Überwachung der Interessenbindungen in den Verwaltungsräten der bundesnahen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB Beurteilung der Stellungnahme des Bundesrates Kurzbericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 12. November 2019

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Bericht 1

Einleitung

Am 28. August 2018 veröffentlichte die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) einen Inspektionsbericht1 darüber, wie der Bundesrat und die zuständigen Departemente im Bereich der Interessenbindungen ihre Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen wahrnehmen. Anhand des Mandats der Verwaltungsratspräsidentin der SBB, Monika Ribar, bei Capoinvest, kam die Kommission zum Schluss, dass diese Aufsicht verstärkt werden muss. Sie formulierte dazu vier Empfehlungen. Ihrer Praxis entsprechend ersuchte die GPK-S den Bundesrat, ihr mitzuteilen, mit welchen Massnahmen und bis wann er die Empfehlungen der Kommission umzusetzen gedenkt.

Die GPK-S nahm Kenntnis von der Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Oktober 2018 zu ihrem Bericht sowie von einer vom Bundesrat im Dezember 2018 abgegebenen Zusatzinformation zur Umsetzung der Empfehlungen 2.

Der Bundesrat nahm in seiner Stellungnahme mehrmals Bezug auf die externe Überprüfung der Corporate Governance des Bundes,3 deren Ergebnisse für das zweite Quartal 2019 erwartet wurden. Die GPK-S beschloss, diese Ergebnisse und allfällige Massnahmen, die in der Folge ergriffen werden, abzuwarten, bevor sie die Umsetzung ihrer Empfehlungen abschliessend bewertet.

Dieser Bericht zur Corporate Governance des Bundes, verfasst von Expertinnen und Experten der Universitäten Bern, Lausanne und St. Gallen sowie des Unternehmens Interface, wurde am 26. April 2019 fertiggestellt.4 Der Bundesrat nahm am 26. Juni 2019 im Rahmen einer Klausur zum Thema Corporate Governance Kenntnis von diesem Bericht. Am selben Tag stellte er Massnahmen vor, die er auf der Grundlage des Expertenberichts beschlossen hatte, und veröffentlichte den Bericht.5 Im August 2019 liess er den GPK einen Bericht zukommen, in dem er zu den Empfehlungen des Expertenberichts Stellung nimmt und die in der Folge ergriffenen Massnahmen beschreibt.6 Am 31. Oktober 2019 besprachen die beiden GPK dieses Thema mit dem Bundespräsidenten sowie einem der Autoren des Expertenberichts.

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Überwachung der Interessenbindungen in den Verwaltungsräten der bundesnahen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB, Bericht der GPK-S vom 28. Aug. 2018 (BBl 2018 7827).

Insbesondere: Zustellung einer Kopie des Schreibens, das am 4. Dez. 2018 an die bundesnahen Unternehmen gerichtet wurde (vgl. Kap. 2.3).

Dieser Bericht wurde gemäss Bundesratsbeschluss vom 8. Juni 2018 im Auftrag des Bundesrates erstellt; siehe Bundesrat schränkt Décharge für den Verwaltungsrat der Post ein, Medienmitteilung des Bundesrates vom 11. Juni 2018.

Lienhard, Andreas / Rieder, Stefan / Sonderegger, Roger W. / Ladner, Andreas / Höchner, Claudia / Ritz, Manuel / Roose, Zilla (2019): Beurteilung der Corporate Governance des Bundes anhand der Analyse von vier Unternehmen. Bern, Luzern, St. Gallen, Lausanne (im Folgenden Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019).

Expertenbericht zur Corporate Governance: Bundesrat beschliesst Massnahmen, Medienmitteilung des Bundesrates vom 26. Juni 2019.

Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019 (nicht veröffentlicht).

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Bei der Erstellung des vorliegenden Kurzberichts galt die besondere Aufmerksamkeit der GPK-S den Erwägungen und Empfehlungen der Expertinnen und Experten zur Wahl und zur Aufsichtspflicht der Verwaltungsräte von bundesnahen Unternehmen7 sowie den vom Bundesrat diesbezüglich beschlossenen Massnahmen. 8 Basierend auf den ihr vorliegenden Informationen, erläutert die Kommission im Folgenden ihre Beurteilung der Umsetzung ihrer Empfehlungen von 2018.

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Beurteilung der GPK-S

2.1

Allgemeine Bemerkungen

Die GPK-S begrüsst dass der Bundesrat mit ihren Feststellungen weitgehend einverstanden ist und die Aufsichtspflicht der Verwaltungsräte von bundesnahen Unternehmen stärken will.9 In seiner Stellungnahme hält der Bundesrat fest, dass die verschiedenen Ebenen der Verantwortlichkeiten in Zusammenhang mit der Aufsicht über die Interessenbindungen klar voneinander zu trennen sind: erstens Eigenverantwortung jedes einzelnen Verwaltungsratsmitglieds, die vorgegebenen Melde- und Ausstandspflichten einzuhalten, zweitens Zuständigkeit und Verantwortung des Verwaltungsrates als Gremium und drittens subsidiäre Kontrolle und Steuerung durch den Eigner. Die GPK-S teilt diese Ansicht. Sie weist ­ wie bereits früher10 ­ darauf hin, dass der Bundesrat damit anerkennt, für die Überprüfung der Interessenbindungen der Verwaltungsratsmitglieder der bundesnahen Unternehmen mitverantwortlich zu sein, auch wenn die Hauptverantwortung dafür beim Verwaltungsrat liegt.

