20.058 Botschaft zum Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz) vom 12. August 2020

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zum Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz).

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. August 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Das dringliche Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz) schafft die rechtlichen Grundlagen (Delegationsnormen), damit der Bundesrat diejenigen notverordnungsrechtlich beschlossenen Massnahmen aufrechterhalten kann, die für die Bewältigung der Covid-19-Epidemie weiterhin erforderlich sind.

Ausgangslage Angesichts der Covid-19-Epidemie hat der Bundesrat seit dem 13. März 2020 verschiedene Verordnungen zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie erlassen. Diese stützen sich in erster Linie auf das Epidemiengesetzes oder auf Artikel 185 Absatz 3 der Bundesverfassung (BV). Soweit sie sich auf letztere Bestimmung stützen, muss der Bundesrat nach Artikel 7d Absatz 2 Buchstabe a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes innert sechs Monaten nach Inkrafttreten einen Entwurf einer gesetzlichen Grundlage für den Inhalt der Verordnung oder einen Entwurf einer Verordnung der Bundesversammlung unterbreiten, welche die Verordnung des Bundesrates ersetzt. Andernfalls treten die vom Bundesrat erlassenen Verordnungen sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten ausser Kraft. Mit Beschlüssen vom 8. April 2020 und vom 29. April 2020 hat der Bundesrat daher die Bundeskanzlei und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage für ein befristetes dringliches Bundesgesetz auszuarbeiten. Am 19. Juni 2020 hat der Bundesrat dazu das Vernehmlassungsverfahren eröffnet. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 10. Juli 2020. Mit dem Covid-19-Gesetz soll die Grundlage dafür geschaffen werden, dass der Bundesrat die bereits in verfassungsunmittelbaren Verordnungen (Art. 185 Abs. 3 BV) beschlossenen Massnahmen fortführen kann, die für die Bewältigung der Covid-19-Epidemie weiterhin nötig sind. Das bisherige Massnahmenpaket des Bundesrates soll für die voraussichtliche Dauer der Epidemie mit einer formal-gesetzlichen Grundlage stärker demokratisch legitimiert werden.

Inhalt der Vorlage Der Bundesrat überarbeitete den Vorentwurf anschliessend an die Vernehmlassung.

Er nahm den generellen und verbindlichen Einbezug der Kantone auf und redigierte die Bestimmungen über die Massnahmen zur Gesundheitsversorgung, des Arbeitnehmerschutzes und für Kultur vollständig. So umfasst der Gesetzesentwurf
nun gesamthaft 14 Artikel: Artikel 1 normiert den Regelungsgegenstand (die Befugnisse des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie [Abs. 1]) und die Grundsätze, wonach der Bundesrat den Gebrauch der Befugnisse auf das Notwendige beschränkt (Abs. 2) und die Kantone in die Erarbeitung von Massnahmen einbezieht, die ihre Zuständigkeit betreffen (Abs. 3). Die anschliessenden neun Artikel regeln die Sachgebiete, in denen dem Bundesrat besondere Befugnisse eingeräumt werden sollen: Massnahmen zur Gesundheitsversorgung (Art. 2) und zum Arbeitnehmerschutz (Art. 3), Massnahmen im Ausländer- und Asylbereich (Art. 4), justizielle und verfahrensrechtliche Massnahmen (Art. 5), gesellschaftsrechtliche Mass-

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nahmen (Art. 6), insolvenzrechtliche Massnahmen (Art. 7), Massnahmen im Kulturbereich (Art. 8) und im Medienbereich (Art. 9) sowie Massnahmen auf den Gebieten des Erwerbsausfalls (Art. 10) und der Arbeitslosenversicherung (Art. 11). Die Strafbestimmungen (Art. 12) betreffen nur Massnahmen, die der Bundesrat gestützt auf Artikel 2 oder 3 erlassen würde. Für allfällig erforderlich werdende, zusätzliche Vollzugsbestimmungen verankert Artikel 13 eine entsprechende Regelungsbefugnis des Bundesrates. Schliesslich soll in Artikel 14 die Geltungsdauer des Covid-19Gesetzes bis Ende 2021 befristet werden. Eine Geltung bis Ende 2022 ist bloss für die Artikel 1 (Gegenstand und Grundsätze) und 11 Buchstaben a­c (Arbeitslosenversicherung) vorgesehen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Ausgangslage und Grundzüge der Vorlage 1.1 Covid-19-Epidemie 1.2 Handlungsbedarf und Ziele 1.3 Koordination der Vorlage mit der Rückkehr zur besonderen Lage nach Artikel 6 EpG 1.4 Die beantragte Regelung 1.5 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 1.6 Umsetzung

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Vernehmlassungsverfahren 2.1 Vernehmlassungsvorlage 2.2 Ergebnisse der Vernehmlassung 2.3 Würdigung des Ergebnisses des Vernehmlassungsverfahrens 2.3.1 Einbezug der Kantone und weiterer interessierter Kreise 2.3.2 Gesundheitsversorgung und Arbeitnehmerschutz 2.3.3 Ausländer- und Asylbereich 2.3.4 Justizbereich sowie betreffend Gesellschaftsversammlungen und Insolvenzrecht 2.3.5 Kulturbereich 2.3.6 Medienbereich 2.3.7 Erwerbsausfallsentschädigung 2.3.8 Bereich der Arbeitslosenversicherung 2.3.9 Strafbestimmungen 2.3.10 Vollzug des Covid-19-Gesetzes und Geltungsdauer 2.3.11 Politische Rechte 2.3.12 Familienergänzende Kinderbetreuung

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Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

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Auswirkungen 4.1 Auswirkungen auf den Bund 4.1.1 Finanzielle Auswirkungen 4.1.2 Personelle Auswirkungen 4.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 4.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 4.4 Auswirkungen auf weitere Bereiche

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Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz) (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage und Grundzüge der Vorlage

1.1

Covid-19-Epidemie

Ende Dezember 2019 wurde aus Wuhan (Provinz Hubei, China) eine Häufung von Lungenentzündungen unbekannter Ursache gemeldet. Als verantwortlicher Erreger wurde ein neuartiges Coronavirus (Sars-CoV-2) identifiziert. Die vom Virus verursachte Krankheit Covid-191 hat sich schliesslich weltweit ausgebreitet und wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11. März 2020 zur Pandemie erklärt.

Der erste bestätigte Covid-19-Fall in der Schweiz wurde am 25. Februar 2020 registriert. Es folgte eine schnelle Ausbreitung auf alle Landesteile mit einer raschen Zunahme von Erkrankungs- und Todesfällen. Der Bundesrat hat in der Folge eine Reihe von Massnahmen ergriffen, die der Gesetzgeber in Artikel 6 des Epidemiengesetzes vom 28. September 20122 (EpG) für die sogenannte «besondere Lage» vorgesehen hat. Auf das Verbot von Veranstaltungen mit über 1000 Personen in der Verordnung vom 28. Februar 20203 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) folgten am 13. März 2020 in der COVID-19Verordnung 2 vom 13. März 20204 das Verbot von Veranstaltungen mit über 100 Personen und die Schliessung der Schulen, eine Meldepflicht im Bereich der Gesundheitsversorgung sowie Massnahmen an der Grenze. Ausser den Massnahmen an den Grenzen, die sich auf die Artikel 184 Absatz 3 und 185 Absatz 3 der Bundesverfassung (BV)5 abstützen, wurden die anderen Massnahmen in dieser ersten Phase auf Artikel 6 Absatz 2 EpG abgestützt.

Am 16. März 20206 erklärte der Bundesrat die «ausserordentliche Lage» nach Artikel 7 EpG und beschloss eine weitere Verschärfung der Massnahmen (allgemeines Veranstaltungsverbot, Schliessung aller Läden mit Ausnahmen des Verkaufs von Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs) sowie weitere einschränkende Bestimmungen. Zudem erfolgte die generelle Empfehlung beispielsweise zur strikten Einhaltung der «Social Distancing»-Massnahmen. Am 20. März 20207 verbot der Bundesrat schliesslich Ansammlungen von mehr als fünf Personen. Mit den getroffenen Massnahmen sollten eine rasche Ausbreitung der Krankheit verhindert, 1

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Anfänglich wurde die Schreibung «COVID» mit lauter Grossbuchstaben von der internationalen Diskussion übernommen. Sie widerspricht jedoch den Schreibweisungen der Bundeskanzlei für das Deutsche und ist auch in den deutschsprachigen Medien eher unüblich. Die Bundeskanzlei hat deshalb Mitte April für das Deutsche zur Schreibung «Covid» gewechselt. Diese wird hier verwendet, sofern nicht die frühen Covid-Verordnungen zitiert werden, die noch die Schreibung mit Grossbuchstaben kennen.

SR 818.101 AS 2020 573 AS 2020 773 783 841 863 867 1059 1065 1101 1131 1137 1155 1199 1245 1249 1333 1401 1501 1505 1585 1751 1815 1823 1835 2097 2099 2213 Art. 14 Ziff. 2 SR 101 AS 2020 783 AS 2020 863

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besonders gefährdete Personen vor einer Infektion geschützt und das Gesundheitssystem vor einer Überlastung bewahrt werden. Gestützt auf Artikel 185 Absatz 3 BV und ­ wo verfügbar ­ auf spezialgesetzliche Ermächtigungen ordnete der Bundesrat weitere Massnahmen in verschiedenen separaten Verordnungen an. Die COVID-19Verordnung 2 wurde in sehr rascher Folge ergänzt und den epidemiologischen Entwicklungen angepasst. Diese Verordnungen waren oder sind zeitlich befristet.

Da die Zahlen der Neuinfektionen, der Hospitalisierungen wie auch der Todesfälle ab Anfang April 2020 rückläufig waren und in den Spitälern ausreichend Kapazitäten zur Behandlung von Covid-19-Patientinnen und -Patienten vorhanden waren, beschloss der Bundesrat am 16. April 2020 eine etappenweise Lockerung der Massnahmen ab Ende April 2020. Die Lockerungen sollten durch geeignete Schutzkonzepte und Begleitmassnahmen umgesetzt werden. Ziel war es, von der sogenannten Mitigationsphase möglichst rasch in die sogenannte Containmentphase wechseln zu können, in der durch die konsequente Nachverfolgung von Infektionsketten, gezieltem Contact-Tracing, Isolation und Quarantäne eine Kontrolle der Ausbreitung auch langfristig möglich wird. Die Massnahmen des sogenannten Transitionsschritts 1a (Öffnung von Betrieben mit personenbezogenen Dienstleistungen und von Bau- und Gartenfachmärkten, Lockerung der Massnahmen bei Beerdigungen und im ambulanten und stationären medizinischen Bereich) wurden vom Bundesrat am 16.8 beziehungsweise 22. April 20209 beschlossen und traten am 27. April 2020 in Kraft.

Die am 29. April 202010 beschlossenen Massnahmen des Transitionsschritts 1b (Wiedereinführung des Präsenzunterrichts in den obligatorischen Schulen, des Präsenzunterrichts in Gruppen bis zu fünf Personen in den weiterführenden Schulen und übrigen Ausbildungsstätten, Öffnung der Einkaufsläden und Märkte, Öffnung von Museen, Bibliotheken und Archiven sowie Wiederaufnahme des Sportbetriebs ohne Wettkämpfe und Massnahmenlockerungen für die Restaurationsbetriebe) wurden ab dem 11. Mai 2020 umgesetzt.

Am 27. Mai 2020 fällte der Bundesrat den Grundsatzentscheid zur Rückkehr von der ausserordentlichen Lage nach Artikel 7 EpG zur besonderen Lage nach Artikel 6 EpG. Mit der Rückkehr von der ausserordentlichen Lage in die besondere Lage hob der Bundesrat die
COVID-19-Verordnung 2 per 22. Juni 2020 auf. Die weiterhin notwendigen Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie überführte er in vereinfachter und reduzierter Weise in die Covid-19-Verordnung besondere Lage vom 19. Juni 202011. Diejenigen Massnahmen, die über keine Grundlage im EpG oder in anderen Bundesgesetzen verfügen, sind neu in der Covid-19-Verordnung 3 vom 19. Juni 202012 enthalten; diese Verordnung stützt sich auf Artikel 185 Absatz 3 BV. Mit der Rückkehr in die besondere Lage geht die Verantwortung für die Bekämpfung der Covid-19-Epidemie wieder in die Verantwortung der Kantone über, wie es ­ Einzelbereiche vorbehalten ­ das geltende EpG vorsieht. Die Kantone haben dabei aufgrund des Grundsatzes des Vorrangs des Bundesrechts gegenüber kantonalem Recht (derogatorische Kraft des Bundesrechts) die einschlägigen bun8 9 10 11 12

AS 2020 1249 AS 2020 1333 AS 2020 1401 SR 818.101.26 SR 818.101.24

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desgesetzlichen Vorgaben, namentlich der oben genannten beiden Verordnungen, zu beachten.

Der Bundesrat hat am 8. April 2020 beschlossen, dass zu sämtlichen Covid-19Verordnungen Erläuterungen zu publizieren sind. In seiner Erklärung vom 4. Mai 2020 im Nationalrat und im Ständerat anlässlich der ausserordentlichen Session der eidgenössischen Räte hat er unter anderem angekündigt, dass er dem Parlament jeweils vor der Session über die Ausübung der bundesrätlichen Notrechtskompetenzen Bericht erstattet. Der Bundesrat hat dem Parlament einen entsprechenden Bericht auf die Sommersession 2020 hin unterbreitet;13 für die Herbstsession 2020 erfolgt die Berichterstattung mit der vorliegenden Botschaft. Zudem hat die Bundespräsidentin bei der Eröffnung der ausserordentlichen Session erklärt, der Bundesrat plane, dem Parlament ­ wo dies noch notwendig erscheint ­ bis spätestens am 11. September 2020 eine Botschaft zur Überprüfung der Notverordnungen zu unterbreiten.14

1.2

Handlungsbedarf und Ziele

Der Bundesrat hat ­ wie erwähnt ­ seit dem 28. Februar 2020 verschiedene Verordnungen zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie erlassen. Die COVID-19Verordnung 2 stützte sich ab dem 16. März 2020 auf Artikel 7 EpG, der voraussetzt, dass eine ausserordentliche Lage im Sinne des EpG vorliegt. Ihre Geltungsdauer wäre sechs Monate nach dem Inkrafttreten und damit am 12. September 2020 ausgelaufen.15 Aufgrund der Rückkehr zur besonderen Lage nach Artikel 6 EpG hob sie der Bundesrat aber bereits am 22. Juni 2020 auf und verabschiedete die Covid-19Verordnung 3. Andere Verordnungen stützen sich auf Artikel 185 Absatz 3 BV.

Diese Verordnungen sind von Verfassungs wegen zu befristen. Zusätzlich wurden weitere ­ ebenfalls befristete ­ Verordnungen auf bestehende spezialgesetzliche Ermächtigungen abgestützt. Folgende Beispiele seien erwähnt: Die COVID-19Verordnung Landwirtschaft vom 1. April 202016 stützt sich auf bereits bestehende Rechtsgrundlagen des Landwirtschaftsgesetzes vom 29. April 199817; die im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie stehende Änderung vom 16. April 202018 13

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Bericht des Bundesrates vom 27. Mai 2020 über die Ausübung seiner Notrechtskompetenzen und die Umsetzung überwiesener Kommissionsmotionen seit Beginn der Coronakrise, abrufbar unter: www.bk.admin.ch > Dokumentation > Gesetzgebung > Bericht Ausübung Notrechtskompetenzen.

AB 2020 N 377 und AB 2020 S 177. Vgl. auch Bericht des Bundesrates vom 27. Mai 2020 über die Ausübung seiner Notrechtskompetenzen und die Umsetzung überwiesener Kommissionsmotionen seit Beginn der Coronakrise.

Genau genommen läuft die Frist am 13. Sept. 2020 um 15.30 Uhr ab. In der Lehre wurde postuliert, dass es rechtlich nicht zulässig wäre, dass der Bundesrat die Frist von sechs Monaten voll ausschöpfen würde; vgl. dazu Florian Brunner / Martin Wilhelm / Felix Uhlmann, Das Coronavirus und die Grenzen des Notrechts ­ Überlegungen zu einer ausserordentlichen ausserordentlichen Lage, Aktuelle juristische Praxis (AJP) 2020 S. 685 ff., S. 700. Für diese Auffassung gibt es allerdings in der Entstehungsgeschichte von Art. 7d RVOG keine Hinweise.

AS 2020 1141 SR 910.1 AS 2020 1243

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der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung vom 16. Dezember 201619 stützt sich auf die Delegationsbestimmung in Artikel 18 Absatz 4 Buchstabe b des Lebensmittelgesetzes vom 20. Juni 201420; die Verordnung vom 20. März 202021 über den befristeten Verzicht auf Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung von Steuern, Lenkungsabgaben und Zollabgaben sowie Verzicht auf die Darlehensrückerstattung durch die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit basiert auf spezialgesetzlichen Grundlagen; die Massnahmen der Covid-19-Verordnung schweizerische Maturitätsprüfung vom 13. Mai 202022 wurden ebenfalls auf spezialgesetzliche Grundlagen abgestützt. Solche Verordnungen oder Änderungen von bestehenden Verordnungen kann der Bundesrat im Rahmen der ihm in diesen Gesetzen eingeräumten Rechtsetzungsbefugnisse erlassen, ohne dass sie zwingend zu befristen wären. Für solche Verordnungen besteht kein Bedarf an der Schaffung einer formell-gesetzlichen Grundlage, weshalb sie in dieser Vorlage nicht behandelt werden.

Für die Abgrenzung von Verordnungen, die gestützt auf Artikel 7 EpG erlassen wurden, und solchen, die verfassungsunmittelbar gestützt auf Artikel 185 Absatz 3 BV erlassen wurden, hat sich der Bundesrat von folgenden Kriterien leiten lassen: ­

Alle Massnahmen, die weitgehend direkt unter epidemiologischem Gesichtspunkt als Massnahme nach dem EpG zur Verminderung der Verbreitung des Coronavirus (Covid-19) beziehungsweise zum Erhalt der medizinischen Kapazitäten zur Bewältigung der Epidemie zu rechtfertigen sind («Primärmassnahmen»), wurden ausschliesslich gestützt auf Artikel 7 EpG erlassen und in die COVID-19-Verordnung 2 integriert.

­

Massnahmen zur Bewältigung von Folgeproblemen, die sich erst durch die Ergreifung der Massnahmen nach dem EpG («Primärmassnahmen») ergeben, wurden in separaten Verordnungen erlassen. Solche «Sekundärmassnahmen» in der Form bundesrätlichen Verordnungsrechts stützen sich soweit möglich auf formell-gesetzliche Delegationsnormen und gesetzliche Aufträge an den Bundesrat zum Erlass von Ausführungsbestimmungen. Wo solche nicht bestehen oder nicht ausreichen, stützt sich die bundesrätliche Verordnungskompetenz auf Artikel 185 Absatz 3 BV, wenn die entsprechenden verfassungsrechtlichen Voraussetzungen (insbesondere jene der zeitlichen und sachlichen Dringlichkeit) erfüllt sind.

Das unmittelbar auf die BV gestützte Handeln des Bundesrates, das insbesondere für die «Sekundärmassnahmen» eingesetzt wurde, geriet mit dem Andauern der Krise und dem wachsenden Volumen von Notrechtserlassen zunehmend in die Kritik von

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SR 817.02 SR 817.0 SR 641.207.2 SR 413.17

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Wissenschaft23 und Medien sowie von einzelnen Mitgliedern der eidgenössischen Räte. Es wurde die Frage gestellt, ob die öffentliche Ordnung beziehungsweise die innere oder äussere Sicherheit tatsächlich noch in einem Masse bedroht seien, dass bundesrätliches Verordnungsrecht erforderlich ist. Die BV setzt zudem voraus, dass ein Aufschub und insbesondere das Abwarten bis zur Schaffung von Rechtsgrundlagen im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (inkl. Gesetzgebung bei Dringlichkeit nach Art. 165 BV und parlamentarischen Verfahrensbeschleunigungen z. B. im Sinne von Art. 85 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dez. 2002 24 [ParlG]) nicht möglich ist. Die verfassungsrechtliche Voraussetzung der zeitlichen Dringlichkeit ist nach Meinung des Bundesrates nur noch in Ausnahmefällen erfüllt, weil das Parlament handlungsfähig ist und auch dringlich zu handeln bereit ist.25 Einzelne verfassungsunmittelbare Verordnungen waren bewusst für eine kurze Geltungsdauer konzipiert und traten nach deren Ablauf ohne Weiteres ausser Kraft; eine Verlängerung oder Erneuerung hat sich bis heute als nicht erforderlich erwiesen. Dies war beispielsweise bei der Verordnung vom 20. März 202026 über den Fristenstillstand bei eidgenössischen Volksbegehren der Fall. Einige Verordnungen sind zurzeit noch in Kraft, müssen aber nach Ablauf ihrer Geltungsdauer nicht verlängert werden, weil sie sich auf ein bestimmtes Ereignis oder Zeitfenster beziehen (z. B. COVID-19-Verordnung gymnasiale Maturitätsprüfungen vom 29. April 202027 oder Covid-19-Verordnung familienergänzende Kinderbetreuung vom 20. Mai 202028).

Für die übrigen Verordnungen stellt ihre Befristung indessen ein tatsächliches und rechtliches Problem dar, und zwar aus folgenden Gründen:

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­

Erstens ist es vorstellbar, dass die angeordneten Massnahmen ab Herbst in ihrer bisherigen Ausgestaltung oder mit allfälligen Anpassungen tatsächlich weiterhin erforderlich sind. Ob dies der Fall ist, hängt im Wesentlichen von der effektiven Entwicklung der Epidemie und dem Regelungsbedürfnis in den jeweiligen Sachgebieten ab.

­

Soll der Regelungsgehalt von Verordnungen länger gelten, muss dieser zweitens auf eine neue Rechtsgrundlage gestützt werden. Verordnungen, die der Bundesrat unmittelbar gestützt auf seine verfassungsrechtlichen BefugVgl. u.a. Florian Brunner / Martin Wilhelm / Felix Uhlmann, Das Coronavirus und die Grenzen des Notrechts ­ Überlegungen zu einer ausserordentlichen ausserordentlichen Lage, AJP 2020 S. 685 ff.; Stefan Höfler, Notrecht als Krisenkommunikation?, AJP 2020/6, S. 702­709; Giovanni Biaggini, «Notrecht» in Zeiten des Coronavirus ­ Eine Kritik der jüngsten Praxis des Bundesrats zu Art. 185 Abs. 3 BV, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht (ZBl), 2020/5, S. 239­267 sowie Der coronavirusbedingte Fristenstillstand bei eidgenössischen Volksbegehren ­ eine Fallstudie zur Tragfähigkeit von Art. 185 Abs. 3 BV, ZBl 2020/5, S. 277­288; Andreas Kley, «Ausserordentliche Situationen verlangen nach ausserordentlichen Lösungen.», ZBl 2020/5, S. 268­276; Andreas Zünd/Christoph Errass, Pandemie ­ Justiz ­ Menschenrechte, Zeitschrift für Schweizerisches Recht 2020 (ZSR; Sondernummer), S. 69­92.

SR 171.10 Vgl. dazu Botschaft des Bundesrates vom 29. April 2020 zu einer dringlichen Änderung des Luftfahrtgesetzes angesichts der COVID-19-Krise, BBl 2020 3667.

AS 2020 847 AS 2020 1399 AS 2020 1753

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nisse zur Wahrung der inneren und äusseren Sicherheit erlässt, sind zu befristen (Art. 185 Abs. 3 zweiter Satz BV). Gemäss Artikel 7d Absatz 2 Buchstabe a Ziffer 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199729 (RVOG) treten solche Verordnungen nach sechs Monaten ausser Kraft, wenn der Bundesrat bis dahin der Bundesversammlung keinen Entwurf einer gesetzlichen Grundlage für den Inhalt der Verordnung unterbreitet. Sobald der Bundesrat fristgerecht den entsprechenden Entwurf verabschiedet, darf er auch die Geltungsdauer der bisherigen verfassungsunmittelbaren Verordnungen verlängern. Bis dahin ist es ihm zudem unbenommen, inhaltliche Änderungen vorzunehmen und einzelne Teile vorzeitig ausser Kraft zu setzen ­ wie er es im Rahmen der verschiedenen Transitionsschritte getan hat. Ebenfalls ausser Kraft treten die Verordnungen dagegen bei Ablehnung des Gesetzesentwurfs durch die Bundesversammlung (Art. 7d RVOG Abs. 2 Bst. b RVOG).

