20.060 Botschaft zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Cannabisarzneimittel) vom 24. Juni 2020

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 1951.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2018

M 18.3389

Ärztliche Abgabe von Cannabis als Medikament an Chronischkranke. Tiefere Gesundheitskosten und weniger Bürokratie (N 19.09.2018, SGK-N; S 12.03.2020)

2018

M 18.3148

Anbau und Export von medizinischem Cannabis (N 15.06.2018, Markwalder; S 12.03.2020)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Juni 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2020-0862

6069

Übersicht Im Zentrum der Vorlage steht die Aufhebung des Verkehrsverbots für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken im Betäubungsmittelgesetz. Dadurch soll der Umgang mit Cannabisarzneimitteln erleichtert werden. Das gesetzliche Verkehrsverbot soll auf Cannabis beschränkt werden, das «nicht zu medizinischen Zwecken» verwendet wird. Um Erkenntnisse zu gewinnen über die medizinische Verwendung von Cannabisarzneimitteln, sollen befristet Daten erhoben werden können.

Ausgangslage Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis dürfen gemäss geltendem Betäubungsmittelgesetz (BetmG) weder angebaut, eingeführt, hergestellt noch in Verkehr gebracht werden. Eine medizinische Verwendung von Cannabis im Rahmen des regulären betäubungsmittelrechtlichen Kontrollsystems ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) kann jedoch gestützt auf Artikel 8 Absatz 5 BetmG u. a. das Inverkehrbringen von verbotenen Betäubungsmitteln zum Zweck der wissenschaftlichen Forschung, der Arzneimittelentwicklung oder der beschränkten medizinischen Anwendung ausnahmsweise bewilligen, sofern kein internationales Abkommen entgegensteht.

Für den Umgang mit Betäubungsmitteln, die als Arzneimittel zugelassen sind, braucht es im Rahmen der zugelassenen Anwendung hingegen keine Ausnahmebewilligung des BAG. Bis heute erhielt nur ein Cannabisarzneimittel eine Zulassung der Swissmedic und keines ist auf der Spezialitätenliste des BAG für die Vergütung zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP).

Das Heilmittel- und auch das Krankenversicherungsrecht verlangen wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise für die Zulassung bzw. die Kostenübernahme von Arzneimitteln. Zwar gibt es beschränkte Belege für die Wirksamkeit von Cannabis bei der Behandlung von chronischen Schmerzen, Übelkeit bei Chemotherapie und Spasmen bei Multipler Sklerose. Aber für die meisten Cannabisarzneimittel sind die vorliegenden Evidenzen ungenügend, wie der Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Motion Kessler (14.4164) feststellt.

Trotz den administrativen und finanziellen Hürden nahmen die Gesuche von Ärztinnen und Ärzten für eine Ausnahmebewilligung zur Behandlung mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln stetig zu. Aus heutiger Sicht ist dieses System für alle Beteiligten aufwendig und erscheint in
wichtigen Belangen nicht mehr adäquat.

Dieser Entwicklung soll Rechnung getragen und der Widerspruch zwischen der zunehmenden medizinischen Verwendung von Cannabis und dessen Einstufung als verbotenes Betäubungsmittel aufgelöst werden. Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 4. Juli 2018 betreffend den Bericht in Erfüllung der Motion Kessler (14.4164) das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) beauftragt, ihm eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage zu unterbreiten.

6070

Inhalt der Vorlage Mit der angestrebten Gesetzesrevision sollen die Voraussetzungen verbessert werden, damit das Heil- und Palliativpotenzial von Cannabis als Arzneimittel besser genutzt und Cannabisarzneimittel mit möglichst geringem bürokratischem Aufwand kranken Menschen zugänglich gemacht werden können. Die Vorlage umfasst die im Bundesratsbeschluss vom 4. Juli 2018 festgehaltenen Eckwerte und nimmt die Anliegen der hängigen politischen Vorstösse zur medizinischen Verwendung von Cannabis auf (Motion Markwalder, 18.3148, Motion SGK-N, 18.3389).

Im Zentrum der Vorlage steht die Aufhebung des Verkehrsverbots für Cannabis zu medizinischen Zwecken im BetmG. Dadurch soll der Umgang mit Cannabisarzneimitteln erleichtert werden. Eine Ausnahmebewilligung des BAG für deren Verwendung soll nicht mehr erforderlich sein. Zur Erreichung der Ziele dieser Revision ist eine Anpassung des Heilmittelrechts nicht notwendig.

Zudem sollen in Zusammenhang mit den Behandlungen mit Cannabisarzneimitteln Daten erhoben werden. Zu diesem Zweck sollen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte verpflichtet werden, dem BAG die notwendigen Daten zu übermitteln. Damit soll die Entwicklung bei der Anwendung von zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln beobachtet und insbesondere auch Erkenntnisse über deren Sicherheit gewonnen werden. Die gesammelten Angaben der wissenschaftlichen Evaluation der Massnahmen dieser Revision dienen sowie den zuständigen kantonalen Vollzugsorganen und den verschreibenden Ärztinnen und Ärzten eine Orientierungshilfe geben.

Die Frage der Vergütung der Kosten für Cannabisarzneimittel soll dagegen gemäss dem erwähnten Bundesratsbeschluss aus der Vorlage ausgeklammert werden. Die Finanzierung einer (teilweisen) Vergütung über die OKP (oder eine allfällige alternative Finanzierung) klärt das EDI in einem separaten Prüfauftrag ab.

Ebenfalls nicht Gegenstand des vorliegenden Entwurfs ist der Bereich der nichtmedizinischen Verwendung von Cannabis. Hierzu hat der Bundesrat am 27. Februar 2019 eine separate Vorlage ans Parlament überwiesen, mit der im BetmG eine befristete Grundlage für begrenzte wissenschaftliche Pilotversuche zur Erprobung neuer Regelungen des gesellschaftlichen Umgangs mit Cannabis geschaffen werden soll.

6071

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Ausgangslage 1.1 Regelung von Cannabisarzneimitteln in der Schweiz 1.1.1 Entwicklung des Betäubungsmittelrechts 1.1.2 Geltendes Recht 1.2 Handlungsbedarf und Ziele 1.2.1 Allgemeines 1.2.2 Abgrenzungen 1.3 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates 1.5 Erledigung parlamentarischer Vorstösse 1.5.1 Motion SGK-NR (18.3389) 1.5.2 Motion Markwalder (18.3148)

6074 6074 6074 6075 6079 6079 6080 6081

2

Vernehmlassungsverfahren 2.1 Vernehmlassungsvorlage 2.2 Zusammenfassung der Vernehmlassungsergebnisse 2.3 Würdigung der Vernehmlassungsergebnisse

6084 6084 6084 6086

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 3.1 Mitgliedstaaten der Europäischen Union 3.2 Weitere Staaten 3.3 UNO-Übereinkommen

6087 6087 6088 6089

4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.1.1 Betäubungsmittelrechtliche Änderungen 4.1.2 Heilmittelrecht 4.1.3 Tabaksteuergesetz 4.2 Umsetzungsfragen 4.2.1 Betäubungsmittelkontrollverordnung 4.2.2 Betäubungsmittelverzeichnisverordnung 4.2.3 Saat- und Pflanzgut-Verordnung des WBF 4.2.4 Weitere betäubungsmittel- und heilmittelrechtliche Umsetzungsfragen 4.2.5 Behandlungsempfehlungen 4.2.6 Prüfung der Finanzierung von Cannabisarzneimitteln 4.2.7 Strassenverkehrsrecht

6090 6090 6091 6092 6092 6092 6092 6093 6094

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

6097

5

6072

6083 6083 6083 6083

6094 6095 6096 6096

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6

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.2 Auswirkungen auf Kantone und das Fürstentum Liechtenstein 6.2.1 Auswirkungen auf Kantone 6.2.2 Auswirkungen auf das Fürstentum Liechtenstein 6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 6.5 Andere Auswirkungen

6103 6103 6104 6104 6105 6105 6106 6107

7

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform 7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.5 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 7.6 Datenschutz

6107 6107 6107 6108 6108 6108 6108

Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) (Entwurf)

6109

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Regelung von Cannabisarzneimitteln in der Schweiz

1.1.1

Entwicklung des Betäubungsmittelrechts

Cannabis wurde seit der Revision des Betäubungsmittelgesetzes vom 1. August 19751 (BetmG2) als verbotenes Betäubungsmittel eingestuft. Seither unterstehen Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis einem umfassenden Verkehrsverbot.

Im Gegensatz zu kontrollierten Betäubungsmitteln wie etwa Kokain, Fentanyl, Methadon oder Morphin, die im Rahmen des betäubungsmittelrechtlichen Kontrollsystems für medizinische und wissenschaftliche Zwecke beschränkt verkehrsfähig sind (vgl. Art. 4 ff. und 9 ff. BetmG; Verzeichnis a im Anhang 2 der Betäubungsmittelverzeichnisverordnung vom 30. Mai 20113, BetmVV-EDI), gelten verbotene Betäubungsmittel damit grundsätzlich als weder medizinisch noch wissenschaftlich nutzbar.

Seit der Revision des BetmG von 19754 konnte vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Ausnahmefällen die beschränkte medizinische Anwendung von verbotenen Betäubungsmitteln bewilligt werden. Ausnahmebewilligungen dieser Art waren jedoch nur im Zusammenhang mit Heroin (Diacetylmorphin und seine Salze) und Halluzinogenen wie LSD vorgesehen. Hingegen war die beschränkte medizinische Anwendung von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis weiterhin nicht möglich.

