Strategische Ziele des Bundesrates für die BGRB Holding AG (Rüstungsunternehmen des Bundes) in den Jahren 2020­2023 vom 23. Oktober 2019

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Einleitung

In der BGRB Holding AG (Beteiligungsgesellschaft) werden die Beteiligungen des Bundes an der RUAG MRO Holding AG und der RUAG International Holding AG (Subholdings) zusammengefasst.

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Die RUAG MRO Holding AG und die von dieser direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen stellen die Ausrüstung der Armee nach Artikel 1 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 10. Oktober 1997 über die Rüstungsunternehmen des Bundes (BGRB, SR 934.21) sicher.

2

Die RUAG International Holding AG umfasst die übrigen aus den Rüstungsunternehmen hervorgegangenen Beteiligungen des Bundes. Zweck ist ihre Weiterentwicklung, damit sie profitabel devestiert oder privatisiert werden können.

3

Gestützt auf Artikel 3 Absatz 1bis BGRB legt der Bundesrat jeweils für vier Jahre jene Ziele fest, die der Bund als Eigner der Beteiligungsgesellschaft erreichen will.

Er verpflichtet sich damit auf längerfristige sowie konsistente Ziele. Der Bundesrat nimmt für den Bund die Interessen als Eigner und die Rechte als Alleinaktionär an der Beteiligungsgesellschaft wahr. Er berücksichtigt dabei die Unabhängigkeit der Beteiligungsgesellschaft als privatrechtliche Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht.

4

Der Verwaltungsrat der Beteiligungsgesellschaft ist verantwortlich für die konzernweite Umsetzung der strategischen Ziele. Er erstattet dem Bundesrat Bericht über deren Erreichung und stellt ihm die zur Überprüfung notwendigen Informationen zur Verfügung. Dazu gehören insbesondere auch die Konzernrechnung und der Einzelabschluss der Beteiligungsgesellschaft sowie die konsolidierten Rechnungen und die Einzelabschlüsse der beiden Subholdings. Der Verwaltungsrat ist verantwortlich für eine einheitliche Führung der RUAG MRO Holding AG und der RUAG International Holding AG sowie der Konzerngesellschaften.

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Übergeordnete Ziele für die Beteiligungsgesellschaft

2.1

Strategische Schwerpunkte

Der Bundesrat erwartet, dass die Beteiligungsgesellschaft: 1.

dafür sorgt, dass die RUAG MRO Holding AG der Schweizer Armee als Hauptkundin bedarfs- und termingerechte, kostenoptimierte und hochstehende Leistungen erbringt;

2.

den internationalen Teil für die Privatisierung vorbereitet, indem sie diesen zu einem rentablen Aerospacekonzern entwickelt, der mit Sitz in der Schweiz international operativ tätig ist, gleichzeitig aber als Rückfalloption den Einzelverkauf von Space und Aerostructures offenhält;

3.

die verbleibenden Arbeiten der Entflechtung zügig vorantreibt und bis spätestens Ende 2021 abschliesst.

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2.2

Rahmenbedingungen der Leistungserbringung

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie dafür sorgt, dass die beiden Subholdings und die von diesen direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen: 1.

über ein Unternehmensrisikomanagementsystem verfügen, das sich an der ISO-Norm 31000 orientiert; die Beteiligungsgesellschaft informiert den Eigner über die wichtigsten Unternehmensrisiken;

2.

unabhängig vom Standort der Geschäftseinheiten im Einklang mit den Grundsätzen der schweizerischen Aussenpolitik tätig sind sowie die schweizerische Exportkontrollgesetzgebung befolgen, namentlich in Bezug auf die Ausfuhr von Kriegsmaterial und von doppelt verwendbaren Gütern, und die gesetzlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit privaten Sicherheitsdienstleistungen im Ausland einhalten;

3.

geeignete Massnahmen zur Vermeidung von aktiver und passiver Korruption ergreifen;

4.

sich ökologisch nachhaltig ausrichten;

5.

in der Schweiz und im Ausland gemäss den nationalen Standards eine fortschrittliche, auf sozialpartnerschaftlichen Vereinbarungen beruhende, transparente und ethischen Grundsätzen verpflichtete Personalpolitik verfolgen;

6.

sich in der Schweizer Berufsbildung engagieren, entsprechende Ausbildungsstellen anbieten und unter marktwirtschaftlichen Bedingungen möglichst attraktive Arbeitsplätze schaffen;

7.

