklung der Märkte und Preise, die sich direkt auf das Einkommen aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit auswirken.

Zu den zentralen externen Massnahmen zur Risikoabsicherung gehört für landwirtschaftliche Unternehmen das Abschliessen von Versicherungen. Agrarversicherungen sind ein wirksames Mittel zur Risikominimierung in der Landwirtschaft. Grundsätzlich existieren für die meisten Risiken Agrarversicherungsprodukte weltweit. In der Schweiz hat nur die Hagelversicherung eine breite Marktdurchdringung Im Hinblick auf die weitere Zunahme der Ertragsrisiken in der Landwirtschaft wurden im vergangenen Jahr zusätzliche wissenschaftliche Grundlagen geschaffen, um den Handlungsbedarf bei der Unterstützung von Risikomanagementmassnahmen durch den Bund zu klären.101 Grundsätzlich besteht in der Schweiz ein Angebot von Agrarversicherungsprodukten; die Marktdurchdringung ist jedoch insbesondere bei grossräumig auftretenden Risiken wie Trockenheit oder Frost gering. So haben lediglich 12 Prozent der Ackerbaubetriebe eine Trockenheitsversicherung abgeschlossen und nur 5 Prozent der Obstbetriebe verfügen über eine Abdeckung gegen Frostrisiken. Die tiefe Marktdurchdringung erklärt sich einerseits dadurch, dass es sich bei Trockenheit und Frost um grossräumig auftretende Risiken handelt, die viele Akteure gleichzeitig betreffen können. Dies
führt dazu, dass die Prämien für entsprechende Versicherungsprodukte teuer sind und ohne staatliche Beiträge kaum nachgefragt werden. Dies zeigen in- und ausländische Erfahrungen. Andererseits hängt die Beteiligung bei Versicherungsprodukten auch von der wirtschaftlichen Verwundbarkeit der Betriebe ab. Je grösser diese ist, umso höher ist die Bereitschaft, eine Versicherung abzuschliessen. Die Verbilligung von Versicherungsprämien erhöht die Marktdurchdringung von Versicherungsprodukten und verbessert damit die Resilienz gegenüber künftig verstärkt auftretenden, extremen Wetterereignissen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Studie unter anderem die Einführung einer staatlichen Verbilligung von Versicherungsprämien bei Produkten, die grossräumig auftretende Ertragsrisiken wie Frost oder Trockenheit abdecken.

Beantragte Neuregelung Zur Verbesserung der Risikoabsicherung der Landwirtschaft gegenüber wetterbedingten Ertragsschwankungen soll eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden, 101

WARM Consulting Group LTD (2019): Analyse des solutions d'assurance agricoles pour la Suisse, Schlussbericht, Bern.

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damit der Bund Beiträge an die Verbilligung der Prämien von Ernteversicherungen leisten kann. Dadurch soll die Marktdurchdringung von Ernteversicherungen, die grossräumig auftretende Risiken abdecken, gefördert werden. Da es sich bei der Massnahme um eine Anschubfinanzierung handelt, sollen die Beiträge auf acht Jahre befristet werden. Die Höhe der Beiträge soll maximal 30 Prozent der Versicherungsprämie betragen. Dies entspricht ungefähr den Transaktionskosten, die bei der Versicherung anfallen und damit dem Anteil der Prämien, der nicht den versicherten Landwirtschaftsbetrieben rückvergütet wird. Damit wird sichergestellt, dass über die Beiträge netto kein staatlicher Einkommenstransfer zur Landwirtschaft erfolgt. Die Beteiligung des Bundes erfolgt subsidiär und soll sich auf Versicherungsprodukte beschränken, die grossräumig auftretende Ertragsrisiken wie Trockenheit und Frost abdecken. Mit der Einführung der Massnahme wird für die Versicherer ein Anreiz geschaffen, Lösungen zu entwickeln und anzubieten, die derzeit am Markt nicht oder nur zu hohen Preisen angeboten werden.

Die vorgeschlagene Massnahme bildet ein Sicherheitsnetz für die Betriebe, die sich neu versichern lassen. Um eine unerwünschte Konkurrenzierung von präventiven Massnahmen wie die Wahl robuster Kulturen und Sorten oder die Installation von Bewässerungsanlagen zu vermeiden, soll die Prämienverbilligung höchstens 30 Prozent der Versicherungsprämie ausmachen und nur für Produkte mit einem substanziellen Selbstbehalt von mindestens 15 Prozent und maximal 30 Prozent der Prämien erfolgen. Damit wird bezweckt, dass sich die Landwirtschaft proaktiv auf die steigenden Klimarisiken vorbereitet. Die moderate Prämienverbilligung wirkt grundsätzlich komplementär zum betriebsinternen Risikomanagement. Sie ist primär darauf ausgerichtet, die Folgen von Extremereignissen zu mildern, bei denen bisher häufig auch finanzielle Forderungen an den Staat gestellt wurden.

Die Versicherung fördert den Unternehmergeist. Durch die Verringerung der Einkommensschwankungen kann ein grösserer Teil der Liquidität auf verschiedene Strategien verteilt werden. Gemäss der vom BLW in Auftrag gegebenen Studie bewirkt Verbilligung der Prämie in Höhe von 30 Prozent eine Hebelwirkung von 80 bis 180 Franken. Das bedeutet, dass durch jeden Franken der verbilligten
Prämie zwischen 80 und 180 Franken landwirtschaftlicher Wertschöpfung versichert werden können.

Wenn man annimmt, dass sich die derzeitige Marktdurchdringung von Produkten mit grossräumig auftretenden Risiken aufgrund der Massnahme substanziell erhöht, ist bei einem Selbstbehalt von 15 Prozent in der Periode 2022­2025 für den Bund mit durchschnittlichen jährlichen Kosten in der Grössenordnung von 5 Millionen Franken zu rechnen. Die Mittel dafür sollen bei den Direktzahlungen kompensiert werden (vgl. Ziff. 7.4.2). Eine Evaluation der Massnahmen ist vier Jahre nach Inkraftsetzung der Massnahme geplant.
Artikel 86b E-LwG

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5.1.5

Strukturverbesserungen

5.1.5.1

Erweiterung der Massnahmen und Optimierung der Struktur im 5. Titel

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die heutige Förderung der Strukturverbesserungen ist durch eine Vielzahl von Massnahmen geprägt, wobei derzeit unklar ist, mit welcher Strukturverbesserungsmassnahme welches Ziel verfolgt wird. Das BLW hat die Evaluation der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) von 2015 «Investitionshilfen in der Landwirtschaft ­ Evaluation der Konzeption, Kosten und Wirksamkeit»102 zum Anlass genommen, diese fehlende Ziel-Massnahmen-Transparenz bei der anstehenden Gesetzesanpassung zu beheben.

Weiter soll eine explizite gesetzliche Grundlage geschaffen werden, um Investitionen mit positivem Effekt auf die Umwelt unterstützen zu können. Heute werden zwar bereits gewisse Massnahmen, wie Harnrinnen zur Ammoniakminderung oder Waschplätze für die Reinigung von Feldspritzen, mit Investitionshilfen gefördert.

Weitere könnten in Zukunft aus nachfolgendem Grund hinzukommen: In den letzten Jahren fand eine rasche Entwicklung im Bereich der digitalen Technologie statt (z. B. Fernerkundung, GPS- oder kameragesteuerte Hackgeräte, Elektro-Traktor).

Diese Entwicklung brachte ­ und bringt ­ für die Landwirtschaft Anwendungen hervor, welche die Leistungserbringung in den Bereichen Umwelt, Tiergesundheit, Wirtschaftlichkeit und betriebliche Effizienz verbessern und daher förderwürdig erscheinen.

Im Weiteren fehlt derzeit die gesetzliche Grundlage, um nicht nur den Erwerb von landwirtschaftlichen Gewerben zu unterstützen, sondern auch den Erwerb von einzelnen landwirtschaftlichen Grundstücken.

Zudem ist es aktuell auch nicht möglich, dass sich der Bund an den Planungskosten für regionale Infrastrukturprojekte substanziell beteiligt. Dies bedeutet, dass der Bund ohne Gesetzesanpassung auch die Erarbeitung von RLS, die als Grundlage für die Ausrichtung von Beiträgen für eine standortangepasste Landwirtschaft dienen (vgl. Ziff. 5.1.3.6), nicht mit Beiträgen unterstützen kann.

Beantragte Neuregelung Da in Artikel 87 LwG die heutigen Hauptzielsetzungen der Strukturverbesserungen nur teilweise wiedergegeben sind, sollen diese aktualisiert werden. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die neuen Hauptziele in Artikel 87 (linke Spalte) und die darunter jeweils subsummierten Teilziele der Strkukturverbesserungsmassnahmen (rechte Spalte).

102

Die Evaluation ist abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Prüfauftrag 13469.

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Tabelle 16 Haupt- und Teilziele der Strukturverbesserungsmassnahmen Hauptziele (HZ)

Teilziele (TZ)

HZ 1: Stärkung der betriebli- TZ 1: Unternehmerischen Spielraum vergrössern chen Wettbewerbsfähigkeit TZ 2: Erlösseitige Wertschöpfung steigern TZ 3: Produktionskosten senken HZ 2: Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen auf den Betrieben

TZ 4: Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen und Reduktion der physisch-zeitlichen Arbeitsbelastung

HZ 3: Schutz und Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionskapazität

TZ 5: Verbesserung und Schutz der betrieblichen und der übergeordneten landwirtschaftlichen Infrastruktur TZ 6: Sicherung einer flächendeckenden Bewirtschaftung sowie Erhaltung und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und des Ertragspotenzials

HZ 4: Förderung einer TZ 7: Beitrag zur Erreichung der UZL umwelt- und tierfreundlichen TZ 8: Förderung des Tierwohls und Produktion der Tiergesundheit HZ 5: Stärkung des ländlichen Raums, insbesondere des Berggebietes

TZ 9: Stärkung der branchenübergreifenden Zusammenarbeit TZ 10: Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe im ländlichen Raum, insb. im Berggebiet TZ 11: Realisierung raumplanerischer Anliegen

Bisher waren die im Rahmen der Strukturverbesserungen geförderten Massnahmen in verschiedenen Artikeln des 5. Titels aufgeführt. Um die Übersicht über die geförderten Massnahmen zu verbessern, soll in einem neu geschaffenen Artikel 87a (ELwG) festgehalten werden, welche Massnahmenkategorien mit den Strukturverbesserungen unterstützt werden. Die insgesamt zwölf Massnahmenkategorien sind in Tabelle 17 aufgeführt (linke Spalte). Die rechte Spalte in Tabelle 17 hält zudem fest, welche Teilziele (gemäss Tabelle 16, rechte Spalte) mit den vier Massnahmenkategorien mit ihren Unterkategorien nach Artikel 87a (E-LwG) erreicht werden sollen.

Damit gibt Tabelle 17 die bisher fehlende Ziel-Massnahmen-Transparenz im Bereich der Strukturverbesserungen wieder.

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Tabelle 17 Ziel-Massnahmen-Transparenz im Bereich der Strukturverbesserungen Massnahmenkategorien (nach Art. 87a Abs. 1)

Teilziele (TZ; gem. Tab. 16, rechte Spalte)

Der Bund unterstützt: a. Massnahmen im Tiefbau

1. Meliorationen

Senkung der Produktionskosten (TZ 3); Förderung der Biodiversität (TZ 7); Realisierung raumplanerischer Anliegen (TZ 11)

2. landwirtschaftliche Transportinfrastrukturen

Sicherung einer flächendeckenden Bewirtschaftung (TZ 6)

3. Anlagen und MassnahErhaltung und Verbesserung men im Bereich des Boder Bodenfruchtbarkeit und den- und Wasserhaushalts des Ertragspotenzials (TZ 6)

b. Massnahmen im Hochbau

4. Basisinfrastrukturen im ländlichen Raum

Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe im ländlichen Raum, insb. im Berggebiet (TZ 10)

1. Bauten und Anlagen zur Verarbeitung, Lagerung, Vermarktung regionaler Produkte

Steigerung der erlösseitigen Wertschöpfung (TZ 2)

2. Landwirtschaftliche Ökonomie-, Wohngebäude und Anlagen

Senkung der Produktionskosten (TZ 3); Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen (TZ 4); Sicherung einer flächendeckenden Bewirtschaftung (TZ 6); Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe im ländlichen Raum, insb. im Berggebiet (TZ 10)

3. Diversifizierung Steigerung der erlösseitigen der Tätigkeit im landwirt- Wertschöpfung (TZ 2); Erhalschaftsnahen Bereich tung landwirtschaftlicher Betriebe im ländlichen Raum, insb. im Berggebiet (TZ 10) c. Projekte zur regionalen Entwicklung

Steigerung der erlösseitigen Wertschöpfung (TZ 2); Stärkung der branchenübergreifenden Zusammenarbeit (TZ 9); 4079

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d. zusätzliche Massnahmen

1. Massnahmen zur Förderung der Tiergesundheit einer besonders umweltund tierfreundlichen Produktion

Förderung der Tiergesundheit (TZ 8), der Biodiversität und Beitrag zur Erreichung der UZL (TZ 7)

2. Massnahmen zur Förderung der überbetrieblichen Zusammenarbeit

Senkung der Produktionskosten (TZ 3)

3. Massnahmen zur Förderung des Erwerbs landwirtschaftlicher Betriebe und Grundstücke

Vergrösserung des unternehmerischen Spielraums (TZ 1)

4. Erarbeitung regionaler landwirtschaftlicher Strategien

Grundlage für verschiedene Teilziele

Das Teilziel 5 «Verbesserung und Schutz der landwirtschaftlichen Infrastruktur» ist in Tabelle 17 nicht separat aufgeführt, weil es auf die meisten Massnahmenkategorien zutrifft (insb. Abs. 1 Bst. a­c). Zudem sind bei Buchstabe d Ziffer4 keine spezifischen Teilziele zugeordnet, weil es bei dieser Massnahmenkategorie um die Erarbeitung regionaler landwirtschaftlicher Strategien geht, die die Grundlage für die Umsetzung verschiedener Massnahmen bilden. Entsprechend unterstützt diese Massnahme die Erreichung vieler verschiedener Teilziele.

Die bisherigen Fördertatbestände bleiben durch die optimierte Systematik im 5. Titel grundsätzlich unverändert. In folgenden Bereichen sind jedoch materielle Anpassungen vorgesehen: Digitaler Zugang: Im Kontext der Massnahmenkategorie «Basisinfrastrukturen» (Art. 87a Abs. 1 Bst. a Ziff. 4 E-LwG) wurde BLW-intern eine Bedarfsanalyse durchgeführt, um zu prüfen, ob ­ neben der Strom- und Wasserversorgung ­ neu auch die Versorgung der Betriebe mit Breitbandanschluss subsidiär unterstützt werden soll. Dies vor dem Hintergrund, dass eine minimale Datenübertragungsrate erforderlich ist, damit landwirtschaftliche Betriebe das Agrardatenmanagement speditiv abwickeln oder neuartige Smart-Farming-Anwendungen einsetzen können.

Derzeit besteht in gewissen Gebieten der Schweiz eine Lücke bezüglich der Versorgung der landwirtschaftlichen Betriebe mit Breitbandinternet. Damit landwirtschaftliche Betriebe auch in unterversorgten Gebieten das Potenzial technologischer Neuerungen im Bereich der Produktion (z. B. umwelt- und tierfreundliche Technologie), der Vermarktung, der Betriebsorganisation und im Bereich der AgrardatenAdministration nutzen können, soll die Förderung des Breitbandanschlusses als Teil der Basisinfrastruktur unter gewissen Bedingungen möglich sein.

Aktuell ist angedacht, die subsidiäre Förderung des digitalen Zugangs auf der bestehenden Rechtsgrundlage umzusetzen, das heisst im Rahmen des Pakets von Verordnungsänderungen, die für 2020 vorgesehen sind. Um Wettbewerbsverzerrungen und

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Doppelspurigkeiten zu vermeiden, soll dabei die Definition der Grundversorgung gemäss dem Fernmeldegesetz vom 30. April 1997103 zur Anwendung kommen und die Beiträge des Bundes sollen sich auf Fälle nach Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung vom 9. März 2007104 über Fernmeldedienste (Kosten von mehr als 20 000 Fr.)

beschränken.

Förderung der Tiergesundheit sowie besonders umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen: Mit Artikel 87a Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 1 E-LwG soll die Grundlage geschaffen werden, künftig auch bauliche Massnahmen, Einrichtungen und technologische Anwendungen zu unterstützen, die zur Förderung des Tierwohls und der Tiergesundheit und zur Vermeidung negativer Umwelteffekte beitragen.

Damit wird einerseits die Rechtsgrundlage für bereits heute geförderte bauliche Massnahmen wie Harnrinne, erhöhte Fressplätze und Waschplätze konkretisiert.

Andererseits erhält der Bundesrat damit die Möglichkeit, auch bei anderen Investitionen mit positivem Einfluss auf Umwelt und Tiergesundheit Investitionshilfen zu gewähren. Dies ist insbesondere für ressourcenschonende Techniken vorgesehen, die bisher im Rahmen von Ressourceneffizienzbeiträgen (Art. 76 LwG) unterstützt wurden. Zudem soll damit aber auch das grosse Potenzial von Smart-FarmingAnwendungen zur weiteren Reduktion der Umweltbelastung und zur Förderung der Tiergesundheit genutzt werden. Beispielhaft zu erwähnen sind das digitale Herdenmanagement (Förderung der Tiergesundheit), der Einsatz von Hackrobotern (Herbizideinsparung) oder der elektrische Antrieb landwirtschaftlicher Fahrzeuge (Reduktion Treibstoffverbrauch bzw. CO2-Emissionen). Beiträge sind insbesondere bei Massnahmen mit einer sehr hohen positiven Umweltwirkung oder ungenügender wirtschaftlicher Tragbarkeit möglich. Massnahmen, die mit Produktionssystembeiträgen unterstützt werden, erhalten keine Beiträge. Weiter sind unter anderem auch Massnahmen mit positiver Wirkung auf die Landschaft (Rückbau und gute Einpassung neuer Bauten) vorgesehen.

Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke: Zur Erhöhung des unternehmerischen Spielraums und zur Senkung der Produktionskosten durch die Realisierung von Skaleneffekten soll künftig auch der Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken mit IK unterstützt werden können.

Harmonisierung der Beitragsausrichtung: Bisher konnte die
Diversifizierung nur im Rahmen von PRE mit Beiträgen unterstützt werden. Ausserhalb von PRE konnte die Diversifizierung nur mit IK unterstützt werden. Gleiches gilt für die Verarbeitung, Lagerung und Vermarktung regionaler landwirtschaftlicher Produkte im Talgebiet.

Zur Harmonisierung des Beitragssystems sollen neu auch für die Verarbeitung, Lagerung und Vermarktung im Talgebiet sowie für Diversifizierungsvorhaben Beiträge ausserhalb von PRE ausgerichtet werden.

Erarbeitung von regionalen landwirtschaftlichen Strategien (RLS): Zur finanziellen Unterstützung der Trägerschaften und Kantone bei der Erarbeitung von RLS soll in Artikel 87a Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 4 E-LwG eine explizite gesetzliche Grundlage geschaffen werden. In den RLS sollen einerseits Ziele und Massnahmen zur Ausrichtung von Beiträgen für eine standortangepasste Landwirtschaft festgelegt 103 104

SR 784.10 SR 784.101.1

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werden (vgl. Ziff. 5.1.3.6). Andererseits sollen auch die regionalen Strukturen der Land- und Ernährungswirtschaft gezielt weiterentwickelt werden. Die Erfahrungen im Rahmen der AP 14­17 haben gezeigt, dass die Bereitstellung ausreichender finanzieller Ressourcen für eine externe fachliche Begleitung komplexer Prozesse (z. B. bei der Erarbeitung der Landschaftsqualitätsprojekte) notwendig ist. Mit der Einführung von Artikel 87a Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 4 E-LwG soll sichergestellt werden, dass in möglichst allen Kantonen oder Regionen der Schweiz RLS erarbeitet und entsprechende Projekte umgesetzt werden.

Im Strukturverbesserungsbereich sollen die RLS die Erhebung der nötigen Grundlagen für eine langfristige Investitionsplanung im Bereich der landwirtschaftlichen Infrastrukturen unterstützen. Damit sollen erstens in allen Regionen die Grundlagen für eine strategische Investitionsplanung für den langfristigen Werterhalt der landwirtschaftlichen Infrastrukturen (z. B. Wegenetz, Drainagen oder Bewässerungsinfrastrukturen) geschaffen werden. Zweitens sollen mit der integralen Herangehensweise auch regionalökonomische Potenziale identifiziert, langfristige Perspektiven für die ländlichen Räume entwickelt und Massnahmen zur Inwertsetzung dieser Potenziale am Markt zum Beispiel im Rahmen von PRE realisiert werden. Um dies zu erreichen, sollen Strukturverbesserungmassnahmen nach Artikel 87a Absatz 1 Buchstaben a­c und d Ziffern 1­3 E-LwG, die einen spezifischen Beitrag zur Erreichung der in der RLS definierten Ziele leisten, durch den Bund mit einem Zusatzbeitrag gefördert werden.

Die erwähnten Anpassungen haben zur Folge, dass im 5. Titel mehrere Artikel Anpassungen erfahren oder gestrichen werden können.
Artikel 87 und 87a, 88, 89, 93, 94, 95, 96, 97a, 98, 105, 106, 107 und 107a
E-LwG

5.1.5.2

Wirtschaftlichkeitsprüfung

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Investitionshilfen unterstützen die Anpassung der landwirtschaftlichen Betriebe und Infrastrukturen an die sich ändernden Rahmenbedingungen und Anforderungen. Mit dem Instrument wird das Ziel verfolgt, die Wettbewerbsfähigkeit einer nachhaltig produzierenden Landwirtschaft zu stärken. Die Mittel werden zu einem grossen Teil im Berg- und Hügelgebiet eingesetzt und leisten einen Beitrag zur Verbesserung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse im ländlichen Raum.

Mit einer stärkeren Marktausrichtung gewinnen die Wirtschaftlichkeit, Widerstandsfähigkeit und Entschuldung der landwirtschaftlichen Betriebe an Bedeutung. In diesem Kontext muss sich die Regelung bei der Beurteilung von einzelbetrieblichen Investitionen auf drei Hauptkriterien fokussieren: die Finanzierbarkeit (inkl. minimaler Eigenmittelanteil), die finanzielle Tragbarkeit (inkl. Risikobeurteilung der Investition) und die Zweckmässigkeit der Investition in Bezug auf die strategische Ausrichtung des Betriebes. Mit der heutigen Regelung wird die Frage der Wirtschaftlichkeit der Betriebe nicht beurteilt. Mit einer expliziten Forderung der Wirtschaftlichkeit soll die Investitionstätigkeit der Betriebe noch stärker auf die Steige4082

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rung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet werden. So können bestmögliche Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Betriebe auch in Zukunft die finanziellen Ressourcen haben, um zukunftsausgerichtete Investitionen zu tätigen und so agil auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren.

Beantragte Neuregelung Auf der Suche nach einem geeigneten Indikator für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit wurden verschiedene Varianten geprüft. Um den administrativen Aufwand zu beschränken und die verschiedenen Abgrenzungsfragen der Einnahmen und Kosten zu beseitigen, wurde die Fähigkeit der Rückzahlung des Fremdkapitals des Betriebs als Indikator für die Wirtschaftlichkeit gewählt. Dabei sollen nur Betriebe unterstützt werden, die ihr gesamtes betriebliches Fremdkapital innert 30 Jahren105 (3,33 % pro Jahr) zurückzahlen können. Für diese Beurteilung ist eine Mitteflussrechnung mit einem Planungshorizont von mindestens fünf Jahren zu verwenden (analog heutiger Regelung in der Strukturverbesserungsverordnung vom 7. Dezember 1998106). Der in der Mittelflussrechnung ausgewiesene generierte Wertschöpfung (Cashflow; Durchschnitt von mindestens fünf Jahren) muss grösser sein als 3,33 Prozent des Fremdkapitals.

Wirtschaftlich handelnde Betriebe haben die Fähigkeit, investiertes Fremdkapital rasch zurückzuzahlen. Eine effektive Rückzahlung des Fremdkapitals innert 30 Jahren wird nicht gefordert, wobei die Rückzahlungsfrist für IK von längstens 20 Jahren unverändert bestehen bleibt. Die Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen sollen die Entscheidungsfreiheit haben, ihren erwirtschafteten Cashflow effektiv zur Rückzahlung des Fremdkapitals zu verwenden oder diesen anderweitig einzusetzen (Ersparnisse, Investitionen). Bei einem erneuten Gesuch um Investitionshilfen wird die Wirtschaftlichkeit wieder nach dem gleichen Vorgehen geprüft.

Die Rückzahlungsfrist des Fremdkapitals soll in allen Zonen gleich sein. Eine Spezialregelung für das Berggebiet ist nicht notwendig, da die Erschwerniskosten für Ökonomiegebäude von raufutterverzehrenden Nutztieren durch die Gewährung von Beiträgen bereits anteilsmässig abgegolten werden. Die Ergebnisse der zentralen Auswertung im Grundlagenbericht 2018107 von Agroscope zeigen zudem, dass Betriebe im Berggebiet einen besseren Verschuldungsfaktor (netto Fremdkapital / Cashflow)
als im Talgebiet ausweisen.

Die Verschärfung der Gesuchbeurteilung schliesst Betriebe mit einer hohen Verschuldung im Verhältnis zum Cashflow von Investitionshilfen aus. Die Massnahme leistet damit einen positiven Beitrag zur Entschuldung der Landwirtschaft.
Artikel 89 Absatz 1 Buchstabe b E-LwG

105

Abschreibungsdauer: Wohngebäude: 50 Jahre (Wertniveau 41 %); Ökonomiegebäude mit festen Einrichtungen: 25 Jahre (Wertniveau: 40 %); Boden: keine Abschreibung (Wertniveau 19 %); Wertniveau gemäss landwirtschaftlicher Schätzungsanleitung.

106 SR 913.1 107 Der Grundlagenbericht 2018 ist abrufbar unter: www.agroscope.admin.ch > Themen > Wirtschaft und Technik > Betriebswirtschaft > Zentrale Auswertung von Buchhaltungsdaten > Grundlagenbericht & Hauptbericht.

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5.1.5.3

Investitionskredite für Wohngebäude

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die heutige Gesetzgebung (Art. 106 Abs. 1 Bst. b und 2 Bst. c LwG) ermöglicht die Gewährung von zinslosen und innerhalb von maximal 18 Jahren rückzahlbaren IK im Umfang von maximal 200 000 Franken pro Betrieb an Wohngebäude (Betriebsleiterwohnung und Altenteil), wobei davon höchstens 160 000 Franken für die Betriebsleiterwohnung ausgerichtet werden. Von 2013 bis 2017 wurden jährlich für über 50 Millionen Franken IK (19,5 % der insgesamt gewährten IK) an durchschnittlich 380 Betriebe (22,5 % aller Gesuche) für Wohnbauten gewährt.

Die EFK hat eine Evaluation der Konzeption, Kosten und Wirkung der von 2013 bis 2015 gewährten Investitionshilfen durchgeführt. In ihrem Schlussbericht empfiehlt die EFK, die Produktivität der geförderten Investitionen konsequenter zu berücksichtigen und zu diesem Zweck zu prüfen, ob IK für Wohngebäude beibehalten werden sollen.

Die heutige Regelung im BGBB beschränkt die Finanzierungsmöglichkeiten der Betriebe mit verzinslichen Grundpfandschulden mit einer Belastungsgrenze. Die Belastungsgrenze entspricht dem um 35 Prozent erhöhten landwirtschaftlichen Ertragswert. Die Schätzungsanleitung des landwirtschaftlichen Ertragswertes wurde revidiert und trat auf den 1. April 2018 in Kraft. Mit der Revision wurde die Bewertung des landwirtschaftlichen Wohnraums dahingehend angepasst, dass bei landwirtschaftlichen Gewerben die Betriebsleiterwohnung landwirtschaftlich und alle weiteren Wohnungen nichtlandwirtschaftlich bewertet werden. Die nichtlandwirtschaftliche Bewertung des ganzen Altenteils ergibt einen höheren Ertragswert als bis anhin und erleichtert dadurch deren Finanzierung. Bei der landwirtschaftlich bewerteten Betriebsleiterwohnung entspricht die Belastungsgrenze zirka 40 Prozent ihres Substanzwertes (Baukosten unter Berücksichtigung von Alter und Zustand). Somit entsteht ein Finanzierungsdefizit.

Nach dem Bundesgericht (kann die Erstellung neuer landwirtschaftlicher Wohnbauten nur bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen von Artikel 34 Absatz 3 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000108 (RPV) erfüllt sind.109 Zonenkonform sind Bauten für den Wohnbedarf, die für den Betrieb des entsprechenden landwirtschaftlichen Gewerbes unentbehrlich sind.

Beantragte Neuregelung Da die Investitionen in die Betriebsleiterwohnung zur
Verbesserung der Lebensbedingungen der Bauernfamilien beitragen, werden sie weiterhin gefördert. Unter der Berücksichtigung, dass nur die Betriebsleiterwohnung landwirtschaftlich bewertet ist und die Wohnräume für die abgetretene Generation kaum mehr zonenkonform sind, ist die weitere Förderung der Investitionen in Altenteile nicht mehr begründbar.

Die durch die Aufhebung der IK für landwirtschaftliche Wohngebäude der abtretenden Generation freiwerdenden Mittel im Fonds de Roulement (ca. 20 Mio. Fr. pro Jahr) sollen künftig für Massnahmen eingesetzt werden, die die Wertschöpfung der 108 109

SR 700.1 Vgl. u. a. BGE 145 II 182 E 5.6 f.; BGE 125 II 175 E.2b; BGE 121 II 307 E. 3b.

4084

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Betriebe verbessern und deren unternehmerischen Spielraum erhöhen. Dadurch kann insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors verbessert werden.
Artikel 87a und 106 E-LwG

5.1.5.4

Administrative Vereinfachung

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die Strukturverbesserungen sind eine Verbundaufgabe nach NFA. Die Prozesse zwischen dem BLW und den Kantonen wurden im Auftrag des BLW durch eine Arbeitsgruppe (BLW und Verein Suissemelio) analysiert und es wurden Optimierungsvorschläge erarbeitet. Mittels Umfrage bei den Kantonen zum effektiven Effizienzgewinn konnte festgestellt werden, dass dieser bei den gemachten Vorschlägen verhältnismässig gering ausfallen würde. Zudem könnte in den meisten Fällen der erwünschte Effizienzgewinn durch eine optimierte Koordination der Verfahren bereits heute ermöglicht werden. Trotzdem können gewisse rechtliche Bestimmungen im Einzelfall den administrativen Aufwand der Vollzugsstellen unnötig erhöhen: ­

Die Kantone haben unter gewissen Voraussetzungen (z. B. ab 100 000 Fr.

Bundesbeitrag oder bei Bundesinventaren) die Pflicht, beim BLW eine formelle Stellungnahme einzuholen;

­

Das BLW prüft sämtliche Investitionsgesuche und Gesuche um Betriebshilfedarlehen unter dem vom Bundesrat festgesetzten Grenzbetrag aufgrund der gemeldeten Eckdaten. Gegebenenfalls werden die fehlerhaften Daten korrigiert und bei gravierenden Fehlern wird einvernehmlich eine Korrektur des kantonalen Entscheides bewirkt. Damit ist das Ergreifen der Rechtsmittel nicht notwendig.

Beantragte Neuregelung Folgende Massnahmen sollen zur administrativen Entlastung und Vereinfachung beitragen: ­

Keine Pflicht für das Einholen einer Stellungnahme des BLW bis zum Maximalbetrag: Mit der Aufhebung von Artikel 97 Absatz 6 LwG kann der Kanton selber entscheiden, ob er eine Beurteilung oder Stellungnahme des BLW wünscht: Der Kanton trägt mehr Verantwortung und kann damit seinen administrativen Aufwand reduzieren. Wenn hingegen ein Bundesinventar betroffen ist, bleibt das Einholen einer Stellungnahme weiterhin zwingend.

­

Aufhebung der Prüfung durch das BLW bei IK und Betriebshilfedarlehen unter dem vom Bundesrat festgesetzten Grenzbetrag: Mit der neuen Regelung werden die kantonalen Entscheide unter dem Grenzbetrag nicht mehr auf deren Rechtmässigkeit geprüft. So können die Kantone ihre Verfügung dem Gesuchsteller eröffnen ohne die Prüfung des BLW abzuwarten. Werden im Rahmen der Oberaufsicht (Art. 179 LwG) unrechtmässig gewährte IK

4085

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und Betriebshilfedarlehen festgestellt, können diese gegenüber dem Kanton zurückgefordert werden.
Artikel 97 und 179 Absatz 2 erster Satz E-LwG

5.1.6

Forschung und Beratung sowie Förderung der Pflanzen- und Tierzucht

5.1.6.1

Grundlage für die Erarbeitung, die Verwertung und den Austausch von Wissen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Gemäss dem aktuellen Grundsatzartikel (Art. 113 LwG) unterstützt der Bund die Landwirtschaft durch die Erarbeitung und Weitergabe von Wissen in ihrem Bestreben, rationell und nachhaltig zu produzieren. Der Begriff «Weitergabe von Wissen» ist nicht mehr aktuell. Zudem besagt der Artikel, dass der Bund die Landwirtschaft nur durch eigene Erarbeitung und Weitergabe von Wissen unterstützt. Dies widerspricht der Förderung von nicht dem Bund zugehörenden Institutionen gemäss den Kapiteln 1a (Forschung), Kapitel 2a (Beratung) und Kapitel 3 (Pflanzen- und Tierzucht sowie genetische Ressourcen) des LwG. Aufgrund der aktuellen Formulierung des Grundsatzartikels fehlt dem Bund zudem die Möglichkeit, die für die Ausschöpfung des Innovationspotenzials in der Land- und Ernährungswirtschaft wichtige Verwertung von neuem Wissen zu fördern. Unter Verwertung von Wissen wird die Aufgabe verstanden, ausgehend von Forschungsergebnissen neue Produkte, Verfahren, Prozesse und Dienstleistungen zu entwickeln. Voraussetzung für eine erfolgreiche Verwertung ist eine gute Vernetzung im Sinne einer effektiven und effizienten Koordination und Kooperation der relevanten Akteure des LIWIS und die systematische Durchführung von Pilot- und Demonstrationsprojekten im Hinblick auf eine rasche und effiziente Umsetzung von neuem Wissen in der Praxis. Beides wird heute zu wenig konsequent gemacht. Das LIWIS steht mit der entsprechenden Herausforderung nicht alleine da. Der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) hat festgestellt, dass bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis in der Schweiz insgesamt ein noch nicht ausgeschöpftes Potenzial besteht.

Beantragte Neuregelung Die Neuformulierung des Grundsatzartikels (Art. 113 E-LwG) erlaubt eine Modernisierung der verwendeten Terminologie. Der Begriff «Weitergabe von Wissen», welcher für einen einseitigen und heute als wenig effektiv anerkannten einseitigen Transfer von Wissen von der Forschung zur Praxis steht, soll durch den Begriff «Austausch von Wissen» ersetzt werden. Mit diesem Begriff wird betont, dass der Bund den gegenseitigen Transfer von Wissen zwischen Forschung und Praxis fördern will. Weiter wird die Möglichkeit der Förderung von nicht dem Bund zugehörenden Institutionen auch im
Grundsatzartikel festgehalten. Ausserdem wird die Grundlage für die Unterstützung der Verwertung von neuem Wissen geschaffen. Die konkreten Massnahmen dazu werden im 2. Kapitel (Art. 118­121 E-LwG) definiert (vgl. Ziff. 5.1.6.3 und 5.1.6.4). Die erfolgreiche Verwertung ist eine zentrale Vo4086

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raussetzung, damit das Innovationspotenzial rasch und erfolgreich ausgeschöpft werden kann. Eine erfolgreiche Verwertung bedeutet auch, dass Forschungsgelder effektiv und effizient eingesetzt sind.

Wie in Artikel 2 E-LwG wird zudem der Begriff «Landwirtschaft» durch «Landund Ernährungswirtschaft» ersetzt.
Artikel 113 E-LwG

5.1.6.2

Landwirtschaftliche Forschung

Heutige Regelung und Handlungsbedarf In den Artikeln 114 und 115 LwG wird der Begriff «Forschungsanstalten» verwendet. Der Bund betreibt Agroscope aber bereits seit 2014 in der Form eines Kompetenzzentrums für die landwirtschaftliche Forschung.

Heute ist Agroscope an rund zehn Standorten aktiv. Um die Effizienz in der Bundesverwaltung zu verbessern und sparsamer mit den finanziellen Ressourcen des Bundes umzugehen, hat der Bundesrat im November 2017 ein Vorgehenskonzept für strukturelle Reformen verabschiedet und Vertiefungsaufträge erteilt. Auch bei Agroscope sah er Potenzial, mittels einer Portfolioüberprüfung und einer Zusammenlegung der Standorte die Effizienz weiter zu steigern. Im Anschluss an diese Überprüfung hat der Bundesrat am 30. November 2018 beschlossen, die landwirtschaftliche Forschungsanstalt Agroscope mit einem zentralen Forschungscampus, regionalen Forschungszentren sowie dezentralen Versuchsstationen zu betreiben.

Während der Portfolioüberprüfung wurde die Motion 18.3241 Savary («Es soll gesetzlich verankert werden, dass die landwirtschaftliche Forschung auf die regionalen Gegebenheiten ausgerichtet sein muss») eingereicht und am 6. Juni 2018 vom Ständerat und am 21. März 2019 vom Nationalrat angenommen. Die Motion fordert, die Kann-Formulierung in Artikel 114 LwG zu streichen und den Bund dazu zu verpflichten, landwirtschaftliche Forschungsanstalten zu betreiben sowie die landwirtschaftliche Forschung auf die regionalen Gegebenheiten auszurichten.

Beantragte Neuregelung Neu wird der Bund in Artikel 114 Absatz 1 E-LwG dazu verpflichtet, eine landwirtschaftliche Forschungsanstalt zu betreiben. Es wird in Absatz 2 festgehalten, dass die landwirtschaftliche Forschungsanstalt gemäss dem Beschluss des Bundesrates vom 30. November 2018 aus einem zentralen Forschungscampus mit regionalen Forschungszentren sowie dezentralen Versuchsstationen besteht. Diese sollen, dem Forschungsportfolio entsprechend und unter Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten, auf verschiedene Landesgegenden verteilt sein.
Artikel 114 und 115 E-LwG

4087

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Heutige Regelung und Handlungsbedarf Der Bund fördert nach dem Bundesgesetz vom 14. Dezember 2012110 über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG) die Forschung und die Innovation. Dazu gehört gemäss Artikel 116 LwG die Möglichkeit zur Erteilung von Forschungsaufträgen und zum Abschluss von Leistungsvereinbarungen mit nicht zum Bund gehörenden Institutionen sowie die Unterstützung von Versuchen und Untersuchungen von Organisationen mit Finanzhilfen.

Beantragte Neuregelung Die vorgeschlagene Neuformulierung in Artikel 116 E-LwG bezweckt eine Verbesserung der Gliederung und hat keine materiellen Konsequenzen.
Artikel 116 E-LwG
Heutige Regelung und Handlungsbedarf Der Bundesrat bestellt einen ständigen landwirtschaftlichen Forschungsrat (LFR).

Dieser gibt dem BLW Empfehlungen zur landwirtschaftlichen Forschung, namentlich zu deren langfristiger Planung, ab. Im LFR müssen die beteiligten Kreise, insbesondere die Produktion, die Konsumentinnen und Konsumenten und die Wissenschaft, angemessen vertreten sein. Der LFR existiert als ausserparlamentarische Kommission seit 1996. Er trifft sich zweimal jährlich.

Das BLW kann nur bei Institutionen namhaften Einfluss auf die Planung der Forschung nehmen, die ihm unterstellt sind (Agroscope; Art. 114 LwG) oder die es massgeblich finanziell unterstützt (Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL). Die Schwerpunktsetzung an den Hochschulen erfolgt über die Einrichtung von Instituten und Berufungsverfahren. Beide liegen in der Eigenverantwortung der Hochschulen. Die Empfehlungen des LFR konzentrierten sich daher vornehmlich auf die strategische Ausrichtung von Agroscope.

Bis 2019 war der Agroscope-Rat ein in die Verwaltungshierarchie eingegliedertes BLW-internes Gremium. Es war verantwortlich für die strategische Ausrichtung der Agroscope-Forschung sowie die Vorgabe von Jahreszielen und die Überprüfung der Zielerreichung gemäss dem Neuen Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB) im Rahmen des Integrierten Aufgaben- und Finanzplans (IAFP). Mitglieder des Agroscope-Rats waren der Direktor des BLW als Präsident, höchstens vier weitere Vertreter und Vertreterinnen des BLW sowie der Leiter oder die Leiterin von Agroscope. Seit 2019 übt der Agroscope-Rat eine beratende Tätigkeit aus.

Vertreten sind wie bisher der Direktor des BLW als Präsident, die Leiterin Agroscope und eine Person, die das BLW vertritt. Aufgrund der Annahme der ergänzten Motion Häberli-Koller 18.3404 «Forschungsanstalt Agroscope als autonome öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes mit Rechtspersönlichkeit» durch den Nationalrat am 21. März 2019 ist im Agroscope-Rat neu auch die landwirtschaftliche Praxis vertreten. Vertreten sind verschiedene Produktionsrichtungen und unterschiedliche Regionen. Zusätzlich nehmen die Agrarforschung und das BLV sowie das BAFU im Rat Einsitz. Die im Rat vertretenen Ämter bringen Kompetenzen hinsichtlich gesell110

SR 420.1

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schaftlicher und ethischer Ansprüche an die Landwirtschaft in den Bereichen Umwelt, Tierwohl, Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie Märkte und Konsum ein. Der erweiterte Agroscope-Rat behandelt die forschungsstrategische Ausrichtung von Agroscope.

Mit der Erweiterung des Agroscope-Rats und dessen neuer Rolle ergeben sich Überschneidungen bei den Aufgaben und der Zusammensetzung mit dem LFR.

Beide Räte geben Empfehlungen zur strategischen Ausrichtung von Agroscope ab, der Agroscope-Rat ausschliesslich, der LFR vornehmlich. In beiden Räten sind Praxis und Forschung vertreten. Zudem sind im Agroscope-Rat neben dem WBF neu auch weitere Departemente vertreten. Infolge der Überschneidungen ist die Bestellung zweier Räte nicht zielführend.

Beantragte Neuregelung Artikel 117 LwG wird aufgehoben.
Artikel 117 E-LwG

5.1.6.3

Förderung der Verwertung und des Austauschs von Wissen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Bei der Verwertung von neuem Wissen und dem Wissensaustausch zwischen Forschung und Praxis der Land- und Ernährungswirtschaft bestehen heute Defizite.

Neues Expertenwissen aus der Forschung ist nicht immer direkt in der Praxis umsetzbar. Dazu braucht es in der Regel weitere Umsetzungsschritte. Zudem wird neues Forschungs- oder Praxiswissen nicht in allen Fällen konsequent an die anderen Partnerinnen und Partner des Wissenssystems weitergegeben oder es geschieht mit unnötiger zeitlicher Verzögerung. Fehlende Umsetzungsschritte und unzulänglicher Wissensaustausch sind einem innovativen Sektor abträglich.

Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Verwertung von neuem Wissen und erfolgreichen Wissensaustausch ist die Vernetzung der Akteure der Land- und Ernährungswirtschaft mit Forschung, Bildung und Beratung. Es gibt zwar heute bereits Anstrengungen in diese Richtung, allerdings sind in den bestehenden Netzwerken entweder nicht alle Stufen der Wertschöpfungskette ausreichend gut vertreten oder es wird nicht die ganze Schweiz abgedeckt.

Mit Demonstrationsprojekten werden neue Technologien, Methoden, Prozesse oder Dienstleistungen in einem realen Umfeld der breiteren Praxis und Öffentlichkeit bekannt gemacht. Mithilfe von Pilotprojekten können vor der Markteinführung bzw.

Verbreitung in der Praxis wichtige umsetzungsrelevante (technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche) Erkenntnisse gewonnen werden, die im Labor nicht erlangt werden können. Damit sollen die Erfolgsaussichten erhöht werden.

Die Bedeutung von Pilot- und Demonstrationsprojekten wird in Zukunft insbesondere auch im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung der Landwirtschaft (Einsatz von Drohnen, Satelliten, unbemannten Fahrzeugen usw.) zunehmen. Die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung Innosuisse fördert Innovationsprojekte, bei 4089

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denen Forschung und Wirtschaftspartner zusammenarbeiten. Insbesondere für die Bewältigung von Herausforderungen im Bereich Ressourcenschonung und -effizienz fehlen in der Landwirtschaft jedoch oft die Wirtschaftspartner. Entsprechend kann sie nur beschränkt von der entsprechenden Förderung profitieren.

Beantragte Neuregelung Mit Artikel 118 E-LwG wird die Möglichkeit geschaffen, dass der Bund die Vernetzung aller Akteure des Sektors mit Forschung, Bildung und Beratung wie auch entsprechende einzelne Projekte finanziell unterstützen kann. Mit einer daraus resultierenden umfassenderen Vernetzung kann Wissen konsequenter und schneller ausgetauscht werden, weil die Akteure sich besser koordinieren und Kooperationen eingehen. Insgesamt wird damit das LIWIS und dessen Effektivität und Effizienz gestärkt.

Mit Artikel 119 E-LwG erhält der Bund zudem neu die Möglichkeit, Pilot- und Demonstrationsprojekte zu unterstützen. Mit solchen Projekten werden wissenschaftliche Erkenntnisse in der Praxis erprobt und einem breiten Publikum bekannt gemacht. Damit kann er im Rahmen des LwG eine Lücke schliessen, welche bei den Förderinstrumenten der Innosuisse besteht. Die Unterstützung von Pilot- und Demonstrationsprojekten erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass neues Wissen in der Praxis angewendet wird und ist damit ein wichtiges Instrument der Innovationsförderung. Damit wird auch die Effektivität und Effizienz der eingesetzten Forschungsmittel verbessert.
Artikel 118 und 119 E-LwG

5.1.6.4

Aufbau von Kompetenz- und Innovationsnetzwerken

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Eine wichtige Massnahme für die Stärkung des Austauschs und der Verwertung von neuem Wissen ist die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure in Netzwerken. Diese vernetzen, bereiten neues Wissen auf und koordinieren, begleiten, optimieren und evaluieren den Wissensaustausch zwischen Forschung, Bildung, Beratung und Praxis. Damit sensibilisieren und unterstützen sie die land- und ernährungswirtschaftliche Praxis bei der Erschliessung der technologischen und wirtschaftlichen Potenziale. Technologische, organisatorische und arbeitsgestaltende Kompetenzen der Akteure und deren Kooperation werden gestärkt.

Die Akteure schaffen durch ihre gemeinsame Tätigkeit Mehrwerte für die Praxis. In der Regel sind solche Netzwerke als Kompetenzzentren zusammengefasst. Diese können aber stark unterschiedliche Formen haben, sei es in der Rechtspersönlichkeit, in der Aufbauorganisation und in der Ausgestaltung mit eigenen Infrastrukturen.

Gegenwärtig fehlt die gesetzliche Grundlage für die explizite, nicht bloss projektbezogene Unterstützung solcher Netzwerke.

4090

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Beantragte Neuregelung Mit Artikel 120 E-LwG wird die Grundlage für die finanzielle Unterstützung von neuen oder bestehenden Kompetenz- und Innovationsnetzwerken durch den Bund geschaffen. Darin werden Lösungsansätze für die Bewältigung technischer, ökologischer, wirtschaftlicher und organisatorischer Herausforderungen in einer für die land- und ernährungswirtschaftliche Praxis geeigneten Weise erschlossen, koordiniert, praxisorientiert aufbereitet und zielgruppengerecht vermittelt. Die Akteure werden damit zu eigenständigen und innovativen Umsetzungen angeregt.

Bedarfsanalysen des Bundes haben aufgezeigt, dass für das landwirtschaftliche Innovations- und Wissenssystem in verschiedenen Themenbereichen Netzwerke aufgebaut werden sollen. Gegenstand weiterer Umsetzungsarbeiten beinhalten die Prüfung der optimalen Aufbauorganisation dieser Netzwerke unter Berücksichtigung ihrer Ausrichtung und der optimalen Anbindung an bestehende Infrastrukturen (z. B.

an Agroscope und an die ETH Zürich). Damit soll sichergestellt werden, dass die Leistungen dieser Netzwerke effizient erbracht werden und die Kooperation der Partner im Netzwerk einen Mehrwert gegenüber ihren heutigen Leistungen generiert: ­

Pflanzenzüchtung: In der «Strategie Pflanzenzüchtung 2050» des WBF wurde die «Kooperation der Akteure» als eines der wichtigsten Handlungsfelder identifiziert, die dem Bund zur Mitgestaltung der Pflanzenzüchtung zur Verfügung stehen, um die in der Strategie angestrebten Ziele zu erreichen. Es wurden signifikante Defizite in diesem Bereich erkannt, die durch den Aufbau eines Kompetenz- und Innovationsnetzwerkes behoben werden sollen.