Am 8. April 2020 hat der Bundesrat beschlossen, dem Parlament den Erlass eines dringlichen Bundesgesetzes zu beantragen. Damit sollen die bisher vom Bundesrat erlassenen und im Zeitpunkt der Verabschiedung dieser Botschaft voraussichtlich noch in Kraft stehenden Massnahmen durch einen Parlamentsentscheid legitimiert werden, wie Artikel 7d Absatz 2 Buchstabe a Ziffer 1 RVOG dies vorsieht. Verabschiedet der Bundesrat die Botschaft zuhanden des Parlaments, so kann er gleichzeitig die Geltungsdauer seiner Notverordnungen verlängern, soweit sich dies als erforderlich erweist. Er kann die Notverordnungen auch nach der Verabschiedung der Botschaft anpassen und ergänzen, wenn es die Lage erfordert. Kann einer nach diesem Zeitpunkt neuen Situation (z. B. bei einer «zweiten Welle» der Epidemie) nicht anders als durch bundesrätliches Verordnungsrecht begegnet werden, ist ein erneutes, auf Artikel 185 Absatz 3 BV gestütztes Tätigwerden des Bundesrates rechtlich möglich, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.

1.3

Koordination der Vorlage mit der Rückkehr zur besonderen Lage nach Artikel 6 EpG

Am 19. Juni 2020 hat der Bundesrat die Rückkehr von der ausserordentlichen Lage nach Artikel 7 EpG zur besonderen Lage nach Artikel 6 EpG beschlossen. Gleichzeitig wurde die Überführung der in der COVID-19-Verordnung 2 festgelegten Massnahmen in zwei neue Verordnungen beschlossen.

­

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Einerseits wurden gestützt auf Artikel 6 EpG die epidemiologischen Kernmassnahmen gegenüber der Bevölkerung, Organisationen und Institution in der neuen Covid-19-Verordnung besondere Lage zusammengefasst. Die Kernmassnahmen in dieser Verordnung umfassen überarbeitete und namentlich weniger weitgehende Massnahmen gegenüber der Bevölkerung, Organisationen und Institutionen sowie Meldepflichten im Bereich der Gesundheitsversorgung, beispielsweise die Auslastung der Spitalbetten. Die Verordnung ermöglicht auch einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der SR 172.010

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Aufhebung bestehender oder beim Erlass allfälliger neuer Massnahmen.

Ebenso ist es den Kantonen möglich, abhängig von der epidemiologischen Situation und der Praktikabilität des Contact-Tracings zusätzliche Massnahmen einzuführen.

­

Andererseits wurden mit einer neuen auf Artikel 185 Absatz 3 BV gestützten Verordnung die Grundlagen für die übrigen Massnahmen geschaffen, die noch erforderlich sind und zuvor auf Artikel 7 EpG abgestützt werden konnten. Es handelt sich dabei um die Covid-19-Verordnung 3.

Der vorliegende Gesetzesentwurf versteht sich als Sammelgefäss, mit dem die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, damit der Bundesrat alle seine bereits getroffenen und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des mit der vorliegenden Botschaft beantragten Gesetzes nicht bereits wieder aufgehobenen Massnahmen fortführen kann. Zu diesen Massnahmen gehören die vormals auf Artikel 7 EpG und aktuell auf Artikel 185 Absatz 3 BV abgestützten Massnahmen sowie die Massnahmen, die in separaten verfassungsunmittelbaren Verordnungen geregelt wurden und für die sich eine längere Geltungsdauer als notwendig erweist. 30 Wurde in einem Sachgebiet indessen ein besonderer Regelungsumfang identifiziert, für den zudem verschiedene politische Handlungsalternativen existieren, so hat sich der Bundesrat für diesen Bereich entschlossen, den Räten eine separate Gesetzesvorlage zu unterbreiten. Dies ist insbesondere bei der COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung vom 25. März 202031 der Fall. Diese Verordnung stützt sich auf Artikel 185 Absatz 3 BV und ist seit dem 26. März 2020 in Kraft; sie gilt für längstens sechs Monaten ab Inkrafttreten. Es wurde beschlossen, dass für diese Verordnung ein separates Gesetz ausgearbeitet wird, das idealerweise im ersten Quartal 2021 in Kraft treten soll.

1.4

Die beantragte Regelung

Der Bundesrat hat am 29. April 2020 die Ausarbeitung einer Vernehmlassungsvorlage für ein dringliches und befristetes Bundesgesetz beschlossen. Dieses Gesetz «soll die erforderlichen inhaltlichen Festlegungen und die notwendigen Delegationsgrundlagen für die vom Bundesrat in verfassungsunmittelbaren Verordnungen und in der COVID-19-Verordnung 2 geregelten Massnahmen enthalten, sofern diese länger als 6 Monate gelten sollen». Diesem Beschluss ging eine Aussprache im Bundesrat voraus, in der alternative Modelle ­ Mantelerlass mit Änderungen in bestehenden Gesetzen, mehrere Einzelvorlagen ­ diskutiert und schliesslich verworfen wurden. Aufgrund der Tatsache, dass die COVID-19-Verordnung 2 am 13. März 2020 in Kraft getreten ist, mithin die Sechsmonatsfrist nach Artikel 7d RVOG ­ auch für die Nachfolgeverordnung, die Covid-19-Verordnung 3 ­ am

30

31

Der Gesetzesentwurf umfasst keine Bestimmungen betreffend die Ausfuhrkontrolle für Schutzausrüstungen und Heilmittel, wie sie in Art. 4b und 4c der COVID-19-Verordnung 2 enthalten waren. Für den Fall, dass solche Massnahmen künftig erneut eingeführt werden müssten, wäre eine Abstützung auf andere, bestehende Rechtsgrundlagen oder nötigenfalls auf die BV zu prüfen.

SR 951.261

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13. September 2020 ablaufen wird, hatte der Bundesrat beschlossen, die Botschaft dem Parlament spätestens am 2. September 2020 zu unterbreiten.

Anfang Mai 2020 hat das Bundesamt für Justiz (BJ) bei den Generalsekretariaten und allen direkt oder indirekt interessierten Bundesstellen eine Umfrage durchgeführt. Damit sollte ermittelt werden, für welche aktuell geltenden Verordnungsregelungen, deren Geltungsdauer sechs Monate überdauern sollte, gesetzliche Grundlagen zu schaffen sind, welche die verfassungsunmittelbare Grundlage substituieren sollen. Die Umfrage hat ergeben, dass für epidemiologische, justizielle, verfahrensrechtliche und insolvenzrechtliche Massnahmen, für Massnahmen im Ausländerund Asylbereich, im Kulturbereich und im Arbeitslosenversicherungsbereich eine entsprechende befristete gesetzliche Grundlage zu schaffen ist. Die betroffenen Bundesstellen wurden eingeladen, die für ihre Bereiche notwendigen gesetzlichen Regelungen zu entwickeln, die im vorliegenden Entwurf zusammengefasst sind.

Für die epidemiologischen Massnahmen wird eine Regelung vorgeschlagen, die dem Bundesrat erlaubt, all jene Massnahmen fortzuführen, die er gestützt auf Artikel 7 EpG getroffen hat, für die ihm aber eine gesetzliche Ermächtigung vom Zeitpunkt an fehlt, in dem er epidemienrechtlich die ausserordentliche Lage für beendet erklärt hat und zur besonderen Lage zurückkehrt ist. Diese Massnahmen bilden seit dem 19. Juni 2020 Gegenstand der Nachfolgeverordnung, der Covid-19-Verordnung 3, die sich direkt auf Artikel 185 Absatz 3 BV abstützt.

Kein Bedarf nach einer besonderen gesetzlichen Grundlage und somit nicht Gegenstand der beantragten Regelung bilden demgegenüber diejenigen epidemiologischen Massnahmen, die der Bundesrat gestützt auf Artikel 6 EpG in einer besonderen Lage nach Anhörung der Kantone anordnen kann. In einer besonderen Lage koordiniert das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) die Massnahmen des Bundes. Die Massnahmen in der besonderen Lage sind im Gesetz abschliessend aufgezählt (vgl.

Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 30­40 EpG).

1.5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

Das hier beantragte dringliche Bundesgesetz ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202032 über die Legislaturplanung 2019­2023 vorgesehen noch mit Strategien des Bundesrates abgestimmt. Weder die Legislaturplanung noch die Strategien des Bundesrates konnten die aktuelle Covid-19-Epidemie und deren Auswirkungen vorhersehen und berücksichtigen.

1.6

Umsetzung

Mit dem Covid-19-Gesetz wird die Grundlage dafür geschaffen, dass der Bundesrat diejenigen bereits in verfassungsunmittelbaren Verordnungen beschlossenen Massnahmen fortführen kann, die für die Bewältigung der Covid-19-Epidemie weiterhin 32

BBl 2020 1777

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oder wieder nötig sind. Sobald das Gesetz in Kraft tritt, wird dieses als gesetzliche Grundlage im Ingress der jeweiligen Verordnungen zu nennen sein. Das Gesetz gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, die bisherigen Massnahmen umzugestalten, anzupassen oder abzuschwächen, es gibt ihm aber keine Ermächtigung dafür, neue und andersartige Massnahmen zu ergreifen.

Massnahmen nach Artikel 7 EpG beziehungsweise nach Artikel 185 Absatz 3 BV oder gegebenenfalls Artikel 184 Absatz 3 BV sind jedoch bei Vorliegen einer neuen Bedrohungslage in jedem Fall vorbehalten. Gleichzeitig mit oder unmittelbar nach der Verabschiedung der Botschaft wird der Bundesrat die Geltungsdauer der einschlägigen Verordnungen verlängern. Sobald das Gesetz in Kraft tritt, wird der Bundesrat Inhalt und Geltungsdauer der Verordnungen überprüfen und entsprechend an die Fassung der Bestimmungen des Gesetzes gemäss Schlussabstimmung anpassen.

Der Gesetzesentwurf verwendet an verschiedenen Stellen bewusst Kann-Bestimmungen. Damit soll zum Ausdruck kommen, dass der Bundesrat die Massnahmen nicht zwingend bis zum Ende der Geltungsdauer des Gesetzes fortführen muss.

Zeigt es sich, dass eine Verordnungsregelung sachlich nicht mehr nötig und gerechtfertigt ist, ist sie ­ im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Verhältnismässigkeitsprinzip ­ bereits vor Ablauf der Geltungsdauer aufzuheben (vgl. dazu auch die Erläuterung zu Art. 1 Abs. 2).

Für die übrigen Aspekte, die für den Vollzug noch zu regeln sein werden, sei auf die Erläuterungen zu den jeweiligen Bestimmungen verwiesen.

2

Vernehmlassungsverfahren

2.1

Vernehmlassungsvorlage

Vom 19. Juni bis zum 10. Juli 2020 fand eine vom Bundesrat eröffnete Vernehmlassung zum Vorentwurf des Covid-19-Gesetzes (VE) statt.33 Der Vorentwurf, mit dem das bisherige Massnahmenpaket des Bundesrates für die voraussichtliche Dauer der Epidemie demokratisch legitimiert werden soll, umfasste gesamthaft 13 Artikel. Er sah Folgendes vor: Artikel 1 definiert den Regelungsgegenstand und macht deutlich, dass es ausschliesslich um Massnahmen geht, die der Bewältigung der Covid-19Epidemie und ihrer Auswirkungen dienen (Art. 1 Abs. 1). Massgeblich ist der Bestand an Massnahmen, wie sie zum Zeitpunkt der Vernehmlassung in Kraft waren.

Massnahmen, die bereits aufgehoben wurden oder deren Geltungsdauer nicht verlängert werden musste, sind grundsätzlich nicht erfasst. Zudem wird der Grundsatz bekräftigt, dass der Bundesrat von seinen Befugnissen nach diesem Gesetz nur so lange und so weit Gebrauch machen wird, als dies auch tatsächlich nötig ist (Art. 1 Abs. 2). In neun Bestimmungen werden die Sachgebiete aufgeführt, in denen dem Bundesrat besondere Befugnisse eingeräumt werden: Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus, Massnahmen im Ausländer- und Asylbereich, justizielle und verfahrensrechtliche Massnahmen, gesellschaftsrechtliche Massnahmen, insolvenz33

Die Vernehmlassungsunterlagen sind abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2020 > BK.

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rechtliche Massnahmen, Fördermassnahmen für Kultur, Massnahmen im Medienbereich sowie Massnahmen auf den Gebieten des Erwerbsausfalls und der Arbeitslosenversicherung. Die einzelnen Bestimmungen führen abschliessend und ausreichend bestimmt aus, welche Massnahmen der Bundesrat mittels Verordnung treffen kann und von welchen gesetzlichen Regelungen er dabei abweichen darf. Eine Strafbestimmung (Art. 11) ist ausschliesslich für Massnahmen nötig, die der Bundesrat gestützt auf Artikel 2 erlassen würde. Als Maximalstrafe ist eine Ordnungsbusse bis 300 Franken vorgesehen. In einzelnen Sachgebieten könnten zusätzliche Vollzugsbestimmungen erforderlich sein, weshalb dem Bundesrat dafür eine entsprechende Regelungsbefugnis eingeräumt werden soll (Art. 12). Schliesslich soll die Geltungsdauer bis Ende 2022 festgelegt werden (Art. 13).

2.2

Ergebnisse der Vernehmlassung

In der Vernehmlassung zum Vorentwurf des Covid-19-Gesetzes gingen insgesamt mehr als 1000 Stellungnahmen ein. Der überwiegende Teil der Stellungnahmen stammt von Privatpersonen, die sich zu verschiedenen Punkten des Vorentwurfs kritisch bis ablehnend äussern oder die Vorlage teilweise schlichtweg ablehnen.

Dagegen beurteilen die Kantone die Vorlage gesamthaft positiv: So halten 14 Kantone (ZH, BE, LU, OW, NW, GL, FR, SO, SH, AI, SG, GR, TG, GE) ausdrücklich fest, dass sie der Vorlage grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Sie vertreten die Auffassung, es sei notwendig, die Fortführung der vom Bundesrat getroffenen Massnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie rechtlich abzustützen, soweit diese weiterhin erforderlich seien. Weitere 11 Kantone (UR, ZG, BS, BL, AR, AG, TI, VD, VS, NE, JU) stimmen der Vorlage zwar nicht ausdrücklich zu, lehnen die Vorlage aber auch nicht explizit ab. Sämtliche genannten Kantone reichten ­ teilweise umfassende ­ Änderungsvorschläge und Kommentare zum Vorentwurf ein.

Der Kanton SZ verzichtete dagegen ausdrücklich auf eine Stellungnahme, ebenso die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), die sich voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt zur Vorlage äussern wird. Die Parteien werten die Vorlage in ihren Stellungnahmen unterschiedlich: Zwei der teilnehmenden Parteien (CVP, EVP) stimmen der Vorlage ohne Vorbehalt zu. Weitere vier Parteien stimmen unter gewissen Vorbehalten zu (GLP, seniorGLP, GRÜNE, EDU). Die drei Parteien FDP, SP und SVP lehnen das Gesetzesprojekt in der vorliegenden Form ab. Die ebenfalls eingeladenen Parteien BDP, Ensemble à Gauche, Lega und PDA haben keine Stellungnahmen eingereicht. Insgesamt 60 Organisationen aus diversen Branchen nahmen zur Vorlage Stellung. Bei 27 stösst das Vorhaben grundsätzlich auf Zustimmung. 33 Organisationen halten ihre Zustimmung zwar nicht ausdrücklich fest, sie lehnen das Vorhaben aber nicht explizit ab. Viele der teilnehmenden Organisationen reichten zudem ausführliche Änderungsbegehren ein. Von den eingeladenen Organisationen verzichteten die Schweizerische Bankiervereinigung sowie der Kaufmännische Verband Schweiz auf eine Stellungnahme.

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2.3

Würdigung des Ergebnisses des Vernehmlassungsverfahrens

Angesichts der beschränkten Zeitverhältnisse und der Vielzahl an Stellungnahmen fokussiert die vorliegende Würdigung auf einige zentrale Forderungen pro Bereich.

Für eine Übersicht sämtlicher Forderungen sei an dieser Stelle auf den Ergebnisbericht und die einzelnen Stellungnahmen verwiesen.34

2.3.1

Einbezug der Kantone und weiterer interessierter Kreise

Die Kantone fordern in Vernehmlassung praktisch einhellig, dass der Bundesrat sie in sämtlichen Regelungsbereichen der Gesetzesvorlage stärker einbezieht. Das Anhörungsrecht nach Artikel 2 Absatz 1 zweiter Satz VE sei unzureichend (vgl.

auch Ziff. 2.3.2). Der Bundesrat nimmt diese Forderung ­ und damit die zentrale Forderung der Vernehmlassung ­ auf, indem er den Einbezug der Kantone als allgemeinen Grundsatz in der Gesetzesvorlage verankert. So hält Artikel 1 Absatz 3 des Entwurfs neu ausdrücklich fest, dass der Bundesrat die Kantone bei der Erarbeitung von Massnahmen, die ihre Zuständigkeit betreffen, einbezieht. Die Kantone sollen dadurch angemessen am Prozess der Meinungsbildung und Entscheidfindung über die Massnahmenausgestaltung teilhaben und mitwirken können. Die Rolle der Kantone bei der Bekämpfung von Epidemien, insbesondere im Bereich des Vollzugs, rechtfertigt diese explizite Nennung. Branchenverbände, Sozialpartner, Parteien und weitere interessierte Kreise finden in Artikel 1 Absatz 3 des Entwurfs trotz entsprechender Forderungen (z. B. SP, SGB, SGV, Travail.Suisse; sinngemäss z. B.

SAV, GastroSuisse, IG Detailhandel, FMH, PharmaSuisse oder Interpharma) keine explizite Erwähnung; sie sollen aber bei der Erarbeitung, wenn immer möglich ­ meist im Rahmen verkürzter Vernehmlassungen ­eingebunden werden. Dass solche Konsultationen auch unter kurzen Fristen gewinnbringend erfolgen können, zeigte beispielsweise die zweitägige öffentliche Konsultation des BJ vom 1. April 2020 «Pflichten der Organe von Unternehmen bei drohender Überschuldung sowie Anpassung des Nachlassverfahrens und Einführung eines einfachen Stundungsverfahrens».35 Mit dem allgemeinen Grundsatz von Artikel 1 Absatz 3 des Entwurfs gewährleistet der Bundesrat den Einbezug der Kantone in sämtlichen Regelungsbereichen, die ihre Zuständigkeit betreffen, weshalb nachfolgend bereichsspezifische Forderungen der Kantone nach Einbezug nicht erneut abgehandelt werden.

34 35

Der Ergebnisbericht und die Stellungnahmen sind abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2020 > BK.

Die Unterlagen sind abrufbar unter www.bj.admin.ch > Aktuell > Coronavirus und Justiz > Drohende Überschuldung von Unternehmen aufgrund der Coronakrise > Öffentliche Konsultation.

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2.3.2

Gesundheitsversorgung und Arbeitnehmerschutz

Das breite Spektrum an Stellungnahmen betreffend die (epidemiologischen) Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie umfasste Forderungen namentlich der Kantone wie auch von Akteuren des Gesundheitsbereichs und der Gesundheitsbranche. Sie führten zu einer Überarbeitung von Artikel 2 VE, wobei der Entwurf aus Gründen der Nutzerfreundlichkeit und einer verbesserten Systematik den Regelungsbereich von Artikel 2 VE neu auf zwei Bestimmungen, nämlich die Artikel 2 (Gesundheitsversorgung) und 3 (Arbeitnehmerschutz), aufteilt. Bezüglich der spezifischen Anpassungen in den jeweiligen Absätzen der Artikel 2 und 3 wird auf die betreffenden Erläuterungen in Ziffer 3 verwiesen.

Die in Artikel 2 Absatz 2 VE vorgesehene Befugnis des Bundesrates, den Warenverkehr an der Grenze einzuschränken, wurde mehrheitlich kritisch beurteilt; zumal auch aus Gründen der öffentlichen Gesundheit keine zwingenden Gründe dafür vorliegen, wird neu auf diese Befugnis verzichtet. Die verschiedenen, in Artikel 2 Absatz 3 VE gebündelten Kompetenzen des Bundes zur Unterstützung und Sicherstellung der Versorgung mit Heilmitteln und Schutzausrüstungen wurden in der Vernehmlassung insgesamt begrüsst. Vorgebracht wurde unter anderem, dass sämtliche der angeführten Massnahmen des Bundes zur Beschaffung, Verteilung und Vermarktung dieser Güter nur dann möglich sein sollen, wenn dies zur Gewährleistung der Versorgung tatsächlich notwendig ist. Diese bisher nur für Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe a VE geltende Voraussetzung wird deshalb auf alle Versorgungsaktivitäten des Bundes ausgeweitet. Keine Folge leistet der Bundesrat dem Begehren, auf die Möglichkeit der Einziehung von Heilmitteln und Schutzausrüstungen nach Buchstabe e zu verzichten. Es sollen damit nicht wie befürchtet diejenigen Kantone bestraft werden, die eine genügende Lagerhaltung aufweisen; in einer nationalen Perspektive erscheint es aber nach wie vor sinnvoll, dass ­ sofern bei Versorgungsengpässen erforderlich ­ mittels Einziehung die notwendigen Güter bedarfsgerecht zugeteilt werden können. Die vorgeschlagene Befugnis, wonach der Bundesrat Ausnahmen namentlich von der Heilmittelgesetzgebung einführen kann (Art. 2 Abs. 3 Bst. g­j VE), wurde weitestgehend begrüsst; aufgenommen wurde der Vorschlag, wonach nicht nur Ausnahmen zum Beispiel vom Zulassungserfordernis für
Arzneimittel, sondern auch nur Anpassungen der betreffenden Anforderungen und Verfahrensanforderungen vorgenommen werden dürfen.

Betreffend Artikel 2 Absatz 4 VE fordert eine Mehrheit der Kantone, dass primär die Kantone selber die Frage zu beurteilen haben, ob medizinische Tätigkeiten eingeschränkt oder verboten werden sollen. Der Bund soll den Kantonen zufolge lediglich in der ausserordentlichen Lage gemäss EpG Einschränkungen verfügen dürfen. Diesfalls soll er sich angemessen an den Kosten beteiligen, wenn die Einschränkungen Entschädigungszahlungen an die Leistungserbringer erfordern. Angesichts der Verantwortung der Kantone zur Bereitstellung der notwendigen Kapazitäten in der Gesundheitsversorgung soll dem kantonalen Anliegen weitestgehend Folge geleistet werden. Der Bundesrat soll ­ in Übernahme der aktuellen Regelung (Art. 25 Covid-19-Verordnung 3) ­ die Kantone lediglich noch ermächtigen können, Einschränkungen der medizinischen Tätigkeiten (z. B. betreffend elektive Eingriffe) sowie weitere Massnahmen zur Behandlung namentlich von Covid-19-Patientinnen und -Patienten anordnen zu können. Es erscheint zielführend, dass diese Massnah6579

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men von den Kantonen ­ aufgrund der unterschiedlichen Betroffenheit ­ individuell gestaltet werden können und gleichzeitig auch verantwortet werden müssen. Zudem verfügen mit der bundesrätlichen Ermächtigung sämtliche Kantone über die hinreichenden gesetzlichen Grundlagen für solche Massnahmen. Auf die Möglichkeit direkter Verbote beziehungsweise Verpflichtungen seitens des Bundes soll gänzlich verzichtet werden. Es erscheint wenig sinnvoll, ohne konkreten Anlass heute nicht absehbare Kompetenznormen und Entschädigungsverpflichtungen «auf Vorrat» zu schaffen. Entsprechend erübrigt sich die Forderung der Kantone, im Gesetz festzuhalten, dass der Bund sich an den Kosten für die allfällige Entschädigung von Leistungserbringern im Gesundheitswesen zu beteiligen habe. Nicht zuletzt könnte die Aussicht auf Entschädigungszahlungen des Bundes die Kantone davon abhalten, rechtzeitig gesundheitspolitisch angezeigte Einschränkungen selbst zu verfügen.