In ihrem Bericht vom August 2018 stellte die GPK-S fest, dass der SBB-interne Ausschuss zur Überwachung der Interessenbindungen während mehrerer Jahre nicht getagt hat, und war der Auffassung, dass der Verwaltungsrat in diesem Fall seine Aufsichtspflicht schwer verletzt hat. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass der Bundesrat diese Auffassung nicht teilt. Dieser anerkennt aber, dass der Verwaltungsrat in «einer hauptverantwortlichen Stellung steht» und dass er «Interessenkonflikten möglichst vorbeugen» «kann und muss». Die GPK-S ist weiterhin der Ansicht, dass diese Pflicht im Fall des Mandats von Monika Ribar bei Capoinvest nicht ordnungsgemäss erfüllt worden ist. Wie der Bundesrat begrüsst auch die Kommission die durch die SBB bereits umgesetzten Anpassungen ihrer internen Vorschriften. Aus ihrer Sicht können damit vergleichbare Fälle künftig vermieden werden können.

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9 10

Im Zentrum stand vor allem die Empfehlung 3 und in geringerem Masse die Empfehlung 11 des Expertenberichts (diese werden weiter unten erläutert).

Weitere im Expertenbericht angesprochene Aspekte der Corporate Governance werden die GPK in den Berichten zur PostAuto-Affäre und zum Cyber-Angriff auf die RUAG eingehender behandeln. Diese Berichte werden im November 2019 veröffentlicht.

Bundesrat will Aufsichtspflicht der Verwaltungsräte von bundesnahen Unternehmen stärken, Medienmitteilung des Bundesrates vom 26. Okt. 2018.

Überwachung der Interessenbindungen in den Verwaltungsräten der bundesnahen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB, Bericht der GPK-S vom 28. Aug. 2018, Kap. 4.2 (BBl 2018 7827, hier 7846).

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2.2

Empfehlung 1: Deklaration von Mandaten

Empfehlung 1 vom 28. August 2018: Die GPK-S ersucht den Bundesrat als Hauptaktionär, in allen bundesnahen Unternehmen sicherzustellen, dass die Verwaltungsratsmitglieder sowie die Kandidatinnen und Kandidaten für ein solches Amt dazu verpflichtet werden, all ihre Mandate in Führungs- und Aufsichtsgremien sowie ihre Beratungsmandate für Gesellschaften, Institutionen oder Stiftungen des privaten oder öffentlichen Rechts unverzüglich zu melden, und zwar unabhängig davon, wie sie selbst das Mandat beurteilen.

In seiner Stellungnahme hält der Bundesrat fest, dass sich die Ausstands- und die Meldepflicht bzw. das Prinzip der Selbstdeklaration bereits direkt aus den Vorgaben des Aktienrechts und den Grundsätzen der Best Practice (Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance) ergeben. In seinen Augen sind die bestehenden Regelungen, die Vorgaben und Erwartungen des Bundesrates in diesem Bereich klar. Diesbezüglich verweist er namentlich auf die Überlegungen im CorporateGovernance-Bericht von 2006. Darin wird insbesondere betont, dass «griffige Regeln zum Verfahren bei allfälligen Interessenkonflikten» erforderlich sind; zudem wird festgehalten, dass «[b]ei Interessenkonflikten [...] ein Mitglied in den Ausstand [tritt]».

In ihrem Bericht vom April 2019 zur Corporate Governance des Bundes stellten die vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten fest, dass es ­ abgesehen vom Corporate-Governance-Bericht des Bundesrates und von einigen Bestimmungen im Bundespersonalgesetz11 und in der Kaderlohnverordnung12 ­ keine weiteren Vorschiften in Bezug auf Nebenbeschäftigungen der Verwaltungsräte oder Ausstandsregeln gibt.13 Daher empfahlen sie dem Bundesrat «Regelungen zur Sicherstellung der Unabhängigkeit beziehungsweise zum Umgang mit Interessenskonflikten der Mitglieder des Verwaltungsrats zu prüfen». 14 Als Reaktion auf diese Empfehlung15 teilte der Bundesrat mit, dass der CorporateGovernance-Bericht von 2006 folgendermassen ergänzt wird: «Der Verwaltungsoder Institutsrat erlässt, in Ergänzung zu den bereits bestehenden Rechtsvorschriften, Verhaltensregeln zum Umgang mit Interessenbindungen und sorgt für geeignete Sensibilisierungsmassnahmen. Er informiert über die getroffenen Massnahmen im Rahmen des Geschäftsberichts.»16 11 12

13 14 15 16

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Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1).

Verordnung vom 19. Dez. 2003 über die Entlöhnung und weitere Vertragsbedingungen der obersten Kader und Leitungsorgane von Unternehmen und Anstalten des Bundes (Kaderlohnverordnung; SR 172.220.12).

Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, S. 31 und 53.

Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, Empfehlung 3, S. 84.

Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 6/7.

Leitsatz 6 des Corporate-Governance-Berichts wurde entsprechend dem Bundesratsbeschluss vom 26. Juni 2019 ergänzt und ist in der aktualisierten Fassung auf der Homepage der EFV aufgeschaltet (Dokument «37 Leitsätze», Grundlagen, www.efv.admin.ch > Themen > Finanzpolitik, Grundlagen > Corporate Governance).