Vergütungssysteme anwenden, die auf den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ausgerichtet sind und Artikel 6a Absätze 1­5 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (SR 172.220.1) sowie die Bestimmungen der Kaderlohnverordnung vom 19. Dezember 2003 (SR 172.220.12) einhalten;

8.

quartalsweise für Aussprachen mit dem Eigner der Beteiligungsgesellschaft, vertreten durch das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) (Eidgenössische Finanzverwaltung, EFV), zur Verfügung stehen und sich dabei auch gegenüber dem Verwaltungsrat der Beteiligungsgesellschaft nicht auf das Geschäftsgeheimnis der Subholdings und der von diesen direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen berufen;

9.

jährlich über den Geschäftsverlauf und zuhanden des Eigners der Beteiligungsgesellschaft über die Erreichung der strategischen Ziele informieren.

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Strategische Ziele für den Aufgabenbereich der RUAG MRO Holding AG

3.1

Strategische Schwerpunkte

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie dafür sorgt, dass die RUAG MRO Holding AG und die von dieser direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen: 1.

die Schweizer Armee bei der Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung) der ihr zugewiesenen Systeme sowie bei der Integration von neuen Komponenten in diese Systeme unterstützen;

2.

zugunsten der Armee die Rolle als industrieller Partner wahrnehmen, Dienstleistungen erbringen und das notwendige Ingenieur- und IKT-Wissen pflegen und weiterentwickeln;

3.

in allen Lagen innerhalb eines im Voraus durch den Eigner der Beteiligungsgesellschaft definierten Zeitraums die der jeweiligen Lage angepasste technische Einsatzbereitschaft der ihr zugewiesenen Systeme sicherstellen; dazu ist in Zusammenarbeit mit den betroffenen Stellen in der Armee (wie Armeestab und Logistikbasis der Armee) und mit dem Bundesamt für Rüstung (armasuisse) ein Umsetzungsplan mit Massnahmen und Konsequenzen zu erarbeiten;

4.

grundsätzlich die Rolle des Materialkompetenzzentrums (MKZ-Rolle) für neue sicherheitsrelevante und komplexe Systeme wahrnehmen;

5.

die Aktivitäten zu Forschung und Entwicklung auf die mittel- und langfristigen Interessen der Schweizer Armee ausrichten;

6.

die Effizienz und die Effektivität der Leistungserbringung zugunsten der Schweizer Armee fortlaufend verbessern (Auf-/Abbau von Kompetenzen und Leistungen);

7.

die Bestimmungen der integralen Sicherheit des Bundes sowie die durch völkerrechtliche Verträge eingegangenen Verpflichtungen umsetzen;

8.

zusammen mit dem VBS geeignete Massnahmen zur Optimierung der Zusammenarbeit mit dem VBS ausarbeiten;

9.

im Immobilienbereich das bestehende Geschäftsmodell und das Immobilienportfolio in enger Abstimmung mit dem Eigner der Beteiligungsgesellschaft prüfen und gegebenenfalls anpassen;

10. in der Schweiz die regionalen Anliegen angemessen berücksichtigen.