Nach der gescheiterten Teilrevision von 20015 wurde die (überarbeitete) Teilrevision des BetmG im März 20086 vom Parlament verabschiedet. Sie trat 2011 in Kraft.

Der Gesetzgeber anerkennt seither eine medizinische Nutzbarkeit von Cannabis7, hat aber das gesetzliche Verkehrsverbot bisher nicht aufgehoben. Mit anderen Worten revidierte der Gesetzgeber 2008 einerseits die Einschätzung, dass Cannabis «kein Arzneimittel» sein könne und «in der Medizin [...] überhaupt keine Bedeutung» habe.8 Andererseits schloss er aber weiterhin ausdrücklich Anbau, Herstellung, Einfuhr und Inverkehrbringen von Cannabis ­ auch zu medizinischen Zwecken ­ im dafür vorgesehenen Bewilligungs- und Kontrollsystem aus (vgl. Art. 4 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 Bst. d BetmG). 9 Die Gründe dafür lagen in der als nicht hinreichend

1 2 3 4 5 6 7 8 9

AS 1975 1220; BBl 1973 I 1348 SR 812.121 SR 812.121.11 AS 1975 1220; BBl 1973 I 1348 BBl 2001 3812 ff.

BBl 2006 8573 Bericht der SGK-N vom 4. Mai 2006 zur Teilrevision des BetmG, Ziff. 2.2, S. 8588, Ziff. 2.3.5., S. 8590 und 8608 f. (BBl 206 8573) Vgl. Botschaft Revision BetmG von 1973, BBl 1973 I 1348, S. 1354 f.; revidiert im Bericht SGK-N vom 4.5.2006, BBl 2006 8573, Ziff. 3.1.10.2, S. 8608 Bericht des Bundesrates vom 4. Juli 2018 «Cannabis für Schwerkranke», in Erfüllung der Motion 14.4164, Kessler, 11.12.2014, S. 20f. (vgl. curia vista, [www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2014/20144164/Bericht%20BR%20D.pdf])

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erachteten Erforschung der medizinischen Nutzbarkeit sowie im Missbrauchspotenzial und der hohen Schwarzmarktattraktivität von Cannabis.10

1.1.2

Geltendes Recht

Der Umgang mit betäubungsmittelhaltigen Arzneimitteln des Wirkungstyps Cannabis (Cannabisarzneimittel) tangiert hauptsächlich die Geltungsbereiche und Überschneidungen von drei Rechtsbereichen: Betäubungsmittelrecht, Heilmittelrecht und Krankenversicherungsrecht. Am Rande ist im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen von Saat- und Pflanzgut für den gewerblichen Anbau von Cannabis zur medizinischen Verwendung auch das Landwirtschaftsrecht betroffen. Zudem ist das Strassenverkehrsrecht zu beachten, insbesondere im Zusammenhang mit der Fahrfähigkeit unter Einfluss von Cannabisarzneimitteln.

Betäubungsmittelrecht Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis, d. h. u. a. Hanfpflanzen und Teile davon mit einem durchschnittlichen Gesamt-THC-Gehalt von mindestens 1 Prozent11, dürfen gestützt auf das Verkehrsverbot in Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d BetmG grundsätzlich weder angebaut, eingeführt, hergestellt noch in Verkehr gebracht werden. Damit ist eine medizinische Verwendung im Rahmen des regulären betäubungsmittelrechtlichen Bewilligungs- und Kontrollsystems (vgl. Art. 4 ff.

BetmG) ausgeschlossen.

Das BAG kann allerdings gestützt auf Artikel 8 Absatz 5 BetmG den Anbau, die Einfuhr, die Herstellung oder das Inverkehrbringen von verbotenen Betäubungsmitteln zum Zweck der wissenschaftlichen Forschung, der Arzneimittelentwicklung oder der beschränkten medizinischen Anwendung ausnahmsweise bewilligen, sofern kein internationales Abkommen entgegensteht. Dies erlaubt es, im Einzelfall von der gesetzlichen Regelordnung (d. h. dem grundsätzlichen Verbot von Cannabis gemäss Art. 8 Abs. 1 Bst. d BetmG) abzuweichen, sodass ungewollte Härten und offensichtliche Unzweckmässigkeiten vermieden werden können. Es besteht jedoch kein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Ausnahmebewilligung. Vielmehr liegt der Bewilligungsentscheid im pflichtgemässen Ermessen des BAG. 12 Das BAG kann demnach Ausnahmebewilligungen erteilen, wenn Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis der beschränkten medizinischen Anwendung dienen und somit, unter Einhaltung der untenstehenden Voraussetzungen, als Arzneimittel verwendet werden. Eine Ausnahmebewilligung zur beschränkten medizinischen Anwendung wird gemäss Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe d der Betäubungsmittelsuchtverordnung vom 25. Mai 2011 (BetmSV)13 der behandelnden Ärztin oder dem 10 11 12

13

Vgl. Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des NR vom 4. Mai 2006, BBl 2006 8573.

Vgl. Anhang 5 der BetmVV-EDI Thomas Fingerhuth, Stephan Schlegel, Oliver Jucker, Kommentar BetmG, 3. Aufl., Zürich 2016, Art. 8 N 33; Gustav Hug-Beeli, Kommentar BetmG, Basel 2016, Art. 8 N 54.

SR 812.121.6

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behandelnden Arzt ausgestellt. Sie oder er verordnet das fragliche Cannabisarzneimittel; gestützt auf diese Verordnung kann das entsprechende Arzneimittel im Rahmen des Heilmittelrechts an die Patientin oder den Patienten abgegeben werden.

Für die Bewilligungserteilung zur beschränkten medizinischen Anwendung von verbotenen Betäubungsmitteln bedarf es zudem einer vorgängigen schriftlichen Erklärung der Patientin oder des Patienten, wonach sie oder er mit der Anwendung einverstanden ist (vgl. Art. 28 Abs. 2 Bst. d BetmSV).

Eine Ausnahmebewilligung für die beschränkte medizinische Anwendung kann erteilt werden, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: ­

Die Patientin oder der Patient leidet an einer meist unheilbaren Krankheit.

­

Das Leiden kann durch die Einnahme des verbotenen Betäubungsmittels gemildert werden.

­

Die bestehenden Therapiemöglichkeiten sind ausgeschöpft, bzw. es gibt keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten.

­

Die Abgabe des verbotenen Betäubungsmittels ermöglicht der Patientin oder dem Patienten eine unabhängigere Lebensweise, bspw. weil eine stationäre Behandlung vermieden werden kann.14

Zurzeit bestehen keine Rechtsgrundlagen, welche den Export grosser Mengen von Cannabisarzneimitteln zu allgemeinen medizinischen Zwecken ermöglichen. Mit der Schaffung der Möglichkeit, auch für Cannabis eine Ausnahmebewilligung gemäss Artikel 8 Absatz 5 BetmG erteilen zu können, wollten Bundesrat und Parlament, dass in der Schweiz ausnahmsweise auch eine beschränkte medizinische Cannabisanwendung im Einzelfall bewilligt werden kann.15 Gestützt auf den aufgrund des Ausnahmebewilligungstatbestandes restriktiven Artikel 8 Absatz 5 BetmG kann deshalb die Herstellung und das Inverkehrbringen von Cannabisarzneimitteln, die einer generellen, d. h. nicht auf den Einzelfall beschränkten medizinischen Anwendung dienen sollen, nicht bewilligt werden. Dies namentlich nicht im Ausland, wenn dort keine beschränkte medizinische Anwendung vorgesehen wird.

Heilmittelrecht Im Heilmittelrecht gilt eine grundsätzliche Zulassungspflicht. D. h. verwendungsfertige Arzneimittel dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie von der Swissmedic zugelassen sind (Art. 9 Abs. 1 Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 2000 (HMG)16).

Soll ein Arzneimittel in der Schweiz zugelassen werden, so muss die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller nachweisen, dass das Arzneimittel qualitativ hochstehend, sicher und wirksam ist (Art. 10 Abs. 1 HMG). Die Entwicklung eines Arzneimittels mit neuem Wirkstoff dauert durchschnittlich mehr als zehn Jahre, bis es zur Zulassung eingereicht werden kann. Bis dato ist mit Sativex® erst ein einziges Cannabis14 15 16

Bericht Ärztliche Verschreibung, 13 ff. Erläuterungen BetmKV/BetmSV, S. 34 f.

in Fingerhuth/Schlegel/Jucker, N 39 zu Art. 8 BetmG.

Bericht SGK-N vom 4.5.2006, BBl 2006 8573 Ziff. 3.1.10.2 S. 8608, zu Abs. 1 Bst. d und Abs. 5; ohne abweichende Stellungnahme sodann der Bundesrat.

SR 812.21

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arzneimittel zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Spastik bei Multipler Sklerose von der Swissmedic zugelassen worden. Neben Sativex® ist in den USA zudem synthetisches 9-THC (Dronabinol) in Form von Kapseln (Marinol®) und als orale Lösung (Syndros®) auf dem Markt.