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Die GPK-S begrüsst, dass der Bundesrat die Leitsätze der Corporate Governance des Bundes in Bezug auf die Interessenbindungen ergänzen will. Sie fragt sich allerdings, ob eine Aktualisierung des Corporate-Governance-Berichts von 2006 diesbezüglich die beste Lösung darstellt. Die Kommission ist der Ansicht, dass der Bundesrat prüfen sollte, ob es nicht sinnvoll wäre, alle Leitsätze zur Corporate Governance des Bundes ­ nach dem Vorbild des Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance ­ in einem regelmässig zu aktualisierenden Referenzdokument festzuhalten. Ein solches Dokument würde eine klare und kontinuierlich aktualisierte Grundlage für die Eignerpolitik des Bundes bieten und die Transparenz gegenüber der Bevölkerung, dem Parlament und anderen Beteiligten diesbezüglich erhöhen. Im Juni 2019 kündigte der Bundesrat an,17 dass derzeit ein Bericht über die Eigentümerstrategie für die verselbstständigten Einheiten des Bundes erarbeitet wird ­ dies in Erfüllung eines vom Ständerat angenommenen Postulats.18 Die Kommission bittet den Bundesrat, diese Gelegenheit zu nutzen, um ein solches Referenzdokuments zu erstellen.

Zudem ist es für die Kommission von entscheidender Bedeutung, dass der Bundesrat nicht nur die Vorschriften zu Interessenskonflikten formuliert, sondern auch sicherstellt, dass die Unternehmen die entsprechenden Grundsätze in die Praxis umsetzen und ihre einschlägigen internen Reglemente auch tatsächlich anwenden. Auf diesen Aspekt wird in Kapitel 2.4 dieses Berichts näher eingegangen.

17 18

Expertenbericht zur Corporate Governance: Bundesrat beschliesst Massnahmen, Medienmitteilung des Bundesrates vom 26. Juni 2019.

Anlass für diesen Bericht war die Annahme im März 2019 des Postulats Abate «Eignerstrategie des Bundesrates für die verselbstständigten Einheiten des Bundes» vom 13. Dez. 2018 (18.4274).

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2.3

Empfehlungen 2 und 3: Ausschuss zur Überwachung der Interessenbindungen, unterjährige Mandatsänderungen

Empfehlung 2 vom 28. August 2018: Die GPK-S ersucht den Bundesrat als Hauptaktionär, sicherzustellen, dass der Ausschuss zur Überwachung der Interessenbindungen in jedem bundesnahen Unternehmen regelmässig zusammenkommt und dass die Interessenbindungen im Verwaltungsrat periodisch thematisiert werden.

Darüber hinaus wird der Bundesrat aufgefordert, sicherzustellen, dass die bundesnahen Unternehmen transparent und vollständig über die Tätigkeiten der verschiedenen Verwaltungsratsausschüsse informieren.

Empfehlung 3 vom 28. August 2018: Die GPK-S ersucht den Bundesrat als Hauptaktionär, ein explizites Verfahren einzuführen, wonach die Verwaltungsratspräsidien aller bundesnahen Unternehmen verpflichtet werden, das jeweils zuständige Departement laufend über neue Mandate zu informieren.

Sie ersucht den Bundesrat ausserdem, dafür zu sorgen, dass alle bundesnahen Unternehmen in ihrem Geschäftsbericht sämtliche Mandate ihrer Verwaltungsratsmitglieder auflisten, welche diese im Laufe des Geschäftsjahres und nicht nur per 31. Dezember innehatten.

In seiner Stellungnahme betont der Bundesrat, dass «unternehmensintern der Verwaltungsrat für die organisationsrechtlichen Massnahmen im Umgang mit Interessenskonflikten und der Regelung des Ausstandes zuständig» ist. Die GPK-S teilt diese Ansicht, allerdings ist sie der Meinung, dass dem Bundesrat als Hauptaktionär auch eine subsidiäre Verantwortung in diesem Bereich zukommt. Insbesondere ist es seine Aufgabe, sicherzustellen, dass die betreffenden Massnahmen tatsächlich umgesetzt werden.

Der Bundesrat besteht zudem darauf, dass die Verwaltungsratsausschüsse zur Überwachung der Interessenbindungen ihre Funktion auch effektiv wahrzunehmen haben, dass der Umgang mit Interessenskonflikten transparent geregelt und konsequent eingehalten werden muss. Die GPK-S begrüsst diese Haltung. Die Arbeiten der Kommission haben jedoch gezeigt, dass diese Grundsätze im Fall der SBB eben nicht vollumfänglich eingehalten wurden.

In seiner Stellungnahme verpflichtete sich der Bundesrat klarzustellen, welches seine Erwartungen an die Organisation der Unternehmen im Zusammenhang mit Interessenbindungen sind. Am 4. Dezember 2018 richteten der Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) sowie die Generalsekretäre des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie
und Kommunikation (GS-UVEK) und des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (GS-VBS) diesbezüglich ein Schreiben an die Verwaltungsratspräsidien von SBB, 950

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Post, Swisscom, RUAG und Skyguide.19 In diesem Schreiben, das sich explizit auf den Bericht der GPK-S bezieht, haben die Vertreter des Bundes in folgenden acht Punkten ihre Erwartungen an die betreffenden Unternehmen im Zusammenhang mit dem Umgang mit Interessenbindungen formuliert:

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­

Der Verwaltungsrat sorgt für griffige und transparente Vorgaben und Massnahmen im Umgang mit Interessenkonflikten und der Regelung des Ausstands.