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3.2

Finanzielle Ziele

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie dafür sorgt, dass die RUAG MRO Holding AG und die von dieser direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen: 1.

eine Rentabilität ausweisen, die zum Erhalt der Fähigkeiten und für die Unternehmensentwicklung nötig ist;

2.

die Finanzierung des Unternehmens aus eigener Kraft sicherstellen, wobei zur Weiterentwicklung des Immobilienportfolios im vorgegebenen Rahmen (Ziff. 3.1, Punkt 9) eine Verschuldung zulässig ist;

3.

in der Kostenrechnung die Kosten der RUAG MRO Holding AG so weit wie möglich nach dem Verursacherprinzip auf das Armee- und Drittgeschäft verteilen (inkl. Kosten aus Vertrieb, Marketing, Forschung und Entwicklung), die verbleibenden Gemeinkosten nach gleichen Schlüsseln auf das Armeeund Drittgeschäft verteilen und das Einhalten dieser Grundsätze jährlich durch die externe Revisionsstelle prüfen lassen; die Beteiligungsgesellschaft informiert den Bundesrat darüber;

4.

im Bereich der RUAG MRO Schweiz AG auf die Ausschüttung von Gewinnen verzichten;

5.

im Bereich der RUAG Real Estate AG eine marktgerechte Rendite erzielen und der Beteiligungsgesellschaft ermöglichen, ihrem Eigner eine Dividende auszuschütten, die nicht unter 40 Prozent des ausgewiesenen Reingewinns liegt;

6.

Erlöse aus Immobilien- und Grundstückverkäufen grundsätzlich als Sonderdividende dem Eigner der Beteiligungsgesellschaft zukommen lassen.

3.3

Drittgeschäft

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie dafür sorgt, dass die RUAG MRO Holding AG und die von dieser direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen: 1

1.

das Drittgeschäft angemessen weiterentwickeln, damit es das Geschäft mit der Armee unterstützt, und dabei folgende Auflagen einhalten: ­ es bestehen offensichtliche Synergien mit den Leistungen zugunsten des VBS; ­ die Wertschöpfung fällt grundsätzlich in der Schweiz an; ­ es entstehen keine nachteiligen Effekte für das VBS; ­ das Drittgeschäft wird kostendeckend erbracht;

2.

beim Umsatz aus dem Drittgeschäft (ohne Immobilien) den Richtwert von 20 Prozent am Gesamtumsatz nicht übersteigen.

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie ihn im Rahmen ihrer jährlichen Berichterstattung über das Drittgeschäft informiert.

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3.4

Kooperationen und Beteiligungen

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie dafür sorgt, dass die RUAG MRO Holding AG und die von dieser direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen: 1

1.

Kooperationen nur eingehen und Beteiligungen nur erwerben, soweit sie zur Erbringung von Leistungen zugunsten der Schweizer Armee notwendig sind und aus eigener Kraft (ohne Fremdkapital) finanziert werden können;

2.

Beteiligungen an Unternehmen unterlassen, deren Geschäftstätigkeiten nicht im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz stehen.

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie ihn beim Eingehen von bedeutenden Kooperationen oder beim Veräussern von bedeutenden Beteiligungen vorgängig konsultiert.

2

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Strategische Ziele für den Aufgabenbereich der RUAG International Holding AG

4.1

Strategische Schwerpunkte

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie dafür sorgt, dass die RUAG International Holding AG und die von dieser direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen: 1.

im Bereich der Munitionsproduktion operative Verbesserungen vornehmen, bis Ende 2020 Verkaufsvorbereitungen treffen und den Geschäftsbereich an einen westlichen Käufer verkaufen, der bereit ist, den Standort Thun längerfristig weiter zu betreiben;

2.

für den Bereich Simulation & Training einen Joint-Venture-Partner für die RUAG MRO Holding AG (als Minderheitsbeteiligte an diesem Joint Venture) suchen, damit die Interessen der Schweizer Armee gewahrt werden und die Leistungen unter den heute geltenden Vertragsbedingungen sichergestellt werden;

3.

den Bereich Aerostructures restrukturieren mit dem Ziel, spätestens ab 2021 eine branchenübliche Rendite zu erzielen;

4.

zwischen den Bereichen Space und Aerostructures Synergien identifizieren und dass die Beteiligungsgesellschaft dem Eigner alle wesentlichen Integrationsschritte vorgängig unterbreiten;

5.

die Bereiche Space und Aerostructures in einer Aerospace-Gruppe weiterentwickeln, diese privatisierungsfähig machen, aber gleichzeitig den Einzelverkauf von Space und Aerostructures offenhalten;

6.

im Bereich Space den weltraumpolitischen Interessen der Schweiz im Rahmen ihrer betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten Rechnung tragen und dabei die Stärkung der europäischen Standorte und die technologische Weiterentwicklung in Europa weiterverfolgen.