Solche Fehlanreize gilt es im vorliegenden Gesetz zu vermeiden. Auch für die Schaffung einer Gesetzesgrundlage für rückwirkende Entschädigungen an die Kantone besteht aus Sicht des Bundesrates kein Anlass: Zunächst wäre unklar, in welchen Fällen eine Entschädigung der Leistungserbringer und damit eine Kostenbeteiligung des Bundes erforderlich wäre. Der Bund hat nach Ausbruch der Covid-19Epidemie grosse Anstrengungen unternommen, um bei Unternehmen, die ihren Betrieb einstellen mussten, Arbeitsplätze zu erhalten (Kurzarbeitsentschädigung, Covid-19-Erwerbsersatz), und er hat unbürokratisch Darlehen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen verbürgt. Von dieser Unterstützung profitieren auch Leistungserbringer im Gesundheitswesen, soweit es sich um private Anbieter handelt.

Dieser Lösungsansatz hat sich bewährt. Öffentliche Unternehmen sind zwar vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung ausgenommen, wenn kein Risiko eines Arbeitsplatzabbaus besteht; öffentliche Einrichtungen wie Museen, Unternehmen des öffentlichen Verkehrs, aber auch öffentliche Spitäler erhalten deshalb keine Kurzarbeitsentschädigung ­ hier wird die Absicherung des Erwerbeinkommens von vorübergehend unterbeschäftigten Personen von den Gemeinwesen übernommen, die Träger dieser Einrichtungen sind. Hinzu kommt, dass der Bundesrat im Bereich der Privatwirtschaft weitgehend auf die Ausrichtung von
A-Fonds-perdu-Beiträgen zur Abfederung von Ertragseinbussen von Firmen und Organisationen verzichtet hat, denn diese bergen die Gefahr der Privilegierung einzelner Wirtschaftszweige und der Strukturerhaltung. Wo solche Beiträge in Ausnahmefällen beschlossen wurden, handelt es sich um strukturschwache Branchen oder um solche, die auf viel ehrenamtliches Engagement angewiesen sind. Der Bundesrat hat denn auch anlässlich des Entscheids über die Finanzierung der Covid-19-Tests deutlich gemacht, dass er nicht gewillt ist, auf die Forderungen der Kantone nach finanziellen Entschädigungen für Ertragsausfälle bei den Spitälern einzutreten. Wie hoch diese Ausfälle letztlich sein werden, ist noch nicht bekannt, da ein Grossteil der aufgeschobenen Eingriffe zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden dürfte. Weiter ist der Bundesrat der Ansicht, dass auch in der ausserordentlichen Lage die Finanzierungszuständigkeiten im Grundsatz gewahrt bleiben sollen ­ es sei denn die Kantone sind mit einer Aufgabe überfordert; andernfalls droht eine Schwächung des Föderalismus, die letztlich nicht im Interesse der Kantone liegt.

Die Bestimmungen zur Übernahme der Kosten von Analysen einer Infektion mit dem Sars-CoV-2 oder einer Erkrankung an Covid-19 (Art. 2 Abs. 5 VE) sowie zum

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Schutz besonders gefährdeter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gaben keinen Anlass zu grundlegenden materiellen Bemerkungen.

Abschliessend seien die zahlreichen Privatpersonen erwähnt, die sich in der Vernehmlassung vehement gegen einen Impfzwang aussprachen, veranlasst durch den erläuternden Bericht, der die Möglichkeit erwähnt, Impfungen für obligatorisch zu erklären.36 Der Bundesrat möchte dazu Folgendes klarstellen: Die Möglichkeit, ein Impfobligatorium anzuordnen bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen, bei besonders exponierten Personen und bei Personen, die bestimmte Tätigkeiten ausüben (z. B.

Arbeit auf bestimmten Abteilungen in Spitälern oder in Heimen) ergibt sich aus dem geltenden Epidemiengesetz (Art. 6 Abs. 2 Bst. d EpG). Das vorgesehene Covid-19Gesetz enthält keine diesbezügliche Grundlage. Ein Impfobligatorium bedeutet nicht das Gleiche wie ein Impfzwang. Weder besteht eine gesetzliche Grundlage, gestützt auf die jemand unter Zwang geimpft werden könnte, noch ist eine solche im Covid-19-Gesetz oder in einem anderen Erlass vorgesehen.

2.3.3

Ausländer- und Asylbereich

Der Bundesrat teilt die Auffassung des Kantons BE, wonach eine allfällige Regelung im Bereich der Unterbringung von Asylsuchenden in die kantonalen Kompetenzen eingreifen kann. Zur Klarstellung schlägt der Bundesrat deshalb in Artikel 4 Buchstabe c des Entwurfs eine Präzisierung vor, wonach er die Massnahmen des Covid-19-Gesetzes im Asylbereich nur für Zentren des Bundes vorsehen kann.

Damit bleibt die Zuständigkeit für allfällige epidemiebedingte Regelungen in kantonalen Unterbringungsstrukturen weiterhin bei den Kantonen. Das Anliegen verschiedener Vernehmlassungsteilnehmer (z. B. GPS, AI, SFH, SRK), dass bei fehlender Vollzugsperspektive auf die Anordnung von Administrativhaft verzichtet wird, entspricht der geltenden Praxis, wonach eine Administrativhaft nur bei Absehbarkeit des Wegweisungsvollzugs erfolgt. Die Forderung, wonach der Vollzug von zwangsweisen Wegweisungen generell ausgesetzt werden soll, lehnt der Bundesrat ebenso ab wie den Vorschlag der SVP, allfällige Zwangsmassnahmen auch bei fehlender Vollzugsperspektive aufrechtzuerhalten.37 In Bezug auf die Notwendigkeit der Teilnahme der Rechtsvertretung und von Hilfsorganisationen bei Befragungen von Asylsuchenden teilt der Bundesrat die Ansicht verschiedener Vernehmlassungsteilnehmer (z. B. GE, SP, GPS, AsyLex, DJS, SFH, SRK; ähnlich auch EKM und UNHCR), dass einer rechtsstaatlichen und fairen Durchführung der Asyl- und Wegweisungsverfahren auch während einer pandemiebedingten Krise oberste Priorität einzuräumen ist. Zum Schutz der Gesundheit aller beteiligten Personen werden daher in der Praxis des Staatssekretariats für Migration (SEM) in erster Linie alle notwendigen technischen und organisatorischen Massnahmen ergriffen (z. B. grössere Räumlichkeiten bei Befragungen). Gestützt auf die 36 37

Siehe Ergebnisbericht S. 7.

Siehe dazu die Stellungnahme des Bundesrates vom 1. Juli 2020 zur Motion 20.3327 «Aufrechterhaltung der Administrativhaft für straffällige Ausländer», wonach die bestehenden rechtlichen Grundlagen im Bereich der ausländerrechtlichen Administrativhaft weiterhin als ausreichend erachtet werden.

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COVID-19-Verordnung Asyl soll das SEM nur im Ausnahmefall, wenn aufgrund der pandemiebedingten Situation die Durchführung von Befragungen in Anwesenheit der Rechtsvertretung faktisch nicht mehr möglich ist, Befragungen ohne die Teilnahme der Rechtsvertretung durchführen können. Als flankierende Massnahme soll die Beschwerdefrist im beschleunigten Verfahren bei materiellen Asylentscheiden von heute 7 Arbeitstagen auf 30 Tage verlängert werden (vgl. Art. 6 und 10 COVID-19-Verordnung Asyl). Eine generelle Verlängerung der Beschwerdefrist für alle Verfahrenskategorien auf 30 Tage (z. B. AI, DJS, SFH, SRK) lehnt der Bundesrat ab, da die Verlängerung nur das Dublin-Verfahren betreffen würde, bei welchem es sich um ein Verfahren handelt, bei dem die Zuständigkeit eines Staates zur Durchführung des Asylverfahrens geklärt wird.

Der Bundesrat ist zudem der Auffassung, dass der Schutz der Gesundheit nicht nur in der Wohn- und Lebenssituation, sondern auch im Rahmen des Asyl- und Wegweisungsverfahrens beachtet werden muss. Er schlägt daher eine Ergänzung in Artikel 4 Buchstabe c vor, wonach dem Schutz der Gesundheit der am Asyl- und Wegweisungsverfahren beteiligten Personen angemessen Rechnung zu tragen ist.

Soweit die Vernehmlassungsteilnehmenden (z. B. AI, DJS, SRK, SFH) vorbringen, Artikel 3 Buchstabe c VE sei zu allgemein formuliert und daher zu präzisieren, ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es in einer epidemiebedingten Krisensituation wichtig ist, rasch und flexibel auf künftige Entwicklungen reagieren zu können.

Eine abschliessende detaillierte Regelung der notwendigen Massnahmen auf Gesetzesstufe würde die notwendige Flexibilität übermässig erschweren und wäre nicht zielführend. Dies gilt auch für die Forderung, wonach Asylsuchende nach 140 Tagen in jedem Fall einem Kanton zugewiesen werden (z. B. AI, SFH). Bereits nach geltendem Recht kann die Höchstdauer des Aufenthaltes in den Zentren des Bundes insbesondere nur dann angemessen verlängert werden, wenn innerhalb kurzer Zeit weitere Abklärungen getätigt werden müssen oder wenn der Vollzug der Wegweisung absehbar ist. In Bezug auf ausländerrechtliche Massnahmen wegen Sozialhilfebezugs im Zusammenhang mit Covid-19 sei auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 1. Juli 2020 zur Motion 20.3406 Arslan «Corona-Krise darf Aufenthaltsstatus und
Einbürgerungen nicht gefährden» verwiesen. Abschliessend sei darauf hingewiesen, dass die Regelungen der COVID-19-Verordnung Asyl mit der Schaffung einer Gesetzesgrundlage in Artikel 4 Buchstabe c (Entwurf) auch künftig nur bei einem ausgewiesenen Bedarf zum Schutz der Gesundheit zur Anwendung gelangen sollen.

2.3.4

Justizbereich sowie betreffend Gesellschaftsversammlungen und Insolvenzrecht

Soweit einzelne Kantone in diesem Kontext einen stärkeren Einbezug in die Erarbeitung der Massnahmen fordern, namentlich im Justizbereich, sei auf den neuen allgemeinen Grundsatz von Artikel 1 Absatz 3 des vorliegenden Entwurfs verwiesen, der diesem Anliegen Rechnung trägt (Ziff. 2.3.1). Der Stellungnahme des Kantons Bern entsprechend streicht der Bundesrat die behördlichen Fristen aus dem Regelungsbereich von Artikel 4 VE, da zurzeit kein Bedürfnis für eine derartige Regelung erkennbar ist. Hinsichtlich der weiteren Artikelanpassungen (Verschlankung) 6582

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sei auf die artikelspezifischen Erläuterungen verwiesen. An seinem Entscheid, Zivilund Verwaltungssachen zu erfassen, nicht aber Strafsachen oder Verfahren nach kantonalem Recht, hält der Bundesrat dagegen fest. Angesichts der wenigen und meist positiven Vernehmlassungsstellungnahmen zu den Artikeln 5 und 6 VE verzichtet der Bundesrat auf Änderungen an diesen Artikeln.

2.3.5

Kulturbereich

Soweit die Kantone einen stärkeren Einbezug in die Erarbeitung der Massnahmen in diesem Bereich fordern, sei auf den neuen allgemeinen Grundsatz von Artikel 1 Absatz 3 der Gesetzesvorlage verwiesen (vgl. Ziff. 2.3.1). Im Übrigen trägt der Bundesrat den Forderungen unter anderem nach einer Präzisierung der Finanzhilfe und des zugehörigen Verfahrens Rechnung und hat Artikel 7 VE grundlegend überarbeitet: Die Bestimmung umfasst nun zehn Absätze und sieht zum einen vor, dass das Bundesamt für Kultur mit einem oder mehreren Kantonen Leistungsvereinbarungen abschliessen kann. Der Bund beteiligt sich im Rahmen der bewilligten Kredite zur Hälfte an der Finanzierung der Massnahmen, welche die Kantone gestützt auf die Leistungsvereinbarungen umsetzen. Zum anderen erhalten Kulturschaffende vom Verein Suisseculture Sociale nicht rückzahlbare Geldleistungen zur Deckung der unmittelbaren Lebenskosten. Der Bund stellt dem Verein gestützt auf eine Leistungsvereinbarung die notwenigen finanziellen Mittel zur Verfügung. Schliesslich sollen Kulturvereine im Laienbereich von vom EDI anerkannten Dachverbänden eine Entschädigung für den finanziellen Schaden erhalten, den sie aufgrund der reduzierten Durchführung von Veranstaltungen erleiden. Die Dachverbände ihrerseits werden vom Bund entsprechend entschädigt. Zudem leistet der Bundesrat der Forderung (ZH, ZG, AR, VD, VS) Folge, die Ausführungen in Ziffer 3.2 (Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete) zu erweitern und auf die Kostenfolgen dieser Bestimmung hinzuweisen.

2.3.6

Medienbereich

In der Vernehmlassung forderte der Kanton BE eine Koordination zwischen den Massnahmen im Medienbereich gemäss dem Covid-19-Gesetz und dem Massnahmenpaket zugunsten der Medien gemäss der Botschaft des Bundesrates vom 29. April 202038. Die SVP verlangte eine Befristung der Massnahmen im Medienbereich per Ende 2021, da der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Massnahmenpakets noch nicht klar sei. EVP und WEKO beantragten, es sei im Covid-19-Gesetz explizit zu regeln, dass der Bundesrat bis längstens zum Inkrafttreten des Massnahmenpakets zugunsten der Medien die in Artikel 8 VE formulierten Massnahmen anordnet. Der Bundesrat trägt diesen Forderungen insoweit Rechnung, dass Artikel 9 Absatz 2 des Entwurfs neu festhält, dass der Bundesrat die Massnahmen spätestens beim Inkrafttreten eines Bundesgesetzes im Sinne des Entwurfs vom 29. April 2020 zum Mass38

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6583

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nahmenpaket zugunsten der Medien aufhebt. Der Bundesrat entspricht zudem einem Anliegen des Kantons ZH und der SP mit einem neu eingefügten Absatz 4, wonach die Gewährung der Zustellermässigungen explizit voraussetzt, dass sich die Herausgeberin schriftlich verpflichtet, für das entsprechende Geschäftsjahr keine Dividende auszuschütten. Die Kantone VS, GR und AG sind der Ansicht, dass es nicht ausreicht, wenn sich der Bund an den Kosten für die Tageszustellung beteiligt. Insbesondere die Tageszeitungen, die mehrheitlich in der Frühzustellung vertrieben werden, könnten so nicht von der Unterstützung profitieren. Deshalb sei die Kostenbeteiligung auch auf die Frühzustellung auszuweiten. Der Bundesrat hat zwar Verständnis für diese Forderung, ebenso für das Anliegen der EDU, die Unterstützung unter dem Gleichbehandlungsaspekt auf zweiwöchentliche und monatlich erscheinende abonnierte Zeitungen auszuweiten. Er verweist jedoch darauf, dass beide Anliegen derzeit im Rahmen des Massnahmenpakets zugunsten der Medien geprüft werden. Die Kantone GL und SG beanstanden, dass Artikel 8 VE die einzige Norm darstellt, die nicht als Kann-Bestimmung formuliert ist. Im Bereich der Medien wurde aufgrund der verfassungsmässig gewährleisteten Unabhängigkeit der Medien allerdings bewusst keine Kann-Vorschrift verwendet. Der Forderung des Kantons SG, der Bundesrat solle im Medienbereich bloss ermächtigt werden, gewisse Massnahmen anzuordnen, wird daher keine Folge gegeben. Den Antrag von Travail.Suisse, die SRG SSR mit einer zusätzlichen Unterstützung auszustatten, lehnt der Bundesrat ab. Die SRG SSR profitiert als Anbieterin von elektronischen Medien und als Kundin der Keystone-SDA bereits von der in Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe c VE genannten Massnahme. Der Bundesrat hält an seiner Regelung fest und lehnt insofern den Wunsch von Economiesuisse nach einer vorgängigen parlamentarischen Debatte ebenso ab wie den Vorschlag des Kantons ZG, wonach eine Finanzierung der Leistungen der Keystone-SDA nicht durch die Radio- und Fernsehabgabe, sondern aus der Bundeskasse zu erfolgen habe. Ebensowenig berücksichtigt der Bundesrat die Forderung des SGB, das Kostendach für die KeystoneSDA zu streichen, sodass eine Finanzierung der Abonnementskosten der Basisdienste Text, die von den elektronischen Medien zu tragen sind, bis zum
Inkrafttreten des Massnahmenpakets zugunsten der Medien sichergestellt würde. Dafür regelt Artikel 9 Absatz 5 des Entwurfs nun das Verfahren zur Übernahme der Abonnementskosten der Keystone-SDA.

2.3.7

Erwerbsausfallsentschädigung

Der grösste Teil der Stellungnahmen in der Vernehmlassung betrifft Punkte, die bereits Gegenstand von parlamentarischen Vorstössen sind, die in der Herbstsession 2020 behandelt werden. Der Bundesrat hat diese Anliegen nicht aufgenommen, weil er die entsprechenden Vorstösse zur Ablehnung beantragt. Das Parlament kann den vorliegenden Entwurf anpassen, wenn es dies möchte. Zahlreiche Anliegen müssen zudem eher in Bezug auf die COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall und nicht im Zusammenhang mit dem Covid-19-Gesetz geprüft werden. Zu erwähnen sind folgende Anliegen: (i.) Der Kultur- und der Veranstaltungssektor dürfen nicht vergessen werden. (ii.) Es soll eine Mindestentschädigung für die Kultur eingeführt werden. (iii.) Personen, die eine arbeitgeberähnliche Stellung haben, sollen eine 6584

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Erwerbsausfallentschädigung erhalten. (iv.) Es ist nicht nur für den Kultur- und den Veranstaltungssektor, sondern auch für andere Sektoren, die in Schwierigkeiten sind, eine Entschädigung vorzusehen (z. B. Reisebüros). (v.) Indirekt betroffene Selbstständigererwerbende sollen auch eine Entschädigung erhalten. (vi.) Es soll eine Entschädigung vorgesehen werden für Personen, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, um sich um Angehörige zu kümmern, wenn die Personen, die dies üblicherweise tun, es nicht mehr tun können, weil sie sich in Quarantäne begeben müssen oder selbst erkrankt sind. (vii.) Es ist eine Entschädigung vorzusehen, die bei Selbstständigerwerbenden den Umsatz und nicht das Einkommen deckt.

2.3.8

Bereich der Arbeitslosenversicherung

Der Bundesrat sieht sich durch die Vernehmlassungsergebnisse bestärkt, da der überwiegende Teil der Vernehmlassungsteilnehmer die getroffenen Regelungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung begrüsst. Eine ausserordentliche Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigung (KAE) auf weitere Anspruchsgruppen (GL, BS, BL, TI, SH, ZH, ZG, SGB, SP CP, HotellerieSuisse, SAV, Economiesuisse, Impressum, Schweizerischer Städteverband, SGV, SwissTextiles und GastroSuisse) lehnt der Bundesrat dagegen ab, ebenso eine Erhöhung der KAE für Personen mit niedrigem Einkommen (SP, Travail.Suisse und SGB). Durch die schrittweise erfolgte wirtschaftliche Öffnung ist eine Arbeitsaufnahme seit dem 8. Juni 2020 grossmehrheitlich wieder möglich. Der Sachverhalt eines Härtefalls, der den getroffenen Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung zugrunde liegt, ist vor diesem Hintergrund grundsätzlich nicht mehr gegeben. Als Instrument der Arbeitslosenversicherung besteht der Sinn und Zweck der KAE nicht in der Existenzsicherung des Betriebs beziehungsweise der Deckung von Umsatz- oder Betriebseinbussen, sondern im Erhalt von Arbeitsplätzen. Es soll verhindert werden, dass aufgrund eines vorübergehenden Rückgangs der Nachfrage nach den angebotenen Waren und Dienstleistungen und der sich daraus ergebenden Arbeitsausfälle kurzfristig Kündigungen ausgesprochen werden. Entsprechend sieht der Bundesrat davon ab, die KAE auf nachfolgende Gruppen auszuweiten: (i.) Gerade für Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung, mitarbeitende Ehegatten oder Ehegattinnen sowie eingetragene Partner oder Partnerinnen, die in der Regel Führungspositionen besetzen und über ihren eigenen Beschäftigungsgrad entscheiden, ist das Risiko eines Stellenverlusts gering, während das Missbrauchspotenzial sehr hoch ist. (ii.) Damit die Betriebe die Fortsetzung der Ausbildung von Lernenden prioritär behandeln, wurde der Anspruch auf KAE für Lernende aufgehoben. Im Rahmen dieser Gesetzesvorlage soll aber neu eine Grundlage geschaffen werden, wonach Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern im Umfang ihrer Ausbildungsaufgaben der Bezug von KAE ermöglicht werden kann, sofern sich der Lehrbetrieb in Kurzarbeit befindet. (iii.) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Abruf, deren Beschäftigungsgrad grösseren Schwankungen unterliegt, sowie Personen, die in einem befristeten
Arbeitsverhältnis sind oder die im Dienst einer Organisation für Temporärarbeit stehen, sollen keinen Anspruch auf KAE haben, da ihnen keine Kündigung droht oder da ihr Beschäftigungsgrad üblicherweise sowieso schwankt. (iv.) Personen, die bei einem Arbeitgeber angestellt sind, der öffentliche Dienstleistungen erbringt, haben Anspruch auf KAE, wenn für 6585

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sie ein konkretes und unmittelbares Kündigungsrisiko besteht. Der Anspruch besteht nicht von Vorneherein aufgrund einer bestimmten Rechtsform oder der Trägerschaft des Leistungsbringers, sondern muss im Einzelfall geprüft werden. (v.) Wie die meisten Sozialversicherungen garantiert die Arbeitslosenversicherung ein angemessenes Ersatzeinkommen, in der Regel 80 Prozent des letzten Lohns. Sie hat nicht das Ziel, die Deckung des Bedarfs zu gewährleisten und das Existenzminimum sicherzustellen. Ein Ersatz von 100 Prozent des versicherten Verdienstes bei niedrigen Einkommen würde den Anreiz stark verringern, wieder erwerbstätig zu werden oder ohne die KAE auszukommen.