­

Als Grundlage für den Umgang mit Interessenkonflikten dient der Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance. Er richtet sich zwar an börsenkotierte Unternehmen, kann aber auch für alle anderen grösseren Schweizer Unternehmen als Best Practice gelten.

­

Die Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung sind insbesondere dazu anzuhalten, ihre persönlichen und geschäftlichen Verhältnisse so zu ordnen, dass Interessenkonflikte mit der Gesellschaft möglichst vermieden werden. Bei unvermeidbaren Interessenkonflikten treten sie in den Ausstand. Dauerhafte Interessenkonflikte schliessen eine Mitgliedschaft im betreffenden Organ aus (Rz 17 Swiss Code).

­

Die Mitglieder des Verwaltungsrates sowie Kandidierende sind zu verpflichten, der Präsidentin oder dem Präsidenten des Verwaltungsrates alle ihre Mandate in Führungs- und Aufsichtsgremien sowie ihre Beratungsmandate in Gesellschaften, Institutionen oder Stiftungen des privaten oder öffentlichen Rechts laufend bzw. unverzüglich zu melden. Die Meldepflicht erfasst jede Veränderung von Interessenbindungen, insbesondere auch befristete Mandate und die Auflösung von Mandaten.

­

Erhält die Präsidentin oder der Präsident bzw. die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident eine die Interessenbindungen bzw. Interessenkonflikte betreffende Meldung, so beantragt sie bzw. er einen der Intensität des Interessengegensatzes entsprechenden Entscheid des Verwaltungsrats; dieser beschliesst unter Ausstand der betroffenen Person (vgl. Rz 17 Swiss Code).

­

Die Präsidentin bzw. der Präsident des Verwaltungsrates meldet ihre respektive seine Mandate bzw. jede Veränderung laufend bzw. unverzüglich sowohl der dafür bezeichneten Stelle im Verwaltungsrat als auch dem federführenden Eignerdepartement.

­

Wird bei Drittmandaten die Vorprüfung oder der Entscheid zu Interessenkonflikten vom Verwaltungsrat an einen Ausschuss delegiert, so hat dieser Ausschuss seine Funktion entsprechend wahrzunehmen.

­

Bei der Neubesetzung von Mitgliedern des Verwaltungsrats bestätigt der Verwaltungsrat dem federführenden Eignerdepartement im Rahmen des Wahlantrags, dass die Meldung von Interessenbindungen der zur Wahl vorgeschlagenen Person vollständig ist und dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Schreiben des Direktors der EFV und der Generalsekretäre von UVEK und VBS an die Verwaltungsratspräsidien von SBB, Post, RUAG, Swisscom und Skyguide vom 4. Dez.

2018 (nicht veröffentlicht).

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­

Der Geschäftsbericht der Unternehmung gibt unter den publizierten Interessenbindungen Auskunft über sämtliche Veränderungen im vergangenen Geschäftsjahr und beschränkt sich nicht auf den Stand der Interessenbindungen per Stichdatum (Bsp. 31. Dezember).

Die Kommission begrüsst das Vorgehen von UVEK, VBS und EFV ausdrücklich.

Ihrer Ansicht nach wird mit den Grundsätzen im Schreiben vom 4. Dezember 2018 die Führung der bundesnahen Unternehmen im Zusammenhang mit Interessenbindungen geklärt und gestärkt. Diese Grundsätze setzen weitgehend die Empfehlungen der Kommission um: So legen sie fest, dass die Ausschüsse zur Überwachung der Interessenbindungen ihre Funktion auch effektiv wahrnehmen müssen (Empfehlung 2), dass die Verwaltungsratspräsidien das jeweils zuständige Departement laufend über neue Mandate zu informieren haben (Empfehlung 3) und dass im Geschäftsbericht sämtliche Mandate aufzulisten sind, welche die Verwaltungsratsmitglieder im Laufe des Geschäftsjahres und nicht nur per 31. Dezember innehatten (Empfehlung 3).

Nach Auffassung der Kommission kommt den Grundsätzen im Schreiben vom 4. Dezember 2018 insofern grosse Bedeutung zu, als sie die Erwartungen des Bundes als Eigner detailliert ausführen. Sie sollten daher öffentlich zugänglich sein. Dies ist aus Sicht der GPK-S ein weiterer Grund, weshalb die Erstellung eines Referenzdokuments zur Corporate Governance des Bundes (siehe vorhergehendes Kap.)

gerechtfertigt wäre. Angesichts der Bedeutung der in diesem Schreiben enthaltenen Grundsätze für die Umsetzung der Corporate Governance des Bundes ist die Kommission der Ansicht, dass das Schreiben von den Vorsteherinnen und dem Vorsteher der zuständigen Departemente (UVEK, VBS und EFD) oder vom Gesamtbundesrat hätte unterschrieben werden sollen.