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4.2

Finanzielle Ziele

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie dafür sorgt, dass die RUAG International Holding AG und die von dieser direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen: 1.

eine Rentabilität ausweisen, die mit vergleichbaren Aerospaceunternehmen in Europa und den USA Schritt hält und den Unternehmenswert nachhaltig steigert;

2.

eine Nettoverschuldung von weniger als zweimal EBITDA anstreben, wobei zeitweise Überschreitungen dieser Quote nach Konsultation des Eigners der Beteiligungsgesellschaft möglich sind;

3.

eine Dividende ausschütten, die es der Beteiligungsgesellschaft ermöglicht, ihrem Eigner eine Dividende auszuschütten, die mindestens 40 Prozent des ausgewiesenen Reingewinns, abzüglich der Devestitionserlöse, beträgt;

4.

Devestitionserlöse soweit nötig für strategische Investitionen einsetzen und dass die Beteiligungsgesellschaft den Bundesrat dazu vorgängig konsultiert (vgl. auch Ziff. 3.4 Abs. 2);

5.

für strategische Investitionen nicht benötigte Mittel durch eine Sonderdividende dem Eigner der Beteiligungsgesellschaft zukommen lassen.

4.3

Kooperationen und Beteiligungen

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie dafür sorgt, dass die RUAG International Holding AG und die von dieser direkt oder indirekt kontrollierten Unternehmen: 1.

Kooperationen eingehen und Beteiligungen veräussern mit dem Ziel, die Aerospace-Gruppe zu stärken und die Privatisierung zu erleichtern;

2.

den Bundesrat über bedeutende Kooperationen und Akquisitionen sowie deren Auswirkungen auf den Unternehmenswert und den späteren Verkaufserlös sowie die damit verbundenen Risiken unter Einbezug der Beteiligungsgesellschaft vorgängig konsultieren; Gleiches gilt bei der Auflösung von bedeutenden Kooperationen und beim Veräussern von bedeutenden Beteiligungen;

3.

die Finanzierung der Beteiligungen nach den Ziffern 1 und 2 durch Fremdkapital in angemessener Höhe sicherstellen.

4.4

Privatisierung

Der Bundesrat erwartet von der Beteiligungsgesellschaft, dass sie dafür sorgt, dass die RUAG International Holding AG ihren dem Bundesrat 2020 zu unterbreitenden Umsetzungsplan und die von ihm definierten Meilensteine im Hinblick auf eine Privatisierung einhält.

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Berichterstattung Der Bundesrat erwartet, dass die Beteiligungsgesellschaft: 1.

vierteljährlich mit dem Eigner, vertreten durch das VBS und das EFD (EFV), einen Informationsaustausch pflegt;

2.

den Eigner, vertreten durch das VBS und das EFD (EFV), zudem über Tatsachen oder Beschlussfassungen im Konzern, die geeignet erscheinen, die Erreichung der strategischen Ziele erheblich zu beeinflussen, rechtzeitig und sachgerecht informiert.

Die Beteiligungsgesellschaft erstattet dem Bundesrat nach Abschluss jedes Geschäftsjahres Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele.

2

6

Gültigkeit und Änderungen

Diese strategischen Ziele sind ab dem 1. November 2019 gültig und bis zum 31. Dezember 2023 befristet.

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Sie können während ihrer Gültigkeit angepasst werden, sollte ein geändertes Umfeld dies als notwendig erscheinen lassen.

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