Das Heilmittelrecht sieht auch das Inverkehrbringen sogenannt zulassungsbefreiter Arzneimittel vor (vgl. Art. 9 Abs. 2 HMG). Dies sind unter anderem Arzneimittel, die nach Formula magistralis hergestellt werden, also Arzneimittel, die in einer öffentlichen Apotheke oder in einer Spitalapotheke in Ausführung einer ärztlichen Verschreibung für eine bestimmte Person oder einen bestimmten Personenkreis hergestellt werden (Art. 9 Abs. 2 Bst. a HMG). Die Voraussetzungen für die Anwendung zulassungsbefreiter Arzneimittel sind restriktiv. Eine solche Anwendung kommt v. a. in Frage, um die Versorgung sicherzustellen, wenn dafür kein zugelassenes Arzneimittel erhältlich ist. Als Formula magistralis hergestellte Cannabisarzneimittel («Magistralrezepturen»), welche auf ärztliche Verordnung von einer Apotheke hergestellt werden, bedürfen einer betäubungsmittelrechtlichen Ausnahmebewilligung des BAG (gemäss Art. 8 Abs. 5 BetmG). Eine Ausnahmebewilligung ist auch erforderlich für ein zugelassenes Arzneimittel (i. c. Sativex®), das für eine andere als die dafür zugelassene Indikation abgegeben wird oder in einer nicht dafür zugelassenen Darreichungsform angewendet werden soll.

Für Betäubungsmittel, die als Heilmittel verwendet werden, gelten die Bestimmungen des Heilmittelgesetzes auch dann, wenn sie mit einer betäubungsmittelrechtlichen Ausnahmebewilligung in Verkehr gebracht werden (Art. 2 Abs. 1 Bst. b HMG). Die Bestimmungen des BetmG sind für diese Betäubungsmittel insofern anwendbar, als das HMG keine oder eine weniger weit gehende Regelung als das BetmG trifft (Art. 1b Satz 2 BetmG). Das HMG gibt also auch für Betäubungsmittel, die als zulassungsbefreite Arzneimittel verwendet werden, den gesundheitspolizeilichen Mindeststandard vor (vgl. Art. 1 HMG).

Krankenversicherungsrecht Die Kostenübernahme von Leistungen durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) setzt grundsätzlich voraus, dass das Arzneimittel in der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt ist (vgl. Art. 52 Abs. 1 Bst. b des Bundesgesetzes vom 18. März 199417 über
die Krankenversicherung; KVG). Dafür braucht es sowohl eine heilmittelrechtliche Zulassung der Swissmedic wie auch einen Nachweis bezüglich der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) des Arzneimittels (Art. 65 Abs. 3 der Verordnung vom 27. Juni 199518 über die Krankenversicherung; KVV). Aktuell figuriert kein Cannabisarzneimittel in der SL. Zulassungsbefreite Arzneimittel (u. a. «Magistralrezepturen» nach Art. 9 Abs. 2 Bst. a HMG) vergütet die OKP in der Regel nur, wenn die verwendeten Präparate, Wirk- und Hilfsstoffe, welche in Formulaarzneimitteln enthalten sind, auch in der sogenannten Arzneimittelliste mit Tarif (ALT) aufgeführt sind. Für die Aufnahme eines Wirkstoffs in die ALT finden die Bestimmungen über die SL sinngemäss Anwendung (Art. 63 Abs. 2 KVV). In die ALT wurden bisher keine Bestandteile oder Erzeugnisse aus Cannabis aufgenommen.

17 18

SR 832.10 SR 832.102

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Generell gibt es nur beschränkte Belege für die Wirksamkeit von Cannabisarzneimitteln, insbesondere bei der Behandlung von chronischen Schmerzen, Übelkeit bei Chemotherapie und Spasmen bei Multipler Sklerose. Die vorhandenen Studien sind äusserst heterogen und fokussieren auf verschiedene Indikationen, Präparate und Anwendungsarten. Um die Anforderungen für eine Vergütung zu erfüllen, reichen vereinzelte Grundlagenstudien nicht aus. Die Beurteilung der Wirksamkeit von Arzneimitteln muss sich ­ entsprechend den Anforderungen an die heilmittelrechtliche Zulassung ­ auf kontrollierte klinische Studien abstützen (Art. 65a KVV).

Cannabisarzneimittel können zurzeit von der OKP gemäss den Artikeln 71a ff. KVV ausnahmsweise, in Einzelfällen, vergütet werden. Die Prüfung, ob im Einzelfall die Kriterien der Artikel 71a ff. KVV erfüllt sind, obliegt dem Krankenversicherer nach Rücksprache mit der Vertrauensärztin oder dem Vertrauensarzt.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Cannabisarzneimittel grundsätzlich nicht durch die OKP vergütet werden, da zurzeit der Nachweis der Wirksamkeit lückenhaft ist.

Landwirtschaftsrecht Der Saat- und Pflanzgutverkehr für die landwirtschaftliche und gartenbauliche Verwendung ist im Sorten- und Saatgutrecht geregelt (Vermehrungsmaterial-Verordnung vom 7. Dezember 199819).

Das Inverkehrbringen von Saat- und Pflanzgut der Kulturart Hanf (Cannabis sativa L.) für die gewerbliche Nutzung in der Landwirtschaft ist grundsätzlich an Voraussetzungen bezüglich der Identität, Qualität und Pflanzengesundheit gebunden, die im Vermehrungsprozess amtlich bzw. unter amtlicher Aufsicht geprüft werden.

Hanfsorten sind einem Marktzulassungsverfahren unterstellt, in dem die betreffende Sorte darauf hin geprüft wird, ob sie sich für die industrielle Öl- und Fasernutzung eignet. Die wesentlichen Kriterien stellen Ertrags- und Qualitätseigenschaften, die Krankheitsanfälligkeit, ein THC-Gehalt unter 0,3 Prozent und ein THC/CBDVerhältnis unter 1 dar (Anhang 2 Kapitel D Tabelle 4 der Saat- und PflanzgutVerordnung des WBF vom 7. Dezember 199820). Die Sortenverordnung vom 12. Juni 201321 und der gemeinsame Sortenkatalog der Europäischen Union enthalten alle Hanfsorten, von denen Saat- und Pflanzgut für die landwirtschaftliche oder gartenbauliche Nutzung in der Schweiz produziert und in
Verkehr gebracht werden dürfen. Dies sind ausschliesslich Hanfsorten für die industrielle Öl- und Fasernutzung.

Das Sorten- und Saatgutrecht sieht keine Ausnahme für Cannabis zu medizinischen Zwecken vor.

Strassenverkehrsrecht Bei Personen, die Cannabisarzneimittel auf ärztliche Verschreibung hin einnehmen, gilt im Unterschied zu anderen Fahrzeuglenkenden die Fahrunfähigkeit nicht bereits 19 20 21

SR 916.151 SR 916.151.1 SR 916.151.6

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von Gesetzes wegen als erwiesen, wenn THC im Blut nachgewiesen wird (Art. 2 Abs. 2ter der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 196222). Wenn als Nebenwirkung der Cannabisarzneimittel die Fahrfähigkeit jedoch im konkreten Fall beeinträchtigt ist, kann das ­ wie bei allen anderen Arzneimitteln auch ­ bei einer polizeilichen Feststellung entsprechende Rechtsfolgen nach sich ziehen. Die Fahrfähigkeit muss gemäss Artikel 31 Absatz 2 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 195823 (SVG) in jedem Fall gegeben sein, ebenso die Fahreignung (Art. 14 Abs. 2 SVG).

1.2

Handlungsbedarf und Ziele

1.2.1

Allgemeines

Der Gesetzgeber ist bei der BetmG-Teilrevision von 2008 davon ausgegangen, dass vermehrt verwendungsfertige Arzneimittel auf Cannabisbasis entwickelt und heilmittelrechtlich zugelassen würden und die beschränkte medizinische Anwendung von Cannabis nach Artikel 8 Absatz 5 BetmG dadurch nur von geringer Bedeutung sein werde.24 Diese Erwartung hat sich jedoch nicht erfüllt.

Da bis heute nur ein einziges Cannabisarzneimittel heilmittelrechtlich zugelassen wurde, laufen medizinische Behandlungen mit verwendungsfertigen Arzneimitteln auf Cannabisbasis mehrheitlich über das System der betäubungsmittelrechtlichen Ausnahmebewilligungen durch das BAG. Dieses ist zwar mittlerweile etabliert, aber aufwendig für alle Beteiligten und erscheint heute in wichtigen Belangen nicht mehr adäquat. Die Gesamtzahl von insgesamt 7575 Erstbewilligungen25 innerhalb von sieben Jahren (2012­2018), mit jährlich ansteigenden Bewilligungszahlen, entspricht nicht mehr dem Ausnahmecharakter der beschränkten medizinischen Anwendung im Sinne des BetmG. Dazu kommt, dass ein grosser Teil von Patientinnen und Patienten, welche sich für eine Ausnahmebewilligung qualifizieren würden, im Rahmen der Selbstmedikation illegal bezogenen Cannabis anwenden.26 Die wachsende Nachfrage von Patientinnen und Patienten nach Behandlungen und die Erfahrungen von Ärztinnen und Ärzten aus der klinischen Praxis stehen in einem gewissen Widerspruch zu den ungenügenden wissenschaftlichen Evidenzen zur Wirksamkeit von Cannabisarzneimitteln. Die fehlende Evidenz könnte u. a. mit den relativ begrenzten klinischen Forschungsanstrengungen der pharmazeutischen Industrie in diesem Bereich zusammenhängen, welche erst in jüngerer Zeit intensiviert wurden.

Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und den Widerspruch zwischen der zunehmenden medizinischen Verwendung von Cannabis und dessen Einstufung als verbotenes Betäubungsmittel aufzulösen, hat der Bundesrat dem Eidgenössischen 22 23 24 25 26

SR 741.11 SR 741.01 Bericht der SGK-N zur Teilrevision des BetmG; BBl 2006 8573 8608.

Insgesamt 12'155 Bewilligungen von Neugesuchen und Gesuchen um Therapiefortsetzungen von 2012­2018.

Wenger, A. & Schaub, M. (2019). Cannabiskonsum: Rekreative oder medizinische Beweggründe. Befragung von Betroffenen. ISGF Zürich.

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Departement des Innern (EDI) im Juli 2018 den Auftrag erteilt, eine Vernehmlassungsvorlage für eine entsprechende Revision des BetmG auszuarbeiten. Im Zentrum steht dabei die Aufhebung des gesetzlichen Verkehrsverbots für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken unter Berücksichtigung der völkerrechtlichen Verpflichtungen (d. h. inkl. Festlegung eines adäquaten Kontrollsystems). Aufgrund der fehlenden heilmittelrechtlichen Zulassungen soll der Umgang mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln vereinfacht und erweitert werden.

Mit der angestrebten Gesetzesrevision sollen die Voraussetzungen geschaffen bzw.

verbessert werden, das Heil- und Palliativpotenzial von Cannabis als Arzneimittel zu erschliessen und mit möglichst geringem bürokratischem Aufwand kranken Menschen zugänglich zu machen.

1.2.2

Abgrenzungen

Von der Vorlage abzugrenzen ist der Bereich der «rekreativen», nicht-medizinischen Verwendung von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis. Ausgehend von verschiedenen parlamentarischen Vorstössen27 hat der Bundesrat am 27. Februar 2019 eine separate Vorlage ans Parlament überwiesen, mit der im BetmG eine befristete Grundlage für örtlich, zeitlich und sachlich begrenzte wissenschaftliche Pilotversuche zur Erprobung neuer Regelungen des gesellschaftlichen Umgangs mit Cannabis geschaffen werden soll. Die Pilotversuche bezwecken, evidenzbasierte Entscheidungsgrundlagen im Hinblick auf eine mögliche spätere Gesetzesänderung zu schaffen.28 Auch nicht direkt tangiert von der Vorlage ist die von Patientinnen und Patienten vorgenommene Selbstmedikation mit Cannabis ausserhalb der ärztlichen Behandlung. Dazu gehört auch der Eigenanbau von Cannabis zum persönlichen Konsum aus Gesundheitsgründen. Eine Anwendung von Cannabis bei Patientinnen und Patienten ohne ärztliche Begleitung gilt nicht als medizinische Anwendung und soll weiterhin verboten bleiben. Durch die Neuregelung sollen aber die Hürden für den Zugang zu ärztlich verschriebenen Cannabisarzneimitteln gesenkt und damit eine der Ursachen für die Selbstmedikation beseitigt werden. Mittelfristig dürfte mit der Aufhebung des Verbots auch die Auswahl an Cannabisarzneimitteln mit unterschiedlichem Wirkspektrum zunehmen, was die Akzeptanz der verschreibbaren Präparate unter den Patientinnen und Patienten weiter erhöhen könnte. Hauptgründe für die Selbstmedikation durch Patientinnen und Patienten sind die höheren Kosten und die als geringer wahrgenommene Wirksamkeit der erhältlichen Cannabisarzneimittel im Vergleich zu illegalen Cannabisprodukten.

Nicht Teil der Vorlage ist des Weiteren die Vergütung von Cannabisarzneimitteln.

Die geltenden Anforderungen für eine Vergütung über die OKP sollen also auch für Cannabisarzneimittel weiterhin ihre Gültigkeit behalten (vgl. dazu Ziff. 1.1.2). Der 27

28

Mo Sauter (17.4111), Mo Barrile (17.4112), Mo Rytz (17.4113), Mo Bertschy (17.4114) sowie Mo Zanetti Roberto (17.4210) «Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe».

Botschaft des Bundesrates vom 27. Februar 2019, BBl 2019 2529.

6080

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Bundesrat hat das EDI jedoch beauftragt, in einem separaten Projekt die Finanzierung einer mindestens teilweisen Vergütung von zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln über die OKP, bzw. eine allfällige alternative Finanzierung, zu prüfen (vgl. Ziff. 4.2.6).

Von Cannabisarzneimitteln im Sinne der Vorlage zu unterscheiden sind zudem Zubereitungen, welche einen Gesamt-THC-Gehalt von weniger als 1 Prozent aufweisen, inkl. Zubereitungen, die vorwiegend Cannabidiol (CBD) enthalten. Diese fallen nicht unter das Betäubungsmittelrecht und unterliegen deshalb bereits heute nicht einem betäubungsmittelrechtlichen Verkehrsverbot.

Entsprechend wird auch der Anbau von sogenanntem CBD-Hanf zu medizinischen Zwecken, der nicht unter das Betäubungsmittelrecht fällt, nicht im Rahmen dieser Vorlage geregelt. Die dafür zuständigen Bundesstellen befassen sich unabhängig von dieser Vorlage mit dieser Thematik.

1.3

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Im Rahmen der Vorarbeiten zu diesem Entwurf wurde geprüft, ob die Neuregelung von Cannabisarzneimitteln in einem Spezialerlass ausserhalb des Betäubungsmittel-, des Heilmittel- und des Krankenversicherungsgesetzes geregelt werden soll, um den spezifischen Herausforderungen mit diesem Betäubungsmittel gerecht zu werden.

Dies ist ein Weg, den auch andere Länder beschritten haben (vgl. z. B. «Access to Cannabis for Medical Purposes Regulations» in Kanada). Aus Sicht des Bundesrates ist es jedoch nicht wünschenswert, einen «Spezialfall Cannabis» in der Medizin zu schaffen. Vielmehr sollen die heilmittel- und krankenversicherungsrechtlichen Anforderungen weiterhin uneingeschränkt auch für Cannabisarzneimittel gelten.29 Es zeigte sich zudem, dass nur wenige zusätzliche Anpassungen auf Gesetzesebene notwendig sind, um den Zweck der Neuregelung zu erfüllen und dass diese sich auf das BetmG beschränken. Eine Änderung des Heilmittelrechts ist nicht erforderlich.

Und die krankenversicherungsrechtlichen Fragen betreffend die Vergütung wurden vom Bundesrat aus der Vorlage ausgeklammert (vgl. Ziff. 1.2.2).

Im Weiteren wurde abgeklärt, wie das Verkehrsverbot von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis aufzuheben sei, sodass die medizinische Verwendung vereinfacht wird. Die vorgeschlagene Lösung enthält eine Aufhebung des Verbots von Cannabis zu medizinischen Zwecken im BetmG, während Cannabis zu nichtmedizinischen Zwecken weiterhin verboten bleibt. Mit dem Verbot von «Rauchopium» nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a BetmG existiert bereits eine Regelung, mit der ein Betäubungsmittel nur zur nicht-medizinischen Verwendung verboten wurde.30

29

30

Bericht des Bundesrates vom 4. Juli 2018 Cannabis für Schwerkranke, in Erfüllung der Motion 14.4164, Kessler, 11.12.2014, S. 20f. (vgl. curia vista, [www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2014/20144164/Bericht%20BR%20D.pdf]) Das verbotene «Rauchopium» unterscheidet sich chemisch nicht von dem kontrollierten, medizinisch verkehrsfähigen Opium/Rohopium (Verzeichnis a BetmVV-EDI).

6081

BBl 2020

Geprüft wurde alternativ dazu eine Variante, bei der das Verbot von Cannabis insgesamt im BetmG aufgehoben würde (Streichung von Art. 8 Abs. 1 Bst. d BetmG). In diesem Fall wäre Cannabis umfassend, und nicht nur für medizinische Zwecke, vom Verzeichnis d der BetmVV-EDI mit den verbotenen Betäubungsmitteln in das Verzeichnis a mit den beschränkt verkehrsfähigen, kontrollierten Betäubungsmitteln verschoben worden. Da das Verzeichnis a der BetmVV-EDI ohnehin nur die kontrollierte medizinische Verwendung zulässt, wäre wie im Fall von Kokain die nichtmedizinische Verwendung auch mit dieser Variante verboten geblieben. Der vorliegend vorgeschlagenen Variante mit dem weiterhin expliziten Verbot von Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken auf Gesetzesstufe (bzw. der selektiven Verbotsaufhebung für Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken) wurde der Vorzug gegeben, da die alternative Variante als Legalisierung des nicht-medizinischen Cannabis hätte missverstanden werden können. Zudem obliegt es so weiterhin dem Parlament, über eine allfällige Neuregelung der gesetzlich verbotenen Substanzen zu entscheiden.

Die klare Unterscheidung von Cannabis zu medizinischen und Cannabis zu nichtmedizinischen Zwecken wurde im Weiteren auch von den Vernehmlassungsteilnehmenden explizit begrüsst (vgl. Ziff. 2).