In ihrer Empfehlung 2 forderte die Kommission den Bundesrat zudem auf, sicherzustellen, dass die bundesnahen Unternehmen transparent und vollständig über die Tätigkeiten der verschiedenen Verwaltungsratsausschüsse informieren ­ was bei den SBB nicht der Fall gewesen war.20 Die Kommission hält fest, dass auf diesen Punkt in der Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Oktober 2018 oder im Schreiben vom 4. Dezember 2018 an die Unternehmen nicht explizit eingegangen wird. Sie geht dennoch davon aus, dass diese Forderung in Ergänzung zu den vom Bund zur Tätigkeit der Verwaltungsratsausschüsse und zu den Informationen im Geschäftsbericht formulierten Prinzipien von den betreffenden Unternehmen in Zukunft umgesetzt wird. Sie wird in den kommenden Monaten prüfen, wie sich die diesbezügliche Praxis in den
Unternehmen weiterentwickelt, und behält sich vor, gegebenenfalls im Rahmen ihrer Arbeiten zur Corporate Governance zu intervenieren.

In seiner Stellungnahme kündigte der Bundesrat zudem an, dass die Informationsflüsse zwischen dem Bund und den bundesnahen Unternehmen im Expertenbericht zur Corporate Governance thematisiert werden und der Bundesrat auf dieser Grundlage prüfen wird, «ob [die] Regelung ergänzt werden muss, um eine sach- und zeitgerechte Information des Bundes und damit eine entsprechende Steuerung 20

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Überwachung der Interessenbindungen in den Verwaltungsräten der bundesnahen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB, Bericht der GPK-S vom 28. Aug. 2018, Kap. 4.1 (BBl 2018 7827, hier 7846).

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ermöglichen zu können». Die GPK-S stellt jedoch fest, dass ­ abgesehen von den Bemerkungen zum Wahlverfahren (siehe nächstes Kap.) ­ weder im Expertenbericht noch in der Stellungnahme des Bundesrates zu diesem Bericht näher eingegangen wird auf die Informationsflüsse zwischen den Unternehmen und dem Eigner in Sachen Interessenbindungen der Verwaltungsratsmitglieder. 21 Die GPK-S stellt fest, dass die Grundsätze im Schreiben vom 4. Dezember 2018 die Problematik der Informationsflüsse zwischen den Unternehmen und dem Bund in Sachen Interessenbindungen teilweise zu klären vermögen. Allerdings ist sie der Meinung, dass der Bundesrat noch festlegen sollte, welchen Platz diese Thematik künftig in den periodischen Berichten der Unternehmen an den Bund sowie in den vierteljährlichen Eignergesprächen einnehmen soll. Die Kommission spricht sich dafür aus, dass die Interessenbindungen bei den Gesprächen systematisch traktandiert werden und ihnen in den Berichten der Unternehmen ein eigenes Kapitel gewidmet wird. Sie wird sich bei der Nachkontrolle zu dieser Inspektion über die diesbezüglich getroffenen Massnahmen informieren und behält sich das Recht vor, dieses Thema bei ihren künftigen Arbeiten zur Corporate Governance wieder aufzugreifen.

2.4

Empfehlung 4: Überprüfung der Mandate durch den Bund

Empfehlung 4 vom 28. August 2018: Die GPK-S erwartet vom Bundesrat als Hauptaktionär, dass er bei der Kenntnisnahme von den Geschäftsberichten der bundesnahen Unternehmen künftig insbesondere auf Drittmandate von Verwaltungsratsmitgliedern achtet und dass er, falls nötig, über die zuständigen Verwaltungsstellen vertiefte Abklärungen vornehmen lässt.

Sie ersucht den Bundesrat in diesem Zusammenhang, die Rolle der EFV als Kompetenzzentrum für die Überwachung von Interessenskonflikten innerhalb der bundesnahen Unternehmen zu stärken.

Diese Empfehlung betrifft die Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen, die der Bundesrat in Bezug auf die Interessenbindungen ausübt. Wie oben bereits ausgeführt, ist es für die GPK-S von entscheidender Bedeutung, dass der Bundesrat nicht nur die Vorschriften betreffend Interessenskonflikte formuliert, sondern auch sicherstellt, dass die Unternehmen die entsprechenden Grundsätze in die Praxis umsetzen und ihre einschlägigen internen Reglemente auch tatsächlich anwenden.

21

Zwei Empfehlungen des Expertenberichts beziehen sich allerdings auf die Informationsflüsse im Allgemeinen und könnten sich somit auch bei den Interessenbindungen als relevant erweisen: In Empfehlung 5 wird der Bundesrat aufgefordert, die Elemente zu konkretisieren, die in den Berichten zuhanden der Eignerstellen enthalten sein müssen; in Empfehlung 7 wiederum wird der Bundesrat ersucht, die Gespräche zwischen den Vertreterinnen und Vertretern des Bundes und den Unternehmen zu systematisieren und zu vereinheitlichen.

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In seiner Stellungnahme vom 24. Oktober 2018 äussert der Bundesrat die Ansicht, dass «sich die Überprüfung durch die Verwaltungsstellen [...] weitgehend darauf beschränken» muss, «anlässlich der Wahl oder von anstehenden Wiederwahlen die Frage nach Drittmandaten zu stellen und bei Unklarheiten nachzufragen.» Dennoch verpflichtet er sich, die Überprüfung der Interessenbindungen zu verstärken, wobei diese Aufgabe von den Eignerstellen der Departemente gemeinsam mit der EFV wahrgenommen werden solle. Der Bundesrat führt zudem an, dass die Rollenwahrnehmung im Eignermodell des Bundes im Rahmen des Expertenberichts zur Corporate Governance überprüft wird.

