20.074 Botschaft zu einem Rahmenkredit für Eventualverpflichtungen in der Wohnraumförderung für die Jahre 2021­2027 vom 2. September 2020

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf für einen Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit für Eventualverpflichtungen in der Wohnraumförderung für die Jahre 2021­2027.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

2. September 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Der Bundesrat beantragt 1700 Millionen Franken für einen Rahmenkredit für Eventualverpflichtungen, mit denen der Bund ab Mitte 2021 bis Ende 2027 im Jahresdurchschnitt zwei bis vier Emissionen der Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger (EGW) im Gesamtbetrag von jährlich rund 200­300 Millionen Franken verbürgen kann. Bis Ende 2027 werden sich die insgesamt ausstehenden Garantieverpflichtungen unter Berücksichtigung der zur Rückzahlung fällig werdenden Anleihen von rund 3,5 Milliarden Franken per Ende 2019 auf gut 4,2 Milliarden Franken erhöhen. Ein Planungsbeschluss soll das Wachstum des Bürgschaftsvolumens ab 2028 stabilisieren.

Ausgangslage Artikel 108 der Bundesverfassung verpflichtet den Bund, in Ergänzung zur marktwirtschaftlichen Versorgung die Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus zu fördern. Der Erfüllung dieses Auftrags dient gegenwärtig das Wohnraumförderungsgesetz vom 21. März 2003 (WFG). Danach alimentiert der Bund einen Fonds de Roulement, der von den Dachorganisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus im Auftrag des Bundes treuhänderisch verwaltet wird, und aus dem zinsgünstige Darlehen für Neubau- und Erneuerungsprojekte von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus ausgerichtet werden. Zweitens soll der Bund mit Garantieleistungen die von den gemeinnützigen Bauträgern in Selbsthilfe betriebenen Finanzierungsinstrumente unterstützen. Im Vordergrund steht dabei die EGW, die ihren Mitgliedern zu langfristigen, günstigen Finanzierungen verhilft und deren Anleihen der Bund gestützt auf Artikel 35 WFG verbürgt, sowie sekundär die Hypothekar-Bürgschaftsgenossenschaft gemeinnütziger Wohnbauträger, deren Bürgschaften der Bund gestützt auf Artikel 36 WFG rückverbürgt.

Am 9. Februar 2020 sind Volk und Stände der Empfehlung des Bundesrates und des Parlaments gefolgt und haben die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» abgelehnt. Diese hatte unter anderem eine stärkere Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus verlangt. Namentlich hätten Bund und Kantone dafür sorgen sollen, dass sich 10 Prozent der jährlich neu gebauten Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Bauträger befinden. Ihre ablehnende Haltung zur Volksinitiative hatten der Bundesrat und das Parlament unter anderem damit begründet, dass sich die Förderung des gemeinnützigen
Wohnungsbaus auf der bestehenden Verfassungs- und Rechtsgrundlage bewährt habe und diese im bisherigen Rahmen fortgeführt werden soll. Zu diesem Zweck hat das Parlament einen Rahmenkredit im Umfang von 250 Millionen Franken verabschiedet, der über zehn Jahre der weiteren Alimentierung des Fonds de Roulement dienen und dazu beitragen soll, dass die Förderung von Neubau- und Erneuerungsprojekten im Umfang der letzten zehn Jahre weitergeführt werden kann. Der entsprechende Bundesbeschluss ist mit der Ablehnung der Volksinitiative in Kraft getreten.

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Inhalt der Vorlage Mit der vorliegenden Botschaft bekräftigt der Bundesrat seine Haltung im Vorfeld der Abstimmung zur Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» und beantragt, die bisher gewährten Garantieleistungen zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus im bisherigen Rahmen fortzuführen.

Der letzte, mit dem Bundesbeschluss vom 15. März 2015 verabschiedete Rahmenkredit für Eventualverpflichtungen umfasste 1900 Millionen Franken und wird Mitte 2021 ausgeschöpft sein. Der Bundesrat beantragt, über diesen Zeitpunkt hinaus die bewährten Aktivitäten der EGW und in geringem Umfang jene der HypothekarBürgschaftsgenossenschaft gemeinnütziger Wohnbauträger mit Garantieleistungen zu unterstützen. Dies verlangen nicht nur der Verfassungsauftrag und die förderpolitische Haltung des Bundesrates im Vorfeld der Volksabstimmung, sondern auch die Situation auf dem Wohnungsmarkt und in der Wohnungsversorgung. Trotz regional hohen Wohnungsleerständen als Folge einer überdurchschnittlichen Neubautätigkeit und einem historisch tiefen hypothekarischen Referenzzinssatz ist die Mietzinsbelastung vor allem in städtisch geprägten Regionen für wirtschaftlich schwächere Haushalte und Angehörige des Mittelstandes überdurchschnittlich hoch.

In dieser Situation wirkt der gemeinnützige Wohnungsbau dank seiner Orientierung an der Kostenmiete als unverzichtbare Ergänzung zu den renditeorientierten Wohnrauminvestitionen. Dabei ist zu beachten, dass die Finanzierungen der EGW nicht zu einer Ausweitung des Angebots führen, sondern die Wohnungen in bereits bestehenden und vermieteten Liegenschaften langfristig vergünstigen und deren Eigentümerinnen und Eigentümer vor Zinsänderungsrisiken bewahren.

Die allen Bürgschaften inhärenten Ausfallrisiken erachtet der Bundesrat im vorliegenden Fall als vertretbar. Die EGW finanziert konservativ, sie verfügt über ein umfassendes Informations- und Risikomanagement, und als Sicherheit dienen langfristig werthaltige Grundpfänder. Der im Jahr 2018 von einer unabhängigen Expertin durchgeführte «Stresstest» hat die Robustheit des EGW-Portfolios bestätigt. Seit Inkrafttreten des WFG im Jahre 2003 musste der Bund denn auch keine EGWBürgschaften honorieren. Würde der Bund die Anleihen der EGW nicht mehr verbürgen, würde sich deren Bonität verschlechtern und ihr Zinsvorteil fiele dahin. Die EGW müsste ihre Tätigkeit einstellen, was mit dem Verlust des bewährten Instrumentariums verbunden wäre und Bürgschaftsforderungen an den Bund provozieren könnte.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Ausgangslage 1.1 Verfassungsauftrag und Ausführungsgesetz 1.2 Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» 1.3 Beanspruchung der Rahmenkredite 1.3.1 Darlehen 1.3.2 Eventualverpflichtungen

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Situation auf dem Wohnungsmarkt und in der Wohnungsversorgung

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Die Förderung von preisgünstigem Wohnraum 3.1 Rolle der gemeinnützigen Bauträger für die Wohnraumversorgung 3.2 Bedeutung der EGW als Finanzierungsinstrument für den gemeinnützigen Wohnungsbau 3.3 Die Tätigkeit der EGW 3.3.1 Organisation und Anleihetätigkeit 3.3.2 Bedeutung der EGW-Anleihen aus Anlegersicht 3.3.3 Risikomanagement 3.3.4 Verankerung des Risikomanagements in der Wohnraumförderungsverordnung (WFV) 3.3.5 Portfolioanalyse und Stresstest 3.4 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

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Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

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Vorverfahren

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Inhalt des Kreditbeschlusses 6.1 Notwendigkeit eines neuen Rahmenkredits 6.2 Antrag des Bundesrates 6.2.1 Umfang des Verpflichtungskredits 6.2.2 Teuerungsannahmen 6.2.3 Planungsbeschluss für den Rahmenkredit ab 2028 6.3 Geprüfte und verworfene Punkte 6.3.1 Änderung der Laufzeit des beantragten Rahmenkredits 6.3.2 Änderung der Art der Verbürgung 6.3.3 Ausstieg aus der Bürgschaftsgewährung

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Auswirkungen 7.1 Auswirkungen auf den Bund 7.1.1 Finanzielle Auswirkungen 7.1.2 Auswirkungen auf den Personalbedarf und die Informatik 7.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 7.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 7.3.1 Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft 7.3.2 Auswirkungen auf die Zielgruppe der Bundeshilfe 7.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 7.5 Auswirkungen auf die Umwelt 7.6 Andere Auswirkungen

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Rechtliche Aspekte 8.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 8.2 Erlassform 8.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 8.4 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

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Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit für Eventualverpflichtungen in der Wohnraumförderung für die Jahre 2021­2027 (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Verfassungsauftrag und Ausführungsgesetz

Die Förderung des Wohnungsbaus, des Erwerbs von Wohnungs- und Hauseigentum, das dem Eigenbedarf Privater dient, sowie der Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus ist in Artikel 108 der Bundesverfassung (BV)1 als Daueraufgabe des Bundes verankert. Als wichtigstes Ausführungsgesetz dient das Wohnraumförderungsgesetz vom 21. März 20032 (WFG), das seit dem 1. Oktober 2003 in Kraft ist.

Das WFG enthält Massnahmen zu allen drei erwähnten Teilzielen des Verfassungsauftrags3. Der Bundesrat hat jedoch im Februar 2007 entschieden, die Wohnbauhilfen auf die indirekte, also über Partnerorganisationen abgewickelte Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus zu beschränken. Zu diesem Zweck werden drei Massnahmen umgesetzt, die in unterschiedlichen Phasen der Immobilienentwicklung und -bewirtschaftung greifen:

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Der Bund äufnet einen Fonds de Roulement, der von den beiden Dachorganisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus (Wohnbaugenossenschaften Schweiz und Wohnen Schweiz) treuhänderisch verwaltet wird. Daraus werden gemeinnützigen Wohnbauträgern im Sinne einer Starthilfe und Überbrückungsfinanzierung verzinsliche und rückzahlbare Darlehen für den Neubau, die Erneuerung und den Kauf von Liegenschaften sowie den Erwerb von Baugrundstücken zur Verfügung gestellt.

­

Der Bund gewährt in Einzelfällen Rückbürgschaften an die HypothekarBürgschaftsgenossenschaft schweizerischer Bau- und Wohnbaugenossenschaften (HBG), wodurch die Finanzierung von Neubauten und Erneuerungen erleichtert und eine geringere Zinsbelastung ermöglicht werden.

­

Der Bund verbürgt die Anleihen der Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger (EGW), die langfristige, zinsgünstige Kapitalaufnahmen der EGW-Mitglieder für bestehende und vermietete Liegenschaften erlauben und zu günstigeren Mietzinsen führen.

SR 101 SR 842 Siehe Zusatzbericht der Verwaltung vom 23. Oktober 2018 zur Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen», abrufbar unter: www.bwo.admin.ch > Wohnungspolitik > Wohnungspolitik Bund > Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» > Zusatzbericht der Verwaltung.

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1.2

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen»

Die am 18. Oktober 20164 eingereichte eidgenössische Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» verlangte unter anderem eine verstärkte Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Bund und Kantone sollten sich dafür einsetzen, dass gesamtschweizerisch mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus sind. Zu diesem Zweck sollte der Bund die Kantone und Gemeinden ermächtigen, für sich ein Vorkaufsrecht für geeignete Grundstücke einzuführen. Zudem sollte er ihnen beim Verkauf von Grundstücken, die in seinem Eigentum, oder in jenem bundesnaher Betriebe sind, ein Vorkaufsrecht einräumen.