Das Einheits-Übereinkommen von 1961 über die Betäubungsmittel (EHÜ)31 sieht für den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken spezifische Anforderungen vor, insbesondere die Kontrolle und Dokumentation der angebauten, geernteten und in Verkehr gebrachten Mengen (vgl. Ziff. 3.3). In einigen Staaten werden diese Vorgaben durch ein staatliches Anbaumonopol oder die staatliche Lizenzierung einzelner oder mehrerer Anbauer umgesetzt. Da diese Beispiele im Widerspruch zur liberalen Wirtschaftsordnung der Schweiz stehen, wird stattdessen gestützt auf den bestehenden Artikel 4 BetmG das damit zusammenhängende, bereits etablierte betäubungsmittelrechtliche Bewilligungs- und Kontrollsystem auf Verordnungsebene auch für den Anbau von Betäubungsmitteln vorgesehen.

Zur Verbesserung der Evidenz betreffend die medizinische Anwendung von Cannabis wurde die Einführung eines obligatorischen Meldesystems (ähnlich wie in Deutschland) sowie die Schaffung eines Fonds zur Förderung der kontrollierten klinischen Forschung (ähnlich wie
in Dänemark) erwogen. Da jedoch die Arzneimittelentwicklung keine Bundesaufgabe ist, wurde ein mit Bundesgeldern finanzierter Fonds zur Forschungsförderung wieder verworfen. In der Vernehmlassungsvorlage wurde auch auf eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Daten bei der Behandlung mit Cannabisarzneimitteln verzichtet, da eine solche Erhebung nur sehr bedingt Aussagen zur Wirksamkeit von Cannabis als Arzneimittel liefern könnte. In der Vernehmlassung zeigte sich jedoch, dass von Seiten der Kantone gewünscht wird, dass die Daten über die medizinische Behandlung mit Cannabisarzneimitteln befristet erhoben werden und Ärztinnen und Ärzten dazu verpflichtet werden, diese Daten zu melden. Um insbesondere auch problematische Entwicklungen verfolgen zu können (vgl. Ziff. 2). Eine solche Datenerhebung wurde deshalb als Grundlage für die Evaluation der Gesetzesänderung in die Revisionsvorlage aufgenommen.

31

SR 0.812.121.0

6082

BBl 2020

1.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 29. Januar 202032 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 angekündigt.

Anlass für die vorliegende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes bilden die Motion Kessler (14.4164) sowie der daraus resultierende Bundesratsbeschluss vom 4. Juli 2018 und die weiteren parlamentarischen Vorstösse zur medizinischen Verwendung von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis: Motion Markwalder, 18.3148 sowie Motion SGK-N, 18.3389.

1.5

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

1.5.1

Motion SGK-NR (18.3389)

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) hat am 16.05.2018 die Motion «Ärztliche Abgabe von Cannabis als Medikament an Chronischkranke. Tiefere Gesundheitskosten und weniger Bürokratie» eingereicht.

Diese hat das Anliegen der parlamentarischen Initiative Ammann (17.439) im Wortlaut übernommen, welche im Gegenzug zurückgezogen wurde. Die Motion beauftragt den Bundesrat, «die gesetzlichen Grundlagen dahingehend anzupassen, dass Medizinalcannabis an Chronischkranke durch ärztliche Verordnung abgegeben werden kann». Die «sofortige Vereinfachung in Analogie zu den Nachbarländern» soll zudem wissenschaftlich begleitet werden.

Die vom Bundesrat zur Annahme empfohlene Motion wurde im Nationalrat und im Ständerat angenommen.

Die Motion wird mit der vorgeschlagenen Neuregelung umgesetzt und kann somit als erfüllt abgeschrieben werden.

1.5.2

Motion Markwalder (18.3148)

Die von Nationalrätin Christa Markwalder am 13. März 2018 eingereichte Motion «Anbau und Export von medizinischem Cannabis» beauftragt den Bundesrat zu prüfen, «wie im Rahmen der geltenden Gesetzgebung Gesuche zum Export von medizinisch genutztem Cannabis oder Cannabiszubereitungen bewilligt werden können. Sollten solche Gesuche nicht bewilligungsfähig sein, wird der Bundesrat beauftragt, dem Parlament schnellstmöglich eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vorzulegen, die es erlaubt, Cannabis zu medizinischen Zwecken anzubauen und medizinisches Cannabis und medizinische Cannabiszubereitungen zu exportieren.» In der Begründung ihrer Motion verweist Nationalrätin Markwalder auf die wirtschaftlichen Chancen, welche sich daraus für die Schweizer Bäuerinnen und Bauern eröffnen.

32

BBl 2020 1777, hier 1894

6083

BBl 2020

Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion, weist in seiner Stellungnahme jedoch darauf hin, dass der kommerzielle Export von Cannabis zu medizinischen Zwecken unter dem geltenden Betäubungsmittelrecht nicht möglich ist. Er schlägt dem Parlament vor, die notwendige Gesetzesanpassung im Rahmen der laufenden Arbeiten zur Neuregelung des Zugangs zu zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln vorzunehmen. Die Anpassungen seien im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen betreffend den Anbau und den Export von Cannabis vorzunehmen.

Die Motion wurde im Nationalrat und im Ständerat angenommen.

Die Motion wird mit der vorgeschlagenen Neuregelung erfüllt und kann somit abgeschrieben werden.

2

Vernehmlassungsverfahren

Das EDI hat im Auftrag des Bundesrates vom 26. Juni 2019 bis zum 17. Oktober 2019 das Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.

Es wurden 118 Stellen zur Vernehmlassung eingeladen. An der Vernehmlassung beteiligten sich 25 Kantone, die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), die Kantonsapothekervereinigung (KAV), 7 politische Parteien (BDP, CVP, EDU, FDP, GLP, SP, SVP, Piratenpartei), der Schweizerische Städteverband (SSV), der Schweizerische Bauernverband (SBV) sowie 49 weitere Organisationen und Verbände und 2 Privatpersonen. Insgesamt gingen 86 materielle Stellungnahmen ein.

2.1

Vernehmlassungsvorlage

Der in die Vernehmlassung gegebene Vorentwurf enthielt die gleichen Eckwerte wie der vorliegende Entwurf, insbesondere die Aufhebung des gesetzlichen Verkehrsverbots für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken. Nicht enthalten war im Vorentwurf die gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Daten über die ärztliche Behandlung mit Cannabisarzneimitteln, welche aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse ergänzt wurde. Die noch in der Vernehmlassungsvorlage angedachte gesetzliche Steuerbefreiung von Cannabisarzneimitteln, die Ärztinnen und Ärzte verschreiben, erübrigt sich aufgrund der seither ergangenen Rechtsprechung (vgl. Ziff. 4.1.3).

2.2

Zusammenfassung der Vernehmlassungsergebnisse

Im Allgemeinen stehen die Vernehmlassungsteilnehmenden der Änderung des BetmG zustimmend gegenüber. Kein Vernehmlassungsteilnehmer lehnt die Vorlage insgesamt ab.

Vier Kantone sprechen sich ohne Vorbehalte für die Vorlage aus. 21 Kantone sind mit Vorbehalten oder Änderungswünschen grundsätzlich mit der Vorlage einverstanden und ein Kanton verzichtete auf eine Stellungnahme. Bei den politischen Parteien sprechen sich BDP, CVP, EDU, FDP, GLP sowie SP für die Vorlage aus.

6084

BBl 2020

Die SVP ist unter gewissen Vorbehalten mit der Vorlage einverstanden, während die Piratenpartei Schweiz eine generelle Überarbeitung fordert. Der SSV stimmt der Vorlage ohne Vorbehalte zu.

Die Abgrenzung der medizinischen Verwendung von Cannabis von der nichtmedizinischen und die gleichzeitige Beibehaltung des Verkehrsverbots für Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken werden von vielen Stellungnehmenden explizit befürwortet. Wenige Stellungnehmende fordern dagegen eine komplette Aufhebung des Verbots für Cannabis, unabhängig vom Zweck, oder zumindest das Recht auf Eigenanbau zu medizinischen Zwecken.

Eine Mehrheit der Kantone, die GDK, die SSV sowie einige Wissenschafts- und Gesundheitsorganisationen regen eine auf die ersten Jahre nach Inkrafttreten der Revision befristete Erhebung von Daten zu Art und Ausmass des Gebrauchs von Cannabisarzneimitteln an. Sie soll auf einer Pflicht, die entsprechenden Daten zu melden, basieren.

Etliche Kantone, die GDK, die KAV, die SVP sowie einige Gesundheitsorganisationen stehen dem Rauchen von Cannabis als medizinische Anwendung kritisch gegenüber. Dabei weisen sie auf die Schäden durch das Cannabisrauchen oder auf die Schwierigkeit der Dosierung bei dieser Applikationsform hin. Einzelne Fachorganisationen aus dem Gesundheitsbereich begrüssen dagegen explizit, dass die ärztliche Therapiefreiheit in Bezug auf die Darreichungsformen durch die Vorlage nicht eingeschränkt wird.