Ausgehend von einer Bedarfsanalyse wurde von den wichtigsten Akteuren eine Leistungslücke im Bereich Implementierung von neuen Erkenntnissen und Methoden in die praktische Züchtung festgestellt. Als wichtigste Aufgabe soll dem Netzwerk daher die Stärkung der Implementierung übertragen werden. Insgesamt soll es folgende Ziele verfolgen: den Wissensaustausch zwischen Forschung und Praxis und die Kompetenzen der schweizerischen Züchtungsunternehmen stärken, die Umsetzung von Erkenntnissen aus der Züchtungsforschung in die angewandte Züchtung fördern, die Aus- und Weiterbildung im Bereich Pflanzenzüchtung unterstützen und aktiv über das Thema Pflanzenzüchtung informieren. Das Netzwerk soll selbst nicht Teil des Marktes sein, sondern die bereits vorhandenen Strukturen und Akteure unterstützen. Es besteht somit keine Konkurrenz zu bestehenden Akteuren.

Die wichtigsten Partner sind Züchtungsunternehmen, Forschungseinrichtungen sowie Akteure der Wertschöpfungskette. Das Kompetenz- und Innovationsnetzwerk für Pflanzenzüchtung soll dazu beitragen, die Verfügbarkeit und den Zugang der Schweizer Landwirtschaft zu den neusten, verbesserten Sorten langfristig zu gewährleisten und damit die nachhaltige Pflanzenproduktion zu fördern.

­

Tierzucht: Im Rahmen der Arbeiten zur «Strategie Tierzucht 2030» wurde die Notwendigkeit eines Kompetenz- und Innovationsnetzwerks für Tierzucht aufgezeigt. Dieses Netzwerk soll in erster Linie auf bestehenden Strukturen aufgebaut werden sowie die gezielte Vernetzung und Verwertung von Wissen vorantreiben. Bestehende Organisationen beispielsweise im Be4091

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reich Rindvieh- und Schweinezucht mit ihren eigenen Forschungsbereichen sollen die Netzwerkpartner bilden. Das Netzwerk soll enge Beziehungen und Datenaustausch mit den Forschungsinstitutionen (Agroscope inklusive Gestüt, FiBL, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaft [HAFL], ETH, Universitäten) unterhalten. Ziel ist es, den anerkannten Zuchtorganisationen den Zugang zu Technologien zu erleichtern und ihre Innovationskapazität zu erweitern. Als Option soll auch die Nutzung von Synergien mit einem Kompetenz- und Innovationsnetzwerk für Nutztiergesundheit geprüft werden.

­

Nutztiergesundheit: Mit der Schaffung eines Kompetenz- und Innovationsnetzwerkes für Nutztiergesundheit soll ein schneller und koordinierter Transfer von neuem Wissen zu den tierärztlichen und landwirtschaftlichen Behörden sowie in die Praxis sichergestellt werden. Dies ist eine grundlegende Voraussetzung, um die neuen Herausforderungen der Tierproduktion, insbesondere die Bekämpfung der Antibiotikaresistenzen, durch eine umfassende und moderne Gesundheitsförderung und Prävention zu bewältigen.

Der Betrieb des Gestüts als Kompetenzzentrum für die Pferdezucht ist aktuell in Artikel 147 LwG geregelt. Die Aufgaben am Standort Avenches haben sich jedoch in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Vor allem der Bereich Forschung über die Haltung von Pferden (Ethologie) sowie die Verwertung von Wissen zum Thema Pferd in der Landwirtschaft haben stark an Bedeutung gewonnen. Dies steht auch im Zusammenhang mit der starken Verlagerung der Bedeutung des Pferdes in der Landwirtschaft von der Zucht zur Haltung. Weil sich die Aufgaben des Gestüts in den letzten Jahren in die Bereiche Haltung und Verwertung von Wissen verlagert haben, werden die Bestimmungen zum Gestüt in Artikel 147 LwG aufgehoben und im neuen Artikel 121 E-LwG aufgeführt. Die WAK-SR hat die parlamentarische Initiative Feller 17.461 («Erwähnung der Aufgaben des Schweizer Nationalgestüts im Gesetz») im April 2019 in die Kommissionsmotion 19.3415 («Verankerung der Aufgaben des Schweizer Nationalgestüts in der Verordnung») umgewandelt. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-NR) hat im Juli 2019 die Kommissionsmotion angenommen und die parlamentarische Initiative Feller 17.461 sistiert. Somit sollen die konkreten Aufgaben des Gestüts mindestens auf Verordnungsstufe aufgeführt werden.
Artikel 120 und 121 E-LwG

5.1.6.5

Förderung der Tierzucht

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Eine wesentliche Voraussetzung für eine kostengünstige und qualitativ hochstehende Erzeugung tierischer Produkte sind gesunde und widerstandsfähige Tiere, die über ein genetisches Leistungspotenzial verfügen, das der natürlichen Umgebung, in der sie leben, entspricht und das den wirtschaftlichen Bedingungen des Marktes Rechnung trägt. Unter dem Aspekt vermehrt ökologisch ausgerichteter Produktion gewinnen funktionelle Merkmale oder Fitnessmerkmale wie Gesundheit, Vitalität, Robustheit, Widerstandskraft, Fruchtbarkeit usw. vermehrt an Bedeutung.

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In der Tierzuchtverordnung vom 31. Oktober 2012111 sind neben den Anforderungen für die Anerkennung als Zuchtorganisation die Beiträge für die verschiedenen züchterischen Massnahmen festgehalten. Die Bundesbeiträge werden zur Verbesserung der Grundlagen im Bereich Zucht von Tieren in einem Herdebuch (reine Rassen) ausgerichtet.

Die Beiträge für klassische züchterische Massnahmen (Herdebuchführung und Leistungsprüfungen) werden für alle Rassen einer Tiergattung gleich angesetzt, also unabhängig von einem allfälligen Gefährdungsstatus der Rasse. Die Tierzuchtbeiträge des Bundes für reinrassige Nutztiere sollen es den staatlich anerkannten Zuchtorganisationen ermöglichen, ihre züchterischen Dienstleistungen den Nutztierzüchtern zu möglichst attraktiven Tarifen anzubieten. Beiträge für klassische züchterische Massnahmen werden ebenso an erhaltenswerte Schweizer Rassen ausgerichtet.

Damit wird gewährleistet, dass auch innerhalb der Schweizer Rassen Herdebuchführung und Leistungsprüfungen zur Produktion von geeigneten Tieren stattfinden.

Erhaltungsmassnahmen sind komplementär zu den klassischen tierzüchterischen Aktivitäten. Mit der Ratifikation des Übereinkommens vom 5. Juni 1992112 über die Biologische Vielfalt hat sich die Schweiz zum Schutz der vorhandenen Biodiversität und somit auch zum Schutz von Schweizer Rassen verpflichtet. Neben den herkömmlichen Beiträgen für tierzüchterische Massnahmen, die allen anerkannten Zuchtorganisationen in der Schweiz zustehen, haben anerkannte Organisationen zusätzlich die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung zur Erhaltung von Schweizer Rassen zu beantragen. In der Schweiz fehlt bis anhin ein Monitoringsystem für die regelmässige Überwachung der wichtigsten Entwicklungen von tiergenetischen Ressourcen.

Im Rahmen der «Strategie Tierzucht 2030», die im 2017 unter Einbezug von externen Fachexpertinnen und -experten ausgearbeitet wurde, konnte aufgezeigt werden, dass im Bereich Förderung der Schweizer Tierzucht durch den Bund wie auch durch die privaten Akteure Handlungs- und Anpassungsbedarf besteht. Aus Sicht des Bundes entsprechen die Gesetzes- und Verordnungstexte im Bereich der Tierzucht in ihrer aktuellen Form nicht mehr den zukünftigen Erfordernissen. Die Zucht von landwirtschaftlichen Nutztieren in der Schweiz hat in den letzten Jahrzehnten einen substanziellen
Wandel durchlaufen. Der technische Fortschritt wirkt sich auch auf die Strukturen der Tierzucht aus. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Agrarpolitik soll dieser Entwicklung nun Rechnung getragen werden.

Beantragte Neuregelung Mit Fördermassnahmen des Bundes soll es den Zuchtorganisationen weiterhin möglich bleiben, ihre Rassen züchterisch zu bearbeiten. In der Ausrichtung ihrer Zuchtprogramme sind die Zuchtorganisationen weitgehend frei, die Handlungsfelder «auf marktgerechte Nahrungsmittelproduktion ausgerichtete Zucht», «auf die Erhaltung der tiergenetischen Ressourcen ausgerichtete Zucht» und «auf Vitalität im ländlichen Raum ausgerichtete Zucht» nach den eigenen Bedürfnissen zu gewichten.

111 112

SR 916.310 SR 0.451.43

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Dabei legt der Bund Wert darauf, dass sich die Tierzucht an den drei Pfeilern der Nachhaltigkeit ausrichtet: Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Soziales.

Die Schweiz wird im Tierzuchtbereich auch weiterhin den diversen internationalen Verpflichtungen nachkommen. Mit dem Agrarabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft wurde eine Äquivalenz mit der europäischen Tierzuchtgesetzgebung vereinbArt. Die schweizerische Tierzuchtgesetzgebung richtet sich seither nach diesen Rechtsvorschriften. Dies betrifft insbesondere die Anerkennung von Zuchtorganisationen, das Ausstellen von Abstammungsdokumenten sowie das Inverkehrbringen von Zuchttieren. Diesbezüglich sind keine Neuregelungen vorgesehen.

Bei der finanziellen Unterstützung der züchterischen Massnahmen durch den Bund ist die Schweiz hingegen frei, wie sie ihr Fördersystem ausgestaltet. In Artikel 141 E-LwG soll neu geregelt werden, welche züchterischen Massnahmen zukünftig gefördert werden und welche die Voraussetzungen für die Förderung durch den Bund gelten. Neu werden für züchterische Massnahmen Beiträge ausbezahlt, wenn das Zuchtprogramm die Wirtschaftlichkeit, die Produktequalität, die Ressourceneffizienz, die Umweltwirkungen, die Tiergesundheit und das Tierwohl angemessen berücksichtigt.

Auf Verordnungsstufe soll festgelegt werden, dass die anerkannten Zuchtorganisationen für den Erhalt von Beiträgen für die Datenerhebung und -auswertung eine Eintrittsschwelle erreichen müssen. Von den Merkmalen, welche im jeweiligen Gattungsbereich züchterisch bearbeitet werden, muss von den Zuchtorganisationen ein gewisser Anteil erhoben und ausgewertet werden. Dafür ausschlaggebend ist der Einfluss der Merkmale auf die Bereiche Wirtschaftlichkeit, Produktequalität, Ressourceneffizienz, Umweltwirkungen und Tiergesundheit (einschliesslich Tierwohl).

Art, Umfang und Verwendungszwecke der Daten werden ebenfalls auf Verordnungsebene unter Gewährleistung des Schutzes der vertraulichen Daten, der Personendaten sowie allfälliger geistiger Eigentumsrechte weiter präzisiert. Die züchterischen Massnahmen zur Erhaltung der Schweizer Rassen und deren genetischer Vielfalt (vgl. Art. 141 Abs. 3 Bst. b E-LwG) umfassen die In-situ-Erhaltung und die Kryokonservierung (Ex-situ-Erhaltung). Neben den Projekten zur Erhaltung von Schweizer Rassen, welche bereits
heute durch den Bund finanziell unterstützt werden, sollen auf Verordnungsstufe in Analogie zu den heutigen Beiträgen zur Erhaltung der Freibergerrasse Beiträge für sämtliche erhaltenswerten Schweizer Rassen eingeführt werden. Diese Erhaltungsprämie pro Tier soll für kritische und gefährdete Schweizer Rassen ausbezahlt werden. So soll ein zusätzlicher Anreiz für die Zucht und Haltung von Schweizer Rassen geschaffen werden. Die Gesamtsumme der Beiträge für Erhaltungsmassnahmen soll beibehalten oder zulasten der übrigen Beiträge für die Tierzucht leicht erhöht werden. Um den Gefährdungsstatus der erhaltenswerten Schweizer Rassen zu definieren, soll künftig ein Monitoring zur Überwachung der genetischen Vielfalt der verschiedenen Rassen durchgeführt werden.

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Es soll anerkannten Organisationen und Instituten von eidgenössischen und kantonalen Hochschulen weiterhin möglich sein, Forschungsprojekte im Bereich tiergenetische Ressourcen durchzuführen. Der Bund stellt dafür Mittel im Rahmen des Tierzuchtkredits zur Verfügung.
Artikel 141, 142, 143, 144, 146a, 146b und 147 E-LwG

5.1.7

Pflanzenschutz und Produktionsmittel

5.1.7.1

Vorschriften zum Schutz von Kulturen und Pflanzenmaterial

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Nach Artikel 149 Absatz 1 LwG fördert der Bund zum Schutz der Kulturen vor Schadorganismen eine geeignete Pflanzenschutzpraxis. Gemäss der Botschaft vom 27. Juni 1995113 zum Agrarpaket 1995 ist der Begriff «geeignete Pflanzenschutzpraxis» umfassend zu verstehen und hat sich am Prinzip der nachhaltigen Landwirtschaft zu orientieren. Darunter fallen auch Massnahmen wie Vorkehrungen zur Verhütung von pflanzenschutzmittelresistenten Schadorganismen, die Verbesserung der Applikationstechnik von Pflanzenschutzmitteln oder die Züchtung von krankheitsresistenten Sorten. Die Förderung einer geeigneten Pflanzenschutzpraxis kann beispielsweise erfolgen, indem der Bund Forschungsprojekte unterstützt. Im Weiteren wird der Bundesrat verpflichtet, für den Schutz der Kulturen vor besonders gefährlichen Schadorganismen Vorschriften zu erlassen (Abs. 2). Für diesen Aspekt des Pflanzenschutzes ist heute der Begriff «Pflanzengesundheit» gebräuchlich. Der Bundesrat hat diese Pflicht mit dem Erlass der Pflanzengesundheitsverordnung vom 31. Oktober 2018114 wahrgenommen.

Die meisten anderen Bestimmungen des Kapitels enthalten Regelungen, welche die Pflanzengesundheit betreffen. Damit die Systematik im Kapitel Pflanzenschutz kongruenter wird, sollen zwei Bestimmungen verschoben werden und der 2. Abschnitt soll neu «Pflanzengesundheit» lauten.

Heute wird einzig die Regelung der besonders gefährlichen Schadorganismen an den Bundesrat delegiert. Welche Schadorganismen als «besonders gefährlich» definiert werden und als solche geregelt werden müssen, ist durch Prinzipien und Normen des Internationalen Pflanzenschutzübereinkommens vom 6. Dezember 1951115 (IPPC) festgelegt. Das am 28. November 1979 revidierte Übereinkommen ist für die Schweiz am 26. September 1996 in Kraft getreten. Am 18. November 1997 hat die Konferenz der FAO einen neu revidierten Übereinkommenstext angenommen. Diese Fassung ist heute für alle Vertragsparteien unabhängig vom Datum ihres Beitritts in Kraft. Nach dem Übereinkommen sind Schadorganismen Arten, Stämme oder Biotypen von Pflanzen, Tieren oder Krankheitserregern, die Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse direkt schädigen können. Diese Definition schliesst Pflanzen aus, die 113 114 115

BBl 1995 IV 629 AS 2018 4209 SR 0.916.20

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andere Pflanzen indirekt durch Konkurrenz schaden und damit wirtschaftlichen Schaden anrichten (sog. Unkräuter). Weiter ist im IPPC nicht der Schutz vor Schadorganismen allgemein, sondern nur vor bestimmten Kategorien von Schadorganismen vorgeschrieben, nämlich von Quarantäneorganismen und geregelten Nichtquarantäneorganismen.

Quarantäneorganismen haben die folgenden Kriterien zu erfüllen: ­

Sie kommen im betreffenden Gebiet noch nicht oder nur sehr lokal vor.

­

Ihr Vorkommen richtet voraussichtlich grosse wirtschaftliche Schäden an.

­

Es sind wirksame Bekämpfungsmassnahmen gegen die Schadorganismen bekannt.

Geregelte Nichtquarantäneorganismen sind besonders gefährliche Schadorganismen, die in der Schweiz bereits verbreitet sind, hauptsächlich über zum Anpflanzen bestimmte Wirtspflanzenmaterialien (Saat- und Pflanzgut) verbreitet werden und so zu unannehmbaren ökonomischen Schäden führen können. Da ihre Verbreitung über Saat- und Pflanzgut verhindert werden soll, sind Bekämpfungsmassnahmen während der Produktion des entsprechenden Pflanz- und Saatguts sowie Qualitätsanforderungen für dessen Inverkehrbringen vorgeschrieben. Hingegen besteht in Kulturen oder Obstgärten keine Bekämpfungspflicht mehr.

Bestimmte Schadorganismen erfüllen die Kriterien für die Klassifizierung als besonders gefährlicher Schadorganismus von vornherein nicht, weil aufgrund ihrer biologischen Eigenschaften keine wirksamen Massnahmen zur Verhinderung ihrer Einschleppung und Verbreitung möglich sind (z. B. Kirschessigfliege). Andere Schadorganismen erfüllen die Kriterien nicht mehr, weil sie sich zum Beispiel trotz amtlichen Massnahmen so weit verbreitet haben, dass sie den Status als Quarantäneorganismus verlieren (z. B. San-José-Schildlaus). Erfüllen solche Organismen auch die Kriterien für geregelte Nichtquarantäneorganismen nicht, so fallen sie nicht unter die Bestimmungen der Pflanzengesundheitsverordnung und ihre Bekämpfung kann somit nicht landesweit durchgesetzt werden. Einzelne dieser Schadorganismen können dennoch ein enormes Schadpotenzial entfalten, wie die aktuellen Beispiele der Kirschessigfliege und des Erdmandelgrases zeigen. Die Förderung einer geeigneten Pflanzenschutzpraxis beispielsweise in Form von Forschungsprojekten hat sich für eine erfolgreiche Bekämpfung als ungenügend erwiesen. Die Kantone (und die betroffenen Branchen) fordern deshalb, dass auch Massnahmen zur Bekämpfung von Schadorganismen, die nicht als besonders gefährlich eingestuft sind, einschliesslich der Unkräuter, vom Bundesrat landesweit angeordnet werden können.

Entstehen durch Massnahmen gegen andere als besonders gefährliche Schadorganismen Schäden, beispielsweise weil Pflanzen vernichtet werden müssen, sollen keine Abfindungen bezahlt werden. Hingegen soll es wie bisher möglich sein, eine Abfindung nach Billigkeit auszurichten, wenn die Schäden auf Massnahmen gegen besonders gefährliche Schadorganismen zurückzuführen sind.

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Beantragte Neuregelung Die ersten beiden Abschnitte sollen systematisch neu geregelt werden.

Der Bundesrat soll mit Artikel 153a E-LwG die Möglichkeit erhalten, Vorschriften zum Schutz von Kulturen und Pflanzenmaterial vor bestimmten anderen als den besonders gefährlichen Schadorganismen zu erlassen, wenn deren erfolgreiche Bekämpfung eine Koordination auf nationaler Ebene erfordert.

Zudem sollen in Artikel 153a E-LwG die hauptsächlichen Massnahmen zur Verhinderung der Verschleppung und weiteren Ausbreitung dieser Schadorganismen aufgeführt werden.

Im Weitern soll in Artikel 156 Absatz 1 E-LwG die Möglichkeit, Abfindungen auszurichten, auf Schäden beschränkt werden, die durch Massnahmen gegen besonders gefährliche Schadorganismen entstanden sind,
Artikel 149, 151,152, 153a und 156 E-LwG

5.1.7.2

Parteistellung in Verfahren betreffend Pflanzenschutzmittel

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Das Bundesgericht hat mit Urteil vom 12. Februar 2018116 (1C_312/2017) entschieden, dass den beschwerdeberechtigten Umweltorganisationen in Verfahren zur gezielten Überprüfung von PSM Parteistellung zukommt und damit das Verbandsbeschwerderecht nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b NHG offensteht. Es ist vorgesehen, das Verbandsbeschwerderecht grundsätzlich bei den Verfahren betreffend Bewilligungen von PSM anzuwenden. Der Einbezug von Umweltorganisationen soll für alle Verfahren erfolgen, deren Inhalt eine umweltrelevante Veränderung zur Folge haben können. Erfasst sind damit unter anderem die Überprüfungen von bewilligten PSM, die Bewilligungen von Produkten mit einem neuen Wirkstoff oder mit einer neuen Formulierung, die Erweiterung der Anwendung eines bereits bewilligten Produktes. Ausgenommen sind jedoch Verfahren mit rein administrativen Belangen wie der Transfer der Bewilligung eines bereits bewilligten Produktes, die Verkaufserlaubnisse oder die Änderung der Produktnamen.

Beantragte Neuregelung Ursprünglich wurde im Rahmen der Vernehmlassung eine Einsprachemöglichkeit der Umweltorganisationen nach Erlass der Verfügung durch die Zulassungsbehörde vorgesehen. Neu soll den Umweltorganisationen bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Möglichkeit zur Beteiligung als Partei im Rahmen eines Einwendungsverfahrens gegeben werden. Angesichts der sehr umfangreichen und komplexen Verfahren ist es sinnvoll, die Umweltorganisationen zum Zeitpunkt einzubeziehen, in dem die für den Entscheid benötigten Dokumente vorliegen (inkl. der Abklärungen beim Bund), die Zulassungsbehörde aber noch nicht entschieden hat.
Artikel 160b E-LwG
116

BGE 1C_312/2017

4097

BBl 2020

5.1.8

Rechtsschutz, Verwaltungsmassnahmen und Strafbestimmungen

5.1.8.1

Erweiterung des Rechtsschutzes

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Artikel 166 LwG regelt in allgemeiner Weise den Rechtsschutz. Dieser Rechtsschutz ist wichtig, um in verschiedenen Bereichen Praxistendenzen entgegenzuwirken, welche nicht gewollt oder zielführend sind. Die heutige Regelung von Artikel 166 Absätze 2 und 3 LwG beschränkt die Weiterzugsmöglichkeit von Verfügungen allerdings auf solche, die in Anwendung des LwG und seiner Ausführungsbestimmungen erfolgt sind. Der Wortlaut der Regelung bietet keine ausdrückliche Möglichkeit, Entscheide, die das Agrarabkommen verletzen, an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen. Gestützt auf den Wortlaut ist es zum Beispiel. nicht möglich, kantonale Entscheide anzufechten, welche die aufgrund des Agrarabkommens auch in der Schweiz geschützten Ursprungsbezeichnungen verletzen.

Es liegt im Interesse der Schweiz, für eine bessere Durchsetzung der gemäss dem Agrarabkommen geschützten Bereiche zu sorgen, damit die Schweiz gegenüber der Europäischen Union eine gleichwertige Durchsetzung einfordern kann. Ein guter Schutz der schweizerischen Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben in Europa ist von wirtschaftlicher Bedeutung.

Beantragte Neuregelung Mit der Erweiterung des Rechtsschutzes auf das Agrarabkommen können Verfügungen, die in Anwendung des Agrarabkommens erfolgen, an das Bundesverwaltungsgericht weitergezogen und von diesem nochmals überprüft werden. Das BLW wird zudem ermächtigt, auch Rechtsmittel gegen kantonale Entscheide, die in Anwendung des Agrarabkommens erfolgen, einzureichen und damit für eine harmonisierte Durchsetzung des Agrarabkommens zu sorgen.
Artikel 166 Absätze 2 und 3 E-LwG

5.1.8.2

Ausnahmen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Das Bundesgericht kam in einem Entscheid117 zum Schluss, dass die Interkantonale Zertifizierungsstelle (OIC), die für die Einhaltung des Pflichtenhefts für die GUB «Gruyère» gemäss GUB/GGA-Verordnung vom 28. Mai 1997118 zuständig ist, als eine mit einer öffentlichen Aufgabe betraute Organisation nach Artikel 180 LwG zu betrachten ist. Entsprechend muss die OIC Verfügungen gegen Unternehmen erlassen können, die ihrer Kontrolle unterliegen. Gleiches gilt für das gesamte Tätigkeitsspektrum der Zertifizierungsstellen, die auf der Grundlage der Verordnungen 117 118

BGE 2C 1004/2014 SR 910.12

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nach Artikel 14 LwG (Bio-Verordnung, Berg- und Alp-Verordnung vom 25. Mai 2011119 und Geflügelkennzeichnungsverordnung vom 23. November 2005120) geschaffen wurden.

Gegen Verfügungen der oben genannten Zertifizierungsstellen kann nach geltendem Recht folglich bei deren Rekursstellen, dann nach Artikel 166 Absatz 1 LwG beim BLW, beim Bundesverwaltungsgericht und schliesslich beim Bundesgericht Beschwerde erhoben werden. Die Einsetzung einer Rekursstelle für Zertifizierungsstellen ist ein Erfordernis im Rahmen der Akkreditierung dieser Stellen.

Beantragte Neuregelung Beschliesst der Bundesrat, die Kontrolle der nach Artikel 14 LwG bezeichneten Produkte Zertifizierungsstellen zu übertragen, soll gegen die Entscheide ihrer Rekursstellen direkt beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt werden können. Da sich nach den derzeit geltenden Rechtsvorschriften fünf Instanzen nacheinander mit dem Streitfall befassen, hatte das Bundesgericht in seinem Urteil empfohlen, den Rechtsweg zu verkürzen und das BLW nicht mehr als Beschwerdeinstanz vorzusehen. Letzte Instanz bleibt das Bundesgericht. Neben der Verkürzung der Verfahrensdauer bietet der Wegfall des BLW als Beschwerdeinstanz den Vorteil, dass eine bessere Gewaltenteilung gewährleistet wird. Nachdem das BLW bisher gleichzeitig als Beschwerdeinstanz und Aufsichtsbehörde tätig war, soll sich seine Aufgabe künftig auf die Aufsicht über die Zertifizierungsstellen beschränken.

Zu diesem Zweck muss Absatz 1 von Artikel 166 LwG angepasst werden, um für diesen Fall eine Ausnahme zu schaffen.
Artikel 166 Absatz 1 E-LwG

5.1.8.3

Übertretungen, Vergehen und Verbrechen

Nichteinhaltung von Klassierungsbestimmungen Heutige Regelung und Handlungsbedarf Im geltenden Recht fällt die widerrechtliche Verwendung einer Klassierung oder einer Kennzeichnung unter Artikel 172 LwG (Vergehen und Verbrechen), während die Nichteinhaltung von Klassierungsbestimmungen unter Artikel 173 LwG (Übertretungen) fällt. Da die widerrechtliche Verwendung einer Klassierung oder einer Kennzeichnung gleichbedeutend ist mit der Nichteinhaltung von Klassierungsbestimmungen, fällt der gleiche Tatbestand unter zwei verschiedene Strafbestimmungen des Gesetzes. Diese Doppelspurigkeit soll behoben werden, indem in diesem Fall nur eine Strafbestimmung zur Anwendung kommt.

119 120

SR 910.19 SR 916.342

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Beantragte Neuregelung Die durch die Kantone eingesetzten Kontrollorgane, die für die Selbsteinkellerer zuständig waren, wurden abgeschafft. Deshalb sollen sie in Absatz 1 gestrichen werden.

Da die Nichteinhaltung von Klassierungsbestimmungen bereits in Artikel 172 LwG enthalten ist und Artikel 173 LwG ausdrücklich subsidiären Charakter hat (aufgrund der Formulierung «Sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit höherer Strafe bedroht ist»), sollte in Artikel 173 Absatz 1 Buchstabe f LwG die Formulierung «die Klassierungsbestimmungen nicht einhält» gestrichen werden. Die Nichteinhaltung von Klassierungsbestimmungen soll künftig ausschliesslich durch Artikel 172 LwG geregelt werden.
Artikel 172 Absatz 1 und 173 Absatz 1 Buchstabe f
Nichteinhaltung von Vorsorgemassnahmen Heutige Regelung und Handlungsbedarf Zurzeit stellt die afrikanische Schweinepest eine Gefahr für die Schweinepopulation in der Schweiz dar. Um diese Population zu schützen, kann das BLW Vorsorgemassnahmen nach Artikel 165a LwG ergreifen. Im Falle einer Tierseuche muss die Umsetzung dieser Vorsorgemassnahmen gewährleistet sein. Die Umsetzung von Vorsorgemassnahmen nach Artikel 148a LwG, die namentlich den Schutz der Pflanzen bei Einschleppung von Pflanzenpathogenen ermöglichen, wird durch finanzielle Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Massnahmen nach Artikel 173 (Übertretungen) gewährleistet. Eine solche Absicherung fehlt seit der Einführung letzteren Artikels im Jahr 2013 für Massnahmen, die basierend auf Artikel 165a LwG getroffen werden.

Beantragte Neuregelung Angesichts der ähnlichen Funktion der Artikel 148a und 165a LwG und um die Umsetzung von Vorsorgemassnahmen, zum Beispiel im Falle der afrikanischen Schweinepest, zu gewährleisten, ist es angebracht, die Nichteinhaltung der Vorsorgemassnahmen nach LwG für beide Artikel analog zu regeln.
Artikel 173 Absatz 1 Buchstabe gquater

5.1.8.4

Einspracheverfahren generell

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Im heutigen Artikel 168 LwG ist rechtlich nicht genügend festgehalten, dass bei einem vorgesehenen Einspracheverfahren der Rechtsweg nur noch den beschwerdeberechtigten Personen offenstehen soll, die sich im Einspracheverfahren eingebracht haben.

Dieser Grundsatz soll gesetzlich fixiert werden.

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Beantragte Neuregelung Durch die Ergänzung eines Absatz 2 wird präzisiert, dass der Rechtsweg für diejenigen ausgeschlossen ist, die keine Einsprache eingereicht haben.
Artikel 168 Absatz 2 E-LwG

5.1.9

Schlussbestimmungen

5.1.9.1

Oberaufsicht des Bundes

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Das BLW prüft sämtliche Investitionsgesuche und Gesuche um Betriebshilfedarlehen unter dem vom Bundesrat festgesetzten Grenzbetrag aufgrund der gemeldeten Eckdaten. Gegebenenfalls werden die fehlerhaften Daten korrigiert und bei gravierenden Fehlern wird einvernehmlich eine Korrektur des kantonalen Entscheides bewirkt. Damit ist das Ergreifen der Rechtsmittel (Einsprache) nicht notwendig (vgl.

auch Ziff. 5.1.5.4). Zur administrativen Vereinfachung wird die Kontrolle der IK unter dem Grenzbetrag in der Verordnung aufgehoben. Im Rahmen der Oberaufsicht kann das BLW jederzeit eine Prüfung anordnen und durchführen.

Beantragte Neuregelung Zur Klärung bezüglich Rückforderung von Finanzhilfen durch den Bund wird Artikel 179 Absatz 2 LwG redaktionell angepasst.

Mit der vorgesehenen Aufhebung der Prüfung des BLW bei IK und Betriebshilfedarlehen unter dem vom Bundesrat festgesetzten Grenzbetrag werden die kantonalen Entscheide unter dem Grenzbetrag nicht mehr auf deren Rechtmässigkeit geprüft. Um die Oberaufsicht des Bundes über die Strukturverbesserungsmassnahmen und insbesondere über IK zu gewährleisten, muss erwähnt werden, dass die Oberaufsicht des Bundes auch für IK und nicht nur für Beiträge gilt und dass von den Kantonen die Rückzahlung der Finanzhilfen verlangt werden kann.
Artikel 179 Absatz 2 E-LwG

5.1.9.2

Mitarbeit von Organisationen und Firmen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Gemäss Artikel 180 Absatz 2 LwG haben die Firmen und Organisationen im Sinne von Absatz 1 der zuständigen Behörde, welche die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse umschreibt, Rechenschaft über ihre Geschäfts- und Rechnungsführung abzulegen. Dies bedeutet nach dem Bundesgerichtsentscheid (vgl.

Ziff. 5.1.8.2), dass die vom Bundesrat mit der Kontrolle der oben genannten Produkte beauftragten Zertifizierungsstellen ebenfalls einer entsprechenden Kontrolle unterliegen würden. Eine solche Kontrolle ist in diesem Fall jedoch nicht angezeigt.

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Beantragte Neuregelung Obschon die vorgenannten Zertifizierungsstellen als Firmen oder Organisationen im Sinne von Artikel 180 Absatz 1 LwG gelten, sollten diese der Behörde, welche die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse umschreibt, nicht Rechenschaft über ihre Geschäfts- und Rechnungsführung ablegen müssen, wie dies in Absatz 2 vorgesehen ist. Deshalb soll der Absatz entsprechend angepasst werden.

Bezüglich der in Absatz 3 geregelten Gebühren ist darauf hinzuweisen, dass für Verfügungen im Rahmen der Kontrolltätigkeit nach der Verordnung vom 16. Juni 2006121 über die Gebühren des Bundesamtes für Landwirtschaft eine Gebühr zu erheben ist, die entsprechend angepasst werden soll. Ausserdem soll der Grundsatz, wonach die Kontrollkosten den kontrollierten Unternehmen aufzuerlegen sind, in den jeweiligen Verordnungen verankert werden.
Artikel 180 Absatz 2 dritter Satz E-LwG

5.1.9.3

Pflanzenschutzkontrolle

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Der im Rahmen des ÖLN und von Direktzahlungsprogrammen erlaubte PSMEinsatz wird heute anhand von Aufzeichnungen des Bewirtschafters oder der Bewirtschafterin kontrolliert. Rund 12 000 solcher Kontrollen werden jährlich auf den Betrieben durchgeführt. Diese Kontrollen sind jedoch wenig effektiv, weil sie auf Selbstdeklaration beruhen.

Beantragte Neuregelung Um die Wirksamkeit der Kontrollen beim PSM-Einsatz zu erhöhen, soll ein risikobasiertes Kontrollsystem eingeführt werden. Laboranalysen von Pflanzenproben sind effektiver als die Kontrolle von Aufzeichnungen des Bewirtschafters oder der Bewirtschafterin, weil es weniger Kontrollen braucht, um dieselbe Wirkung zu erzielen. Etwa 1000 Pflanzenproben sollen vor der Ernte im Labor analysiert werden, um den Einsatz verbotener PSM zu überprüfen. Die Analysekosten der Labore müssen nach heutiger Rechtsgrundlage von den mit dem Vollzug beauftragten Kantonen übernommen werden. Ab 2022 sollen diese Kosten (rund 0,5 Mio. Fr.

p.a.) vom Bund finanziert und im Zahlungsrahmen Direktzahlungen kompensiert werden (vgl. 8.1.1). Die Vollzugsaufwände (Planung und Organisation der Kontrollen, Personalaufwand der Kontrollen, Administration) müssen weiterhin von den Kantonen getragen werden. Die Finanzierung durch den Bund hat zwei Vorteile: Erstens sind die Analysekosten pro Probe tiefer, weil ein einziges Labor vom Bund beauftragt werden kann (Mengenrabatt), und zweitens fällt der administrative Aufwand für die Auftragsvergabe an ein Labor nicht bei jedem einzelnen Kanton an.

Ungeachtet der geänderten Kontrollmethode müssen die Bewirtschafter ihren PSMEinsatz (z. B. eingesetztes Produkt, Einsatzdatum und -menge) weiterhin aufzeich-

121

SR 910.11

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nen und diese Aufzeichnungen sollen nach wie vor in reduziertem Mass stichprobenartig kontrolliert werden.

Produktspezifische Anwendungsauflagen von Pflanzenschutzmitteln, Anforderungen der Sorgfaltspflicht und der guten Pflanzenschutzpraxis sowie generelle Anwendungsbeschränkungen, wie zum Beispiel stoffspezifische Verbote für die Anwendung in der Grundwasserschutzzone S2, können auch mit Laboranalysen kontrolliert werden. Damit können insbesondere Betriebe, die keine Direktzahlungen erhalten und damit den ÖLN nicht erbringen müssen, effektiver als bisher kontrolliert werden.

Der Wechsel der Kontrollmethode wurde in der Vernehmlassung nicht vorgeschlagen, weil die Arbeiten rund um die Entwicklung des risikobasierten Kontrollsystems zu dieser Zeit, noch nicht abgeschlossen waren.
Artikel 181 Absatz 7 E-LwG

5.1.9.4

Erhebung von Monitoringdaten

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Das Agrarmonitoring des Bundes basiert auf den administrativen Daten des Vollzugs der agrarpolitischen Massnahmen, Modellberechnungen und gezielten Datenerhebungen. Bei Letzteren liefern rund 8 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe im Rahmen von drei Erhebungen des Bundes jährliche Monitoringdaten zur Wirkung der Agrarpolitik: die Stichproben Einkommenssituation (SP E), Betriebsführung (SP B) und Agrarumweltindikatoren (SP AUI).

Die SP E dient dem Vollzug von Artikel 5 LwG und hat zum Ziel die Finanzbuchhaltung von 2300 Landwirtschaftsbetrieben zu erfassen. Der jährliche Rekrutierungsaufwand beträgt rund 500 000 Franken. Damit werden die Betriebe motiviert, die Daten ihrer Finanzbuchhaltung in anonymisierter Form an Agroscope zu liefern.

Der Aufwand wird verursacht durch zahlreiche Telefonate, Briefversände und Mails, um die Betriebsleiter und -leiterinnen von einer Datenlieferung zu überzeugen. Die häufigsten Absagegründe sind eine fehlende Finanzbuchhaltung (rund 10 % der angefragten Betriebe), zu früher Ablieferungstermin, Misstrauen gegenüber den Bundesstellen, die Datenverwendung beim Vollzug und der Weiterentwicklung der Agrarpolitik und die generelle Unzufriedenheit mit der aktuellen Agrarpolitik. Der finanzielle Anreiz beträgt seit 2019 200 Franken für den Treuhänder und 60 Franken für den Bewirtschafter. Bewirtschafter, welche über zwei oder mehrere Jahre Daten liefern, erhalten einen Bonus von 40 Franken.

Die SP B im Umfang von gegen 2000 Abschlüssen erfasst nicht nur gesamtbetriebliche Kennzahlen, sondern zusätzlich detaillierte Informationen zur Wirtschaftlichkeit einzelner Betriebszweige. Diese Betriebe werden von den Treuhandstellen ausgewählt und mit differenzierten Ansätzen entschädigt. Es werden jedoch nur Abschlüsse von wirtschaftlich bedeutenden Betriebstypen in der Tal-, Hügel- und Bergregion bezahlt.

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Bei der SP AUI war es bisher nicht möglich, mehr als 300 Betriebe zu rekrutieren, die bereit sind, das gesamte Datenset mit der Erfassungssoftware Agrotech von Agridea zu erfassen. Die Betreuung der Betriebsleiter und -leiterinnen bei der Erfassung der SP AUI erfordert ein spezifisches Knowhow, das weniger verbreitet ist als die Kenntnisse über landwirtschaftliche Buchhaltungsabschlüsse. Viele Treuhandstellen sind aufgrund der geringen Anzahl Fälle nicht bereit, in diesen Bereich zu investieren.

Die Digitalisierung und die wachsende elektronische Verfügbarkeit von Betriebsund Umweltdaten aus der landwirtschaftlichen Produktion reduzieren den Aufwand für die noch notwendigen Datenerhebungen. Gleichzeitig steigt der Informationsbedarf der freiwilligen Datenlieferanten über die Verwendung der erhobenen Daten.

Die Erhebung von Monitoringdaten ist eine wichtige Voraussetzung für die Evaluation der agrarpolitischen Massnahmen, welche wiederum eine notwendige Grundlage für die Verbesserung, Optimierung und Weiterentwicklung dieser Programme bildet. Die Daten sind zudem eine wichtige Grundlage für die landwirtschaftliche Forschung, Bildung und Beratung.

Beantragte Neuregelung Um den Vollzugsaufwand für Artikel 185 Absatz 1 Buchstabe b (Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Landwirtschaft) und d (Auswirkungen der Landwirtschaft auf die natürlichen Lebensgrundlagen und die Pflege der Kulturlandschaft) LwG zu reduzieren, sollen die Landwirtschaftsbetriebe stärker in die Pflicht genommen werden können, dem Bund Monitoringdaten zur Verfügung zu stellen. Von den bisherigen Erhebungen steht die Umsetzung dieser neuen Rechtsgrundlage im Bereich der Ökonomie bei der SP E im Vordergrund. Auf Verordnungsstufe könnte die Mitwirkungspflicht der Datenlieferanten und die Informationspflicht des Bundes wie folgt konkretisiert werden: ­

Den im Rahmen der Zufallsstichprobe ausgewählten Betriebe wird mitgeteilt, dass sie von Gesetzes wegen zur Ablieferung von einzelbetrieblichen Monitoringdaten verpflichtet sind.

­

Die Ablieferung auswertbarer Daten (qualitätsgesicherter Abschluss) soll weiterhin entschädigt werden.

­

Betriebe sollen bei der Einführung einer Finanzbuchhaltung unterstützt werden, falls noch keine solche vorhanden ist.

­

Die ausgewählten Betriebe werden vor der Ablieferung ihrer Daten darüber informiert, für welche Zwecke diese Daten verwendet werden können.

­

Einzelbetriebliche, pseudonymisierte Daten der Erhebung können (wie bereits bisher) für Studien- und Forschungszwecke verwendet und dazu weitergegeben werden. Die Weitergabe einzelbetrieblicher, pseudonymisierter Daten für Studien- und Forschungszwecke wird auf geeigneten Internetseiten des Bundes publiziert. Die zu publizierenden Informationen enthalten Angaben zum Antragsteller oder der Antragstellerin (Adressat der Weitergabe) und das Datum des Antrags auf Weitergabe.

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Mit der neuen Verpflichtung soll die statistisch notwendige Stichprobengrösse und qualität langfristig gesichert und der Aufwand für den Bund gesamthaft reduziert werden.

Mit einer zunehmenden besseren Verfügbarkeit der Betriebs- und Umweltdaten kann die Datenlieferungspflicht auf weitere physische Umwelt- und Produktionsdaten ausgedehnt werden. Primär sollen bereits erhobene Daten mit Zusatzerhebungen oder automatisiert erfassten Daten (Sensoren, Satellitendaten) ergänzt werden.
Artikel 185 Absatz 3bis E-LwG

5.1.10

Änderung anderer Erlasse

5.1.10.1

Gewässerschutzgesetz

Ausgangslage und Handlungsbedarf Artikel 14 Absatz 4 GSchG verlangt, dass auf 1 Hektare Nutzfläche eines Betriebs mit Nutztieren der Dünger von höchstens drei DGVE ausgebracht werden darf. Mit der Stärkung des ÖLN im Bereich der Nährstoffverluste braucht es als flankierende Massnahme für alle Betriebe eine Senkung der maximal zulässigen Hofdüngermenge pro Hektare. Auch vor dem Hintergrund der Anliegen der Trinkwasserinitiative ist eine solche Senkung zum Schutz des ökologischen Gleichgewichts angezeigt.

Beantragte Neuregelung Im Rahmen des Massnahmenpakets als Alternative zur Trinkwasserinitiative soll die maximale Düngermenge von drei DGVE pro Hektare Nutzfläche in Artikel 14 Absatz 4 GSchG auf zweieinhalb DGVE pro Hektare Nutzfläche gesenkt werden.
Artikel 14 Absatz 4 erster Satz E-GSchG

5.1.10.2

Zivildienstgesetz

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Zivildiensteinsätze in landwirtschaftlichen Betrieben finden einerseits dort statt, wo gemeinwirtschaftliche Leistungen zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen oder zur Pflege der Kulturlandschaft nach Artikel 104 Absatz 1 Buchstabe b BV erbracht werden (Art. 4 Abs. 2 Bst. a und b des Zivildienstgesetzes vom 6. Oktober 1995122 [ZDG]). Anderseits werden Zivildiensteinsätze zur Strukturverbesserung durchgeführt (Art. 4 Abs. 2 Bst. c ZDG). Die Einsätze finden auf landwirtschaftlichen Betrieben statt, die Investitionshilfen erhalten. Solche Einsätze dienen insbesondere der Verbesserung der Infrastruktur.

Auch vor dem Hintergrund der Agrarpolitik 2018­2021 ist es weiterhin sachgerecht, Zivildienstleistende im Rahmen von Projekten und Programmen zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen oder zur Pflege der Kulturlandschaft einzusetzen. In 122

SR 824.0

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Zukunft soll jedoch davon abgesehen werden, Projekte und Programme zur Strukturverbesserung als Voraussetzung für Zivildiensteinsätze zu vorzusehen. Die Zahl der Einsatzmöglichkeiten auf Landwirtschaftsbetrieben ist in der Praxis konstant bedeutend grösser als die Anzahl der Zivildienstleistenden, die sich dafür zur Verfügung stellen. Das Bundesamt für Zivildienst sorgt dafür, dass die Wettbewerbsbedingungen nicht verfälscht werden. Die entsprechenden Massnahmen zum Schutz des Arbeitsmarktes sind im Rahmen von Strukturverbesserungen angesichts des geringen Volumens an tatsächlich geleisteten Einsätzen jedoch mit einem unverhältnismässig grossen Aufwand verbunden.

Beantragte Neuregelung Die Einsätze in der Landwirtschaft sollen auf Bereiche konzentriert werden, die eindeutig der Zielsetzung des ZDG (Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen; vgl. Art. 3a Abs. 1 Bst. c ZDG) entsprechen. Mit der Aufhebung von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c ZDG soll der Fokus daher auf Einsätze zugunsten der gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Umweltbereich gelegt werden.
Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c E-ZDG

5.1.10.3

Waldgesetz

Mit der Änderung von Artikel 166 LwG, der neu eine Ausnahme vorsieht bei den Rechtsmitteln bei Entscheiden der Rekursstellenkommissionen von Zertifizierungsund Inspektionsstellen, die für die Kontrollen der Kennzeichnungen nach den Artikeln 14 und 63 LwG zuständig sind, muss das Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 123 (Art. 41a WaG) entsprechend angepasst werden.
Art. 41a E-WaG

5.2

Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht

Das bäuerliche Bodenrecht bezweckt das bäuerliche Grundeigentum als Grundlage der Familienbetriebe und einer leistungsfähigen, auf eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung ausgerichteten Landwirtschaft zu fördern und seine Struktur zu verbessern (Art. 1 BGBB i.V. mit Art. 104 BV). Deshalb soll die Stellung der Selbstbewirtschafter und Selbstbewirtschafterinnen beim Erwerb landwirtschaftlicher Gewerbe und Grundstücke gestärkt (Art. 9, 9a und 61 E-BGBB) und übersetzten Preisen für landwirtschaftlichen Boden entgegengewirkt werden. Die Übertragung von landwirtschaftlichen Grundstücken, Gewerben und Anteilsrechten an juristischen Personen, die solche Grundstücke in ihren Aktiven haben, sollen grundsätzlich der Bewilligungspflicht unterliegen (Art. 61 E-BGBB).124 Die Änderungen im BGBB haben zum Ziel, den Entwicklungen der Landwirtschaft in Bezug auf den unternehmerischen Handlungsspielraum, die Wettbewerbsfähigkeit und die komplexer werdenden Betriebsstrukturen Rechnung zu tragen. Die Fami123 124

SR 921.0 BGE 140 II 233

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lienbetriebe werden durch klare Bestimmungen zu juristischen Personen, zur Selbstbewirtschaftung und durch das Vorkaufsrecht des Ehegatten in ihrer unternehmerischen Tätigkeit gestärkt. Die Position der Ehegatten in der Landwirtschaft wird verbessert. Spekulationen mit dem Boden werden verhindert und die Grundlagen des Ertragswertes aktualisiert. Die Kernelemente des BGBB, insbesondere die Familienbetriebe, die Selbstbewirtschaftung, die Begrenzung der Erwerbspreise, die Belastungsgrenze und die innerfamiliäre Übergabe der Gewerbe zum Ertragswert bleiben ausdrücklich erhalten.

5.2.1

Juristische Personen

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Das Konzept des BGBB ist im Grundsatz auf selbstbewirtschaftende natürliche Personen ausgerichtet.125 Aus der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) abgeleitet, können natürliche und juristische Personen landwirtschaftliche Grundstücke oder Gewerbe erwerben, wenn sie die Kriterien der Selbstbewirtschaftung erfüllen.126 Es besteht der Handlungsbedarf, die Rahmenbedingungen festzulegen, unter denen auch eine juristische Person die Selbstbewirtschaftung erfüllen kann. Den Landwirten und Landwirtinnen stehen damit sämtliche Rechtsformen des Schweizer Rechts zur Verfügung. Mit juristischen Personen können Betriebe ihr wirtschaftliches Potenzial besser nutzen, langfristiger planen und eine dem Betrieb angepasste Organisationsform wählen. Juristische Personen sind auf Dauer ausgelegt und können zur Sicherung der Unternehmensnachfolge interessante Rahmenbedingungen schaffen.