2.3.9

Strafbestimmungen

Der Bundesrat sieht keinen Anpassungsbedarf betreffend die Strafbestimmungen in der Gesetzesvorlage. Insbesondere teilt er die Auffassung nicht, wonach Artikel 11 VE gegen das Legalitätsprinzip oder den Grundsatz «keine Strafe ohne Gesetz» verstosse. Das sogenannte Nebenstrafrecht umfasst die Strafbestimmungen der Verwaltungsgesetze. Hauptmerkmal ist die sogenannte Verwaltungsakzessorietät: Das tatbestandsmässige Handeln ist nicht aus sich heraus strafwürdig, sondern nur im Zusammenhang mit einem Verstoss gegen die entsprechenden Normen des Verwaltungsrechts. Das Nebenstrafrecht dient somit primär der Durchsetzung des materiellen Rechts. Die Kompetenz zum Erlass dieser Strafbestimmungen ergibt sich nicht aus Artikel 123 Absatz 1 BV, sondern aus der Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für den betreffenden verwaltungsrechtlichen Regelungsbereich. Der Regelungsbereich von Artikel 11 VE, den der Bundesrat im Rahmen der noch zu schaffenden Verordnung (innerhalb der Vorgaben der Artikel 2 und 3 des Entwurfs) noch genauer zu definieren hat, erfasst im Übrigen mit Busse zu sanktionierende Übertretungen und nicht etwa Verbrechen oder Vergehen im Sinne von Artikel 10 des Strafgesetzbuchs (StGB)39. Die Konvention vom 4. November 195940 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verlangt im Übrigen betreffend den Grundsatz «keine Strafe ohne Gesetz» bloss eine rechtssatzmässige Grundlage und nicht zwingend ein Gesetz im formellen Sinne gemäss schweizerischer Rechtsordnung. Das Gesetz kann den Bundesrat folglich ohne Weiteres ermächtigen, Strafbestimmungen zu erlassen. Soweit in der Delegationsnorm nichts anderes vorgesehen wird, kann der Bundesrat in diesen Fällen aber nur beziehungsweise immerhin Übertretungstatbestände (vgl. Art. 103 ff. StGB) schaffen. Dass die Strafverfolgung Sache der Kantone ist, bedarf keiner expliziten Klarstellung im vorliegenden Gesetz, wie dies die IG Detailhandel beantragte. Die kantonale Gerichtsbarkeit ist, vorbehältlich gesetzlicher Ausnahmen, allgemein in Artikel 22 der Strafprozessordnung (StPO)41 geregelt. Hinsichtlich weiterer Anregungen aus der Vernehmlassung wie der Fahrlässigkeitsfrage sei auf die artikelspezifischen Erläuterungen verwiesen.

39 40 41

SR 311.0 SR 0.101 SR 312.0

6586

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2.3.10

Vollzug des Covid-19-Gesetzes und Geltungsdauer

Aus Sicht des Bundesrates gibt es keinen Anlass, an Artikel 12 VE Anpassungen vorzunehmen: Es gingen kaum Stellungnahmen ein; so äusserten sich weder die Kantone noch eine Partei spezifisch dazu.

Zu Artikel 13 VE hingegen beantragen vier Kantone (OW, SG, GR, NE) eine Befristung des Gesetzes auf Ende 2021, und die FDP, SP, SVP sowie einzelne Fachverbände sprechen sich für eine kürzere Geltungsdauer aus. Der Bundesrat trägt diesen Forderungen Rechnung, indem er die Geltungsdauer des Covid-19-Gesetzes im Vergleich zum Vorentwurf um ein Jahr verkürzt: Gemäss Artikel 14 Absatz 2 des Entwurfs gilt das Covid-19-Gesetz bis zum 31. Dezember 2021. Einzig die Artikel 1 und Artikel 11 Buchstaben a­c (Arbeitslosenversicherung) des Entwurfs bilden eine Ausnahme. So hält der Bundesrat unter anderem mit Blick auf folgende Konstellationen im Bereich der Arbeitslosenversicherung an einer Geltungsdauer bis Ende 2022 fest (vgl. Art. 14 Abs. 2 und 3 Entwurf): Die Dauer von Rahmenfristen für den Leistungsbezug und für die Beitragszeit beträgt üblicherweise zwei Jahre. Um sicherzustellen, dass alle Personen, die während der ersten sechs Monate der Geltungsdauer der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung vom 20. März 202042, die rückwirkend auf den 1. März 2020 in Kraft getreten ist, von Arbeitslosigkeit betroffen waren, die ihnen zustehenden ordentlichen Taggelder tatsächlich beziehen können, wird die Rahmenfrist für den Leistungsbezug um die Dauer der Arbeitslosigkeit während der erwähnten sechs Monate verlängert. Durch die Gültigkeit der Verlängerung der Rahmenfristen bis zum 31. Dezember 2022, wird sichergestellt, dass niemand vorzeitig ausgesteuert wird. Zudem kann es vorkommen, dass sich Personen ab dem 1. September 2022 erneut arbeitslos melden und die Eröffnung einer neuen Rahmenfrist für den Leistungsbezug verlangen. Sie können bei Bedarf die Rahmenfrist für die Beitragszeit verlängern. Für beide Sachverhalte gemeinsam betrachtet, ist eine Verlängerung bis zum 31. Dezember 2022 erforderlich.

2.3.11

Politische Rechte

Verschiedene Kantone regen an, den Bundesrat im Covid-19-Gesetz zu ermächtigen, die persönliche Stimmabgabe an der Urne gegebenenfalls auszusetzen und damit von Artikel 5 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 197643 über die politischen Rechte abzuweichen (ZH, BE, LU, OW, GL, FR, BS, AR, AI, AG, TI; ähnlich auch SG). Nach Auffassung des Bundesrates bestehen im gesetzlichen Rahmen mildere Massnahmen, um das Risiko von Ansteckungen mit dem Covid-19-Virus im Zusammenhang mit der Durchführung einer Volksabstimmung zu senken. Zu denken ist beispielsweise an den Aufruf an die Stimmberechtigten, ihre Stimme brieflich abzugeben, oder an organisatorische Vorkehrungen im Zusammenhang mit der Stimmabgabe an der Urne. Ein genereller Verzicht wäre bei geringer Frequentierung der Urne aus epidemiologischer Sicht zudem wenig wir42 43

SR 837.033 SR 161.1

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kungsvoll. Dort, wo die Urne noch stärker genutzt wird, wäre ein Verzicht auf den Stimmkanal hingegen aus demokratischer Sicht problematisch. Ein Verzicht auf die Urne hätte zudem je nach Kanton unterschiedliche Auswirkungen für die Stimmberechtigten, weil die briefliche Stimmabgabe (inkl. Einwurf in Gemeindebriefkasten) nicht überall gleich lang möglich ist. Ein Abweichen von der bestehenden Gesetzgebung rechtfertigt sich deshalb nicht.

2.3.12

Familienergänzende Kinderbetreuung

Etliche Kantone und die SP verlangen eine zusätzliche Bestimmung betreffend die familienergänzende Kinderbetreuung respektive betreffend die entsprechende Covid-19-Verordnung familienergänzende Kinderbetreuung. Der Bundesrat lehnt die Aufnahme einer derartigen Bestimmung ins Covid-19-Gesetz ab, aus nachfolgenden Gründen: (i.) Die Ausfallentschädigung stellt eine Nothilfe dar, die für das Zeitfenster begrenzt bleiben soll, das die Verordnung vorgibt. Was die Durchführung betrifft, müssen die Kantone zwar bis zum 16. September 2020 über den Anspruch auf Ausfallentschädigung entschieden haben. Falls sie Gesuche bis zu diesem Datum nicht abschliessend beurteilen können, haben sie jedoch die Möglichkeit, Verfügungen unter Vorbehalt zu erlassen. Eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Verordnung ist daher nicht erforderlich. (ii.) Die Forderung, den Anspruch auf Ausfallentschädigung auf öffentliche Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung auszuweiten, wurde im Parlament bereits mehrfach eingebracht. Der Bundesrat lehnte dies stets ab. (iii.) Die familienergänzende Kinderbetreuung liegt in erster Linie in der Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden. Es ist folglich an ihnen, in einer Krisensituation ihre Verantwortung wahrzunehmen und die entstandenen Verluste zu decken. Bei der Unterstützung des Bundes handelt es sich um eine Nothilfe für private Trägerschaften, deren Existenz durch die Einkommenseinbussen bedroht ist. (iv.) Die Kosten für diese Nothilfe betragen schätzungsweise 65 Millionen Franken. Müsste der Bund die Ausfälle öffentlicher Trägerschaften übernehmen, hätte er zusätzliche Kosten in der Höhe von rund 20 Millionen Franken zu tragen, für die er über keinen Kredit verfügt. Eine Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Trägerschaften gilt im Übrigen auch bei der Kurzarbeitsentschädigung: Die öffentliche Hand hat nicht für die finanziellen Verluste anderer öffentlicher Einrichtungen aufzukommen.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

Die Terminologie in den verschiedenen Verordnungen, die der Bundesrat zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie erlassen hat, ist nicht einheitlich.44 Im Gesetzesentwurf wird durchgängig von «Covid-19» gesprochen, wo es um die Bezeichnung der durch das Virus verursachten Krankheit geht, und von «Covid-19Epidemie», wo es um die Ausbreitung der Krankheit geht. Auf den Begriff der «Pandemie» wurde bewusst verzichtet, weil dieser dem schweizerischen Epidemien44

Siehe dazu Stefan Höfler, Notrecht als Krisenkommunikation?, AJP 2020/6, S. 702­709.

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recht fremd ist.45 Zudem könnte er spätestens dann zu Unsicherheiten führen, wenn die WHO die weltweite Pandemie für beendet erklärt, in der Schweiz aber weiterhin gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht oder Rechte und Pflichten an den Begriff der Pandemie geknüpft werden.

Die einzelnen Bestimmungen des Gesetzesentwurfs wurden in eine Reihenfolge gebracht, die sich an der Stellung des Sachgebiets in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts (SR) orientiert. Eine Ausnahme bilden die Artikel 2 und 3, die in Form der epidemiologischen Massnahmen das Kernstück der Vorlage darstellen und daher als Erstes genannt werden sollen, um diesen Massnahmen die erforderliche Sichtbarkeit und Bedeutung zu geben.

Art. 1

Gegenstand und Grundsätze

Die rechtspolitische Natur der Gesetzesvorlage besteht darin, dass der Gesetzgeber den Bundesrat ermächtigt, die bisher schon getroffenen Massnahmen fortzuführen.

Die verschiedenen Ermächtigungen zur Verordnungsgebung werden sachlich dadurch begrenzt, dass es um Massnahmen gehen muss, die in einem unmittelbaren und ausschliesslichen Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie stehen. Für Verordnungsregelungen zu anderen Epidemien oder zu Fragen, die nur mittelbar mit der Epidemie zu tun haben, bildet dieses Gesetz keine Grundlage. Dies wird rechtlich damit abgesichert, dass das Gesetz ausschliesslich auf die Bewältigung der Covid-19-Epidemie und deren Folgen für Gesellschaft, Wirtschaft und Behörden beschränkt ist.

Absatz 1 Der Bundesrat verfügt auf der Grundlage von Spezialgesetzen über zahlreiche Verordnungskompetenzen, die er auch zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie aktivieren konnte und auch weiterhin zu diesem Zweck nutzen kann. Vereinzelte Bestimmungen erlauben es auch, von Gesetzesbestimmungen abzuweichen (z. B.

Art. 62 des Bundesgesetzes vom 11. April 188946 über Schuldbetreibung und Konkurs [SchKG]). Mit dieser Gesetzesvorlage sollen dem Bundesrat für einen klar begrenzten Zeitraum zusätzliche ­ und sachlich klar umrissene ­ Befugnisse eingeräumt werden, die zu den bereits bestehenden gesetzlichen Verordnungsermächtigungen hinzukommen. Dies wird in Artikel 1 dadurch deutlich gemacht, dass von «besonderen Befugnissen» gesprochen wird, die im Gesetz geregelt werden und die sich von den bereits bestehenden Kompetenzen in anderen Gesetzen klar unterscheiden.

Die Befugnisse erstrecken sich einerseits auf Massnahmen, die unmittelbar der Bekämpfung der Epidemie dienen, wie sie insbesondere in der Covid-19-Verordnung 3 enthalten sind (Primärmassnahmen); andererseits soll es aber auch um Mass45

46

Es ist darauf hinzuweisen, dass im Bereich von Versicherungsdeckungen die Begriffe «Epidemie» und «Pandemie» mit zum Teil unterschiedlichen Definitionen und Formulierungen verwendet werden ­ vgl. dazu beispielsweise die Medienmitteilung vom 15. Mai 2020 der Stiftung Ombudsman der Privatversicherung und der Suva. Die Auslegung dieser Begriffe ist derzeit Gegenstand von Kontroversen. Mit der Formulierung im vorliegenden Gesetz soll der Ausgang der Kontroverse nicht präjudiziert werden.

SR 281.1

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nahmen gehen, die der Bewältigung der Auswirkungen dienen, die durch diese epidemienrechtlichen Vorkehrungen des Bundesrates entstanden sind (Sekundärmassnahmen) (vgl. dazu auch Ziff. 1.2).

Absatz 2 Das Gesetz hat eine befristete Geltungsdauer (vgl. Art. 14 sowie die Erläuterungen dazu). Dies bedeutet nicht, dass der Bundesrat alle nach diesem Gesetz vorgesehenen Massnahmen ergreifen kann und muss respektive diese bis zum Ende der Geltungsdauer des Gesetzes in Kraft bleiben können und müssen. Mit Absatz 2 soll daher deutlich gemacht werden, dass der Bundesrat von seinen Befugnissen nach diesem Gesetz nur so lange und nur so weit Gebrauch machen darf, wie dies zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie tatsächlich nötig ist. Dieser Grundsatz und Vorbehalt der Notwendigkeit stellt letztlich sicher, dass sich Verordnungen, die der Bundesrat gestützt auf dieses Gesetz erlässt, im Rahmen einer akzessorischen Normenkontrolle gerichtlich auf ihre Notwendigkeit hin überprüfen lassen. Sollte sich zeigen, dass auf eine Massnahme verzichtet werden kann, so wird der Bundesrat bereits vor Ablauf der Geltungsdauer des Gesetzes die entsprechende Verordnungsregelung ganz oder teilweise aufheben beziehungsweise gar nicht erst erlassen. Es ist ihm demnach weder erlaubt, noch ist er verpflichtet, Massnahmen länger als nötig aufrechtzuerhalten respektive zu erlassen, die nicht (mehr) erforderlich sind.

Eine analoge Regelung wurde in Artikel 60a Absatz 8 EpG für das ProximityTracing-System verabschiedet.

Absatz 3 Der vorliegende Absatz legt den allgemeinen Grundsatz fest, dass der Bundesrat die Kantone bei der Erarbeitung von Massnahmen, die ihre Zuständigkeit betreffen, einbezieht. Absatz 3 soll den Kantonen ermöglichen, angemessen am Prozess der Meinungsbildung und Entscheidfindung über die Massnahmenausgestaltung teilzuhaben und mitzuwirken. Bundesrat und Verwaltung involvieren demnach die Kantone möglichst frühzeitig in den Erarbeitungsprozess. Bei zeitlicher Dringlichkeit findet der Austausch zwischen Kanton sowie Bundesrat und Verwaltung dazu wie in der bisherigen Praxis vorab über die betroffenen Fachkonferenzen statt, wie beispielsweise betreffend Gesundheitsfragen über die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) oder bei Fragen zur Polizei die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) (vgl. dazu Ziff. 2.3.1).

Art. 2

Massnahmen im Bereich der Gesundheitsversorgung

Artikel 2 bildet ­ zusammen mit Artikel 3 ­ die gesetzliche Grundlage für diejenigen epidemiologischen Massnahmen der COVID-19-Verordnung 2 beziehungsweise der Nachfolgeverordnung Covid-19-Verordnung 3, die nicht auf Artikel 6 EpG oder weitere spezifische, im EpG verankerte Verordnungskompetenzen abgestützt werden können, aber dennoch weitergeführt werden müssen (vgl. Ziff. 1.4).

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Dabei handelt es sich um folgende, aktuell in der Covid-19-Verordnung 3 festgelegte Massnahmen: ­

Massnahmen an der Grenze (Art. 4­10a Covid-19-Verordnung 3) (teilweise Art. 41 Abs. 1 EpG);

­

Versorgung mit wichtigen medizinischen Gütern (Art. 11­24 Covid-19Verordnung 3) (teilweise Art. 44 Abs. 1 EpG);

­

Kapazitäten der Spitäler und Kliniken (Art. 25 Covid-19-Verordnung 3);

­

Übernahme von Analysen auf Sars-CoV-2 (Art. 26 und 26a Covid-19Verordnung 3).

Für diese Massnahmen soll mit dem vorliegenden Gesetz die erforderliche gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Keiner gesetzlichen Grundlage im Covid-19-Gesetz bedarf die in den jeweiligen Schutzkonzepten nach Artikel 4 der Covid-19-Verordnung besondere Lage vorgesehene Erfassung von Kontaktangaben von teilnehmenden beziehungsweise anwesenden Personen durch Organisatoren von Veranstaltungen und Betreiber von öffentlich zugänglichen Einrichtungen und Betrieben. Diese Datenerfassung und -aufbewahrung dient ausschliesslich dem Zweck der allfälligen Weiterleitung an kantonsärztliche Dienste im Rahmen des Contact Tracing nach Artikel 33 EpG. In Artikel 5 der Covid-19-Verordnung besondere Lage und in deren Anhang wurde diesbezüglich eine explizite Bestimmung verankert, welche die Information der betroffenen Personen, die Datenkategorien (Namen und Telefonnummer), den Zweck der Datenbearbeitung und die Aufbewahrung und Löschung regelt. Die Pflicht zur Erfassung der Personalien durch die Organisatoren und Betreiber stellt damit eine Einschränkung von Veranstaltungen dar und gliedert sich in den Massnahmenkatalog nach den Artikeln 30­40 EpG ein. Die Anordnung solcher Massnahmen kommt in der besonderen Lage dem Bundesrat zu.

Absatz 1 Mit einer Meldepflicht soll der Bestand an Arzneimitteln und Medizinprodukten (Heilmittel), Schutzausrüstungen und weiteren für die Gesundheitsversorgung wichtigen medizinischen Gütern erhoben werden können (vgl. Art. 13 Covid-19Verordnung 3). Anhand dieser Meldungen können Versorgungsengpässe festgestellt und bei Bedarf Massnahmen nach Absatz 2 vorgesehen werden, um dann die Kantone bei ihren Versorgungsaufgaben gezielt unterstützen und namentlich ihre Gesundheitseinrichtungen, soweit notwendig, gezielt versorgen zu können. Die Meldepflicht bezieht sich auf die bei Herstellern und Lieferanten, in Laboratorien sowie in den Gesundheitseinrichtungen und weiteren Einrichtungen der Kantone (in erster Linie Spitäler) vorhandenen Heilmittel und Schutzausrüstungen. Bei Bedarf können auch veterinärmedizinische Kliniken erfasst werden, sofern sie der Meldepflicht unterstellte Güter (Humanarzneimittel) verwenden. Bezüglich der zu meldenden Bestände enthält die Covid-19-Verordnung 3 eine Liste der zur Verhütung und Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) dringend benötigten Arzneimittel,
Medizinprodukte, Schutzausrüstungen und weiteren wichtigen medizinischen Güter wie Desinfektionsmittel und auf den Intensivpflegestationen benötigte Hygieneartikel.

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Für Heilmittel, Schutzausrüstungen und weitere für die Gesundheitsversorgung wichtige medizinische Güter wird in Absatz 1 der Oberbegriff «wichtige medizinische Güter» eingeführt.

Absatz 2 Zur Gewährleistung einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen medizinischen Gütern kann der Bundesrat eine Reihe von Massnahmen anordnen.

Die Massnahmen können dabei auch bei drohenden Versorgungsengpässen getroffen werden; sie haben aber grundsätzlich stets eine unterstützende Funktion zuhanden der in der Verantwortung stehenden Kantone und der Tätigkeiten privater Akteure (vgl. Abs. 3). Betreffend die Versorgung mit Heilmitteln kommt es dabei teilweise zu Überschneidungen mit den bestehenden bundesrätlichen Kompetenzen gemäss EpG. Aufgrund des engen Sachzusammenhangs zwischen der Versorgung mit Heilmitteln und derjenigen mit weiteren medizinischen Gütern und zur Vermeidung von Kompetenzlücken sollen die entsprechenden Massnahmenkompetenzen nicht ausdifferenziert, sondern umfassend in Absatz 2 in Ergänzung zu den bestehenden epidemiengesetzlichen Möglichkeiten, namentlich zu Artikel 44 EpG, aufgenommen werden.

Buchstabe a Der Bundesrat kann gestützt auf Buchstabe a beispielsweise Ausnahmen von den Bestimmungen des Heilmittelgesetzes vom 15. Dezember 200047 für die Einfuhr von Arzneimitteln (vgl. Art. 22 Covid-19-Verordnung 3) vorsehen, um vielversprechende Therapieoptionen für Schweizer Patientinnen und Patienten zu ermöglichen.

Damit wird ein möglichst weiter Kreis an Beschaffungswegen geöffnet.

Buchstabe b Der Bundesrat erhält in Buchstabe b die Möglichkeit, Ausnahmen von bundesgesetzlichen Bewilligungspflichten für bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit wichtigen medizinischen Gütern vorzusehen. Er kann zur Verbesserung der Versorgungssituation zudem Bewilligungsvoraussetzungen anpassen, etwa durch diesbezügliche Erleichterungen. Von dieser Kompetenz betroffen sein können in erster Linie Bewilligungen, die das Schweizerische Heilmittelinstitut (Swissmedic) Betrieben und Fachpersonen gemäss Heilmittelgesetz für Tätigkeiten ausstellt.

Buchstabe c Der Bundesrat kann nach Buchstabe c Ausnahmen von der Zulassungspflicht für Arzneimittel vorsehen oder die Zulassungsvoraussetzungen und das Zulassungsverfahren anpassen (vgl. Art. 21 Covid-19-Verordnung 3). Die Ausnahme von der Zulassungspflicht
setzt die Einreichung eines Zulassungsgesuches voraus. Diese Ausnahme für Arzneimittel zielt darauf ab, die in der medizinischen Praxis gesammelten Erfahrungen und vielversprechenden Therapieoptionen den Schweizer Patientinnen und Patienten möglichst rasch verfügbar zu machen. Ein Inverkehrbringen ohne Zulassung soll nur für Arzneimittel mit bestimmten Wirkstoffen genutzt werden (vgl. die in Anhang 5 der Covid-19-Verordnung 3 aufgeführten Arzneimittel).

47

SR 812.21

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Buchstabe d Mit der Ausnahme betreffend die Konformitätsbewertung für Medizinprodukte sowie der Ausnahme von den Bestimmungen über das Konformitätsbewertungsverfahren und das Inverkehrbringen von Schutzausrüstungen soll die rasche und adäquate Verfügbarkeit von zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie benötigten Medizinprodukten und Schutzausrüstungen in der Schweiz ermöglicht werden (vgl.

Art. 23 und 24 Covid-19-Verordnung 3). Der Bundesrat kann gestützt auf diese Delegationsnorm vorsehen, dass mit einer entsprechenden Ausnahmeregelung auf Verordnungsebene das Inverkehrbringen unter erleichterten Voraussetzungen bewilligt werden kann.

Buchstabe e Der Bundesrat kann gestützt auf diese Bestimmung wichtige medizinische Güter selber beschaffen (vgl. Art. 14 Covid-19-Verordnung 3). Mit dieser Kompetenz wird insbesondere die geltende Regelung in Artikel 44 EpG ergänzt, da sich diese nur auf Heilmittel bezieht.

Diese Beschaffungskompetenz wird der Bund jedoch nur dann zur Unterstützung der Versorgung der Kantone und ihrer Gesundheitseinrichtungen, von gemeinnützigen Organisationen (z. B. Schweizerisches Rotes Kreuz) und von Dritten (z. B.

Labors, Apotheken) nutzen, soweit der Bedarf über die normalen Beschaffungskanäle nicht gedeckt werden kann. Die fehlenden wichtigen medizinischen Güter werden auf der Grundlage der Meldepflicht nach Absatz 1 bestimmt. Die zuständigen Bundesbehörden können Dritte mit der Beschaffung von wichtigen medizinischen Gütern beauftragen. Bei dringenden Beschaffungen soll gestützt auf Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung vom 11. Dezember 199548 über das öffentliche Beschaffungswesen die Beschaffung freihändig erfolgen können. Ebenfalls kann es sich als notwendig erweisen, dass bei der Beschaffung von wichtigen medizinischen Gütern vom Finanzhaushaltgesetz vom 7. Oktober 200549 (FHG) oder von Weisungen abgewichen werden muss. Dies betrifft zum Beispiel Anzahlungen ohne Sicherheiten oder Währungsabsicherungen. In der durch die Covid-19-Epidemie bedingten Marktsituation sind Vertragsabschlüsse ohne An- oder Vorauszahlungen für persönliche Schutzgüter problematisch.