In seiner Botschaft vom 21. März 20185 anerkannte der Bundesrat, dass die Initiative einen für die Wohnungsversorgung in der Schweiz wichtigen Punkt aufgreift. Es sei für Wohnungssuchende, insbesondere für solche mit geringer Kaufkraft, vielerorts schwierig, eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohnung zu finden. Die mit der Volksinitiative geforderte Zielgrösse von 10 Prozent hätte jedoch eine erhebliche Mehrbelastung für den Bund und die Kantone bedeutet, weil die Neubauquote der gemeinnützigen Investoren etwa um den Faktor drei erhöht werden müsste. Zudem hätten die Quote wie auch die geforderten Vorkaufsrechte dem marktwirtschaftlichen Verständnis der Wohnungsversorgung widersprochen. Die Volksinitiative war nach Meinung des Bundesrates deshalb weder realistisch noch marktkonform. Der Bundesrat erklärte sich jedoch bereit, die bewährten Hilfen zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus auf der Basis der bestehenden Verfassungs- und Gesetzesgrundlagen und in bisherigem Umfang fortzuführen. Er hat deshalb mit seiner Botschaft dem Parlament neben dem Entwurf zu einem Bundesbeschluss zur Volksinitiative mit dem Antrag diese abzulehnen, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus unterbreitet. Dieser umfasst 250 Millionen Franken für einen Zeitraum von zehn Jahren.

Der Nationalrat hat den beiden Bundesbeschlüssen am 14. Dezember 2018 und der Ständerat am 22. März 2019 zugestimmt. In der Volksabstimmung vom 9. Februar 2020 wurde die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» mit einem Stimmenverhältnis von 42,9 Prozent zu 57,1 Prozent verworfen. 6 Sie erreichte in den
Kantonen Genf, Waadt, Neuenburg, Jura und Basel-Stadt eine Mehrheit, wurde aber von 16 Kantonen und fünf Halbkantonen abgelehnt. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, um, wie vom Bundesrat in Aussicht gestellt, die bisherige Unterstützung des gemeinnützigen Wohnungsbaus fortzuführen. Der Bundesbeschluss vom 11. März 20197 zum Rahmenkredit für die Aufstockung des Fonds de Roulement ist mit der Ablehnung der Volksinitiative in Kraft getreten. Mit dieser Botschaft sollen nun die Voraussetzungen für die Fortführung der Bürgschaftsleistungen zugunsten der EGW und der HBG geschaffen werden.

4 5 6 7

BBl 2016 8357 BBl 2018 2213 BBl 2020 4377 BBl 2020 5061

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1.3

Beanspruchung der Rahmenkredite

1.3.1

Darlehen

Der zusammen mit dem WFG am 21. März 2003 verabschiedete Rahmenkredit von 300 Millionen Franken für Darlehen ermöglichte bis Ende 2017 die Aufstockung des seit Jahrzehnten bestehenden Fonds de Roulement zugunsten gemeinnütziger Wohnbauträger auf rund 510 Millionen Franken. Die Rückzahlungen in den Fonds im Umfang von rund 25 Millionen Franken erlauben jährlich die Förderung von rund 700­800 Wohnungen. Mit dem am 9. Februar 2020 in Kraft getretenen Rahmenkredit ist eine Aufstockung möglich, die über die nächsten zehn Jahre rund eine Verdoppelung des vorgenannten Fördervolumens zulässt. Im Voranschlag 2020 sind 21 Millionen Franken zugunsten des Fonds de Roulement eingestellt, und im Finanzplan 2021­2023 ist jährlich derselbe Betrag für die Alimentierung des Fonds vorgesehen. Aus heutiger Sicht sind diese Aufstockungen auch nötig. Während 2017 und 2018 Darlehen im Umfang von 24 beziehungsweise 27 Millionen Franken gewährt werden konnten, erreichte die Darlehenssumme im Jahr 2019 40 Millionen Franken. Sollte sich der Finanzbedarf künftig wider Erwarten verringern oder sogar deutlich erhöhen, so können Bundesrat und Parlament die jährlichen Kredittranchen entsprechend anpassen.

1.3.2

Eventualverpflichtungen

Gestützt auf das WFG hat das Parlament bisher drei Bundesbeschlüsse (BB) betreffend Rahmenkredite für Eventualverpflichtungen verabschiedet: ­

Bundesbeschluss vom 19. März 20038: 1775 Millionen Franken

­

Bundesbeschluss vom 17. März 20119: 1400 Millionen Franken

­

Bundesbeschluss vom 9. März 201510: 1900 Millionen Franken.

Bis Ende 2019 wurden unter dem WFG insgesamt 4681,5 Millionen Franken für die Verbürgung von Anleihen der EGW und knapp 38 Millionen Franken für Rückbürgschaften verwendet. Von letzteren entfiel mit rund 25 Millionen Franken der Grossteil auf die HBG. Die gegenüber den Bürgschaftsgenossenschaften im Eigentumsbereich bis 2007 rückverbürgte Summe beträgt 13 Millionen Franken. Diese Unterstützung wurde 2008 mangels Nachfrage und Skepsis von Bankenseite sistiert und dann 2019 auch aufgrund des Aufgabenverzichts des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO) mit der Liquidation der beiden Bürgschaftsgenossenschaften definitiv aufgehoben.

Vom 2015 gesprochenen Rahmenkredit standen per Anfang 2020 noch gut 356 Millionen Franken zur Verfügung. Diese werden bis Mitte 2021 aufgebraucht sein.

8 9 10

BBl 2003 5983 BBl 2011 2935 BBl 2015 3029

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2

Situation auf dem Wohnungsmarkt und in der Wohnungsversorgung

Zwischen 2002 und 2015 ist die jährliche Produktion von Neubauwohnungen von knapp 29 000 auf gut 53 000 Einheiten angestiegen. 2016 wurde eine Zahl von 52 000 verzeichnet, 2017 gut 50 000. Für 2018 dürfte sich ein deutlich höherer Wert von knapp 54 000 Wohnungen ergeben haben, und aufgrund der zahlreichen Produktionsvorhaben dürften 50 000 auch 2019 überschritten worden sein. Die seit rund 15 Jahren beobachtbare Tendenz der rückläufigen Produktion von Einfamilienhäusern dürfte sich ­ wenn auch abgeschwächt ­ fortsetzen. Der überwiegende Teil der Neuwohnungen ist zur Vermietung bestimmt, nachdem in den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende das Eigentum einen Boom erlebt hatte. Im gleichen Zeitraum hatten die Mietwohnungen nur noch rund einen Viertel ausgemacht. Bezüglich Grössenstruktur kann seit einigen Jahren eine verstärkte Bautätigkeit im Segment der kleineren Wohnungen bis 3-Zimmer festgestellt werden. Die Zahl der neu gebauten 5- und 6-Zimmer-Einheiten ist sowohl relativ als auch absolut gesehen seit etwa 2006 rückläufig. Jene der neu gebauten 4-Zimmer-Wohnungen war über diese Periode betrachtet relativ stabil bei 14 000­16 000 Wohneinheiten. Am stärksten angestiegen ist die Produktion der 2-Zimmer-Wohnungen, deren absolute Zahl sich jährlich 10 000 Einheiten angenähert hat.

Abbildung 1 Neu gebaute Wohnungen und Leerstandsquote im Vergleich 1980­2019

Zur zwischenzeitlichen Zunahme der Eigentumsproduktion haben die seit der Jahrtausendwende ausgesprochen vorteilhaften Bedingungen bei den Hypothekarzinsen 7525

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beigetragen. Gebremst wurde die Zunahme der Eigentumsquote nach 2012. In diesem Jahr wurden die Selbstregulierungsrichtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung eingeführt. Seither darf beim Eigentumserwerb nicht mehr das ganze Eigenkapital aus der beruflichen Vorsorge stammen, mindestens 10 Prozent müssen in Form von «hartem» Eigenkapital eingesetzt werden. Zudem ist der Teil der Hypothekarkredite, der zwei Drittel des Wertes des finanzierten Objektes übersteigt, zu amortisieren. 2014 wurde die Selbstregulierung verschärft, indem nun eine lineare Amortisation bei einer verkürzten Frist verlangt wird. Diese Entscheide führten dazu, dass seit 2013 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich weniger Mittel aus der beruflichen Vorsorge für die Eigentumsfinanzierung eingesetzt werden. Ferner weist die Eigentumsquote eine leicht rückläufige Tendenz auf, nachdem sie im Jahr 2015 mit 38,4 Prozent einen vorläufigen Höchststand erreicht hatte.

Im Zuge der stark gestiegenen Nachfrage infolge des grösseren Bevölkerungswachstums ab 2007/2008 hat sich auch die Mietwohnungsproduktion erhöht. Auch diese profitierte von den rückläufigen Zinssätzen. Als Folge der Entscheide der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vom Januar 2015, insbesondere bezüglich Negativzinsen, sowie des seither manifesten Anlagenotstandes ist die Mietwohnungsproduktion hoch geblieben oder hat sich sogar noch verstärkt, obschon die Nachfrage aufgrund der abgeschwächten Zuwanderung zurückgegangen ist.

Die Leerwohnungsquote schwankte zwischen 2002 und 2013 um rund 1 Prozent.

Seit 2014 ist ein deutlicher Anstieg zu beobachten. Am 1. Juni 2019 wurde im schweizerischen Durchschnitt eine Leerstandsquote von 1,66 Prozent ermittelt.

Diese Quote wurde in den letzten 40 Jahren nur gerade in den Jahren 1997 und 1998 übertroffen. Regional differiert die Leerwohnungsquote stark. Hohe Quoten sind in den Kantonen Solothurn (3,40 %), Thurgau (2,65 %), Jura und Aargau (je 2,59 %) sowie Schaffhausen (2,56 %) festzustellen. Auf der anderen Seite bleiben die Kantone Zug (0,42 %), Genf (0,54 %), Obwalden (0,87 %) und Zürich (0,89 %) unter der Ein-Prozent-Marke. Vor allem grosse Städte haben tiefe Leerwohnungsquoten.

Die Zahl der leerstehenden Neubauwohnungen belief sich in den letzten Jahren relativ stabil auf gut 10 000. Dies bedeutet, dass sich die wachsenden
Leerstände vor allem bei älteren Objekten zeigen. Rund 12 500 Leerwohnungen waren im Juni 2019 zum Kauf ausgeschrieben und rund 62 900 leere Wohnungen wurden zur Miete angeboten. Damit stand mehr als jede vierzigste Mietwohnung leer.

Die tiefen und stetig gesunkenen Zinssätze befeuerten in der ganzen Schweiz, besonders aber in den Gebieten mit hoher Marktanspannung, die Preisentwicklung.

Seit der Jahrtausendwende war ein mehr oder weniger starker Anstieg der Angebotspreise in allen Wohnungsmarktsegmenten zu verzeichnen. Dieser hat sich in den letzten vier bis fünf Jahren abgeschwächt oder sogar ins Gegenteil verkehrt, was unter anderem auf die 2012 eingeführten und 2014 verschärften Selbstregulierungsrichtlinien zurückzuführen ist. Während die Stagnation im Eigentumsbereich, vor allem bei den Einfamilienhäusern, wieder einem leichten Preisanstieg Platz gemacht hat, geben die Angebotsmieten weiterhin leicht nach. Der vom Bundesamt für Statistik (BFS) veröffentlichte Index der Bestandesmieten weist hingegen einen leichten Anstieg aus, obwohl der Referenzzinssatz zwischen Herbst 2008 und Sommer 2017 von 3,5 Prozent auf 1,5 Prozent zurückging und im März 2020 mit 1,25 Prozent einen historischen Tiefpunkt erreicht hat.