Heute werden weniger als 1 Prozent der Gewerbe von juristischen Personen geführt.

Im Hinblick auf Finanzierungsmöglichkeiten und Risikoabsicherung sind Aktiengesellschaften (AG) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) zur Führung des landwirtschaftlichen Betriebes zunehmend im Fokus der Landwirtinnen und Landwirte. Zur Selbsthilfe werden Genossenschaften gegründet. Das BGBB regelt heute in Artikel 4 Absatz 2 nur den Sonderfall für landwirtschaftliche Gewerbe, die das Hauptaktivum einer juristischen Person darstellen. Die Auslegung des Gesetzes wurde durch Lehre und Rechtsprechung präzisiert und weiterentwickelt.

Juristische Personen sind gemäss Bundesgericht auch für landwirtschaftliche Gewerbe oder Grundstücke zulässig,127 sofern die natürliche Person als Eigentümerin einer juristischen Person persönlich den Nachweis erbringt, dass sie das landwirtschaftliche Grundstück oder Gewerbe selber bewirtschaftet. In diesem Fall kann die juristische Person als Selbstbewirtschafterin anerkannt werden. Festgehalten wurde auch, dass die Übertragung von Anteilsrechten an solchen juristischen Personen der Bewilligungspflicht (Art. 61 Abs. 3 BGBB) untersteht. Mit Ausnahmen zur Selbstbewirtschaftung stellt der Gesetzgeber sicher, dass auch für andere wichtige öffentliche oder agrarpolitische Zwecke landwirtschaftliche Flächen erworben werden können (Art. 64 BGBB). Darunter fällt beispielsweise der Erwerb zum Erhalt einer Schutzzone, zum Erhalt eines langjährig verpachteten Gewerbes oder der Abbau von 125 126 127

BGE 115 II 181 E. 2b BGE 140 II 233 E 3.2.1 BGE 140 II 233

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Bodenschätzen. Die Ausnahmen in Artikel 64 sind nicht abschliessend aufgezählt, bedingen aber eine enge Auslegung im Sinne der Zielsetzung des Gesetzes.

Die Sacheinlage eines landwirtschaftlichen Gewerbes oder Grundstückes in eine juristische Person ist eine Eigentumsübertragung (Art. 61 Abs. 3 BGBB), welche neben der Bewilligungspflicht auch allfällige Gewinnanspruchs- und Vorkaufsrechte auslöst. Zudem bedarf die Sacheinlage ausnahmslos einer Erwerbsbewilligung. Die Ausnahmen von der Erwerbsbewilligungspflicht für Verkäufe innerhalb der Familie sind darauf nicht anwendbar. Ebenso untersteht eine Übertragung von Anteilsrechten der Erwerbsbewilligungspflicht (Art. 61 Abs. 3 BGBB).128 Beantragte Neuregelung Die Bestimmungen zu den juristischen Personen werden in Weiterentwicklung des bisherigen Artikel 4 Absatz 2 BGBB und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung auf den Zweck des BGBB ausgerichtet. In Artikel 3 Absatz 5 E-BGBB wird neu der besondere Geltungsbereich auch auf juristische Personen, die ein landwirtschaftliches Grundstück oder Gewerbe als Hauptaktivum im Eigentum haben, ausgedehnt. Im neu geschaffenen Artikel 9a Absatz 1 E-BGBB werden die Voraussetzungen festgehalten, welche die juristische Person bezüglich Statuten und Geschäftszweck erfüllen muss. Nebst den Kriterien der Selbstbewirtschaftung (Art. 9 E-BGBB) müssen die Eigentümer der juristischen Person die in Absatz 2 festgehaltenen Quoren erfüllen. Demzufolge muss eine qualifizierte Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Stimmrechte und bei Kapitalgesellschaften zusätzlich zwei Drittel der Kapitalanteile den selbstbewirtschaftenden natürlichen Personen gehören. Die Selbstbewirtschafter müssen die juristische Person kontrollieren können und einen beherrschenden Einfluss auf die juristische Person ausüben. So können sie die Gesellschaft wie ihr eigenes Arbeitsinstrument einsetzen. Der landwirtschaftliche Betrieb oder das landwirtschaftliche Gewerbe muss persönlich durch diese natürlichen Personen geleitet und die landwirtschaftlichen Arbeiten müssen weitgehend durch diese selbst ausgeführt werden. Das landwirtschaftliche Grundstück oder Gewerbe darf nicht ausschliesslich von weisungsgebundenen Angestellten bewirtschaftet werden. Ebenso gilt das ausschliessliche Halten und Verwalten der Grundstücke nicht als Selbstbewirtschaftung. Setzt
sich die Eigentümerschaft aus mehreren selbstbewirtschaftenden natürlichen Personen zusammen, so ist davon auszugehen, dass die Arbeiten grossmehrheitlich durch diese persönlich in organisierter Arbeitsteilung ausgeführt werden. In Anwendung des qualifizierten Mehrs nach dem Obligationenrecht129 (OR) wird dabei auf eine Mehrheitsbeteiligung von mindestens zwei Dritteln abgestellt (Art. 704 und 808b OR). Damit wird sichergestellt, dass die juristische Person im Eigentum jener natürlichen Personen ist, die den Boden bewirtschaften und die Nutztiere halten (Art. 1 Abs. 1 Bst. a E-BGBB und Art. 1 Abs. 1 Bst. b E-BGBB). Mit einer Minderheitsbeteiligung von maximal einem Drittel können Nichtselbstbewirtschaftende keine Entscheide blockieren.

128 129

BGE 140 II 233 E 5.6.1 SR 220

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Die wesentlichen Merkmale juristischer Personen, die dem BGBB unterstellt sind und die Kriterien der Selbstbewirtschaftung erfüllen können, sind: ­

Die Hauptzweckbestimmung ist die landwirtschaftliche oder gartenbauliche Produktion, aus welcher auch der überwiegende Umsatz erzielt wird.

­

Die Aktiven der juristischen Person bestehen zur Hauptsache aus landwirtschaftlichen Gewerben oder landwirtschaftlichen Grundstücken.

­

Ein qualifiziertes Mehr der Stimmrechte von mindestens zwei Dritteln ist im Eigentum selbstbewirtschaftender natürlicher Personen.

Die Selbstbewirtschaftung kann glaubhaft dargelegt werden, wenn die Voraussetzungen sowohl von der juristischen Person (Art. 9a E-BGBB) als auch von deren Eigentümern (Art. 9 E-BGBB) kumulativ erfüllt werden.

Neu wird auch die Übertraung von Anteilsrechten an juristischen Personen der Bewilligung unterstellt, wenn diese in ihren Aktiven landwirtschaftliche Grundstücke oder Gewerbe haben. Die Bewilligung kann mit den nötigen Bedingungen und Auflagen verbunden werden (Art. 61 Abs. 1 E-BGBB).

In den überwiegendsten Fällen handelt es sich um kleine Unternehmen, die dem BGBB unterstellt sind. Sehr grosse und börsenkotierte Unternehmen fallen nicht unter den Schutzbereich des BGBB. Je mehr Eigentümerinnen und Eigentümer an der juristischen Person beteiligt sind, desto weniger kann die Selbstbewirtschaftung durch die einzelnen Eigentümer erfüllt werden. In Organisationen mit sehr vielen Eigentümern wird die Führung durch das oberste Organ der juristischen Person übernommen und das wirtschaftliche Risiko durch die Gesellschaft selbst getragen.

Das Risiko der einzelnen Anteilseigner beschränkt sich auf den Verlust des in die Anteilsrechte investierten Kapitals. Sehr grosse Unternehmen werden deshalb die Kriterien der Selbstbewirtschaftung nicht erfüllen. Neu werden Konzerne (z. B.

Holdings) und Stiftungen (Art. 80 ff. des Zivilgesetzbuchs130 [ZGB]) explizit ausgeschlossen (Art. 9a Abs. 3 E-BGBB). Die Selbstbewirtschaftung kann demnach nicht über die Stiftungsräte erfüllt werden. Der Stiftungsrat oder die Holding verwaltet nur das Vermögen der Gesellschaft. Die eigene Verwendung des Stiftungsvermögens durch Stiftungsräte widerspricht darüber hinaus den Prinzipien der Good Governance. Die Strukturen der dem Gesetz unterstellten juristischen Personen bleiben überschaubar. In die Beurteilung fliessen letztlich auch Betriebsgrösse, Produktionsrichtung, die technische Entwicklung, neue Produktionsmethoden usw. ein. Der Ermessenspielraum ermöglicht es, dem Einzelfall gerecht zu werden und entsprechend die Bewilligung zu erteilen.
Artikel 1, 3, 4, 9, 9a, 61, 62, 64 E-BGBB

130

SR 210

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5.2.2

Anpassungen bei der Belastungsgrenze

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Das BGBB sieht zum Schutz der Landwirtschaft vor Überschuldung vor, dass landwirtschaftliche Gewerbe und Grundstücke ohne Bewilligung des Kantons nur bis zur Belastungsgrenze mit grundpfandgesicherten Krediten belastet werden dürfen. Die Belastungsgrenze stützt auf den landwirtschaftlichen Ertragswert ab, welcher dem Kapital entspricht, das mit einer landesüblichen Bewirtschaftung verzinst werden kann (Art. 10 BGBB). Die Belastungsgrenze berücksichtigt damit das effektiv vorhandene wirtschaftliche Potenzial und die Fähigkeiten des Bewirtschafters oder der Bewirtschafterin nicht. Eine Überschreitung der Belastungsgrenze ist bereits heute mit kantonaler Bewilligung möglich. Die Praxis zur Bewilligung einer Überschreitung der Belastungsgrenze ist in den Kantonen unterschiedlich.

Beantragte Neuregelung Die Belastungsgrenze wird unverändert beibehalten. Die Überschreitung der Belastungsgrenze zur Vergabe von Hypothekarkrediten soll in Zukunft durch Banken und Versicherungen mit Sitz in der Schweiz ohne Bewilligung möglich sein. Die strengen Voraussetzungen für die Bewertung der Belastungsgrenze und die Verpflichtung zur Tilgung der Darlehen, welche mit einem Grundpfand über der Belastungsgrenze sichergestellt sind, bleiben unverändert erhalten. Damit werden Investitionsentscheidungen nicht mehr alleine von der Belastungsgrenze, sondern von der Wirtschaftlichkeit der Investitionen abhängig werden. Teure, ungesicherte Kredite wie Kontokorrentkredite, Maschinenkredite oder Leasing können vermieden werden. Der unternehmerische Handlungsspielraum wird gestärkt. Die Verantwortung bleibt sachgerecht bei den Betriebsleitenden und den kreditgebenden Gläubigern.

Ein Grundpfandrecht zugunsten von Banken und Versicherungen kann neu ohne Bewilligung die Belastungsgrenze übersteigen. Eine solche Überschreitung ist aber weiterhin nur unter Einhaltung der Bedingungen nach den Artikeln 77 und 78 BGBB möglich. Ein Verstoss gegen die Bestimmungen kann zur Löschung des Grundpfandes führen und hätte damit weitreichende Folgen sowohl für den Gläubiger als auch den Schuldner (Art. 78 Abs. 3 E-BGBB).
Artikel 76 E-BGBB

5.2.3

Stärkung der Position der Ehegatten

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Die WAK-SR beauftragte den Bundesrat am 12. Dezember 2012 im Rahmen der Motion 12.3990 «Frauen in der Landwirtschaft» (abgeschrieben am 12. Juni 2017), die ökonomische, soziale und rechtliche Absicherung der in der Landwirtschaft tätigen Frauen abzuklären und zu verbessern. Der Bundesrat stellte in seinem Bericht vom 16. September 2016131 fest, dass das BGBB auf einem traditionellen 131

Abrufbar unter: www.parlament.ch > 12.3990 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

4110

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Landwirtschaftsbild mit einem klassischen Familienverständnis basiert. Erbrechtlich sind die nicht am Eigentum beteiligten Ehegatten in der Landwirtschaft weitgehend geschützt, wenn sie den Betrieb weiterführen möchten. Lebzeitig sind jedoch Mitbeteiligungen des Ehegatten am Grundeigentum schwierig, weil auch jede Veräusserung des landwirtschaftlichen Gewerbes oder eines Anteils davon in der Regel ein Vorkaufsrecht der Geschwister und Geschwisterkinder auslöst (Art. 42 BGBB).

Beantragte Neuregelung Der massgebende Zeitraum für die Erhöhung des Anrechnungswertes in Artikel 18 Absatz 3 BGBB wird neu in Abhängigkeit der Lebensdauer der Investition festgelegt. Die vorgeschlagenen Zeiträume richten sich nach den unteren Grenzen der Gesamtnutzungsdauern gemäss Schätzungsanleitung 2018, beziehungsweise beim Boden nach der Dauer des Gewinnanspruchsrechtes nach Artikel 28 Absatz 3 BGBB. Damit wird das investierte Kapital während der Nutzungsdauer geschützt.

Die Berechnung des Gewinnanspruches (Art. 31 Abs. 1 erster Satz E-BGBB) wird präzisiert, um die korrekte Gewinnberechnung zu verbessern.

Ehegatten erhalten neu ein Vorkaufsrecht am Gewerbe (Art. 42 Abs. 1 E-BGBB), welches dem Vorkaufsrecht der Geschwister und Geschwisterkinder vorgeht. Ziel dieser Massnahme ist es, dass selbstbewirtschaftende Nichteigentümer-Ehegatten ein landwirtschaftliches Gewerbe im Rahmen einer Scheidung zum Ertragswert übernehmen können, ohne dass das Vorkaufsrecht der Geschwister und Geschwisterkinder ausgelöst wird. Ausserdem ermöglicht es Eigentümern landwirtschaftlicher Gewerbe, ihre Ehegatten auch eigentumsmässig an ihrem Gewerbe zu beteiligen.

Die Anpassung im Artikel 75 Absatz 1 Buchstabe e E-BGBB steht im Kontext der Sicherung von Gewinnanspruchsrechten von Ehegatten sowie von Ehegatten nach der Scheidung (Art. 212 Abs. 3 ZGB).

Ziel der Änderungen ist es, in Übereinstimmung mit dem oben erwähnten Bericht die Rahmenbedingungen für die güterrechtliche Auseinandersetzung im Scheidungsfall einfach und nachvollziehbar zu regeln und die Stellung der NichteigentümerEhegatten zu stärken. Mit diesen Massnahmen werden zudem die Empfehlungen des UNO-Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau betreffend «Frauen auf dem Land», die dieser 2009 und 2016 an die Schweiz gerichtet hat, umgesetzt.
Artikel 18, 31, 42 und 75 E-BGBB

5.2.4

Weitere Anpassungen

5.2.4.1

Administrative Entlastung

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Der Vollzug des BGBB wurde in den letzten 20 Jahren wenig angepasst und ist für die Kantone mit Aufwand verbunden. Die Ziele des BGBB bedingen einen gewissen administrativen Aufwand von Seiten der Bewilligungsbehörden. Für die Gesuchstellenden sind die Bewilligungspflichten jedoch von geringerer Bedeutung, da diese 4111

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nur sporadisch im Zusammenhang mit einem konkreten Rechtsgeschäft anfallen.

Nationalrat Karl Vogler forderte in seinem Postulat 15.3284 «Administrative Vereinfachung beim Vollzug des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht», dass das BGBB und das LPG auf mögliche administrative Vereinfachungen im Vollzug zu untersuchen sind. Der Bundesrat hat in seinem Bericht vom 29. März 2017 132 zum Postulat mögliche administrative Entlastungen evaluiert. Diese sollen nun teilweise umgesetzt werden.

Beantragte Neuregelung In Umsetzung der Motion Abate 17.4203 «Bäuerliches Bodenrecht. Ergänzung der Artikel 61 und 66 BGBB» wird eine maximale Geltungsdauer für die gestützt auf die Artikel 61 ff. BGBB erteilten Bewilligungen für den Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken festgelegt. Zudem sollen in Umsetzung des Postulats Vogler 15.3284 Banken und Versicherungen mit Sitz in der Schweiz keine Bewilligung mehr zur Überschreitung der Belastungsgrenze (Art. 76 E-BGBB) benötigen.
Artikel 60, 61 und 76 E-BGBB

5.2.4.2

Definition des Ertragswertes

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Der landwirtschaftliche Ertragswert entspricht dem Kapital, das mit dem Ertrag eines landwirtschaftlichen Gewerbes oder Grundstückes bei landesüblicher Bewirtschaftung zum durchschnittlichen Zinssatz für erste Hypotheken verzinst werden kann. Die Grundlagen werden aufgrund von Mittelwerten über eine lange Zeitspanne bestimmt. Bisher wurde dabei auf die von der Schweizerischen Nationalbank publizierten Zinssätze für erste variable Hypotheken abgestellt. Seit 2006 publiziert die Schweizerische Nationalbank diese Werte nicht mehr. Das Gesetz kann daher nicht mehr auf diesen Wert abstellen.

Beantragte Neuregelung Der Kapitalisierungssatz in Artikel 10 E-BGBB entspricht neu einem gewichteten langfristigen Kapitalkostensatz, welcher das Fremd- und das Eigenkapital des Unternehmens sowie das Branchenrisiko berücksichtigt. Die Berechnung des Kapitalisierungssatzes orientiert sich an üblichen Verfahren der Unternehmensbewertung der Wirtschaft.
Artikel 10 E-BGBB

132

Abrufbar unter: www.parlament.ch > 15.3284 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

4112

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5.2.4.3

Zuständigkeit für das BGBB

Neu wird nicht mehr das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), sondern das WBF für das BGBB zuständig sein.
Artikel 79, 88, 90 und 91 E-BGBB

5.3

Tierseuchengesetz

Heutige Regelung und Handlungsbedarf Das TSG enthält aktuell keinen Zweckartikel; lediglich die Ziele der Tierseuchenbekämpfung werden bezeichnet (Art. 1a TSG). Neben der herkömmlichen Tierseuchenbekämpfung hat in den letzten Jahrzehnten die Stärkung der Tiergesundheit im umfassenden Sinn an Bedeutung gewonnen, was sich u.a. an der verstärkten Nachfrage von Dienstleistungen der Tiergesundheitsdienste (vgl. Art. 11a TSG) zeigt.

Beantragte Neuregelung Der neue Zweckartikel soll die aktuelle Situation abbilden und als Zweck die Tierseuchenbekämpfung und -verhinderung sowie die Stärkung der Tiergesundheit nennen. Die Stärkung der Tiergesundheit ist nach aktuellem Wissensstand ein unerlässlicher Bestandteil der Tierseuchenbekämpfung. Denn Tiere, deren Anpassungsfähigkeit nicht überfordert ist und denen artgerechtes Verhalten ermöglicht wird, sind resistenter gegen Krankheiten. Sind das Wohlbefinden und die artgerechte Haltung der Tiere dagegen nicht sichergestellt, sind die Tiere gestresst und geschwächt und damit anfälliger für Krankheiten und Seuchen. Die Stärkung der Tiergesundheit ist primär Gegenstand der Tierseuchengesetzgebung. Gesunde Nutztiere tragen jedoch auch zu einer Verminderung des Arzneimitteleinsatzes und zu einer nachhaltigeren Nutzung der Ressourcen und der Sicherheit der tierischen Nahrungsmittel bei. Deshalb soll die Tiergesundheit von Nutztieren zukünftig auch mittels Direktzahlungen gestützt auf das LwG gefördert werden (vgl. Ziff. 5.1.3.5).

Um die Tiergesundheit zu stärken und erhalten zu können, bedarf es der Zusammenarbeit verschiedener Akteure. Der Bund, namentlich das BLW und das BLV, sollen sich daher den Aufbau und Betrieb eines Kompetenz- und Innovationsnetzwerkes für Tiergesundheit finanziell unterstützen können. Es sollen sich primär Organisationen, welche die Interessen von Tierhalterinnen und Tierhaltern vertreten (z. B.

Bauernverband), am Kompetenz- und Innovationsnetzwerk beteiligen. Zudem könnten die Tiergesundheitsdienste einbezogen werden.
Artikel 1 und 11b E-TSG

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6

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

6.1

Landwirtschaftsgesetz

Art. 2 Abs. 1 Bst. e Vgl. Ziffer 5.1.1.1.

Art. 2 Abs. 4bis Die dynamische Entwicklung der digitalen Technologien erfordert seitens des Bundes eine laufende Optimierung der Rahmenbedingungen und Massnahmen. Mit einem Grundsatz zur Digitalisierung wird auf Gesetzesebene festgehalten, dass der Bund das LwG wo notwendig so auslegt, dass die für die Digitalisierung notwendigen Technologien gefördert und Prozesse angepasst werden können. Zudem sollen digitale Technologien für den Vollzug der agrarpolitischen Massnahmen genutzt werden (vgl. auch Ziff. 5.1.1.2).

Art. 3 Abs. 3 und 3bis Die Formulierung in Absatz 3bis umfasst die Produktion von Aquakulturen (z. B.

Fische, Krebse und Weichtiere), Algen, Insekten, Wasserlinsen usw. Diese Aufzählung ist nicht abschliessend und sie soll alle lebenden Organismen betreffen, die nicht unter die Landwirtschaft beziehungsweise die landwirtschaftliche Produktion nach Artikel 3 Absatz 1 fallen. Folgende Massnahmen des LwG sollen für solche lebenden Organismen angewendet werden können: 2. Titel 1. Kapitel: Qualität, Absatzförderung, Marktentlastungsmassnahmen, Kennzeichnung, Einfuhr, Marktbeobachtung; 5. Titel: Strukturverbesserungsmassnahmen; 6. Titel: Forschung, Beratung, Förderung der Pflanzen- und Tierzucht sowie genetische Ressourcen; 7. Titel 4. Kapitel: Produktionsmittel.

Mit dieser neuen Formulierung ist auch die Fischzucht abgedeckt, die deshalb nicht mehr explizit in Artikel 3 Absatz 3 aufgeführt werden muss. Für die Fischzucht könnten mit dem Vorschlag neu Massnahmen des 6. Titels angewendet werden. Eine weitere Änderung ist der Verweis auf das 4. Kapitel (bisher: 2. Kapitel) des 7. Titels.

Dieser Verweis wurde im Zuge der Einführung eines neuen 1. und 2. Kapitels im 7. Titel mit der Agrarpolitik 2007 nicht nachgeführt. Gleiches gilt für die Berufsfischerei, für die der nicht mehr korrekte Verweis gleichfalls aktualisiert wird. Materiell bleiben die möglichen Massnahmen für die Berufsfischerei unverändert (vgl.

auch Ziff. 5.1.1.3).

Art. 6a Abs. 1 Zahlreiche Massnahmen des LwG haben einen Einfluss auf die Effizienz und die Intensität des Stickstoff- und Phosphoreinsatzes, weshalb der neue Artikel zu den Reduktionszielen im Bereich der Nährstoffverluste in den 1. Titel des LwG aufgenommen wird. Die Methodik der Berechnung der Nährstoffverluste hat sich in der 4114

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Vergangenheit geändert und kann sich auch in Zukunft wieder ändern. Deshalb enthält Absatz 1 nicht Zielwerte für den Absenkpfad der Stickstoff- und Phosphorverluste in Tonnen, sondern in Prozent. Basierend auf den aktuellen Werten und Berechnungsmethoden (nationale Input-Outputbilanzen nach OSPAR-Methodik) dürfen mit der angestrebten Reduktion um 10 Prozent im Jahr 2025 die maximalen Verluste an Stickstoff 102 403 Tonnen und an Phosphor 5478 Tonnen betragen. Für 2030 liegt die angestrebte Reduktion der Verluste bei 20 Prozent, womit die maximalen Verluste 91 025 Tonnen Stickstoff und 4869 Tonnen Phosphor betragen.

Damit das Ziel 2030 erreicht werden kann, müssen die Werte ab 2021 um jährlich 2 Prozent sinken.

Abs. 2 Nach Absatz 2 legt der Bundesrat fest, mit welcher Berechnungsmethode die Zielerreichung überprüft wird. Er stützt sich dabei auf die Grundlage der nationalen InputOutputbilanzen nach OSPAR-Methodik.

Abs. 3 Mit der Bestimmung werden die betroffenen Branchenorganisationen verpflichtet, geeignete Massnahmen zu ergreifen, die zu einer Reduktion der Stickstoff- und Phosphorverluste im dargelegten Umfang führen. Die vorgesehenen Massnahmen des Bundes unterstützen die Branchenorganisationen (vgl. Zusammenfassung in Ziff. 5.1.1.4).

Abs. 4 Zeigt die Entwicklung der Nährstoffverluste zwischen 2014/2016 und 2023, dass das Zwischenziel im Jahr 2025 voraussichtlich nicht erreicht wird, so muss der Bundesrat nach Artikel 6a Absatz 4 spätestens 2025 weitere Massnahmen zur Zielerreichung ergreifen. Bei den meisten agrarpolitischen Massnahmen verfügt der Bundesrat über einen grossen Handlungsspielraum auf Verordnungsstufe, den er bei einer Zielverfehlung gezielt nutzen kann. So könnte er beispielsweise beim ÖLN die Anforderungen an die Nährstoffbilanz weiter verschärfen, Änderungen an den ökologischen Programmen vornehmen oder die pflanzliche Produktion zugunsten der menschlichen Ernährung gegenüber der tierischen Produktion stärken. Zudem wird in Artikel 14 Absatz 6bis E-GSchG eine Delegationsnorm eingefügt, die den Bundesrat ermächtigt, bei einem Nichterreichen der Ziele tiefere Werte für die pro Hektare zulässige DGVE festzulegen.

Art. 16 Abs. 4 Artikel 16 Absatz 4 besagt, dass wenn ein Kantons- oder Ortsname in einer Ursprungsbezeichnung oder einer geografischen Angabe verwendet wird, der
Bundesrat sicherzustellen hat, dass die Registrierung mit einer allfälligen kantonalen Regelung übereinstimmt.

Die Kantone können von einer Ursprungsbezeichnung oder einer geografischen Angabe betroffen sein. Dies ist dann der Fall, wenn die gewünschte Bezeichnung dem Namen ihres Kantons oder einem Ort auf ihrem Kantonsgebiet entspricht oder wenn ihr Kantonsgebiet zu einem vorgeschlagenen geografischen Gebiet gehört. Die 4115

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Interessen der Kantone werden bei den Eintragungsverfahren der Bezeichnungen, von denen sie betroffen sind, berücksichtigt. Zu diesem Zweck involviert der Bundesrat die Kantone auf dem Verordnungsweg auf unterschiedliche Art und Weise, je nach Produkt, und sieht beispielsweise eine Anhörung oder eine Stellungnahme und ein Einspracherecht vor. Dennoch handelt es sich um ein vom Bund eingerichteten Schutzsystem zur Erstellung eines nationalen Registers, weshalb die Kantone in diesem Bereich keine gesetzgebende Gewalt innehaben. Somit können sie keine kantonale Regelung vorsehen. Aus diesen Erwägungen muss der Absatz aufgehoben werden.

Art. 28 Abs. 2, 38 Abs. 1 und 1bisund 39 Abs. 1bis und 2 Vgl. Ziffer 5.1.2.1 und 5.1.2.2.

Art. 41 Im Kapitel «Milchwirtschaft» soll ein zusätzlicher Abschnitt «Beitrag an die Milchprüfung» mit einem neuen Artikel 41 eingefügt werden.

Absatz 1 ermöglicht es dem Bund, Beiträge für die Prüfung der Milch zur Sicherstellung der Qualität und Hygiene auszurichten. Es handelt sich dabei um Finanzhilfen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990133. Durch die Kann-Formulierung entsteht kein Rechtsanspruch auf Beiträge.

Verantwortlich für die Milchprüfung sind die nationalen Produzenten- und Verwerterorganisationen. Diese beauftragen das Prüflabor mit der Durchführung der Milchprüfung. Die Beiträge des Bundes werden an die Milchbranche ausgerichtet und dienen als Beiträge zur Deckung eines Teils der Laborkosten. Es sollen nicht sämtliche Laborkosten vom Bund finanziert werden. Damit wird für die Milchbranche ein Anreiz gesetzt, ein Prüflabor auszuwählen, bei welchem ein möglichst günstiges Kosten-/Nutzenverhältnis vorliegt.

Die Anforderungen und das Verfahren für die Ausrichtung der Beiträge wird der Bundesrat festlegen (Abs. 3). Er wird das BLV mit dem Vollzug beauftragen und vorsehen, dass die Finanzhilfen gestützt auf eine Verfügung an die Milchbranche ausgerichtet werden. Die Finanzhilfen erfolgen in Form von Pauschalbeiträgen (Abs. 2) und stehen unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Kredite durch die eidgenössischen Räte. Da mehrere Prüflabors die Milchprüfung durchführen können und damit ein Wettbewerb vorhanden ist, lassen sich die Kosten reduzieren. Deshalb ist die Ausrichtung von Pauschalbeiträgen, deren Höhe sich an einer
kostengünstigen Aufgabenerfüllung orientiert, geeignet. Die Höhe der Beiträge soll jeweils so festgelegt werden, dass von Seiten der Milchbranche angemessene Eigenleistungen erbracht werden müssen. Damit wird dem im Lebensmittelrecht statuierten Grundsatz der Selbstverantwortung Rechnung getragen. Die Beteiligung des Bundes beläuft sich zurzeit auf rund 3 Millionen Franken pro Jahr und soll künftig sukzessive reduziert werden. Der Bundesrat strebt an, dass nach Ablauf von ungefähr 5­6 Jahren nach Inkrafttreten der neuen Subventionsbestimmung die Eigenleistung der

133

SR 616.1

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nationalen Produzenten- und Verwerterorganisationen auf mindestens 50 Prozent der Laborkosten erhöht wird.

Art. 46 Abs. 3 Die Verwertung sämtlicher verderblicher Lebensmittelabfälle soll für die Bewilligung eines höheren Tierbestands berücksichtigt werden können, sofern eine im öffentlichen Interesse liegende Entsorgungsaufgabe wahrgenommen wird und deren Einsatz in der Schweinefütterung sinnvoller ist als der Einsatz in einem herkömmlichen, trockenen Futtermittel.

Ein höherer Tierbestand für ständige Versuchstätigkeiten soll für alle Organisationen und Unternehmen möglich werden, soweit dies zur Durchführung der auf wissenschaftlichen Grundlagen basierenden Versuche und Prüfungen erforderlich ist und die statistisch ausgewerteten Resultate zur Unterstützung der Schweizer Tierproduktion beitragen.

Art. 58 Abs. 2 Vgl. Ziffer 5.1.2.4.

Art. 62 Vgl. Ziffer 5.1.2.5.

Art. 70 Abs. 1 Natürliche und juristische Personen sollen bezüglich der Beitragsberechtigung für Direktzahlungen gleich behandelt werden. In den juristischen Personen sind auch Gemeinden und Kantone eingeschlossen (vgl. Ziff. 5.1.3.1).

Abs. 2 In Absatz 2 werden die neuen Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft aufgenommen. Die bisherigen Beiträge zur Förderung der Vernetzung von Biodiversitätsförderflächen (vormals Art. 73 Abs. 3) und zur Förderung der Landschaftsqualität (vormals Art. 74) werden aufgehoben. Materiell werden die Förderinhalte in den neuen Beitrag für eine standortangepasste Landwirtschaft (Art. 76) überführt.

Die Ressourceneffizienzbeiträge werden gestrichen und die bestehenden Massnahmen entweder in den ÖLN oder in die Produktionssystembeiträge überführt (vgl.

auch Ziff. 5.1.3.1).

Art. 70a Abs. 1 Bst. c und i Die massgeblichen Bestimmungen der Gesetzesgrundlagen, die zur Ausrichtung von Direktzahlungen eingehalten werden müssen (Abs. 1 Bst. c), werden durch die 4117

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Natur- und Heimatschutzgesetzgebung ergänzt. Das NHG wird somit gleich behandelt wie die unter diesem Absatz erwähnten Bestimmungen.

Mit Buchstabe i wird die Pflicht für einen persönlichen Versicherungsschutz (vgl.

Ziff. 5.1.3.1) eingeschränkt auf mitarbeitende Ehepartnerinnen, Ehepartner, eingetragene Partnerinnen und Partner, die regelmässig und in beträchtlichem Masse auf dem Betrieb ihres Partners oder ihrer Partnerin mitarbeiten und nicht über ein ausreichend hohes eigenes Einkommen verfügen: ­

Regelmässige und beträchtliche Mitarbeit: Die Ehepartnerin, zum Beispiel, arbeitet regelmässig und in beträchtlichem Masse auf dem Betrieb mit, wenn die korrespondierende Frage in der Steuererklärung nach dem Ausmass der Mitarbeit bejaht oder wenn der Zweiverdienerabzug aufgrund einer erheblichen Mitarbeit geltend gemacht wird. Gemäss der für die Kantone verbindlichen Wegleitung zur Steuererklärung für natürliche Personen (betreffend direkte Bundessteuer 2017; ESTV 2017) und der entsprechenden Ausbildungsunterlagen (Einführung in die Besteuerung der natürlichen Personen; ESTV 2018) gilt die Mitarbeit der Ehepartnerin dann als regelmässig und beträchtlich, wenn einem Dritten dafür ein Jahreslohn mindestens in der Höhe des minimalen gesetzlichen Zweiverdienerabzugs (für die direkte Bundessteuer 8100 Fr.; 2019) bezahlt werden müsste.

­

Nicht ausreichend hohes eigenes Einkommen: Beträgt das in der Steuererklärung ausgewiesene Jahreseinkommen beispielsweise der Ehepartnerin (Bruttolohn aus einer unselbstständigen oder Eigenlohn aus selbstständiger Erwerbstätigkeit) nicht wenigstens 21 330 Franken (Eintrittsschwelle für 2. Säule; 2019), verfügt die Ehepartnerin gemäss der beantragten Neuregelung über ein nicht ausreichend hohes eigenes Einkommen.

Die beantragte Neuregelung für einen Sozialversicherungsschutz bezieht sich auf Ehen und eingetragene Partnerschaften. Eingetragene Partnerschaften sind registriert und werden steuerlich wie Ehen behandelt. Auf eine Ausdehnung der beantragten Neuregelung auf Konkubinatspartner und -partnerinnen wird dagegen aus folgenden Gründen verzichtet: Zum einen gelten sie als familienfremd, das heisst sie sind nicht ­ wie mitarbeitende Familienmitglieder in der Landwirtschaft ­ von gewissen Sozialversicherungen ausgenommen. Zum anderen ist aufgrund der separaten Besteuerung der Konkubinatspartner oder -partnerin eine Zuordnung zu einem landwirtschaftlichen Betrieb aufwendig und aus Datenschutzgründen heikel (vgl. auch Ziff. 5.1.3.1).

Abs. 2 Aufgrund des neuen Buchstabens i sieht der Bundesrat vor, die Kontrollpunkte in den ÖLN aufzunehmen, welche die KVU im 2017 als Empfehlung für die Umsetzung von Grundkontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben bestimmt hat (vgl. auch Ziff. 5.1.3.2).

Abs. 3 Bst. b Der Bundesrat ist bisher verpflichtet, Werte und Anforderungen für bäuerliche Betriebe festzulegen (Verweis vom bisherigen Art. 70a Abs. 3 Bst. b auf Art. 70a 4118

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Abs. 1 Bst. a). Auf dieser Basis werden bisher die juristischen Personen als Bewirtschafterinnen von Ganzjahresbetrieben auf Verordnungsebene (mit Ausnahmen) von den Direktzahlungen ausgeschlossen. Mit der Änderung von Artikel 70 Absatz 1 wird diese Bestimmung obsolet und der Verweis auf Artikel 70a Absatz 1 Buchstabe a kann gestrichen werden.

Abs. 3 Bst. c Mit dem neuen Buchstaben c wird die bisherige Bestimmung in Buchstabe d übernommen, wobei aber der Verweis auf Ausnahmen von der Begrenzung nach SAK aufgehoben werden kann.

Abs. 3 Bst. d Mit dem neuen Buchstaben d behält der Bundesrat die Kompetenz, bestimmte Betriebe oder bestimmte Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter als nicht bäuerlich von den Direktzahlungen auszuschliessen. Als nichtbäuerlich gelten weiterhin Betriebe mit einem Tierbestand über der Höchstbestandeslimite.

Mit der Aufnahme der Beitragsberechtigung für juristische Personen in Artikel 70 Absatz 1 kann der bisherige Buchstabe e aufgehoben werden. Falls es Betriebe oder Personen geben sollte, die die Anforderungen nach Buchstabe d nicht erfüllen, erhalten diese keine Direktzahlungen.

Abs. 3 Bst. e Der Bundesrat wird mit dem neuen Buchstaben e verpflichtet, Anforderungen für die Altersgrenze und die Ausbildungsanforderungen bei juristischen Personen festzulegen. Es ist vorgesehen, dass die juristischen Personen die Betriebsleiter oder die Betriebsleiterinnen dem kantonalen Landwirtschaftsamt melden. Dies ist kein Mehraufwand gegenüber heute, da für den Vollzug beispielsweise des Tierseuchenrechts oder anderer Meldepflichten verantwortliche Personen bestimmt und gemeldet werden müssen. Die Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen sollen mit einem Mindestpensum von der juristischen Person angestellt und auf dem Betrieb tätig sein (analog zum Selbstbewirtschafter oder zur Selbstbewirtschafterin). Sie müssen die Ausbildungsanforderungen erfüllen und die Altersgrenze einhalten (vgl. auch Ziff. 5.1.3.1).

Abs. 3 Bst. f Die Möglichkeit der Begrenzung der Direktzahlungen pro SAK nach dem bisherigen Buchstaben c wird aufgehoben. Die Begrenzung zeigte einzig Wirkung bei reinen Ackerbaubetrieben. Die Ackerkulturen können mit einem relativ geringen Arbeitsaufwand bewirtschaftet werden und sind deshalb mit dem Faktor von 0,022 SAK pro Hektare bewertet. Mit der bisherigen Begrenzung von 70
000 Franken je SAK werden die Direktzahlungen auf 1540 Franken pro Hektare limitiert. Das hat zur Folge, dass beispielsweise für 1 Hektare Getreide nur der Basisbeitrag Versorgungssicherheit plus der Zusatzbeitrag für die offene Ackerfläche und die Dauerkulturen ohne Begrenzungswirkung ausgerichtet werden können (total 1300 Fr./ha). Kommen die Teilnahme am Extenso- oder Biolandbau-Programm dazu, werden die Beiträge bereits begrenzt. Dies widerspricht dem ursprünglichen Zweck der Begrenzung, 4119

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keine Anreize für eine übermässige Ausdehnung von Ökoausgleichsflächen zu geben.

Nach dem bisherigen Buchstaben f bestimmt der Bundesrat Grenzwerte, ab denen die Beiträge auf die Fläche je Betrieb abgestuft oder reduziert werden. Diese Abstufung erfolgte bisher bei den Basisbeiträgen Versorgungsicherheit. Zudem werden die Biodiversitätsbeiträge auf 50 Prozent der LN limitiert. An diese Stelle tritt neu die Bestimmung, dass der Bundesrat die Beiträge je Betrieb oder je Beitragsart begrenzen kann. Diese neue Begrenzung kann sehr zielgerichtet und einfach umgesetzt werden. Die Summe der Beiträge je Betrieb soll ab 150 000 Franken begrenzt werden. Der Grenzwert soll analog zur heutigen Beitragsabstufung nach der Anzahl der Mitgliedsbetriebe einer Betriebsgemeinschaft erhöht werden. Es ist davon auszugehen, dass insgesamt ungefähr 3 Prozent der Betriebe, rund 1500 Betriebe, von der Begrenzung betroffen sein werden. Die Reduktion der Direktzahlungen dieser betroffenen Betriebe dürfte bei schätzungsweise rund 12 Millionen Franken liegen (vgl. auch Ziff. 5.1.3.1).

Art. 71 Abs. 1 Bst. a Der nach Zonen abgestufte Beitrag zur Förderung der Bewirtschaftung (Offenhaltungsbeitrag) der Kulturlandschaftsbeiträge wird aufgehoben und die Mittel werden vollständig in den Zonenbeitrag der Versorgungssicherheit umgelagert.

Die übrigen Kulturlandschaftsbeiträge (Steillagenbeiträge, Hangbeiträge, Hangbeiträge für Rebflächen, Alpungsbeiträge und Sömmerungsbeiträge) sollen unverändert weitergeführt werden (vgl. auch Ziff. 5.1.3.3).

Art. 72 Abs. 1 Bst. a Der nach Zonen abgestufte Beitrag (Abs. 1 Bst. a) ist flächenbezogen und soll von der Tal- bis zur Bergzone IV ansteigend sein. Er wird auch in der Talzone ausgerichtet. Der bisherige Mindesttierbesatz wird nicht weitergeführt (vgl. auch Ziff. 5.1.3.3).

Abs. 1 Bst. b Der Beitrag für offene Ackerfläche und Dauerkulturen (Abs. 1 Bst. b) soll gegenüber heute erhöht werden (vgl. auch Ziff. 5.1.3.3).

Art. 73 Am heutigen dreistufigen Biodiversitätsfördersystem mit den Qualitätsstufen I, II und den Vernetzungsbeiträgen wird im Kern festgehalten. So werden die Qualitätsstufe I und II weiterhin über Biodiversitätsbeiträge gefördert. Nur die Vernetzungsbeiträge sollen ab 2025 in die Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft (Art. 76) überführt werden. Die Anpassungen
in Artikel 73 LwG ermöglichen die Auszahlung von Zusatzbeiträgen an Betriebe, die im Bereich Biodiversität besondere Leistungen erbringen. Zudem ermöglichen sie die Ausrichtung von Beiträgen an 4120

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Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter, wenn diese eine kostenpflichtige Beratung in Anspruch nehmen, welche auf das Ziel der Erhaltung der Biodiversität ausgerichtet ist (vgl. Ziff. 5.1.3.4).

Art. 74 Diese Beiträge werden in den neuen Beitrag für eine standortangepasste Landwirtschaft (Art. 76) integriert.

Art. 75 Absatz 1 Buchstabe b wird umformuliert, damit auch ergebnisorientierte Elemente, wie eine Reduktion der Ammoniakemissionen in die Produktionssystembeiträge integriert werden können (vgl. Ziff. 5.1.3.5). Zudem soll im Gesetz nicht mehr explizit ein Beitrag pro Hektare vorgeschrieben werden, damit ein Beitrag für eine ergebnisorientierte Massnahme teilweise pro Betrieb ausgerichtet werden kann.

Mit Absatz 1 Buchstabe d wird ein neuer Beitrag für die Förderung der Tiergesundheit eingeführt (vgl. Ziff. 5.1.3.5).

Art. 76 Diese Beiträge werden in die Produktionssystembeiträge (Art. 75) integriert und Artikel 76 wird aufgehoben (vgl. Ziff. 5.1.3.5).

Art. 76 Abs. 1 Mit den Beiträgen für eine standortangepasste Landwirtschaft werden die bisher einzeln aufgeführten projektbezogenen Direktzahlungsarten für Vernetzung von Biodiversitätsförderflächen (Art. 73 Abs. 1 Bst. c) und Landschaftsqualität (Art. 74) in ein einziges projektbezogenes Instrument überführt. Die bestehenden Massnahmen (Vernetzungsbeitrag, Landschaftsqualitätsbeitrag) werden mit einer Übergangsfrist bis Ende 2024 aufgehoben. Im Rahmen dieser Beitragskategorie sollen neu auch regionale Massnahmen im Bereich nachhaltige Ressourcennutzung unterstützt werden. Mit dem neuen Beitrag soll die Standortanpassung der Landwirtschaft im Umweltbereich insbesondere dort unterstützt werden, wo Herausforderungen überbetrieblich angegangen werden müssen (z. B. Stoffeinträge in sensible Ökosysteme, Bereitstellung der ökologischen Infrastruktur) (vgl. Ziff. 5.1.3.6).

Abs. 2 Die bisher in separaten Projekten erarbeiteten Grundlagen in den Themenbereichen regionale Biodiversität (ökologische Vernetzung) und Landschaftsqualiät sollen um Grundlagen im Bereich nachhaltiger Nutzung natürlicher Ressoucen ergänzt und neu in einem themenübergreifenden regionalen Projekt zusammengefasst werden. Die Projektinhalte sind in Form einer RLS festzuhalten. Die RLS sollen eine Situationsanalyse in der Region enthalten, den Handlungsbedarf in den einzelnen Teilbereichen identifizieren und bei festgestelltem Handlungsbedarf Ziele formulieren. Die 4121

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zur Erreichung dieser Ziele zweckmässigen Massnahmen sowie die dafür vorgesehenen Direktzahlungsbeiträge sollen ebenfalls in der RLS dargelegt werden. Die Ausrichtung von Beiträgen für eine standortangepasste Landwirtschaft setzt eine bewilligte RLS voraus.

Für Massnahmen im Strukturverbesserungsbereich soll analog zur heutigen Regelung in Artikel 17 SVV künftig ein Zusatzbeitrag gewährt werden, wenn diese Massnahmen einen besonderen Beitrag zur Erreichung der Ziele der RLS leisten.

Ein solcher Zusatzbeitrag im Umfang von 10 Prozent der Projektkosten kann für ausgewählte Strukturverbesserungsmassnahmen (landwirtschaftlicher Hoch- und Tiefbau sowie PRE) gewährt werden. Der Zusatzbeitrag wird alleine durch den Bund finanziert (vgl. Ziff. 5.1.5.1).

Die Laufzeit für die Umsetzung der Projekte beträgt analog zur heutigen Regelung für Vernetzung und Landschaftsqualität acht Jahre. Der Bund unterstützt die Kantone bei der Entwicklung und Umsetzung der Projekte, indem er den Strategieprozess finanziell unterstützt (vgl. Ziff. 5.1.5.1) und geeignete Grundlagen zur Verfügung stellt. Diese Grundlagen umfassen im Bereich der Situationsanalyse beispielsweise räumlich explizite Daten zu Ziellücken bei den UZL oder Modelle zur Abschätzung von Massnahmen im Hinblick auf die zur Erreichung der UZL (z. B. PSM in Gewässern, Nitrat im genutzten Grundwasser, Ammoniakemissionen). Die Festlegung der zu analysierenden Umweltdaten in der Situationsanalyse ist Teil der laufenden Pilotprojekte (vgl. Ziff. 5.1.3.7).

Abs. 3 Bei der Ausgestaltung des Beitragskonzepts wird grundsätzlich die bestehende Regelung für die Landschaftsqualitätsbeiträge angewandt. Die Finanzierung der in den RLS festgelegten Beiträge für BSL wird von Bund und Kantonen gemeinsam vorgenommen, wobei der Bund maximal 90 Prozent der Beiträge übernimmt. Die Kantone haben unter Berücksichtigung allfälliger Vorgaben gemäss Absatz 4 die Möglichkeit, aufgrund des in der RLS aufgezeigten Handlungsbedarfs die Mittelverteilung vorzuschlagen. Dabei ist sicherzustellen, dass die in den Strategien festgelegten Ziele innerhalb der Laufzeit von acht Jahren in allen drei Themenbereichen erreicht werden.

Im Gegensatz zum heutigen Ansatz der Entwicklung aller Massnahmen durch die Trägerschaften soll den Projektträgerschaften von Seiten Bund ein Set von BSLMassnahmen
mit einheitlichen Förderparametern (z. B. Beitragshöhe, Auflagen, Kontrollpunkte) zur Verfügung gestellt werden, welche sich im Rahmen der bisherigen Instrumente bewährt haben. Daneben haben die Kantone oder Trägerschaften weiterhin die Möglichkeit regionsspezifische Massnahmen zu entwickeln.

Abs. 4 Um die Planungssicherheit für die Kantone oder regionalen Trägerschaften bei der Entwicklung von Massnahmen im Rahmen der RLS zu erhöhen, wird die Möglichkeit geschaffen, obere Grenzbeträge (Plafonds) für die Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft pro Kanton, pro Projekt oder pro thematischen Teilbereich nach Absatz 1 Buchstaben a­c (regionale Biodiversität, Landschaftsqualität, nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen) einzuführen. Mit der Möglichkeit zur 4122

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Plafonierung von Beiträgen soll insbesondere die Zielerreichung sichergestellt werden, indem keine ungewollte Umverteilung von Finanzen zwischen den einzelnen Teilbereichen der BSL vorgenommen werden kann.

Art. 77 Abs. 2 Die Beschreibung der Kreditsumme, die für die Übergangsbeiträge zur Verfügung stehen, wird der neuen Fassung der massgebenden Artikel angepasst.