Die meisten weiteren Kommentare beziehen sich nicht auf die Vorlage selbst, sondern auf damit zusammenhängende Umsetzungsfragen. So messen die meisten Kantone, die GDK, der SSV und einige Vertreterinnen und Vertreter der Forschung und öffentlichen Gesundheit der Erarbeitung von Behandlungsempfehlungen vor Inkraftsetzung der Gesetzesänderung eine grosse Bedeutung bei. Gerade weil keine verbindlichen Einschränkungen in Bezug auf Indikation und Dosierung vorgesehen sind, sollten solche Empfehlungen eine Orientierungshilfe für die ärztliche Behandlung mit Cannabisarzneimitteln liefern.

Eine Mehrheit der Kantone und die GDK weisen zudem darauf hin, dass bei der betäubungsmittelgestützten Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen («Substitution») mit Cannabis wie für andere Betäubungsmittel gemäss Artikel 3e BetmG eine kantonale Bewilligung erforderlich ist. Die genannten
Behandlungsempfehlungen sollten deshalb aus ihrer Sicht Kriterien enthalten, wonach sich vom Kanton zu bewilligende Suchttherapien mit Cannabis von der medizinischen Behandlung mit Cannabis abgrenzen lassen.

Verschiedene Kantone und die GDK sowie einige Organisationen aus dem Gesundheitsbereich stellen fest, dass die medizinische Anwendung der Cannabisarzneimittel ohne eine gesicherte Finanzierung der Vergütung unter Umständen nicht bedarfsgerecht erfolgen könne. Die separate Prüfung der Vergütungsfrage (vgl. Ziff. 4.2.6) wurde entsprechend von der Mehrzahl der Kantone sowie von einigen politischen Parteien und Organisationen aus dem Gesundheitsbereich ausdrücklich begrüsst.

Zudem erachtet es die Hälfte der Kantone und die GDK als wichtig, dass zur medizinischen Anwendung abgegebene Cannabispräparate von den Apotheken strikt nach den von der Pharmakopöe geforderten Kennzeichnungsvorschriften bezeichnet 6085

BBl 2020

werden, um der Polizei die Unterscheidung von legalen medizinischen Cannabisarzneimitteln und illegalen Cannabispräparaten zu erleichtern.

Eine ausführliche Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens ist im Vernehmlassungsbericht zu finden.33

2.3

Würdigung der Vernehmlassungsergebnisse

Die Vernehmlassung hat ergeben, dass die Vereinfachung des Umgangs mit Cannabisarzneimitteln von den Kantonen, den politischen Parteien und den weiteren Vernehmlassungsteilnehmenden generell begrüsst wird und die Aufhebung des Verbots von Cannabis zu medizinischen Zwecken breite Unterstützung findet.

Gewisse Bedenken bestehen betreffend das allfällige Missbrauchspotenzial von Cannabis zu medizinischen Zwecken. Ein Teil der Kantone sowie der weiteren Vernehmlassungsteilnehmenden möchte deshalb rauchbare Darreichungsformen von Cannabis explizit als Arzneimittel ausschliessen. Ein solcher Ausschluss etwa von medizinischen Cannabisblüten stünde jedoch im Widerspruch zum geltenden Heilmittelrecht, welches die ärztliche Therapiefreiheit bei der Anwendung von zulassungsbefreiten Arzneimitteln nicht einschränkt (vgl. Ziff. 4.2.4). Der Bundesrat lehnt eine solche Regelung ab, weil damit ein unerwünschter «Sonderfall Cannabis» im Heilmittelrecht geschaffen würde.

Ebenfalls im Zusammenhang mit der Missbrauchsbekämpfung wurden spezifische Kennzeichnungsvorschriften für Cannabisarzneimittel oder spezifische Ausweisdokumente für Patientinnen und Patienten vorgeschlagen. Der Bundesrat erachtet jedoch die bestehenden heilmittelrechtlichen Kennzeichnungsvorschriften für Arzneimittel (vgl. Art. 8 HMG; Art. 39 Arzneimittelverordnung vom 21. September 201834 [VAM]) als ausreichend. Eine darüber hinausgehende Kennzeichnungspflicht oder -notwendigkeit existiert auch bei den anderen kontrollierten, beschränkt verkehrsfähigen Betäubungsmitteln nicht.

Um den Befürchtungen betreffend das Missbrauchspotenzial von Cannabis zu medizinischen Zwecken Rechnung zu tragen, wurde in Artikel 8d E-BetmG die von Seiten der Kantone angeregte begleitende Datenerhebung in die Vorlage aufgenommen (vgl. Ziff. 5). Dadurch soll eine Grundlage für die Evaluation der Gesetzesänderung geschaffen werden. Allenfalls unerwünschte Entwicklungen, u. a. auch in Bezug auf die Darreichungsform, können so identifiziert werden, und die für die Aufsicht über die zulassungsbefreiten Arzneimittel zuständigen kantonalen Vollzugsbehörden können gestützt darauf bei Bedarf geeignete Massnahmen ergreifen.

33

34

Der Vernehmlassungsbericht ist auf der Website der Bundesbehörden abrufbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene > 2018 > Eidgenössisches Departement des Innern (Stand ...).

SR 812.212.21

6086

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3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

3.1

Mitgliedstaaten der Europäischen Union

Es gibt in der Europäischen Union keine einheitliche Regelung zur Handhabung von Cannabis für medizinische Zwecke. In den meisten Mitgliedstaaten der EU ist die medizinische Verwendung von Cannabis möglich, jedoch unterscheiden sich die Staaten sowohl hinsichtlich des regulatorischen Rahmens als auch hinsichtlich der zugelassenen Produkte. Deutschland, die Niederlande, Italien und die Tschechische Republik verfügen über ein erweitertes Zugangssystem zu Cannabisarzneimitteln.

In den Niederlanden ist es Ärztinnen und Ärzten seit 2003 möglich, Cannabisblüten (ganze Blüten oder Granulat) oder Cannabisöl zu verschreiben. Das Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport anerkennt, dass bei diversen Indikationen positive Effekte mit Cannabis erzielt werden können. Es soll jedoch nur dann verschrieben werden, wenn mit der Standardbehandlung und den zugelassenen Arzneimitteln der gewünschte Effekt nicht erzielt werden konnte oder zu viele unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Der Vollzug des Opiumgesetzes obliegt dem Office of Medical Cannabis (OMC), welches Teil des niederländischen Ministeriums für Gesundheit, Soziales und Sport ist und als nationale Cannabis-Agentur gemäss EHÜ amtet. Das OMC ist zuständig für den Anbau, die Qualität sowie die Kontrolle von Import und Export. Das in den Niederlanden verwendete Cannabis wird von einem privaten Unternehmen produziert und über Apotheken an die Patientinnen und Patienten abgegeben, denen es ärztlich verschrieben wurde. Das produzierende Unternehmen beliefert auch andere EU-Staaten. Das Nationale Gesundheitsinstitut (Zorginstituut Nederland) hat 2003 entschieden, dass Cannabis ­ wegen ungenügender wissenschaftlicher Evidenzen ­ nicht als Teil der Grundversicherung vergütet wird. Die Krankenkassen können Cannabisarzneimittel aber auf freiwilliger Basis vergüten.

Grundlage für die 2017 in Deutschland in Kraft getretene Regelung war ein Gerichtsentscheid. Schwerkranke Patientinnen und Patienten können nun mit hochwertigen Cannabisarzneimitteln versorgt werden, deren Kosten von der Krankenversicherung übernommen werden. Profitieren sollen davon Menschen, die unter starken chronischen Schmerzen, Spastiken und anderen schweren Krankheiten leiden, die mit herkömmlichen Arzneimitteln nicht zufriedenstellend therapiert werden können.

Patientinnen und Patienten
erhalten getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte in kontrollierter Qualität in Apotheken auf ärztliche Verschreibung hin. Um die Versorgung sicherzustellen, wird der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland ermöglicht. Die eigens geschaffene nationale CannabisAgentur, eingerichtet beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, nimmt die gesamte Ernte von Cannabis zu medizinischen Zwecken mittelbar in Besitz. Dies wird mittels zivilrechtlichem Vertrag mit dem jeweiligen CannabisAnbauer geregelt. Die Anbauerinnen und Anbauer besitzen die Ernte physisch (unmittelbar), verkauft wird sie jedoch durch die Cannabis-Agentur, geliefert wiederum durch die vertraglich verpflichtete Anbauerin oder den vertraglich verpflichteten Anbauer.

Italien lässt nur eine limitierte Anzahl von Cannabisarzneimitteln zu und unterstützt die Produktion von standardisierten Cannabispräparaten. Jede Ärztin und jeder Arzt 6087

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kann Cannabis zu medizinischen Zwecken verschreiben, das in jeder Apotheke individuell für die einzelne Patientin oder den einzelnen Patienten zubereitet werden kann. Ursprünglich von den Niederlanden bezogen, wurde 2016 erstmals inländisches, unter der Aufsicht des Gesundheitsministeriums produziertes Cannabis vertrieben.

In der Tschechischen Republik ist Cannabis für die medizinische Anwendung für eine limitierte Anzahl von medizinischen Indikationen erlaubt. Es wird von speziell ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten verschrieben (derzeit ca. 60, z. B. Onkologinnen oder Psychiater) und von einer beschränkten Anzahl von Apotheken abgeben (derzeit ca. 40). Seit 2018 kann einer Patientin oder einem Patienten maximal 180 Gramm Cannabis pro Monat verschrieben werden. Anfangs wurde Cannabis aus den Niederlanden importiert; jetzt werden definierte Cannabissorten national im Monopol angebaut und dem Staat zum Vertrieb bereitgestellt. Die Kosten für die Patientin oder den Patienten werden weder durch das nationale Gesundheitssystem noch durch die Sozialversicherungen übernommen.