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Die ungebremsten Investitionen in den Bau von Mietwohnungen, die damit verbundenen Leerstände und stark gestiegene Transaktionspreise für Mietobjekte haben die Schweizerische Bankiervereinigung unter Druck der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) und der SNB veranlasst, die Selbstregulierungsrichtlinien bei Renditeliegenschaften anzupassen. Die entsprechenden Änderungen traten per 1. Januar 2020 in Kraft. Neu müssen beim Erwerb einer Renditeliegenschaft mindestens 25 Prozent Eigenkapital eingesetzt werden, und der zwei Drittel des Objektwertes übersteigende Finanzierungsanteil muss innert 10 Jahren amortisiert werden.

Diese Vorschriften gelten nicht für gemeinnützige Bauträger, da diese nicht renditeorientiert wirtschaften.

Die Wohnbevölkerung ist in der Schweiz im Durchschnitt sehr gut und zu tragbaren Kosten mit Wohnraum versorgt. Viele Haushalte sind in der Lage, sich laufend mehr und hochwertigen Wohnraum zu leisten. Deswegen und wegen immer noch leicht sinkender Haushaltsgrössen ist die Wohnfläche pro Person weiter angestiegen, wenn auch gegenüber den Achtziger- und Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts in deutlich abgeschwächter Form. Betrug der Anstieg in den zwei genannten Dekaden noch jeweils 5 Quadratmeter, so hat sich die Entwicklung mit plus 3 Quadratmetern zwischen 2000 und 2018 deutlich verlangsamt. 2018 beanspruchte jede Bewohnerin und jeder Bewohner im Durchschnitt 46 Quadratmeter Wohnfläche. Signifikant sind die Unterschiede zwischen selbstnutzenden Eigentümerinnen und Eigentümern, Mieterinnen und Mietern sowie in Genossenschaften wohnenden Personen. Gemäss den gepoolten Strukturerhebungsdaten 2010­2014 beanspruchten Eigentümerinnen und Eigentümer durchschnittlich 52,2 Quadratmeter, Mieterinnen und Mieter 42,4 Quadratmeter und in Genossenschaften wohnende Personen 36,5 Quadratmeter.11 Letztere beanspruchen damit im Durchschnitt deutlich am wenigsten Wohnfläche.

11

Sotomo (2017): Gemeinnütziges Wohnen im Fokus. Ein Vergleich zu Miete und Eigentum. Bundesamt für Wohnungswesen, Grenchen. Die Studie ist abrufbar unter www.bwo.admin.ch > Wohnungsmarkt > Studien und Publikationen «Wohnungsmarkt».

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Abbildung 2 Entwicklung der Brutto-Mietbelastung 2006­2017

Die Mietbelastungen lagen im Durchschnitt weiterhin relativ konstant bei rund 20 Prozent. Allerdings ist über die Jahre 2006­2017 ein tendenzieller Anstieg in den Haushalten mit monatlichem Bruttoeinkommen bis 6000 Franken zu verzeichnen. In diesen Einkommenskategorien kann eine Mietbelastung von über einem Viertel dazu führen, dass die Befriedigung anderer Grundbedürfnisse bedroht ist und Ergänzungs- oder Fürsorgeleistungen in Anspruch genommen werden müssen. Im Eigentumsbereich ist die Wohnkostenbelastung aufgrund der gesunkenen Zinssätze deutlich tiefer geworden. Allerdings haben sich die Eigentumspreise wie erwähnt deutlich erhöht, was den Zugang zu Wohneigentum zusammen mit den 2012 eingeführten und 2014 verschärften Selbstregulierungsrichtlinien erschwerte.

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Die Förderung von preisgünstigem Wohnraum

3.1

Rolle der gemeinnützigen Bauträger für die Wohnraumversorgung

In der Schweiz mit ihrer vergleichsweise geringen Eigentümerquote kommt dem gemeinnützigen Wohnungsbau als Alternative zum selbstgenutzten Wohnungseigentum und dem «normalen» Mietwohnungsverhältnis besondere Bedeutung zu. Wo wie bei Wohnbaugenossenschaften die Mieterinnen und Mieter meist auch Teilhaberinnen und Teilhaber sind, haben sie Mitspracherechte betreffend Geschäftstätigkeit und im Vergleich zum normalen Mietverhältnis eine höhere Wohnsicherheit. Der 7528

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«Dritte Weg im Wohnungsbau» vereinigt somit Vorteile des selbstbewohnten Eigentums und solche von normalen Mietverhältnissen (z. B. höhere Mobilität).

In einer gesamtschweizerischen Perspektive ist der gemeinnützige Wohnungsbau ein Randphänomen. Nur gut 4 Prozent der bewohnten Wohnungen sind im Eigentum gemeinnütziger Bauträger. Einen höheren Stellenwert hat das Segment in Städten wie Zürich, Basel, Luzern, Biel oder Thun, wo der Marktanteil mehr als 10 Prozent ausmacht. Eine im November 2017 durch das BWO veröffentlichte Studie12 bestätigt, dass das gemeinnützige Wohnen in verschiedener Hinsicht von der konventionellen Miete und vom Wohneigentum abweicht. Die Unterschiede betreffen unter anderem die (Grössen-)Struktur der Gebäude und Wohnungen, die Mietpreise sowie die soziodemografische Zusammensetzung. So sind im gemeinnützigen Bereich sowohl der Wohnflächen- als auch der Grundflächenverbrauch niedriger. Zudem hat das gemeinnützige Wohnen dort den grössten kostendämpfenden Effekt, wo das Mietpreisniveau am höchsten ist. Beim teuersten Viertel der Wohnlagen sind dies mehr als 25 Prozent Mietpreisunterschied. Das von den gemeinnützigen Bauträgern angewandte Prinzip der Kostenmiete fällt vor allem dort ins Gewicht, wo es die Standortqualitäten den kommerziell ausgerichteten Anbietern erlauben, höhere Mieten zu verlangen. Dadurch schaffen die gemeinnützigen Wohnungen gerade an zentralen urbanen Lagen mit hohem Preisniveau Wohnraum für wirtschaftlich weniger leistungsfähige Personen. Die Studie lässt den Schluss zu, dass in den preisgünstigen gemeinnützigen Wohnungen überproportional viele Personen mit geringeren finanziellen Ressourcen leben. Sie kommt zur Erkenntnis, dass die gemeinnützigen Wohnungen an Standorten mit hohem Aufwertungsdruck die Folgen der Gentrifizierung abdämpfen sowie der sozialen Entmischung und der Verdrängung von Bevölkerungsgruppen entgegenwirken.

Gemeinnützige Bauträger sorgen in überdurchschnittlichem Mass nicht nur für preisgünstigen Wohnraum von hoher Qualität, sondern häufig auch für gemeinschaftliche Infrastrukturen sowie kinderfreundliche, hindernisfreie, energieeffiziente und ökologisch nachhaltige Siedlungen. So erreicht mehr als die Hälfte der seit 2003 mittels Fonds-de-Roulement-Geldern geförderten Neubauprojekte zumindest den Minergie-Standard. Im übrigen
Wohnungsbau ist dies nur bei rund einem Viertel der Fall. Darüber hinaus haben einzelne gemeinnützige Bauträger in jüngerer Zeit auch eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung neuer Wohnformen und Mobilitätskonzepte sowie bei der Integration von Menschen mit Behinderungen und solchen mit einem Asylhintergrund übernommen.

Die Vorteile des gemeinnützigen Wohnungsbaus sind in jüngerer Zeit auch ausserhalb seines traditionellen urbanen Wirkungskreises erkannt worden. Besonders in den attraktiv gelegenen Gemeinden in Pendlerdistanz zu den gut bezahlten Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor und in touristischen Gemeinden wird die Entwicklung des lokalen Wohnungsmarktes häufig mit Sorge betrachtet. Hier führte der Zuzug von Haushalten mit hohen Einkommen und Vermögen zu Boden-, Haus- und Wohnungspreisen, die sich Normalverdienende, aber vor allem auch junge Menschen, auf welche die Gemeinden für ihr gutes Funktionieren angewiesen sind, nicht 12

Sotomo (2017): Gemeinnütziges Wohnen im Fokus. Ein Vergleich zu Miete und Eigentum. Bundesamt für Wohnungswesen, Grenchen. Die Studie ist abrufbar unter: www.bwo.admin.ch > Wohnungsmarkt > Studien und Publikationen «Wohnungsmarkt».

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mehr leisten können. Entsprechend zugenommen hat die Zahl von Initiativen seitens der Bevölkerung oder der Behörden, um in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Wohnbauträgern die Marktlücken zu schliessen. Ebenfalls häufig geschieht dies im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Wohnraum für ältere Menschen, was vor dem Hintergrund der demografischen Alterung zukünftig eine noch grössere Bedeutung erhalten dürfte.

Die Kampagne im Vorfeld der Volksabstimmung vom 9. Februar 2020 zeigte, dass der gemeinnützige Wohnungsbau vor allem in den städtischen Regionen einen starken Rückhalt hat. Dies hat sich bei der Abstimmung bestätigt. Ebenso hat die Nachabstimmungsbefragung13 ergeben, dass tiefere bis mittlere Einkommensklassen und Kleinsthaushalte wie auch die Bewohnerinnen und Bewohner kleiner Wohnungen der Initiative überdurchschnittlich stark zugestimmt haben. Zudem war die Zustimmung umso höher, je kürzer die Zeit seit dem letzten Wohnungswechsel war.

Bei einer Beurteilung von Fördermassnahmen ergab sich weiter eine starke Zustimmung zur Gewährung zinsgünstiger Darlehen oder Bürgschaften durch die öffentliche Hand. Die Bedeutung des Themas wurde gemäss VOTO-Studie zur Volksabstimmung zudem von Seiten der Mieterschaft, von Personen, die in Haushalten mit tiefen Einkommen leben und von solchen in Grossstädten höher als vom Rest eingeschätzt.14 Zusammenfassend wurde in der VOTO-Studie festgehalten, dass das Kernanliegen der Vorlage, also die Erhöhung des Angebots an günstigem Wohnraum, bei den Stimmenden auf grossen Zuspruch stiess. Die Vorlage scheiterte jedoch, weil in der Stimmbevölkerung die Meinung überwog, dass sie zu wenig Rücksicht auf die regionalen Unterschiede der Wohnungsmärkte nahm.

Die genannten wirtschaftlichen, (sozial-)politischen und ökologischen Aspekte rechtfertigen es, dass neben den Kantonen und Gemeinden auch der Bund den gemeinnützigen Wohnungsbau weiterhin unterstützt. Dies hat das Parlament bestätigt, indem es gleichzeitig mit der Ablehnung der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» dem Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus zugestimmt hat.

Der Rahmenkredit trägt dazu bei, dass der gemeinnützige Wohnungsbau seinen gesamtschweizerisch bescheidenen Anteil in den nächsten Jahren zumindest halten
kann. Aus energiepolitischen Gründen und zur Förderung der inneren Verdichtung sind auch die Unterstützung der energetischen Sanierung und Erneuerung von Altbauten und jene von Ersatzneubauten wichtige Anliegen. Weiter dürfte die Nachfrage nach preisgünstigen Wohnungen infolge der wirtschaftlichen Unsicherheit und der drohenden Einkommensverluste im Nachgang zur Covid-19-Pandemie zunehmen (siehe auch Ziff. 6.1).

13

14

Sotomo (2020). «Mehr bezahlbare Wohnungen». Abstimmungsanalyse. Schlussbericht.