Abs. 3 Absatz 3 regelt den Grundsatz für die Berechnung der einzelbetrieblichen Basiswerte, die als Grundlage zur Berechnung des jährlichen Übergangsbeitrags dienen.

Abs. 4 Der Bundesrat regelt die genaue Berechnungsmethode in der DZV. Die Begrenzung der Übergangsbeiträge aufgrund von Grenzwerten des Einkommens und Vermögens wird nicht weitergeführt. Diese hatte eine sehr geringe Wirkung und verursachte im Vollzug zum Teil grosse Aufwände für die Kantone (vgl. Ziff. 5.1.3.7).

Art. 86b Die neu vorgeschlagene Massnahme zur befristeten Unterstützung von Ernteversicherungen wird gesetzessystematisch in den 4. Titel des LwG eingereiht. Die Bezeichnung des 4. Titels wird von «Soziale Begleitmassnahmen» zu «Betriebliches Risikomanagement» geändert. Die bereits bestehende Massnahme Betriebshilfe (Art. 78­86) und die neue vorgeschlagene Massnahme (Art. 86b) bezwecken beide, die Landwirtinnen und Landwirte in ihrem betrieblichen Risikomanagement zu unterstützen. Während die Betriebshilfe den Betrieben hilft, unverschuldete finanzielle Bedrängnisse zu beheben, unterstützen die Beiträge zur Verbilligung von Ernteversicherungsprämien die Betriebe in ihrem Bestreben, Liquiditätsengpässe aufgrund von extremen Wetterereignissen zu verhindern.

Abs. 1 Die übergeordnete Zielsetzung der neuen Massnahme besteht in einer verbesserten Risikoabsicherung der landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber wetterbedingten Ertragsschwankungen. Konkret soll dieses Ziel dadurch erreicht werden, dass durch die staatlichen Beiträge die Versicherungsprämien von Ernteversicherungen sinken und dadurch die Marktdurchdringung von Ernteversicherungen steigt. Die Unterstützung von Ernteversicherungen ist auf Produkte eingeschränkt, die grossräumig auftretende Risiken wie insbesondere Trockenheit und Frost absichern. Eine Unterstützung von Hagelrisiken ist nicht vorgesehen.

Abs. 2 Die für die Verbilligung von Versicherungsprämien vorgesehenen Bundesmittel sollen den versicherten Landwirtinnen und Landwirten zugutekommen. Grundsätz4123

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lich können die Beiträge zur Verbilligung der Versicherungsprämien entweder direkt an die Versicherten ausgerichtet werden oder über die Versicherer an die Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen. Aus Gründen der administrativen Einfachheit soll die Auszahlung über die Versicherer erfolgen. Das Verfahren ist damit analog zur Prämienverbilligung gemäss dem Bundesgesetz vom 18. März 1994134 über die Krankenversicherung (vgl. Art. 65 Abs. 1 KVG). Im Gegenzug wird festgehalten, dass die Versicherer die Beiträge ausschliesslich zur Verbilligung der Versicherungsprämien verwenden müssen. Die Versicherer müssen dies dem Bund gegenüber belegen.

Abs. 3 Die Höhe des Beitragsansatzes wird auf 30 Prozent festgelegt. Damit sollen primär die Transaktionskosten der Versicherer abgedeckt werden, womit erreicht wird, dass netto kein Einkommenstransfer zur Landwirtschaft erfolgt.

Abs. 4 Der Bundesrat regelt die detaillierte Ausgestaltung der Massnahme. Er legt unter Berücksichtigung von Absatz 3 den genauen Beitragssatz fest und bestimmt, welche Versicherungen untestützt werden. Der Selbstbehalt der Versicherten soll mindestens 15 und maximal 30 Prozent betragen.

Abs. 5 Die befristete Unterstützung von Ernteversicherungen bezweckt eine bessere Absicherung der landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber grossräumig auftretenden wetterbedingten Risiken. Betriebe, die trotz staatlicher Prämienverbilligung die Versicherung nicht in Anspruch nehmen, haben im Schadenfall keinen Anspruch auf andere Unterstützungen des Bundes zum Schadensausgleich.

Art. 87 In der Sachüberschrift wird der Begriff «Grundsatz» durch «Zweck» ersetzt. Damit wird ausgedrückt, dass mit dem Artikel aufgezeigt werden soll, welches die Ziele der Strukturverbesserungsmassnahmen sind. Die bisher in Artikel 87 formulierten Hauptziele der Strukturverbesserungen widerspiegeln die tatsächlichen Zielsetzungen nur ungenügend: Beispielsweise nennt Buchstabe a lediglich die «Produktionskostensenkung» als Ziel und klammert die erlösseitige Wettbewerbsfähigkeit aus.

Buchstabe c führt ein Ziel auf, das von seiner Bedeutung und vom gegenwärtigen Mitteleinsatz her (3,1 Mio. Fr. im 2016) eher Teilziel- als Hauptzielcharakter hat.

Der aktuelle Buchstabe e («naturnaher Rückbau von Kleingewässern») ist kein Ziel, sondern eine Massnahme zur Förderung der Biodiversität. Deshalb wird vorgeschlagen, die Hauptziele in Artikel 87 folgendermassen anzupassen (vgl. dazu auch Ziff. 5.1.5.1).

­

134

Buchstabe a enthält neu als Ziel die Stärkung der betrieblichen Wettbewerbsfähigkeit im umfassenden Sinne, was neben der Kostensenkung auch SR 832.10

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die erlösseitige Steigerung der Wertschöpfung (inkl. Vergrösserung des unternehmerischen Spielraums) umfasst.

­

Die bisher unter Buchstabe b aufgeführte Zielsetzung «Verbesserung der Lebensverhältnisse» soll ergänzt werden mit «Verbesserung der Arbeitsund Lebensbedingungen». Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist gemäss Evaluation der EFK von 2015 eine wichtige Zielsetzung der Investitionshilfen. Die Zielsetzung einer «Verbesserung der Lebensbedingungen» kann in Anbetracht der Beibehaltung der IK für Betriebsleiterwohnungen (Ziff. 5.1.5.3) beibehalten werden.

­

In Buchstabe c wird neu der «Schutz und die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionskapazität» als Hauptziel definiert. Hierzu zählen neben der Verbesserung und dem Schutz der landwirtschaftlichen Infrastruktur auch das Teilziel «Erhaltung und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit» oder das Teilziel «Sicherung einer flächendeckenden Bewirtschaftung». Das bisherige Ziel «Schutz vor Naturgefahren», das heisst der «Schutz des Kulturlands sowie landwirtschaftlicher Bauten und Anlagen vor Verwüstung und Zerstörung durch Naturereignisse», wird somit nicht mehr als Hauptziel aufgeführt, sondern ist in der neuformulierten Zielsetzung enthalten.

­

Buchstabe d fokussiert neu auf die «Förderung der umwelt- und tierfreundlichen Produktion» und ersetzt damit den bisherigen Buchstaben d. Da die bisher unter Buchstabe d aufgeführte «Verwirklichung raumplanerischer Anliegen» lediglich bei umfassenden Gesamtmeliorationen ein Ziel ist, wird diese Zielsetzung neu als Teilziel definiert und künftig unter Buchstabe e («Stärkung des ländlichen Raums») subsummiert. Da der Zweckartikel lediglich die Hauptziele festhält, wird unter Buchstabe d auf eine Unterscheidung zwischen «tierfreundlicher Produktion» (im Sinne von Art. 75 Abs. 1 Bst. c) und «Tiergesundheit» (im Sinne von Art. 75 Abs. 1 Bst. d) verzichtet.

­

Im neuen Buchstaben e soll die zweite Zielsetzung, die im aktuellen Buchstaben b enthalten ist («Verbesserung der Wirtschaftsverhältnisse im ländlichen Raum»), aufgenommen und neu als eigenständige Hauptzielsetzung aufgeführt werden («Stärkung des ländlichen Raums, insbesondere des Berggebietes»). Diese Zielsetzung umfasst als Teilziele die Stärkung der branchenübergreifenden Zusammenarbeit, die Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe sowie die Realisierung raumplanerischer Anliegen. Mit der expliziten Erwähnung des Berggebietes ­ als Teil des ländlichen Raumes ­soll den spezifischen Standortnachteilen des Berggebiets Rechnung getragen werden.

Art. 87a Abs. 1 Bisher waren die im Rahmen der Strukturverbesserungen geförderten Massnahmen in verschiedenen Artikeln des 5. Titels aufgeführt. Zwecks verbesserter Übersicht wird im Artikel 87a Absatz 1 neu festgelegt, welche Massnahmenkategorien mit Strukturverbesserungen unterstützt werden (vgl. dazu auch Ziff. 5.1.5.1). Die Zuordnung der zahlreichen Einzelmassnahmen der Strukturverbesserungen zu den 4125

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Massnahmenkategorien nach Artikel 87a Absatz 1 (E-LwG) ist in Tabelle 18 festgehalten. Die explizite Aufführung der Einzelmassnahmen und deren Zuordnung zu den Massnahmenkategorien wird der Bundesrat in der SVV vornehmen.

Tabelle 18 Zuordnung der Einzelmassnahmen zu den Massnahmenkategorien nach Art. 87a Abs. 1 LwG Massnahmen im Tiefbau Buchstabe a Ziffer 1: Meliorationen a. einfache Landumlegungen zur Neuordnung des Grundeigentums und der Pachtverhältnisse b. Gesamtmeliorationen, welche die Interessen der Landwirtschaft und andere Nutzungsinteressen berücksichtigen, zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen beitragen sowie die haushälterischen Nutzung des Bodens fördern Buchstabe a Ziffer 2: landwirtschaftliche Transportinfrastrukturen a. Wegebauten b. Transportanlagen Buchstabe a Ziffer 3: Anlagen und Massnahmen im Bereich des Boden- und Wasserhaushalts a. Bewässerungsanlagen b. Entwässerungsanlagen und Drainagen Buchstabe a Ziffer 4: Basisinfrastrukturen im ländlichen Raum a. Wasserversorgungen b. Elektrizitätsversorgungen c. Breitbandanschlüsse Buchstabe b Ziffer 1: Bauten und Anlagen für die Verarbeitung, Lagerung und Vermarktung regionaler, landwirtschaftlicher Produkte a. gemeinschaftliche Bauten und Anlagen von Produzenten oder Produzentinnen.

b. Bauten und Anlagen gewerblicher Kleinbetriebe, sofern sie mindestens die erste Verarbeitungsstufe umfassen c. einzelbetriebliche Bauten und Anlagen Buchstabe b Ziffer 2: landwirtschaftliche Ökonomie- und Wohngebäude und Anlagen a. Ökonomiegebäude mit darin installierten Anlagen b. Alpgebäude mit darin installierten Anlagen c. Betriebsleiterwohnungen 4126

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Massnahmen im Tiefbau d. Anlagen zur Verbesserung der Produktion von Spezialkulturen sowie die Erneuerung von Dauerkulturen Buchstabe b Ziffer 3: Massnahmen zur Diversifizierung der Tätigkeit im landwirtschaftsnahen Bereich a. einzelbetriebliche Bauten und Einrichtungen zur Diversifizierung der landwirtschaftsnahen Tätigkeit b. gemeinschaftliche Bauten und Einrichtungen, um Energie aus Biomasse zu gewinnen Buchstabe c: Projekte zur regionalen Entwicklung a. PRE und zur Förderung von einheimischen und regionalen Produkten, an denen die Landwirtschaft vorwiegend beteiligt ist Buchstabe d Ziffer 1: Massnahmen zur Förderung der Tiergesundheit und einer besonders umwelt- und tierfreundlichen Produktion a. Bauten, Einrichtungen, Fahrzeuge und Maschinen sowie technische Anwendungen im Bereich Digitalisierung und Automatisierung, die sich positiv auf Umwelt und Tiergesundheit und Tierwohl auswirken Buchstabe d Ziffer 2: Massnahmen zur Förderung der überbetrieblichen Zusammenarbeit a. gemeinschaftliche Initiativen von ProduzentInnen zur Senkung der Produktionskosten b. gemeinschaftlicher Kauf von Maschinen, Einrichtungen und Fahrzeugen, um die Betriebe zu rationalisieren c. Aufbau von bäuerlichen Selbsthilfeorganisationen im Bereich der marktgerechten Produktion und der Betriebsführung Buchstabe d Ziffer 3: Massnahmen zur Förderung des Erwerbs landwirtschaftlicher Betriebe und Grundstücke a. Starthilfe für Junglandwirte ­und wirtinnen, die einen Betrieb in Eigentum oder in Pacht bewirtschaften b. Unterstützung des Kaufs eines landwirtschaftlichen Gewerbes von Dritten durch Pächter und Pächterinnen c. Unterstützung des Kaufs eines landwirtschaftlichen Grundstücks Buchstabe d Ziffer 4: Erarbeitung regionaler landwirtschaftlicher Strategien a. Planungs- und Entwicklungsarbeiten, die zu einem Planungsprodukt führen, das eine koordinierte (sektorübergreifende) Gesamtentwicklung innerhalb eines bestimmten regionalen Perimeters ermöglicht

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Die Definition der einzelnen Massnahmen und die Zuteilung der Massnahmen, die mit Beiträgen nach Artikel 96 oder IK nach Artikel 106 gefördert werden, erfolgt durch den Bundesrat.

Die Einführung von Artikel 87a E-LwG ermöglicht zudem die Streichung von weiteren Artikeln, die im 5. Titel des LwG enthalten sind (u. a. Art. 94 und 107a).

Zudem wird die Systematik des 5. Titels verbessert.

Abs. 2 Grundsätzlich wird zwischen einzelbetrieblichen und gemeinschaftlichen Massnahmen unterschieden.

Art. 88 Es wird zwischen gemeinschaftlichen Massnahmen und umfassenden gemeinschaftlichen Massnahmen unterschieden (Abs. 1).

Nach Absatz 2 sind gemeinschaftliche Massnahmen dadurch definiert, dass mindestens zwei Betriebe nach Artikel 89 beteiligt sind oder es sich um einen Sömmerungsbetrieb oder einen gewerblichen Kleinbetrieb handelt, der landwirtschaftliche Rohstoffe verarbeitet.

Die umfassenden gemeinschaftlichen Massnahmen gemäss Absatz 3 sind eine spezifische Form der gemeinschaftlichen Massnahmen wie die Neuordnung des Grundeigentums (Art. 87a Abs. 1 Bst. a Ziff. 1) oder landwirtschaftliche Transportinfrastrukturen (Art. 87a Abs. 1 Bst. a Ziff. 2; vgl. Art. 11 und 14 SVV).

Art. 89 Abs. 1 Bst. b, g und h sowie Abs. 3 Alle Voraussetzungen für einzelbetriebliche Massnahmen werden in einem Artikel aufgeführt. Die beantragte Neuregelung zur Wirtschaftlichkeitsprüfung wird in Absatz 1 Buchstabe b festgehalten (vgl. Ziff. 5.1.5.2). In Absatz 1 Buchstaben g und h sowie Absatz 3 werden bestehende einzelbetriebliche Bestimmungen bezüglich Selbstbewirtschaftung und Baurechten aus den Artikeln 96 Absätze 2 und 3 sowie 106 Absätze 1, 2 Buchstabe c und 5 integriert.

Art. 93 Der Artikel regelt die Grundsätze für die Gewährung von Beiträgen. Aufgrund der Einführung von Artikel 87a werden die mit Beiträgen unterstützten Einzelmassnahmen nicht mehr in Artikel 93 Absatz 1 geregelt.

Absatz 2 gibt dem Bundesrat die Kompetenz, die Höhe des Beitragssatzes festzulegen (bisher Art. 95 Abs. 1 und 2). Neu wird nur noch ein maximaler Beitragssatz von 50 Prozent genannt. Damit werden die beiden bisherigen Bestimmungen in Artikel 95 Absätze 1 (40 %) und 2 (50 % im Berggebiet) abgedeckt. Mit der Erhöhung der Obergrenze des Beitragssatzes des Bundes im Ausnahmefall von 50 auf 60 Prozent soll die Möglichkeit geschaffen werden,
dass für umfassende gemeinschaftliche Massnahmen im Berg- und Sömmerungsgebiet ebenfalls ein Zusatzbeitrag aufgrund der RLS gesprochen werden kann. Heute kann es vorkommen, dass 4128

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solche Projekte bereits mit 50 Prozent Bundesbeitrag unterstützt werden. Bei diesen Projekten wäre der Anreiz für eine RLS somit nicht mehr vorhanden, weil ohne Erhöhung des maximalen Beitragssatzes auf 60 Prozent gar kein Zusatzbeitrag gesprochen werden könnte.

Für die Ausrichtung von Strukturverbesserungsbeiträgen des Bundes wird weiterhin eine angemessene finanzielle Beteiligung der Kantone vorausgesetzt (Abs. 3).

Gleichzeitig mit der Erhöhung der Obergrenze des Beitragssatzes des Bundes für Strukturverbesserungsmassnahmen wird festgelegt, dass Projektträgerschaften einen minimalen finanziellen Beitrag an ein Projekt beisteuern müssen. Die finanzielle Beteiligung der Trägerschaft soll mindestens 5 Prozent der anrechenbaren Kosten betragen. Dies stellt die Identifikation der Trägerschaft mit den Vorhaben und verhindert, dass Projekte ohne ausreichenden Bedarf realisiert werden.

Zur Behebung besonders schwerer Folgen von ausserordentlichen Naturereignissen kann der Bund gemäss Absatz 4 weiterhin einen Zusatzbeitrag von höchstens 20 Prozent über die 60 Prozent hinaus gewähren (bisher Art. 95 Abs. 3).

Das Festlegen der Höhe der Beitragsansätze und der anrechenbaren Kosten (Abs. 5) wird weiterhin an den Bundesrat delegiert. Dieser soll die Höhe der Beitragssätze in Abhängigkeit des Massnahmentyps differenzieren können. Einzelbetriebliche Massnahmen gemäss Artikel 89 sollen mit geringeren Beitragsansätzen unterstützt werden als gemeinschaftliche nach Artikel 88. Innerhalb der gemeinschaftlichen Massnahmen wiederum sollen umfassende gemeinschaftliche Massnahmen von höheren Beitragssätzen profitieren als «normal» gemeinschaftliche.

Absatz 6 entspricht dem bisherigen Absatz 4.

Art. 94 Da die bisher in Artikel 94 definierten Massnahmen neu durch Artikel 87a Absatz 1 abgedeckt werden, kann der Artikel aufgehoben werden.

Art. 95 Der bestehende Artikel wird aufgehoben, da der Inhalt der Absätze 1­3 neu in Artikel 93 Absätze 2 und 3 geregelt wird.

Die bisherige Bestimmung in Absatz 4 wird nicht mehr auf Gesetzesstufe gehalten.

Während die «Grundlagenbeschaffungen» sowie die «Sicherung und Wiederherstellung» im Zusammenhang mit Unwettern aktuell nur auf Verordnungsstufe geregelt sind, wurden die periodische Wiederinstandstellung von Bodenverbesserungen bisher auf Gesetzesstufe (Art. 95 Abs. 4)
geregelt. Im Sinne der Einheitlichkeit sollen diese drei Einzelmassnahmen künftig in der SVV geregelt werden.

Artikel 95 legt neu fest, in welchen Massnahmenkategorien nach Artikel 87a Absatz 1 einzelbetriebliche Massnahmen mit Beiträgen unterstützt werden.

Neu sollen auch Beiträge an einzelbetriebliche Vorhaben für die Verarbeitung, Lagerung und Verkauf regionaler landwirtschaftlicher Produkte unterstützt werden (Art. 87a Abs. 1 Bst. b Ziff. 1). Diese Tätigkeiten gehören zur Kernlandwirtschaft

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(Art. 3 Abs. 1). Damit kann eine Harmonisierung der Förderlogik zwischen einzelbetrieblichen Massnahmen und PRE erreicht werden.

Neu sollen auch Beiträge für die Diversifizierung im Rahmen von einzelbetrieblichen Vorhaben nach Artikel 87a Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 3 unterstützt werden (Harmonisierung mit PRE). Diversifizierungsvorhaben mit engem sachlichen Bezug zum landwirtschaftlichen Gewerbe (Beispiel: Agrotourismus) können in bestehenden Gebäuden bewilligt werden (Art. 24b Abs. 1bisRPG).

Nicht mit einzelbetrieblichen Beiträgen unterstützte Einzelmassnahmen innerhalb der geförderten Massnahmenkategorie nach Artikel 87a Absatz 1 sind: ­

unter Buchstabe b Ziffer 1 die Verarbeitung, Lagerung und der Verkauf von mehreren Produzenten und gewerblichen Kleinbetrieben; und

­

unter Buchstabe b Ziffer 2 die Alpgebäude (gemeinschaftliche Massnahme), Anlagen zur Verbesserung der Produktion von Spezialkulturen (nur IK) und die Betriebsleiterwohnungen (nur IK).

Art. 96 Artikel 96 legt fest, in welchen Massnahmenkategorien nach Artikel 87a Absatz 1 gemeinschaftliche Massnahmen mit Beiträgen unterstützt werden. Neu gilt die Förderung der gewerblichen Kleinbetriebe als gemeinschaftliche Massnahme. Nicht mit gemeinschaftlichen Beiträgen unterstützte Einzelmassnahmen innerhalb der geförderten Massnahmenkategorie sind einzelbetriebliche Vorhaben zur Verarbeitung, Lagerung und Vermarktung nach Artikel 87a Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 1 sowie landwirtschaftliche Ökonomie- und Wohngebäude und Anlagen zur Verbesserung der Produktion von Spezialkulturen nach Artikel 87a Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 2 (einzelbetriebliche Massnahme bzw. nur IK).

Art. 97 Abs. 1, 2 und 6 Da in den Artikeln 95 und 96 neu genau definiert wird, welche Massnahmen mit Beiträgen unterstützt werden, braucht es in Absatz 1 keine Präzisierung mehr, welche Projekte der Kanton genehmigt.

Im Sinne der administrativen Vereinfachung ist der Kanton gemäss Absatz 2 nur noch bei denjenigen Projekten, bei denen ein Bundesinventar betroffen ist, verpflichtet, eine Stellungnahme des BLW einzuholen. Eine Stellungnahme bei den übrigen Projekten ist für ihn freiwillig (vgl. auch Ziff. 5.1.5.4).

Absatz 6 entfällt, weil die Ausnahme der Stellungnahmepflicht bereits in Absatz 2 definiert ist.

Art. 97a Dieser Artikel wurde im Rahmen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) eingeführt. Da er bisher nicht angewendet wurde, soll er aufgehoben werden.

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Art. 98 Der Verweis auf Artikel 87a Absatz 1 wird angepasst.

Art. 105 Artikel 105 regelt weiterhin die Grundsätze für die Gewährung von IK. Aufgrund der Einführung von Artikel 87a werden die mit IK unterstützten Einzelmassnahmen analog zu Artikel 93 nicht mehr in Artikel 105 geregelt.

Die Absätze 2­7 umfassen bereits bestehende Regelungen aus den bisherigen Absätzen 1­4 sowie aus Artikel 106 Absätze 3 und 5.

Art. 106 Der Artikel legt neu fest, in welchen Massnahmenkategorien nach Artikel 87a Absatz 1 einzelbetriebliche Massnahmen mit IK unterstützt werden. Nicht mit einzelbetrieblichen IK unterstützte Massnahmen innerhalb der geförderten Massnahmenkategorie nach Artikel 87a Absatz 1 sind unter Buchstabe b Ziffer 1 die Verarbeitung, Lagerung und der Verkauf von mehreren Produzenten und gewerblichen Kleinbetrieben, unter Buchstabe b Ziffer 2 die Alpgebäude und unter Buchstabe b Ziffer 3 die gemeinschaftlichen Anlagen im Bereich der Energieproduktion aus Biomasse (alles gemeinschaftliche Massnahmen).

Alle bisherigen Absätze in Artikel 106 können aufgehoben werden, da deren materielle Bestimmungen neu in den Artikeln 87a, 89 oder 105 festgehalten sind.

Art. 107 Der Artikel legt neu fest, in welchen Massnahmenkategorien nach Artikel 87a Absatz 1 gemeinschaftliche Massnahmen mit IK unterstützt werden. Grundsätzlich werden die gemeinschaftlichen Massnahmen nach Artikel 87a Absatz 1 Buchstaben a, b, c und d Ziffer 2 mit IK unterstützt. Allerdings gibt es einige Ausnahmen, welche Buchstabe b Ziffern 2 und 3 betreffen und explizit eine einzelbetriebliche Massnahme sind: Dies sind bei Buchstabe b Ziffer 2 die Ökonomiegebäude, Betriebsleiterwohnungen und die Anlagen zur Verbesserung der Produktion von Spezialkulturen und bei Buchstabe b Ziffer 3 sind dies Bauten und Einrichtungen zur Diversifizierung.

Die Möglichkeit zur Gewährung von IK in Form von Baukrediten entspricht der bisherigen Formulierung von Absatz 2.

Art. 107a Die Gewährung von IK für gewerbliche Kleinbetriebe ist neu über Artikel 107 und Artikel 87a Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 1 abgedeckt. Der Delegationskompetenz an den Bundesrat im bisherigen Absatz 2 ist neu in Artikel 105 Absatz 7 enthalten.

Folglich kann Artikel 107a aufgehoben werden.

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Art. 113 Vgl. Ziffer 5.1.6.1.

Art. 114­117 Vgl. Ziffer 5.1.6.2.

Art. 118 und 119 Vgl. Ziffer 5.1.6.3.

Art. 120 und 121 Vgl. Ziffer 5.1.6.4.

Art. 141 Die Datenerhebung und -auswertung im Bereich der züchterischen Massnahmen soll vom Bund stärker gefördert werden können. Die züchterischen Massnahmen, die unterstützt werden sollen, sind in Absatz 3 aufgeführt. Insbesondere die Erfassung und die Auswertung von Merkmalen, welche einen Einfluss auf die Bereiche Wirtschaftlichkeit, Produktequalität, Umweltwirkung, Tiergesundheit, einschliesslichTierwohl, sowie Ressourceneffizienz haben und in den betreuten Populationen züchterisch bearbeitet werden, sollen vom Bund subsidiär abgegolten werden können. Die Förderung beinhaltet neben der Merkmalserfassung auch die adäquate statistische Auswertung, um zuverlässige und aussagekräftige Zuchtwerte verfügbar zu machen.

Im Bereich Herdebuchführung ist vorgesehen, dass die Zuchtförderbeiträge nur ausbezahlt werden, wenn die Datenverwaltung je Gattung zentral erfolgt. Dies soll mittelfristig ein einheitliches Datenmanagement je Gattung begünstigen und somit im privaten wie auch im öffentlichen Sektor zu administrativen Vereinfachungen führen.

Die Absätze 5 und 6 wurden aus dem bisherigen Artikel 143 übernommen. Es handelt sich deshalb nur um formelle Anpassungen.

Art. 142­144 Neu enthält Artikel 141 die Bestimmungen für die Beitragsgestaltung, die Beitragsgewährung und die Anerkennung von Organisationen. Deshalb können die bestehenden Artikel 142­144 aufgehoben werden.

Art. 146a Diese Ergänzung erfolgt aufgrund der aktuellen Diskussion in der EU betreffend das Verbot des Klonens von Tieren für die Lebensmittelproduktion. Nebst dem Verbot des Klonens von Tieren soll ebenfalls der Import lebender Klontiere und daraus erzeugter Lebensmittel wie Fleisch oder Milch untersagt werden.

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Art. 146b Dieser Artikel soll neu eingeführt werden, um die Erfassung, Vernetzung, Auswertung und breite Nutzung von Daten zu fördern und dadurch zur besseren Nutzung von Synergien beizutragen.

Art. 147 Da die Gesetzesgrundlage für das Gestüt in den neuen Artikel 121 überführt wird, kann der bestehende Artikel 147 aufgehoben werden.

Art. 149 Abs. 2 Dieser Absatz kann aufgehoben werden, da die Delegation an den Bundesrat zum Erlass von Vorschriften zum Schutz von Pflanzenmaterial vor besonders gefährlichen Schadorganismen in den Artikeln 152 und 153 detaillierter geregelt ist.

Art. 151 und 152 Die Pflicht, die Grundsätze des Pflanzenschutzes zu beachten, ist zu allgemein und nicht justiziabel. Deshalb kann auf diese Bestimmung verzichtet werden. Die Meldepflicht wird in Artikel 152 Absatz 2bis verschoben. Somit kann Artikel 151 aufgehoben werden.

Art. 153a Vgl. Ziffer 5.1.7.1.

Art. 156 Abs, 1 Vgl. Ziffer 5.1.7.1.

Art. 160b Abs. 1 Die nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b NHG beschwerdeberechtigten Organisationen können innerhalb von 14 Tagen nach der Information über ein Verfahren betreffend Pflanzenschutzmitteln die Parteistellung beantragen. Im Unterschied zu einer Beschwerdefrist, welche in der Regel 30 Tage beträgt, da die Parteien eine Beschwerde einschliesslich Begründung einzureichen haben, wird hier nur die Beantragung der Parteistellung verlangt. Aus diesem Grund ist eine Frist von 14 Tagen gerechtfertigt.

Bei der vorgesehenen Vorschrift betreffend die Parteistellung von beschwerdeberechtigten Organisationen gestützt auf Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b NHG handelt es sich um eine Lex specialis zu Artikel 12b NHG. Im Unterschied zum NHG sollen die beschwerdeberechtigten Organisationen bereits im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ­ vor Erlass der Verfügung ­ einbezogen werden und Einsicht in die Akten erhalten.

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Abs. 2 Wird keine Parteistellung beantragt, so ist dies als Verzicht auf die Teilnahme am Verfahren zu verstehen und der weitere Rechtsweg steht nicht mehr offen.

Abs. 3 Gemäss Artikel 30 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968135 (VwVG) hört die Behörde die Parteien an, bevor sie verfügt. Entsprechend hat die Zulassungsbehörde in Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln grundsätzlich auch die gestützt auf Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b NHG beschwerdeberechtigten Organisationen, welche Parteistellung erhalten haben, vor Erlass einer Verfügung anzuhören. Nach Artikel 30 Absatz 2 VwVG kann ausnahmsweise auf eine vorgängige Anhörung verzichtet werden. So braucht eine Behörde die Parteien in einem erstinstanzlichen Verfahren vor Erlass einer Verfügung gestützt auf Artikel 30 Absatz 2 Buchstabe e VwVG nicht anzuhören, wenn Gefahr im Verzug ist, den Parteien die Beschwerde gegen die Verfügung zusteht und ihnen keine andere Bestimmung des Bundesrechts einen Anspruch auf vorgängige Anhörung gewährleistet.

Beim Verfahren zur Zulassung eines Pflanzenschutzmittels handelt es sich einerseits um ein erstinstanzliches Verwaltungsverfahren und andererseits sind die Organisationen nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b NHG beschwerdeberechtigt. Entsprechend kann die Zulassungsbehörde in den Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln von einer Anhörung der beschwerdeberechtigten Organisationen absehen, wenn Gefahr in Verzug ist. Dies betrifft beispielsweise Zulassungen zur Bewältigung einer Notfallsituation nach Artikel 40 der Pflanzenschutzmittelverordnung vom 12. Mai 2010136 (PSMV).

Abs. 4 Die Einzelheiten des Verfahrens, wie beispielsweise die Form der Information über ein Verfahren betreffend Pflanzenschutzmittel, werden durch den Bundesrat festgelegt.

Art. 164a Damit die vorgeschlagenen Massnahmen zur Reduktion von N- und P-Verlusten auf der Basis der Nährstoffbilanz (vgl. Ziff. 5.1.1.4 und 5.1.3.2) wirkungsvoll sind, ist eine Verbesserung der Datengrundlage zu den Nährstoffflüssen auf den landwirtschaftlichen Betrieben notwendig. Die bestehende Selbstdeklaration zum Nährstoffeinsatz ist nicht genügend kontrollierbar. Wenn die Betriebe ihre Nährstoffbezüge bei einer verschärften Nährstoffbilanz weiterhin selber deklarieren, steigt das Risiko von Falschdeklarationen
an. Die Problematik könnte sich weiter akzentuieren, wenn die Nährstoffbilanz bei einer Zielverfehlung weiter verschärft würde. Die Datenerhebung lässt sich wesentlich vereinfachen und gleichzeitig die Datengrundlage verbessern, wenn die ungenaue und aufwendige Selbstdeklaration durch die Erfas135 136

SR 172.021 SR 916.161

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sung der Nährstofflieferungen (Futtermittel und Mineraldünger) bei den Lieferanten in einem einfachen digitalen Informationssystem ersetzt wird.

Art. 166 Abs. 1 Das BLW war bisher als erste Beschwerdeinstanz gegen Entscheide der Rekursstellen der Zertifizierungs- bzw. Inspektionsstellen zuständig. Diese Zuständigkeit soll aufgehoben werden. Demzufolge werden solche Entscheide zukünftig direkt beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar. Somit wird einerseits der bisher zu lange Rechtsweg verkürzt. Anderseits wird eine bessere Gewaltentrennung dadurch gewährleistet, dass das BLW gegenüber diesen Zertifizierungs- bzw. Inspektionsstellen ausschliesslich als Aufsichtsbehörde tätig wird (vgl. auch Ziff. 5.1.8.1).

Abs. 2 und 3 Im Bereich des Agrarabkommens kann das BLW aufgrund fehlender Gesetzesgrundlagen nicht in allen Bereichen auf gerichtlichem Weg intervenieren, sollte das Agrarabkommen gegebenenfalls durch kantonale Entscheide verletzt werden. Dies hat sich insbesondere bei der Zulässigkeit der Verwendung einer Bezeichnung nach dem Agrarabkommen für Spirituosen gezeigt, wo das BLW nicht gerichtlich gegen einen Entscheid einer kantonalen Behörde vorgehen konnte. Derzeit fehlt diese Grundlage, wonach das BLW oder auch andere Behörden Entscheide kantonaler Behörden beim Bundesverwaltungsgericht anfechten könnten. Dies führt dazu, dass sich eine Ungleichbehandlung gegenüber Bezeichnungen, welche nach der GUB/GGA-Verordnung geschützt sind, ergeben kann. Mit der Erweiterung des Rechtsschutzes und der Anfechtungsmöglichkeit von Entscheiden, welche den Schutzbereich des Agrarabkommens betreffen sowie der damit einhergehenden Beschwerdelegitimation des BLW, wird diese Lücke geschlossen.

Das BLW ist berechtigt, gegen Verfügungen der kantonalen Behörden in Anwendung des LwG und seiner Ausführungserlasse die Rechtsmittel des kantonalen und des Bundesrechts zu ergreifen. Die kantonalen Behörden eröffnen ihre Verfügungen sofort und unentgeltlich dem BLW. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen. Mit der neuen Regelung können kantonale Entscheide für Betriebshilfedarlehen und IK unter dem vom Bundesrat festgesetzten Grenzbetrag nach den Artikeln 81 Absatz 1 und 108 Absatz 1 nicht mehr vom BLW angefochten werden (vgl. auch Ziff. 5.1.8.1).

Art. 168 Abs. 2 Vgl. Ziffer 5.1.8.5.

Art. 170 Abs. 2bis In Kongruenz zur
Aufnahme der Einhaltung der Natur- und Heimatschutzgesetzgebung in Artikel 70a als Voraussetzung für den Erhalt von Direktzahlungen werden auch die Bestimmungen zur Kürzung und Verweigerung von Beiträgen angepasst ergänzt.

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Art. 172 Abs. 1 zweiter Satz Infolge der Aufhebung der Bestimmung, die den Kantonen erlaubte, Kontrollorgane einzusetzen, ist die vorliegende Bestimmung entsprechend anzupassen. Der Verweis auf die genannten Kontrollorgane wird daher gestrichen.

Art. 173 Abs. 1 Bst. f, gquater und h Die Streichung der Anwendbarkeit dieser Bestimmung bei Nichteinhaltung der Klassierungsvorschriften hat zur Folge, dass diese Verletzung des LwG zukünftig ausschliesslich nach Artikel 172 strafbar wird. Somit gilt die gleiche Strafbestimmung für Weine mit Ursprungsbezeichnung, Landweine und Tafelweine wie für geschützte Bezeichnungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Dies führt zu einer Gleichbehandlung unter den geschützten Bezeichnungen. Zudem ist zu präzisieren, dass Artikel 173 nach geltendem Recht aufgrund seines subsidiären Charakters in diesen Fällen ohnehin nicht zur Anwendung kommt. Hingegen bleibt Artikel 173 nach wie vor anwendbar bei Verletzungen von weinspezifischen Begriffen gemäss Artikel 63 Absatz 4 (wie «Auslese» oder «Schloss»). Dies ist berechtigt, da diese Begriffe keine Immaterialgüterrechte sind. Alle weiteren unzulässigen Verwendungen im Zusammenhang mit Weinbezeichnungen fallen zukünftig ausschliesslich unter Artikel 172: Weine mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung ohne traditionelle Bezeichnung (wie «AOC Chablais») oder mit eigener traditionellen Bezeichnung (wie «AOC Valais», «Fendant»), Landweine ohne traditionelle Bezeichnung (wie «Vin de pays», «Chasselas romand») oder mit eigener traditionellen Bezeichnung (wie «Vin de pays», «Goron») sowie Tafelweine (wie «Tafelweine», «Schweizer Wein»).

Die Bestimmungen von Artikel 173 Absatz 1 Buchstabe gquater , die bei Zuwiderhandlung gegen die nach Artikel 148a erlassenen Vorsorgemassnahmen bereits gelten, werden um die nach Artikel 165a angeordneten Vorsorgemassnahmen erweitert.

Im Kapitel Pflanzenschutz soll Artikel 151 aufgehoben und Artikel 153a neu eingefügt werden, deshalb ist auch Artikel 173 Absatz 1 Buchstabe h entsprechend zu ändern. Zudem soll der neue Wortlaut den Regelungsgegenstand der Artikel, auf die verwiesen wird, genauer wiedergeben.

Art. 179 Abs. 2 erster Satz Um die Oberaufsichtstätigkeit für Strukturverbesserungsmassnahmen sicherzustellen, wird festgelegt, dass die Beiträge und IK im Rahmen der Oberaufsicht des Bundes
zurückgefordert, gekürzt oder verweigert werden können (vgl. auch Ziff. 5.1.5.4 und 5.1.9.1).

Art. 180 Abs. 2 dritter Satz Die Zertifizierungsstellen, welche die geschützten landwirtschaftlichen Bezeichnungen, wie die GUB und GGA, die biologischen Erzeugnisse sowie die Berg- und Alpprodukte kontrollieren, unterstehen der Aufsicht des BLW. Eine Verpflichtung, dem BLW über ihre Geschäfts- und Rechnungsführung Rechenschaft abzulegen, 4136

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würde aber zu weit gehen und soll daher für die erwähnten Kontrollstellen nicht gelten. Absatz 2 entsprechend angepasst (vgl. auch Ziff. 5.1.8.2).

Art. 181 Abs. 7 Laboranalysen von Pflanzenproben sind teuer. Eine Finanzierung durch die Kantone wäre kaum durchzusetzen und es wäre daher mit einem heterogenen Vollzug oder teilweise fehlendem Vollzug zu rechnen. Zudem ist eine Finanzierung durch den Bund letztlich deutlich kostengünstiger (Mengenrabatte; keine administrativen Aufwände für die Kantone). Um den erwünschten Gewinn an Effektivität der PSMKontrollen zu erzielen, soll der Bund deshalb die Kosten der Labore übernehmen können (vgl. auch Ziff. 5.1.9.3).

Art. 185 Abs. 3bis Vgl. Ziffer 5.1.9.4.

Art. 187e Abs. 1 Biodiversitätsbeiträge zur Förderung der Vernetzung und Landschaftsqualitätsbeiträge können bis Ende 2024 nach bisherigem Recht ausgerichtet werden. Neue und zu verlängernde Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekte sind entsprechend bis Ende 2024 zu befristen. Mit dieser Übergangsregelung wird die Planungssicherheit für die Betriebe erhöht und den Kantonen genügend Zeit für die Erarbeitung der RLS (Art. 76) eingeräumt.

Abs. 2 Mit der Änderung von Artikel 166, der neu eine Ausnahme vorsieht bei den Rechtsmitteln bei Entscheiden der Rekurskommissionen von Zertifizierungsstellen, die für die Kontrollen der Kennzeichnungen nach Artikel 14 zuständig sind, muss mit Inkrafttreten der Änderung des LwG präzisiert werden, welches Recht auf hängige Verfahren anwendbar ist.

Änderung anderer Erlasse Gewässerschutzgesetz Art. 14 Abs. 4 erster Satz Die heute maximal pro Hektare zulässige Menge Hofdünger soll von 3 DGVE (DGVE) auf 2,5 gesenkt werden. Dies verringert die Möglichkeit, zu hohe Düngermengen pro Hektare auszubringen und trägt somit zur erforderlichen Senkung der Nährstoffverluste bei. Diese Änderung ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Nährstoffverluste weiter zu vermindern, um die UZL erreichen zu können. Entsprechend wurde die Senkung der maximal zulässigen DGVE-Einheiten pro Hektare im Rahmen des Massnahmenpakets als Alternative zur Trinkwasserinitiative angekündigt.

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Da es sich nach Artikel 14 Absatz 8 bei einer DGVE um eine Düngermenge handelt und nicht um ein Tier, wird der erste Satz des Artikel 14 Absatz 4 in der deutschen und der italienischen Fassung sprachlich angepasst. Daraus ergibt sich inhaltlich keine Änderung. Die französische Version entspricht bereits dem neuen deutschen Text.

Abs. 6 und 6bis Im Französischen und Italienischen ist eine Änderung notwendig, weil der deutsche Begriff «Bodenbelastbarkeit», übersetzt mit «la charge du sol en polluants» beziehungsweise «la capacità del suolo di sopportare aggravi inquinanti» irreführend ist: Es handelt sich nicht um Bodenschadstoffe, sondern um Hofdünger, insbesondere um flüssige Hofdünger. Dieser Begriff ist zu verstehen als die Menge an Hofdünger, die der Boden aufnehmen kann. Deshalb wird im Französischen «capacité de rétention du sol» und im Italienischen «capacità di ritenzione del suolo» verwendet.

Die intensive Tierhaltung ist eine wesentliche Ursache für Stickstoff- und Phosphorverluste. Die maximal pro Hektare zulässige Menge Hofdünger gemäss Absatz 4 soll per 2022 von 3 auf 2,5 DGVE pro Hektare gesenkt werden. Sollten die Nährstoffreduktionsziele gemäss Artikel 6a E-LwG verfehlt werden, so kann der Bundesrat diese Limite ohne Delegationsnorm nicht weiter senken. Mit der Einführung von Artikel 14 Absatz 6bis wird dem Bundesrat diese Möglichkeit gegeben (vgl. auch Ziff. 5.1.10.1).

Zivildienstgesetz Art. 4 Abs. 2 Bst. c Vgl. Ziffer 5.1.10.2.

Waldgesetz Mit der Änderung von Artikel 166 LwG, der neu eine Ausnahme vorsieht bei den Rechtsmitteln bei Entscheiden der Rekursstellen von Zertifizierungs- und Inspektionsstellen, die für die Kontrolle der Kennzeichnungen nach den Artikeln 14 und 63 LwG zuständig sind, muss das Waldgesetz (Art. 41a WaG) entsprechend angepasst werden. So gilt die oben erwähnte Ausnahme auch für die Zertifizierung von waldwirtschaftlichen Bezeichnungen. Zu diesem Zweck wird Absatz 2 um den Ausdruck «und den Rechtsschutz» ergänzt. Im gleichen Sinne muss der Gesetzgeber vorsehen, dass der Bundesrat die Kontrolle der waldwirtschaftlichen Bezeichnungen an privatrechtliche Unternehmen und Organisationen übertragen kann. Für den Vollzug des LwG ist eine entsprechende Bestimmung bereits in Artikel 180 LwG vorgesehen (vgl. auch Ziff. 5.1.10.3).

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6.2

Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht

Ersatz eines Ausdrucks (Art. 79 Abs. 4, Art. 88 Abs. 2 Art. 90 Abs. 2 und 91 Abs. 3) Die Zuständigkeit für das BGBB wechselt mit dem Inkrafttreten dieser Vorlage vom EJPD zum WBF (vgl. Erläuterungen zu Art. 79 Abs. 2). Entsprechend soll in den Bestimmungen, in denen heute die Zuständigkeit beim EJPD ist, neu das WBF genannt werden. Die Organisationsverordnungen der beiden Departemente sowie die Verordnung vom 4. Oktober 1993137 über das bäuerliche Bodenrecht werden im Rahmen des nächsten agrarpolitischen Verordnungspakets angepasst werden.

Ingress Der Ingress stützt sich noch auf die Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV). Er wird deshalb an die Bestimmungen der heutigen BV (Bundesverfassung vom 18. April 1999) angepasst. Den Artikeln 31octies und 64 aBV entsprechen die Artikel 104 und 122 BV. Artikel 22ter aBV entspricht Artikel 26 BV, soll aber nicht mehr aufgeführt werden, da er keine gesetzgeberische Kompetenz enthält.

Art. 1 Abs. 1 Bst. a Der Zweckartikel wird an den aktuellen Wortlaut der BV angepasst. Der geltende Artikel 1 lehnt sich noch an Artikel 31bis aBV an. Artikel 104 BV spricht von einer Landwirtschaft die nachhaltig auf den Markt ausgerichtet produziert und dabei einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung leistet, die natürlichen Lebensgrundlagen erhält, die Landschaft pflegt und einen Beitrag zur dezentralen Besiedlung leistet. Zusammen mit der Anpassung des Ingresses wird der Zweckartikel formell angepasst.

Art. 3 Abs. 5 Bisher wurde in Artikel 4 Absatz 2 einzig festgehalten, dass die Bestimmungen über landwirtschaftliche Gewerbe auch für Mehrheitsbeteiligungen an juristischen Personen Anwendung finden, wenn diese als Hauptaktivum ein landwirtschaftliches Gewerbe im Eigentum haben. Neu werden die Bestimmungen des BGBB auch auf juristische Personen angewendet, die als Hauptaktivum landwirtschaftliche Grundstücke im Eigentum haben. Damit wird eine Lücke geschlossen, sodass auch die Übertragung von Anteilsrechten an Gesellschaften der Bewilligungspflicht (Art. 61 ff.) unterstellt wird, selbst wenn kein landwirtschaftliches Gewerbe mehr gegeben ist.138 Die Gewerbeeigenschaft (Art. 5 und 7) kann beispielsweise durch einen Wechsel der Bewirtschaftung oder durch Verlust von Pachtland verloren gehen. Aus diesem Grund werden die Bewilligungspflicht für die Übertragung
(Art. 61 Abs. 3) und das Recht auf eine Feststellungsverfügung (Art. 84 Bst. b) ausdrücklich vorbehalten. Weil das BGBB für die Bewertung landwirtschaftlicher Grundstücke und Gewerbe den landwirtschaftlichen Ertragswert vorsieht (u. a.

Art. 11 Abs. 1), muss zur Klärung festgehalten werden, dass zur Bestimmung der Wertverhältnisse innerhalb der Aktiven einer juristischen Person der Verkehrswert 137 138

SR 211.412.110 BGE 140 II 233 E. 5.6.1

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massgebend ist. Der Verkehrswert lässt sich mit anerkannten Methoden nachvollziehbar feststellen. Die kantonale Erhebung der zulässigen Preise nach Artikel 66 liefert dazu wertvolle Anhaltspunkte. Sie ist aber mangels einer genügend grossen Grundgesamtheit, wegen fehlender Vergleichbarkeit und allenfalls nicht bewerteten immateriellen Vermögenswerten nicht alleine ausschlaggebend. Bei landwirtschaftlichen Betrieben in den Hauptaktiven ist das dazugehörige landwirtschaftliche Inventar mitzuberücksichtigen.

Die Bestimmungen beinhalten neben der Bewilligungspflicht für den Erwerb solcher Anteilsrechte (Art. 61 ff.) auch auf die Rückkaufs-, Kaufs- und Vorkaufsrechte nach dem BGBB sowie auf die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zur Verhinderung eines übersetzten Preises (Art. 66) und zur Belastungsgrenze (Art. 73 ff.). Ein selbstbewirtschaftender Erbe oder eine vorkaufsberechtigte Person kann die Mehrheitsbeteiligung an einer juristischen Person, deren Aktiven zur Hauptsache aus einem landwirtschaftlichen Gewerbe besteht, zum landwirtschaftlichen Ertragswert zuweisen lassen (Art. 11 bzw. 42 ff.). Erwähnenswert ist auch, dass eine Beteiligung einer juristischen Person, deren Aktiven zur Hauptsache aus landwirtschaftlichen Grundstücken besteht zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe (Art. 7) zugerechnet werden kann und damit von diesem nicht wieder getrennt werden darf. Dies dürfte dann der Fall sein, wenn beispielsweise ein separates Grundstück zur Errichtung ein Ökonomiegebäude für einen gemeinschaftlichen Betrieb abparzelliert (Art. 60) und in eine juristische Person eingebracht wurde. Die Anteilsrechte an der betreffenden juristischen Person gehören zu den landwirtschaftlichen Gewerben, für die das Gebäude bewilligt und errichtet wurde. Die Bewilligungsbehörde stellt mit entsprechenden Auflagen und Bedingungen sicher, dass das Zerstückelungs- bzw. Realteilungsverbot in solchen Fällen eingehalten wird (neu in Art. 61 Abs. 2) Art. 4 Abs. 2 Der bisherige Absatz 2 von Artikel 4 des kann aufgehoben werden, weil diese Bestimmung neu in Artikel 3 Absatz 5 aufgenommen wurde.