Der Bundesrat regelt im Rahmen der Versorgungskompetenz ebenfalls die Finanzierung der Beschaffung und die Rückvergütung der Kosten durch die belieferten Kantone, gemeinnützigen Organisationen sowie und Dritten,
denen die Güter abgegeben werden (vgl. Art. 18 Covid-19-Verordnung 3). Die Kosten der Versorgung mit wichtigen medizinischen Gütern werden vom Bund vorfinanziert, soweit er diese selber beschafft hat. Der Bund stellt den Abnehmern, meist den Kantonen, die Einkaufskosten der wichtigen medizinischen Güter, deren Beschaffung er übernommen hat, in Rechnung. Die Kosten der Lieferung der wichtigen medizinischen Güter an die Kantone trägt der Bund. Die allfällige Weiterverteilung in den Kantonen geht zulasten der Kantone.

48 49

SR 172.056.11 SR 611.0

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Buchstabe f Der Bundesrat kann die Zuteilung, Lieferung und Verteilung von wichtigen medizinischen Gütern vorsehen (vgl. Art. 15 und 16 Covid-19-Verordnung 3). Der Begriff «Zuteilung» umfasst im Sinne einer Umverteilung auch alle wichtigen medizinischen Güter, die nach Buchstabe h eingezogen worden sind.

Zuteilungsfragen können sich dann stellen, wenn die vorhandene Menge an Gütern nicht ausreicht, um alle gefährdeten oder erkrankten Personen zu behandeln. Kommt es trotz vorsorglicher Massnahmen zu Engpässen in der Versorgung mit Gütern, so muss die Zuteilung nach einer Prioritätenliste und einem Verteilschlüssel geregelt werden. Die Kantone stellen bei Bedarf Zuteilungsgesuche an den Bund in Bezug auf die konkrete Zuteilung von bestimmten Mengen nach Massgabe des Schlüssels.

Ebenfalls kann der Bundesrat die Verteilung der erwähnten Güter regeln. Insbesondere sind ebenfalls der Verteilschlüssel und die logistischen Aspekte der Verteilung an die Kantone beziehungsweise an die Bevölkerung zu präzisieren. Die Lieferung der medizinischen Güter erfolgt unter der Verantwortung des Bundes. Für die konkreten Lieferungen kann auch auf Dritte, wie private Vertriebsfirmen, zurückgegriffen werden. Der Bund oder die von ihm beauftragten Dritten sorgen für die Lieferung der wichtigen medizinischen Güter an eine zentrale kantonale Anlieferstelle oder direkt an anspruchsberechtigte Einrichtungen und Organisationen.

Bei der Zuteilung namentlich von Arzneimitteln, die auch in der Veterinärmedizin verwendet werden, sollen soweit als möglich auch Tierarztkliniken und -praxen berücksichtigt werden, um im Sinne des Tierwohls dringende medizinische Eingriffe an Tieren zu ermöglichen.

Buchstabe g Diese Bestimmung bezieht sich auf die Direktvermarktung von medizinische Gütern (vgl. Art. 17 Covid-19-Verordnung 3). Der Bund (insb. die Armeeapotheke) muss spätestens bei einer Rückkehr in die normale Lage oder beim Vorliegen entsprechender Bevorratungsstrategien oder Pflichtlager die beschafften Güter an die Verbraucher im Gesundheitswesen oder an die Kantone abgeben können. Dabei haben die Abnehmer die Einkaufskosten oder gegebenenfalls Marktpreise zu bezahlen.

Dies stellt eine Teilnahme am wirtschaftlichen Wettbewerb dar, da in diesem Fall private Anbieter direkt konkurrenziert werden können. Mit der vorliegenden
Bestimmung wird die gemäss Artikel 41 FHG notwendige Rechtsgrundlage für eine solche Teilnahme geschaffen.

Buchstabe h Der Bundesrat kann die Einziehung von wichtigen medizinischen Gütern anordnen (vgl. Art. 19 Covid-19-Verordnung 3). Sofern die Versorgung mit solchen Gütern nicht gewährleistet werden kann, können einzelne Kantone oder öffentliche Gesundheitseinrichtungen, die über ausreichende Lagerbestände verfügen, verpflichtet werden, Teile ihre Lagerbestände an andere Kantone oder Gesundheitseinrichtungen zu liefern. Ebenfalls können gestützt auf diese Bestimmung bei Privaten vorhandene Heilmittel und weitere medizinische Güter eingezogen werden. Der Bund richtet dabei eine angemessene Entschädigung aus.

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Buchstabe i Kann die Versorgung mit medizinischen Gütern anderweitig nicht gewährleistet werden, so kann der Bundesrat Hersteller verpflichten, solche Güter herzustellen, die Produktion solcher Güter zu priorisieren und die Produktionsmengen zu erhöhen (vgl. Art. 20 Covid-19-Verordnung 3). Der Bund entschädigt die Hersteller, sofern sie infolge der Produktionsumstellung finanzielle Nachteile erleiden.

Diese Massnahmen stellen ohne Zweifel einen sehr starken Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit dar und sollen daher entsprechend dem Verhältnismässigkeitsprinzip nur dann angeordnet werden, wenn keine anderweitige Massnahme zielführend ist.

Absatz 3 Grundsätzlich bleiben die Kantone und Private einschliesslich die jeweiligen Gesundheitseinrichtungen für die Sicherstellung der Versorgung mit medizinischen Gütern verantwortlich. Die in Absatz 2 Buchstaben e­i umschriebenen Instrumente dienen namentlich dazu, die Kantone bei Bedarf bei der Wahrnehmung ihrer Versorgungsaufgabe zu unterstützen. Demzufolge sollen die erwähnten Kompetenzen nur so weit genutzt werden, als die Versorgung durch die Kantone und Private nicht sichergestellt werden kann und somit ein Versorgungsengpass besteht oder droht.

Dieser Vorgabe steht nicht entgegen, in einer Mangellage bereits getroffene Massnahmen zu Ende zu führen, auch wenn sich die Versorgungslage zwischenzeitlich verbessert hat. So bleibt beispielsweise die vorgesehene Verteilung oder Direktvermarktung von während eines Versorgungsengpasses beschafften Gütern auch dann möglich, wenn die üblichen Vertriebs- und Verkaufskanäle bei der Verfügbarkeit der Güter wieder weitgehend zu Verfügung stehen. Der Markteintritt des Bundes wird sich diesfalls ungeachtet der Einkaufsbedingungen an der Marktsituation orientieren müssen.

Absatz 4 Die Versorgungsverantwortung liegt in der Kompetenz der Kantone: Diese müssen sicherstellen, dass in Spitälern und Kliniken nicht nur mit Blick auf die Behandlung von Covid-19-Erkrankungen, sondern auch für andere medizinisch dringende Untersuchungen und Behandlungen ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen.

Gemeint sind hauptsächlich das erforderliche Bettenangebot und das notwendige Fachpersonal, aber auch alle anderen Aspekte, die für eine gute Betreuung dieser Patientinnen und Patienten relevant sind (z. B. Arzneimittel). Die Anzahl
an Patientinnen und Patienten, die infolge ihrer Covid-19-Infektion einer ärztlichen Betreuung bedürfen, kann die Kapazitäten und Ressourcen der öffentlichen oder mit einem öffentlichen Leistungsauftrag ausgestatteten Spitäler und Kliniken je nach epidemiologischer Situation übersteigen.

Mit der vorliegenden Bestimmung kann der Bundesrat die Kantone ermächtigen, die zur Sicherstellung der erforderlichen Kapazitäten in der Gesundheitsversorgung erforderlichen Massnahmen anzuordnen. Damit ist sichergestellt, dass schweizweit die rechtlichen Grundlagen bestehen, entsprechende kantonale Massnahmen im Bedarfsfall treffen zu können.

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Auf dieser Basis können die Kantone medizinische Tätigkeiten verbieten oder einschränken. Auch können sie mit Blick auf die Sicherstellung der notwendigen Kapazitäten in der Gesundheitsversorgung Massnahmen zur Behandlung von Covid-19-Erkrankungen und weiteren medizinisch dringenden Fällen treffen. Unter Bezugnahme auf die bisher getroffenen beziehungsweise geltenden Massnahmen (vgl. Art. 25 Covid-19-Verordnung 3) kann Folgendes ausgeführt werden: ­

Die Kantone können öffentliche und private Spitäler und Kliniken im stationären Bereich zur Bereitstellung ihrer Kapazitäten verpflichten. Dabei geht es nicht nur um die Aufnahme von Patientinnen und Patienten in einzelnen Einrichtungen, sondern auch darum, dass Fachpersonal abgezogen und dort eingesetzt werden kann, wo Bedarf besteht.

­

Zudem können die Kantone im Bedarfsfall die Spitäler und Kliniken anweisen, medizinisch nicht dringend angezeigte Untersuchungen und Behandlungen zu beschränken oder gänzlich einzustellen. Diese Massnahme kann bei Bedarf über den stationären Bereich hinaus angeordnet werden. Als «medizinisch nicht dringend angezeigte Untersuchungen und Behandlungen» (elektive Eingriffe) gelten namentlich Eingriffe, die zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden können, ohne dass bei der betroffenen Person über geringe physische und psychische Beschwerden und Beeinträchtigungen hinausgehende Nachteile zu erwarten sind. Des Weiteren sind auch Eingriffe, die überwiegend oder vollständig ästhetischen Zwecken, der Steigerung der Leistungsfähigkeit oder dem Wohlbefinden dienen, als nicht dringend einzustufen.

­

Angesichts der angespannten Versorgungssituation können die Spitäler und Kliniken verpflichtet werden, über eine ausreichende Menge an wichtigen Arzneimitteln zu verfügen, um die Behandlung von Covid-19-Erkrankungen als auch für weitere medizinisch dringend angezeigte Behandlungen sicherzustellen (z. B. Sedativa und Muskelrelaxantien). Bei Bedarf führt der Bund weiterhin eine Zuteilung der knappen Arzneimittel für die Behandlung der Covid-19-Patientinnen und -Patienten durch, denn es muss verhindert werden, dass für diese Patientengruppen aufgrund der Vornahme elektiver Eingriffe Versorgungsengpässe entstehen. Spitäler und Kliniken dürfen deshalb sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich elektive Eingriffe nur einplanen, wenn hinreichende Bestände an wichtigen Arzneimitteln dies erlauben.

Angesichts der Versorgungsverantwortung der Kantone wird davon abgesehen, dass der Bundesrat Verpflichtungen direkt gegenüber den Gesundheitseinrichtungen anordnen kann; vorbehalten bleiben die bundesrätlichen Kompetenzen in einer Notsituation beziehungsweise ausserordentlichen Lage.

Absatz 5 Gestützt auf diese Bestimmung erhält der Bundesrat die Kompetenz, die Übernahme der Kosten von Tests auf eine Infektion mit Sars-Cov-2 oder eine Erkrankung an Covid-19 (Covid-19-Analysen), namentlich von molekularbiologischen und serologischen Untersuchungen, zu regeln (vgl. Art. 26 und 26a Covid-19-Verordnung 3).

Die Kostenübernahme war bis zum 25. Juni 2020 wie folgt geregelt: Die Kosten für 6596

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Tests auf Sars-CoV-2 wurden entweder von den Sozialversicherungen (Krankenversicherung, Unfallversicherung, Militärversicherung) übernommen oder nach dem EpG von den Kantonen (Wohnsitzkanton der betroffenen Person), wenn keine Vergütung durch die Sozialversicherungen erfolgte. Übernommen wurden die Kosten nur bei Personen, welche die Testkriterien des Bundesamts für Gesundheit (BAG) erfüllten, und nur für PCR-Tests (diagnostische molekularbiologische Analysen), nicht aber für Schnelltests und serologische Tests (Nachweis von Antikörpern).

Diese Regelung hat in der Praxis zu Problemen geführt und wurde zunehmend von Parlament, Kantonen und Leistungserbringern kritisiert: ­

So wurde es als ungerecht empfunden, dass es für die Patientinnen und Patienten bei der Übernahme der Kosten Unterschiede gab: Während bei Kostentragung durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung Franchise und Selbstbehalt anfielen, wurden bei der Kostentragung durch den Kanton die Kosten voll übernommen.

­

Für die Kantone brachte das Finanzierungsmodell zusätzlichen Vollzugsaufwand, da es bisher gegenüber Laboratorien und Arztpraxen keine etablierten Abrechnungsprozesse gab.

­

Das Finanzierungsmodell konnte zu falschen Anreizen führen, sowohl für die Patientinnen und Patienten wie auch für die für das Contact-Tracing verantwortlichen Kantone, in dem Sinne, dass weniger getestet wurde, als eigentlich möglich und sinnvoll gewesen wäre.

Der Bundesrat hat deshalb das System vereinfacht und eine einheitliche Testfinanzierung durch den Bund vorgesehen. Dies entsprach der zentralen Rolle, die der Bund mit der Definition der Testkriterien und mit der Bereitstellung der SwissCovid-App in der Phase des Containments einnahm. Zudem gewährleistete die vorgeschlagene Lösung den vom Parlament explizit festgelegten Zugang zu kostenlosen Tests für Personen, die via diese App benachrichtigt wurden, dass sie potenziell dem Sars-CoV-2 ausgesetzt waren (Art. 60a Abs. 4 EpG). Seit dem 25. Juni 2020 übernimmt der Bund auf Grundlage der aktualisierten Beprobungsstrategie des BAG neu die Kosten der ambulant durchgeführten molekularbiologischen und serologischen Analysen und damit verbundenen Leistungen auf Sars-CoV-2 bei Personen, welche die Verdachts-, Beprobungs- und Meldekriterien des BAG vom 24. Juni 202050 erfüllen.

Die diagnostische molekularbiologische Analyse, die beim Auftreten von Covid-19kompatiblen Symptomen eine Diagnose zu stellen ermöglicht, wird empfohlen bei:

50

­

symptomatischen Personen, die eines der klinischen Beprobungskriterien (mit eingeschlossen die seltenen) erfüllen;

­

Personen, die eine Meldung eines Kontakts mit einem Covid-19-Fall durch die SwissCovid-App erhalten haben und die asymptomatisch sind.

Die Kriterien sind abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Krankheiten > Infektionskrankheiten bekämpfen > Meldesysteme für Infektionskrankheiten > Meldepflichtige Infektionskrankheiten > Meldeformulare.

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Personen mit engem Kontakt zu einem Covid-19-Fall, die asymptomatisch sind und unter behördlicher Quarantäne stehen, können ebenfalls getestet werden (mittels PCR oder serologischem Test). Die Testindikation wird durch die zuständige kantonale Stelle gestellt. Kantonsärztinnen und -ärzte können weiterhin in begründeten und von den oben genannten Vorgaben abweichenden Fällen anordnen, asymptomatische Personen zu testen (mittels PCR oder serologischem Test), um bei Krankheitsausbrüchen die Ausbreitung des Virus zu untersuchen und zu kontrollieren. Der Bund übernimmt diese Kosten der Analyse.

Neben den PCR-Tests werden auch die Kosten von serologischen Tests übernommen. Dies entspricht dem Willen des Parlaments, das mit der Änderung vom 19. Juni 202051 des EpG im Zusammenhang mit der Einführung des ProximityTracing-Systems kostenlose Tests auf Infektion mit dem Sars-CoV-2 und auf Antikörper gegen Sars-CoV-2 ermöglichen und damit einen Anreiz schaffen wollte, dass viele Personen dieses System nutzen.

Die Abrechnung und Vergütung der Leistungen erfolgen über die Krankenversicherer; der Versicherer seinerseits stellt dann den Gesamtbetrag dem Bund in Rechnung. Im Sinne der Vereinfachung der Abläufe bietet es sich an, pauschal einen Betrag festzulegen, der pro Test durch den Bund übernommen wird.

Art. 3

Massnahmen im Bereich des Arbeitnehmerschutzes

Diese Bestimmung gibt in Absatz 1 dem Bundesrat die Kompetenz, Massnahmen zum Schutz von besonders gefährdeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern anzuordnen und insbesondere Arbeitgebern diesbezügliche Pflichten aufzuerlegen.

Entsprechende Regelungen bestanden in der COVID-19-Verordnung 2 zwar nur bis zur Rückkehr in die besondere Lage am 19. Juni 2020 (vgl. Art. 10b und 10c COVID-19-Verordnung 2). In Abhängigkeit von einer sich allenfalls verschärfenden epidemiologischen Lage könnte es sich aber als notwendig erweisen, die Schutzmassnahmen gegebenenfalls in adaptierter Weise erneut anzuordnen. Bisher galten Personen ab 65 Jahren als besonders gefährdet sowie Personen, die insbesondere folgende Erkrankungen aufweisen: Bluthochdruck, Diabetes, Herz-KreislaufErkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen, und Krebs. Der Bundesrat hat diese Kategorien anhand medizinischer Kriterien präzisiert.

Zum Schutz der besonders gefährdeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer regelte der Bundesrat, unter welchen Vorgaben besonders gefährdete Personen weiter beschäftigt werden dürfen beziehungsweise wann sie unter Lohnfortzahlung von der Arbeitspflicht zu befreien sind. So hatten die Arbeitgeber namentlich zu ermöglichen, dass besonders gefährdete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre arbeitsvertraglichen Pflichten oder eine gleichwertige Ersatzarbeit wenn immer möglich von zu Hause aus erledigen konnten. War aus betrieblichen Gründen die Präsenz besonders gefährdeter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Ort ganz oder teilweise unabdingbar, durften diese unter strengen Voraussetzungen (Gestaltung

51

AS 2020 2191

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des Arbeitsplatzes ohne engen Kontakt mit anderen Personen bzw. STOP-Prinzip52) vor Ort beschäftigt werden. War keine dieser Möglichkeiten gegeben, musste die Arbeitnehmerin beziehungsweise der Arbeitnehmer unter Lohnfortzahlung von der Arbeitspflicht befreit werden.

Die Arbeitgeber sind gehalten, die erforderlichen Präventionsmassnahmen zu beachten und umzusetzen. Dabei handelt es sich zum einen um Massnahmen, die der Bundesrat gestützt auf die Befugnisse im EpG und im Arbeitsgesetz vom 13. März 196453 (ArG) anordnet (vgl. Art. 10 Covid-19-Verordnung besondere Lage), zum anderen um allfällige weitere Massnahmen, die er für besonders gefährdete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer basierend auf Absatz 1 vorgibt. In Anwendung der Gesundheitsschutzbestimmungen von Artikel 6 ArG obliegt nach Absatz 2 diesfalls der Vollzug den Vollzugsbehörden des ArG und des Bundesgesetzes vom 20. März 198154 über die Unfallversicherung (UVG) (Art. 11 Abs. 2 Covid-19-Verordnung besondere Lage).

Der Vollzug im Arbeitsbereich beruht auf dem Dualismus von Gesundheitsschutz einerseits und Arbeitssicherheit andererseits. Der Gesundheitsschutz basiert auf dem ArG und fällt in die Zuständigkeit der kantonalen Arbeitsinspektorate und des SECO. Der Gesundheitsschutz ist steuerfinanziert. Die Arbeitssicherheit (Prävention von Berufsunfällen und Berufskrankheiten) dagegen ist im UVG verankert und wird über einen Prämienzuschlag für die Unfallprävention finanziert, der von der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) verwaltet wird.

Für den Vollzug der Arbeitssicherheit bedient sich das UVG der Suva und der Durchführungsorgane des ArG. Mithin übernehmen die kantonalen Arbeitsinspektorate und das SECO auch Vollzugsaufgaben im Bereich der Arbeitssicherheit. Die Tätigkeit zugunsten der Arbeitssicherheit wird der Suva und den Durchführungsorganen des ArG aus dem Prämienzuschlag für die Unfallprävention entschädigt.

Im Bereich des Gesundheitsschutzes kommt der Suva keine Zuständigkeit zu, diese beschränkt sich auf die kantonalen Arbeitsinspektorate und das SECO. Mit der Verpflichtung der Suva, bei der Kontrolle der Präventionsmassnahmen auf Baustellen und in der Industrie mitzuwirken, hat sie eine Aufgabe ausserhalb ihres Zuständigkeitsbereiches wahrzunehmen, da es sich bei den Massnahmen zum Schutz vor
einer Covid-19-Infektion von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern um eine Massnahme des Gesundheitsschutzes handelt. Artikel 91 der Verordnung vom 19. Dezember 198355 über die Unfallverhütung (VUV) bestimmt, welche Kosten mit dem Prämienzuschlag für die Unfallprävention gedeckt sind. Tätigkeiten der Durchführungsorgane im Bereich des Gesundheitsschutzes fallen nicht darunter, weshalb der Aufwand der Suva zugunsten von Covid-19-Kontrollen grundsätzlich nicht aus dem genannten Prämienzuschlag finanziert werden kann.

Im Sinne einer pragmatischen Lösung ist vorgesehen, dass die Aufwendungen für Covid-19-Kontrollen über den Prämienzuschlag finanziert werden. Diese Ausnahme lässt sich insofern rechtfertigen, als sie inhaltlich klar begrenzt ist und von den 52 53 54 55

STOP = Substitution, technische Massnahmen, organisatorische Massnahmen, persönliche Schutzmassnahmen SR 822.11 SR 832.20 SR 832.30

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Sozialpartnern unterstützt wird. Im Interesse, die Baustellen und Industriebetriebe unter Auflagen in Form von Hygienemassnahmen und Schutzkonzepten weiterführen zu können, deren Einhaltung auch von der Suva kontrolliert wird, sind die Sozialpartner bereit, eine entsprechende Verwendung des Präventionszuschlages nach UVG zu akzeptieren.

Art. 4

Massnahmen im Ausländer- und Asylbereich

Dieser Artikel enthält eine abschliessende Aufzählung der Bereiche, in denen der Bundesrat vom Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 200556 (AIG) und vom Asylgesetz vom 26. Juni 199857 (AsylG) abweichende Regelungen erlassen darf. Die Regelungen müssen laufend an die aktuelle Situation angepasst werden, und sie müssen sich auf die unbedingt erforderlichen Massnahmen beschränken. Zum heutigen Zeitpunkt kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Massnahmen des Bundesrates zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie im Ausländer- und im Asylbereich weitergeführt werden müssen.

Buchstabe a Mit der vorliegenden Bestimmung soll eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden, um die bisherigen Einreise- und Zulassungsbeschränkungen bei einem ausgewiesenen Bedarf über den 12. September 2020 hinaus weiterführen zu können. Der Bundesrat kann damit für Ausländerinnen und Ausländer, die aus einem Risikoland oder einer Risikoregion in die Schweiz einreisen wollen, den Grenzübertritt einschränken.

Zudem kann er die Zulassung für EU/EFTA-Staatsangehörige sowie Personen aus Drittstaaten einschränken. Das Abkommen vom 21. Juni 1999 58 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit sieht in Artikel 5 des Anhangs I vor, dass die aufgrund dieses Abkommens eingeräumten Rechte durch Massnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit eingeschränkt werden können.

Der Bundesrat ordnete im Rahmen der COVID-19-Verordnung 2 die lage- und risikoabhängige Wiedereinführung von Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen an. Dies erfolgte im Einklang mit den Regeln des Schengener Grenzkodexes, der die Möglichkeit vorsieht, bei einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit Grenzkontrollen an den Schengen-Binnengrenzen wieder einzuführen. Gleichzeitig beschloss der Bundesrat weitgehende Einschränkungen bei der Einreise aus Risikoländern und -regionen in die Schweiz. Die Einreise wurde zu Beginn der Epidemie grundsätzlich nur denjenigen Ausländerinnen und Ausländern gewährt, die über einen schweizerischen Aufenthaltstitel, eine Grenzgängerbewilligung, ein von der Schweiz ausgestelltes Visum zur geschäftlichen Besprechung oder zum Zweck eines offiziellen Besuchs, eine
Einreiseerlaubnis mit einem von der Schweiz ausgestellten Visum, eine Zusicherung der Aufenthaltsbewilligung oder eine Meldebestätigung verfügten. Ebenfalls einreisen durften Spezialistinnen und Spezialisten im Zusammenhang mit dem Gesundheitsbereich.