Der Bericht kann eingesehen werden unter: www.bwo.admin.ch > Das BWO > Publikationen > Forschungsberichte.

VOTO-Studie zur eidgenössischen Volksabstimmung vom 9. Februar 2020, publiziert am 26. März 2020. Die Studie ist abrufbar unter: www.voto.swiss > Publikationen und Daten > Abstimmung vom 9. Februar 2020.

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3.2

Bedeutung der EGW als Finanzierungsinstrument für den gemeinnützigen Wohnungsbau

Die drei gestützt auf das WFG eingesetzten Instrumente zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus greifen in einem Immobilienzyklus zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die Darlehen aus dem Fonds de Roulement und die in Einzelfällen gewährten Rückbürgschaften zugunsten der HBG helfen mit, dass die Finanzierung für ein Neubau- oder Erneuerungsprojekt sichergestellt werden kann. Mit der jeweiligen Unterstützungszusage im Vorfeld einer Projektrealisierung sind trotz eingehender Bedarfsabklärungen und Projektprüfungen insofern gewisse Risiken verbunden, als sich die Marktgängigkeit nach Projektabschluss erst noch bewähren muss.

Im Gegensatz dazu kann eine langfristige Finanzierung durch die EGW erst zum Zuge kommen, wenn das Gebäude erstellt und vermietet ist, denn die Gewährung von EGW-Darlehen orientiert sich unter anderem am effektiv erwirtschafteten Ertragswert. Dies bedeutet einerseits, dass bei einem Wohnbauprojekt zu unterschiedlichen Zeitpunkten sowohl Darlehen aus dem Fonds de Roulement wie auch Finanzierungen der EGW zum Einsatz kommen können und in diesen Fällen eine günstige EGW-Finanzierung mithelfen kann, die Amortisation der Darlehen aus dem Fonds de Roulement abzufedern. Andererseits machen die unterschiedlichen Zwecke der eingesetzten Instrumente und die verschiedenen Belehnungslimiten auch deutlich, dass der vom Parlament bewilligte Rahmenkredit zur Aufstockung des Fonds de Roulement einen neuen Rahmenkredit für Bürgschaften zugunsten der EGW nicht ersetzen kann. Vielmehr setzt eine Fortführung der Bürgschaftsgewährung zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus voraus, dass für Eventualverpflichtungen ein neuer Rahmenkredit gesprochen wird.

3.3

Die Tätigkeit der EGW

3.3.1

Organisation und Anleihetätigkeit

Die EGW ist ein Selbsthilfeinstrument des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Sie wurde 1990 mit Unterstützung des Bundes von den Dachorganisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus gegründet, als die Hypothekarzinsen innert kurzer Zeit auf bis zu 8 Prozent angestiegen waren. Die EGW ist eine Genossenschaft, die mittels Anleihen direkt auf dem Kapitalmarkt für ihre Mitglieder Gelder beschafft, um den preisgünstigen Wohnungsbau durch zinsgünstige Finanzierung zu fördern.

Ende 2019 zählte die EGW 508 Mitglieder, von denen sich 391 an einer Anleihe beteiligt haben. Damit waren 946 Liegenschaften mit rund 35 000 Wohnungen mitfinanziert.15 Zwischen dem Inkrafttreten des WFG und Ende 2019 hat die EGW 61 Emissionen aufgelegt. Deren Laufzeit beträgt in der Regel 10­20 Jahre, zuletzt wegen der Zinssituation eher am oberen Ende. Ende 2019 waren 37 Emissionen im Gesamtbetrag von 3,4573 Milliarden Franken ausstehend (Anleihen im Betrag von gut 1,1 Mia. Fr.

15

Geschäftsbericht 2019 der EGW. Der Geschäftsbericht ist abrufbar unter: www.egw-ccl.ch > Dokumente > Geschäftsberichte.

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wurden bereits zurückbezahlt). Aus der Abbildung im Anhang geht hervor, wann diese Anleihen zur Rückzahlung fällig werden. Die aktuell späteste Rückzahlung muss am 25. November 2039 erfolgen.

Die Begebung der Anleihen erfolgt in Zusammenarbeit mit der Zürcher Kantonalbank (ZKB), die als Vertreterin der Anleihegläubiger fungiert. Das BWO verbürgt im Namen des Bundes und nach Zustimmung des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) die Anleihen solidarisch gegenüber der ZKB als Vertreterin der Anleihegläubiger. Die Anleihen der EGW sind an der Börse kotiert und werden von einer Vielzahl von Investoren (Obligationären) gehalten.

Dank einer Bundesbürgschaft nach Artikel 35 WFG geniesst die EGW als Triple-ASchuldner hohe Bonität, was sich in einem Zinsvorteil niederschlägt. Die an einer Anleihe beteiligten Bauträger beziehen im Sinne eines zinsgünstigen Darlehens eine Anleihequote, die sie für die Finanzierung ihrer bereits erstellten und vermieteten Liegenschaften verwenden. Die Mittel aus Anleihen werden bezüglich Laufzeit und Zinssatz zu den gleichen Konditionen, wie sie aufgenommen werden, an die berechtigten Wohnbauträger weitergegeben. Die EGW unterliegt deshalb keinem Zinsänderungsrisiko. Ausstehende Anleihen und Ausleihungen an die Wohnbauträger halten sich die Waage. Wie die Abbildung im Anhang zeigt, lagen die All-in-Costs der Anleihen ­ also alle mit der Emission zusammenhängenden und für deren Bewirtschaftung bis zum Endverfall anfallenden Kosten einschliesslich des Zinssatzes und eines Agios/Disagios aus der Anleihebegebung ­ bis 2014 durchschnittlich um einen, seither um rund eineinhalb Prozentpunkte unter dem Zinssatz von Festhypotheken bei Banken mit der jeweils gleichen Laufzeit wie die Anleihen. Die Zunahme der Differenz erklärt sich damit, dass sich der Zinssatz von EGW-Anleihen an den Swap-Sätzen orientiert, während Banken für Kosten und Margenberechnung von einem Nullpunkt ausgehen. Zudem wurden die Netto-Margen bei letzteren für längere Laufzeiten tendenziell höher und neue Vorschriften generierten leicht höhere Kosten. Aus der genannten Differenz entsteht für die ganze Laufzeit der betrachteten Anleihen eine Zinsersparnis, die einen Verbilligungseffekt im Bereich einer Monatsmiete pro Jahr der über die EGW finanzierten Wohnungen zur Folge hat.

3.3.2

Bedeutung der EGW-Anleihen aus Anlegersicht

Die EGW ist eine bestens etablierte Emittentin am Schweizer Kapitalmarkt und verfügt über einen ausgezeichneten Ruf bei den Schweizer Bondinvestoren. Die Topqualität mit dem AAA-Rating ist bei allen relevanten Anlegern sehr gefragt und die als mündelsicher geltenden Papiere können durch sämtliche Investoren gekauft werden, dementsprechend ist der Absatzkanal sehr breit.

Dank der Solidarbürgschaft der Eidgenossenschaft kauft der Investor indirekt eine Bundesobligation mit einem kleinen Renditeaufschlag. Die ausstehenden Anleihen der EGW handeln im Sekundärmarkt ungefähr mit dem gleichen Kreditaufschlag wie ein mit einem sehr guten Rating versehener Schweizer Kanton. Die Titel gelten als Diversifikation zu den Anleihen der Eidgenossenschaft (deren Volumen über die letzten Jahre kontinuierlich schrumpfte) und zu den Anleihen der beiden Pfandbriefinstitute.

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3.3.3

Risikomanagement

Die Ausleihungen der EGW sind ­ vergleichbar mit Hypothekarfinanzierungen von Banken ­ grundsätzlich mit einem Kreditrisiko behaftet. Weil von allfälligen Ausfällen auch der Bund aufgrund seiner Bürgschaft betroffen wäre, ist die EGW vertraglich verpflichtet, die Ausleihungen und deren Risiken laufend zu überwachen und bei sich abzeichnenden Problemen Massnahmen zu ergreifen und deren Umsetzung durchzusetzen. Diesem Zweck dient ein umfassendes, schriftlich festgehaltenes System des Informations- und Risikomanagements, das laufend überprüft und verfeinert wird und vor der Darlehensvergabe, während der Laufzeit des Darlehens und bei sich abzeichnenden Problemen zum Einsatz kommt.

Jeder Antrag auf Ausstellung einer Bürgschaft basiert auf Finanzierungsgesuchen, die von einer Prüfungskommission, bestehend aus ausgewiesenen Immobilien- und Finanzfachleuten, bewilligt worden sind. Geprüft werden namentlich die Gemeinnützigkeit des Bauträgers, dessen finanzielle Bonität und damit die Tragbarkeit der beantragten Finanzierung sowie die langfristige Vermietbarkeit der Wohnungen (Preisgünstigkeit, Vergleich mit Marktmiete, Standortratings, Leerstandsquote). Für jede Liegenschaft wird ein maximaler Belehnungswert festgelegt, der dem Ertragswert entspricht. Letzterer ergibt sich aus der Kapitalisierung der Netto-Mieterträge (Netto-Mietertrag ­ Baurechtszins / Kapitalisierungssatz). Bei der Festlegung des Kapitalisierungssatzes sind das Alter und der bauliche Zustand der Liegenschaft, das Mietzinspotenzial, die finanzielle Lage und die Führung des Gesuchstellers sowie das allgemeine Zinsumfeld zu berücksichtigen. In der Regel beträgt er mindestens 5 Prozent. Per Ende 2019 lag der durchschnittliche Kapitalisierungssatz bei 5,86 Prozent. Die Belehnungsgrenze liegt bei maximal 80 Prozent des Ertragswertes, wobei der allenfalls 70 Prozent übersteigende Anteil während der Laufzeit des Darlehens auf den Hypotheken im Vorgang oder im Gleichrang zu amortisieren oder dafür eine Liquiditätsreserve zu äufnen ist. In beiden Fällen ist in der Regel dafür jährlich 1 Prozent des Ertragswertes aufzuwenden. Die Einhaltung dieser Verpflichtung ist von der Revisionsstelle des Bauträgers jährlich schriftlich zu bestätigen.

Ende 2019 lag die durchschnittliche Belehnungshöhe bei 68,35 Prozent. Der Anteil aller EGW-Finanzierungen
eines Bauträgers darf in der Regel 40 Prozent des langfristigen Fremdkapitals dieses Wohnbauträgers nicht überschreiten. Durchschnittlich machen EGW-Finanzierungen 39,59 Prozent am Ertragswert der mit EGW-Mitteln finanzierten Liegenschaften aus. Zudem wird zur Vermeidung von Klumpenrisiken geprüft, dass die Summe aller EGW-Finanzierungen eines Bauträgers 10 Prozent des Gesamtbestandes aller ausstehenden Anleihen nicht übersteigt. Schliesslich werden EGW-Mittel erst dann gewährt, wenn die Grundpfandtitel oder andere kurante Deckungen eingeliefert sind.