Auch die GPK-S ist der Ansicht, dass die Wahl und die Wiederwahl der Verwaltungsratsmitglieder Schlüsselmomente darstellen, in denen den Interessenbindungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Allerdings sollten die zuständigen Departemente und die EFV sicherstellen, dass diese Problematik auch ausserhalb der Wahlperioden verfolgt wird; diese Forderung ist insbesondere auch deswegen gerechtfertigt, weil gemäss den Grundsätzen des VBS, des UVEK und der EFV vom Dezember 2018 die Verwaltungsratspräsidien das jeweils zuständige Departement laufend über die Drittmandate zu informieren haben. Die Kommission begrüsst daher die Absicht des Bundesrates, die Überwachung der Interessenbindungen durch die Departemente und die EFV zu verstärken. Sie kann jedoch nicht klar erkennen, welche konkreten Massnahmen zu dieser Stärkung beitragen sollen, und ist der Meinung, dass diesbezüglich noch mehrere Punkte zu präzisieren sind; diese werden nachfolgend beschrieben.

Stärkung des Wahlverfahrens des Verwaltungsrates Der im Auftrag des Bundesrates verfasste Expertenbericht zur Corporate Governance konzentriert sich auf die Überwachung der Interessenbindungen im Rahmen des Wahlverfahrens. Diesbezüglich stellen die Expertinnen und Experten fest, dass die mit der Wahl verbundenen Abläufe bisher noch wenig systematisch festgehalten worden sind.22 Das Fehlen eines formalisierten Verfahrens wird von vielen Akteuren kritisiert. Aus den von den Expertinnen und Experten geführten Gesprächen geht hervor, dass die EFV teilweise erst sehr spät in den Prozess einbezogen wird. 23 Folglich empfehlen die Expertinnen und Experten, das Verfahren zur Vorbereitung der Wahl der
Verwaltungsräte zu systematisieren und sicherzustellen, dass die verschiedenen betroffenen Stellen frühzeitig und gleichberechtigt in das Verfahren eingebunden werden.24 In seiner Stellungnahme zum Expertenbericht25 informiert der Bundesrat darüber, dass die EFV den Generalsekretariaten der Departemente und der Bundeskanzlei im Juli 2017 einen Fragebogen vorgelegt hat, um insbesondere «Stellungnahmen zu einem einheitlichen Wahlverfahren» einzuholen. Er teilt mit, dass die Mehrheit der Departemente in Bezug auf das existierende Instrumentarium und die Eigenverant22 23 24 25

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Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, siehe insbesondere S. 46/47, 76 und 84, Empfehlung 3.

Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, S. 46.

Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, S. 84, Empfehlung 3.

Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 6.

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wortung der Departemente den Ist-Zustand als zufriedenstellend empfand. Deshalb will der Bundesrat auf eine departementsübergreifende Weisung zur Systematisierung des Wahlverfahrens verzichten, da «nach überwiegender Auffassung [...] sich die verselbständigten Einheiten für eine Standardisierung des Auswahl- und Wahlverfahrens zu stark voneinander [unterscheiden]». Dennoch ist er der Ansicht, dass der Wahlantrag an den Bundesrat transparent über das Wahlverfahren und nicht nur ­ wie bisher ­ über das Anforderungsprofil und die Interessenbindungen der zur Wahl vorgeschlagenen Personen informieren muss. In seinen Augen wird mit einer transparenten Information über das Wahlverfahren die Einflussmöglichkeit des Bundesrates gestärkt.26 Die GPK-S ist nur teilweise zufrieden damit, inwieweit der Bundesrat den Empfehlungen der Expertinnen und Experten in diesem Bereich nachgekommen ist. Sie begrüsst zwar die Absicht des Bundesrates, den Detaillierungsgrad der ihm vorgelegten Wahlanträge zu erhöhen. Allerdings gibt er nicht an, wie und bis wann er diese Anforderung umsetzen will. Die Kommission erwartet vom Bundesrat, dass er hierfür einen Massnahmenkatalog und einen exakten Zeitplan erstellt. Sie wird sich bei der Nachkontrolle zu dieser Inspektion über die diesbezüglich getroffenen Massnahmen informieren und behält sich das Recht vor, dieses Thema bei ihren künftigen Arbeiten zur Corporate Governance erneut aufzugreifen.

Die vom Bundesrat anführten Gründe, weshalb auf eine Harmonisierung der Verfahren zur Wahl der Verwaltungsratsmitglieder verzichtet wird, überzeugen die GPK-S im Übrigen wenig. Insbesondere kann die Kommission nicht nachvollziehen, inwiefern es aufgrund der Unterschiede zwischen den betreffenden Unternehmen nicht möglich ist, eine einheitliche Weisung einzuführen, die in groben Zügen die bei der Wahl der Verwaltungsräte zu unternehmenden Schritte sowie die jeweiligen Verantwortlichkeiten der Departemente, der EFV und des Bundesrates festlegt. Sie weist zudem darauf hin, dass die vom Bundesrat erwähnte Umfrage bei den Departementen im Juli 2017 durchgeführt worden ist, also vor der Veröffentlichung des Berichts der GPK-S und des Expertenberichts. In Anbetracht dieser Sachlage bittet sie den Bundesrat, die Zweckmässigkeit einer Vereinheitlichung des Wahlverfahrens nochmals gründlich zu
prüfen; sie wird im Rahmen der Nachkontrolle zu dieser Inspektion diesbezüglich Bilanz ziehen und behält sich das Recht vor, dieses Thema bei ihren künftigen Arbeiten zur Corporate Governance wieder aufzugreifen.