Art. 9 Die Selbstbewirtschaftung stützt sich auf Artikel 104 BV, der eine nachhaltige und auf die bäuerlichen Betriebe ausgerichtete Landwirtschaftspolitik verlangt. Dies umfasst auch die Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes. Die
Selbstbewirtschaftung ist damit eine der wichtigsten Bestimmungen des BGBB. 139 Durch die Berücksichtigung der von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Kriterien, sollen Rechtsicherheit und eine bessere Transparenz geschaffen werden. Fehlanreize müssen minimiert werden (z. B. Hobbylandwirtschaft). Mit der Revision wird die Selbstbewirtschaftung gestärkt, sodass das Ziel der Förderung des Grundeigentums (Art. 1) wirksam erreicht werden kann. Mit den Ausnahmen zur Selbstbewirtschaftung stellt der Gesetzgeber sicher, dass landwirtschaftlicher Boden auch für andere, übergeordnete oder wichtige Zwecke (wie z. B. zum Erhalt einer Schutzzone oder zum Abbau von Bodenschätzen) erworben werden kann. Obwohl die Ausnahmebestimmungen 139

BGE 115 II 181 E. 2a

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in Artikel 64 nicht abschliessend aufgezählt werden, müssen diese eng nach den Zielsetzungen des bäuerlichen Bodenrechts ausgelegt werden.140 Die Selbstbewirtschafter bewirtschaften den Boden, um Nahrungs- und Futtermittel zu produzieren. Dabei ist der Boden möglichst zu schonen und nachhaltig zu bewirtschaften (Art. 104 Abs. 1 Bst. b BV). Das Kulturland ist nicht vermehrbar und stellt für die Landwirtschaft die wichtigste Produktionsgrundlage dar. Spekulationen und reine Kapitalanlagen sollen dank dem Prinzip der Selbstbewirtschaftung wirksam verhindert werden.141 Die Selbstbewirtschaftung des Bodens steht jeder Person offen, die dazu willens und geeignet ist.

In Absatz 1 wird die Selbstbewirtschaftung umschrieben. Der Selbstbewirtschafter hat demnach den Boden so weit als möglich selber zu bewirtschaften und die darauf gehaltenen Nutztiere selber zu hegen und zu pflegen.142 Dies gilt insbesondere für die Bewirtschaftung einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke und Betrieben mit weniger als 1,0 SAK. Auch für die landwirtschaftlichen Betriebe und Gewerbe ist die persönliche Führung nachzuweisen. Der landwirtschaftliche Betrieb definiert sich nach Artikel 6 Absatz 1 der Landwirtschaftlichen Begriffsverordnung vom 7. Dezember 1998143 (LBV) und muss nicht zwingend ein landwirtschaftliches Gewerbe darstellen. Bei landwirtschaftlichen Gewerben mit einem Arbeitsaufkommen von über einer SAK kommt die Mithilfe der Familie und von landwirtschaftlichen Angestellten hinzu. Der Selbstbewirtschafter übernimmt jedoch in allen Fällen den überwiegenden Anteil der auf dem Betrieb anfallenden Arbeiten.

In Absatz 2 wird die Eignung zur Selbstbewirtschaftung definiert. Diese soll dem Einzelfall gerecht werden können. Weil die landwirtschaftliche Produktion komplex und vielseitig ist, sind die aufgestellten Kriterien je nach Grösse, Boden- und Klimaeignung oder Produktionsrichtung unterschiedlich zu gewichten. Die Bewirtschaftung einer Fläche von 30 Aren Weideland bedingt beispielsweise weniger Fachkenntnis als die Bewirtschaftung von 10 Hektar bestem Ackerland. Für die Bewirtschaftung der Weide sind keine Fachkenntnisse über den Anbau von Getreide oder Hackfrüchten nötig. Für die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes müssen fundierten Kenntnissen zu den angebauten Kulturen, der Tierhaltung, zur Betriebsführung
und Betriebswirtschaft vorliegen. Massgebend ist nicht alleine das theoretisch erworbene Wissen, sondern der Beweis dieses in die Tat umzusetzen.

Neu wird festgehalten, dass eine abgeschlossene berufliche Ausbildung nachgewiesen werden muss. Weil ein landwirtschaftlicher Betrieb auf den Erhalt der Direktzahlungen angewiesen ist, um ein Einkommen aus der Landwirtschaft zu erwirtschaften, wird in der Regel erwartet, dass die Ausbildungsanforderungen der DZV erfüllt werden. Denkbar sind jedoch auch andere geeignete Ausbildungen, gepaart mit dem praktischen Wissen und Können zur landwirtschaftlichen Produktion. Dies gilt insbesondere für Betriebe, die ihre Produkte selbst weiterverarbeiten und verkaufen. Die Selbstbewirtschafter müssen willens und fähig sein den Betrieb so zu führen, dass das mit der unternehmerischen Tätigkeit einhergehende wirtschaftliche Risiko langfristig getragen werden kann. Die Herausforderungen steigen mit zu140 141 142 143

BGE 122 III 287 E. 3a vgl. auch AB S 1991 S. 151 ff.

BGE 107 II 33 E. 2 SR 910.91

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nehmender Spezialisierung, der Ausrichtung am Markt und steigenden Anforderungen an eine nachhaltige Produktion. Selbstbewirtschafter müssen deshalb die dazu nötigen physischen, psychischen und finanziellen Ressourcen vorweisen können. Sie verfügen über die nötigen Anlagen, Maschinen und Gerätschaften, die zur Bewirtschaftung nötig sind. Es entspricht der wirtschaftlichen Betriebsführung, dass Maschinen mit geringer Auslastung überbetrieblich eingesetzt werden und dass auf die Dienstleistungen der landwirtschaftlichen Lohnunternehmungen zurückgegriffen wird. Eine vollständige Delegation der auf dem Betrieb anfallenden landwirtschaftlichen Arbeiten widerspricht hingegen der Selbstbewirtschaftung. Die Selbstbewirtschaftung bedingt die Präsenz auf dem Betrieb und ein hohes Mass an persönlichem Engagement zur Bewirtschaftung des Bodens und der auf dem Betrieb gehaltenen Nutztiere. In landesüblicher Vorstellung wohnen deshalb die selbstbewirtschaftenden Personen auf dem Hof oder in unmittelbarer Nähe zu diesem. Entsprechend dem Zweckartikel werden insbesondere die Familienbetriebe gefördert. Bei Familienbetrieben kann die Mitarbeit der Familienmitglieder wie zum Beispiel des Ehegatten oder der Eltern zur Beurteilung der Selbstbewirtschaftung mitberücksichtigt werden.

Die Stabilität der Familienbetriebe gründet unter anderem auf dem gegenseitigen Aushelfen in Spitzen- oder Notzeiten.

In Absatz 3 wird festgehalten, dass der Selbstbewirtschafter mit seinem Betrieb eine Marktleistung aus der landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Produktion erbringt und damit von aussen erkennbar am Markt auftritt. Handelt es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb (Art. 70 f. LwG, Art. 6 LBV), so umfasst die Selbstbewirtschaftung nebst der aktiven Arbeit auf dem Hof, dessen wirtschaftlicher Führung und persönlicher Leitung auch die Erzielung eines Einkommens aus der Landwirtschaft oder der gartenbaulichen Produktion. Die Selbstbewirtschaftung setzt voraus, dass die mit der unternehmerischen Tätigkeit einhergehenden unternehmerischen Risiken selbst getragen werden. Das erwirtschaftete Einkommen soll einen Beitrag zur Existenzsicherung der Familien liefern. Eine reine Freizeitaktivität, die nicht auf die Erzielung von Einkommen aus der Landwirtschaft ausgerichtet ist, erfüllt damit das Kriterium der Selbstbewirtschaftung
eines Betriebes nicht.

Die gestellten Anforderungen müssen von den kantonalen Bewilligungsbehörden geprüft werden. Gestützt auf diese Prüfung erteilt die Behörde die Erwerbsbewilligung nach den Artikeln 61 ff. Die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, zusammen mit der Bewilligung Auflagen und Bedingungen zur Durchsetzung und Kontrolle der Selbstbewirtschaftung zu erlassen. Bei juristischen Personen müssen, neben den besonderen Bestimmungen nach Artikel 9a, die selbstbewirtschaftenden natürlichen Personen die hier aufgestellten Kriterien einwandfrei erfüllen.

Art. 9a Ausgehend von der üblichen Bedeutung des Wortes «Selbstbewirtschaftung» und der Entstehung des Begriffs kann festgestellt werden, dass die Selbstbewirtschaftung primär als die Bewirtschaftung durch natürliche Personen zu verstehen ist. Die Selbstbewirtschaftung durch juristische Personen ist jedoch nicht ausgeschlossen. 144 Juristische Personen können nur indirekt über die natürlichen Personen die Selbst144

BGE 115 II 181 E. 2b, BGE 122 II 287 E. 3b

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bewirtschaftung an landwirtschaftlichen Grundstücken oder Gewerben erfüllen.

Entsprechend der Rechtsnatur von Stiftungen und von juristischen Personen, welche als Konzerne (Holdings) organisiert sind, können diese juristische Personen nicht als Selbstbewirtschafterinnen gelten. Während Stiftungen ein verselbstständigtes Vermögen (Art. 80 ZGB) darstellen, haben Konzerne oder Holdinggesellschaften primär den Zweck Beteiligungen an anderen juristischen Personen zu halten und zu verwalten. Beides widerspricht der Selbstbewirtschaftung. Die natürlichen Personen, welche die Stiftung oder den Konzern verwalten dürften auch zur Vermeidung von Interessenkonflikten den landwirtschaftlichen Betrieb nicht selber leiten oder nutzen.

Die selbstbewirtschaftenden natürlichen Personen müssen die von ihnen beherrschte juristische Person wie ein Arbeitsinstrument einsetzen können. Fremdeinflüsse von Dritten sind deswegen zu vermeiden und auf das Minimum von einem Drittel oder weniger der Beteiligung zu beschränken. Die selbstbewirtschaftenden natürlichen Personen agieren damit als Eigentümer und Betriebsleiter. Sie fällen ihre Entscheide frei von fremden Einflüssen, wie wenn das Gewerbe oder die Grundstücke als natürliche Person im Eigentum gehalten würden. Damit können sie auch über die nötigen Ressourcen zur Bewirtschaftung (Art. 9 Abs. 3 Bst. b) weitgehend frei verfügen, auch wenn diese im Eigentum der juristischen Person sind. Die Minderheitsbeteiligung bis zu einem Drittel an Kapital und Stimmen berechtigt den jeweiligen Eigentümer nicht zur wesentlicher Mitbestimmung im Tagesgeschäft. Selbst die Ausrichtung von Dividenden kann der Mehrheitseigentümer selbst bestimmen. Die Investition in eine solche Minderheitsbeteiligung ist deshalb finanziell uninteressant.

Mit einer Minderheitsbeteiligung verfolgt der jeweilige Eigentümer in der Regel einen anderen Zweck, wie Unterstützung nahestehender Personen, Förderung innovativer Projekte oder die Imagepflege. Das zur Verfügung gestellte Eigenkapital ist unkündbar. Die Mehrheitsbeteiligung von mindestens zwei Dritteln muss auch nach Sanierungen mit Kapitalschnitt wiederhergestellt werden. Die neu herausgegebenen Anteilsrechte müssten demnach von selbstbewirtschaftenden natürlichen Personen erworben und vom zuständigen kantonalen Amt bewilligt werden.

Der Hauptzweck,
aus dem auch der Hauptanteil des Umsatzes erwirtschaftet wird, muss die landwirtschaftliche oder gartenbauliche Produktion darstellen. Die natürliche Person, welche die Gesellschaft leitet und die Grundstücke bewirtschaftet ihrerseits muss aus der Produktion ein Neben- oder Haupteinkommen erzielen (Art. 9).

Art. 10 Abs. 1 In der Definition des Ertragswertes wird der Kapitalisierungssatz neu als Referenzzinssatz definiert. Er berechnet sich aufgrund eines langfristigen nach Fremd- und Eigenkapital gewichteten Kapitalkostensatzes.

Art. 18 Abs. 3 Der Zeitraum der Erhöhung des Anrechnungswertes wird je nach Art der Investition erweitert. Massgebend für die Zeiträume ist die minimalen Nutzungsdauer der jeweiligen Anlagekategorie gemäss der Anleitung für die Schätzung des landwirtschaftlichen Ertragswertes 2018 beziehungsweise die Dauer des Gewinnanspruchsrechts der Miterben (Art. 28 Abs. 3). Da der Ertragswert für Dauerkulturen bereits 4143

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die gesamten Erstellungskosten berücksichtigt, muss der Ertragswert bei Investitionen in Dauerkulturen nicht zusätzlich erhöht werden. Mit der Verlängerung der Zeiträume der Anrechnungswerte wird der Eigentümer, aber auch der Ehegatte, der sich an den jeweiligen Investitionen beteiligt hat, bessergestellt. Gemäss Lehre und Rechtsprechung ist von einer linearen Abschreibung der getätigten Investition auszugehen. Die Erhöhung hat dort ihre Grenze, wo diese zu einer untragbaren finanziellen Last führen würde. In keinem Fall kann die Erhöhung den Verkehrswert übersteigen.

Art. 31 Abs. 1 erster Satz Der Gewinnanspruch der Miterben setzt die Realisation eines Gewinns voraus. Auf dem erzielten Gewinn sind Steuern und öffentliche Abgaben (wie Mehrwertabgabe, Grundbuchgebühren oder Sozialversicherungsabgaben) geschuldet. Die aktuelle Bestimmung wird präzisiert, sodass bereits in der Berechnung des Gewinnanspruchs diese Aufwände berücksichtigt werden. Mit der Anpassung wird sichergestellt, dass nur der netto verbleibende Gewinn unter den berechtigten Personen aufgeteilt wird.

Dieser Artikel wird auch bei der Gewinnerzielung nach einer güterrechtlichen Auseinandersetzung (u.a. auch bei Scheidungen) angewendet, wenn bei der damaligen güterrechtlichen Auseinandersetzung das landwirtschaftliche Gewerbe zu einem Wert unter dem Verkehrswert angerechnet wurde (Art. 212 Abs. 3 ZGB). Dabei ist zu bemerken, dass im Zeitpunkt der güterrechtlichen Auseinandersetzung die Wertverhältnisse entsprechend der finanziellen Beteiligung der Ehegatten getrennt nach Eigengut und Errungenschaft (bzw. Gesamtgut) festgehalten werden müssen. Die Berechnung der Ansprüche des Ehegatten erfordert eine Vergleichsrechnung, indem einerseits das Gewerbe zum landwirtschaftlichen Ertragswert und andererseits zum Verkehrswert in die güterrechtliche Auseinandersetzung einbezogen wird (Art. 212 Abs. 2 und 3 ZGB). Die daraus resultierende Differenz ist bei der Bemessung des Gewinnanspruchs zugunsten weiterer Berechtigter (Verkäufer oder dessen Rechtsnachfolger) als Forderung zugunsten des Ehegatten zu berücksichtigen. Im Zeitpunkt des Verkaufs zum Beispiel bei der Betriebsübergabe muss diese Berechnung ebenfalls gemacht werden. Denn nur so können die güterrechtlichen Ansprüche (Art. 208 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB i.V.m. Art. 134 OR) eruiert und allenfalls
durchgesetzt werden.

Art. 42 Die Einführung eines Vorkaufsrechtes für Ehegatten ermöglicht es Ehegatten, sich am landwirtschaftlichen Betrieb auch eigentumsmässig zu beteiligen. Es ermöglicht zudem, dass selbstbewirtschaftende Ehegatten das landwirtschaftliche Gewerbe im Rahmen einer Scheidung käuflich übernehmen können, ohne dass das Vorkaufsrecht der Geschwister und Geschwisterkinder ausgelöst wird.

Das Vorkaufsrecht des Ehegatten kommt im zweiten Rang nach den Nachkommen aber vor dem Vorkaufsrecht der Geschwister und Geschwisterkinder (3. Rang). Die Ausübung des Vorkaufsrechts bedingt den Eintritt eines Verkaufs. Das Vorkaufsrecht des Ehegatten stärkt die Familienbetriebe, in dem das landwirtschaftliche

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Gewerbe durch den selbstbewirtschaftenden Ehegatten zur Sicherung der Familienexistenz erhalten werden kann.

Das Gewinnanspruchsrecht nach den Artikeln 31 ff. bleibt bestehen.

Art. 60 Abs. 1 Bst. f und i Heute kann einem Pächter oder einer Pächterin eines landwirtschaftlichen Gewerbes ein Baurecht auf einer landwirtschaftlichen Parzelle des Gewerbes eingerichtet werden. Unklar ist, ob diese Norm auch auf den Pächter oder die Pächterin einer Parzelle angewendet werden kann. Aufgrund der Entwicklungen in den Bereichen Raumplanung und Landschaftsschutz sollte es einem Bewirtschafter oder einer Bewirtschafterin eines landwirtschaftlichen Gewerbes ermöglicht werden, auch auf einer zugepachteten Parzelle im Baurecht eine landwirtschaftliche Baute zu erstellen. Ebenfalls unter der geänderten Norm fallen die Pflanzensuperficies, dies allerdings nur dann, wenn die an den Pflanzen Berechtigten zugleich Pächter des Bodens sind. Unter den gleichen Bedingungen kann auch ein Baurecht für ein der gemeinsamen Betriebsführung dienendes Ökonomiegebäude errichtet werden. Eine separate Bestimmung dazu erübrigt sich und Buchstabe i wird aufgehoben. Mit dem Baurecht wird sichergestellt, dass nach Ablauf der Dauer das Baurecht wieder mit der Stammparzelle zusammenfällt. Eine unerwünschte Zerstückelung wird damit verhindert. Die administrative Entlastung dieser Massnahme ist zwar gering, trotzdem empfiehlt sie der Bundesrat im Bericht zum Postulat Vogler 15.3284 zur Umsetzung.

Art. 61 Abs. 2, 3 und 5 Absatz 2 wird mit der generellen Möglichkeit ergänzt, dass Bewilligungen mit Auflagen und Bedingungen verbunden werden können. Die Bestimmung bezüglich Auflagen befand sich bisher unter Artikel 64 Absatz 2, welcher gemäss Rechtsprechung generell auf alle Bewilligungen angewendet werden kann.

Absatz 3 ergänzt die Definition der wirtschaftlichen Eigentumsübertragung mit der expliziten Nennung der Übertragung von Anteilsrechten an einer juristischen Person, welche ein landwirtschaftliches Gewerbe oder landwirtschaftliche Grundstücke hat. Damit wird der Rechtsprechung des Bundesgerichts Rechnung getragen. 145 Absatz 5 wird zur Umsetzung der Motion Abate 17.4203 neu eingefügt. Die von beiden Räten überwiesene Motion verlangt, dass im BGBB eine maximale Geltungsdauer für die gestützt auf die Artikel 61 ff. erteilten Bewilligungen
für den Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken festgelegt wird. Die Regelung sieht vor, dass die Bewilligung verfällt, wenn der Erwerb nicht innerhalb eines Jahres erfolgt. Dabei ist zu beachten, dass die Gewährung eines Kaufsrechts kein Erwerb und damit auch nicht bewilligungspflichtig ist.

145

BGE 140 II 233

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Art. 62 Bst. i In der Lehre wurde kritisiert, dass auch die Übertragung von Aktien börsenkotierter Gesellschaften theoretisch der Bewilligungspflicht untersteht. Mit Artikel 62 Buchstabe i wird dies nun ausdrücklich ausgeschlossen. Die Ausnahme umfasst börsenkotierte Gesellschaften und Unternehmen mit mehr als 250 Vollzeitstellen, sofern diese nicht als Hauptaktivum ein landwirtschaftliches Gewerbe oder landwirtschaftliche Grundstücke beinhalten. Damit soll sichergestellt werden, dass grosse Unternehmen nicht in ihrer organisatorischen Tätigkeit eingeschränkt werden und zum Beispiel Mitarbeitende am Unternehmen beteiligen könnten. Mit der neuen Regelung soll der Vollzug praxisnah und administrativ einfach gestaltet werden. Die betroffenen Gesellschaften und Unternehmen gelten nicht als Selbstbewirtschafter.

Der Verkauf oder der Kauf von landwirtschaftlichen Grundstücken unterliegt auch für sie der Bewilligungspflicht (Art. 61). Die Ausnahme erstreckt sich nur auf die Übertragung von Anteilsrechten.

Art. 64 Abs. 2 Absatz 2 wird in Artikel 61 Absatz 2 (Grundsatz) verschoben.

Art. 71 Abs. 1 Die Bewilligungsbehörde widerruft ihren Entscheid, wenn die Bewilligung aufgrund falscher oder irreführender Angaben erteilt wurde oder wenn die mit der Bewilligung verbundenen Auflagen oder Bedingungen nicht eingehalten wurden. Zudem hatte die Bewilligungsbehörde mit der Kann-Bestimmung einen weiten Ermessenspielraum. Neu muss die Bewilligung widerrufen werden. Werden die Auflagen nachträglich erfüllt, kann ein erneutes Gesuch zur Bewilligung eingereicht werden.

Ein Widerruf ist weiterhin nur in den ersten 10 Jahren nach dem Erwerb möglich (Abs. 2). Vom Widerruf zu unterscheiden sind Rechtsgeschäfte, die nie bewilligt wurden oder die anderweitig nichtig sind.

Art. 75 Abs. 1 Bst. e Mit der Anpassung werden die Gewinnanspruchsrechte von Ehegatten denen von Miterben und Veräusserern gleichgestellt.

Art. 76 Abs. 1 Bst. c Unter Beachtung des Ziels, den Familienbetrieben mehr Entscheidungsbefugnis einzuräumen, kann ein Grundpfandrecht geschaffen werden, um einen Kredit zu sichern, wenn die Belastung für den Betrieb tragbar ist und das Darlehen durch eine Bank oder Versicherung mit Sitz in der Schweiz gewährt wird. Die genannten Banken und Versicherungen können eine solche Überschreitung neu ohne Bewilligungsbehörde
vollziehen. Die Voraussetzungen der Artikel 77 und 78 sind weiterhin zu beachten. Die berechtigten Gläubiger sind auch für die Einhaltung der Voraussetzungen verantwortlich. Die neue Regelung schafft für wirtschaftlich gut geführte Betriebe die Möglichkeit, ihre Investitionen zusammen mit den zinslosen IK günstig zu finanzieren. Eine Überschuldung der Betriebe wird verhindert, indem die stren4146

BBl 2020

gen Voraussetzungen zur Berechnung der Tragbarkeit und zur Tilgung der Schulden eingehalten werden müssen. Andere Kreditgeber als die anerkannten Genossenschaften, Stiftungen und kantonalen Institutionen bedürfen weiterhin einer ausdrücklichen Bewilligung zur Überschreitung der Belastungsgrenze.

Art. 77 Abs. 3 Die Gläubiger sowie die nach Artikel 79 Absatz 2 anerkannten Personen und Institutionen müssen sicherstellen, dass Darlehen zum festgelegten Zweck verwendet werden. Erhält die Bewilligungsbehörde nach Artikel 90 Absatz 1 Buchstabe c Kenntnis eines Missbrauchs oder eines unrechtmässig gewährten Darlehens, so kann diese die Kündigung des Darlehens verlangen.

Art. 78 Abs. 3 Neu muss ein einmal errichteter Schuldbrief nicht mehr zwingend gelöscht werden.

Damit wird eine wesentliche administrative Erleichterung erzielt, indem der Schuldbrief bei der nächsten Investition unter Beachtung der Regeln der Artikel 73 ff.

wieder für die Finanzierung genutzt werden kann. Damit entfallen künftig die Gebühren für die Anpassung, Löschung und Neuerrichtung von Schuldbriefen. Der Gläubiger ist dafür verantwortlich, dass bei Neuvergabe eines Darlehens die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden. Erfahren anerkannte Personen, Institutionen nach Artikel 79 Absatz 2 oder die Bewilligungsbehörde nach Artikel 90 Absatz 1 Buchstabe c von einem Verstoss, so sind sie berechtigt und verpflichtet, die Löschung des Schuldbriefes beim Grundbuchamt zu fordern.

Art. 79 Abs. 2 Die Zuständigkeit bezüglich BGBB wechselt mit dem Inkrafttreten dieser Vorlage vom EJPD zum WBF. Die Organisationsverordnung vom 17. November 1999146 für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, die Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999147 für das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung und die Verordnung vom 4. Oktober 1993148 zum bäuerlichen Bodenrecht werden im Rahmen des nächsten agrarpolitischen Verordnungspakets angepasst.

Art. 81 Abs. 1 Redaktionelle Anpassung im Deutschen ohne materielle Änderung («die erforderlichen Bewilligungen» statt «die erforderliche Bewilligung»).

146 147 148

SR 172.213.1 SR 172.216.1 SR 211.412.110

4147

BBl 2020

Art. 84 Bst. b Neu kann auch eine Feststellungsverfügung über die Übertragung von Anteilsrechten einer dem Gesetz unterstellten juristischen Person erteilt werden, wenn ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft gemacht werden kann.

Art. 87 Abs. 3 Bst. b und Abs. 4 Auch der an Anteilsrechten, Rückkaufs-, Kaufs- oder Vorkaufsrechten Berechtigte muss die Schätzung des Ertragswertes verlangen können (Abs. 3 Bst. b). Es ergeben sich Änderungen aufgrund der neuen Bestimmungen zu juristischen Personen. Neu wird auch die Gesellschaft über den neuen landwirtschaftlichen Ertragswert informiert (Abs. 4).

Änderung eines anderen ErlassesBundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht Art. 58 In Artikel 58 Absatz 1 LPG wird «Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement» durch «Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung» ersetzt (vgl. Erläuterungen zu «Ersatz eines Ausdrucks» und zu Art. 79 Abs. 2 im BGBB).

6.3

Tierseuchengesetz

Abschnitt I umfasst aktuell die Begriffsbestimmung zu Tierseuchen und die Ziele der Tierseuchenbekämpfung. Da neu ein Zweckartikel hinzukommen soll, ist der Gliederungstitel allgemeiner zu fassen. Die aktuellen Artikel 1 und 1a werden zu den Artikeln 1a und 1b.

Abschnitt IIIa wird um einen Artikel ergänzt (Art. 11b). Die Regelungen des Abschnitts beziehen sich neben den Tiergesundheitsdiensten neu auch auf das Kompetenz- und Innovationsnetzwerk für Tiergesundheit. Angesprochen sind damit mögliche Massnahmen zur Stärkung der Tiergesundheit. Der Titel des Abschnitts soll entsprechend weiter gefasst werden. Da Artikel 11a nicht mehr die einzige Bestimmung im Abschnitt IIIa ist, ist eine Sachüberschrift erforderlich (vgl. auch Ziff. 5.3).

4148

BBl 2020

7

Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel 2022­2025

7.1

Ausgangslage

Nach Artikel 6 LwG werden die finanziellen Mittel für die wichtigsten Aufgabenbereiche der Agrarpolitik in Form von Zahlungsrahmen mit einfachem Bundesbeschluss für höchstens vier Jahre bewilligt. Mit den Zahlungsrahmen legt das Parlament die Höchstbeträge der Zahlungskredite für die verschiedenen Aufgabenbereiche fest. Es signalisiert damit die Bereitschaft, die vorgesehenen Mittel im Rahmen der Budgetbeschlüsse zu bewilligen. Die Ausgaben für die Landwirtschaft wurden bisher in die drei Zahlungsrahmen «Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen», «Produktion und Absatz» und «Direktzahlungen» aufgeteilt.

7.2

Rahmenbedingungen zur Festlegung der Höhe der Zahlungsrahmen

Im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Einkommenspolitik ist nach Artikel 5 Absatz 3 LwG auf die anderen Wirtschaftszweige, auf die ökonomische Situation der nicht in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung sowie auf die Lage der Bundesfinanzen Rücksicht zu nehmen.

7.2.1

Berücksichtigung der Wirtschaftslage

Die Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes hält in ihrer Einschätzung fest, dass das teuerungsbereinigte Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz 2019 nur unterdurchschnittlich (0,9 %) wächst. Die Abschwächung der Weltkonjunktur bremst die Exportwirtschaft, die grosse Unsicherheit hemmt die Investitionstätigkeit und angesichts der nur moderat steigenden Löhne bleibt auch das Konsumwachstum unterdurchschnittlich. Für 2020 wird eine gewisse Beschleunigung des weltwirtschaftlichen Wachstums erwartet. Damit kann auch die Schweizer Wirtschaft wieder dynamischer wachsen (1,7 %). Allerdings überwiegen die Abwärtsrisiken gegenüber den Aufwärtspotenzialen.

Die Expertengruppe erwartet, dass die Arbeitslosenquote bis 2020 auf 2,4 Prozent (2019: 2,3 %) steigt und die Teuerung auf 0,1 Prozent (2019: 0,4 %) sinkt. Mittelfristig dürfte sich das reale Wirtschaftswachstum auf das Trendwachstum von 1,7 Prozent einpendeln und die Inflationsrate die implizite Zielmarke der SNB von etwa 1 Prozent erreichen. Diese stabile Konjunkturentwicklung bietet den Landwirtinnen und Landwirten eine Chance, ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern und sich auf den Märkten im In- und Ausland besser zu positionieren.

4149

BBl 2020

Tabelle 19 Volkswirtschaftliche Eckwerte des Bundesrates vom Dezember 2019 2020

2021

2022

2023

2024

BIP-Wachstum (real)

1,7

1,2

1,7

1,7

1,7

Jahresteuerung

0,1

0,4

0,6

0,8

1,0

Arbeitslosenquote

2,4

2,6

2,9

2,9

2,9

in %

7.2.2

Finanzpolitische Rahmenbedingungen

Der Bundesrat hat am 29. Januar 2020 den Legislaturfinanzplan 2021­2023 verabschiedet. In sämtlichen Jahren resultieren strukturelle Überschüsse. Die Überschüsse sind jedoch zu klein, um gleichzeitig alle zur Diskussion stehenden Steuerreformen (u.a. Umbau Verrechnungssteuer, Revison Stempelabgabe, Abzüge bei der direkten Bundessteuer für Krankenkassenprämien und für Kinder, Abschaffung Eigenmietwert) und Ausgabenpläne umzusetzen. Es wird eine Priorisierung notwendig sein, zumal auch die Bestrebungen der OECD zur Reform der Unternehmensbesteuerung zu deutlichen Einnahmeausfällen führen könnten.

Die Schuldenbremse nach Artikel 126 BV verlangt im Wesentlichen, dass der Bund seine Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht hält. Bundesrat und Parlament sind folglich verpflichtet, einen jährlichen Voranschlag zu beschliessen, der diesen verfassungsmässigen Vorgaben entspricht. Die mit der vorliegenden Botschaft beantragte Fortführung der landwirtschaftlichen Ausgaben in der bisherigen Höhe ist aus heutiger Sicht finanzierbar. Angesichts der Risiken stellen die beantragten landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen sowie der Verpflichtungskredit aber Obergrenzen dar, die nur bei positiver Entwicklung der Haushaltlage finanzierbar sind.

7.2.3

Teuerungsanpassungen

Die vom Parlament überwiesene Motion Dittli 16.3705 «Teuerung nur ausgleichen, wenn Teuerung anfällt» beauftragt den Bundesrat, die schwach gebundenen Ausgaben im Voranschlag und Finanzplan jedes Jahr systematisch an die aktuellen Teuerungsprognosen anzupassen, um eine ungeplante reale Entwicklung zu verhindern.

Liegt die effektive Teuerung unter dem Prognosewert, werden die Ausgaben gekürzt. Übersteigt die effektive Teuerung die Prognose, werden die Ausgaben erhöht.

Sofern die systematische Teuerungsanpassung dazu führt, dass die Ausgaben die Zahlungsrahmen überschreiten, kann das Parlament im Rahmen des Voranschlags des letzten Jahres der Zahlungsrahmenperiode eine Erhöhung beschliessen. Die Teuerungsannahmen, die den Zahlungsrahmen zugrunde liegen, werden im Bundesbeschluss in Artikel 2 festgelegt und entsprechen den Werten in Tabelle 19. Die

4150

BBl 2020

Basis für die Teuerungsentwicklung bildet der Landesindex der Konsumentenpreise vom Dezember 2019 von 101,7 Punkten (Dezember 2015 = 100 Punkte).

7.2.4

Allfällige Begleitmassnahmen für die Landwirtschaft bei neuen oder weiterentwickelten Handelsabkommen

Gegenwärtig laufen Verhandlungen über neue und weiterentwickelte Handelsabkommen zwischen der Schweiz beziehungsweise der EFTA und verschiedenen Handelspartnern (vgl. Ziff. 1.3.2). Es ist davon auszugehen, dass neue oder weiterentwickelte Handelsabkommen im Zeithorizont 2022­2025 in Kraft treten. Bei einer substanziellen Reduktion der Agrarzölle im Rahmen von Handelsabkommen können Begleitmassnahmen für die Landwirtschaft notwendig werden. Wie hoch ein allfälliger Mittelbedarf für die Finanzierung von Begleitmassnahmen ist, hängt unter anderem vom Ausmass der Marktöffnung, dem Zeitpunkt der Umsetzung und der Entwicklung der internationalen Preise ab.

Die AP22+ und die Verhandlungen von neuen oder weiterentwickelten Handelsabkommen mit Auswirkungen auf den Handel mit Agrarprodukten laufen in getrennten Prozessen. Die vorliegende Botschaft und die Erlassentwürfe werden dem Parlament losgelöst von allfälligen neuen oder weiterentwickelten Handelsabkommen unterbreitet. Werden zusätzliche Mittel für Begleitmassnahmen aufgrund von Handelsabkommen benötigt, werden die Mittel zur Finanzierung dieser Massnahmen dem Parlament zusammen mit der Vorlage zum entsprechenden Handelsabkommen beantragt.

7.3

Mittelbedarf für die Zeitspanne 2022­2025

Die Ausgaben für die Landwirtschaft sollen auch in der Zeitperiode 2022­2025 über drei Zahlungsrahmen gesteuert werden. Der bisherige Zahlungsrahmen «Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen» soll in Zahlungsrahmen «Produktionsgrundlagen» umbenannt werden, da die Mittel in diesen Zahlungsrahmen schwergewichtig zur Finanzierung von Massnahmen zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktionsgrundlagen verwendet werden. Die Bezeichnung der Zahlungsrahmen «Produktion und Absatz» und «Direktzahlungen» soll unverändert bleiben.

Die Höhe der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen 2022­2025 (13 774 Mio. Fr.)

entspricht weitgehend den in den Jahren 2018­2021 (13 887 Mio. Fr.) geplanten Ausgaben (vgl. Tabelle 20). Damit soll der Land- und Ernährungswirtschaft Planungssicherheit gegeben werden. Der leichte Rückgang um durchschnittlich rund 28 Millionen Franken pro Jahr ist in erster Linie auf Teuerungsanpassungen zurückzuführen. In der Vernehmlassung wurde von einer Teuerung von einem Prozent pro Jahr ausgegangen. Da die Teuerungsprognosen nach unten korrigiert wurden (vgl.

Tabelle 19), wurden infolge der Umsetzung der Motion Dittli (vgl. Ziff. 7.2.3) die neuen Zahlungsrahmen entsprechend reduziert. Das durchschnittliche jährliche Wachstum im Zeitraum 2021­25 beträgt ­0.2 Prozent.

4151

BBl 2020

Aufgrund der Strukturentwicklung in der Landwirtschaft werden die Finanzhilfen sowohl pro Betrieb als auch pro Arbeitskraft weiter zunehmen. In Bezug auf die landwirtschaftliche Nutzfläche bleiben sie weitgehend konstant.

Tabelle 20 Vergleich der Zahlungsrahmen 2022­2025 mit der Vorperiode Zahlungsrahmen 2018­20211

Geplante Ausgaben 2018­20213

Zahlungsrahmen 2022­2025

(Mio. CHF)

Total pro Jahr

Total pro Jahr

Total pro Jahr

Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen / Produktionsgrundlagen

563

140,8

535

133,7

565

141,2

2 031

507,8

2 125

531,3

2 119

529,8

Produktion und Absatz2 Direktzahlungen

11 250 2 812,5

11 227 2 806,9

11 090 2 772,5

Total

13 844 3 461,0

13 887 3 471,8

13 774 3 443,5

1

Gemäss Bundesbeschluss vom 7. März 2017, BBl 2017 3447 und Bundesbeschluss vom 5. Dezember 2017, BBl 2018 31.

2 Die Ausfuhrbeiträge gemäss Schoggigesetz im Umfang von 94,6 Mio. CHF laufen 2018 noch ausserhalb der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen. Ab 2019 werden die Mittel infolge der Nachfolgeregelung zum Schoggigesetz in den Zahlungsrahmen «Produktion und Absatz» umgelagert.

3 Gemäss Rechnung 2018 (plus Ausfuhrbeiträge), Voranschlag 2019 und 2020 sowie Planung 2021.

7.4

Ausgestaltung der drei Zahlungsrahmen 2022­2025

7.4.1

Übersicht über die Zahlungsrahmen

Der Bundesbeschluss über die landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen enthält jeweils nur die Gesamtsumme der einzelnen Zahlungsrahmen. Die Aufteilung der Mittel innerhalb der Zahlungsrahmen auf die einzelnen Kredite und auf die Jahre ist nicht Gegenstand dieses Beschlusses. Im vorliegenden Kapitel wird die Mittelverteilung der einzelnen Zahlungsrahmen erläutert. Daraus wird ersichtlich, wie der Bundesrat beabsichtigt, die finanziellen Mittel auf die verschiedenen agrarpolitischen Instrumente zu verteilen. Im Rahmen des jährlichen Budgetprozesses wird das Parlament mit der Genehmigung des jeweiligen Voranschlags abschliessend über den geplanten Mitteleinsatz entscheiden.

Da es sich in den folgenden Tabellen über die Aufteilung der einzelnen Zahlungsrahmen teilweise um gerundete Werte handelt, können bei den Summen Rundungsdifferenzen auftreten.

4152

BBl 2020

Tabelle 21 Zahlungsrahmen 2022­2025 im Überblick (in Mio. CHF, mit Rundungsdifferenzen)

B 2020

2022

2023

2024

2025

Total

ZR

Produktionsgrundlagen

134,6

139,7

140,5

141,4

142,4

564,1

565

Produktion und Absatz

537,0

529,9

529,6

529,6

529,6

2 118,5

2119

Direktzahlungen

2812,0

2778,0

2771,4

2770,4

2769,4 11 089,2 11 090

Total

3483,6

3447,6

3441,4

3441,4

3441,4 13 771,8 13 774

Die meisten Finanzhilfen für die Landwirtschaft haben eine direkte oder indirekte Wirkung auf die landwirtschaftlichen Einkommen. Um diese Einkommenswirkung stabil zu halten, sollen die Mittel der Zahlungsrahmen insgesamt gleichmässig über die Jahre verteilt werden. Mit den vorgeschlagenen Zahlungsrahmen betragen die Finanzhilfen für die Landwirtschaft im 2022 3448 Millionen Franken und ab 2023 3441 Millionen Franken pro Jahr. Unter der Annahme, dass sich die Strukturentwicklung im bisherigen Ausmass (1,8 % Betriebsaufgaben pro Jahr seit 2000) fortsetzt, steigen damit die über die Zahlungsrahmen gesteuerten Finanzhilfen pro Betrieb bis 2025 von 68 050 Franken im Jahr 2018 auf 76 850 Franken und pro Arbeitseinheit in der Landwirtschaft von 45 900 Franken auf 50 950 Franken.

Im Vergleich zum Budget 2020 bleiben die Mittel für die Direktzahlungen ab 2022 weitgehend auf dem gleichen Niveau. Die geringe Abweichung ist in erster Linie auf die Anpassung an die tiefere Teuerung zurückzuführen. Hinzu kommt der Transfer von durchschnittlich 5 Millionen Franken pro Jahr für das Risikomanagement und 2 Millionen Franken für das Kompetenz- und Innovationsnetzwerk Pflanzenzüchtung in den Zahlungsrahmen Produktionsgrundlagen. Der Zahlungsrahmen «Produktionsgrundlagen» wird entsprechend erhöht. Zudem wird eine Million Franken pro Jahr aus den Entsorgungsbeiträgen zur Finanzierung des Kompetenzzentrums Nutztiergesundheit in diesen Zahlungsrahmen übertragen. Beim Zahlungsrahmen «Produktion und Absatz» stehen ab 2022 jährlich rund 6 Millionen Franken weniger zur Verfügung als 2020, weil die auf 2019­2021 befristete Aufstockung der Mittel für den Zuckerrübenanbau ausläuft.

7.4.2

Zahlungsrahmen für die Produktionsgrundlagen

Der Zahlungsrahmen für die Produktionsgrundlagen umfasst Massnahmenpakete, welche der Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion dienen.

Die in den Jahren 2022­2025 zur Verfügung stehenden Mittel steigen gegenüber 2020 leicht an, weil mehr Mittel für die Pflanzenzüchtung, das Kompetenzzentrum Nutztiergesundheit und das Risikomanagement eingesetzt werden sollen, die teil4153

BBl 2020

weise mit einer Senkung der Direktzahlungen kompensiert werden. Auf eine Äufnung der beiden Fonds de roulement IK und Betriebshilfe soll ab 2021 verzichtet und die bisher dafür eingestellten Mittel zu den Beiträgen für Strukturverbesserungen verschoben werden. Die neu vorgeschlagene befristete Ausrichtung von Beiträgen an die Verbilligung der Prämien von Ernteversicherungen mit tiefer Marktdurchdringung soll neu in diesem Zahlungsrahmen aufgenommen und im Rahmen eines eigenen Kredits ausbezahlt werden.

Tabelle 22 Geplante Ausgaben im Zahlungsrahmen Produktionsgrundlagen (565 Mio. CHF) (in Mio. CHF, mit Rundungsdifferenzen)

Risikomanagement1

B 2020

2022

2023

2024

2025

Total

0,4

3,5

4,4

5,4

6,4

19,8

Strukturverbesserungen

81,4

81,0

80,8

80,8

80,8

323,4

Pflanzen- und Tierzucht

41,5

44,1

44,0

44,0

44,0

176,3

Beratungswesen

11,3

11,2

11,2

11,2

11,2

44,6

134,6

139,7

140,5

141,4

142,4

564,1

Total 1

inkl. Betriebshilfe

Risikomanagement Die bisherige Rubrik «Soziale Begleitmassnahmen» soll in Analogie zur geplanten Änderung im 4. Titel des LwG umbenannt werden in «Betriebliches Risikomanagement» (vgl. Ziff. 5.1.4). Zu den sozialen Begleitmassnahmen zählten bisher die Betriebshilfe und die Umschulungsbeihilfen, wobei Letztere Ende 2019 aufgehoben wurden. Die Betriebshilfe in der Form zinsloser, rückzahlbarer Darlehen wird für bäuerliche Betriebe eingesetzt, um eine unverschuldete finanzielle Bedrängnis zu beheben, bestehende verzinsliche Schulden abzulösen (Umschuldung) oder die frühzeitige Betriebsaufgabe zu erleichtern. Dieses Instrument soll weiterhin bestehen bleiben. Der Fonds de roulement für diese Massnahme betrug per Ende 2018 223,6 Millionen Franken. Aufgrund der grundsätzlichen Weiterführung der agrarpolitischen Massnahmen auf dem bisherigen Niveau wird nicht mit einem Anstieg des Mittelbedarfs gerechnet. Deshalb soll auf eine Erhöhung des Fonds de roulement «Betriebshilfe» in der nächsten Zahlungsrahmenperiode verzichtet werden. Künftig soll über den Kredit «Risikomanagement» die neu vorgesehene Unterstützung von Ernteversicherungen finanziert werden. Dazu werden über die Jahre 2022­2025 Mittel aus dem Zahlungsrahmen Direktzahlungen in der Höhe von insgesamt 20 Millionen Franken verschoben. Da mit einer zunehmenden Beteiligung an den Ernteversicherungen zu rechnen ist, nimmt der Mittelbedarf über die 4 Jahre hinweg sukzessive zu.

Strukturverbesserungen Zur Unterstützung der Strukturverbesserungen mit den Massnahmen gemäss Artikel 87a E-LwG richtet der Bund einerseits Beiträge aus und andererseits können die 4154

BBl 2020

Kantone aus dem bestehenden Fonds de roulement zinslose IK gewähren. Mit den Beiträgen für Strukturverbesserungen werden die von der Landwirtschaft benötigten Basisinfrastrukturen (Erschliessungen mit Güterwegen, Wasser, Elektrizität, Seilbahnen), PRE und Meliorationen unterstützt. Im Berg- und Hügelgebiet können auch Ökonomiegebäude für raufutterverzehrende Nutztiere und gemeinschaftliche Bauten zur Aufbereitung, Lagerung und Vermarktung regionaler Erzeugnisse mit Beiträgen gefördert werden. Von diesen Beiträgen werden rund 70 Prozent für Landumlegungen, Erschliessungsanlagen, Wasserversorgungen und auch für die periodische Wiederinstandstellung von solchen Werken verwendet (Tiefbau).

Die IK werden über einen Fonds de Roulement verwaltet. Dieser enthält 2,55 Milliarden Franken (Stand Ende 2018). Die Rückzahlungen ermöglichen den Kantonen die Gewährung neuer Darlehen in der Höhe von jährlich rund 280 Millionen Franken. Sie werden vorwiegend für einzelbetriebliche Massnahmen eingesetzt. Gemeinschaftliche Massnahmen werden vor allem im Berg- und Hügelgebiet mit IK unterstützt.

In den vergangenen Jahren wurden die Mitteleinlagen in den Fonds de Roulement für IK seitens Bund von 51 Millionen (2013) auf rund eine Million Franken (2018) pro Jahr reduziert. Aufgrund der Tatsache, dass derzeit ausreichend liquide Mittel im Fonds vorhanden sind, soll keine Alimentierung mit neuen Mitteln mehr erfolgen.

Bei den Beiträgen ist in den nächsten Jahren tendenziell mit einem Mehrbedarf zu rechnen. Einerseits besteht bei der Erneuerung der Basisinfrastrukturen ein Nachholbedarf. Andererseits wird die Umsetzung RLS und die Unterstützung von ressourceneffizienten Technologien zu einer höheren Mittelnachfrage führen. Es besteht jedoch gleichzeitig eine hohe Unsicherheit, ob die Kantone ihre Gegenleistung auch effektiv erbringen können. Aufgrund dieser Ausgangslage wird vorgeschlagen, im Bereich Strukturverbesserungen die Mittel auf dem Niveau des aktuellen Finanzplans zu belassen (81 Mio. Fr. pro Jahr).

Pflanzen- und Tierzucht Mit dem Kredit «Pflanzen- und Tierzucht» will der Bund ab 2022 mit gut 44 Millionen Franken pro Jahr die Zucht von Nutztieren, die Erhaltung der genetischen Ressourcen und Vielfalt von Schweizer Nutztierrassen und Nutzpflanzen, die Massnahmen zur Erfüllung des Internationalen Vertrags vom
3. November 2001 149 über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sowie ab 2020 Projekte zur Förderung der Pflanzenzüchtung.

Die Mittel für die Tierzucht und Nutztiergesundheit betragen 34,8 Millionen Franken. Im Bereich Tierzucht werden sie für Massnahmen zur Grundlagenverbesserung wie die Herdebuchführung, Erhebung und Auswertung von zuchtrelevanten Daten und Erhaltung von Schweizer Rassen eingesetzt. Damit wird die Zucht von gesunden, leistungsfähigen, widerstandsfähigen und den natürlichen Verhältnissen des Landes angepassten Zucht- und Nutztieren ermöglicht. Die Erhebung und Auswertung von zuchtrelevanten Daten (inkl. Herdebuchführung) sowie die Zuchtwertschätzung beziehungsweise die genetische Bewertung bilden in der Tierzucht die Grundlagen für eine nachhaltige und standortangepasste Erzeugung tierischer Le149

SR 0.910.6

4155

BBl 2020

bensmittel. Der Bedarf für ein Kompetenz- und Innovationsnetzwerk für Tierzucht wurde im Rahmen der Arbeiten zur «Strategie Tierzucht 2030» aufgezeigt (vgl.