Bauträger mit EGW-Finanzierungen sind vertraglich verpflichtet, die Liegenschaften nach professionellen Kriterien zu bewirtschaften und einen Geschäftsbericht gemäss den Vorschriften des Obligationenrechts16 über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung zu erstellen. Eine unabhängige externe Stelle überprüft jährlich die Jahresrechnung der Bauträger und erteilt diesen ein Rating. Ende 2019 16

SR 220

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gehörten 270 Wohnbauträger mit EGW-Finanzierungen der besten Ratingklasse 1 an. Gut 73 Prozent aller Ausleihungen waren bei diesen angelegt. Kein Bauträger war dem ungenügenden Rating 4 zugeteilt. Insgesamt gut 90 Prozent aller Finanzierungen liegen innerhalb eines Plafonds von maximal 70 Prozent des Ertragswertes der als Sicherheit haftenden Liegenschaften. Die Bauträger müssen die Zinszahlungen vierteljährlich leisten, damit finanzielle Probleme frühzeitig erkannt werden. Für die Abdeckung von Zinsausfallrisiken und um die Zinsverpflichtungen gegenüber den Anleihegläubigern erfüllen zu können, äufnet die EGW Rückstellungen, die sich Ende 2019 auf 11,8 Millionen Franken beliefen. Zudem überprüft die EGW periodisch die finanzierten Liegenschaften, wobei namentlich Erneuerungsarbeiten nachgewiesen und der Vermietungsgrad offengelegt werden müssen.

Falls die Gefährdung einer Finanzierung oder eines Bauträgers festgestellt würde, tritt die EGW das entsprechende Geschäft zur weiteren Betreuung an den RecoveryDienst des BWO ab. Sollte sich herausstellen, dass eine EGW-Ausleihung nicht mehr bedient oder nicht mehr zurückbezahlt werden könnte, würde diese in einem ersten Schritt samt den dazugehörigen Sicherheiten in ein Darlehen des BWO umgewandelt und durch dieses bewirtschaftet. Insbesondere würde im Zuge längerfristiger Sanierungsvereinbarungen eine vollständige Rückzahlung des Darlehens angestrebt. Solche Massnahmen zur Schadensbegrenzung mussten seit Inkrafttreten des WFG beziehungsweise dem Bestehen des skizzierten Risikomanagements nie umgesetzt werden. Die EGW hatte keine Ausfälle zu verzeichnen und von den in dieser Periode zugesicherten Bürgschaften musste bislang keine einzige eingelöst werden.

3.3.4

Verankerung des Risikomanagements in der Wohnraumförderungsverordnung (WFV)

Mit der Botschaft zur Staatsrechnung 2018 vom 22. März 201917 hat der Bundesrat den Bericht zur Staatsrechnung 2018 unterbreitet. In dessen Ziffer 55 (Subventionsüberprüfung WBF) werden die Darlehen aus Garantieverpflichtungen (Bundesamt für Wohnungswesen; 725/A235.0105) beschrieben, denen die Ausgaben für die Gewährung von Bundesdarlehen zugeordnet sind. Die Beurteilung dieses Kredits umfasst einen Hinweis auf das bei den EGW-Bürgschaften aktuell praktizierte Risikomanagement, das die Durchführung folgender Prüfungen umfasst: ­

jährliches Rating der an einer Anleihe beteiligten gemeinnützigen Wohnbauträger;

­

periodische Prüfungen der mit Quoten aus verbürgten Anleihen finanzierten Liegenschaften.

Im Hinblick auf eine künftige rechtliche Verankerung dieser Prüfungspraxis wird, wie im Bericht zur Staatsrechnung festgehalten, zusammen mit dieser Botschaft eine entsprechende Anpassung der Wohnraumförderungsverordnung vom 26. November 200318 (WFV) beschlossen.

17 18

BBl 2019 2725. Der Text der Botschaft ist abrufbar unter: www.efv.admin.ch > Finanzberichte > Finanzberichte > Staatsrechnung > 2018.

SR 842.1

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Der neu eingefügte Artikel 41a WFV (Risikomanagement) tritt am 1. Oktober 2020 in Kraft. Er verpflichtet die Emissionszentralen zu einer jährlichen Bonitätsprüfung und Beurteilung der Zinszahlungs- und Rückzahlungsfähigkeit derjenigen gemeinnützigen Wohnbauträger, die ein Darlehen aus verbürgten Anleiheobligationen bezogen haben. Diese Prüfung und Beurteilung muss durch eine unabhängige Person mit einer Zulassung durch die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde erfolgen.

Die gemeinnützigen Wohnbauträger sind verpflichtet, den Emissionszentralen über jedes Pfandobjekt, für das ein Darlehen aus verbürgten Anleiheobligationen gewährt wurde, mindestens alle vier Jahre Bericht zu erstatten und insbesondere die Liegenschaftserfolgsrechnung, den Stand der Finanzierung, den Mieterspiegel und eine Beschreibung des baulichen Zustands der Liegenschaft vorzulegen. Weiter müssen die Emissionszentralen ein jährliches Reporting über allfällige Risiken erstellen und das BWO unverzüglich informieren, wenn Zweifel an der Zinszahlungs- und Rückzahlungsfähigkeit des gemeinnützigen Wohnbauträgers bestehen. In einem solchen Fall ist das BWO verpflichtet, diejenigen Massnahmen zu ergreifen, die zum Schutz der finanziellen Interessen des Bundes erforderlich sind.

3.3.5

Portfolioanalyse und Stresstest

Die Verbürgung der Anleiheobligationen der EGW durch den Bund war ­ wie von Artikel 48 WFG verlangt ­ im Jahr 2010 einer Evaluation durch externe Fachpersonen unterzogen worden.19 Die Evaluation stützte sich unter anderem auf die Datenbank der EGW, auf Expertengespräche und auf eine schriftliche Befragung der EGW-Mitglieder und deckte den Zeitraum zwischen der Begebung der ersten Anleihe nach Inkraftsetzung des WFG im Dezember 2003 und Juni 2009 ab. Die Evaluation empfahl in ihrem Fazit die Weiterführung der Verbürgung von EGW-Anleihen durch den Bund. Dafür sprach namentlich der ausgewiesene Bedarf für dieses Finanzierungsinstrument, die Verbilligungswirkung für einen beträchtlichen Anteil des gemeinnützigen Wohnungsbestandes und das günstige Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Vor dem Hintergrund der Bürgschaftsverluste aus der Hochseeschifffahrt hat das BWO 2018 in Absprache mit dem WBF das Darlehensportfolio der EGW per Ende 2017 analysieren und einem Stresstest unterziehen lassen. Das Portfolio umfasste zu jenem Zeitpunkt knapp 3,2 Milliarden Franken, die sich auf 901 Liegenschaften von 368 Wohnbauträgern verteilten. Mit der Untersuchung wurde eine Firma beauftragt, die für Kantonal- und Regionalbanken periodisch Stresstests nach Vorgaben der FINMA durchführt.20 Die Portfolioanalyse zeigte unter anderem auf, dass sich das durchschnittliche finanzielle Engagement pro Wohnbauträger auf 8,7 Millionen Franken belief und dass das Bonitätsspektrum der Wohnbauträger deutlich homoge19

20

Hornung, Daniel und Röthlisberger, Thomas (2010): Evaluation Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger EGW, Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen, April 2010. Die Evaluation kann eingesehen werden unter www.bwo.admin.ch > Das BWO > Publikationen > Forschungsberichte.

Risk Solution Network AG (2018): Darlehensportfolio der Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger EGW: Stresstest, Zusammenfassung; November 2018.

Die Zusammenfassung des Stresstests kann eingesehen werden unter www.bwo.admin.ch > Das BWO > Publikationen > Forschungsberichte.

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ner ist als dasjenige der bankfinanzierten Immobiliengesellschaften. Wenig erstaunlich liegt das durchschnittliche Rating der gemeinnützigen Wohnbauträger etwas tiefer, da die Anwendung der Kostenmiete der Anhäufung von Eigenkapital Grenzen setzt. Das EGW-Portfolio ist regional gut diversifiziert, wobei eine geografische Korrelation zwischen Finanzierungsvolumen und Wirtschaftskraft ausgemacht wurde: ein Drittel des Finanzierungsvolumens entfällt auf den Kanton Zürich, ein weiteres Drittel auf die Kantone Waadt, Luzern und Bern.

Das «Stresstesting» wurde analog zu dem in der Bankwirtschaft üblichen Vorgehen nach drei Szenarien vorgenommen und ergab folgende Resultate: Im «ungestressten Szenario», das sich auf wirtschaftliche Kontinuität und Vergleichswerte von Banken abstützt, werden mögliche jährliche Verluste von 4,8 Millionen Franken beziehungsweise 0,15 Prozent der ausstehenden und verbürgten Mittel berechnet. Im «Rezessions-Szenario» gehen die Immobilienpreise über sieben Jahre je nach Region bis zu 30 Prozent zurück und das Brutto-Inlandprodukt (BIP) ist in einzelnen Jahren rückläufig. Damit erhöhen sich gemäss Berechnung die möglichen jährlichen Verluste auf bis 12,1 Millionen Franken. Kumuliert über sieben Jahre ergäbe dies einen Ausfall im Umfang von 58 Millionen Franken beziehungsweise 1,81 Prozent der verbürgten Summe. Das «Extremszenario» entspricht einer schweren Immobilienkrise, noch grösser als jene der Neunzigerjahre: Über einen Zeitraum von sieben Jahren gehen die Immobilienpreise je nach Region bis zu 45 Prozent zurück, und das BIP ist in einzelnen Jahren rückläufig. Zusätzlich steigt das Zinsniveau im ersten Jahr auf 6 Prozent, um sich anschliessend wieder zu normalisieren. Unter diesen Bedingungen liegt der erwartete Verlust jährlich zwischen 4,9 und 50 Millionen Franken. Kumuliert über sieben Jahre würden sich Ausfälle von 208 Millionen Franken oder 6,5 Prozent der ausstehenden und verbürgten Beträge ergeben. Sollte ein solches Extremszenario eintreffen, wären gemäss dem Bericht die Verluste aus dem gut «3 Milliarden schweren» EGW-Portfolio dem wirtschaftlichen Schaden aus dem «1000 Milliarden schweren» Schweizer Hypothekarmarkt gegenüberzustellen.

Die Auswirkungen der Coronakrise auf den Immobilienmarkt sind derzeit noch schwer abschätzbar. Die Konjunkturszenarien des
Staatssekretariats für Wirtschaft gehen für 2020 von einem Einbruch der Schweizer Wirtschaft von mehreren Prozentpunkten des BIP aus. Das Ausmass des Einbruchs und die längerfristigen Folgen sind wesentlich davon mitbestimmt, wie sich die Pandemie weiterentwickelt und wie rasch sich die Wirtschaft erholt. Risiken für stärkere Korrekturen im Immobilienmarkt bestehen, allerdings ist die Prognoseunsicherheit nach wie vor aussergewöhnlich hoch.

3.4

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die Wohnungspolitik ist in der EU einzelstaatlich geregelt. Fast alle EU-Staaten haben gesetzliche Grundlagen für die Wohnraumförderung zugunsten wirtschaftlich schwächerer Bevölkerungsgruppen. Ausserhalb Europas hat Australien 2019 ein Förder- und Bürgschaftsmodell eingeführt, das sich an der EGW orientiert.