Rollenverteilung bei der Aufsicht Zur Forderung der GPK-S, die Rolle der EFV als Kompetenzzentrum für die Überwachung von Interessenskonflikten innerhalb der bundesnahen Unternehmen zu stärken, äussert sich der Bundesrat nicht direkt. Die Empfehlung der Expertinnen und Experten, sicherzustellen, dass die verschiedenen Eignerstellen (darunter auch die EFV) «frühzeitig und gleichberechtigt»27 in das Wahlverfahren eingebunden werden, bleibt unbeantwortet. Der Bundesrat möchte die bestehende Aufgabentei26

27

Die EFV hat die GPK-S informiert, dass die Praxis wonach ein Wahlantrag an den Bundesrat künftig insb. auch den Beschrieb des Auswahlverfahrens und Informationen zu den Evaluationen enthalten soll, bei den letzten Wahlgeschäften bereits angewendet wurde (Schreiben der EFV an die GPK-S vom 28. Okt. 2019).

Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, S. 84, Empfehlung 3.

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lung bei der Überwachung der Interessenbindungen nicht grundsätzlich ändern. Er hält insbesondere die Idee, die Verantwortung für die Vorbereitung der Wahlgeschäfte an das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) zu übertragen, für «kaum praktikabel».28 Die rechtliche Verankerung der Aufgabenverteilung zwischen den Eignerstellen erscheint dem Bundesrat hingegen sinnvoll.29 Die Kommission ist nach wie vor überzeugt, dass der EFV im Bereich der Überwachung der Interessenbindungen eine zentrale Beratungsfunktion zukommen könnte und dass ihre Rolle in diesem Sinne geklärt werden muss. Die Kommission begrüsst daher die Absicht des Bundesrates, die Aufgabenverteilung zwischen den zuständigen Stellen rechtlich zu verankern. In den Augen der Kommission bedarf es unbedingt einer Grundsatzüberlegung über die jeweiligen Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Aufgaben der Departementsvorsteherinnen und -vorsteher, der Generalsekretariate und der EFV im Bereich der Corporate Governance.30 In diesem Zusammenhang erwartet die Kommission vom Bundesrat, dass er auch in transparenter Weise festlegt, welche Stelle zu welchem Zeitpunkt in das Verfahren zur Wahl der Verwaltungsräte eingebunden ist. Sie wird im Rahmen der Nachkontrolle zu dieser Inspektion diesbezüglich Bilanz ziehen. Auch hier behält sie sich das Recht vor, diesen Punkt bei ihren künftigen Arbeiten zur Corporate Governance wieder aufzugreifen.

Nach der Veröffentlichung des Expertenberichts teilte der Bundesrat zudem mit, dass er prüfen wird, ob es möglich ist, die mit der Aufsicht der Unternehmen betrauten Stellen personell und fachlich zu verstärken. Die GPK-S begrüsst diesen Entscheid. Für sie ist eine solche Massnahme unerlässlich, damit die zuständigen Departemente die von den Unternehmen erhaltenen Informationen insbesondere in Bezug auf die Interessenbindungen gründlich prüfen können.

Die GPK-S fragt sich weiter, ob es nicht angezeigt wäre, dass der Bundesrat eine Liste der möglichen Sanktionen von Seiten des Eigners erstellt für den Fall, dass Mängel bei der Offenlegung der Interessenbindungen festgestellt werden.

Überprüfung der Funktionsfähigkeit und Weiterbildung des Verwaltungsrates In ihrem Corporate-Governance-Bericht halten die vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten fest, dass bei den bundesnahen Unternehmen keine periodische
Beurteilung der Funktionalität des Verwaltungsrates durchgeführt wird. Sie empfehlen daher, Mechanismen zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Verwaltungsrates zu prüfen. Weiter betonen sie, dass «eine hinreichende Aus- und Weiterbildung der Mitglieder des Verwaltungsrats wichtig» ist. 31

28 29 30

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Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 12.

Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 4.

Siehe diesbezüglich auch: Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht, Bericht der GPK-S vom 12. Nov. 2019, Kap. 8.2.2.3 (BBl: noch nicht veröffentlicht).

Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, siehe insbesondere S. 47, 76 und 84, Empfehlung 3.

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In seiner Stellungnahme zum Expertenbericht weist der Bundesrat darauf hin, dass die «Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des obersten Führungsorgans der Unternehmen und die Weiterbildung seiner Mitglieder in erster Linie Aufgabe des Verwaltungsrates selbst»32 ist. Er schlägt jedoch vor, «die entsprechende Bereitschaft bzw. die Verpflichtung der Mitglieder zur Weiterbildung und zur Prüfung der Funktionsfähigkeit explizit in das Musteranforderungsprofil aufzunehmen.»33 Auch hier teilt die GPK-S die Auffassung des Bundesrates, dass die Hauptverantwortung in erster Linie beim Unternehmen selbst liegt. Aus ihrer Sicht kommt dem Bundesrat jedoch eine Aufsichtsverantwortung zu. Dieser muss sicherstellen, dass diese Grundsätze in der Praxis umgesetzt werden. Die Kommission ist der Ansicht, dass diese beiden Aspekte (Mechanismen zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Verwaltungsrates und Weiterbildung seiner Mitglieder) zentral sind und regelmässig in den Berichten der Unternehmen an den Eigner und bei den periodischen Eignergesprächen thematisiert werden sollten. Sie fragt sich zudem, ob diese Punkte nicht nur im Anforderungsprofil für die Verwaltungsratsmitglieder, sondern auch in den Corporate-Governance-Leitsätzen aufgeführt sein sollten. Da diese Fragen den Rahmen ihrer Inspektion von 2018 sprengen würden, geht die Kommission in diesem Bericht nicht weiter darauf ein; sie wird diese Thematik jedoch weiterverfolgen.