56 57 58

SR 142.20 SR 142.31 SR 0.142.112.681

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Aufgrund der Verbesserung der epidemiologischen Lage beschloss der Bundesrat schrittweise Lockerungsmassnahmen im Migrationsbereich. Diese Vorgehensweise knüpfte an den inländischen Lockerungsmassnahmen an.

Buchstabe b Mit der vorliegenden Bestimmung soll der Bundesrat bestimmte im AIG vorgesehene Fristen erstrecken können, wenn sie wegen der Covid-19-Epidemie nicht eingehalten werden können. Sie betreffen die Fristen, innerhalb deren der Familiennachzug erfolgen muss (Ziff. 1), die Fristen, innerhalb deren die Bewilligungen bei einem Auslandaufenthalt erlöschen (Ziff. 2), sowie die Fristen, innerhalb deren die biometrischen Daten einer Person für die Ausstellung oder Verlängerung einer Bewilligung erneuert werden müssen (Ziff. 3).

Buchstabe c Mit der vorliegenden Bestimmung soll eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden, damit die in der COVID-19-Verordnung Asyl vom 1. April 202059 vorgesehenen Regelungen bei einem ausgewiesenen Bedarf über ihre ursprünglich vorgesehene Geltungsdauer hinaus verlängert werden können.

Die Umsetzung der Massnahmen des Bundesrates und der Empfehlungen des BAG zur Eindämmung der Covid-19-Epidemie führt auch im Asylbereich zu grossen Herausforderungen. So wird eine überwiegende Mehrheit der Asylsuchenden für die Dauer ihres Asylverfahrens in Zentren des Bundes untergebracht (Art. 24 Abs. 3 AsylG). Bei rund 20 Prozent der Asylsuchenden erfolgt eine Unterbringung in kantonalen Strukturen, oft in Kollektivunterkünften. Gerade bei den kollektiven Unterbringungsformen stellen epidemiebedingte Massnahmen wie z. B. «Social Distancing» das SEM sowie die Kantone vor grosse Herausforderungen. Dies gilt nicht nur für die Unterbringung, sondern auch für die Durchführung der Asylverfahren, insbesondere bei Befragungen von Asylsuchenden, an denen mehrere Personen gleichzeitig anwesend sind (z. B. asylsuchende Person, befragende Person des SEM, Dolmetscherinnen und Dolmetscher, Rechtsvertretung und Protokollführung) und die teilweise auch mehrere Stunden dauern können.

Das SEM hat zum Schutz der Beteiligten im Asylverfahren und zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesrates und des BAG bisher zahlreiche Sofortmassnahmen ergriffen (z. B. Kapazitätserweiterung bei Unterbringungsplätzen; Einsetzung von Hilfsmitteln wie Plexiglasscheiben oder die regelmässige Reinigung der Befragungsräume
mit Desinfektionsmitteln). Zusätzlich hat der Bundesrat am 1. April 2020 die COVID-19-Verordnung Asyl verabschiedet, die in einzelnen Punkten vom geltenden AsylG abweicht. Sie beinhaltet insbesondere Regelungen zur Durchführung von Befragungen (Art. 4­6 COVID-19-Verordnung Asyl), zur Sicherstellung ausreichender Kapazitäten in den Zentren des Bundes (Art. 2­3 COVID-19Verordnung Asyl) sowie zur Verlängerung der Ausreisefristen im Asyl- und Wegweisungsverfahren (Art. 9 COVID-19-Verordnung Asyl). Sie ist gestaffelt am 2. April 2020 beziehungsweise 6. April 2020 in Kraft getreten (Art. 12 COVID-19Verordnung Asyl).

59

SR 142.318

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Vor diesem Hintergrund soll der Bundesrat gemäss Artikel 4 Buchstabe c vom AIG und vom AsylG abweichende Bestimmungen erlassen können zur Unterbringung von Asylsuchenden und zur Durchführung von Asyl- und Wegweisungsverfahren.

Im Vergleich zur Fassung im Vorentwurf hält Artikel 4 Buchstabe c neu explizit fest, dass dabei dem Schutz der Gesundheit angemessen Rechnung zu tragen ist.

Artikel 4 Buchstabe c soll gewährleisten, dass sich die Durchführung von Asyl- und Wegweisungsverfahren auch in Krisenzeiten sicherstellen lässt, die Schweiz ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen kann und Personen ohne Schutzbedarf konsequent weggewiesen werden. Dabei sind die Asyl- und Wegweisungsverfahren auch während einer epidemiebedingten Krisenzeit vollumfänglich rechtsstaatlich und fair durchzuführen, und die völkerrechtlichen Verpflichtungen sind einzuhalten. Im Bereich der Unterbringung von Asylsuchenden sollen, wo notwendig, Massnahmen zum Schutz der Gesundheit ergriffen werden können (z. B.

Bereitstellung genügender Kapazitäten oder räumliche Verbesserungen zum Schutz der Gesundheit). Diese Massnahmen betreffen die Zentren des Bundes, wie dies Artikel 4 Buchstabe c im Unterschied zur Fassung im Vorentwurf ausdrücklich festhält. Die Kantone bleiben weiterhin zuständig für die Unterbringung von asylsuchenden Personen, die ihnen zugewiesen wurden. Sie sind entsprechend zuständig für die epidemiebedingten Regelungen in den kantonalen Zentren.

Art. 5

Justizielle und verfahrensrechtliche Massnahmen

Um die in Krisenzeiten systemrelevante Funktionsfähigkeit der Behörden und Gerichte namentlich in Zivilverfahren sowie im Betreibungswesen zu gewährleisten beziehungsweise zu verbessern, wurde die COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht vom 16. April 202060 erlassen. Zu einer funktionsfähigen Justiz gehört, dass Verfahrenshandlungen mit Dritten und damit insbesondere behördliche und gerichtliche Verhandlungen und Einvernahmen durchgeführt werden können. Die teilweise beschlossenen Verhandlungsstopps sowie die verlängerten Gerichtsferien über die Ostertage konnten nur eine vorübergehende Ausnahme sein. Die COVID19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht legt fest, dass Gerichte und Behörden bei der Durchführung von Verfahrenshandlungen mit Dritten die angesichts der Empfehlungen des BAG angezeigten Massnahmen betreffend Hygiene und soziale Distanz einzuhalten haben (Art. 1). Ist die Durchführung von Verhandlungen und Anhörungen mit gleichzeitiger physischer Anwesenheit von Gericht und Parteien unter Einhaltung der angezeigten Massnahmen nicht möglich, sollen in Zivilverfahren Video- oder auch Telefonkonferenzen durchgeführt oder es soll ausnahmsweise ganz auf mündliche Verhandlungen verzichtet werden können (Art. 2­6). Zudem wurden notrechtlich punktuelle Anpassungen bei der Zustellung im Betreibungsverfahren und die Versteigerung über eine öffentlich zugängliche Online-Plattform erlaubt (Art. 7­9).

Mit der vorliegenden Bestimmung soll die Gesetzesgrundlage geschaffen werden, damit die bestehenden Massnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie ­ sofern sich dies bis zum 30. September 2020 und darüber hinaus als notwendig 60

Verordnung vom 16. April 2020 über Massnahmen in der Justiz und im Verfahrensrecht im Zusammenhang mit dem Coronavirus; AS 2020 1229, SR 272.81.

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erweisen sollten ­ im Wesentlichen verlängert oder allenfalls weitere Massnahmen getroffen werden können. Dies ist nötig, um die mittelfristige Funktionsfähigkeit des Justizbetriebs sicherzustellen, etwa durch den Abbau möglicher Pendenzenberge, und die verfassungsrechtlichen Verfahrensgarantien zu gewährleisten. Der Erlass von solchem Verordnungsrecht steht wiederum unter dem allgemeinen Vorbehalt der Notwendigkeit nach Artikel 1 Absatz 2 des Entwurfs.

Nach Artikel 5 kann der Bundesrat in bestimmten, abschliessend aufgezählten Bereichen von den Bestimmungen der Verfahrensgesetze des Bundes in Zivil- und Verwaltungssachen abweichende Regelungen erlassen, soweit die Gewährleistung des Justizbetriebs und der verfassungsrechtlichen Verfahrensgarantien es erfordert.

Unter diese Gesetze fallen das Zivilprozessrecht einschliesslich des Zwangsvollstreckungsrechts (Zivilprozessordnung61, Bundesgesetz vom 4. Dez. 194762 über den Bundeszivilprozess und SchKG) sowie das gesamte Bundesverwaltungsverfahrensund Bundesgerichtsrecht (Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dez. 196863, Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200564, Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 200565, Patentgerichtsgesetz vom 20. März 200966). Ausgeschlossen sind damit Eingriffe in kantonales Verfahrensrecht sowie insbesondere im gesamten Strafverfahrensrecht (auch für Verfahren in Strafsachen vor dem Bundesgericht und dem Bundesverwaltungsgericht), wie das auch in der Vernehmlassung gewünscht wurde.

Beim Regelungsgegenstand von Artikel 5 handelt es sich um die wesentlichen Bereiche für Ausnahmeregelungen oder einzelne Massnahmen in Zivil- und Verwaltungsverfahren nach Bundesrecht, die auch bereits Gegenstand der derzeit geltenden notrechtlichen Massnahmen waren oder sind:

61 62 63 64 65 66 67

­

Gemäss Buchstabe a können die Bestimmungen gesetzliche Fristen und Termine sowie deren Stillstand oder Wiederherstellung betreffen. Darunter würde insbesondere auch die Anordnung ausserordentlicher Gerichtsferien oder vergleichbare Massnahmen fallen, wie sie der Bundesrat mit der Verordnung vom 20. März 202067 über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19) verordnet hatte. Richterliche Fristen und Termine sind dagegen von Buchstabe a nicht erfasst.

­

Möglich sind auch Ausnahmeregelungen zum Einsatz technischer Instrumente oder Hilfsmittel wie Video- oder Telefonkonferenz bei Verfahrenshandlungen aller Art mit Teilnahme von Parteien, Zeuginnen und Zeugen oder Dritten wie Verhandlungen und Einvernahmen (Bst. b), damit die Justiz insbesondere auch unter Einhaltung der aufgrund der Empfehlungen des BAG angezeigten Massnahmen betreffend Hygiene und soziale Distanz funktionsfähig bleibt. Damit sollen bei entsprechendem Bedarf die Regelungen gemäss den Artikeln 26 der COVID-19-Verordnung Justiz und VerfahSR 272 SR 273 SR 172.021 SR 173.110 SR 173.32 SR 173.41 AS 2020 849 ausser Kraft seit dem 19. April 2020.

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rensrecht weitergeführt werden können. Im Unterscheid zum Vorentwurf verzichtet der Bundesrat in der vorliegenden Gesetzesvorlage auf die weitergehende Formulierung in Artikel 5 Buchstabe b Vorentwurf und beschränkt seine Verordnungskompetenz in diesem Bereich auf Ausnahmeregelungen zu diesen technischen Instrumenten.

­

Schliesslich können darüber hinaus spezifisch im Betreibungs- und Konkursverfahren als eigentlichem Massengeschäft, dessen Funktionsfähigkeit in der derzeitigen Krise besonders wichtig ist, insbesondere die Form und Zustellung von Eingaben, Mitteilungen und Entscheiden sowie der Einsatz von Online-Versteigerungsplattformen abweichend geregelt (Bst. c) und damit die geltenden Massnahmen gemäss COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht (Art. 7­9) allenfalls verlängert oder ersetzt werden.

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen der internationalen Rechtshilfe.

Art. 6

Massnahmen im Bereich von Versammlungen von Gesellschaften

Die Mitwirkungsrechte der Aktionärinnen und Aktionäre müssen gemäss Obligationenrecht (OR)68 in der Generalversammlung der Aktiengesellschaft ausgeübt werden. Für alle Beschlussfassungen wird ihre physische Präsenz oder die ihrer persönlichen Vertreterinnen und Vertreter verlangt. Ähnliche Regelungen gelten für andere Rechtsformen wie die GmbH, die Genossenschaft und den Verein. Damit die Aktionäre ihre Rechte trotz des vom Bundesrat in einem ersten Schritt verhängten Veranstaltungsverbots und den Vorgaben des BAG betreffend Hygiene und soziale Distanz wahrnehmen konnten, enthielt die COVID-19-Verordnung 2 eine Sondervorschrift für Generalversammlungen: Der Veranstalter (d. h. der Verwaltungsrat) konnte anordnen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Rechte ausschliesslich auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form oder durch einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter oder eine unabhängige Stimmrechtsvertreterin, der oder die vom Veranstalter bezeichnet wird, ausüben können.

Mit der vorliegenden Delegationsnorm soll die Gesetzesgrundlage geschaffen werden, damit Generalversammlungen ­ sofern sich das als notwendig erweisen sollte ­ weiterhin ohne physische Präsenz stattfinden können. Der Bundesrat kann daher Regelungen erlassen zur Ausübung der Rechte auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form oder durch einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter oder eine unabhängige Stimmrechtsvertreterin. Die Form der Schriftlichkeit richtet sich nach den Artikeln 12 ff. OR. Demgemäss wird eine Originalunterschrift verlangt. Gemäss Artikel 14 Absatz 2bis OR ist der eigenhändigen Unterschrift lediglich die mit einem qualifizierten Zeitstempel verbundene qualifizierte elektronische Signatur gemäss dem Bundesgesetz vom 18. März 201669 über die elektronische Signatur gleichgestellt. Ein normales E-Mail genügt diesen Anforderungen nicht. Bei der Ausübung der Rechte in elektronischer Form muss die Unmittelbarkeit gegeben sein, und es wird vorausgesetzt, dass jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer identifiziert beziehungsweise authentifiziert werden und sich an der Generalversammlung äussern, die Voten anderer Teilnehmenden hören und die Rechte, namentlich das Stimmrecht, 68 69

SR 220 SR 943.03

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ausüben kann. Damit müssen sich auch alle Teilnehmer zum gleichen Zeitpunkt elektronisch zusammenfinden, wie dies etwa bei der Telefon- oder Videokonferenz der Fall ist.

Da sich die Frage der Wahrung der Rechte anlässlich einer Versammlung bei sämtlichen Kapitalgesellschaften, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften, Vereinen und Genossenschaften stellt, ist die Norm rechtsformneutral ausgestaltet. Erfasst werden sämtliche Gesellschaften im weiteren Sinne; diesbezüglich wird auf die Definition in Artikel 2 Buchstabe b des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 200370 verwiesen.

Art. 7

Insolvenzrechtliche Massnahmen

Zum Schutz von Unternehmen, die per Ende 2019 finanziell gesund waren und nur epidemiebedingt in finanzielle Schwierigkeiten gekommen sind, hat der Bundesrat mit der COVID-19-Verordnung Insolvenzrecht vom 16. April 202071 verschiedene Massnahmen getroffen. Diese haben den Unternehmen ­ im Fokus stehen die KMU ­ mehr Zeit verschafft, um ihre Geschäfte zu reorganisieren und Sanierungsmassnahmen umzusetzen. Neben den direkten Unterstützungsmassnahmen durch den Bund (Kurzarbeit, Covid-Erwerbsersatz, Covid-Überbrückungsdarlehen usw.)

sowie Erleichterungen im Hinblick auf die gesellschaftsrechtlichen Anzeigepflichten bei drohender Überschuldung wurde notrechtlich das geltende Nachlassverfahren gemäss dem SchKG angepasst und ein besonderes Stundungsverfahren für KMU (COVID-19-Stundung) eingeführt. Die Erleichterungen der Anzeigepflichten und die befristete COVID-19-Stundung haben zum Ziel, diejenigen Unternehmen vor einem drohenden Konkurs zu schützen, die allein aufgrund der Covid-19-Epidemie in Liquiditätsengpässe geraten sind. Durch die Verhinderung covid-19-bedingter Konkurse sollen Arbeitsplätze und Löhne gesichert und der volkswirtschaftliche Schaden der Covid-19-Epidemie weiter eingedämmt werden.

Die COVID-19-Verordnung Insolvenzrecht trat am 20. April 2020 in Kraft und gilt bis zum 20. September 2020. Da nicht absehbar ist, dass ab September zur Bewältigung der Folgen der Covid-19-Epidemie kein Bedarf für solche insolvenzrechtlichen Massnahmen mehr besteht, soll in der vorliegenden Gesetzesvorlage die Grundlage für eine allfällige Verlängerung dieser abweichenden und ergänzenden Bestimmungen zum SchKG geschaffen werden. Voraussetzung ist, dass diese spezifischen Massnahmen zur Verhinderung von Massenkonkursen und zur Stabilisierung der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft (weiterhin) erforderlich sind. Allenfalls sind zu diesem Zweck auch nur bestimmte insolvenzrechtliche Massnahmen zu verlängern und punktuelle Ersatzmassnahmen im Nachlass- oder im (besonderen) Stundungsverfahren zu treffen. Abgesehen wird demgegenüber von einer Delegationsnorm für weitere abweichende Regelungen von den Bestimmungen über die Überschuldungsanzeige, sodass die derzeit geltenden notrechtlichen Regelungen grundsätzlich mit dem Ende der COVID-19-Verordnung Insolvenzrecht auslaufen.

Die Motionen 20.3418 Ettlin und 20.3376 Regazzi «Verlängerung der befristeten

70 71

SR 221.301 SR 281.242

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Entbindung von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige bis 31. Dezember 2021» hingegen verlangen vom Bundesrat eine Verlängerung dieser Massnahme.

Art. 8

Massnahmen im Kulturbereich

Die Covid-19-Epidemie hat schwerwiegende Auswirkungen auf den Kulturbereich: Seit dem 28. Februar 2020 dürfen keine Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen mehr stattfinden. Es mussten seither unzählige kulturelle Grossveranstaltungen abgesagt werden. Ab dem 17. März 2020 durften für längere Zeit gar keine Veranstaltungen mehr stattfinden. Die meisten Kulturunternehmen (z. B. Festivals, Theater, Konzertveranstalter und Museen) mussten ihren Betrieb vorübergehend ganz einstellen.

Der Bundesrat verabschiedete die COVID-Verordnung Kultur am 20. März 202072 und setzte sie per 21. März 2020 in Kraft. Die Verordnung wurde auf zwei Monate befristet. Sie sollte dazu beitragen, eine nachhaltige Schädigung der Schweizer Kulturlandschaft zu verhindern und die kulturelle Vielfalt der Schweiz zu erhalten.

Die Verordnung sah Soforthilfen und Ausfallentschädigungen für Kulturunternehmen und für Kulturschaffende sowie die Unterstützung von Kulturvereinen im Laienbereich vor.

Am 13. Mai 202073 verabschiedete der Bundesrat eine Änderung der COVIDVerordnung Kultur. Neben kleineren Anpassungen wurde die Soforthilfe (Darlehen) für Kulturunternehmen abgeschafft. Im Gegenzug hat das Parlament die Ausfallentschädigung aufgestockt, die der Bund den Kantonen ausrichtet, sofern diese Kantone die Bundesmittel wie bereits bisher durch eigene Mittel in gleicher Höhe ergänzen.

Zudem wurde die Geltungsdauer der Verordnung um weitere vier Monate bis zum 20. September 2020 verlängert. Die Ausfallentschädigungen werden von Bund und Kantonen gemeinsam (je hälftig) finanziert.

Die durch die Covid-19-Epidemie ausgelösten wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Kultursektor werden über den 20. September 2020 hinausgehen. Die meisten Kulturunternehmen sind noch weit vom Normalbetrieb entfernt. Das ist unter anderem auf folgende Gründe zurückzuführen:

72 73

­

Jede Kulturveranstaltung erfordert einen zeitlichen Vorlauf: Neue Inszenierungen müssen konzipiert und geprobt, Tourneen und Konzertreisen vorbereitet, Ausstellungen erarbeitet, Künstlerinnen und Künstler engagiert und Zulieferer beauftragt werden. Der notwendige Vorlauf für einen Neustart benötigt je nach Veranstaltung zwischen 3 und 18 Monaten.

­

Die Einhaltung der Schutzkonzepte führt zu einer Reduktion der absoluten Grösse der Veranstaltungen (nicht mehr als 1000 Personen) respektive der Auslastung (Distanzregeln). Verschiedene Kantone (BL, BS, SO, AG, TI, VS, ZG, LU und FR) haben im Weiteren entschieden, die Vorgaben des Bundes im Bereich von Veranstaltungen, Restaurationsbetrieben sowie Klubs und Bars zu verschärfen, was die finanzielle Situation im Kultursektor akzentuiert (Wegfall von Auftrittsmöglichkeiten).

SR 442.15 AS 2020 1583

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­

Nach einer repräsentativen Umfrage von Anfang Juni 2020 haben rund 75 Prozent der Schweizer Bevölkerung gesundheitliche Bedenken in Bezug auf den Besuch von Kulturveranstaltungen, was zu einer aktuell sehr tiefen Nachfrage führt.74

Die erwähnten Punkte haben zur Folge, dass Kulturunternehmen, Kulturschaffende und Kulturvereine im Laienbereich weiterhin starke und existenzbedrohende Umsatzeinbussen erleiden und mit Mehrkosten konfrontiert sind. So belief sich etwa die Auslastung der Theater in der Schweiz vor der Covid-19-Epidemie ­ je nach Theater ­ auf zwischen rund 60 und 75 Prozent (mit Ausnahmen). Bei Einhaltung der empfohlenen Distanzregeln muss aktuell jeder zweite Sitzplatz in Theatern leer bleiben, was zu einer maximalen Auslastung von 50 Prozent und entsprechenden Einbussen führt. Die Kinos mussten seit ihrer Wiedereröffnung am 8. Juni 2020 in den ersten vier Wochen einen Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahr von 71 Prozent verzeichnen. Mehrere Kinos haben inzwischen den Betrieb wieder ganz eingestellt. Für Kulturschaffende ist das Erlangen von neuen Engagements noch für längere Zeit eingeschränkt, da die Veranstalter aktuell deutlich weniger Anlässe als in der Vergleichsperiode im Vorjahr programmieren und vor allem auch die internationalen Auftrittsmöglichkeiten noch immer weitgehend wegfallen. Die Kultur gehört nach dem Gesagten zu den Branchen, die während des Lockdowns einen sehr hohen Wertschöpfungsverlust von bis zu 100 Prozent erlitten haben und deren Erholung auch nach den Lockerungsmassnahmen sehr lange dauern wird. Aufgrund der noch längere Zeit andauernden wirtschaftlichen Schwierigkeiten soll der Kultursektor auch über den 20. September 2020 hinaus finanziell unterstützt werden können. Dies steht in Einklang mit den verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Bundes. Gemäss Artikel 69 Absatz 2 BV kann der Bund kulturelle Bestrebungen unterstützen, sofern ein «gesamtschweizerisches Interesse» vorliegt. Das Ziel der geplanten Unterstützungsmassnahmen, die gravierenden Auswirkungen der Covid-19-Epidemie auf die Schweizer Kulturlandschaft abzufedern, steht in Einklang mit dieser Voraussetzung.

Gestützt auf die bisherigen Erfahrungen beim Vollzug der COVID-Verordnung Kultur sowie massgeblichen Stellungnahmen aus der Vernehmlassung sollen die Massnahmen im Kulturbereich in Zukunft vereinfacht werden: Erstens wird die Anzahl der Instrumente reduziert. In Zukunft steht für jede Anspruchsgruppe (Kulturunternehmen, Kulturschaffende und Kulturvereine im Laienbereich) noch je eine Fördermassnahme zur Verfügung. Damit
wird die im Vollzug anspruchsvolle Abhängigkeit zwischen den bisher zwei Massnahmen für Kulturschaffende beseitigt.