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4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 29. Januar 202021 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Im Rahmen der Strategie «Nachhaltige Entwicklung 2012­2015»22 wurde im Aktionsplan bei der Schlüsselherausforderung 6 «Den sozialen Zusammenhalt stärken, die kulturelle Entfaltung und die Integration fördern und demografische Herausforderungen frühzeitig angehen» als laufende Massnahme die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus erwähnt. Gemeinsam mit nahezu allen Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der Welt hat der Bundesrat im September 2015 die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Das darin enthaltene Ziel 11 lautet «Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten». Dieses Ziel fand dann seinen Niederschlag in der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016­2019. Darin lautet das Ziel 8.8: «Der Anteil an preisgünstigem Wohnraum ist insbesondere in stark nachgefragten Gebieten erhalten oder ausgebaut; entsprechende Wohnungen sind für benachteiligte Gruppen gut zugänglich; dabei soll insbesondere der preisgünstige, familienfreundliche und altersgerechte Wohnungsbau gefördert werden.» Weitere Ziele, deren Umsetzung mit der Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus verfolgt werden kann, lauten: «Der gesellschaftliche Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt in Quartieren und Nachbarschaften sind hoch» (Ziel 8.7) oder «Neuer Wohnraum entsteht über eine qualitativ hochwertige bauliche Innenentwicklung. Es bestehen ausreichend auf die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner ausgerichtete Freiräume» (Ziel 2.3).

Zurzeit ist die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 in Erarbeitung. Diese wird eine 10-Jahres-Strategie mit der zeitlichen Perspektive der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sein.

5

Vorverfahren

Das Kreditbegehren wird nur ausgabenwirksam, wenn eine Bürgschaft eingelöst wird, was seit dem Inkrafttreten des WFG im Jahr 2003 noch nie der Fall war.

Entsprechend ist in der Bilanz des Bundes per Ende 2019 eine Rückstellung von 35,76 Millionen Franken ausgewiesen, was rund einem Prozent der ausstehenden Eventualverpflichtungen entspricht. Die Auswirkungen sind deshalb von beschränkter Tragweite, sowohl in finanzieller als auch in politischer, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer und kultureller Hinsicht. Es handelt sich weder um ein Vorhaben 21 22

BBl 2020 1777, hier 1893 Die Strategie ist einsehbar unter: www.are.admin.ch > Themen >Nachhaltige Entwicklung > Strategie Nachhaltige Entwicklung.

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nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200523 (VlG), noch um eines im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e VlG. Auf ein Vernehmlassungsverfahren wurde deshalb verzichtet.

6

Inhalt des Kreditbeschlusses

6.1

Notwendigkeit eines neuen Rahmenkredits

Die Fortführung der Bürgschaftsgewährung zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus setzt voraus, dass für Eventualverpflichtungen ein neuer Rahmenkredit gesprochen wird. Der laufende Kredit wird Mitte des Jahres 2021 vollständig aufgebraucht sein, und die EGW müsste ihre Anleihetätigkeit ab diesem Zeitpunkt einstellen. Der überwiegende Anteil des neuen Rahmenkredits wird für die Verbürgung von Anleihen der EGW benötigt. Ein geringer Anteil würde weiterhin für gelegentliche Rückbürgschaften gegenüber der HBG reserviert.

Mit dem Rahmenkredit für die EGW geht es um die Weiterführung eines bewährten Finanzierungsinstruments der im gemeinnützigen Wohnungsbau tätigen Akteure.

Dank der Bundesbürgschaft kann die EGW ihren Mitgliedern direkt auf dem Kapitalmarkt Mittel beschaffen und langfristig zu günstigen Bedingungen zur Verfügung stellen. Der Bundesrat kommt damit der im Artikel 108 BV stipulierten Verpflichtung des Bundes nach, sich im gemeinnützigen, preisgünstigen Wohnungsbau zu engagieren, der sich im besonderen Mass um die Wohnbedürfnisse der wirtschaftlich und sozial weniger gut gestellten Bevölkerungsschichten kümmert. Mit der Ablehnung der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» stimmte die Stimmbevölkerung implizit dieser Politik zu.

Im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie geraten die Einkommen zahlreicher Haushalte unter Druck. Eine Sonderauswertung des Monitors «Personenfreizügigkeit und Wohnungsmarkt 2019»24 zeigt, dass eine Zunahme der Arbeitslosigkeit oder eine länger andauernde, mit Lohnausfällen verbundene Kurzarbeit zu einer deutlich stärkeren Nachfrage nach preisgünstigen Wohnungen führen wird. Dies sind nicht zuletzt gemeinnützige Wohnungen. Ein Indiz für diese Entwicklung ist, dass in manchen Regionen die Ausschreibezeit für Wohnungen im untersten Drittel der Preisspanne bereits stark zurückgegangen ist.

6.2

Antrag des Bundesrates

6.2.1

Umfang des Verpflichtungskredits

Geht man in Anlehnung an die bisherige Praxis im Jahresdurchschnitt von zwei bis vier Emissionen im Gesamtbetrag von rund 200­300 Millionen Franken aus, so 23 24

SR 172.061 Meta-Sys/ZHAW (2020): Monitor «Personenfreizügigkeit und Wohnungsmarkt 2019», Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen, Juli 2020. Der Monitor kann eingesehen werden unter www.bwo.admin.ch > Das BWO > Wohnungsmarkt > Personenfreizügigkeit und Wohnungsmarkt.

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resultiert bis ins Jahr 2027 ein erforderlicher Verpflichtungskredit von 1700 Millionen Franken. Aufgrund der bereits fortgeschrittenen Benutzung des bestehenden Rahmenkredits besteht bereits ab Mitte 2021 Bedarf für einen neuen Rahmenkredit.

Deshalb wird der Kredit ab diesem Zeitpunkt bis ins Jahr 2027 beantragt.

6.2.2

Teuerungsannahmen

Der Umfang des Verpflichtungskredits wird beantragt unter den Teuerungsannahmen des Voranschlags 2021. Der Ausweis der Teuerungsannahmen bei einem Beschluss über einen Verpflichtungskredit dient dazu, die Höhe der jährlichen Voranschlagskredite später an die tatsächlich eingetretene Teuerung anzupassen. Weil mit dieser Vorlage ein Verpflichtungskredit für Bürgschaften beantragt wird, sind die Teuerungsannahmen ohne praktische Relevanz, da die Höhe einer allfälligen Zahlung nicht gesteuert werden kann.

6.2.3

Planungsbeschluss für den Rahmenkredit ab 2028

Mit einem Planungsbeschluss nach Art. 28 Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 200225 (ParlG) soll der Bundesrat beauftragt werden, den nächsten Rahmenkredit so zu konzipieren, dass das Bürgschaftsvolumen nicht schneller wächst als die Zahl der Haushalte. Damit wird das Wachstum des Bürgschaftsvolumens stabilisiert. Gleichzeitig kann die EGW ihr derzeitiges Förderniveau fortführen und erhält im Zusammenspiel von Rückzahlungen, Konversionen und neuen Finanzierungen den nötigen Handlungsspielraum und Planungssicherheit.

6.3

Geprüfte und verworfene Punkte

6.3.1

Änderung der Laufzeit des beantragten Rahmenkredits

Die bisherigen drei unter dem WFG begebenen Rahmenkredite für Eventualverpflichtungen deckten acht, vier und danach sechs Jahre ab. Letztere Laufzeit hat sich bewährt. Eine zu lange Laufzeit soll vermieden werden, damit sich das Parlament periodisch zur Umsetzung der auf Artikel 108 BV fussenden Wohnungspolitik äussern kann. Auf der anderen Seite hätte eine kürzere Laufzeit zur Folge, dass Mitglieder, die ihre Liegenschaften teilweise über die EGW finanzieren möchten, ihre Bau- und Renovationsprojekte innerhalb eines kürzeren Zeitraums realisieren müssen. Festhypotheken, die nicht innerhalb der Laufzeit des Rahmenkredits auslaufen, können nicht oder nur mit einer Strafzahlung via EGW abgelöst werden. Mit einer kürzeren Laufzeit wird die Steuerung der Nachfrage und damit auch die Langzeitplanung innerhalb der EGW erschwert. Mit einer kürzeren Laufzeit verliert die

25

SR 171.10

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EGW zudem an Verlässlichkeit gegenüber ihren Mitgliedern und der Branche als auch gegenüber den Investoren.

6.3.2

Änderung der Art der Verbürgung

Die Bürgschaft des Bundes für EGW-Anleihen erfolgt in Form der Solidarbürgschaft. Sie wird gewährt gegenüber der Vertreterin der Anleihegläubiger (ZKB).

Zwecks Verminderung der Ausfallrisiken wurde geprüft, die EGW-Anleihen künftig nicht mehr in Form einer Solidarbürgschaft, sondern in Form einer einfachen Bürgschaft zu verbürgen. Dabei zeigte sich, dass eine einfache Bürgschaft die Risiken für den Bund nicht mindern würde. Der Bund müsste auch bei dieser Bürgschaftsform unmittelbar die Mittel zur Verfügung stellen, die für die fristgerechte Bedienung der Gläubiger nötig sind. Würde der Bund mit Verweis auf eine einfache Bürgschaft zuwarten, würde die EGW als Hauptschuldnerin belangt. Deren Eigenmittel sind indes begrenzt; sie könnte einer substanziellen Forderung nicht nachkommen. Die Reserven der EGW reichen jedoch aus, um temporär Zinsausfälle aus den Rückstellungen für Zinsausfallrisiken zu begleichen. Beim Ausfall eines grösseren Wohnbauträgers könnte sich hingegen die Liquiditäts- und Eigenkapitalsituation der EGW rasch verändern. Ohne die Zuführung frischer Mittel besteht das Risiko, dass Zinsen- und Nominalrückzahlung nicht zeitgerecht erfolgen können. Aufgrund der Verzugsklausel in den Anleihensverträgen hätte dies zur Folge, dass sämtliche ausstehenden Anleihen vorzeitig zur Rückzahlung gekündigt werden können. Damit wäre die Existenz der EGW in Frage gestellt und der Bund würde ohne Not den gesamten gegenüber den Gläubigern verbürgten Milliardenbetrag höchstgradig gefährden. Damit wäre das hervorragend funktionierende System der Wohnraumförderung unnötig als Ganzes in Frage gestellt.

Für die EGW hat es höchste Priorität, die Verpflichtungen gegenüber Dritten termingerecht zu erfüllen. Um dies zu gewährleisten, muss die Bundesbürgschaft als Solidarbürgschaft ausgestaltet sein. Nur so wird sichergestellt, dass die Anleihegläubiger stets vertragskonform bedient werden und die EGW den Status eines AAASchuldners aufweist.

Für den Bund als Bürgen würde sich bei einer einfachen Bürgschaft aus Risikosicht de facto nichts ändern. Er müsste wie heute der EGW die Mittel zur Verfügung stellen, die für die fristgerechte Bedienung der Gläubiger nötig sind. Würde der Bund zuwarten, würde die EGW als Hauptschuldnerin belangt.

Die aktuelle Praxis hat sich auch bewährt, weil die Honorierung einer
Bürgschaft nicht zwangsläufig zu einem Verlust führt. Könnte ein Mitglied die EGW-Finanzierung nicht zurückzahlen, würde diese samt den dazugehörigen Sicherheiten in ein Darlehen des Bundes umgewandelt und durch das BWO bewirtschaftet. Im Zuge längerfristiger Sanierungsvereinbarungen würde eine vollständige Amortisation des Darlehens angestrebt. Im äussersten Fall könnte versucht werden, mittels Zwangsverwertung das Darlehen zu vereinnahmen.

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Der Bundesrat hat am 26. Februar 202026 zu den Empfehlungen der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte vom 27. Juni 2019 Stellung genommen. Er kommt in der Stellungnahme zum Schluss, dass Solidarbürgschaften bei gezieltem Einsatz ein sinnvolles Förderinstrument darstellen und will daran festhalten. Der Bundesrat betont, dass Bürgschaften als Förderinstrument geeignet seien, wenn sich die geförderte Aufgabe mit einer erheblichen Wahrscheinlichkeit über den Kapitalmarkt finanzieren lasse und eine Rückzahlung der verbürgten Summen erwartet werden dürfe.