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Schlussfolgerung und weiteres Vorgehen

Die GPK-S nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass der Bundesrat mit ihren Feststellungen weitgehend einverstanden ist. Er anerkennt, dass ihm in Bezug auf die Überwachung der Interessenbindungen in den bundesnahen Unternehmen eine subsidiäre Mitverantwortung zukommt, auch wenn die Hauptverantwortung bei den betreffenden Unternehmen liegt.

Die Kommission weist darauf hin, dass der Bundesrat und die Verwaltung auf den Bericht der GPK-S hin verschiedene Massnahmen getroffen haben, um die Grundprinzipien im Umgang mit Interessenbindungen in den Unternehmen genauer zu definieren. Die Kommission begrüsst insbesondere das Vorgehen des GS-UVEK, des GS-VBS und der EFV, die in einem Schreiben an die betreffenden Unternehmen die Erwartungen des Bundes im Bereich der Interessenbindungen ausgeführt haben.

Angesichts der unternommenen Schritte betrachtet die Kommission die Empfehlungen 1, 2 und 3 als weitgehend umgesetzt.

Dennoch hält es die Kommission für äusserst wichtig, dass der Bundesrat nicht nur die Vorschriften zu Interessenskonflikten formuliert, sondern auch sicherstellt, dass die Unternehmen die entsprechenden Grundsätze in die Praxis umsetzen und ihre 32 33

Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 6.

Diesbezüglich hat die EFV die GPK-S informiert, dass die Anforderungsprofile für die im Rahmen der Entflechtung der RUAG neu zu wählenden Verwaltungsräte gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom 26. Juni 2019 mit einem Hinweis auf die Bereitschaft der Mitglieder zur Weiterbildung und zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Verwaltungsrates als Gesamtgremium ergänzt wurden. Die konkrete Umsetzung des bundesrätlichen Auftrags an das EFD zur Ergänzung des Musteranforderungsprofils wird bis Ende 2019 erfolgen (Brief der EFV an die GPK-S vom 28. Okt. 2019).

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einschlägigen internen Reglemente auch tatsächlich anwenden. Diesbezüglich begrüsst die Kommission die Absicht des Bundesrates, die Überwachung der Interessenbindungen in den Unternehmen durch die Departemente und die EFV zu verstärken. Sie kann jedoch nicht klar erkennen, welche konkreten Massnahmen zu dieser Verstärkung beitragen sollen, und ist der Meinung, dass diesbezüglich noch mehrere Punkte zu erläutern sind.

Was das Verfahren zur Wahl der Verwaltungsräte betrifft, so begrüsst die Kommission die Absicht des Bundesrates, den Detaillierungsgrad der ihm vorgelegten Wahlanträge zu erhöhen. Allerdings lässt er offen, wie und bis wann er diese Massnahme umsetzen will. Weiter ist die Kommission der Auffassung, dass der Bundesrat trotz der Vorbehalte, welche die Departemente diesbezüglich geäussert haben, noch einmal gründlich prüfen sollte, ob nicht eine Vereinheitlichung der verschiedenen Wahlverfahren der Unternehmen sinnvoll wäre.

In den Augen der Kommission muss zudem die Rolle der EFV im Bereich der Überwachung der Interessenbindungen geklärt werden. Es bedarf unbedingt einer Grundsatzüberlegung über die jeweiligen Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Aufgaben der Departementsvorsteherinnen und -vorsteher, der Generalsekretariate und der EFV im Bereich der Corporate Governance und insbesondere in Bezug auf die Aufsicht über die Interessenbindungen. Aus Sicht der Kommission sollte der Bundesrat auch seine Aufsicht hinsichtlich der Mechanismen zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Verwaltungsrates sowie der Weiterbildung von dessen Mitgliedern verstärken.

Schliesslich ist die Kommission der Ansicht, dass der Bundesrat prüfen sollte, ob es nicht sinnvoll wäre, alle Leitsätze zur Corporate Governance des Bundes ­ nach dem Vorbild des Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance ­ in einem regelmässig zu aktualisierenden Referenzdokument festzuhalten.

Die Kommission hat beschlossen, ihre Inspektion abzuschliessen; sie wird sich in rund zwei Jahren im Rahmen einer Nachkontrolle über den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen informieren. Sie wird sich dabei mit den in diesem im vorliegenden Bericht offengebliebenen Fragen befassen. Sie behält sich jedoch das Recht vor, diese Punkte auch bei ihren künftigen Arbeiten zur Corporate Governance aufzugreifen.

12. November 2019

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Die Präsidentin: Anne Seydoux-Christe Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EDI/UVEK: Claude Hêche Der Sekretär der Subkommission EDI/UVEK: Nicolas Gschwind

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Abkürzungsverzeichnis BBl

Bundesblatt

BPG

Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1)

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

GS-UVEK

Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

GS-VBS

Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

RUAG

Rüstungsunternehmen Aktiengesellschaft

SBB

Schweizerische Bundesbahnen

SR

Systematische Sammlung

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

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