Ziff. 5.1.6.4). Das Netzwerk für Tierzucht soll über bestehende Mittel im Bereich Tierzucht unterstützt werden. Die Mitfinanzierung des Kompetenz- und Innovationsnetzwerks für Nutztiergesundheit (Art. 120 E-LwG, Art. 11b E-TSG) soll über eine Umlagerung von einer Million Franken von den Entsorgungsbeiträgen (Kredit A231.0227) in den Kredit Pflanzen- und Tierzucht erfolgen und aus diesem Kredit unterstützt werden. Die Entsorgungsbeiträge an die Schlachtbetriebe werden ab 2022 entsprechend gesenkt.

Die Mittel im Bereich Erhaltung der genetischen Vielfalt und der pflanzengenetischen Ressourcen (4,3 Mio. Fr.) werden für die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans «Pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft» eingesetzt.

In der Pflanzenzüchtung sollen künftig 5 Millionen pro Jahr für Züchtungsprogramme für strategisch relevante Kulturpflanzenarten sowie für den Aufbau und Betrieb eines Kompetenznetzwerkes für Pflanzenzüchtung eingesetzt werden (siehe Ziff. 5.1.6.4 und 5.1.6.5). Insgesamt werden in der Schweiz jährlich rund 10 Millionen Franken investiert, davon 40 Prozent durch den Bund in Form von öffentlich finanzierten Zuchtprogrammen bei Agroscope. Im europäischen Vergleich und gemessen am Wert der pflanzlichen Erzeugung in der Schweiz (mehr als 4 Mrd.

Fr.) ist die Investition in die Pflanzenzüchtung insgesamt tief. Für die mehrheitlich kleinen Züchtungsprogramme (privat und öffentlich) ist es entscheidend, mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten zu können. Dieser wird die Zuchterfolge in Zukunft noch stärker prägen als heute.

Die Förderung von Pflanzenzüchtung und die Unterstützung der Kompetenz- und Innovationsnetzwerke für Pflanzenzüchtung durch den Bund wird damit deutlich gestärkt: Zugunsten des Netzwerks Pflanzenzüchtung sollen 2 Millionen Franken jährlich von den Direktzahlungen zum Kredit Pflanzen- und Tierzucht umgelagert werden. Bereits ab 2020 werden zudem zur Förderung der Pflanzenzüchtung 3 Millionen Franken jährlich mehr im Kredit Pflanzen- und Tierzucht eingesetzt.

Beratungswesen Die landwirtschaftliche Beratung hat zum Ziel, die in der Landwirtschaft tätigen Personen in ihrer beruflichen
Tätigkeit zu begleiten und in ihrer berufsorientierten Weiterbildung zu unterstützen. Sie ist Teil des landwirtschaftlichen Innovations- und Wissenssystems (LIWIS) und fördert den Austausch von Wissen zwischen Wissenschaft, Verwaltung und Gesellschaft einerseits und der Praxis andererseits sowie innerhalb der Praxis selber. Der Bund fördert das Beratungswesen durch Finanzhilfen an die Beratungszentrale Agridea, an überregional tätige, in Spezialbereichen arbeitende Beratungsdienste (z. B. Bienen, Geflügel, Alpwirtschaft) und an die Vorabklärung von innovativen Projekten. Zudem kann er ausgewählte innovative Ideen speziell fördern, indem er Finanzhilfen für Beitragsgesuche gewährt oder Beratungsprojekte selber ausschreibt. Die direkte Betriebsberatung liegt in der Zuständigkeit der Kantone. Die Kriterien der Finanzhilfen für die überregional tätigen Beratungsdienste ab 2022 werden präzisiert. Um die Aktivitäten im Bera-

4156

BBl 2020

tungswesen weiterhin finanzieren zu können, soll der Mittelumfang ab 2022 dem bisherigen Niveau entsprechen.

Die Unterstützung der Vernetzung der Forschung, Bildung und Beratung mit der land- und ernährungswirtschaftlichen Praxis (Art. 118 E-LwG) kann im Rahmen bestehender Mittel des Kredits Beratungswesen finanziert werden. Pilot- und Demonstrationsprojekte gemäss Artikel 119 E-LwG können in der Form von Beratungsprojekten (Art. 136 LwG), Forschungsprojekten (Art. 116 E-LwG, ausserhalb der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen), Projekten zur Förderung der Qualität und Nachhaltigkeit (Art. 11 LwG) oder Ressourcenprojekten (Art. 77a und 77b LwG) gefördert werden und zwar im Rahmen der in den betroffenen Krediten geplanten Mittel.

7.4.3

Zahlungsrahmen für Produktion und Absatz

Die Ausgaben im Zahlungsrahmen Produktion und Absatz liegen in den Jahren 2022­2025 etwas tiefer als die im Jahr 2020 geplanten Ausgaben, da die Mittel im Kredit Pflanzenbau in den Jahren 2019­2021 zugunsten des Zuckerrübenanbaus befristet erhöht wurden. Die übrigen Kredite werden auf dem Niveau des Voranschlags 2020 weitergeführt.

Tabelle 23 Geplante Ausgaben im Zahlungsrahmen Produktion und Absatz (2 119 Mio. CHF) (in Mio. CHF, mit Rundungsdifferenzen)

B 2020

2022

2023

2024

2025

Total

Qualitäts- und Absatzförderung

69,9

69,2

69,0

69,0

69,0

276,2

371,8

371,8

371,8

371,8

371,8

1 487,1

6,0

5,9

5,9

5,9

5,9

23,6

Milchwirtschaft Viehwirtschaft Pflanzenbau

89,4*

83,0

82,9

82,9

82,9

331,7

Total

537,0

529,9

529,6

529,6

529,6

2 118,6

*Inkl. 6 Mio. Fr. befristete Unterstützung Zucker.

Qualitäts- und Absatzförderung Die Schweizer Landwirtschaft soll aus dem Verkauf ihrer Produkte einen möglichst hohen Erlös auf den Märkten erzielen. Der Bund unterstützt daher die Qualitäts- und Absatzförderung und übernimmt einen Teil der Kosten. Aufgrund der strategischen Bedeutung der Massnahmen sollen die Mittel für die bisherigen Massnahmen im Bereich der Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit nach Artikel 11 LwG sowie der Absatzförderung nach Artikel 12 LwG im Vergleich zum Zahlungsrahmens 2018­2021 leicht erhöht werden. Im Kredit Qualitäts- und Absatzförderung sollen somit für die Jahre 2022­2025 jährlich knapp 70 Millionen Franken eingestellt 4157

BBl 2020

werden. Mit einem geringen Betrag dieser Mittel soll auch die Plattform für Agrarexport, die zum Ziel hat exportorientierte Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelbranche bei der Überwindung von technischen Handelshemmnissen behilflich zu sein, zeitlich befristet unterstützt werden. Die Plattform soll neben den öffentlich-rechtlichen Mitteln auch mit privaten Mitteln finanziert werden.

Milchwirtschaft Für die beiden spezifischen Milchzulagen, die Zulage für verkäste Milch und die Zulage für Fütterung ohne Silage, sollen wie bisher jährlich insgesamt 293 Millionen Franken aufgewendet werden. Die Zulage für Fütterung ohne Silage soll gemäss Artikel 39 E-LwG bei 3 Rappen pro Kilogramm Milch und die Zulage für verkäste Milch gemäss Artikel 38 E-LwG bei 15 Rappen abzüglich des Betrags der Zulage für Verkehrsmilch nach Artikel 40 LwG belassen werden.

Die Zulage für Verkehrsmilch wird im Zusammenhang mit der Aufhebung der Ausfuhrbeiträge gemäss «Schoggigesetz» seit 2019 an die Milchproduzentinnen und -produzenten ausbezahlt. Für diese Zulage sind jährlich 78,8 Millionen Franken vorgesehen.

Wie bisher wird eine private Organisation mittels Leistungsvereinbarung beauftragt, die Milchdaten zu erfassen und die Ausrichtung der Zulagen vorzubereiten. Für die Vergütung dieser Aufgaben sollen auch ab 2022 3 Millionen Franken pro Jahr im Globalbudget des BLW eingesetzt werden.

Viehwirtschaft Im Bereich Viehwirtschaft sollen weiterhin 6 Millionen Franken als Inlandbeihilfen für Schlachtvieh, Fleisch und Eier sowie als Verwertungsbeiträge für Schafwolle eingesetzt werden. Eine private Organisation soll weiterhin mittels Leistungsvereinbarung die Vollzugsaufgaben «Überwachung öffentlicher Märkte», «Durchführung von Marktentlastungsmassnahmen» und «Neutrale Qualitätseinstufung» übernehmen. Für die Vergütung dieser Aufgaben sind seit 2013 ausserhalb der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen 6,7 Millionen Franken pro Jahr im Globalbudget des BLW vorgesehen. Diese Mittel sollen auch ab 2022 für diesen Zweck zur Verfügung stehen.

Pflanzenbau Mit der Ausrichtung eines Beitrags für Einzelkulturen soll der Anbau von Ackerkulturen gefördert werden, die unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit als bedeutsam eingestuft werden. Seit 2019 werden für die Getreidefördermassnahme im Rahmen der Nachfolgeregelung für das
Schoggigesetz 15,8 Millionen Franken pro Jahr bereitgestellt. 2019­2021 gelten befristet höhere Beiträge für den Zuckerrübenanbau. Anschliessend sinkt der vorgesehene jährliche Betrag für den Pflanzenbau im Vergleich zum Budget 2020 um 5,5 Millionen Franken.

4158

BBl 2020

7.4.4

Zahlungsrahmen für die Direktzahlungen

Der Zahlungsrahmen für die Direktzahlungen enthält neue und auslaufende Beitragsarten zur Förderung der Agrarökosystemleistungen sowie Übergangsbeiträge zur Sicherstellung einer sozialverträglichen Entwicklung.

Tabelle 24 Geplante Ausgaben im Zahlungsrahmen Direktzahlungen (11 090 Mio. CHF) (in Mio. CHF, mit Rundungsdifferenzen)

2022

2023

2024

2025

Total

1085,0

935,0

935,0

935,0

935,0

3740,0

Kulturlandschaft

526,0

382,2

382,2

382,2

382,2

1528,8

Biodiversität1

316,0

324,0

326,0

327,0

328,0

1305,0

Produktionssysteme2

525,0

683,0

716,0

749,0

782,0

2930,0

Standortangepasste Landwirtschaft3

289,0

290,0

290,0

290,0

330,0

1200,0

71,0

163,8

122,2

87,2

12,2

385,4

2812,0

2778,0

2771,4

Versorgungssicherheit

Übergangsbeitrag Total

B 2020

2770,4 2769,4 11 089,2

1

ohne Vernetzungsbeiträge inkl. Ressourceneffizienzbeiträge nach Art. 76 LwG 3 in dieser Rubrik sind enthalten: Vernetzungsbeiträge und Landschaftsqualitätsbeiträge, die bis Ende 2024 noch nach aktueller Rechtsgrundlage weiterlaufen und ab 2025 in die neuen Beiträge für standortangepasste Landwirtschaft integriert werden. Ebenfalls enthalten sind die Ausgaben für Ressourcenprogramme nach Art. 77a LwG und die Gewässerschutzbeiträge nach Art. 62a GSchG.

2

Versorgungssicherheitsbeiträge Die umgestalteten Versorgungssicherheitsbeiträge enthalten die zwei Elemente Zonenbeitrag und Beitrag für die offene Ackerfläche und Dauerkulturen. Der Zonenbeitrag wird neu auf allen beitragsberechtigten Flächen ausgerichtet und ist auf allen Flächen gleich hoch. Der Beitrag für offene Ackerfläche und Dauerkulturen soll erhöht werden, weil die Evaluation der Versorgungssicherheitsbeiträge eine hohe Effizienz dieses Beitrags aufgezeigt hat. Insgesamt sollen die Versorgungssicherheitsbeiträge pro Jahr rund 935 Millionen Franken betragen.

Kulturlandschaftsbeiträge Bei den Kulturlandschaftsbeiträgen gibt es nur eine wesentliche Änderung: Der Offenhaltungsbeitrag wird in den neuen Zonenbeitrag umgelagert, sodass es künftig nur noch einen nach Zonen abgestuften Beitrag geben wird. Ansonsten sind weder bei den Steillagen- und Hangbeiträgen noch bei den Alpungs- und Sömmerungsbeiträgen Änderungen vorgesehen. Dies ergibt einen Mittelbedarf bei den Kulturlandschaftsbeiträgen von gut 380 Millionen Franken pro Jahr.

4159

BBl 2020

Biodiversitätsbeiträge Die Ausgestaltung der Biodiversitätsbeiträge soll so angepasst werden, damit sich deren Wirkung auf die Biodiversität verbessert. Neu sollen Beiträge für besondere Leistungen zugunsten der Biodiversität eingesetzt werden. Da laufend mehr Betriebe solche Leistungen erbringen, steigt der Mittelbedarf für diese Zusatzbeiträge bis ins Jahr 2025 voraussichtlich auf rund 50 Millionen Franken an. Die Beitragsansätze für die Qualitätsstufe II bleiben voraussichtlich konstant. Die angestrebte Beteiligungszunahme führt dazu, dass der Mittelbedarf für die Qualitätsstufe II auf über 160 Millionen Franken zunimmt. Da die Versorgungssicherheitsbeiträge für Biodiversitätsförderflächen ab 2022 nicht mehr reduziert werden, sondern gleich hoch sind wie für die übrigen Flächen, können die Biodiversitätsbeiträge für die Qualitätsstufe I entsprechend reduziert werden. Der Mittelbedarf für Beiträge der Qualitätsstufe I beträgt 2025 noch rund 110 Millionen Franken. Insgesamt erhöhen sich die Ausgaben für Biodiversitätsbeiträge bis 2025 kontinuierlich auf knapp 330 Millionen Franken.

Produktionssystembeiträge Die Produktionssystembeiträge werden gegenüber heute ausgebaut. Einerseits werden die bisherigen Ressourceneffizienzbeiträge hier integriert. Andererseits sollen die finanziellen Anreize im Bereich Ressourcenschutz deutlich erhöht und damit eine substanzielle Reduktion der Nährstoffverluste, der PSM-Einträge in Gewässer und des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung erzielt werden. Die bisherigen Beiträge für biologischen Landbau werden unverändert weitergeführt.

Aufgrund von Beteiligungszunahmen werden die Ausgaben auf rund 60 Millionen Franken pro Jahr steigen. Die heutigen Extensobeiträge und ein Teil der Ressourceneffizienzbeiträge werden in das neue teilbetriebliche Produktionssystem Ackerbau integriert. Hier ist bis 2025 ein auf 120 Millionen Franken pro Jahr ansteigender Mitteleinsatz vorgesehen. In das neue Produktionssystem Spezialkulturen wird ein Teil der heutigen Ressourceneffizienzbeiträge integriert. Auch hier wird mit einem deutlichen Anstieg der Ausgaben auf knapp 40 Millionen Franken pro Jahr bis 2025 gerechnet. Das bisherige Programm für GMF sowie die bestehenden Tierwohlprogramme BTS und RAUS werden in das Produktionssystem Nutztierhaltung integriert. Zusammen mit den
neu vorgesehenen Massnahmen wie dem Zusatzbeitrag für die Weideförderung oder den Massnahmen zur Förderung der Tiergesundheit werden die Ausgaben für das Produktionssystem Nutztierhaltung bis 2025 auf rund 560 Millionen Franken steigen. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben für Produktionssystembeiträge im Jahr 2025 auf gut 780 Millionen Franken.

Beiträge für standortangepasste Landwirtschaft Die bisherigen regionalen und projektbezogenen Instrumente in den Bereichen Vernetzung und Landschaftsqualität werden ab 2025 in die neuen Beiträge für standortangepasste Landwirtschaft integriert und mit einer zusätzlichen Komponente im Bereich nachhaltige Ressourcennutzung ergänzt. Es ist davon auszugehen, dass sich der Mitteleinsatz für Vernetzung und Landschaftsqualität im bisherigen Rahmen bewegen wird, das heisst gut 100 Millionen Franken für Vernetzung und 150 Millionen Franken für Landschaftsqualität. Im Bereich nachhaltige Ressourcennutzung ist ab 2025 mit einer Zunahme der Ausgaben zu rechnen, weil im Rahmen 4160

BBl 2020

der Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft neu auch Massnahmen zur nachhaltigen Ressourcennutzung in den Bereichen Boden, Wasser und Luft unterstützt werden können. Hier sind im Jahr 2025 Ausgaben in der Grössenordnung von 50 Millionen Franken vorgesehen. Ebenfalls in dieser Rubrik enthalten sind die Ausgaben für das Ressourcenprogramm nach Artikel 77a LwG und für die Gewässerschutzbeiträge nach Artikel 62a GSchG. Beide Programme werden als eigenständige Förderprogramme weitergeführt. Die Ausgaben für beide Programme belaufen sich 2025 auf rund 30 Millionen Franken pro Jahr. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben für standortangepasste Landwirtschaft im Jahr 2025 auf 330 Millionen Franken.

Übergangsbeitrag Der Übergangsbeitrag hat zum Ziel, die Sozialverträglichkeit des Systemwechsels sowohl auf einzelbetrieblicher wie auch auf sektoraler Ebene zu gewährleisten. Die Übergangsbeiträge stellen eine Residualgrösse zwischen dem gesamten Direktzahlungsbudget und dem Bedarf für die leistungsbezogenen Instrumente dar. Da die leistungsbezogenen Direktzahlungen zwischen 2022 und 2025 ansteigen, reduzieren sich die Mittel für den Übergangsbeitrag entsprechend. Im Jahr 2022 dürfte der Übergangsbeitrag rund 160 Millionen Franken betragen, er sinkt bis 2025 voraussichtlich auf rund 10 Millionen Franken. Der Übergangsbeitrag pro Betrieb berechnet sich gemäss den Modalitäten, wie sie im Konzept (vgl. Ziff. 5.1.3.7) ausgeführt sind.

7.5

Verpflichtungskredit für landwirtschaftliche Strukturverbesserungen

Gemäss Artikel 98 LwG bewilligt die Bundesversammlung mit einfachem Bundesbeschluss einen mehrjährigen Verpflichtungskredit für die Zusicherung von Beiträgen für Strukturverbesserungen. Ein Verpflichtungskredit setzt den Höchstbetrag fest, bis zu dem der Bundesrat ermächtigt ist, für ein bestimmtes Vorhaben mehrjährige finanzielle Verpflichtungen gegenüber bundesexternen Dritten einzugehen. Mit dem Bundbeschluss vom 15. Dezember 2016 hat das Parlament einen Verpflichtungskredit «Landwirtschaftliche Strukturverbesserungen 2017­2021» in der Höhe von 448 Millionen Franken bewilligt. Abgestimmt auf die Beiträge für Strukturverbesserungen im Zeitraum 2022­2025 (vgl. Ziff. 7.4.2) soll für diese Periode ein weiterer mehrjähriger Verpflichtungskredit von 323,4 Millionen Franken beschlossen werden.

8

Auswirkungen

8.1

Auswirkungen auf den Bund

8.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Auswirkungen auf die Agrarausgaben innerhalb der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen sind in Ziffer 7 dargelegt. Nachfolgend werden die finanziellen Aus4161

BBl 2020

wirkungen ausserhalb der landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen aufgeführt. Diese betreffen Transferkredite im Aufgabengebiet Landwirtschaft und Ernährung sowie das Globalbudget des BLW.

­

Weiterentwicklung Agrarinformationssysteme: Für den Vollzug der vorgeschlagenen Änderungen im Bereich der Direktzahlungen werden die Agrarinformationssysteme um die notwendigen Elemente erweitert. Die Weiterentwicklung hat einen einmaligen finanziellen Mehrbedarf zur Folge, welcher je nach konkreter Ausgestaltung der einzelnen Massnahmen variieren kann. Der Mehraufwand kann voraussichtlich im Rahmen des Globalbudget des BLW bewältigt werden.

­

Verpflichtung zur Lieferung von Monitoringdaten: Die Kosten für die Erhebung von Monitoringdaten für den Einkommensvergleich nach Artikel 5 LwG werden langfristig voraussichtlich zwischen 30 Prozent und 50 Prozent sinken, weil aufgrund der Verpflichtung zur Lieferung von Monitoringdaten gemäss Artikel 185 Absatz 3bis E-LwG mit einer geringeren Ausfallrate gerechnet werden kann und entsprechend weniger Betriebe und Treuhandstellen angefragt und erinnert werden müssen.

­

Finanzierung von Laboranalysen im Rahmen der PSM-Kontrollen durch den Bund: Diese erhöht den finanziellen und personellen Aufwand des Bundes und entlastet die Kantone. Mit einer zentralen Bundesfinanzierung können die Analysekosten pro Probe jedoch tiefer gehalten werden, weil ein einziges Labor vom Bund beauftragt werden kann. Zur Finanzierung werden jährlich 0,5 Millionen von den Direktzahlungen ins Globalbudget des BLW übertragen.

8.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Massnahmen der AP22+ erfordern in der Einführungsphase insgesamt einen personellen Mehraufwand, der mit den bestehenden Personalressourcen durch eine Priorisierung der Vollzugsaufgaben bewältigt werden kann. Nach der Einführungsphase kann der Vollzug der agrarpolitischen Massnahmen voraussichtlich mit den bestehenden Ressourcen bewältigt werden. In folgenden Bereichen ist mit einem temporären personellen Mehraufwand zu rechnen, der intern aufgefangen werden soll: Produktionsgrundlagen ­

Gesuche für Investitionshilfen: Wegen der strengen raumplanerischen Voraussetzungen sind nur wenige zusätzliche Gesuche infolge des erweiterten Geltungsbereichs LwG (Art. 3 Abs. 3bis E-LwG) zu erwarten. Die Einschränkung der IK für Wohnbauten führt dagegen zu jährlich zirka 120 weniger Gesuche, die bearbeitet werden müssen.

­

Risikomanagement: Die Einführung von Beiträgen zur Verbilligung von Versicherungsprämien hat einen höheren Personalbedarf zur Folge.

4162

BBl 2020

Direktzahlungen ­

IT-Systeme: Diese müssen angepasst werden, was neben dem erwähnen zusätzlichen befristeten Sachaufwand auch einen zusätzlichen befristeten personellen Mehraufwand zur Folge hat.

­

ÖLN und neue bzw. angepasste Produktionssystembeiträge: Die geänderten und neuen Massnahmen sind auf Verordnungsstufe zu konkretisieren und im Vollzug umzusetzen. Dies führt zu einem befristeten personellen Mehraufwand.

­

Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft: Damit werden die heute inhaltlich separat geregelten Instrumente gebündelt. Dies führt beim Bund zu einer temporären administrativen Mehrbelastung. Dank der vorgesehenen Übergangsphase (2022­2025) fallen diese Mehraufwände über mehrere Jahre hinweg an.

8.2

Auswirkungen auf Kantone

Investitionshilfen ­

Anwendung des LwG (Art. 3 Abs. 3bis E-LwG): Die beantragte Neuregelung hat keine raumplanerischen Auswirkungen, da ohne Änderung des RPG Aquakulturen (z. B. Fische, Krebse, Weichtiere), Algen, Insekten, Wasserlinsen usw. als nicht landwirtschaftliche Nutztiere geltenden Organismen weiterhin nur als Nebengewerbe ohne engen sachlichen Bezug zum Landwirtschaftsbetrieb in der Landwirtschaftszone produziert werden dürfen (Art. 24b Abs. 1 RPG i.V.m. Art. 40 Abs. 2 RPV).

­

Förderung der Tiergesundheit sowie besonders umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen (Art. 87a Abs. 1 Bst. d Ziff. 1 E-LwG): Die Anzahl zu prüfender Gesuche dürfte mit der Zeit aufgrund der technologischen Entwicklung zunehmen. Zumindest auf kurzfristige Sicht kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Anzahl Gesuche in dieser Massnahmenkategorie mit den bestehenden Ressourcen bearbeitet werden kann.

­

Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke (Art. 87a Abs. 1 Bst. d Ziff. 3 ELwG): Die neue Massnahme wird zu einer Erhöhung der Anzahl der von den Kantonen zu bearbeitenden Fälle führen.

­

Wirtschaftlichkeitsprüfung (Art. 89 Abs. 1 Bst. b E-LwG): auch wenn es sich um einen pragmatischen Ansatz handelt, ist doch mit zusätzlichem Aufwand bei der Gesuchprüfung zu rechnen.

­

RLS (Art. 87a Abs. 1 Bst. d Ziff. 4 E-LwG): Für die Kantone ist in der Grundlagenerarbeitung mit einem Mehraufwand zu rechnen. Dieser ist temporär und wird hauptsächlich in den Jahren zwischen 2022 und 2025 anfallen. Es ist zu erwarten, dass Gemeinden und Regionen in die Strategieprozesse einbezogen werden. Somit ergibt sich für die Gemeinden indirekt die Möglichkeit einer besseren Finanzplanung, insbesondere für die landwirtschaftlichen Infrastrukturanlagen.

4163

BBl 2020

­

Einschränkung der IK für Wohnbauten: Reduktion des Arbeitsaufwandes für die Kantone, da jährlich zirka 120 Gesuche weniger bearbeitet werden müssen. Es ist jedoch zu beachten, dass IK in der Regel durch ein Grundpfand sichergestellt werden. Die Aufnahme neuer Grundpfandschulden (Bankhypotheken) löst deshalb in vielen Fällen weiterhin bei den kantonalen Vollzugsstellen eine Prüfung der Tragbarkeit bezüglich Sicherstellung der laufenden IK aus.

Direktzahlungen ­

Einführung neuer Elemente im ÖLN und neuer Produktionssystembeiträge: Diese Neuerungen werden bei den Kantonen Mehraufwände auslösen, da solche Neuerungen erfahrungsgemäss viel Informations- sowie Ausbildungs- und Beratungsaufwand erfordert. Zudem müssen die Kantone ihre IT-Systeme an die geänderten Rahmenbedingungen anpassen.

­

Integration Kontrolle landwirtschaftsrelevanter Vorschriften Gewässerschutzgesetzgebung in den ÖLN: Der bisherige Prozess, wonach für Kürzungen von Direktzahlungen eine Verfügung des Kantons über den Verstoss vorliegen muss, wird vereinfacht und die Kantone entsprechen entlastet.

­

Beitragsberechtigung für juristische Personen: Diese bewirkt eine Vereinfachung des kantonalen Vollzugs, da insbesondere die heutigen Bestimmungen zu den Familien-AGs und -GmbHs nicht mehr überprüft werden müssen.

­

Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft: Der Handlungsspielraum der Kantone und Regionen wird deutlich erhöht. Die Erarbeitung der RLS hat in den Jahren zwischen 2022 und 2025 einen initialen Mehraufwand für die Kantone zur Folge. Nach 2025 dürfte der Aufwand sinken, da die Landschaftsqualitäts- und Vernetzungsprojekte neu nicht mehr einzeln, sondern gemeinsam im Rahmen der Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft vollzogen werden. Der Kofinanzierungsanteil der Kantone an diese Beiträge beträgt 10 Prozent, was dem heutigen Anteil an den Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsbeiträgen entspricht.

­

Aufhebung der Vermögens- und Einkommensbegrenzungen bei den Übergangsbeiträgen: Diese hat einen Minderaufwand für die Kantone zur Folge.

­

Finanzierung von Laboranalysen im Rahmen der PSM-Kontrollen durch den Bund: Diese reduziert den finanziellen und administrativen Aufwand der Kantone. Mit einer zentralen Bundesfinanzierung können die Analysekosten pro Probe tiefer gehalten werden, weil ein einziges Labor vom Bund beauftragt werden kann. Zudem muss nicht jeder Kanton eigene Lösungen umsetzen.

4164

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BGBB Die Änderungen führen in den Kantonen zu einer administrativen Entlastung, da verschiedene Bewilligungs- und Kontrollverfahren nicht mehr vollzogen werden müssen. Die Regelungen für juristische Personen verbessern die Rechtssicherheit und die Kontrollen im Vollzug.

8.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

8.3.1

Auswirkungen auf die Landwirtschaft

Die Auswirkungen der AP22+ auf die Landwirtschaft wurden von Agroscope mit dem agentenbasierten Sektormodell SWISSland abgeschätzt. Das Modell SWISSland optimiert unter vorgegebenen agrarpolitischen Rahmenbedingungen sowie unter exogenen Preisprojektionen das einzelbetriebliche Einkommen. Es wurde analysiert, wie sich die Landwirtschaft bei der Weiterführung der bisherigen Agrarpolitik entwickelt (Referenz) und welche Veränderungen sich mit der AP22+ ergeben. Mit dem Modell werden die Auswirkungen auf Tierhaltung, Flächennutzung, Produktion, Einkommensbildung auf sektoraler und einzelbetrieblicher Ebene sowie Strukturentwicklung simuliert.

Die Marktstützungsmassnahmen werden mit der AP22+ grundsätzlich unverändert weitergeführt und der Grenzschutz wird nicht tangiert. Damit ergibt sich insgesamt eine konstante Entwicklung der Preise. Bei den Vorleistungen und den Investitionen wird bei beiden Szenarien ein leichter Anstieg der Preise angenommen. Die Beiträge des Bundes richten sich an den in Ziffer 7 aufgeführten finanziellen Mitteln aus.

Die Ergebnisse der Berechnungen zeigen, dass sich das Produktionsmuster der Schweizer Landwirtschaft bis 2025 durch die Neuerungen der AP22+ moderat verändert. In der Tierhaltung gehen die gehaltenen Grossvieheinheiten um knapp 4 Prozent gegenüber der Referenz zurück, was insbesondere auf die Abschaffung der 10-Prozent-Toleranz bei der Suisse-Bilanz zurückzuführen ist. Während die vermarktete Milchmenge im Referenzszenario leicht steigt, kommt sie mit der AP22+ leicht tiefer zu liegen. Die Rind- und Schweinefleischproduktion sinkt sowohl im Referenzszenario als auch mit der AP22+, während die Geflügelfleischproduktion in beiden Szenarien ansteigt. Insgesamt ist die Kalorienproduktion in der Tierhaltung mit der AP22+ gut 3 Prozent tiefer als in der Referenz.

Mit der AP22+ liegt die offene Ackerfläche um fast 5 Prozent tiefer als in der Referenz. Dies ist insbesondere auf die neue ÖLN-Anforderung von 3,5 Prozent BFF auf der Ackerfläche zurückzuführen. Zudem ist in der pflanzenbaulichen Produktion aufgrund der zunehmenden Beteiligung bei den Produktionssystembeiträgen mit teilweisem oder gänzlichem Verzicht auf Pflanzenschutzmittel mit einem Rückgang der durchschnittlichen Erträge zu rechnen. Gemäss den Modellergebnissen fällt die Kalorienproduktion des Pflanzenbaus
mit der AP22+ um 11 Prozent tiefer aus als in der Referenz. Der Brutto-Selbstversorgungsgrad beträgt im Jahr 2025 bei einer konstant wachsenden Bevölkerung 52 Prozent gegenüber 56 Prozent im Referenzszenario. Dabei ist zu beachten, dass die technologische Entwicklung im Modell nur

4165

BBl 2020

teilweise abgebildet ist und damit der Produktionsrückgang mit der AP22+ überschätzt wird.

Von den Massnahmen der AP22+ zur Erreichung des Absenkpfades Nährstoffverluste (vgl. Ziff. 5.1.1.4) konnten bisher nur die Auswirkungen der folgenden Massnahmen im Modell abgebildet werden: 3,5 Prozent BFF auf Ackerfläche, Abschaffung der 10-Prozent-Toleranz in der Suisse-Bilanz und reduzierter PSM-Einsatz bei den Produktionssystembeiträgen. Diese bewirken bis 2030 eine Reduktion der Stickstoffverluste gegenüber der Referenz um fünf Prozent. Für die übrigen Massnahmen konnten nur die Einkommenswirkungen modelliert werden, welche auf exogenen Annahmen bezüglich der Beitragshöhe der einzelnen Massnahmen basieren. Deren positive Auswirkungen auf die Umwelt können im Modell hingegen nicht abgebildet werden, da die Datengrundlage dazu nicht ausreichend ist. Die Auswirkungen aller Massnahmen der AP22+ zur Erreichung des Absenkpfades Nährstoffverluste werden in Ziffer 8.5 aufgezeigt.

Der Produktionswert der Landwirtschaft liegt mit 10,08 Milliarden Franken im Jahr 2025 rund 380 Millionen Franken tiefer als die Referenz, wobei es zu beachten gilt, dass die höhere Wertschöpfung am Markt, die mit der AP22+ zu erwarten ist (Mehrwertstrategie), im Modell nicht berücksichtigt wird. Auf der Kostenseite prognostiziert das Modell bis 2025 ebenfalls einen leichten Rückgang. Dieser ist bedingt durch tiefere Abschreibungen und Fremdarbeitskosten aufgrund der Strukturentwicklung. Im Vergleich zur Referenz bleiben die sonstigen Subventionen (v. a.

Direktzahlungen) stabil. Damit resultiert ein sektorales Nettounternehmenseinkommen im Jahr 2025 von rund 3,21 Milliarden Franken, was rund 265 Millionen Franken tiefer ist als die Referenz. Gemäss den Berechnungen mit SWISSland beträgt der durchschnittliche jährliche Rückgang der Anzahl Betriebe 1,4 Prozent. Betriebsaufgaben erfolgen auch weiterhin vorwiegend im Rahmen des Generationenwechsels. Unter Berücksichtigung der vom Modell berechneten Strukturentwicklung steigt das landwirtschaftliche Einkommen pro Betrieb von 62 900 Franken im Jahr 2018 auf 74 300 Franken im Jahr 2025, was einem Zuwachs von 18 Prozent entspricht. Die Berechnungen zeigen, dass die Produktivität der Schweizer Landwirtschaft mit dem vorgeschlagenen Zahlungsrahmen erhalten bleibt und eine sozialverträgliche
Entwicklung ermöglicht wird.

Auf Basis der Betriebsdaten (Flächen, Tiere usw.) des Jahres 2018 wurde geschätzt, wie sich die Direktzahlungen mit der AP22+ nach Zonen und Betrieben verändern.

Die Mittelverteilung pro Zone (Tal- bis Bergzone IV) wird primär durch die Höhe der abgestuften Zonenbeiträge bestimmt. Die Gesamtsumme der Direktzahlungen pro Zone (Mio. Fr. pro Zone) soll im Vergleich zur heutigen Agrarpolitik stabil bleiben, weshalb die Ansätze der Zonenbeiträge unter Berücksichtigung aller anderen Beitragsansätzen festgelegt werden. Die stärkere Unterstützung des Berggebiets, die mit der AP 14­17 erfolgt ist, wird somit fortgeführt. Für das Sömmerungsgebiet sind keine Änderungen vorgesehen, sodass insgesamt gleiche viele Direktzahlungen zur Unterstützung der Alpwirtschaft wie heute bereitstehen.

Bei den weiterentwickelten und neuen Produktionssystemen werden nicht alle Betriebe im gleichen Ausmass teilnehmen können oder wollen. So werden beispielsweise die Anstrengungen zur Reduktion des PSM-Einsatz vor allem von Ackerbau- und Spezialkulturbetrieben erbracht. Die neuen Tiergesundheitsbeiträge 4166

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kommen Betrieben mit Nutztieren zugute. Betriebe mit vorwiegend Acker- oder Spezialkulturen erhalten mehr Direktzahlungen als bisher. Gleiches gilt für Biobetriebe, die tendenziell an mehr Massnahmen der Produktionssysteme teilnehmen können. Besonders Betriebe mit vorwiegend Grünland und Raufutter verzehrenden Nutztieren in der Tal- und Hügelzone erhalten weniger Direktzahlungen, weil insbesondere die Förderung mit Versorgungssicherheitsbeiträgen sinkt. Eine Produktion von Gras auf Flächen, die für den Ackerbau geeigneter wären, ist aus Sicht der Ressourcen und der Versorgungssicherheit nicht effizient und soll deshalb tendenziell weniger gefördert werden (Feed no Food). Die Veränderungen der Direktzahlungen eines Betriebs werden ausserdem durch die vorgesehenen Übergangsbeiträge abgefedert.

Die Abstufung der gesamten Direktzahlungen pro Betrieb ab 150 000 Franken wird voraussichtlich ungefähr 3 Prozent der Betriebe, also rund 1500 Betriebe, betreffen.

Die Reduktionen der Direktzahlungen betragen schätzungsweise 12 Millionen Franken. Grossmehrheitlich sind es dieselben Betriebe, die bereits heute von der Abstufung der Basisbeiträge zur Versorgungssicherheit betroffen sind. Von der Abstufung der Basisbeiträge zur Versorgungssicherheit sind heute rund 1100, von der Begrenzung der Direktzahlungen pro SAK rund 280 und von der Begrenzung nach Einkommen und Vermögen rund 3100 Betriebe betroffen. Die Reduktion der Direktzahlungen betragen für diese Abstufungen und Begrenzungen insgesamt rund 13 Millionen Franken.

Konkrete Auswirkungen einzelner Massnahmen auf den Landwirtschaftssektor ­

Anwendung bestimmter Massnahmen des LwG auf Aquakulturen, Algen, Insekten und weitere lebende Organismen als Basis für Nahrungs- und Futtermittel (Art. 3 Abs. 3bis E-LwG): Dies bietet neue Einkommensmöglichkeiten.

­

Weiterentwicklung der Produktionssystembeiträge: Diese verbessert die Voraussetzungen, dass das Angebot an naturnah, umwelt- und tierfreundlich hergestellten Produkten, welche im Sinne einer Mehrwertstrategie Schweizer Landwirtschaft vermarktet werden können, erhöht werden kann. Dies trägt zur Steigerung der Wertschöpfung bei.

­

Erhöhte Anforderungen an die Ausbildung: Von den erhöhten Anforderungen an die Ausbildung sind nur neue Bezügerinnen und Bezüger von Direktzahlungen betroffen. Von den jährlich rund 1400 Neubezügern von Direktzahlungen weisen zwischen 800 und 900 Personen keine Ausbildung auf Tertiärstufe vor. Die Tertiärstufe erfüllt bereits die höheren Anforderungen.

Etwa zwei Drittel der 800­900 Personen ­ das heisst rund 600 ­ weisen eine landwirtschaftliche Grundbildung oder den Fachausweis Bäuerin auf. Ca.

10 Prozent davon haben das Eidgenössische Berufsattest (60 Personen) abgeschlossen. Etwa ein Drittel, das heisst rund 300, weisen andere Grundbildungen als Landwirtschaft auf. Wie gross der Anteil von Abschlüssen mit Eidgenössischen Berufsattest in dieser Gruppe ist, ist unbekannt. Künftig wird ein Eidgenössisches Berufsattest nicht mehr reichen, sodass davon auszugehen ist, dass mindestens 60 neue Bewirtschafter pro Jahr Schwierigkeiten haben werden, die höheren Ausbildungsanforderungen zu erfüllen. Die 4167

BBl 2020

Kosten für die drei Module Betriebswirtschaft belaufen sich zuzeit. auf etwa 3600 Franken.

­

Sozialversicherungsschutz für mitarbeitendeEhepartner und Ehepartnerinnen sowie Partnerinnen und Partner im Fall von eingetragenen Partnerschaften (Art. 70a Abs. 1 E-LwG): Der Sozialversicherungsschutz als Voraussetzung für Direktzahlungen führt zu einer sozialversicherungsrechtlichen Stärkung dieser regelmässig und in beträchtlichem Masse mitarbeitenden Personen.

Die aktuellsten Zahlen der Strukturerhebung des BFS (Spezialauswertung der Strukturerhebung 2017) zeigen, dass rund 64 Prozent der Bäuerinnen und Bauern verheiratet sind oder in eingetragener Partnerschaft leben, ca.

29 Prozent sind ledig (ein Teil davon im Konkubinat lebend), die übrigen etwa 7 Prozent haben einen anderen Zivilstand (z. B. geschieden oder verwitwet). Die geplante Neuregelung deckt somit die häufigste Lebensform ab.

Weil die Regelung nur verheiratete Paare betrifft, sind rund ein Drittel der Betriebe mit Direktzahlungen (15 000 Betriebe) nicht betroffen. Von den restlichen 30 000 Betrieben sind nicht betroffen: Mitarbeitende Bauern und Bäuerinnen mit einem Jahreseinkommen von mindestens 21 330 Franken (Bruttolohn aus einer unselbstständigen oder Eigenlohn aus selbstständiger Erwerbstätigkeit), solche mit einer bereits freiwillig abgeschlossenen Versicherung gegen Verdienstausfall und mit einer Risikovorsorge, solche die Mitbewirtschafter oder Mitbewirtschafterin des Betriebs sind und solche ohne regelmässige und erhebliche Mitarbeit auf dem Betrieb. Geschätzt dürften es rund 15 000 Betriebe mit Direktzahlungen sein, die betroffen sind.

­

Direktzahlungen für juristische Personen (inklusive Betriebe von Gemeinden und Kantonen): Die Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen erhalten analog zu den übrigen KMU eine grössere Wirtschaftsfreiheit und können für ihre Unternehmen im Rahmen des Obligationenrechts ­ unter Vorbehalt der Bestimmungen des bäuerlichen Bodenrechts ­ die Rechtsform frei wählen.

Es wäre beispielsweise denkbar, dass mehrere Betriebe ihre operative Aktivität in einer Betriebsgesellschaft oder einer Genossenschaft zusammenfassen, ohne dadurch Direktzahlungen zu verlieren. Allfällige Auswirkungen bezüglich Steuern oder der Einhaltung von Raumplanungsvorschriften müssen im Einzelfall von den Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern beurteilt werden.

­

Insgesamt besteht für die rund 140 bisher als nichtbäuerlich ausgegrenzten Ganzjahresbetriebe juristischer Personen sowie von Kantonen und Gemeinden ein Potenzial von etwa 10 Millionen Franken an zusätzlichen Direktzahlungen. Berücksichtigt wurden bei dieser Schätzung jene Betriebe, die heute nur Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträge erhalten. Dieser Bedarf wird mit Mitteln aus den Übergangsbeiträgen gedeckt.

­

Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft: Mittelfristig wird die Effizienz der Zahlungen des Bundes deutlich erhöht. Dank regional entwickelten und auf die nationalen agrarpolitischen Stossrichtungen abgestimmten Zielen und Massnahmen werden öffentliche Gelder räumlich und thematisch verstärkt dort eingesetzt, wo die Wirksamkeit am höchsten ist.

4168

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150

­

Befristete Beiträge an die Verbilligung der Prämien von Ernteversicherungen (Art. 86a E-LwG): Die Beiträge werden den unternehmerischen Spielraum der Betriebe erhöhen, da weniger Liquidität erforderlich ist, um die Zahlungsbereitschaft des Betriebs im Falle eines existenzbedrohenden Schadenereignisses aufrechtzuerhalten.

­

Förderung der Tiergesundheit sowie besonders umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen (Art. 87a Abs. 1 Bst. d Ziff. 1 E-LwG): Landwirte und Landwirtinnen, die in neue, umweltfreundliche Produktionstechniken und die Tierhaltung investieren wollen, erhalten eine neue Finanzierungsquelle, die einen schnellen Einsatz neuer Technologien ermöglicht.

­

Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Investitionshilfen (Art. 89 Abs. 1 Bst. b ELwG): Diese Massnahme fördert eine Amortisation der getätigten Investitionen und wirkt einer übermässigen Verschuldung der Landwirtschaft entgegen.

­

IK für Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke (Art. 87a Abs. 1 Bst. d Ziff. 3 E-LwG): Mit dieser Massnahme verfügen die Landwirte und Landwirtinnen über eine neue Finanzierungsquelle zur Erweiterung ihres Betriebs durch Eigentumserwerb.

­

Einschränkung der IK für Wohnbauten: Die Verschuldung der Landwirtschaft wird tendenziell steigen. Dadurch entstehen für die Finanzinstitute mehr Risiken, welche sie durch höhere Zinssätze entsprechend absichern.

­

Senkung des Hofdüngers, der je Hektare düngbare Fläche maximal ausgebracht werden darf: Die Abschätzung der Auswirkungen einer Senkung von 3,0 auf 2,5 DGVE wurde auf der Grundlage der Betriebe vorgenommen, welche die Erhebungsnorm des Bundesamtes für Statistik erfüllen. Diese Grundlage umfasst zusätzlich zu den direktzahlungsberechtigten Betrieben rund 5000 Betriebe, die keine Direktzahlungen erhalten. Die heutige Limite von 3,0 DGVE je Hektare Nutzfläche mit entsprechender Abstufung pro Zone angelehnt an die «DGVE-Orientierungswerte»150 wirkt sich theoretisch auf rund 10 300 Betriebe aus. Diese müssen den Hofdünger von rund 146 000 Grossvieheinheiten wegführen, um die Limite einhalten zu können.

In der Praxis wird allerdings mit weniger als 3 DGVE je Hektare eine ausgeglichene Düngerbilanz (Suisse-Bilanz) erreicht. Bei einer Senkung auf 2,5 DGVE je Hektare steigt die Anzahl Betriebe um rund 2 300 und der wegzuführende Hofdünger um rund 13 000 Grossvieheinheiten. Die Wegfuhr von Hofdünger ist für die Betriebe mit Kosten verbunden. Für direktzahlungsberechtigte Betriebe begrenzt auch die Suisse-Bilanz die Intensität.

Wieviel Dünger ausgebracht werden darf, hängt von den Kulturen und dem Ertragsniveau ab. In den meisten Fällen liegt die Limite gemäss bisheriger Suisse-Bilanz im Talgebiet tiefer als die 3 DGVE je Hektare Nutzfläche gemäss GSchG. Deshalb dürfte die Wirkung auf die Wegfuhr von Hofdünger in der Praxis wesentlich geringer sein als oben dargestellt.

Bundesamt für Landwirtschaft (BLW)/Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) (1994): Wegleitung für den Gewässerschutz in der Landwirtschaft. Bern: Eidgenössische Drucksachen- & Materialzentrale.

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­

Anpassung Belastungsgrenze: Die Betriebe erhalten vereinfacht Zugang zu Fremdkapital. Bei Massnahmen zur Strukturverbesserung, Starthilfen und bei Investitionen in Ökonomiegebäude über 500 000 Franken muss unabhängig von der Belastungsgrenze nach wie vor ein Betriebskonzept der Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller vorgelegt werden, das die langfristige Tragbarkeit nachweist. Bei den übrigen Investitionen kann durch die Anpassung der Belastungsgrenze ein Mehraufwand für die Banken oder die Bewirtschaftenrinnen und Bewirtscharter entstehen. In Einzelfällen kann die Anpassung der Belastungsgrenze zu höheren Zinsen für die Bewirtschafter führen.

­

Neue Formen juristischer Personen: Landwirtinnen und Landwirte erhalten aufgrund der Regelungen der bäuerlichen juristischen Personen mehr Optionen zur Finanzierung und Risikoabsicherung ihrer Geschäftstätigkeit.

Die Massnahmen mit Auswirkungen auf die Umwelt (vgl. Ziffer 8.5) können ebenfalls Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben.

8.3.2

Auswirkungen auf den administrativen Aufwand in der Landwirtschaft

Nachfolgend wird zusammenfassend aufgezeigt, wie sich die wichtigsten Änderungen auf den administrativen Aufwand in der Landwirtschaft auswirken. Dabei ist zu beachten, dass zwischen einem zielgenauen und effizienten Einsatz der öffentlichen Finanzen und dem administrativen Aufwand durch den Nachweis einer der sachgerecht erbrachten Leistungen durch die Betroffenen häufig ein Spannungsfeld besteht.

Hier geht es darum, ein Optimum zu finden. Nachfolgend sind die Massnahmen aufgeführt, bei denen eine Auswirkung auf den administrativen Aufwand der Landwirtinnen und Landwirte erwartet wird.

Investitionshilfen ­

Wirtschaftlichkeitsprüfung (Art. 89 Abs. 1 Bst. b E-LwG): Die strengeren Anforderungen an Investitionshilfen können einen zusätzlichen Aufwand für die Betroffenen zur Folge haben.

­

Einschränkung der IK für Wohnbauten: Da sich die sich die Gesuchstellung erübrigt, vermindert sich der Aufwand für die Betroffenen.

Direktzahlungen ­

Einführung neuer Elemente im ÖLN: Die Neuerungen bei der Nährstoffbegrenzung, beim Bodenschutz und den regionalen Anforderungen haben einen Mehraufwand für die Landwirtschaft zur Folge.

­

Weiterentwicklung der Produktionssystembeiträge: Die Neuerungen haben einen Mehraufwand für die Landwirtschaft zu Folge. Die Integration der Ressourceneffizienzbeiträge in Produktionssysteme führt zu einem konsistenteren System mit Wahlmöglichkeiten für die Landwirtinnen und Landwirte.