6.3.3

Ausstieg aus der Bürgschaftsgewährung

Im Zusammenhang mit den Honorierungen der Bürgschaften in der Hochseeschifffahrt wurde auf Bundesebene generell die Bürgschaftsgewährung thematisiert.

Zwischen den Bürgschaften im Hochseeschifffahrtsbereich und denjenigen in der Wohnraumförderung bestehen gewichtige Unterschiede. Die erste Sicherheit für letztere liefert der einzelne Darlehensnehmer, der rigorose Anforderungen zu erfüllen hat. Als zweite und wichtigste Sicherheit dient das beliehene Objekt beziehungsweise das darauf errichtete Grundpfand. Drittens hängt die Sicherheit von der Vertrauenswürdigkeit der EGW ab, und viertens bestehen Massnahmen für allfällige Schadensbegrenzungen.

Grundsätzlich ist die EGW ein für den gemeinnützigen Wohnungsbau zentrales Finanzierungsinstrument, das zu günstigen Mieten beiträgt und damit dem Verfassungsauftrag entspricht. Anleger schätzen die EGW-Anleihen, ein Ausstieg würde in diesen Kreisen dem Ruf des Bundes schaden. Kontinuität und Vertrauen sind für alle Beteiligten wichtig, ein Ausstieg des Bundes könnte die bis anhin sehr gute Zahlungsmoral der EGW-Mitglieder beeinträchtigen. Zudem hat sich der Bundesrat bei seinem Positionsbezug zur Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» mehrfach zur Weiterführung der bisherigen Wohnungspolitik bekannt.

Würde der Bund keine neuen Anleihen der EGW mehr verbürgen, würde sich deren Bonität verschlechtern und ihr Zinsvorteil fiele dahin. Dies käme einem schrittweisen Ausstieg aus der gegenwärtigen Politik gleich. Die letzte bereits heute ausstehende Anleihe würde im Jahr 2039 zurückbezahlt. Die EGW müsste ihre Tätigkeit wohl einstellen. Die auslaufenden Anleihequoten würden wahrscheinlich durch Hypotheken von Banken ersetzt. Damit wäre aber ein deutlicher Anstieg der Mieten der mit EGW-Quoten finanzierten Wohnungen verbunden. Verschiedene Wohnbauträger ­ vor allem solche mit etwas tieferem Rating und mit Objekten an unterdurchschnittlichen Lagen ­ könnten bei der Rückzahlung fälliger Quoten aber auch in finanzielle Schwierigkeiten geraten, falls der neue Gläubiger tiefere Belehnungsgrenzen anwendet. Aktuell macht der Anteil der Finanzierungen über 70 Prozent des Ertragswertes jedoch nur gut 9 Prozent des gesamten Anleihevolumens aus, und für 26

Bericht des Bundesrates vom 26. Februar 2020 zu den Empfehlungen 6­9 des Untersuchungsberichts «Solidarbürgschaften des Bundes für Schweizer Hochseeschiffe: Untersuchung des Verkaufsprozesses der SCL- und SCT-Schiffe». Der Bericht ist abrufbar unter www.efd.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > Solidarbürgschaften des Bundes: Bundesrat will nicht ganz auf Solidarbürgschaften verzichten.

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die entsprechenden Anteile besteht eine Amortisationspflicht während der Laufzeit der Anleihe. Obwohl auch Wohnbauträger mit etwas schlechterer Bonität und aufgrund möglicherweise negativer Marktentwicklungen eventuell höherer Belehnung ihren Zinszahlungen nachkommen, müsste der Bund aufgrund der möglicherweise kurzfristig entstehenden Finanzierungslücke bei Fälligwerden der Anleihe seine Bürgschaft unnötigerweise honorieren. Umwandlungen in ein Darlehen des Bundes kämen bei Vorliegen einer konkreten Problemposition zum Tragen. Die fehlende Möglichkeit einer Konversion betrifft dagegen ganze Anleihen mit einer Vielzahl von Quoten auf den Zeitpunkt ihrer Endfälligkeit. Damit bestünde ein Risiko, dass Positionen unnötigerweise abgelöst werden müssen.

7

Auswirkungen

7.1

Auswirkungen auf den Bund

7.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Höhe des Rahmenkredits für die EGW hängt vom Volumen der nach Ablauf der Anleihen jeweils erforderlichen Anschlussfinanzierungen, vom Umfang der Neuausleihungen und von den Belehnungskonditionen ab. Da es sich um eine Eventualverpflichtung handelt, wird das Kreditbegehren nur ausgabenwirksam, sofern und soweit im Einzelfall eine Bürgschaft vom Bund eingelöst werden muss.

In Anlehnung an die bisherige Praxis wird im Jahresdurchschnitt von zwei bis vier Emissionen im Gesamtbetrag von rund 200­300 Millionen Franken ausgegangen, womit bis ins Jahr 2027 ein erforderlicher Verpflichtungskredit von 1700 Millionen Franken resultiert. Zudem werden aufgrund der fortgeschrittenen Benutzung des bestehenden Rahmenkredits bereits ab Mitte 2021 erste Verpflichtungen zulasten des neuen Rahmenkredits erfolgen müssen. Während der neuen Verpflichtungsperiode werden sich die bestehenden und neuen Garantieverpflichtungen dank der zwischen 2022 und 2027 zur Rückzahlung fällig werdenden Anleihen um mindestens 944,1 Millionen Franken verringern. Unter Berücksichtigung der zur Rückzahlung fälligen Anleihen würde sich mit dem neuen Rahmenkredit das Total der ausstehenden Eventualverpflichtungen des Bundes von rund 3500 Millionen Franken Mitte 2021 auf rund 4260 Millionen Franken im Jahr 2027 erhöhen. Aus Tabelle 1 geht die aus heutiger Sicht zu erwartende Entwicklung der Bruttoverpflichtungen und Rückzahlungen sowie der insgesamt ausstehenden Verpflichtungen in den Jahren 2021­2027 hervor. Dabei wird angenommen, dass noch ausstehende Neuemissionen bis Mitte 2021 im Umfang von gut 350 Millionen Franken zulasten des laufenden Rahmenkredits gehen. Die Neuemissionen ab Mitte 2021 werden dem neuen Kredit belastet. Im Zusammenhang mit dem unter 6.2.3 erwähnten Planungsbeschluss für den nächsten Rahmenkredit wird das Wachstum des Bürgschaftsvolumens ab 2028 stabilisiert.

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Tabelle 1 Geschätzte Entwicklung der Verbürgung von EGW-Anleihen 2020­2027 in Mio. Fr.

Jahr Stand Jahresbeginn Rückzahlungen Neubegebungen Stand Jahresende

2020 3457.3 307.7 355.0 3504.6

2021 3504.6 0.0 170.0 3674.6

2022 3674.6 37.1 250.0 3887.5

2023 3887.5 256.7 300.0 3930.8

2024 3930.8 125.2 240.0 4045.6

2025 4045.6 230.9 300.0 4114.7

2026 4114.7 130.8 260.0 4243.9

2027 Total 2021-2027 4243.9 163.4 944.1 180.0 1700.0 4260.5

Mit dem Anstieg der Nettoverpflichtungen auf 4260 Millionen Franken bis Ende 2027 nimmt auch der Umfang der Ausfallrisiken zu. Wie oben aufgeführt, verfügt die EGW aber über ein umfassendes Informations- und Risikomanagement. Dessen Wirksamkeit hat der 2018 durchgeführte Stresstest bestätigt. Zudem ist es bei den seit Inkrafttreten des WFG im Jahre 2003 zugesicherten Bürgschaften noch nie zu Ausfällen gekommen. Dies spricht für eine sehr sorgfältige Geschäftsführung der EGW wie auch der Darlehensnehmer. Die zeitgleich mit der Verabschiedung dieser Botschaft vorgenommene Ergänzung der WFV sorgt dafür, dass der hohe Standard der Gesuchsprüfung und des Managements der Risiken auch künftig wirksam umgesetzt wird.

Der Stresstest hat auch die «Robustheit» des EGW-Portfolios bestätigt, was angesichts der drohenden Rezession infolge der Covid-19-Pandemie von besonderer Bedeutung ist. Gemäss dem Stresstest dürften die bei einem eigentlichen «Immobiliencrash» über sieben Jahre zu erwartenden Ausfälle im Umfang von 6,5 Prozent der ausstehenden und verbürgten Mittel vergleichsweise moderat ausfallen. Der übrige Immobilienmarkt und die finanzierenden Banken dürften in einem solchen Szenario weitaus stärker betroffen sein als die EGW oder der Bund als Bürge. Zu beachten ist ferner, dass die Honorierung einer EGW-Bürgschaft keinen unmittelbaren Verlust zur Folge hätte. Sollte ein Bauträger eine Anleihequote nicht zurückzahlen können, würde diese in ein Bundesdarlehen umgewandelt. Im Rahmen von Sanierungsvereinbarungen würde anschliessend die vollständige Amortisation des Darlehens zugunsten des Bundes angestrebt. Im äussersten Fall könnte versucht werden, das Darlehen mittels Zwangsverwertung zu vereinnahmen.

Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass für den möglichen Ausfall von EGWBürgschaften Rückstellungen bestehen. Diese sind in der Bilanz des Bundes per Ende 2019 mit 35,76 Millionen Franken ausgewiesen. Unterstellt wurde damit ein Ausfallrisiko von 1 Prozent. Der Umfang der Rückstellung wird jährlich per Jahresende aufgrund einer Neubewertung der Darlehen angepasst. Die Anpassung wird mit der Jahresrechnung nachträglich vom Parlament genehmigt (nach Art. 33 Abs. 3 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 200527 [FHG]). Mit der Botschaft vom 27. November 201928 zur Vereinfachung und Optimierung der
Haushaltssteuerung (Änderung des FHG) beantragt der Bundesrat, dass Rückstellungen künftig finanzwirksam verbucht werden sollen, womit auch die Bildung von Rückstellungen unter die Vorgaben der Schuldenbremse fielen. Geht man weiterhin von Rückstellungen 27 28

SR 611.0 BBl 2020 349

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im Umfang von 1 Prozent aus, dürften diese bis Ende 2027 entsprechend der Entwicklung der verbürgten EGW-Anleihen auf gut 42 Millionen Franken anzupassen sein. Damit ergäbe sich eine Erhöhung um 7,5 Millionen Franken. Wegen der bevorstehenden Rezession könnte allenfalls eine Aufstockung der entsprechenden Rückstellungen nötig werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die EGW Liegenschaften im unteren bis mittleren Preissegment mitfinanziert und entsprechende Wohnungen gegenüber heute noch verstärkt nachgefragt werden dürften, womit sich die Risiken im Vergleich zum gesamten Wohnungsmarkt stark relativieren.

7.1.2

Auswirkungen auf den Personalbedarf und die Informatik

Der beantragte Rahmenkredit führt weder im Personal- noch im Informatikbereich zu höherem Aufwand.