3.2

Weitere Staaten

In Kanada können gemäss gesetzlicher Grundlage («Access to Cannabis for Medical Purposes Regulations», ACMPR) frische oder getrocknete Cannabisblüten und daraus entwickelte Produkte für die medizinische Anwendung eingesetzt werden.

Der Entscheid für eine solche Behandlung liegt bei der behandelnden Ärztin, dem behandelnden Arzt oder einer selbstständigen registrierten Pflegefachkraft («nurse practitioner»). Eine allgemeine Vergütung der Cannabisarzneimittel ist nicht vorgesehen, Krankenkassen können sie aber auf freiwilliger Basis vergüten. Der Vollzug der ACMPR wird von Health Canada, dem kanadischen Gesundheitsministerium, und der nationalen Cannabis-Agentur begleitet. Health Canada lizenziert und kontrolliert die kommerzielle Industrie (Sicherheitsbestimmungen, Vollzugskontrolle, Inspektionen) und registriert die Einzelpersonen, welche eine begrenzte Menge an Cannabis für die persönliche medizinische Anwendung herstellen oder durch eine andere Einzelperson herstellen lassen. Eine Liste sämtlicher lizenzierter Herstellerinnen und Hersteller sowie Verkäuferinnen und Verkäufer von cannabishaltigen Arzneimitteln (inklusive Blüten) wird im Internet publiziert. Die Ärztinnen und Ärzte bewilligen eine Menge in Gramm Cannabis, es liegt jedoch im Ermessen der Patientin oder des Patienten, in welcher Form (z. B. Tinktur) und auf welche Art (z. B. Gehalt THC im Verhältnis zu CBD) sie oder er es einnehmen will. Der Bezug läuft direkt über die jeweilige Herstellerin oder den jeweiligen Hersteller und nicht über eine Apotheke.

In Australien ist seit 1989 der beschränkte Zugang zu Cannabis für die medizinische Anwendung (klinische Versuche, Ausnahmebewilligung im Einzelfall) möglich. Seit einer Gesetzesanpassung im Jahr 2016 ist der Anbau, die Produktion und Herstellung von Cannabis für die medizinische Anwendung legal, und registrierte Ärztinnen und Ärzte können neu auch nicht heilmittelrechtlich zugelassene Cannabiszubereitungen verschreiben (inklusive Blüten). Die Zuständigkeit für diese Gesetzesanpassung liegt beim Office of Drugs Control (ODC) im australischen Gesund6088

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heitsdepartement, das gleichzeitig als nationale Cannabis-Agentur gemäss EHÜ amtet. Welche Patientengruppen Zugang erhalten und welche Produkte hergestellt werden dürfen, bestimmen die Behörden auf Ebene der Bundesstaaten / Territorien zusammen mit der Therapeutic Goods Administration. Vorläufig werden die Cannabisarzneimittel aus Kanada und Europa importiert, bald werden aber auch Zubereitungen aus australischem Anbau verfügbar sein. Betreffend Qualität muss Cannabis zur medizinischen Anwendung die Standards der Therapeutic Goods Order erfüllen. Eine allgemeine Vergütung ist nicht vorgesehen, Voraussetzung hierfür wäre, dass Cannabis zur medizinischen Anwendung auf dem Pharmaceutical Benefits Scheme figuriert, was nicht der Fall ist.

In Israel wurde bereits 2014 Cannabis für medizinische Zwecke für eine beschränkte Anzahl von Indikationen bewilligt, sofern gemäss einer Ärztin oder einem Arzt die Patientin oder der Patient nicht auf anerkannte Therapien angesprochen hat. In Ausnahmefällen und unter Einhaltung zusätzlicher Bestimmungen (z. B. detaillierter Krankheitsbeschrieb durch den Arzt) kann eine Ärztin oder ein Arzt für eine Patientin oder einen Patienten eine Ausnahmebewilligung auch für eine andere Indikation beantragen. Die Israeli Medical Cannabis Agency (IMCA) innerhalb des Gesundheitsministeriums ist die gemäss EHÜ vorgeschriebene nationale Cannabis-Agentur und hat die Aufsicht über die medizinische Verwendung von Cannabis. Sie ist zudem für die Bewilligung der Produzenten zuständig. Seit 2016 wird Cannabis direkt von der Anbauerin oder dem Anbauer den registrierten Apotheken geliefert.

Cannabis wird als Öl oder als getrocknete Blüte geraucht oder vaporisiert. Die medizinische Behandlung mit Cannabis muss von der Patientin oder vom Patienten selber bezahlt werden.

3.3

UNO-Übereinkommen

Grundlage des heutigen internationalen Betäubungsmittel-Kontrollregimes bildet das EHÜ der UNO, das für die Schweiz 1970 in Kraft getreten ist. Gemäss dem EHÜ können die Mitgliedstaaten ein Verkehrsverbot für Cannabis ­ wie auch für alle anderen Substanzen derselben Listung ­ vorsehen, müssen jedoch nicht. Der Umgang mit Cannabis zu medizinischen und Forschungszwecken ist im Rahmen des EHÜ ­ vorbehältlich der notwendigen Gesetzgebungs- und Verwaltungsmassnahmen der Mitgliedstaaten, insbesondere betreffend die Kontrolle ­ grundsätzlich möglich (Art. 4 EHÜ). So wird in der Präambel des EHÜ festgehalten, dass «die ärztliche Verwendung von Betäubungsmitteln zur Schmerzlinderung weiterhin unerlässlich bleibt und dass die als notwendig erachteten Massnahmen getroffen werden müssen, damit Betäubungsmittel für diesen Zweck zur Verfügung stehen».

Beim EHÜ stehen die Kontrolle des legalen Warenflusses von kontrollierten Substanzen und das Verhindern, dass solche Substanzen in den illegalen Markt abgezweigt werden, im Vordergrund. Das EHÜ bildet mit den von der Schweiz ebenfalls ratifizierten Übereinkommen von 197135 über psychotrope Stoffe, dem Zusatzproto-

35

SR 0.812.121.02

6089

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koll zum EHÜ von 197236 und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 198837 gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen den völkerrechtlichen Rahmen im Umgang mit Betäubungsmitteln. Durch diese Abkommen wird ein globales Meldesystem begründet: Die Mitgliedstaaten haben dem Betäubungsmittelkontrollorgan (engl. «International Narcotic Control Board», INCB) die von ihnen produzierten, ein- und ausgeführten, eingelagerten sowie verbrauchten Betäubungsmittel zu melden.

Gemäss dem EHÜ ist es Aufgabe der Cannabis anbauenden Staaten zu wissen, welche Mengen geerntet und in den kontrollierten Warenfluss geführt werden. Um dies zu gewährleisten, muss jedes Land, das die medizinische Anwendung von Cannabis zulässt, eine nationale Cannabis-Agentur (engl. «Cannabis Agency») bezeichnen, die den Anbau kontrolliert (vgl. Art. 28 Abs. 1 EHÜ). Mit dem Anbau darf sich nur befassen, wer im Besitz einer von der staatlichen Stelle ausgestellten Lizenz ist.

Die im EHÜ aufgeführten Verwaltungsaufgaben sollen von einer staatlichen Stelle durchgeführt werden, sofern die Verfassung des betreffenden Staates dies erlaubt (Art. 23 Abs. 2 und 3 EHÜ).

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Die Vorlage umfasst die im Bundesratsbeschluss vom 4. Juli 2018 betreffend den Bericht in Erfüllung der Motion Kessler (14.4164) festgehaltenen Eckwerte und nimmt die Anliegen der hängigen politischen Vorstösse zur medizinischen Verwendung von Cannabis auf (Motion Markwalder [18.3148], Motion SGK-N [18.3389]).

Damit Cannabisarzneimittel einfacher genutzt werden können, soll das im BetmG festgelegte Verkehrsverbot für Cannabis zu medizinischen Zwecken aufgehoben werden. Dadurch können die Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis, die zu medizinischen Zwecken verwendet werden, von den verbotenen zu den kontrollierten, beschränkt verkehrsfähigen Betäubungsmitteln umgeteilt werden. Cannabis für nicht-medizinische Zwecke bleibt dagegen unverändert verboten. Die völkerrechtlichen Verpflichtungen werden somit weiterhin eingehalten.

Cannabisarzneimittel werden dadurch wie andere medizinisch verwendete Betäubungsmittel (z. B. Morphin, Methadon, Kokain) den entsprechenden Kontrollmassnahmen der Swissmedic unterstellt. Eine Ausnahmebewilligung für deren Verwendung ist nicht mehr erforderlich. In der Konsequenz liegt damit die Behandlung mit Cannabisarzneimitteln vollständig in der Verantwortung der Ärztinnen und Ärzte (unter Wahrung der ärztlichen Sorgfaltspflicht)38.

36 37 38

Einheits-Übereinkommen von 1961 über die Betäubungsmittel in der durch das Protokoll vom 25. März 1972 geänderten Fassung; SR 0.812.121 SR 0.812.121.03 Vgl. Art. 26 HMG

6090

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4.1.1

Betäubungsmittelrechtliche Änderungen

Die vorliegende Revision des BetmG sieht die Aufhebung des gesetzlichen Verkehrsverbots für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis vor, sofern diese zu medizinischen Zwecken verwendet werden. Das bedeutet insbesondere, dass Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken nicht mehr einer Ausnahmebewilligung des BAG und damit einer Einzelfallprüfung bedürfen.