4170

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­

Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft: Für Betriebe, die sich bisher an mehreren regionalen projektbezogenen Massnahmen beteiligten, sinkt der Aufwand mittelfristig gegenüber heute, da es für die verschiedenen Massnahmen in Zukunft nur noch ein Projekt gibt.

­

Finanzierung von Laboranalysen im Rahmen der PSM-Kontrollen durch den Bund: Der Ausbau der Laboranalysen hilft mit, die Zahl der Kontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben um insgesamt etwa 15­20 Prozent zu reduzieren und gleichzeitig die Effektivität der Kontrollen zu erhöhen.

BGBB Die Änderungen des Bodenrechts bringen eine administrative Entlastung, da verschiedene Bewilligungsverfahren nicht mehr nötig sind.

8.3.3

Auswirkungen auf die vor- und nachgelagerten Bereiche

­

Weiterentwicklung der Produktionssystembeiträge: Diese erhöht das Angebot an naturnah, umwelt- und tierfreundlich hergestellten Produkten, welche im Sinne einer Mehrwertstrategie Schweizer Landwirtschaft vermarktet werden können.

­

Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasserinitiative: Dieses führt zu einem gezielteren und reduzierten Einsatz von PSM. Hersteller könnten sich vermehrt die Frage stellen, ob sich eine Zulassung in der Schweiz durch den geringen Absatz finanziell noch lohnt.

­

Befristete Beiträge an die Verbilligung der Prämien von Ernteversicherungen (Art. 86aE-LwG): die Beiträge werden die Marktdurchdringung der geförderten Versicherungsprodukte erhöhen. Aufgrund dieser Entwicklung ist davon auszugehen, dass der Umsatz mit Agrarversicherungsprodukten in der Schweiz zunehmen wird.

8.3.4

Auswirkungen auf die übrige Wirtschaft

Keine.

8.4 ­

Auswirkungen auf die Gesellschaft Anwendung bestimmter Massnahmen des LwG auf Aquakulturen, Algen, Insekten und weitere lebende Organismen als Basis für Nahrungs- und Futtermittel (Art. 3 Abs. 3 E-LwG): Das inländische Angebot an Lebens- und Futtermitteln auf Basis von Insekten oder Algen wird geringfügig zunehmen.

4171

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­

Neue Oberziele (Art. 87 E-LwG) und neuer Artikel zur Ziel-MassnahmenTransparenz (87a E-LwG): Wird der mit Artikel 87a Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 4 E-LwG (Basisinfrastrukturen) geschaffene Platzhalter für eine Förderung von Breitbandtechnologie genutzt (d. h. Breitbandtechnologie ist neben Wasser- und Stromversorgung Teil der Basisinfrastruktur), kann dies einen positiven Effekt auf die Besiedlung von abgelegenen Gebieten und Weilern haben, welche dank der Förderung früher oder überhaupt erst mit Breitbandanschluss erschlossen werden. Zudem kann die Massnahme einen positiven Einfluss auf die Existenzsicherung landwirtschaftlicher Betriebe in solchen Regionen haben.

­

RLS (Art. 87a Abs. 1 Bst. d Ziff. 4 E-LwG): Die Strategieprozesse können in den Regionen zur Stärkung der Identität beitragen. Indirekt können sich insbesondere aus Planungsarbeiten für den Erhalt und die Weiterentwicklung von Infrastrukturen Erneuerungsprojekten und damit Aufträge für die Bauwirtschaft ergeben. Diese Aufträge stellen sicher, dass die Infrastrukturen langfristig erhalten (Investitionsschutz) und die Produktionsgrundlagen für die Landwirtschaft gesichert werden.

­

Revision des BGBB: Personen, die in die Landwirtschaft einsteigen möchten und keinen Boden oder Landwirtschaftsbetrieb innerhalb der Familie erwerben können, erhalten mehr Optionen, in die Landwirtschaft einsteigen zu können. Die neuen Regelungen ermöglichen es auch der urbanen Bevölkerung, Kooperationen mit der Landwirtschaft einzugehen und sich so direkt an der Produktion ihrer Nahrungsmittel zu beteiligen.

8.5

Auswirkungen auf die Umwelt

­

Neue Massnahmen im ÖLN und neuen Produktionssystembeiträge: Es ist eine Reduktion der Umweltbelastung durch PSM und Nährstoffe sowie eine Verringerung des ökologischen Fussabdrucks der landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu erwarten. Gegenüber heute werden die Risiken für Ökosysteme und Trinkwasser durch weitergehende Massnahmen im ÖLN reduziert: Der Pflanzenschutzmitteleinsatz wird stärker eingeschränkt und es werden Spritzverfahren vorgeschrieben, deren Anwendung die unerwünschten Emissionen von PSM um 75 Prozent senkt. Auch regionale Gegebenheiten, die standortspezifische Belastungen durch PSM beinflussen, können mittels spezifischer Auflagen im ÖLN gezielter berücksichtigt werden. Darüber hinaus werden die gesamten Anwendungsmengen von PSM in der Schweiz verringert, indem die Begrenzung des Einsatzes von PSM bis hin zum völligen Verzicht mit Produktionssystembeiträgen gefördert wird. Auch Verstösse gegenüber spezifischen Vorgaben der Gewässerschutzgesetzgebung werden mit Kürzungen von Direktzahlungen effizient sanktioniert.

­

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen wird der Verdichtung der Böden entgegengewirkt und die Bodenfruchtbarkeit erhöht. Durch die gestärkte Tiergesundheit wird ein langfristiger Beitrag zur Reduktion der Verwendung von Antibiotika geschaffen.

4172

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­

Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft (Art. 76 E-LwG): In den RLS werden die regionalen Herausforderungen bezüglich der UZL definiert und darauf basierenden Massnahmen festgelegt. Mit der projektbezogenen Umsetzung der Massnahmen werden sich die Ziellücken bei den UZL verringern.

­

Biodiversitätsbeiträge: Es ist eine verbesserte Wirkung auf die Biodiversität zu erwarten, weil die weiterentwickelten Massnahmen bestehende Ziellücken gezielt adressieren.

­

Förderung der Tiergesundheit sowie besonders umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen (Art. 87a Abs. 1 Bst. d Ziff. 1 E-LwG): Da vermehrt technische Massnahmen mit positivem Einfluss auf Umwelt und Tierwohl gefördert werden können, ist ein positiver Effekt auf die Umwelt zu erwarten. Wie signifikant dieser sein wird, hängt vom Umfang der geförderten Massnahmen ab (z. B. Hackroboter reduziert Herbizideinsatz, E-Traktor reduziert Treibhausgasemissionen).

­

Weiterentwicklung Höchstbestände: Zukünftig können auch Lebensmittelabfälle, die im Detailhandel anfallen oder Lebensmittel, welche nicht verarbeitet werden (z. B. Bananen bei der Nachreifung) für die Bewilligung eines höheren Tierbestands berücksichtigt werden. Damit werden Abfälle vermieden und die effiziente Nutzung der Ressourcen gestärkt.

­

Die Finanzierung von Laboranalysen im Rahmen der PSM-Kontrollen durch den Bund trägt dazu bei, dass der Einsatz nicht erlaubter Pflanzenschutzmittel griffig kontrolliert werden kann und dass somit auch ein nicht zu unterschätzender präventiver Effekt entsteht. Es ist zu erwarten, dass der Einsatz verbotener PSM zurückgeht.

­

Durch die Senkung der maximal zulässigen Hofdüngermenge je Hektare auf zweieinhalb DGVE in Artikel 14 Absätze 4 und 6bis E-GSchG wird das Risiko lokaler Überdüngung mit den damit verbundenen Nährstoffverlusten in Luft und Gewässer gemindert. Es ist auch zu erwarten, dass vermehrt mineralische Nährstoffe durch Hofdünger substituiert werden. Die Schätzungen hängen von der Dynamik der Substitution von Mineraldüngern durch Hofdünger in den Betrieben ab, die diese Überschüsse zuführen. Das Reduktionspotenzial liegt bei rund 450 Tonnen Phosphor und rund 1400 Tonnen Stickstoff, wenn Mineraldünger vollständig durch Hofdünger ersetzt würden. Unter der Annahme einer maximalen Substitutionsrate von 50 Prozent würden eine Reduktion von rund 225 Tonnen Phosphor, was einer Reduktion von 3,5 Prozent gegenüber dem bestehenden Überschuss entspricht, und eine Reduktion von runf 700 Tonnen Stickstoff, was einer maximalen Reduktion von 0,6 Prozent gegenüber dem bestehenden Überschuss entspricht, erreicht. Da mehr Hofdünger transportiert würde, dürften die Treibhausgasemissionen wegen der vermehrten Überfahrten zunehmen. Schätzungen zufolge müssten zusätzliche 1,4 Millionen Kubikmeter flüssiger Hofdünger weggeführt werden, was zusätzlichen Kosten von 15 bis 20 Millionen Franken entspricht. Dies betrifft vor allem die Regionen, in denen der Tierbesatz sehr hoch ist, wie zum Beispiel die Zentralschweiz.

4173

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­

Die nachfolgende Tabelle zeigt die erwartete Wirkung der wichtigsten Massnahmen bezüglich Verminderung der Stickstoff- und Phosphorverluste sowie der Treibhausgasemissionen auf. Bezüglich Treibhausgasemissionen schlägt der Bundesrat für den Sektor Landwirtschaft einen inländischen Reduktionsbeitrag von 20 bis 25 Prozent für das Jahr 2030 gegenüber dem Basisjahr 1990 vor.

Tabelle 25

Wirkung der wichtigsten Massnahmen bezüglich Verminderung der Stickstoffund Phosphorverluste sowie der Treibhausgasemissionen Zielbereich Massnahme

Stickstoff

Phosphor

Treibhausgase

Abschaffung der 10 %Toleranzgrenze in Nährstoffbilanz (inkl. Offenlegungspflicht für Nährstofflieferungen nach Art. 164aE-LwG) vgl. Tabelle 11

x

x

x

Möglichkeit zur regionalen Verschärfung des ÖLN

x

x

x

3,5 % Biodiversitätsförderfläche auf der Ackerfläche

x

x

Phasenfütterung Schweine

x

x

x

Massnahmenset zur Bodenfruchtbarkeit im Ackerbau und bei Spezialkulturen

x

x

x

Humusbilanz via Humusrechner im Ackerbau und bei Spezialkulturen

x

x

x

Effizienter Stickstoff-Einsatz im Ackerbau und bei Spezialkulturen

x

ÖLN

PSB

x

Alternative zu fossiler Energie im Ackerbau und bei Spezialkulturen

x

Anlegen von Flächen unter Agroforst im Ackerbau und bei Spezialkulturen

x

x

x

Begrenzung Rohproteinzufuhr in der Nutztierhaltung

x

x

x

Reduktion Ammoniakemissionen in der Nutztierhaltung

x

4174

x

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Zielbereich Massnahme

Stickstoff

RAUS+ mit verstärkter Weidehaltung in der Nutztierhaltung

x

Längere Nutzungsdauer der Milch- und Mutterkühe

x

Phosphor

Treibhausgase

x

BSL (ab 2025) Themenbereich Nachhaltige Ressourcennutzung

x

x

x

Strukturverbesserungen Förderung besonders umweltfreundlicher Produktionsformen

x

x

GSchG Reduktion von 3 auf 2,5 DGVE pro ha

x

x

x

Der Bundesrat geht davon aus, dass die Summe der Wirkung dieser Massnahmen ergänzt mit denjenigen der betroffenen Branchenorganisationen dazu führen wird, dass die Ziele des Absenkpfads für Nährstoffverluste nach Artikel 6a E-LwG, sowie das Ziel für die Treibhausgasemissionen eingehalten werden können. Dies bedingt eine ambitiöse Ausgestaltung der Massnahmen und Programme.

9

Rechtliche Aspekte

9.1

Verfassungsgrundlage

Die Aufgaben und Befugnisse des Bundes im Bereich Land- und Ernährungswirtschaft sind in der Bundesverfassung hauptsächlich in den Artikeln 104 und 104a BV formuliert.

Artikel 104 BV Der 1996 eingeführte Artikel 104 BV enthält die für die Agrarpolitik des Bundes notwendigen verfassungsmässigen Kompetenzen. Der Artikel beauftragt den Bund, dafür zu sorgen, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet: ­

zur sicheren Versorgung der Bevölkerung,

­

zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen,

­

zur Pflege der Kulturlandschaft, und

­

zur dezentralen Besiedlung des Landes.

4175

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Artikel 104a BV Der im September 2017 von den Stimmberechtigten angenommene Artikel 104a BV gibt ein umfassendes Ernährungssicherheitskonzept vor. Er definiert die folgenden Eckpfeiler, mit denen die Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit Lebensmitteln langfristig gesichert werden soll: ­

der Erhalt der landwirtschaftlichen Produktionsgrundlagen, insbesondere des Kulturlandes,

­

eine standortangepasste und ressourceneffiziente Lebensmittelproduktion,

­

eine auf den Markt ausgerichtete Land- und Ernährungswirtschaft,

­

grenzüberschreitende Handelsbeziehungen, die zur nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen,

­

ein ressourcenschonender Umgang mit Lebensmitteln.

Andere Artikel der Bundesverfassung Artikel 73 BV verpflichtet Bund und Kantone zur Nachhaltigkeit. Sie sollen ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen andererseits anstreben.

Artikel 75 BV gibt dem Bund die Kompetenz, die Grundsätze für die Raumplanung festzulegen. Die Raumplanung obliegt den Kantonen und soll der zweckmässigen und haushälterischen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedelung des Landes dienen. Die zweckmässige und haushälterische Nutzung des Bodens beinhaltet auch einen ausreichenden Kulturlandschutz.

Artikel 102 BV regelt die Landesversorgung in Krisensituationen oder schweren Mangellagen und deckt generell alle lebenswichtigen Güter und Dienstleistungen ab (Energieträger, Heil- und Nahrungsmittel usw.). Er ist auf kurz- und mittelfristige Versorgungsengpässe ausgerichtet und dient als verfassungsrechtliche Grundlage für das Landesversorgungsgesetz (z. B. Pflichtlagerhaltung).

Artikel 103 BV gibt dem Bund die Kompetenz, wirtschaftlich bedrohte Landesgegenden zu unterstützen sowie Wirtschaftszweige und Berufe fördern, wenn zumutbare Selbsthilfemassnahmen zur Sicherung ihrer Existenz nicht ausreichen. Der Bund kann nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen. Die Massnahmen des LwG zugunsten der Berufsfischerei sind auf diesen Artikel abgestützt.

9.2

Verfassungsmässigkeit

Die vorliegenden Änderungen des LwG setzen den in den Artikeln 104 und 104a BV formulierten Grundauftrag um. Diese räumen dem Bund weitgehende Befugnisse und Aufgaben in der Ausgestaltung der agrarpolitischen Massnahmen ein (Art. 104 Abs. 2 und 3 BV). Die Anpassungsvorschläge entsprechen einer konsequenten Weiterentwicklung der Agrarpolitik und liegen im verfassungsrechtlichen Kompetenzbereich des Bundes.

4176

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Nach Artikel 104 Absatz 4 BV setzt der Bund zweckgebundene Mittel aus dem Bereich der Landwirtschaft und allgemeine Bundesgelder zur Finanzierung der verschiedenen agrarpolitischen Massnahmen ein. Diese Bestimmung wird mit Artikel 6 LwG umgesetzt, gemäss dem die finanziellen Mittel für die wichtigsten Aufgabenbereiche mit einfachem Bundesbeschluss für höchstens vier Jahre bewilligt werden. Nach Artikel 104 Absatz 1 BV sorgt der Bund dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen.

Mit den bisher eingesetzten Mitteln im Umfang von jährlich rund 3,45 Milliarden Franken konnte eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft und die Erbringung der von der Gesellschaft erwünschten Leistungen sichergestellt werden. Mit der AP22+ sollen die Marktausrichtung und die Wettbewerbsfähigkeit der Landund Ernährungswirtschaft weiter verbessert werden. Die Fortführung der finanziellen Mittel im heutigen Umfang erlaubt zudem eine wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft. Die AP22+ ist daher konform mit den Vorgaben der BV.

Bezogen auf den neuen Artikel 104a BV (Ernährungssicherheit) sind die Massnahmen der AP22+ primär auf die Buchstaben b (standortangepasste und ressourceneffiziente Lebensmittelproduktion) und c (auf den Markt ausgerichtete Land- und Ernährungswirtschaft) ausgerichtet. Damit soll langfristig sichergestellt werden, dass die Schweizer Landwirtschaft ihren Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln leisten kann.

Die Vorlage sieht vor, dass die Bestimmungen des 1. Kapitels des 2. Titels, des 5. Titels, des 6. Titels sowie des 4. Kapitels des 7. Titels neu auf die Produktion weiterer lebender Organismen Anwendung finden, welche heute nicht unterstützt wird, wie jene von Aquakulturen (z. B. Fische, Krebse, Weichtiere), Insekten, Algen, Wasserlinsen, soweit es sich um Organismen handelt, welche zur Nahrungsund Futtermittelproduktion geeignet sind (vgl. Ziff. 5.1.1.3). Die Bestimmungen sollen für die Produktion dieser Organismen anwendbar sein, obwohl sie nicht vom Verfassungsbegriff der Landwirtschaft direkt erfasst werden. Verfassungsrechtlich kann sich dies damit begründen lassen, dass ein enger Zusammenhang
mit der Kompetenz des Bundes gemäss Artikel 104 Absatz 2 BV hergestellt werden kann, der eine Förderung der bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betriebe vorsieht.

Die Anforderung, dass die Ausrichtung von Direktzahlungen an das Vorliegen eines Versicherungsschutzes für mitarbeitende Ehepartnerinnen und Ehepartner geknüpft wird, stützt sich auf Artikel 104 Absatz 1 BV ab. Der Bund ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Landwirtschaft nachhaltig produziert, was neben der wirtschaftlichen und der ökologischen Dimension auch die soziale Dimension miteinschliesst.

Viele mitarbeitende Familienmitglieder (insb. Ehepartnerinnen) verfügen heute nicht über eine angemessene Vorsorge oder Verdienstausfallversicherung. Mit der neuen Bestimmung soll hier eine Verbesserung erreicht werden.

Die Vorlage sieht vor, dass Direktzahlungen neu grundsätzlich auch an juristische Personen ausgerichtet werden können. Damit wird der bisherige Ausschluss von den Direktzahlungen aufgrund der Rechtsform aufgehoben. Die geltende Fassung gibt dem Bundesrat die Kompetenz festzulegen, welche Betriebe als bodenbewirtschaftend und bäuerlich gelten. Er stützte sich bei seiner Abgrenzung auf die parlamenta4177

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rische Debatte zur AP 2002, welche nichtbäuerliche Betriebe grundsätzlich von den Direktzahlungen ausschliessen wollte und in der verschiedentlich die juristischen Personen als nichtbäuerlich bezeichnet wurden.151 Seit dem Inkrafttreten des LwG im Jahre 1999 stellt die DZV auf die Rechtsform ab, liess jedoch bestimmte Formen zum Bezug von Direktzahlungen zu. Für Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträge konnte der Bundesrat gestützt auf Artikel 70a Absatz 3 Buchstabe e LwG Ausnahmen vorsehen. Im Rahmen der Interpellation Streiff-Felller 18.3486 erklärte sich der Bundesrat bereit, die verfassungsrechtliche Auslegung des Begriffs «bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe» zu überprüfen. Das BLW liess in der Folge zwei Gutachten erstellen.152 Beide Gutachten kamen zum Schluss, dass der Begriff «bodenbewirtschaftender bäuerlicher Betrieb» ein Leitbegriff in der BV darstelle, der dem Gesetzgeber einen Gestaltungsraum lasse. Der Gesetzgeber beziehungsweise der Bundesrat könne auf ein Abstützen auf die Rechtsform (juristische Person) für die Auszahlung von Direktzahlungen verzichten. Die Vorlage sieht nun vor, dass juristische Personen grundsätzlich direktzahlungsberechtigt sein sollen, der Bundesrat jedoch weiterhin festlegen könne, welche Betriebe als nicht bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe gelten. Dies können Betriebe natürlicher oder juristischer Personen sein. Wie heute soll die Überschreitung der Höchstbestandesvorschriften bei der Tierhaltung (Art. 46 LwG) zum Ausschluss der Direktzahlungen führen.

Artikel 104 Absatz 2 BV sieht vor, dass der Bund die bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betriebe fördert. Beide Gutachten weisen darauf hin, dass der Begriff «bodenbewirtschaftende bäuerliche Betriebe» als Leitbegriff für die Auslegung gelte, die Begrenzung der Förderkompetenz jedoch damit relativ diffus sei. Einen Ausschluss juristischer Personen hat der Gesetzgeber nur im Bereich Direktzahlungen für Ganzjahresbetriebe erwogen. Er hat sich jedoch nur indirekt dazu geäussert, indem er bestimmte Betriebe grundsätzlich ausschliessen wollte, die Ausgestaltung dann aber dem Bundesrat überliess. In den anderen Förderungsbereichen, welche das Gesetz regelt, etwa bei den Verkäsungszulagen (Art. 38­40 LwG), den Einzelkulturbeiträgen (Art. 55 LwG), den Strukturverbesserungen (Art. 87 ff. LwG)
sind keine Beschränkungen in Bezug auf die Rechtsform vorgesehen. Die Betriebe im Sömmerungsgebiet sind sogar explizit ausgenommen (Art. 70b LwG). Da das Verbot der Rechtsform einer gesetzlichen Grundlage bedarf153, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber zwar auch in diesen Bereichen eine Beschränkung vorsehen könnte, darauf bis heute jedoch verzichtet hat. Zusammen mit den Gutachtern kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber als Abgrenzungskriterium zwar die Rechtsform vorsehen kann, andere Abgrenzungen jedoch eben falls möglich sind, um nichtbäuerliche Betriebe vom Bezug der Direktzahlungen auszuschliessen.

Die vorgeschlagene Änderung liegt im verfassungsmässigen Rahmen.

Die Änderungen des TSG (vgl. Ziff. 3.1.9.3) bezwecken, die Stärkung der Tiergesundheit im Erlass besser zu verankern. Bislang enthält die Tierseuchengesetzgebung dazu nur verschiedene punktuelle Bestimmungen (z. B. Art. 11a, 31a Abs. 3, 151

Vgl. etwa Agrarpolitik 2002, AB 1997 N 2067, Nebiker Hans-Rudolf ­ Berichterstatter; AB 1998 S 156 und AB 1998 S 344, Büttiker Rolf ­ Berichterstatter.

152 Gutachten von Prof. Dr. Roland Norer und Gutachten von Dr. Jean-Michel Henny von 2019 abrufbar unter www.blw.admin.ch > Politik > Agrarpolitik > AP 22+ > Dokumentation.

153 vgl. BGE 140 II 233

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53b Abs. 1 TSG; Art. 59 Abs. 1 Tierseuchenverordnung vom 27. Juni 1995154). Die Änderungen stützen sich auf Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV. Nach dieser Bestimmung erlässt der Bund Vorschriften über die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren. Die Stärkung der Tiergesundheit leistet einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung solcher Krankheiten. Zu einer wirksamen «Bekämpfung» von Tierkrankheiten und Tierseuchen gehören präventive Massnahmen, das heisst Massnahmen, die den Ausbruch von Tierseuchen und Tierkrankheiten verhindern oder verringern. Eine optimale Prävention umfasst ihrerseits Massnahmen zur Stärkung der Tiergesundheit im weiten Sinn (Wohlbefinden, Abwesenheit von Krankheiten). Denn Tiere, welche nicht artgerecht gehalten werden und deren Wohlbefinden dadurch eingeschränkt ist, sind gestresst und geschwächt. Sie sind in der Folge krankheits- und seuchenanfälliger. Gesunde Tiere sind auch wichtig für die menschliche Gesundheit, da die Gefahr der Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen verringert wird.

Zudem müssen bei gesunden Tieren namentlich weniger Antibiotika eingesetzt werden, was der Bildung von Antibiotikaresistenzen entgegenwirkt.

Die Anpassung in Artikel 1 Buchstabe a BGBB steht im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Erweiterung des Zugangs zu landwirtschaftlichen Grundstücken und Gewerben. Die für die Erweiterung des Zugangs festgelegten Voraussetzungen und Bedingungen (z. B. die Einhaltung des Selbstbewirtschaftungsprinzips) schützen weiterhin die verfassungsrechtlich vorgesehene Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes (Art. 104 Abs. 3 Bst. f BV).

9.3

Berücksichtigung von Artikel 104a BV in der AP22+

Am 24. September 2017 haben Volk und Stände dem Artikel 104a BV zur Ernährungssicherheit zugestimmt. Ernährungssicherheit bedeutet, dass die Bevölkerung jederzeit Zugang hat zu einer ausreichenden Menge von hochwertigen und bezahlbaren Lebensmitteln. Dies ist heute in der Schweiz der Fall. Der neue Verfassungsartikel beauftragt den Bund, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Ernährungssicherheit in der Schweiz langfristig gewährleistet bleibt. Er bestimmt fünf Pfeiler (Art. 104a Bst. a­e BV), die für unsere Ernährungssicherheit von besonderer Bedeutung sind. Gemäss Artikel 104a der BV soll die Versorgung mit einheimischen wie auch mit importierten Lebensmitteln sichergestellt werden. Dabei sollen die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Aspekte sowohl im Inland als auch im Ausland berücksichtigt werden. Der neue Verfassungsartikel steht für eine marktorientierte, nachhaltige sowie national und international vernetzte Land- und Ernährungswirtschaft. Im Folgenden wird aufgezeigt, wie die Agrarpolitik zur Umsetzung des neuen Verfassungsauftrags beitragen kann und welche mit der AP22+ geplanten Massnahmen einen direkten Beitrag leisten.

Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion Wichtige landwirtschaftliche Produktionsgrundlagen sind landwirtschaftlich nutzbare Böden und Flächen (Kulturland), nicht erneuerbare Ressourcen (z. B. Phosphor) 154

SR 916.401

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und Wasser, aber auch landwirtschaftliche Infrastruktur sowie Wissen in der Praxis und im landwirtschaftlichen Wissenssystem (z. B. Agrarforschung). Beim Kulturlandschutz ist die Zuständigkeit schwergewichtig bei den Kantonen. Auf Stufe Bund sind die Instrumente zum quantitativen Schutz des Kulturlandes vor allem in der Raumplanung zu finden. Im Rahmen der 2. Revisionsetappe des Raumplanungsrechtes soll explizit das Bauen ausserhalb der Bauzonen neu geregelt werden. Die Massnahmen für einen besseren Schutz der FFF werden im Rahmen der Überarbeitung des SP FFF weiterverfolgt.

Die Agrarpolitik kann unter anderem mit dem ÖLN und dem Direktzahlungssystem auf die Agrarökosysteme Einfluss nehmen. Die Weiterentwicklung dieser Instrumente im Rahmen der AP22+ wird sich positiv auf den Zustand der Agrarökosysteme auswirken. Auch die gezieltere Ausrichtung der landwirtschaftlichen Investitionshilfen (z. B. Unterstützung innovativer Technologien zur Reduktion der negativen Umweltwirkungen), der Forschung (z. B. Innovationsförderung) sowie der Pflanzen- und Tierzucht (Ausrichtung auf Nachhaltigkeit) trägt zur langfristigen Erhaltung der landwirtschaftlichen Grundlagen bei.

Standortangepasste und ressourceneffiziente Lebensmittelproduktion Eine standortangepasste Landwirtschaft nutzt das agronomische Potenzial für die Lebensmittelproduktion unter Berücksichtigung der ökologischen Tragfähigkeit der Ökosysteme. Die UZL beschreiben den Zustand, der die langfristige Erhaltung der Tragfähigkeit der Ökosysteme und der Ökosystemleistungen gewährleisten soll. Mit einer Anpassung der Landwirtschaft an die örtlichen Gegebenheiten soll verhindert werden, dass die Ökosysteme überbelastet werden. Eine hohe Ressourceneffizienz soll dazu beitragen, dass der Ressourcenverbrauch durch die Landwirtschaft (z. B. Düngereinsatz) und deren Emissionen in die Umwelt (z. B. PSM) unter Berücksichtigung des Beitrags der Inlandproduktion zur Versorgungssicherheit so weit wie möglich reduziert wird (Ressourcenschonung).

Die Weiterentwicklung des ÖLN wird tendenziell zu einer Senkung des ökologischen Fussabdrucks beitragen. Mit der Umsetzung regionaler landwirtschaftlicher Strategien wird eine standortangepasste und auf die ökologische Infrastruktur abgestimmte Landwirtschaft gezielt gefördert. Zudem wird die verstärkte Ausrichtung der
Produktionssystembeiträge auf die Ressourceneffizienz einen Beitrag zur optimaleren Nutzung der natürlichen Ressourcen leisten.

Marktausrichtung der Land- und Ernährungswirtschaft Durch eine stärkere Marktausrichtung soll das Angebot der Land- und Ernährungswirtschaft weniger vom Staat gelenkt werden, sondern sich am Markt ­ d. h. an den Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten ­ orientieren und damit zu einer höheren Wertschöpfung führen. Damit das Marktpotenzial im In- und Ausland ausgeschöpft werden kann, werden mit der AP22+ die Voraussetzungen zur Steigerung der Wertschöpfung (z. B. über eine Produktdifferenzierung der Qualität) verbessert.

4180

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Grenzüberschreitende Handelsbeziehungen und nachhaltige Entwicklung Die AP22+ umfasst die agrarpolitischen Massnahmen, die ab 2022 im Inland umgesetzt werden sollen. Sie beinhaltet keine Anpassungen beim Grenzschutz zwecks Ausweitung der grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen. Eine stärkere Vernetzung der in- und ausländischen Agrarmärkte erfolgt im Rahmen von neuen oder weiterentwickelten Freihandelsabkommen, welche wie bisher durch das Parlament genehmigt werden. Dies steht im Einklang mit der Aussenwirtschaftspolitik. Die Vorlage zur AP22+ wird dem Parlament unabhängig von allfälligen neuen Freihandelsabkommen unterbreitet.

Die Schweiz ist auf die Einfuhr von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Produktionsmitteln wie Maschinen, Treibstoff, Saatgut und Dünger sowie auf den Export von gewissen Landwirtschaftsprodukten (Milchprodukte und verarbeitete Produkte) angewiesen. Gute Handelsbeziehungen mit dem Ausland sind daher für die Ernährungssicherheit zentral. Artikel 104a BV verlangt, dass der Bund Voraussetzungen für alle grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen schafft, die zur nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen. Dabei muss er internationales Handelsrecht einhalten und sich für dessen Weiterentwicklung engagieren.

Zu beachten sind auch international anerkannte Leitlinien, wie die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (vgl. Ziff. 1.3.2), welche die Schweiz unterzeichnet hat.

Importe und Exporte von Lebens- und Produktionsmitteln sollen zur nachhaltigen Entwicklung der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft beitragen. Importierte Produktionsmittel (Dünger, Maschinen, Futtermittel usw.) tragen zur Produktionssteigerung der inländischen Landwirtschaft bei und fördern damit ­ ebenso wie der Export von Schweizer Landwirtschaftsprodukten ­ die wirtschaftliche Entwicklung des Sektors. Gleichzeitig trägt der Import von Lebensmitteln zur Nachhaltigkeit bei, indem die landwirtschaftlichen Ökosysteme in der Schweiz dadurch entlastet werden. Ohne importierte Lebensmittel müsste die Inlandproduktion beim heutigen Konsummuster so stark intensiviert werden, dass die Ökosysteme massiv überfordert würden. Die Importe sollen aber nicht auf Kosten einer zu hohen Umweltbelastung, einer Beeinträchtigung der Produktionsgrundlagen oder zulasten negativer gesellschaftlicher
Konsequenzen im Ausland gehen. Aus diesem Grund setzt sich die Schweiz auf internationaler Ebene dafür ein, dass Nachhaltigkeitskriterien beim internationalen Handel stärker berücksichtigt werden.

Die Nachhaltigkeit als Gesamtkonzept ist bereits heute ein zwingender Bestandteil von Handel und Handelspolitik. Gestaltungsspielraum besteht aktuell vor allem bei der Aushandlung neuer und Modernisierung bestehender Freihandelsabkommen.

Hingegen sind die Möglichkeiten innerhalb der WTO sowie in den bilateralen Beziehungen mit der EU aktuell nicht vorhanden. Diese Instrumente regeln einen Grossteil des grenzüberschreitenden Handels unseres Landes mit landwirtschaftlichen Produkten. Die Schweiz baut deshalb existierende Instrumente wie die Produktdeklaration aus. Darüber hinaus setzt sich die Schweiz bereits heute über die multilateralen Kanäle und die Mitgestaltung globaler Rahmenbedingungen insbesondere im Rahmen der FAO und der OECD für die Stärkung der Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft ein. Zu diesem Engagement gehört auch die Förderung der Ernährungssicherheit weltweit.

4181

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In allen seit 2011 abgeschlossenen Freihandelsabkommen sind umfassende Bestimmungen zur Nachhaltigkeit bereits integriert. Diese Nachhaltigkeitsbestimmungen gelten für alle Produktionssektoren, einschliesslich der Ernährungswirtschaft, und verweisen auf die Verpflichtungen der Vertragsparteien gemäss SDG. Sie legen einen gemeinsamen Referenzrahmen fest und die Vertragsparteien verpflichten sich, diesen Referenzrahmen in ihren präferenziellen Wirtschaftsbeziehungen so einzuhalten, dass die mit den Freihandelsabkommen verfolgten wirtschaftlichen Ziele mit den Zielen der Vertragsparteien im Bereich des Umweltschutzes und der Arbeitsrechte übereinstimmen. Die Klauseln umfassen unter anderem das Engagement zur Einhaltung und wirksamen Umsetzung der von den Vertragsparteien ratifizierten multilateralen Umweltabkommen und Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Die Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit der ILO (Decent Work Agenda) wird ebenfalls bekräftigt. Weitere Bestimmungen betreffen die nachhaltige Bewirtschaftung von Waldressourcen (einschliesslich Fragen zu Landnutzungsänderungen für die landwirtschaftliche Produktion) und Fischbeständen (einschliesslich Abschaffung von Fischereisubventionen) sowie die Verbreitung und Verwendung von Nachhaltigkeitszertifikaten zur Förderung umweltfreundlicher Produktionsmethoden und Sozialstandards. Zudem wird auf die wichtigsten internationalen Instrumente im Bereich der Menschenrechte sowie auf die Grundsätze für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung (Corporate Social Responsability[CSR]) verwiesen. Auf institutioneller Ebene werden durch die Freihandelsabkommen Aufsichtsorgane geschaffen (Gemischter Ausschuss), die es erlauben, allfällige Probleme im Zusammenhang mit der Umsetzung der von den Vertragsparteien in diesen Bereichen eingegangenen Verpflichtungen anzusprechen und allenfalls zu lösen.

Die Schweiz wird sich auch weiterhin für umfangreiche Nachhaltigkeitsbestimmungen in Freihandelsabkommen einsetzen und im Einzelfall prüfen, ob weitergehende Massnahmen vorzusehen sind. Dabei könnte ein institutionalisierter Dialog zwischen den betroffenen Behörden der beteiligten Länder zum Thema Nachhaltigkeit im Bereich Land- und Ernährungswirtschaft vorgesehen werden. Ziel eines solchen Dialogs ist die Förderung des gegenseitigen
Verständnisses und die Einrichtung allfälliger Mechanismen zum Monitoring des Beitrages des bilateralen Handels zur nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft. Im Zentrum steht dabei die Zurverfügungstellung von Informationen betreffend die Nachhaltigkeit. Diese müssen vertrauenswürdig sein und daher aus einem transparenten Prozess stammen. Dafür könnten die in der Agenda 2030 vorgeschlagenen Indikatoren herangezogen werden.

Ebenso haben die Unternehmen erkannt, dass in den Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten nach nachhaltig hergestellten Produkten ein grosses wirtschaftliches Potenzial liegt, das nur genutzt werden kann, wenn die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten ernst genommen werden und die Nachhaltigkeit im Handel auch wirklich nachgewiesen werden kann. Zentral für die Glaubwürdigkeit ist die Transparenz von der Produktion der Rohstoffe bis zum Endkonsum.

Wichtig ist auch die sachliche und korrekte Information, damit Kaufentscheide nicht durch falsche Nachhaltigkeitsinterpretationen oder reine Modeströmungen beeinflusst werden. Innovative Technologien können neue Möglichkeiten zum Monitoring von nachhaltigkeitsrelevanten Informationen bieten. Solche Technologien 4182

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dürften in Zukunft die Rückverfolgbarkeit bezüglich Produktionsort und Herstellungsmethoden von Lebensmitteln stark vereinfachen und transparent machen.

Ressourcenschonender Umgang mit Lebensmitteln Die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und die Nachhaltigkeit des Lebensmittelkonsums können verbessert werden, wenn weniger Lebensmittel weggeworfen oder in der Produktion resp. dem Verarbeitungsprozess verloren gehen und wenn Nahrungsmittel konsumiert werden, für deren Herstellung weniger Ressourcen eingesetzt werden müssen.155 So zeigen Modellrechnungen156, dass unter optimaler Nutzung der landwirtschaftlichen Nutzfläche der minimale Nahrungsmittelbedarf der Schweizer Bevölkerung gedeckt werden könnte. Die Nahrungsration würde sich jedoch deutlich von der heutigen unterscheiden.

Der Handlungsspielraum für Massnahmen zur Reduktion von Food Waste und für eine ressourcenschonendere Ernährung ist im Landwirtschaftsgesetz begrenzt. Im Rahmen des Berichts «Massnahmen des Bundes für eine ressourcenschonende, zukunftsfähige Schweiz» vom 20. April 2016157 setzt sich der Bund für die Umsetzung von Massnahmen zur Verringerung von Food Waste sowie zur Erarbeitung von Grundlagen zur ressourcenschonenderen Ernährung ein. Mittels Bildung und Kommunikation will der Bund die Konsumentinnen und Konsumenten sensibilisieren.

9.4

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

9.4.1

Verpflichtungen der WTO

Die beantragen Neuregelungen betreffen prioritär die Massnahmen zur internen Stützung, welche die Schweiz in der WTO notifizieren muss. Es ist daher notwendig, deren Vereinbarkeit mit dem internationalen Recht, insbesondere dem Abkommen vom 15. April 1994158 über die Errichtung der Welthandelsorganisation und dessen Anhänge 1A.3 (WTO-Agrarabkommen) und 1A.13 (WTO-Subventionsabkommen) eingehend zu analysieren.

9.4.1.1

Vorgaben im Bereich der internen Stützung

Die langfristigen Reformbestrebungen in der WTO haben eine Umlagerung der handelsverzerrenden Stützung (sog. Amber Box) zu entkoppelten Stützungsmassnahmen ohne Auswirkung auf die Produktion oder die internationalen Märkte (sogenannte Green Box) zum Ziel. Das WTO-Agrarabkommen basiert auf drei Arten von Subventionierungen des Staates: Exportwettbewerb, Grenzschutz und Inland155

Vgl. auch Bericht vom 9. Dez 2016 in Erfüllung des Postulats Bertschy (13.4284) «Natürliche Lebensgrundlagen und ressourceneffiziente Produktion. Aktualisierung der Ziele».

156 Vgl. www.bwl.admin.ch > Themen > Lebensmittel > Massnahmen > Potenzialanalyse.

157 Der Bericht ist abrufbar unter www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Wirtschaft und Konsum > Fachinformationen > Grüne Wirtschaft > Dokumente.

158 SR 0.632.20

4183

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stützung. Die Instrumente der Inlandstützung werden drei Boxen zugeteilt: der Amber Box, der Blue Box und der Green Box, die in Anhang 2 des Abkommens ausgeführt wird. Die Amber Box hat eine Budgetlimite, während die zwei anderen Boxen keine kennen.

Die Bedingungen der Green Box müssen erfüllt sein, damit agrarpolitische Massnahmen als nicht oder nur geringfügig produktionsverzerrend gelten und keiner Budgetlimite unterliegen. In Anhang 2 Paragraph 6 ist der Grundsatz festgelegt, dass die Ausrichtung solcher Zahlungen nicht davon abhängig ist, ob produziert wird.

Eine weitere generelle Voraussetzung für die Qualifikation in der Green Box ist, dass keine spezifische Art der Produktion vorgeschrieben wird («not related to the type of production»). Ökologische Zahlungen und Zahlungen im Rahmen von Regionalbeihilfeprogrammen können gemäss Anhang 2 Paragraph 12 beziehungsweise Paragraph 13 ebenfalls in die Green Box fallen. Hier sollte die Zahlungshöhe die Mehrkosten oder die Einkommensminderung, die den Landwirtinnen und Landwirten durch die Umsetzung der Vorgaben entstehen, nicht überschreiten.

Zahlungen, welche die Voraussetzungen der Green Box nicht erfüllen, verstossen nicht gegen die Verpflichtungen der Schweiz in der WTO. Sie werden allerdings in die Amber Box eingereiht, wo eine Reduktion der Budgetlimite Gegenstand von Verhandlungen ist.

Das WTO-Agrarabkommen (in Art. 8) und das WTO-Subventionsabkommen (in Art. 3) verbieten grundsätzlich Exportsubventionen. Im letzteren Abkommen gilt dieses Verbot auch für die Subventionen zur Substitution importierter Waren. Das Abkommen regelt zudem die Rechte der Mitglieder, gegen schädliche Subventionen von anderen Mitgliedern Ausgleichszölle einführen zu können. Die Konformität der betreffenden Subventionen mit dem Agrarabkommen (Green bzw. Amber Box) schränken diese Rechte nicht ein.

9.4.1.2

Bisherige Notifikation der wichtigsten Massnahmen der internen Stützung

In den folgenden Abschnitten werden die Massnahmen diskutiert, die im Rahmen der AP22+ eine Auswirkung auf die Notifikation der Schweiz in der WTO haben.

Massnahmen im Bereich Produktion und Absatz Im Rahmen der Tierzuchtverordnung unterstützt der Bund anerkannten Zuchtorganisationen mit Beiträgen, um zur Verbesserung der Grundlagen im Bereich Zucht beizutragen. Die Beiträge sind unabhängig von der Produktion und werden als Strukturanpassungshilfe in Form von Investitionsbeihilfen unter Anhang 2 Paragraph 11 in der Green Box ausgewiesen.

Massnahmen im Bereich Direktzahlungen Versorgungssicherheits- und Kulturlandschaftsbeiträge Versorgungssicherheitsbeiträge bezwecken die Erhaltung der Produktionskapazität, indem die Kalorienproduktion auf heutigem Niveau gehalten wird. Sie bestehen aus 4184

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drei Beitragstypen: Basisbeitrag, Produktionserschwernisbeitrag und Beitrag für offene Ackerfläche und für Dauerkulturen. Der Produktionserschwernisbeitrag kann über Anhang 2 Paragraph 13 als Regionalprogramm legitimiert werden, da er nur für Hügel- und Bergzonen ausbezahlt wird. Er ist somit der einzige Versorgungssicherheitsbeitrag, welcher in die Green Box notifiziert wird. Der heutige Basisbeitrag verlangt einen Mindesttierbesatz für die Ausrichtung der Zahlung auf der Grünfläche. Diese Koppelung an eine Mindestproduktion gemessen am Tierbesatz ist nicht kompatibel mit der Green Box. Der Basisbeitrag wird somit in der Amber Box ausgewiesen. Gleiches gilt für den Förderbeitrag für offene Ackerfläche und Dauerkulturen. Da sich die Erhaltung der Produktionskapazität grundsätzlich kaum als von der Produktion entkoppelte Massnahme gestalten lässt, ist die Grundvoraussetzung der Green Box, nämlich die Unabhängigkeit von der Produktion, nicht erfüllt.

Kulturlandschaftsbeiträge fördern die Offenhaltung der Kulturlandschaft und bestehen aus drei Beitragstypen. Sie lassen sich entsprechend ihrer spezifischen Zielsetzung folgendermassen in der Green Box einordnen: Der Zonenbeitrag Offenhaltung und der Hangbeitrag sowie der Alpungsbeitrag werden unter Anhang 2 Paragraph 13 als Regionalbeihilfen ausgewiesen. Der Sömmerungsbeitrag wird unter Anhang 2 Paragraph 12 als Umweltprogramm eingeordnet.

Produktionssystembeiträge Die Produktionssystembeiträge fördern landwirtschaftliche Bewirtschaftungsformen, welche speziell umwelt- und tierfreundlich sind. Dies umfasst bisher den Beitrag für biologische Landwirtschaft, den Extenso-Beitrag, den Beitrag für GMF sowie die Tierwohlbeiträge (BTS und RAUS). Die unterschiedlichen Programme basieren auf vorgegebenen Kriterien und gleichen die höheren Produktionskosten aus, welche mit den Bewirtschaftungsformen einhergehen. Somit erfüllen die Programme die spezifischen Vorgaben von Anhang 2 Paragraph 12 als Umweltprogramm und werden in die Green Box notifiziert.

Biodiversitäts- und Landschaftsqualitätsbeiträge Die Biodiversitätsbeiträge bestehen aus dem Qualitätsbeitrag und dem Vernetzungsbeitrag. Die Biodiversitätsbeiträge setzen keine Produktion von landwirtschaftlichen Produkten voraus und werden nicht für spezifische Kulturen erhoben. Die Zielsetzung der Beiträge ist
der Erhalt und die Förderung der Artenvielfalt und ihrer Lebensräume. Die Zahlungen gleichen die Kosten aus, welche aufgrund dieser Zielsetzung anfallen. Damit erfüllen sie die Kriterien von Anhang 2 Paragraph 12 und werden als Umweltmassnahme in der Green Box notifiziert. Der Erhalt und die Weiterentwicklung vielfältiger Kulturlandschaften wird im Rahmen der Landschaftsqualitätsbeiträge angestrebt, welche die betriebliche Umsetzung von Massnahmen im Rahmen von regionalen Projekte unterstützen. Diese Beiträge sind Regionalhilfen und erfüllen die dafür vorgesehen Kriterien von Anhang 2 Paragraph 13.

4185

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9.4.1.3

Auswirkung der AP 22+ auf die Notifikation der internen Stützung

Die mit den landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen vorgeschlagenen Ausgaben liegen innerhalb der für die Schweiz festgelegten Budgetlimiten der Amber Box, führen aber zu einer Umlagerung der Gelder.

Massnahmen im Bereich Produktion und Absatz Tierzucht Im Rahmen der AP22+ wird das Fördersystem für die Schweizer Tierzucht in drei Beitragsmodule unterteilt. Die Beiträge für die Datenerhebung und -auswertung sowie die Beiträge für Forschungsprojekte tiergenetischer Ressourcen und Kompetenz und Innovationsnetzwerk Tierzucht erfüllen die Kriterien der Green Box. Mit diesen Beiträgen unterstützt der Bund die Zuchtorganisationen in der Bereitstellung verschiedener Leistungen für ihre Mitglieder. Beide Beiträge werden unter Anhang 2 Paragraph 2 als allgemeine Dienstleistungen in der Green Box eingereiht. Zusätzlich werden Beiträge zur Erhaltung gefährdeter Schweizer Rassen ausbezahlt. Mit der Ratifikation des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt und des Übereinkommens vom 3. März 1973159 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES) hat sich die Schweiz zum Schutz der vorhandenen Biodiversität und somit auch zum Schutz von Schweizer Rassen verpflichtet. Diese Beiträge werden als Umweltzahlung in die Green Box eingereiht (Anhang 2 Paragraph 2).

Milchzulagen Die Ausweitung der Zulagen für die Milchwirtschaft und des Beitrags für die Milchprüfung auf Büffelmilch hat keine Auswirkung auf die Klassifikation der Milchzulagen in der Amber Box. Eine direkte Auszahlung der Zulagen an die Produzentinnen und Produzenten würde die Konformität mit dem WTO-Recht verbessern. Erfolgt die Auszahlung weiterhin über die Milchverwerterinnen und Milchverwerter, stellt der Bund in Einklang mit dem WTO-Recht sicher, dass die Zulagen an die Produzentinnen und Produzenten weitergeleitet werden. Wird die befreiende Wirkung für den Bund auf die in Ziffer 5.1.2.1 beschriebenen Ausnahmen beschränkt, sollte die Konformität mit Artikel 3.1(b) des WTO-Subventionsabkommens gegeben sein.

Massnahmen im Bereich Direktzahlungen Versorgungssicherheits- und Kulturlandschaftsbeiträge Die Umgestaltung und Weiterentwicklung der Versorgungssicherheitsbeiträge hat eine Auswirkung auf die WTO-Notifikation. Die neue Ausgestaltung der Beiträge macht eine Notifikation in der Green Box möglich. Die
Versorgungssicherheitsbeiträge bestehen neu aus nur noch zwei Beitragstypen: einem Zonenbeitrag und dem Beitrag für offene Ackerflächen und Dauerkulturen. Damit werden sowohl der 159

SR 0.453

4186

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Basisbeitrag als auch der Produktionserschwernisbeitrag abgeschafft. Gleiches gilt für den Offenhaltungsbeitrag der Kulturlandschaftsbeiträge. Die frei gewordenen Gelder werden umgelagert zum neuen, nach Produktionszonen abgestuften Zonenbeitrag Versorgungssicherheit, der nicht an Produktionskriterien gebunden ist.