7.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Vorlage hat keine direkten Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden, ebenfalls nicht auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete. Indirekt wirkt sie sich hingegen auf diejenigen Gebiete aus, in denen ein Bedarf an preisgünstigem Wohnraum ausgewiesen ist und in denen gemeinnützige Wohnbauträger aktiv sind und Wohnbauten mittels EGW-Anleihen mitfinanzieren. Wie die nachfolgende Karte zeigt, verteilen sich die mit EGW-Mitteln finanzierten Liegenschaften gemeinnütziger Bauträger auf die ganze Schweiz, die Schwerpunkte liegen jedoch in den Grossregionen Zürich, Luzern und Basel sowie am Genfersee. Diese Kantone, Städte und Gemeinden profitieren von der Bundesunterstützung des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Insbesondere ist auch zu erwarten, dass sie dank des Bundesengagements bei den Sozialhilfeausgaben tendenziell entlastet werden

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Abbildung 3 Standortgemeinden von Liegenschaften mit EGW-Finanzierungen per Ende 2019

7.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

7.3.1

Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft

Die Verbürgung von Anleiheobligationen der EGW stellt ein kostengünstiges und effizientes Instrument der Wohnraumförderung dar. Die Weiterführung der Bundesunterstützung wird einigen hundert gemeinnützigen Wohnbauträgern weiterhin eine kostengünstige Finanzierung eines nicht unerheblichen Teils ihres Wohnungsbestandes ermöglichen. Damit werden Planungssicherheit ermöglicht, Zinsänderungsrisiken vermindert und ein Beitrag zur langfristigen Mietzinsstabilität in diesem Marktsegment geleistet. Ein Verzicht auf eine weitere Verbürgung der Anleihen hätte einen Mietzinsanstieg in den betroffenen Liegenschaften zur Folge. Allein die Haushalte in den rund 35 000 Wohnungen, die aktuell über die EGW mitfinanziert sind, müssten bei Wegfall der entsprechenden Finanzierungen mit Mehrbelastungen von insgesamt rund 50 Millionen Franken pro Jahr rechnen. Dies würde pro Wohnung in einer mit EGW-Anleihen finanzierten Liegenschaft jährlich einer Mehrbelastung von durchschnittlich 1400 Franken entsprechen.

Die EGW-Tätigkeit führt weder zu Wettbewerbsverzerrung noch zu unerwünschter Strukturerhaltung auf dem Kreditmarkt. Mit rund 0,3 Prozent aller in der Schweiz von Banken vergebenen Hypothekardarlehen ist dafür der Anteil der EGW zu ge7545

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ring. Aus dem gleichen Grund ergeben sich auch kaum Verdrängungseffekte. Zwar kann bei einzelnen kleinen Regionalbanken ein Abgang von Hypothekardarlehen stattfinden, der umso stärker ins Gewicht fällt, je höher ihre Ausleihungen an Bauträger sind, die ihre Hypothekardarlehen zugunsten einer EGW-Finanzierung kündigen. Hingegen erhöht sich die Markteffizienz, wenn die Banken im Wettbewerb mit der EGW ihre Finanzierungsangebote für gemeinnützige Wohnbauträger markant verbessern.

Die über die EGW mitfinanzierten Wohnungen müssen hohe Energiestandards und die Qualitätskriterien gemäss dem Wohnungs-Bewertungs-System erfüllen. Sie übernehmen damit eine Schrittmacherrolle für den kostengünstigen und hindernisfreien Wohnungsbau von hoher Qualität, der den Erfordernissen einer nachhaltigen Entwicklung Rechnung trägt. Dazu zählt seit dem Inkrafttreten der Änderung vom 15. Juni 201229 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197930 auch die Beachtung der Wohnflächenbeanspruchung und Einwohnerdichte, die sich durch reglementarische Vorgaben der gemeinnützigen Bauträger, durch Ausbauten oder durch Ersatzneubauten grundsätzlich in Richtung einer haushälterischen Bauzonennutzung entwickeln sollen.

7.3.2

Auswirkungen auf die Zielgruppe der Bundeshilfe

Die Verbürgung von EGW-Anleihen trägt nicht nur zur Verbilligung der Mietzinse, sondern auch zur Erleichterung der Kapitalbeschaffung von gemeinnützigen Bauträgern bei. Diese sind auf dem Hypothekarmarkt aufgrund geringer Eigenmittel und entsprechend schlechterer Bonität häufig mit ungünstigeren Zinskonditionen und tieferen Belehnungsgrenzen konfrontiert. Mit der Garantieleistung des Bundes werden sie befähigt, mit gleich langen Spiessen zu operieren und langfristige Darlehen zu stabilen und vergleichsweise vorteilhaften Zinsen aufzunehmen. Direkte Nutzniesser sind also die gemeinnützigen Bauträger. Da sich deren Bewohnerschaft aber überdurchschnittlich aus Familien, Betagten und wirtschaftlich generell etwas schwächeren Haushalten zusammensetzt, wirkt sich die Hilfe indirekt auf die von der Wohnungspolitik anvisierten Bevölkerungsgruppen aus, die dank des Prinzips der Kostenmiete von Mietzinsen profitieren können, die im Allgemeinen, vor allem an höherpreisigen Orten, zwischen 10 und 25 Prozent unter dem Mietzinsniveau vergleichbarer Wohnungen privater und institutioneller Anbieter liegen.

7.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Untersuchungen31 zeigen, dass Personen mit einem tieferen Bildungsniveau und geringeren finanziellen Ressourcen in gemeinnützigen Wohnungen einen grösseren 29 30 31

AS 2014 899 SR 700 Sotomo (2017): Gemeinnütziges Wohnen im Fokus. Ein Vergleich zu Miete und Eigentum. Bundesamt für Wohnungswesen, Grenchen. Die Studie ist abrufbar unter: www.bwo.admin.ch > Wohnungsmarkt > Studien und Publikationen «Wohnungsmarkt».

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Anteil ausmachen als in anderen Sektoren des Wohnungsmarktes. Damit wird einer sozialen Entmischung und Verdrängung von wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsgruppen aus den Zentren mit oft hohen Wohnungspreisen entgegengewirkt.

Zudem übernehmen Träger des gemeinnützigen Wohnungsbaus oft eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung neuer Wohnformen sowie bei der Integration von Menschen mit Behinderungen und solchen mit einem Asylhintergrund.

7.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Gemeinnützige Wohnbauten sind meistens Mehrfamilienhäuser. Dies trifft auch in wenig dicht besiedelten Gebieten zu. Der Landverbrauch beziehungsweise die Bodenversiegelung sind damit kleiner als in den anderen Sektoren des Wohnungsmarktes. Zudem sind die beanspruchten Pro-Kopf-Wohnflächen im Durchschnitt deutlich geringer als bei gewöhnlichen Mietwohnungen oder im Eigentumsbereich, was auch aufgrund der damit erzielten Einsparung von Energie umweltschonender ist. Gemeinnützige Bauträger sorgen in überdurchschnittlichem Mass für energieeffiziente und ökologisch nachhaltige Siedlungen. Auch neue Mobilitätskonzepte werden vom gemeinnützigen Wohnungsbau umgesetzt.

7.6

Andere Auswirkungen

Auswirkungen auf andere Bereiche wurden überprüft. Dabei wurden keine wichtigen Auswirkungen festgestellt.

8

Rechtliche Aspekte

8.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Der Bundesbeschluss stützt sich auf Artikel 43 Buchstabe b WFG. Dieser beruht auf Artikel 108 BV. Danach fördert der Bund den Wohnungsbau, den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum, das dem Eigenbedarf Privater dient, sowie die Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Er berücksichtigt dabei namentlich die Interessen von Familien sowie von betagten, bedürftigen und behinderten Menschen.

8.2

Erlassform

Der beantragte Kreditbeschluss ist gestützt auf Artikel 167 BV sowie Artikel 43 WFG mit einfachem Bundesbeschluss zu bewilligen.

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8.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV sieht zum Zweck der Ausgabenbegrenzung vor, dass Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, in jedem der beiden Räte der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder bedürfen. Da der beantragte Verpflichtungskredit diese Limiten überschreitet, untersteht der Beschluss über dessen Bewilligung der Ausgabenbremse.

8.4

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Bürgschaften sind ein im Subventionsgesetz vom 5. Oktober 199032 ausdrücklich vorgesehenes Instrument, mit dem die Erfüllung bestimmter Aufgaben gefördert werden kann. Sie können bei einer risikokonformen Ausgestaltung und Aufsicht ein wirtschaftlich günstigeres Förderinstrument sein als A-Fonds-perdu-Beiträge oder rückzahlbare Darlehen.

Der Bund ist gemäss Artikel 108 BV zur Wohnraumförderung verpflichtet. Aus sachlicher Sicht ist eine solche durch die aktuelle Lage auf dem Wohnungsmarkt auch angezeigt. Ohne die Verbürgung der Emissionen der EGW durch den Bund hätte diese keinen Zinsvorteil mehr und müsste wohl ihre Tätigkeit einstellen. Damit käme ein zentrales Instrument der Wohnraumförderung durch den Bund mit entsprechenden Folgen auf dem Wohnungsmarkt nicht mehr zum Tragen. Die Verbürgung von Anleihen der EGW erfolgt sinnvollerweise durch den Bund, weil es sich bei der EGW um eine gesamtschweizerisch tätige Genossenschaft handelt und der Bund auf dem Kapitalmarkt als Triple-A-Schuldner gilt. Das Kosten-NutzenVerhältnis dieses Instrumentes kann aufgrund der langjährigen Erfahrung als äusserst positiv gewertet werden.

Die Mittelverwendung der EGW ist zwischen Bund und EGW vertraglich geregelt.

Änderungen an den Statuten der EGW, an den Organisationsreglementen oder an den Bewilligungskriterien für den Bezug von EGW-Finanzierungen sind durch das BWO zu genehmigen. Der Direktor des BWO nimmt als Beisitzer mit faktischem Vetorecht an den Vorstandssitzungen der EGW teil. Der Bund ist weiter in der Prüfungskommission der EGW vertreten. Zudem unterliegen die mit EGW-Anleihen finanzierten Liegenschaften den vom BWO vorgegebenen Kostenlimiten. Unter diesen Voraussetzungen kann der Bund direkt Einfluss auf die Mittelverwendung nehmen. Die finanzielle Steuerung des Verpflichtungsvolumens erfolgt über den mit der Vorlage beantragten Verpflichtungskredit. Damit kann die zeitliche Aufteilung der einzelnen Anleihenstranchen der EGW beziehungsweise deren Verbürgung durch den Bund in idealer Weise auf die Wohnungsmarktlage und den sich daraus ergebenden Bedarf ausgerichtet werden. Die Bürgschaften und der damit einhergehende Zinsvorteil kommen zu 100 Prozent den an einer Emission beteiligten Bauträgern zu. Weitere Kostenelemente werden bei der Emission durch die einzelnen Bauträger getragen.

32

SR 616.1

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Das Verfahren der Beitragsgewährung ist als effizient zu bezeichnen, weil die Verbürgung der jährlichen Anleihenstranchen der EGW im Umfang von rund 200­ 300 Millionen Franken pro Jahr durch standardisierte Prozesse erfolgt. Hauptziel der Subventionsgewährung ist es, einen möglichst positiven Effekt auf dem Wohnungsmarkt zu erzielen, ohne dass der Bund ein allzu hohes Finanzierungsrisiko eingehen muss. Zudem wird durch die Kodifizierung der bereits bisherigen Praxis des Risikomanagements dieses auch noch verbindlicher.

Die Gültigkeit des Rahmenkredits in der Höhe von 1700 Millionen Franken ist bis Ende 2027 befristet. Mit der zeitlichen Befristung erhalten die eidgenössischen Räte periodisch die Gelegenheit, sowohl über die Zukunft des Bürgschaftsinstruments als auch bezüglich der Höhe des Mitteleinsatzes zu befinden.

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