Zweitens wird die Ausgestaltung der Massnahmen zur Unterstützung der Kulturunternehmen vereinfacht. In Zukunft erhalten die Kantone über eine Leistungsvereinbarung Bundesmittel ausgerichtet, die sie für die Unterstützung der Kulturunternehmen einsetzen können. Die Kantone müssen bei der Mittelverwendung nicht zwingend wie bisher komplexe Schadensberechnungen vornehmen (vgl. Erläuterungen zu Abs. 2). Das bisherige Instrument zur Unterstützung der Vereine im Laienbereich wird fortgeführt.

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L'Oeil du public GmbH, Kulturbesuche in der Zeit nach Corona, Studie im Auftrag der kantonalen Kulturbeauftragten, Juni 2020, S. 15.

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Absatz 1 Wie bisher im Rahmen der COVID-Verordnung Kultur kann der Bund privatrechtliche Kulturunternehmen, Kulturschaffende und Kulturvereine im Laienbereich mit Finanzhilfen unterstützen. Als Kulturunternehmen gelten juristischen Personen aus dem Kultursektor. Als Kulturschaffende gelten natürliche Personen aus dem Kultursektor. Die nähere Definition des Kultursektors erfolgt nach Anhörung der Kantone in einer Verordnung des Bundesrates. Die Definition wird sich an jener der COVIDVerordnung Kultur orientieren, wird aber möglicherweise punktuell angepasst werden. Wie bisher werden die Kantone damit ihre eigenen kulturpolitischen Prioritäten setzen können.

Absatz 2 Das Instrument der Leistungsvereinbarung belässt den Kantonen einen Handlungsspielraum und legt namentlich die zu erreichenden Ziele fest. Damit werden den Kantonen die ihren Bedürfnissen entsprechenden Gestaltungsfreiheiten und Mitwirkungsmöglichkeiten gewährt. Die Ziele werden ­ dem Zweckartikel der Vorlage entsprechend ­ auf die Bewältigung der Auswirkungen der Covid-19-Epidemie ausgerichtet sein. Das BAK stellt dafür den Kantonen für das Jahr 2021 höchstens 80 Millionen Franken zur Verfügung. Eines der Ziele wird darin bestehen, die finanzielle Belastung der Kulturunternehmen abzumildern, um den Konkurs kulturpolitisch zentraler Akteure nach Möglichkeit zu verhindern. Die Weiterexistenz von Kulturunternehmen hilft auch den Kulturschaffenden, indem insbesondere Auftrittsund damit Erwerbsmöglichkeiten erhalten bleiben. Im Weiteren ist aber auch anzustreben, dass sich Kulturunternehmen an die neuen Realitäten anpassen. Dazu sollen die Kantone gestützt auf die Leistungsvereinbarung auch Transformationsprojekte unterstützen können. Es können dabei auch Projekte von Kulturschaffenden unterstützt werden, die sich zu einer rechtlich selbstständigen Arbeitsgemeinschaft zusammengetan haben. Die Eckwerte zu allen Massnahmen gemäss Leistungsvereinbarung müssen nach Absatz 10 in einer Bundesratsverordnung festgelegt werden.

Absatz 3 Wie bereits bisher im Rahmen der COVID-Verordnung Kultur sind die Kantone weiterhin verpflichtet, die zugesprochenen Bundesmittel durch eigene Mittel in gleicher Höhe zu ergänzen, falls sie Bundesmittel in Anspruch nehmen wollen. Jeder Kanton kann frei entscheiden, ob er eine Leistungsvereinbarung abschliessen will
oder nicht. Es gibt somit keine Pflicht zur Beteiligung, womit die Kulturhoheit der Kantone vollumfänglich gewährleistet bleibt. Zum hälftigen Anteil der Kantone an der Finanzierung von Massnahmen gemäss Leistungsvereinbarung werden allfällige Beiträge der Städte und Gemeinden sowie der Lotterien angerechnet. Damit sichergestellt ist, dass es sich um Beiträge zur Linderung der Folgen der Pandemie handelt, werden die Beiträge der Kantone nur berücksichtigt, soweit das bisherige Niveau der jeweiligen Kulturausgaben überschritten wird. Aus diesem Grund dient die Rechnung 2019 als Referenz. Bund und Kantone sollen gemeinsam mit einer Sonderanstrengung auf den Zusatzbedarf der Kulturunternehmen reagieren.

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Absatz 4 Die Bestimmung entspricht im Grundsatz der bisherigen Regelung in der COVIDVerordnung Kultur. Auch in Zukunft wird zur Ermittlung des Bedarfs der Kulturschaffenden auf deren Vermögens- und Einkommensverhältnisse abgestellt. Eine Ausrichtung von Pauschalen ohne Prüfung der tatsächlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse ­ wie teilweise im Rahmen der Vernehmlassung beantragt ­ schliesst der Bundesrat aus. Nur wenn ein tatsächlicher Bedarf nachgewiesen ist, lässt sich die Unterstützung rechtfertigen. Mit der Behandlung der Gesuche von Kulturschaffenden wird wie bisher der Verein Suisseculture Sociale betraut. Der Verein hat sich als Durchführungsstelle bewährt und soll diese Aufgabe weiterführen. Das BAK stellt Suisseculture Sociale auf der Grundlage einer Leistungsvereinbarung die für die Auszahlung der Geldleistungen notwendigen Finanzmittel für das Jahr 2021 höchstens 20 Millionen Franken zur Verfügung.

Absatz 5 Als Durchführungsstelle wird Suisseculture Sociale auf der Grundlage der Leistungsvereinbarung für ihren Verwaltungsaufwand entschädigt.

Absatz 6 Der Bundesrat legt die Voraussetzungen (Anspruchsberechtigung, Beitragsbemessung usw. sowie die Rechtsmittel) in Bezug auf die Nothilfe an Kulturschaffende in einer Verordnung fest (Abs. 10). Ein Beitragsreglement von Suisseculture Sociale, welches das BAK genehmigen muss, regelt die Modalitäten sowie das Gesuchsverfahren. Ein solches Reglement besteht bereits heute gestützt auf die COVIDVerordnung Kultur («Vergabereglement»). Die Anspruchsvoraussetzungen und die Berechnung der Geldleistungen sowie die Umsetzungsmodalitäten werden im Wesentlichen weitergeführt und allenfalls punktuell angepasst. Da die bisherigen Ausfallentschädigungen an Kulturschaffende wegfallen, ist damit zu rechnen, dass sich die Lücke zwischen dem unmittelbaren Lebensbedarf und dem anrechenbaren Einkommen in Zukunft vergrössern wird. Dies wird im Durchschnitt zu einer höheren Nothilfe als bisher führen.

Absatz 7 Die Möglichkeit einer Entschädigung an Kulturvereine im Laienbereich sowie die maximale Entschädigungshöhe von 10 000 Franken entsprechen der bisherigen Regelung gemäss der COVID-Verordnung Kultur. Bei den anerkannten Dachverbänden als Durchführungsstellen handelt es sich um: Schweizer Blasmusikverband (SBV), Schweizerische Chorvereinigung (SCV),
Zentralverband Schweizer Volkstheater (ZSV) und Fédération suisse des sociétés théâtrales d'amateurs (FSSTA).

Das BAK stellt diesen Verbänden auf der Grundlage von Leistungsvereinbarungen die für die Entschädigungen notwendigen Finanzmittel für das Jahr 2021 höchstens 10 Millionen Franken zur Verfügung.

Absatz 8 Als Durchführungsstellen werden die vier Dachverbände nach Absatz 7 auf der Grundlage der Leistungsvereinbarungen für ihren Verwaltungsaufwand entschädigt.

6609

BBl 2020

Absatz 9 Wie bisher erfolgen die Entschädigungen pauschalisiert gestützt auf die Höhe des finanziellen Schadens und der Anzahl aktiver Mitglieder des Kulturvereins. Die Details zum Verfahren werden in den Leistungsvereinbarungen zwischen dem BAK und den Dachverbänden geregelt.

Absatz 10 Die Bestimmung dient dazu, dass die Gesuche nach Möglichkeit noch während der Geltungsdauer des Gesetzes bewilligt oder abgelehnt werden können. Bei komplexen Dossiers im Bereich der Ausfallentschädigungen an Kulturunternehmen kann eine Zusatzfrist von höchstens zwei Monaten gewährt werden.

Absatz 11 Dieser Absatz ermächtigt den Bundesrat, die unterstützungswürdigen Kulturbereiche und die übrigen Anspruchsvoraussetzungen auf Verordnungsebene zu regeln, wobei der Bundesrat die Kantone miteinbezieht (vgl. Art. 1 Abs. 3).

Art. 9

Massnahmen im Medienbereich

Die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) und des Nationalrates (KVF-N) haben am 23. April 2020 beziehungsweise 27. April 2020 die Motionen 20.3145 und 20.3154 «Unabhängige und leistungsfähige Medien sind das Rückgrat unserer Demokratie» eingereicht. Mit den am 4. Mai beziehungsweise 5. Mai 2020 überwiesenen Motionen wurde der Bundesrat beauftragt, eine Überbrückungshilfe für die Schweizer Medien zu leisten. Der Bundesrat hat darauf zwei Verordnungen erlassen: Mit der Covid-19-Verordnung Printmedien vom 20.

Mai 202075 wird die heutige indirekte Presseförderung ausgebaut. Die aktuell geförderten abonnierten Tages- und Wochenzeitungen der Regional- und Lokalpresse werden seit dem 1. Juni 2020 und während sechs Monaten im Tageskanal der Post kostenlos zugestellt. Weiter beteiligt sich der Bund seit dem 1. Juni 2020 vorübergehend an den Kosten der Tageszustellung von abonnierten Tages- und Wochenzeitungen mit einer Gesamtauflage von mehr als 40 000 Exemplaren pro Ausgabe.

Diese Titel sind gemäss der geltenden Regelung aufgrund der Auflagenhöhe nicht förderberechtigt. Sie sollen vorübergehend ebenfalls von einer Zustellermässigung in der Höhe der im Jahr 2020 gewährten Ermässigung von 27 Rappen pro Exemplar profitieren, sofern die restlichen Voraussetzungen der Gewährung von Zustellermässigungen für die Regional- und Lokalpresse erfüllt sind. Die Kosten für diese Massnahmen belaufen sich auf insgesamt 17,5 Millionen Franken. Die Beiträge werden nur geleistet, wenn sich die betreffende Herausgeberin verpflichtet, für das Geschäftsjahr 2020 keine Dividende auszuschütten.

Gemäss der Covid-19-Verordnung elektronische Medien vom 20. Mai 202076 übernimmt der Bund für die Zeit vom 1. Juni 2020 bis zum 30. November 2020 die Abonnementskosten der Basisdienste Text der Nachrichtenagentur Keystone-SDA

75 76

SR 783.03 SR 784.402

6610

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in Bezug auf die Nutzungsrechte für elektronische Medien im Umfang von 10 Millionen Franken.

Mit der ­ zwingenden ­ Befristung auf sechs Monate ist der Auftrag der Motionen nicht erfüllt. Eine darüberhinausgehende Unterstützung, wie sie der Motionstext verlangt, soll mit diesem Gesetz sichergestellt werden. Die Massnahmen zugunsten der Printmedien sollen bis längstens zum Inkrafttreten des Massnahmenpakets zugunsten der Medien gelten und kosten monatlich rund 3 Millionen Franken. Das Massnahmenpaket zugunsten der Medien befindet sich derzeit in der parlamentarischen Beratung und wird voraussichtlich Mitte 2021 in Kraft treten. Eine Übernahme der Abonnementskosten der Basisdienste Text der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ist bis zur Ausschöpfung des bereits bestehenden Kostendachs im Umfang von 10 Millionen Franken vorgesehen, längstens aber bis zum Inkrafttreten des Massnahmenpaketes zugunsten der Medien. Für diesen Bereich sollen keine zusätzlichen finanziellen Mittel gesprochen werden.

Um eine Doppelspurigkeit zwischen der vorliegenden Regelung und dem Massnahmenpaket zugunsten der Medien zu vermeiden, sollte der Gesetzgeber den vorliegenden Artikel auf das Inkrafttreten des Massnahmenpakets hin aufheben. Im Unterschied zum Vorentwurf ist die Befristung der Massnahmen im Medienbereich bis zum Inkrafttreten des Massnahmenpakets zugunsten der Medien neu ausdrücklich in der Gesetzesvorlage verankert (Abs. 2).

Analog zur Covid-19-Verordnung Printmedien setzt die Auszahlung der Ermässigungen nach Absatz 1 Buchstaben a und b voraus, dass sich die betreffende Herausgeberin gegenüber dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) schriftlich verpflichtet, für das entsprechende Geschäftsjahr keine Dividende auszuschütten. Im Unterschied zum Vorentwurf wird diese Voraussetzung in Absatz 4 explizit verankert.

Der Bundesrat nimmt im Unterschied zum Vorentwurf neu einen Absatz 5 auf.

Dieser regelt direkt die Förderungsvoraussetzungen sowie das Verfahren zur Übernahme der Abonnementskosten der Keystone-SDA.

Art. 10

Massnahmen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls

Der Bundesrat hat rasch reagiert, um die Erwerbsausfälle aufgrund der Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus zu mildern. Er hat die COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall vom 20. März 202077 verabschiedet und darin festgelegt, dass Angestellten, Selbstständigerwerbenden und Eltern eine besondere Erwerbsausfallsentschädigung gewährt wird. Die Verordnung trat rückwirkend auf den 17. März 2020 in Kraft und gilt bis zum 16. September 2020.

Anspruch auf die Entschädigung haben Eltern, die ihre (unselbstständige oder selbstständige) Erwerbstätigkeit wegen des Ausfalls der Fremdbetreuung ihrer Kinder unterbrechen mussten, namentlich weil die Schulen oder Sonderschulen geschlossen wurden oder weil ihre Kinder von besonders gefährdeten Personen betreut wurden. Der Unterbruch der Erwerbstätigkeit infolge ärztlich oder behördlich angeordneter Quarantäne verleiht ebenfalls einen Anspruch auf Entschädigung 77

SR 830.31

6611

BBl 2020

während zehn Tagen. Anspruchsberechtigt sind ferner Selbstständigerwerbende, die aufgrund einer Massnahme nach Artikel 6 Absätze 1 und 2 der COVID-19Verordnung 2 einen Erwerbsausfall erlitten haben oder erleiden und von der Schliessung öffentlich zugänglicher Einrichtungen wie Restaurants, kleiner Geschäfte, Coiffeursalons oder Fitnesscentern betroffen sind, oder auch Musikerinnen und Musiker, Künstlerinnen und Künstler sowie Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die vom Veranstaltungsverbot betroffen sind. Gewährt wird die Entschädigung ausserdem den Selbstständigerwerbenden, die von den Massnahmen nach Artikel 6 Absätze 1 und 2 der COVID-19-Verordnung 2 nicht unmittelbar betroffen sind, die jedoch aufgrund der bundesrätlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus einen Erwerbsausfall erleiden und die als Härtefälle gelten, weil ihr massgebendes Einkommen für die Bemessung der AHV-Beiträge für das Jahr 2019 zwischen 10 000 und 90 000 Franken liegt.

In Bezug auf die Umsetzung und das Verfahren lehnt sich diese neue vorübergehende Leistung an das System beim Erwerbsersatz gemäss dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 195278 an. Dank diesem Ansatz konnten die Entschädigungen sehr rasch überwiesen werden. Die beiden Versicherungen sind jedoch sowohl hinsichtlich Finanzierung als auch gewährter Leistungen vollkommen getrennt.

Es ist wichtig, dem Bundesrat in einer Gesetzesbestimmung die Kompetenz einzuräumen, die Entschädigung im Zusammenhang mit Einschränkungen, die allenfalls über den Ablauf der Verordnung hinaus bestehen, weiter auszurichten.

Absatz 1 In diesem Absatz wird die Gesetzesgrundlage geschaffen, damit der Bundesrat die Entschädigung im Zusammenhang mit den allfälligen Einschränkungen, die aufrechterhalten werden, nach wie vor ausrichten kann. Anspruchsberechtigt sind Personen, die aufgrund der Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus ihre unselbstständige oder selbstständige Erwerbstätigkeit unterbrechen mussten. Dies betrifft namentlich Arbeitnehmende und Selbstständigerwerbende, die sich aufgrund einer behördlichen oder ärztlichen Anordnung in Quarantäne begeben müssen (ohne Rückkehrende aus Risikogebieten); Arbeitnehmende oder Selbstständigerwerbende, die aufgrund eines quarantänebedingten Ausfalls der Fremdbetreuung ihrer Kinder ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend
unterbrechen müssen; Selbstständigerwerbende, deren Betrieb auf Anordnung von Bundes- oder Kantonsbehörden wegen COVID geschlossen wird; Selbstständigerwerbende, die nachweisen können, dass ihre Geschäftstätigkeit aufgrund von behördlich untersagten Veranstaltungen vollständig verunmöglicht wird. Selbstständigerwerbende, die nicht verpflichtet sind, ihre Erwerbstätigkeit zu unterbrechen, haben keinen Anspruch.

Absatz 2 Dieser Absatz regelt den Umfang der Kompetenzdelegation. Wie in der COVID-19Verordnung Erwerbsausfall regelt der Bundesrat insbesondere den Beginn und das Ende des Anspruchs auf Entschädigung (Bst. a), die Höchstmenge an Taggeldern (Bst. b), die Höhe und die Bemessung der Entschädigung (Bst. c) sowie das Verfah78

SR 834.1

6612

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ren (Bst. d). Gestützt auf Absatz 2 Buchstabe d regelt der Bundesrat, dass der Anspruch während der Laufzeit des Gesetzes geltend gemacht werden muss und die fünfjährige Verjährungsfrist gemäss dem Erwerbsersatzgesetz keine Anwendung findet.

Art. 11

Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung

Mit den Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie hat der Bundesrat bedeutende Einschränkungen bei verschiedenen wirtschaftlichen Tätigkeiten angeordnet, die unmittelbar grosse Leistungsansprüche bei der Arbeitslosenversicherung auslösten. Die Effekte auf dem Arbeitsmarkt gehen dabei in ihrer Intensität über jene von üblichen konjunkturellen Schwankungen hinaus, da verschiedene Arbeitstätigkeiten vorübergehend ganz verboten wurden. Als eine in schwierigen Arbeitsmarktsituationen erfolgreiche Massnahme hat sich das Instrument der Kurzarbeitsentschädigung (KAE) der Arbeitslosenversicherung bewährt. Mit der KAE bietet die Arbeitslosenversicherung den Unternehmen im Falle von starken, aber voraussichtlich vorübergehenden Auftragseinbrüchen eine Alternative zu Entlassungen. Der Bezug von KAE soll vorübergehende Beschäftigungseinbrüche ausgleichen und Arbeitsplätze erhalten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie deren Knowhow bleiben im Unternehmen, und der Arbeitgeber behält die kurzfristige Verfügbarkeit über die Arbeitskräfte.

Die COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung vom 20. März 202079 trat rückwirkend auf den 1. März 2020 in Kraft und ist bis zum 31. August 2020 befristet. Mit der Verordnung wurde erstens der Anspruch auf KAE auf Personen in befristeten Arbeitsverhältnissen, in Lehrverhältnissen oder im Dienste einer Organisation für Temporärarbeit ausgedehnt. Zweitens wurde die Karenzfrist für den Bezug von KAE aufgehoben; mit der Verordnung vom 20. März 202080 über Massnahmen im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19) zur Kurzarbeitsentschädigung und zur Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge wurde Artikel 50 Absatz 2 der Arbeitslosenversicherungsverordnung vom 31. August 198381 über die Karenzfristen formell aufgehoben. Drittens wurde der Anspruch auf Kurzarbeit auch auf Personen ausgeweitet, die sich in einer arbeitgeberähnlichen Stellung befinden oder im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin oder des eingetragenen Partners oder der eingetragenen Partnerin mitarbeiten. Bei einer Vollzeitanstellung erhielten diese Personen eine Pauschalentschädigung in der Höhe von 3320 Franken. Ferner wurden die Arbeitgeber davon befreit, die Entschädigungen vorzuschiessen und den Arbeitslosenkassen die Bestätigung der Überweisung der Sozialbeiträge vorzulegen.

Am 25. März 202082
hat der Bundesrat die Verordnung in verschiedenen Punkten angepasst. Mit der Änderung wurde (i.) auf die regelmässige Einreichung des Nachweises von Arbeits-bemühungen verzichtet sowie (ii.) die Frist für das erste Beratungs- und Kontrollgespräch von 15 auf 30 Tage nach Anmeldung zur Arbeitsvermittlung verlängert, wobei (iii.) dieses Gespräch telefonisch erfolgen musste; (iv.) zudem wurde die Anzahl der Taggelder und die Verlängerung der Rahmenfrist 79 80 81 82

SR 837.033 AS 2020 875 SR 837.02 AS 2020 1075

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des Leistungsbezuges für versicherte Personen erhöht, (v.) die Frist zur Voranmeldung von Kurzarbeit verkürzt und (vi.) die Bewilligungsdauer von Kurzarbeit von 3 auf 6 Monate verlängert. Am 8. April 202083 weitete der Bundesrat den Anspruch auf KAE auch auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Abruf aus, bei denen der Beschäftigungsgrad mehr als 20 Prozent geschwankt hat.

Die Mehrzahl der in der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung aufgeführten Massnahmen werden spätestens am 31. August 2020 aufgehoben. Weitergeführt werden sollen einzelne Massnahmen, die in den folgenden Abschnitten zu den Buchstaben a­d beschrieben sind.

Buchstabe a Nach Artikel 4 der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung ist ein Arbeitsausfall anrechenbar, wenn er Personen in einem Lehrverhältnis betrifft. Mit dieser Massnahme kann die duale Berufsbildung ­ eine Säule des Schweizer Berufsbildungssystems ­ bewahrt werden.

Der Bundesrat kann in Abweichung von Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe b des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 198284 (AVIG) einen Anspruch auf Entschädigung für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner sowie Lehrmeisterinnen und Lehrmeister vorsehen, die Lernende betreuen und ausbilden. So sollen Lehrbetriebe unterstützt werden, die wegen finanzieller Schwierigkeiten KAE beziehen müssen und sonst nicht in der Lage wären, eine hohe Ausbildungsqualität aufrechtzuerhalten und die Lehrverträge mit ihren Lernenden fortzuführen.

Entsprechend können die Berufsbildnerinnen und Berufsbildner auch dann KAE beziehen, wenn kein Arbeitsausfall anrechenbar ist, und die Betreuung der Jugendlichen in Ausbildung sicherstellen. Diese werden im Betrieb weiterhin ausgebildet und betreut, damit sie die praktischen Kenntnisse für ihren künftigen Beruf unter den bestmöglichen Bedingungen erwerben können.

Mit der vorgeschlagenen Bestimmung kann ausserdem die vom Parlament angenommene Motion 16.3884 Bühler «Rasche Unterstützung für Lehrbetriebe mit Kurzarbeit» umgesetzt werden.

Buchstabe b Nach Artikel 8g Absatz 1 der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung können Unternehmen mit einem Arbeitsausfall von über 85 Prozent der normalen betrieblichen Arbeitszeit in Abweichung von Artikel 35 Absatz 1bis AVIG vier Abrechnungsperioden überschreiten.

Die Abrechnungsperioden, für die ein Betrieb im Zeitraum
zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. August 2020 einen Arbeitsausfall von über 85 Prozent geltend gemacht hat, sollen keinen Einfluss auf das Anrecht des Betriebs haben, ausserhalb dieses Zeitrahmens für einen Arbeitsausfall von über 85 Prozent während vier Abrechnungsperioden KAE zu beziehen.

83 84

AS 2020 1201 SR 837.0

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Da diese Massnahme über die Geltungsdauer der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung hinaus wirksam ist, muss der Bundesrat vorsehen können, dass Abrechnungsperioden, für die der Arbeitsausfall zwischen dem 1. März und dem 31.

August 2020 85 Prozent der betrieblichen Arbeitszeit überschritten hat, in Anwendung von Artikel 35 Absatz 1bis AVIG nicht berücksichtigt werden. Dies ist insbesondere wichtig für Unternehmen, die aufgrund der behördlichen Massnahmen in ihrer Tätigkeit weiterhin stark eingeschränkt sind.