Ausserdem wird der Beitrag für die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche der Betriebe von der Talzone bis zur Bergzone IV ausgerichtet. Dies führt zu einer Umlagerung der Gelder innerhalb der Green Box. Der Beitrag entspricht den Kriterien unter Anhang 2 Paragraph 6 in der Green Box als allgemeine entkoppelte Stützung. Das vorgesehene Budget von rund 800 Millionen Franken für den Zonenbeitrag führt zu einem starken Anstieg der allgemeinen entkoppelten Stützung ­ eine Kategorie der Green Box, die von den anderen WTO-Mitglieder genau überprüft wird. Es ist daher wichtig, dass die Kompatibilität des Zonenbeitrags mit Paragraph 6 eindeutig gegeben ist. Dies bedeutet beispielsweise, dass keine Positivliste definiert werden darf, die gewisse Produktionsaktivitäten (z. B. Brachen oder Weihnachtsbäume) vom Beitrag ausschliesst. Weiter darf kein Mindesttierbesatz vorausgesetzt werden. Die WTO-rechtliche Klassifizierung wird nach der Konkretisierung auf Verordnungsstufe beurteilt.

Produktionssystembeiträge Um Leistungen und Anstrengungen der Landwirtschaft für besondere naturnahe, umwelt- und tierfreundliche Produktion verstärkt zu fördern, sollen die teilbetrieblichen Produktionsformen neugestaltet werden. Vorgesehen sind drei Produktionssysteme (PS): das PS Nutztierhaltung, das PS Ackerbau und das PS Spezialkulturen.

Diese neuen Produktionssysteme sind eine Weiterentwicklung der bisherigen Produktionssystembeiträge und inkorporieren die bisherigen Ressourceneffizienzbeiträge, welche in der neuen Agrarpolitik nicht mehr unabhängig existieren werden.

PS Nutztierhaltung: Innerhalb des PS Nutztierhaltung sind vier Module vorgesehen, welche jeweils verschiedene Massnahmen beinhalten. Die Module Klima, Ressourcen sowie Ammoniak haben eine nachhaltige Nutztierhaltung zum Ziel und verfolgen insbesondere Umweltanliegen wie beispielsweise die Reduktion der Ammoniakemission oder die Reduktion des Treibhausgasausstosses durch eine spätere Schlachtung der Kühe. Diese drei Module beinhalten jeweils nur
eine Massnahme und werden unter Anhang 2 Paragraph 12 als Umweltzahlung in der Green Box notifiziert. Beim Modul der Tiergesundheit muss für die WTO-Notifikation zwischen den verschiedenen Massnahmen unterschieden werden. Die bisherigen RAUS- und BTS-Beiträge werden nicht erheblich verändert. Sie richten sich primär an das Tierwohl und erfüllen daher weiterhin die Green Box Kriterien. Gleiches gilt für den neu eingeführten RAUS-Zusatzbeitrag, welcher lediglich striktere Konditionen voraussetzt. Die Massnahme zur spezifischen Förderung der Tiergesundheit (Stufe «Massnahmen») hingegen, konzentriert sich auf die umfassende Tiergesundheit und geht damit über das moralische Anliegen eines verbesserten Tierwohls hinaus. Diese Massnahme für die Tiergesundheit wird daher als nicht produktspezifische Zahlung der Amber Box zugeordnet.

Zu einem späteren Zeitpunkt soll das Modul Tiergesundheit mit einer Stufe «Ergebnisse» ergänzt werden. Diese sieht eine Prämie für besonders gute Leistungen im Bereich der messbaren Tiergesundheit vor. Da sich dieser Beitrag allerdings noch im 4187

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Stadium von Forschungsprojekten befindet, ist die spezifische Ausgestaltung der Massnahme noch nicht eindeutig und eine Beurteilung aus Sicht des WTO-Rechts kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgen.

PS Ackerbau: Das PS Ackerbau beinhaltet Massnahmen, wie den Verzicht auf Herbizide und die Förderung der funktionellen Biodiversität. Viele der Massnahmen setzen Ziele um, welche in der AP 14­17 individuelle Ressourceneffizienzbeiträge waren. Die Ausgestaltung der einzelnen Massnahmen ist grundsätzlich kompatibel mit den Kriterien der Green Box und die Beiträge können daher unter Anhang 2 Paragraph 12 als Umweltzahlung eingereiht werden. Es muss allerdings darauf geachtet werden, dass die Beiträge nicht die anfallenden Mehrkosten übersteigen.

Noch offen ist, ob alle Massnahmen einzeln oder pro Modul notifiziert werden sollen.

PS Spezialkulturen: Das PS Spezialkulturen beinhaltet wie das PS Ackerbau Module für den Pflanzenschutz, die funktionale Biodiversität, den Boden und das Klima.

Ziel der Beiträge ist es, den negativen Effekt der landwirtschaftlichen Produktion auf die Umwelt zu internalisieren und zu reduzieren. Dazu sind Massnahme vorgesehen, wie beispielsweise der totale Verzicht auf Insektizide oder die Berechnung der Humusbilanz via Humusrechner. Wie auch die Massnahmen im PS Ackerbau, inkorporiert das PS Spezialkulturen frühere Ressourceneffizienz- oder Biodiversitätsbeiträge. Die Beiträge erfüllen die Kriterien für eine Einreihung als Umweltzahlung in der Green Box. Auch hier muss allerdings sichergestellt werden, dass die Beiträge nicht die anfallenden Mehrkosten übersteigen. Noch offen ist, ob alle Massnahmen einzeln oder pro Modul notifiziert werden sollen.

Biodiversitätsbeiträge und Beiträge für eine standortangepasste Landwirtschaft Die Ziele der Biodiversitätsbeiträge bleiben die gleichen. Die Voraussetzungen werden jedoch grundsätzlich strenger, auch weil neu im ÖLN eine ausreichende Förderung der Biodiversität vorausgesetzt wird. Die Weiterentwicklung des Systems ändert nichts an der Tatsache, dass die Beiträge nicht für spezifische Kulturen erhoben werden und auch keine Verbindung zur Produktion aufweisen. Damit erfüllen sie weiterhin die Kriterien von Anhang 2 Paragraph 12 und werden als Umweltmassnahme in der Green Box notifiziert. Ab 2025 ist zusätzlich vorgesehen, eine
Prämie für besondere Biodiversitätsleistungen auf Betriebsstufe einzuführen. Die Ausgestaltung dieser Prämie ist noch nicht abgeschlossen. Die Konformität dieser Massnahmen mit der Green Box wird nach deren Konkretisierung auf Verordnungsstufe überprüft.

Die bisherigen Beiträge für die Vernetzung von Biodiversitätsförderflächen sowie die Landschaftsqualitätsbeiträge werden ab 2025 in den Beiträgen für eine standortangepasste Landwirtschaft zusammengefasst und um Massnahmen zur Schliessung regional spezifischer Lücken bei der Erreichung der UZL im stofflichen Bereich (Wasser, Luft, Boden) ergänzt. Die Massnahmen werden weiterhin nicht an die Produktion gebunden sein und erfüllen damit eine wichtige Bedingung für die Notifikation in der Green Box. Die Möglichkeit einer Notifikation in der Green Box wird nach Konkretisierung auf Verordnungsstufe abschliessend geprüft.

4188

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9.4.1.4

Weitere Aspekte im Kontext der AP22+

Risikomanagement Die Green Box des WTO-Agrarabkommens sieht die Möglichkeit der staatlichen Beteiligung an Versicherungsleistungen unter Anhang 2 Paragraph 7 vor. Die einzuhaltenden Vorgaben sind allerdings ziemlich streng. Dies ist darauf zurückzuführen, dass eine Massnahme, welche mit der Green Box kompatibel ist, nicht direkt die Märkte beeinflussen soll. Für Versicherungen heisst das, dass nur substanzielle Einkommensausfälle kompensiert werden sollen. Eine Einreihung in der Green Box ist daher nur möglich, wenn der Selbstbehalt der Landwirtinnen und Lanwirte bei mindestens 30 Prozent des landwirtschaftlichen Bruttoeinkommens liegt. Da für die Berechnung des Einkommensverlustes Einnahmen wie Direktzahlungen berücksichtigt werden müssen, bedeutet dies, dass eine mit der Green Box kompatible Versicherung nur bei fast totalen Ernteausfällen greifen dürfte. Der Vergleich mit anderen Ländern (z. B. USA und EU) zeigt, dass Versicherungen meistens in der Amber Box eingereiht werden. Da die Arbeiten zur Ausgestaltung der Wetterversicherungen noch nicht abgeschlossen sind, kann eine eindeutige Beurteilung zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgen. Die strengen Kriterien der Green Box deuten allerdings darauf hin, dass die Massnahme in der Amber Box eingereiht werden wird.

Aufgrund dieser Unsicherheit und mit dem Ziel, keine zusätzlichen Massnahmen in die Amber Box einzureihen, ist bei subventionierten Versicherungsprämien auf eine mit anderen agrarpolitischen Zielen kohärent ausgestaltete Massnahme zu achten. So zeigen eine Reihe von ökonomischen Studien, dass subventionierte Versicherungen zu riskanteren Produktionsentscheidungen führen. Hiermit verbunden ist die Gefahr, dass nicht standortangepasste und nicht wettbewerbsfähige Produktionsverfahren indirekt gefördert werden,160 was nicht den allgemeinen Zielen der neuen Agrarpolitik entspricht. Dies gilt es vor dem Hintergrund der aktuellen Initiativen (Trinkwasser, PSM) im Rahmen einer ganzheitlichen Politikfolgenabschätzung (definiertes Problem und Ziel, gesellschaftlicher Nutzen) zu analysieren.161 Eine staatliche Risikounterstützung sollte auf klar definierte Katastrophenrisiken fokussieren,162 bei denen private Lösungen nicht entwickelt werden können. So kann gewährleistet werden, dass private Initiativen nicht verhindert und Produzenten und
Produzentinnen nicht überkompensiert beziehungsweise zu risikofreudigen Verhalten animiert werden. Um die Entwicklung geeigneter privater Initiativen zu ermöglichen, sollte der Staat proaktiv Informationen bereitstellen und die Befähigung im Umgang mit Risikostrategien ermöglichen.

160

Vincent H. Smith & Joseph W. Glauber, 2012. "Agricultural Insurance in Developed Countries: Where Have We Been and Where Are We Going?," Applied Economic Perspectives and Policy, Agricultural and Applied Economics Association, vol. 34(3), pages 363­390. https://doi.org/10.1093/aepp/pps029 161 Hirschauer, N. und Mußhoff, O. (2019). Ökonomische Einschätzung der Subventionierung von Agrarversicherungen. AGRA-EUROPE 11/19, 11. März 2019: 1­3.

http://wcms.itz.uni-halle.de/download.php?down=51833&elem=3193173 162 OECD (2018). Taking a holistic approach to agricultural risk management.

http://www.oecd.org/agriculture/topics/risk-management-and-resilience/

4189

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Aus einer ökonomischen Perspektive ist es wichtig, die verschiedenen staatlichen Optionen163&164 hinsichtlich der Herausforderung «Ertragsrisiko» gegenüberzustellen und zu bewerten. Diese Optionen beinhalten beispielsweise das Bereitstellen einer geeigneten Datengrundlage, damit Landwirte und Landwirtinnen fundierte unternehmerische Entscheide treffen können insbesondere unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der Digitalisierung; Massnahmen im Bereich der Anpassung und Vermeidung von Klimawandel; Zucht und Verwendung trockenheitsresistenter Sorten; Massnahmen zur nachhaltigen und effizienten Nutzung natürlicher Ressourcen (effiziente Bewässerungsmethoden).

9.4.2

Weitere internationale Verpflichtungen der Schweiz

Mit den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen erfährt das Verhältnis zum bilateralen Recht zwischen der Schweiz und der EU keine Änderung. Die Implementierung der neuen Instrumente soll kompatibel zu den Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen der bilateralen Abkommen Schweiz-EU (insbesondere Agrarabkommen und Protokoll Nr. 2 des Freihandelsabkommens 1972 Schweiz-EU) ausgestaltet werden, insbesondere auch weil die Massnahmen zugunsten der Produzenten und nicht der Verarbeiter ausgerichtet werden.

Die Änderungen des BGBB, des ZGB und des LPG sind mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Im Übrigen stehen die Vorschläge im Einklang mit den allgemein gültigen Verpflichtungen, wie sie sich für die Schweiz beispielsweise aus dem Internationalen Übereinkommen vom 18. Dezember1979165 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ergeben. Mit den Massnahmen werden zudem die Empfehlungen des UNO-Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau betreffend «Frauen auf dem Land», die dieser 2009 und 2016 an die Schweiz gerichtet hat, umgesetzt. Die Massnahmen stehen auch in Übereinstimmung mit den Folgerungen der 62. Tagung der UNO-Kom­mis­ sion für die Rechtsstellung der Frau (CSW) von 2018.

Mit der AP22+ wird die Erreichung der SDG wie folgt unterstützt: ­

163

Die Schweizer Landwirtschaft soll gestärkt und langfristig auf den in- und ausländischen Märkten erfolgreicher werden. Damit kann sie ihren Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten. Dank neuen technologischen Möglichkeiten werden die Schweizer Landwirtschaftsbetriebe Zugang zu mehr und besseren Informationen über Wetterereignisse und Marktentwicklungen erhalten. Damit kann ihre Resilienz und ihr Erfolg am Markt erhöht werden.
SDG 2

Agrarpolitiken. Internationaler Vergleich mit speziellem Fokus auf Risikoabsicherung.

Bericht in Erfüllung der Postulate Bourgeois 14.3023 und 14.3815.

https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/46723.pdf 164 OECD (2019). Innovation, Productivity and Sustainability in Food and Agriculture.

www.oecd.org/publications/innovation-productivity-and-sustainability-in-food-andagriculture-c9c4ec1d-en.htm 165 SR 0.108

4190

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­

Ehegattinnen und Ehegatten von Betriebsleitenden sollen sozial besser abgesichert werden. Weiter sollen die Einstiegsmöglichkeiten für Personen von ausserhalb der Landwirtschaft durch Anpassungen im BGBB verbessert werden.
SDG 1, 2 und 5

­

Die grössten ökologischen Herausforderungen bestehen beim hohen Biodiversitätsverlust, den erhöhten Treibhausgasemissionen, der Anreicherung von Nährstoffen in Seen und dem Bodenschutz. Deshalb sollen der ÖLN und das Direktzahlungssystem weiterentwickelt werden, damit der ökologische Fussabdruck der Land- und Ernährungswirtschaft verkleinert werden kann.
SDG 2, 12 und 15

­

Mit RLS soll eine standortangepasste Landwirtschaft gefördert werden. Dabei werden räumliche Eigenheiten berücksichtigt. Lokale Herausforderungen wie zum Beispiel ein erhöhter Nitratgehalt im Grundwasser, das der Trinkwassernutzung dient, können so angegangen werden.
SDG 2, 6 und 15

9.5

Erlassform

Die Vorlage umfasst drei Änderungen bestehender Bundesgesetze sowie einen einfachen Bundesbeschluss (Kreditbeschluss) im Sinne von Artikel 163 Absatz 2 BV.

9.6

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder in jedem der beiden Räte. Der vorliegende Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2022­2025 untersteht deshalb der Ausgabenbremse. Im Weiteren unterliegen die folgenden neuen oder geänderten Subventionsbestimmungen der Ausgabenbremse: ­

E-LwG: Art. 41, 72, 73, 75 Abs. 1 Bst. b und d, 76, 77, 86b, 87a, 93, 95, 96, 105, 106, 107, 113 Abs. 1, 114, 116, 118, 120, 141 und 153a;

­

E-TSG: Art. 11b.

Die übrigen Gesetzesanpassungen begründen keine neuen Subventionsbestimmungen, die der Ausgabenbremse zu unterstellen wären.

4191

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9.7

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Mit den vorgeschlagenen Anpassungen wird die bisherige Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen nicht geändert. Die meisten agrarpolitischen Massnahmen sind Bundesmassnahmen, die vom Bund finanziert werden. Aufgabe der Kantone ist der Vollzug. Bei Massnahmen mit kantonalem Gestaltungsspielraum (z. B.

Produktionssystembeiträge, Beiträge für eine stadortangepasste Landwirtschaft, Strukturverbesserungen) müssen sich die Kantone angemessen an den Kosten beteiligen.

Im Bereich der Direktzahlungen ist neu die Ausrichtung von Beiträgen an Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter zur Förderungen von Beratungen im Bereich Biodiversität vorgesehen. Diese Beiträge sind angezeigt, weil die positive Wirkung von Beratung auf die Biodiversität belegt ist und die Massnahme damit zur Erreichung der Verfassungsziele generell und insbesondere zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen nach Artikel 104 Absatz 1 Buchstabe b BV beiträgt. Gemäss Artikel 136 LwG stellen die Kantone die Beratung auf kantonaler Ebene sicher. Die neuen Beiträge für Beratung im Bereich Biodiversität ergänzen die Beratungsleistungen der Kantone und sollen so einen landesweit gleichmässigen Nutzen für eine nachhaltige Landwirtschaft generieren.

9.8

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die Bedeutung der Subventionen zur Erfüllung der landwirtschaftlichen Ziele sowie die Ausgestaltung der einzelnen Subventionen wird in den Ziffern 1 und 5 ausführlich beschrieben. Die finanzielle Steuerung erfolgt über drei Zahlungsrahmen und einen Verpflichtungskredit (vgl. Ziff. 7). Artikel 104 BV weist dem Bund eine Daueraufgabe zu. Deshalb sind die Subventionen mehrheitlich weder befristet noch degressiv ausgestaltet.

9.9

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Das LwG regelt in weiten Bereichen wirtschaftliche Begebenheiten, die sich rasch verändern und oft mit komplexen technischen Aspekten verbunden sind. Es ist deshalb als Gesetz gestaltet, welches dem Bundesrat den nötigen Spielraum für rasches Handeln gestattet, gleichzeitig aber durch entsprechende Leitlinien gewährleistet, dass die Ziele der Agrarpolitik erreicht werden. Diese Konzeption erfährt mit der vorgeschlagenen Teilrevision keine Änderung.

Die Vorlage enthält in den folgenden Bestimmungen neue oder geänderte Delegationsnormen: ­

4192

E-LwG: Art. 6a Abs. 4, 28 Abs. 2, 38 Abs. 1bis, 39 Abs. 1bis, 41 Abs. 3, 46 Abs. 3, 70a Abs. 3, 73 Abs. 2, 75 Abs. 2, 76 Abs. 4, 77 Abs. 4, 86b Abs. 4, 89 Abs. 3, 93 Abs. 5 und 6, 105 Abs. 6 und 7, 121 Abs. 2, 141 Abs. 4 und 8,

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146a, 146b Abs. 2, 153a Abs. 1, 160b Abs. 4, 164a Abs. 2 sowie 185 Abs. 3bis; ­

E-GSchG: Art. 6 Abs. 6bis;

­

E-WaG: Art. 41a Abs. 3.

9.10

Datenschutz

Für die Erfüllung der Aufgaben nach dem Entwurf zur Änderung des LwG ist insbesondere für wissenschaftliche Zwecke (Art. 146b E-LwG), für das Inverkehrbringen von Futtermittel und Dünger (Art. 164a E-LwG) und für die Lieferung von Monitoringdaten (Art. 185 Abs. 3bis E-LwG) die Bearbeitung von Personendaten nach Artikel 3 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992166 über den Datenschutz (DSG) erforderlich. Gemäss Artikel 17 DSG bedarf es für die Bearbeitung von Personendaten einer ausdrücklichen Regelung auf Gesetzesstufe. Die vorgenannten Gesetzesartikel liefern diese Rechtsgrundlage.

166

SR 235.1

4193

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Abkürzungsverzeichnis Abs.

Absatz

AG

Aktiengesellschaft

AGIS

Agrarpolitisches Informationssystem

AHV

Alters- und Hinterlassenenversicherung

ALL-EMA

Monitoringprogramm Arten und Lebensräume Landwirtschaft

AOC

Appellation d'origine contrôlée = geschützte Ursprungsbezeichnung

AP22+

Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2022

AP 14­17

Agrarpolitik 2014­2017 (Weiterentwicklung der Agrarpolitik)

AP 18­21

Agrarpolitik 2018­2021

AP 2002

Agrarpolitik 2002 (Neuorientierung der Agrarpolitik)

AP PSM

Aktionsplan Pflanzenschutzmittel

ARE

Bundesamt für Raumentwicklung

Art.

Artikel

AS

Amtliche Sammlung des Bundesrechts

BAFU

Bundesamt für Umwelt

BB

Bundesbeschluss

BBl

Bundesblatt

BDB

Beiträge zur Förderung der Biodiversität

BFF

Biodiversitätsförderfläche

BFS

Bundesamt für Statistik

BGBB

Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht; SR 211.412.11

BGE

Bundesgerichtsentscheid

BIP

Bruttoinlandprodukt

BLV

Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen

BLW

Bundesamt für Landwirtschaft

BSE

Bovine spongiform encephalopathy

BSL

Beiträge für standortangepasste Landwirtschaft

BTS

Besonders tierfreundliches Stallhaltungssystem

BV

Bundesverfassung; SR 101

CETA

Comprehensive Economic and Trade Agreement

CHF

Schweizer Franken

4194

BBl 2020

DGVE

Düngergrossvieheinheit

DSG

Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz; SR 235.1

DZ

Direktzahlungen

DZV

Direktzahlungsverordnung vom 23. Oktober 2013; SR 910.13

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

EFTA

Europäische Freihandelsassoziation

EG

Europäische Gemeinschaft

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

EKL

Eidgenössische Kommission für Lufthygiene

ESTV

Eidgenössische Steuerverwaltung

ETH

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

EU

Europäische Union

FAO

Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations)

FFF

Fruchtfolgefläche

FiBL

Forschungsinstitut für biologischen Landbau

FIFG

Bundesgesetz vom 14. Dezember 2012 über die Förderung der Forschung und der Innovation; SR 420.1

FLG

Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft; SR 836.1

GAP

Gemeinsame Agrarpolitik der EU

GGA

Geschützte geografische Angabe

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GMF

graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion

GSchG

Gewässerschutzgesetz vom 24. Januar 1991; SR 814.20

GSchV

Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998; SR 814.201

GUB

Geschützte Ursprungsbezeichnung

GVE

Grossvieheinheit

ha

Hektare

HAFL

Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften

HBV

Verordnung vom 23. Oktober 2013 über Höchstbestände in der Fleisch- und Eierproduktion; SR 916.44

IAFP

Integrierter Aufgaben- und Finanzplan

IK

Investitionskredit 4195

BBl 2020

ILO

Internationale Arbeitsorganisation

JAE

Jahresarbeitseinheit

k. A.

keine Angaben

KMU

kleine und mittlere Unternehmen

KVU

Konferenz der Vorsteher der Umweltschutzämter der Schweiz

LBV

Landwirtschaftliche Begriffsverordnung vom 7. Dezember 1998; SR 910.91

LFR

Landwirtschaftlicher Forschungsrat

LGR

Landwirtschaftliche Gesamtrechnung

LIWIS

Landwirtschaftliches Innovations- und Wissenssystem

LKS

Landschaftskonzept Schweiz

LN

landwirtschaftliche Nutzfläche

LMG

Lebensmittelgesetz vom 20. Juni 2014; SR 817.0

LPG

Bundesgesetz vom 4. Oktober 1985 über die landwirtschaftliche Pacht; SR 221.213.2

LRV

Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 1985; SR 814.318.142.1

LwG

Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 1998; SR 910.1

M

Motion

MERCOSUR Mercado Comùn del Sur; abgekürzte Bezeichnung für den Gemeinsamen Markt Südamerikas Mio.

Millionen

Mrd.

Milliarden

N

Stickstoff

NFA

Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen

NFP68

Nationales Forschungsprogramm Boden

NH3

Ammoniak

NHG

Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz; SR 451

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organization for Economic Cooperation and Development)

ÖLN

Ökologischer Leistungsnachweis

OR

Obligationenrecht; SR 220

P

Phosphor

p. a.

per annum = pro Jahr

4196

BBl 2020

P-LRB

Politik des Bundes für ländliche Räume und Berggebiete

PRE

Programme zur regionalen Entwicklung

PS

Produktionssystem

PSB

Produktionssystembeiträge

PSM

Pflanzenschutzmittel

QI, QII

Qualitätsstufe 1, Qualitätsstufe 2 bei Biodiversitätsförderflächen

QuNaV

Verordnung vom 23. Oktober 2013 über die Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft; SR 910.16

RAUS

regelmässiger Auslauf im Freien

REB

Ressourceneffizienzbeiträge

RLS

regionale landwirtschaftliche Strategien

RPG

Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 1979; SR 700

RPV

Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000; SR 700.1

S

Ständerat

SAK

Standardarbeitskraft

SBV

Schweizerischer Bauernverband

SDG

Ziele für nachhaltige Entwicklung der UNO (Sustainable Development Goals)

SNB

Schweizerische Nationalbank

SNE

Strategie Nachhaltige Entwicklung

SNF

Schweizerischer Nationalfonds

SP AUI

Stichproben Agrarumweltindikatoren

SP B

Stichproben Betriebsführung

SP E

Stichproben Einkommenssituation

SP FFF

Sachplan Fruchtfolgeflächen

SR

Systematische Sammlung des Bundesrechts

StAR

Strategie Antibiotikaresistenzen

SuG

Subventionsgesetz vom 5. Oktober 1990; SR 616.1

Suissemelio

Schweizerische Vereinigung für ländliche Entwicklung

SVV

Strukturverbesserungsverordnung vom 7. Dezember 1998; SR 913.1

t

Tonne

Tab.

Tabelle

TJ

Terajoule

TSG

Tierseuchengesetz vom 1. Juli 1966; SR 916.40 4197

BBl 2020

TTIP

Transatlantisches Freihandelsabkomme

TVD

Tierverkehrsdatenbank

UNO

Organisation der Vereinten Nationen

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

UZL

Umweltziele Landwirtschaft

VSB

Versorgungssicherheitsbeiträge

VwVG

Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968; SR 172.021

WaG

Waldgesetz vom 4. Oktober 1991; SR 921.0

WAK-NR

Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates

WAK-SR

Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WTO

World Trade Organization (Welthandelsorganisation)

ZDG

Zivildienstgesetz vom 6. Oktober 1995; SR 824.0

ZGB

Schweizerisches Zivilgesetzbuch; SR 210

Ziff.

Ziffer

ZR

Zahlungsrahmen

4198

BBl 2020

Anhang (Ziff. 4.3)

Beschreibung und Beurteilung der Indikatoren sowie Herleitung der Zielwerte Beschreibung

Bewertung

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

Indikatoren für den Erfolg auf den Märkten im In- und Ausland Die Wettbewerbsfähigkeit wird mit dem Verhältnis zwischen den mittleren Produzentenpreisen im Ausland und im Inland in Prozent gemessen. Der Wert bezieht sich auf Standardprodukte mit vergleichbarer Qualität.

­ Etablierter und ausführlich dokumentierter Indikator der OECD, der jährlich publiziert wird.

Zur Halbierung des Indikators in den Jahren 1996­2006 auf 150 % hat der reduzierte Grenzschutz beigetragen. Seither ­ Die Preisdifferenz wird ist die Entwicklung durch die Agrarzölle hauptsächlich auf den wesentlich beeinflusst Anstieg der internatiund zeigt deren Wironalen Preise zurückkung.

zuführen. Der Anstieg ab 2013 auf über Einschränkungen: 150 % ist in erster ­ Währungsschwankun- Linie auf die Frankengen haben einen gros- stärke zurückzuführen.

sen Einfluss auf die Preisdifferenzen und müssen bei der Beurteilung berücksichtigt werden.

­ Entwicklung der Preise und Mengen von Qualitäts- und Nischenprodukten werden nicht oder nur in wenigen Fällen von diesem Indikator erfasst.

NPC < 140 % Die agrarpolitischen Massnahmen sollen insbesondere dazu beitragen, dass die Preisdifferenzen gegenüber dem internationalen Preisniveau (2018: 53 %) für vergleichbare Produkte im Zeitverlauf unter einen maximalen Wert (40 %) sinken bzw.

nicht mehr darüber ansteigen. Zudem sollen die internationalen Preisentwicklungen Signalwirkung auf die inländischen Märkte und Preise behalten.

­ Mehr Produkte mit hoher Qualität im oberen Preissegment erhöhen den Indikator nicht, da nur Standardprodukte einbezogen werden.

4199

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Die Wettbewerbs- ­ Die Nahrungsmittelkraft im Ausland exporte pro Zollpositiwird mit dem Wert on werden regelmässig der Nahrungsmiterhoben und publiziert.

telexporte auf der Basis inländischer ­ Da alle Exportsubventionen abgeRohstoffe gemesschafft wurden, zeigt sen (Zollkapitel der Exportwert, wie 1,2,3,4,5,7,8,10,11, stark die Schweiz auf 12,15,16,17,19,20, internationalen Märk21) ten Fuss fassen kann.

Bisherige Entwicklung

Nach einem kontinuierlichen Anstieg 2003­2009 von gut 2 auf über 3 Milliarden Franken bewegt sich seither der Exportwert um 3 Milliarden Franken. Der Rekordwert 2018 kam v. a. dank Anstiegen bei Mehlzubereitungen, Nahrungsmittel­ Höhere Wertschöpfun- zubereitungen, Milch Milchprodukten gen durch die nachge- und und Zuckerwaren lagerten Branchen zustande.

können tiefere Rohstoffmengen kompensieren.

Einschränkungen: ­ Mehr exportierte Verarbeitungsprodukte auf der Basis von importierten Rohstoffen (Rindfleisch, Zucker) sowie eine höhere Wertschöpfung der nachgelagerten Stufen erhöhen den Indikator, bedeuten jedoch nicht zwingend eine höhere Wertschöpfung in der landwirtschaftlichen Produktion.

­ Sinkende internationale Preise reduzieren Wert des Indikators bei gleichbleibenden Exportmengen, auch wenn Kostensenkungen die Konkurrenzfähigkeit verbessert haben.

4200

Zielwert & Begründung

Nahrungsmittelexporte > 3 Mrd. Fr.

Der Wert der Nahrungsmittelexporte soll primär über grössere Mengen und/oder höhere Qualität der Produkte erreicht werden.

Mindestens das heutige wertmässige Exportvolumen auf der Basis der inländischen Rohstoffe soll deshalb erhalten bleiben.

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Die Steigerung ­ Der Indikator wird der Wertschöpvom BFS jährlich pufung am Markt bliziert.

wird mit der Bruttowertschöp- ­ Höhere Produktionsmengen und höhere fung gemäss LGR Preise durch mehr (BFS) zu laufenQualität steigern den den Preisen geIndikatorwert und bilmessen. Sie ergibt den diese Entwicklung sich aus der ab.

Erzeugung abzüglich der VorleisEinschränkungen: tungen.

­ Eine Reduktion des Grenzschutzes zwingt die Landwirtschaft die Konkurrenzfähigkeit der Inlandproduktion zu steigern, reduziert aber den Indikator bei sinkenden Inlandpreisen.

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

Die Bruttowertschöpfung (BWS) ist bis 2003 von gut 5 auf 4 Milliarden Franken gesunken und hat sich seither auf diesem Niveau stabilisiert.

BWS > 4 Mrd. Fr.

Eine weitere Reduktion des Indikators unter 4 Milliarden soll verhindert werden.

Eine Reduktion des generellen Preisniveaus und ein Rückgang von Produktionsmengen sollen mit einer Verschiebung zu qualitativ hochwertigeren Produkten kompensiert werden.

­ Entschädigung für nicht marktfähige Ökosystemleistungen (Direktzahlungen) sind nicht enthalten, obwohl diesen Leistungen entsprechende Kosten gegenüberstehen und sie der Öffentlichkeit dienen.

­ Bei der Beurteilung des Indikators ist die Entwicklung von Qualitätsprodukten einzubeziehen. Dazu soll die Entwicklung der Bruttowertschöpfung zu konstanten Preisen herangezogen werden.

4201

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Die Nutzung der Synergien zwischen Nachhaltigkeit und Markt soll mit der Anbaufläche mit flächenbezogenen Produktionssystembeiträgen gemessen werden.

Die Produktion auf diesen Flächen wird häufig im Rahmen von Labelprogrammen verkauft.

­ Der Wert fällt jährlich Nach einer markanten an als Ergebnis des Di- Zunahme der Extenrektzahlungsvollzugs. so- und BioAnbauflächen ab 2000 ­ Ein kontinuierlicher haben diese Flächen Anstieg dieser Flächen in den Jahren 2005­ bietet bessere Ver2010 bei 180 000 ha marktungschancen.

stagniert. Bis 2013 sind sie wieder Einschränkungen: angestiegen. Ab 2014 kamen die Flächen im ­ Der Indikator erfasst GMF-Programm dazu nicht alle landwirtschaftlichen Nutzflä- und haben eine chen, die zur Herstel- Verdreifachung der Flächen mit minimal lung von einem flächenbezogeLabelprodukten vernen Produktionssyswendet werden.

tem ergeben. 2014­ ­ Umsatzzahlen der 2018 sind sie um Labelprogramme kön- jährlich 1,6 % angenen damit nur bedingt stiegen.

geschätzt werden, da die hohen Umsätze von Spezialkulturen und der Tierproduktion nicht erfasst werden.

4202

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

LN mit Produktionssystembeiträgen > 2 % pro Jahr Die Produkte in den Labelprogrammen erzielen mehrheitlich eine höhere Wertschöpfung. Im Wissen um eine stetige Reduktion der LN ist mittelfristig ein weiterer Anstieg um jährlich 2 % eine herausfordernde Zielsetzung.

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

Indikatoren für die unternehmerische Entfaltung der Betriebe Die Förderung des Unternehmertums / Stärkung der Eigenverantwortung soll mit dem Verhältnis Bruttoanlageinvestitionen (BAI) zum Produktionswert der Landwirtschaft (Output oder Erzeugung des landwirtschaftlichen Wirtschaftsbereichs) gemessen werden.

Dieser Wert zeigt auf, wie sich die Investitionen gemessen am Markterlös entwickeln.

­ Die Berechnungsgrundlagen für diesen Indikator werden jährlich vom BFS (LGR) publiziert.

Bis 2010 bewegte sich dieser Wert zwischen 14 % und 16 %. Ab 2010 ist der Wert auf über 17 % gestiegen, jedoch wieder auf 15 ­ Die Investitionsbereit- % gefallen.

schaft in die landwirtschaftliche Produktion wird erfasst.

Einschränkungen: ­ Die Direktzahlungen werden nicht erfasst, haben jedoch auch eine positive Wirkung auf das Investitionsvolumen.

­ Die einzelbetrieblichen Auswirkungen, die Auslastung und Rentabilität der Investitionen werden nicht erfasst.

15 % < BAI / Output < 18 % Die agrarpolitischen Massnahmen sollen dazu beitragen, dass weiterhin in angemessenen Umfang in eine moderne Landwirtschaft investiert wird, die den technologischen Fortschritt und die Chancen der Digitalisierung effizient und sinnvoll nutzt. Es soll jedoch verhindert werden, dass übermässig in Maschinen, Gebäude und Einrichtungen investiert werden, die zu wenig ausgelastet und deshalb nicht innert nützlicher Frist amortisiert werden können. Der Indikator soll sich im Bereich zwischen 15 % und 18 % bewegen.

4203

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

Die betriebliche Produktivität soll mit dem Mittelwert der jährlichen Veränderungsraten der Arbeitsproduktivität zu Vorjahrespreisen gemessen werden. Dazu wird die Bruttowertschöpfung durch die Anzahl Arbeitseinheiten dividiert. Der Wert zeigt auf, wie sich das Verhältnis der Bruttowertschöpfung pro eingesetzter Arbeitseinheiten entwickelt.

­ Der Indikator Arbeitsproduktivität wird nach internationalen Normen jährlich publiziert.

Der kontinuierliche Anstieg hat sich in den letzten Jahren etwas verlangsamt auf das Niveau von knapp 1,5 % pro Jahr. Die Entwicklung in Richtung wertschöpfungsstarker Nischenprodukte kann der Reduktion des Arbeitseinsatzes Grenzen setzen. Dies kann ein Grund für den gebremsten Anstieg sein. Insbesondere die Teilnahme an Labelprogrammen kann mit einem höheren Arbeitsaufwand verbunden sein.

Arbeitsproduktivität Zunahme 1,5 % pro Jahr

­ Umsetzung des technischen Fortschritts und Entwicklung zu arbeitssparender Verfahren erhöht den Wert.

­ Höhere Wertschöpfung erhöht den Wert.

Einschränkungen: ­ Keine Aussage zu einzelbetrieblichen Verhältnissen.

­ Tiefere Produktionsmengen reduzieren den Indikator.

­ Jährliche Produktionsschwankungen führen zu starken jährlichen Veränderungen.

4204

Mit der Umsetzung des technischen Fortschritts und die Übernahme neuer arbeitssparender Verfahren ist eine weitere Zunahme zu erwarten. Der Zielwert für den jährlichen Anstieg soll von 2,2 % auf 1,5 % reduziert werden.

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

Indikatoren für das Nutzen und Schützen natürlicher Ressourcen Die Reduktion ­ Die Indikatoren umfasder Emissionen sen die wichtigsten und der ÜberUmweltbelastungen schüsse soll mit aus der Landwirtschaft.

Stickstoff- und ­ Die Emissionen Phosphorverlusten werden jährlich beder Landwirtschaft rechnet und publiziert.

sowie den nationaSie sind international len Treibhausgasvergleichbar.

und Ammoniakemissionen ­ Für die Stickstoff- und gemessen werden.

Phosphorverluste sollen die Zielwerte 2025 Für das Monitoring und 2030 im LwG exder Treibhausgase plizit festgelegt werden wird auf das (Absenkpfad). Zeigt nationale Treibdie Entwicklung (lineahausgas-Inventar re Trendlinie) der (BAFU) und den Nährstoffverluste zwiAgrarbericht schen 2014­16 und abgestützt, für das 2023 bzw. 2028, dass Monitoring der die Zwischenziele in Ammoniakemissiden Jahren 2025 bzw.

onen auf den 2030 voraussichtlich Informative nicht erreicht werden, Inventory Report so muss der Bundesrat IIR (BAFU) und gemäss Art. 6a Abs. 4 für die N- und PE-LwG weitere MassVerluste auf die nahmen zur Zielerreinationalen Inputchung ergreifen.

/Outputbilanzen nach OSPAREinschränkungen: Methodik (Agroscope).

­ Keine Aussagen über die regionale Verteilung der Emissionen.

Die Emissionen und Verluste stagnieren seit 2000. Die jährlichen Veränderungen sind vor allem auf Ernteschwankungen zurückzuführen. Der grösste Einflussfaktor auf die Indikatoren ist der Tierbestand.

Emissionen: ­10 % Im Vordergrund steht die Erreichung des Absenkpfades für Nund P-Verluste. Die darauf ausgerichteten Massnahmen sind in Ziff. 2.4.2 aufgeführt.

Die Reduktion bei den Treibhausgasen ist kompatibel mit dem vorgesehenen Sektorziel Landwirtschaft in der künftigen Klimapolitik.

4205

BBl 2020

Beschreibung

4206

Bewertung

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

4207

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Erhaltung ­ Das Monitoringproder Biodiversität: gramm ALL-EMA erZustand der fasst die Entwicklung Biodiversität wie von Zustandsindikatoer mit dem Moniren zur Biodiversität.

toringprogramm Es erlaubt damit direkArten und Lebenstere Aussagen als die räume Landwirtbisher verwendeten schaft (ALLIndikatoren zur EntEMA) erfasst und wicklungen der Beteiausgewertet wird.

ligung an FörderproDas umfasst die grammen.

folgenden Aspekte, deren Entwicklung ­ Der Fokus auf den Biodiversitätsförderauf der gesamten flächen und der Einbelandwirtschaftlich zug der gesamten genutzten Fläche landwirtschaftlich (LN und Sömmegenutzten Flächen errungsgebiet) möglichen umfassende erfasst wird: Aussagen und berück­ Vielfalt und sichtigen, dass die biologische Landwirtschaft die Qualität von Biodiversität über die Lebensräumen Biodiversitätsförderinklusive flächen hinaus beeinStrukturen flusst.

­ Artenvielfalt Einschränkungen: von Pflanzen, Brutvögeln und ­ Die Erhebung erfolgt in einem FünfjahresTagfaltern inrhythmus für die ganze klusive qualiSchweiz. Jährliche tätszeigende Auswertungen sind nur Arten sehr eingeschränkt ­ Qualität von möglich.

Biodiversitäts­ ALL-EMA erfasst nur förderflächen Arten und Lebensräume und nur Pflanzen-, Brutvogel- und Tagfalterarten. Es sind keine Aussagen möglich zu weiteren Artengruppen wie z. B. Insekten.

4208

Bisherige Entwicklung

Als Ziele der AP 14­ 17 wurden die Flächenanteile der BFF im Talgebiet sowie die Anteile an Qualitätsflächen (QII) sowie vernetzten Flächen festgelegt.

Diese Etappenziele wurden 2017 erreicht.

Zielwert & Begründung

Etappenziel für 2025 ist, dass die ALLEMA-Daten im 2. Erhebungszyklus (2020/2024) eine gegenüber dem 1. Zyklus (2015/2019) erhöhte Biodiversität auf den BFF aufweist.

Der Zustand der Biodiversität auf Die UZL im Bereich den restlichen landder Biodiversität wirtschaftlich genutzwurden bisher jedoch ten Flächen soll auf allen drei Zielebe- gegenüber dem nen nicht vollständig 1. Erhebungszyklus erreicht.1 mindestens stabil bleiben; aufgrund des Bestehende Daten derzeitigen negativen zeigen, dass die in der EntBiodiversität auch in Trends wicklung bedeutet der Landwirtschaft zurückgeht (negativer dies eine Trendumkehr. In einer nächsTrend).

ten Etappe wird eine klare Steigerung der Biodiversität angestrebt.

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

Verbesserung der ­ Die biologischen Da die erste Erfassung 2018 erfolgt, kann die Gewässerqualität Indikatoren zeigen, ob gewünschte Verbesserung noch nicht quantiwird mit die Reduktion der tativ angegeben werden.

stofflichen Belastungen ­ der Verbessedie Lebensbedingunrung des biologen von Wasserlebegischen Zuwesen tatsächlich verstandes der bessern.

Gewässer Einschränkungen: ­ Die Zahl der Messstellen ist beschränkt.

­ Bei einer sehr schlechten Ökomorphologie des Baches kann der SpearPesticide-Index schlecht sein, obwohl die stoffliche Belastung durch PSM gering ist.

­ der Reduktion ­ Der Indikator StickReduktion der Einträder Stickstoffestoff-einträge in die ge zwischen 1985 und inträge in die Gewässer misst eine 2010 um 25 %.

Gewässer gezentrale Grösse.

messen wer­ Die Reduktion trägt den.

zum Umweltziel Landwirtschaft (Einträge um 50 % gegenüber 1985 senken), bei.

Die Reduktion der NVerluste und der AmmoniakEmissionen um 10 % soll sich entsprechend in den Gewässern durch reduzierte Einträge zeigen.

­ Es werden die globalen Einträge der Landwirtschaft erfasst.

­ Agroscope entwickelt das Modell und rechnet bereits damit.

Einschränkungen: ­ Keine jährlichen Daten.

­ Es werden keine Messwerte erfasst, sondern kalkuliert.

­ Der Indikator berechnet modellbasiert die Auswirkungen.

4209

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

­ Risiken der PSM für die Wasserorganismen

­ Berücksichtigt alle in der Landwirtschaft eingesetzten PSM

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

Ziel gemäss Aktionsplan PSM

­ Indikator ist noch nicht fertig entwickelt

Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion Jährlicher Flächenverlust an Landwirtschaftlicher Nutzfläche LN

4210

­ Die LN und die Verän- Die Abnahme der LN derung zum Vorjahr ist starken jährlichen wird jährlich publiziert. Schwankungen unterworfen. Sie ­ Gutes Abbild der bewegten sich in den bewirtschafteten Kul- letzten 20 Jahren turflächen der Ganzzwischen unter minus jahresbetriebe.

4000 ha und über plus 2500 ha. Eine LN­ Mit der zunehmenden Zunahme war mögErfassung der Bewirtweil aufgrund schaftungsflächen mit lich, der Direktzahlungen geografischen Informa- mehr Wiesen und tionssystemen werden Weiden in Grenzlagen die statischen Werte im Vollzug erfasst für die effektiv bewirt- wurden.

schafteten Kulturflächen zuverlässiger.

Der jährliche Rückgang betrug Einschränkungen: 1997/2017 im Durchschnitt knapp 1500 ha.

­ Keine vollständige Erfassung des Kultur- Von 2014 bis 2018 betrug er 865 ha. Ein landes wegen Ausnahmen nach Art. 16 Grund für die VerLBV (Bauzone, etc.) langsamung ist die AP 14­17. Seither wurden ­ Die Gründe für den signifikant mehr Rückgang der LN wie Weiden aufgrund wachsende Siedlungs- höherer Beiträge fläche, Waldeinwuchs angemeldet.

oder anderer Umnutzungen werden nicht erfasst.

LN: Rückgang pro Jahr < 800 ha Die agrarpolitischen Massnahmen sollen dazu beitragen, dass der jährliche Rückgang der LN über mehrere Jahre höchstens 800 ha beträgt.

Bei der Beurteilung der Flächenverluste ist periodisch die Arealstatistik beizuziehen.

Die agrarpolitischen Massnahmen können in erster Linie den Waldeinwuchs bremsen.

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Bisherige Entwicklung

Erhaltung der Offenen Ackerfläche (OA): Anteil an der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN).

Indikator wird jährlich im Von 1996 bis 2011 ist Vollzug erfasst und der Anteil der OA an publiziert.

der LN von 28 % auf 26 % gesunken.

­ Die OA ist eine wich- Seither hat er sich bei tige Voraussetzung für etwas über 26 % einen vielfältigen eingependelt.

Ackerbau und eine gewisse Selbstversorgung.

­ Der Selbstversorgungsgrad ist umso höher, je mehr Ackerfrüchte ohne tierische Veredelung in die Lebensmittelproduktion einfliessen.

Zielwert & Begründung

Anteil OA/LN > 26 % Der Anteil der OA an der LN soll nicht weiter sinken. Auf dieser Fläche werden hauptsächlich Kulturen zur direkten menschlichen Ernährung angebaut.

Einschränkungen: ­ Ein Anstieg des Ackerfutterbaus auf Kosten der Ackerkulturen zur menschlichen Ernährung wird mit dem Indikator nicht erfasst.

­ Der Indikator gibt keine Informationen über Veränderungen oder die Auslastung bei den Verarbeitungskapazitäten für die Ackerprodukte (Mühlen, Ölwerke, Zuckerfabriken) Die Bewirtschaf- ­ Der Indikator wird im Die Bestossung der tung der SömmeDirektzahlungssystem Alpen lag seit 2000 rungsflächen soll jährlich erfasst und pu- leicht unter 300 000 durch eine genübliziert.

Normalstössen. Seit gende Bestossung der Einführung der der Alpen mit Rau- ­ Alle Tierarten werden AP 14­17 ist die zu Normalstössen ag- Bestossung bis 2015 futterverzehrer gregiert und geben ein auf 305 000 Normalsichergestellt gutes Mass für die werden. Die Tiere stösse angestiegen Nutzung der Alpwei- und seither auf diesem werden mittels den mit Raufutterver- Niveau geblieben.

Normalstössen zehrer.

gemessen.

Einschränkungen: ­ Der Indikator zeigt keine regionale Verteilung im Sömmerungsgebiet nach Tierarten.

Normalstösse > 290 000 Insbesondere auf schlecht erschlossenen Alpen soll ein minimaler Viehbesatz mit den Kulturlandschaftsbeiträgen erreicht werden.

Deshalb wird ein unterer Wert 290 000 Normalstössen angestrebt. Bei der Beurteilung der Zielerreichung ist auch die regionale Verteilung der Sömmerungstiere einzubeziehen.

4211

BBl 2020

Beschreibung

Bewertung

Bisherige Entwicklung

Zielwert & Begründung

Lokale Über- oder Unterbestossungen der Alpen werden nicht aufgezeigt.

1

BAFU und BLW 2016: Umweltziele Landwirtschaft. Statusbericht 2016. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Wissen Nr. 1633 (S. 114)

4212