Buchstabe c In Artikel 8a der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung wurden allen anspruchsberechtigten Personen während der Covid-Epidemie höchstens 120 zusätzliche Taggelder zugesprochen und die Rahmenfrist für den Leistungsbezug bei Bedarf um zwei Jahre verlängert. So wurde sichergestellt, dass während der Covid19-Epidemie niemand ausgesteuert wurde und dass die Taggelder auch tatsächlich bezogen werden können. Ziel war es zu vermeiden, dass Personen, die durch die Covid-19-Epidemie sehr schlechte Chancen hatten, wieder eine Beschäftigung zu finden, dadurch benachteiligt wurden.

Durch die Befristung der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung würde die Verlängerung der Rahmenfrist für den Leistungsbezug am 31. August 2020 enden. Alle Personen, die durch die Massnahme vor der Aussteuerung bewahrt wurden, würden per 31. August ausgesteuert. Der Bezug der regulären Taggelder, die während der Covid-19-Epidemie nicht beansprucht wurden, wäre auch für Personen, die nicht ausgesteuert würden, unter Umständen nicht möglich, weil sie das Ende ihrer Rahmenfrist erreichen würden, bevor sie ihre erarbeiteten Taggelder beziehen könnten.

Ebenfalls konnten Versicherte, die während der Covid-19-Epidemie arbeitslos waren, keine Beitragszeiten und keine Verdienste erwerben, die ihnen bei einer erneuten Arbeitslosigkeit angerechnet werden können. Daher muss auch die Rahmenfrist für die Beitragszeit bei Bedarf verlängert werden, damit durch die Arbeitslosigkeit während der Covid-19-Epidemie keine spätere Benachteiligung entsteht.

Durch die symmetrische Verlängerung der Rahmenfrist für die Beitragszeit und einer eventuell bestehenden vorherigen Rahmenfrist für den Leistungsbezug ist ausgeschlossen, dass es zu Überschneidungen der Rahmenfristen kommt und Beitragsmonate nochmals angerechnet
werden, die bereits bei einer früheren Arbeitslosigkeit berücksichtigt wurden.

Buchstabe d Während des Lockdowns haben Schweizer Unternehmen in massivem Umfang KAE beantragt. Daher war es nicht mehr möglich, die herkömmlichen Verfahren zur Voranmeldung und Abrechnung von Kurzarbeit anzuwenden. Der Bundesrat verzichtete beim Voranmeldungsverfahren auf einen Teil der Fragen zur Gewährung des Anspruchs und beim Entschädigungsverfahren auf eine Abrechnung pro einzelne Mitarbeitende.

Die Abrechnung der ausbezahlten KAE erfolgte während der ausserordentlichen Lage in einem summarischen Verfahren. Dieses vereinfachte Verfahren ohne Beach6615

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tung sämtlicher rechnerischer Vorgaben war notwendig, um den betroffenen Betrieben möglichst rasch und einfach Zahlungen leisten zu können, das heisst unbürokratisch und ohne grosse Wartezeit. Diese summarische Abrechnung der KAE (pro Betrieb) führt aber dazu, dass zur herkömmlichen Abrechnung, die sich auf einzelne Mitarbeitende bezieht, Differenzen auftreten können. Das geschieht immer dann, wenn Mitarbeitende mit unterschiedlichen Löhnen in unterschiedlichem Ausmass von wirtschaftlich bedingten Ausfallstunden betroffen sind.

Da die zwei oben erwähnten im Notrecht verabschiedeten Verfahren von den herkömmlichen im Zusammenhang mit Kurzarbeit angewendeten Verfahren (Art. 34 Abs. 2 und 38 Abs. 3 Bst b AVIG) abweichen, räumt Artikel 11 Buchstabe d des Entwurfs dem Bundesrat die Kompetenz ein, diese (summarischen) Verfahren im Einzelnen in einer Verordnung zu regeln, z. B. in der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung.

Art. 12

Strafbestimmungen

Artikel 12 Absatz 1 gibt dem Bundesrat die Befugnis, Verstösse gegen Massnahmen, die er in Anwendung von Artikel 2 oder 3 anordnet, als Übertretung («Mit Busse wird bestraft ...») für strafbar zu erklären. Es obliegt dem Bundesrat festzulegen, gegen welche der Massnahmen Verstösse als Übertretungen bestraft werden sollen.

Die vorgeschlagene Bestimmung legt ausdrücklich fest, dass die vorsätzliche und die fahrlässige Begehung strafbar sind.

Absatz 2 ermächtigt den Bundesrat festzulegen, ob und gegebenenfalls welche Verstösse gegen Massnahmen nach Artikel 2 oder 3 im Ordnungsbussenverfahren geahndet werden sollen. Der Bundesrat hat auch die Höhe der Busse festzulegen, wobei er an den Höchstbetrag von 300 Franken (analog jenem gemäss den Regeln des Ordnungsbussengesetzes vom 18. März 201685) gebunden ist.

Art. 13

Vollzug

Diese Bestimmung hält fest, dass der Bundesrat den Vollzug der Massnahmen nach diesem Gesetz regelt. Damit soll sichergestellt werden, dass der Vollzug der Massnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie, wie er in den einzelnen Verordnungen vorgesehen ist, formell-gesetzlich abgestützt ist.

Art. 14

Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer

Dringliche Bundesgesetze sind aufgrund der Vorgabe von Artikel 165 Absatz 1 BV zu befristen. Die BV äussert sich nicht zur Maximaldauer. In der Praxis haben sich Fristen von zwei bis sechs Jahren etabliert.86 Für die dringliche Änderung des Luftfahrtgesetzes im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie ist beispielsweise eine Geltungsdauer bis Ende 2025 vorgesehen. Eine Verlängerung ­ die BV spricht von

85 86

SR 314.1 Vgl. beispielsweise Pierre Tschannen, St. Galler BV-Kommentar, 3. A., Art. 165 Rz. 8 f.

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Erneuerung ­ ist an sich möglich.87 Im Lichte der epidemiologischen Szenarien und unter Berücksichtigung des mutmasslichen Handlungsbedarfs für den Bundesrat ist aus derzeitiger Sicht jedoch eine Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 2021 ausreichend. Einzig für Artikel 11 (Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung) Buchstaben a­c sowie für Artikel 1 (Gegenstand und Grundsätze) gilt gemäss Artikel 14 Absatz 3 in Verbindung mit dem Vorbehalt in Absatz 2 eine Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 2022 (vgl. auch Ziff. 3.2.10). Der Bundesrat muss ­ soweit er sich auf Artikel 11 Buchstaben a­c stützt ­ die allgemeinen Grundsätze nach Artikel 1 beachten. Es wird die Entwicklung der Epidemie zu beobachten und spätestens bis Mitte 2021 zu prüfen sein, ob das Gesetz angepasst oder seine Geltungsdauer verlängert werden muss.

Die Gesetzesvorlage ist ein dringlich zu erklärendes Bundesgesetz mit Verfassungsgrundlage und einer Geltungsdauer von mehr als einem Jahr. Es untersteht dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. b BV). Dringliche Bundesgesetze treten in der Regel am Tag nach der Verabschiedung in Kraft. Diesfalls ist eine dringliche Veröffentlichung nach Artikel 7 Absatz 3 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200488 (PublG) vorgesehen.

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Gesetzesvorlage hat finanzielle Auswirkungen, und zwar massgeblich in den folgenden Bereichen: Kultur Zur Finanzierung der Massnahmen im Jahr 2021 wird der Bundesrat im Voranschlag 2021 110 Millionen Franken einstellen. Um die möglichst nahtlose Fortführung der Unterstützungsmassnahmen bis Ende Jahr sicherzustellen, wird das EDI ermächtigt, im Rahmen der Sonderbotschaft zum Nachtrag IIb/2020 folgende Nachtragskredite zum Voranschlag 2020 in der Höhe von total 35 Millionen Franken zu beantragen: a)

34 Millionen Franken zum neuen Voranschlagskredit «Covid: Leistungsvereinbarungen Kultur Kantone» (A290.0131);

b)

1 Million Franken zum Voranschlagskredit «Covid: Kulturvereine im Laienbereich» (A290.0111).

Die Nachtragskredite a) und b) werden vollumfänglich auf dem Kredit «Covid: Soforthilfe für Kulturunternehmen» (A290.0107) kompensiert. Dieser Voranschlagskredit wird in entsprechender Höhe gesperrt.

Ferner wird die Kreditsperre in Höhe von 15 Millionen Franken auf dem Kredit «Covid: Soforthilfe für Kulturschaffende» (A290.0108) aufgehoben. Stattdessen 87 88

Dazu Tschannen, a.a.O., Rz. 22.

SR 170.512

6617

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wird der Voranschlagskredit «Covid: Soforthilfe für Kulturunternehmen» (A290.0107) in dieser Höhe gesperrt und der Kreditsaldo (526 000 Fr.) als Kreditrest ausgewiesen.

Medien Für die im Medienbereich vorgesehenen Massnahmen kann auf die Botschaft vom 29. April 202089 verwiesen werden. Für die Weiterführung der im Rahmen der Covid-19-Massnahmen vorübergehend erhöhten Presseförderung (Zustellermässigungen) von Dezember 2020 bis Mitte 2021 (voraussichtlicher Termin der Inkraftsetzung des Massnahmenpakets Medien) wird mit zusätzlichen Kosten von rund 20,5 Millionen Franken gerechnet.

Erwerbsausfallentschädigung Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, die Kosten einer Verlängerung der COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall über den 16. September 2020 hinaus zu beziffern. In der Folge könnten noch Leistungen für Quarantänefälle oder für Selbstständigerwerbende ausgerichtet werden, die von einem allfälligen Verbot von Veranstaltungen über 1000 Personen betroffen sind. Per Mitte Juli 2020 wurden für rund 7000 Quarantänefälle von März bis Mitte Juli Entschädigungen von insgesamt rund 7,5 Millionen Franken ausgerichtet. Die Kosten der Verlängerung der Entschädigung für Personen in Quarantäne hängen von der epidemiologischen Lage nach dem 16. September 2020 ab. Derzeit ist es folglich nicht möglich, die künftigen Kosten für die folgende Zeit einzuschätzen.

Molekularbiologische und serologische Analysen auf Sars-CoV-2 Der Bundesrat hat das EDI am 24. Juni 2020 ermächtigt, für die Tests auf Sars-CoV2 im Rahmen des Nachtrags IIb zum Voranschlag 2020 Mittel im Umfang von 288, 5 Millionen Franken zu beantragen.

Präzise Kostenprognosen sind nicht möglich, weil diese sehr stark vom epidemiologischen Verlauf abhängen. Aus der Erfahrung der letzten Monate, kann für die 5 Monate im Jahr 2020 mit durchschnittlich 5000 molekularbiologischen Analysen pro Tag gerechnet werden. Im Sommer wird erwartet, dass tendenziell etwas weniger getestet wird, ab September ist jedoch mit einem gewissen Anstieg zu rechnen.

Je nach epidemiologischem Verlauf und Wiederanstieg von Infizierten ist mit einem deutlich höheren Testvolumen zu rechnen. Der beantragte Kreditrahmen berücksichtigt mit durchschnittlich 8000 Tests täglich einen solchen Anstieg.

Dies bedeutet 8000 molekularbiologische Analysen zu 169 Franken = 1 352 000 Franken
pro Tag. Somit kämen für die molekularbiologischen Analysen mutmasslich etwa Kosten von rund 40,56 Mio. Franken pro Monat auf die Eidgenossenschaft zu. Für die serologischen Tests ist eine Schätzung schwieriger, zurzeit wird vom BAG bei eingeschränkter Aussagekraft eine flächendeckende Anwendung nicht empfohlen. Um eine grosszügige Annahme zu treffen, kommen ab dem Monat August bis zu 2000 weitere serologische Tests dazu. Dies bedeutet 2000 serologische Tests zu 113 Franken = 226 000 Franken pro Tag. Somit kämen für die serolo89

BBl 2020 4485, hier 4528 ff.

6618

BBl 2020

gischen Tests mutmasslich etwa Kosten von 6,8 Millionen Franken pro Monat auf die Eidgenossenschaft zu.

Tabellarische Übersicht des Kostengerüsts Kosten Anzahl Tests Anzahl Tage pro Analyse pro Tag bis Ende 2020

Kosten pro Tag

Totalkosten bis Ende 2020

molekularbiologische Analysen

169

8 000

188

1 352 000

254 176 000

serologische Analysen

113

2 000

152

226 000

34 352 000

1 578 000

288 528 000

Summe in Franken

Somit werden für das Jahr 2020 grob 288,528 Millionen Franken geschätzt.

Seit dem Beginn der Vergütung der Analysen durch den Bund (25. Juni 2020) wurden bis zum 1. August 2020 262 000 Analysen durchgeführt. Dies entspricht einem Durchschnitt von 6901 Analysen pro Tag. Die Kosten für diese Analysen belaufen sich auf 44,3 Millionen Franken. Für die Kostensachätzung wurden jedoch 8000 Analysen pro Tag angenommen. Das heisst, in den 38 bisher vergüteten Tagen hat der Bund 7,1 Millionen Franken weniger ausgegeben als budgetiert. Dieser Betrag steht für den Ausgleich eines allfälligen Ausschlags der Anzahl Analysen über die angenommen 8000 Analysen pro Tag zur Verfügung.

4.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Gesetzesvorlage hat keine personellen Auswirkungen. Sie kann mit dem bestehenden Personalbestand der Bundesverwaltung umgesetzt und vollzogen werden.

4.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Es ist nicht auszuschliessen, dass bei den Kantonen neben den Kosten im Kulturbereich (vgl. Erläuterung zu Art. 8 Abs. 3) auch Mehrkosten im Zusammenhang mit dem Vollzug anfallen könnten. Eine zuverlässige Einschätzung solcher Mehrkosten ist zurzeit nicht möglich. Die Gesetzesvorlage hat darüber hinaus keine weitergehenden Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden; urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete sind nicht besonders betroffen.

6619

BBl 2020

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft hängen einerseits massgeblich davon ab, ob und wie lange der Bundesrat von den Befugnissen Gebrauch machen muss, die ihm die Gesetzesvorlage einräumt. Andererseits ist festzuhalten, dass verschiedene Massnahmen ­ beispielsweise in den Bereichen Insolvenzrecht, Erwerbsausfall und Arbeitslosenversicherung ­ dazu dienen, volkswirtschaftlich negative Auswirkungen der Epidemienbekämpfung zu dämpfen. Die dafür erforderlichen Abwägungen hat der Bundesrat bereits beim Erlass der einschlägigen Verordnungen vorgenommen und in seinem Bericht vom 27. Mai 2020 über die Ausübung seiner Notrechtskompetenzen erläutert (vgl. Ziff. 1.1).

4.4

Auswirkungen auf weitere Bereiche

Es ist offensichtlich, dass in den Bereichen Gesellschaft und Umwelt sowie in weiteren Bereichen wie der Aussenpolitik keine direkten Auswirkungen aufgrund dieser Vorlage zu erwarten sind; die entsprechenden Bereiche wurden daher nicht geprüft.

Zum jetzigen Zeitpunkt lassen sich mögliche Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann noch nicht feststellen, da Analysen in diesem Bereich fehlen.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Der Gesetzesentwurf stützt sich auf die verschiedenen Sachkompetenzen, welche die BV dem Bund zur Regelung zuweist und denen die einzelnen Massnahmen zugeordnet werden können: ­

Gemäss Artikel 69 Absatz 2 BV kann der Bund kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse unterstützen. Auf diese Grundlage stützt sich die Bestimmung über die Massnahmen im Kulturbereich (Art. 8).

­

Die Artikel 92 und 93 BV, die Post- und Fernmeldewesen beziehungsweise die Gesetzgebung über Radio und Fernsehen zur Sache des Bundes erklären, bilden die verfassungsrechtliche Grundlage für Massnahmen im Medienbereich (Art. 9).

­

Artikel 101 Absatz 2 BV erlaubt dem Bund, Massnahmen zum Schutz der inländischen Wirtschaft zu treffen, womit die wirtschaftsrelevanten Massnahmen im Gesetzesentwurf erfasst werden.

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Artikel 102 BV bildet die kompetenzrechtliche Grundlage für die Aspekte der Landesversorgung (Art. 2).

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Gemäss Artikel 114 Absatz 1 BV erlässt der Bund die Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung, zu denen auch die Massnahmen in den Bereichen Erwerbsausfall und Arbeitslosenversicherung der Gesetzesvorlage zählen (Art. 10 und 11).

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Artikel 117 Absatz 1 BV weist die Befugnis, Vorschriften über die Krankenund Unfallversicherung zu erlassen, dem Bund zu. Darauf stützen sich allfällige Regelungen der Übernahme der Kosten von Covid-19-Analysen (Art. 2 Abs. 5).

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Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV räumt dem Bund die Kompetenz ein, Vorschriften über die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren zu erlassen. Davon macht er in den Artikeln 2 und 3 des Gesetzesentwurfs Gebrauch.

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Artikel 121 Absatz 1 BV weist die Gesetzgebung im Ausländer- und Asylbereich dem Bund zu. Die in Artikel 4 der Gesetzesvorlage vorgesehenen Massnahmen stützen sich auf diese Grundlage.

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Die verfahrensrechtlichen, justiziellen, gesellschaftsrechtlichen und insolvenzrechtlichen Massnahmen der Gesetzesvorlage (Art. 5­7) betreffen das Zivil- und das Zivilprozessrecht, dessen gesetzliche Regelung gemäss Artikel 122 BV Sache des Bundes ist.

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Artikel 123 BV weist die Strafrechtskompetenz dem Bund zu. Auf diese Grundlage stützt sich die Strafbestimmung (Art. 12).

Die Gesetzesvorlage fasst Massnahmen aus zahlreichen Sachgebieten zusammen.

Zwischen diesen Massnahmen besteht ein enger sachlicher Zusammenhang, womit der Grundsatz der Einheit der Materie respektiert wird: Die Vorlage ist als homogenes Massnahmenpaket konzipiert, das alle zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie bereits ergriffenen und noch erforderlichen Regelungen zusammenfasst. Diese Primär- und Sekundärmassnahmen dienen dem gleichen Zweck und regeln in vergleichbarer Weise, wie der Bundesrat zur Bewältigung der Epidemie und ihrer Auswirkungen für eine befristete Zeit von den regulären gesetzlichen Bestimmungen abweichen darf.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Gesetzesvorlage berührt Themen, die Gegenstand von Staatsverträgen sind, welche die Schweiz ratifiziert hat. So kann sich die Frage stellen, wie weit die Massnahmen, für die die Gesetzesvorlage dem Bundesrat die Kompetenzgrundlage liefern soll, mit der EMRK90 und vergleichbaren internationalen Menschenrechtsgarantien vereinbar sind.

Die völkerrechtlich abgesicherten Grund- und Menschenrechtsgarantien gelten grundsätzlich auch während eines staatlichen Notstands, können jedoch angesichts überwiegender öffentlicher Interessen erheblich eingeschränkt werden. Eine eigentliche Derogation, also die vorübergehende Ausserkraftsetzung menschenrechtlicher Verträge oder einzelner ihrer Garantien, ist nur erlaubt, wenn es die Lage und die ergriffenen Massnahmen unbedingt erfordern. Dabei müssen eine Reihe von Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein (u. a. Vorliegen einer Notstandssituation, 90

SR 0.101

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Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips, Beachtung des Diskriminierungsverbots, keine Derogation notstandsfester Garantien, Übereinstimmung der Derogationsmassnahmen mit den sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen des Vertragsstaates, Proklamation und Notifikation der Notstandsmassnahmen [vgl. Art. 15 EMRK sowie Art. 4 Abs. 2 Internationaler Pakt vom 16. Dez. 1966 91 über bürgerliche und politische Rechte, UNO-Pakt II]).

Der Schutz der Menschenrechte ist gerade in Krisenzeiten zentral. Es liegt auf der Hand, dass die zahlreichen Massnahmen, die der Bundesrat mit verfassungsunmittelbaren Verordnungen angeordnet hat, zum Teil schwerwiegend in verschiedene Grundrechte eingegriffen haben. Das aussergewöhnliche Ausmass der Krise verschafft jedoch den Staaten einen sehr grossen Ermessensspielraum bei der Wahl der Massnahmen, die sie zur Bekämpfung der Epidemie für erforderlich halten. Die Massnahmen des Bundesrates gründen auf einer gesetzlichen Grundlage, liegen im öffentlichen Interesse und sind verhältnismässig. Sie bleiben damit im Rahmen dessen, was die Bundesverfassung in Artikel 36 und die einschlägigen internationalen Übereinkommen (insb. Art. 8­11 EMRK) zulassen. Der Rückgriff auf die Möglichkeit einer Derogationserklärung war deshalb nicht erforderlich.

Die Gesetzesvorlage ist auch in den weiteren Bereichen ­ insbesondere im Bereich des Ausländer- und Asylrechts, aber auch bezüglich der Massnahmen, die handelsrechtliche Verträge betreffen können ­ mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz und namentlichen mit den bilateralen Verträgen mit der EU vereinbar.

5.3

Erlassform

Der Bundesrat hat am 8. April 2020 beschlossen, zwecks Überführung der bundesrätlichen Notverordnungen dem Parlament den Erlass eines dringlichen Bundesgesetzes zu beantragen. Damit soll eine formell-gesetzliche Grundlage geschaffen werden für die verfassungsunmittelbaren Verordnungen, die der Bundesrat zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie geschaffen hat und deren Massnahmen sich weiterhin als notwendig erweisen. Damit der Bundesrat die Geltungsdauer dieser Verordnungen verlängern kann, muss er dem Parlament spätestens sechs Monate nach dem Inkrafttreten der von ihm gestützt auf Artikel 185 Absatz 3 BV erlassenen Verordnungen im Rahmen einer Botschaft den Entwurf einer gesetzlichen Grundlage unterbreiten (Art. 7d Abs. 2 Bst. a RVOG). Der Entwurf beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den Erlass des Gesetzes ergibt sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV.

Artikel 165 BV ermächtigt das Parlament, Bundesgesetze, deren Inkrafttreten keinen Aufschub dulden, dringlich zu erklären. Da das Gesetz sich im Rahmen der Bundeskompetenzen gemäss der geltenden BV hält, untersteht es dem fakultativen (aber nachträglichen) Referendum mit Volksmehr (Art. 165 Abs. 2 und 141 Abs. 1 Bst. b BV). Um dem Parlament eine frühestmögliche Aussprache über die zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie notwendigen Massnahmen zu ermöglichen und die Mass91

SR 0.103.2

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nahmen so rasch wie möglich durch einen Beschluss des Parlaments zu legitimieren, beantragt der Bundesrat dem Parlament, das Bundesgesetz dringlich zu behandeln und für dringlich zu erklären.

5.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Bundesrat hat am 29. April 2020 entschieden, dass die Gesetzesvorlage die erforderlichen inhaltlichen Festlegungen und die notwendigen Delegationsgrundlagen für die vom Bundesrat in verfassungsunmittelbaren Verordnungen geregelten Massnahmen enthalten soll, sofern diese länger als sechs Monate gelten sollen.

Die Gesetzesvorlage enthält vorwiegend Delegationsnormen für Massnahmen, die in verfassungsunmittelbaren Verordnungen bereits verankert sind, so die Massnahmen im Bereich Gesundheitsversorgung und Arbeitnehmerschutz (Art. 2 und 3), Massnahmen im Ausländer- und Asylbereich (Art. 4), justizielle und verfahrensrechtliche Massnahmen (Art. 5), Massnahmen im Bereich von Versammlungen von Gesellschaften (Art. 6), insolvenzrechtliche Massnahmen (Art. 7), Massnahmen im Kulturbereich (Art. 8), Massnahmen im Medienbereich (Art. 9), Massnahmen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls (Art. 10), Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung (Artikel 11) und die Strafbestimmungen (Art. 12).

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