Die Aufhebung des Verkehrsverbots bedingt folglich eine Anpassung des betäubungsmittelrechtlichen Systems zur Kontrolle insbesondere des Anbaus von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken. Diese Anpassung soll auf Verordnungsebene und derart vorgenommen werden, dass die Anforderungen des EHÜ auch weiterhin eingehalten werden. D. h. namentlich, dass Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken verkehrsfähig gemacht und entsprechend den Stoffen im Verzeichnis a Anhang 2 der BetmVV-EDI kontrolliert werden sollen.

Bei den zulassungsbefreiten Arzneimitteln soll die Zuständigkeit für die Kontrolle der gesetzeskonformen Anwendung weiterhin bei den Kantonen liegen. Anbau, Herstellung, Verarbeitung von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis zur medizinischen Anwendung und der Handel damit sollen gemäss Artikel 4 BetmG von der Swissmedic bewilligt und durch die Kantone und die Swissmedic gemeinsam kontrolliert werden. Das angepasste Kontrollsystem soll im Vergleich zum Status quo nicht zu einem höheren Aufwand für die Rechtsadressatinnen und adressaten führen.

Der Umgang mit Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken soll vom Umgang zu nicht-medizinischen Zwecken rechtlich klar getrennt werden. Der Umgang mit Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken, etwa zum Zweck der (nicht-medizinischen) wissenschaftlichen Forschung oder zum Zweck von Bekämpfungsmassnahmen, soll weiterhin lediglich über eine Ausnahmebewilligung des BAG gemäss Artikel 8 Absätze 5 und 8 BetmG möglich sein.

Durch die Aufhebung des Verkehrsverbots für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken wird die Anwendbarkeit der Bestimmungen über die betäubungsmittelrechtlichen Ausnahmebewilligungen einschliesslich der Einzelfallprüfung für die beschränkte medizinische Anwendung wegfallen. Dies wird auch den kommerziellen Export von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps
Cannabis zu medizinischen Zwecken, unter Berücksichtigung der relevanten internationalen Regelungen, grundsätzlich ermöglichen.

Aufgrund der Rückmeldungen aus den Kantonen im Rahmen der Vernehmlassung (vgl. Ziff. 2) sollen zu der ärztlichen Behandlung mit Cannabisarzneimitteln vom BAG oder einem vom BAG damit betrauten Dritten schweizweit Daten erhoben werden. Diese Datenerhebung wird auf die ersten Jahre nach Inkrafttreten dieser Revision befristet. Dazu sollen die Cannabisarzneimittel verschreibenden Ärztinnen und Ärzte verpflichtet werden, bestimmte Angaben elektronisch zu erfassen. Die wissenschaftliche Begleitung eines erleichterten Zugangs zur medizinischen Anwendung von Cannabis, welche auch die vom Bundesrat zur Annahme empfohlene Motion SGK-NR (18.3389) fordert, soll dadurch sichergestellt werden. Die gesammelten Daten sollen statistisch ausgewertet werden und der wissenschaftlichen 6091

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Evaluation der Gesetzesänderung, gestützt auf Artikel 29a BetmG, dienen. Eine Beobachtung der Entwicklung ist u. a. auch deshalb angezeigt, weil die Indikationen für zulassungsbefreite Cannabisarzneimittel wie auch deren Anwendungsformen nach der Gesetzesänderung rechtlich nicht eingeschränkt werden sollen, da dies im Widerspruch zum Heilmittelrecht stünde (vgl. Ziff. 4.2.4). Die so gewonnenen Erkenntnisse können den kantonalen Vollzugsbehörden sowie den behandelnden Ärztinnen und Ärzten als Orientierungshilfe dienen und eine Grundlage für weiterführende Forschung liefern.

4.1.2

Heilmittelrecht

Eine Änderung des Heilmittelrechts ist zur Erreichung der Ziele der Gesetzesrevision nicht notwendig (vgl. Kap. 1.1.2 und 4.2.3).

4.1.3

Tabaksteuergesetz

Gemäss den Bundesgerichtsentscheiden 2C_348/2019 sowie 2C_350/2019 vom 29. Januar 2020 sind Cannabisblüten keine Tabakersatzprodukte und unterliegen somit nicht der Tabaksteuer nach dem Tabaksteuergesetz vom 21. März 1969 (TStG)39. Aus diesem Grund erübrigt sich die noch während der Vernehmlassung geplante gesetzliche Steuerbefreiung der Cannabisarzneimittel, die von Ärztinnen und Ärzten verschrieben werden. Diese Ausnahme war u. a. deshalb angedacht, weil die Erhebung der Steuer im Verhältnis zu den erwarteten Steuereinnahmen mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden gewesen wäre.

4.2

Umsetzungsfragen

4.2.1

Betäubungsmittelkontrollverordnung

Aufgrund der Aufhebung des Verbots im BetmG soll Cannabis zu medizinischen Zwecken vom Verzeichnis d des Anhangs 5 (verbotene Betäubungsmittel) ins Verzeichnis a des Anhangs 2 (allen Kontrollmassnahmen unterstellte Substanzen) der BetmVV-EDI verschoben werden. Entsprechend kommen betreffend die Verwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken die regulären Kontrollmassnahmen, wie für andere medizinisch verwendete Betäubungsmittel, zur Anwendung. Diese Kontrollmassnahmen sind in der Betäubungsmittelkontrollverordnung vom 25. Mai 201140 (BetmKV) geregelt und betreffen namentlich die Erteilung von Bewilligungen (Anforderungen an Gesuche und Gesuchstellende), die Regelung des internationalen Handels, die Pflichten betreffend Meldungen und Dokumentation, die Anforderungen an die Aufbewahrung und die Regelung zu Bezug und Abgabe.

39 40

SR 641.31 SR 812.121.1

6092

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Das EHÜ sieht für den Anbau von Cannabis besondere Kontrollmassnahmen vor.

Aus diesem Grund und da bisher in der Schweiz weder eine Bewilligung für den Anbau von Pflanzen aus dem Verzeichnis a noch eine Bewilligung für den Anbau von in diesem Verzeichnis enthaltenen Pilzen beantragt wurde, bedingt die Unterstellung von Cannabis zu medizinischen Zwecken unter die regulären Kontrollmassnahmen eine spezifische Regelung des Anbaus. Dass es für den Anbau von Cannabis eine Bewilligung braucht, ergibt sich aus den Anforderungen des EHÜ41 ebenso wie die konkreten Bewilligungsvoraussetzungen, die Einzelheiten für die Gesuchstellung, die Anforderungen an die verantwortliche Person, der Bewilligungsumfang, sowie anbauspezifische Melde- und Dokumentationspflichten. Durch ein zweistufiges Bewilligungsverfahren ­ Basisbewilligung und Einzelanbaubewilligung ­ sowie durch die beschriebenen spezifischen Regelungen zur Kontrolle werden die strikten Vorgaben des EHÜ eingehalten. Die Zuständigkeit für die erforderlichen Inspektionen soll wie bisher bei den Kantonen liegen.

Gemäss geltender Regelung (vgl. Art. 72 Abs. 2 BetmKV) übernimmt das BAG auf dem Gebiet der Betäubungsmittelkontrolle die Funktion der Nationalen CannabisAgentur gemäss Artikel 28 EHÜ. Künftig soll die Swissmedic die Aufgaben der Cannabis-Agentur gemäss Artikel 28 EHÜ betreffend den Umgang mit Cannabis zu medizinischen Zwecken und das BAG diejenigen betreffend die nicht-medizinische wissenschaftliche Forschung mit Cannabis wahrnehmen.

4.2.2

Betäubungsmittelverzeichnisverordnung

Das EDI führt ein Verzeichnis der einzelnen Betäubungsmittel, der psychotropen Stoffe sowie der Vorläuferstoffe und Hilfschemikalien in der BetmVV-EDI. Je nach Umfang der erforderlichen Kontrollmassnahmen erfolgt die Aufnahme eines Betäubungsmittels in die einzelnen Verzeichnisse der BetmVV-EDI.

Gemäss dem geltenden Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d BetmG gelten Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis als verbotene Betäubungsmittel. In der BetmVVEDI ist Cannabis mit einem Gesamt-THC-Gehalt von mindestens 1,0 Prozent im Verzeichnis d gelistet (Anhang 5 der BetmVV-EDI). Substanzen gemäss Verzeichnis d sind den strengsten Kontrollmassnahmen unterworfen.42 Durch die Verbotsaufhebung für Cannabis zu medizinischen Zwecken im BetmG wird eine Umteilung der Substanz zu diesem Zweck in das Verzeichnis a (Anhang 2 BetmVV-EDI) möglich. Cannabis sowie sämtliche Zubereitungen daraus für medizinische Zwecke werden deshalb in das Verzeichnis a verschoben. Der Kontrollumfang wird demnach demjenigen anderer medizinisch verwendeter Betäubungsmittel, wie beispielsweise Fentanyl, entsprechen. Cannabis für nicht-medizinische Zwecke bleibt unverändert im Verzeichnis d bei den verbotenen Substanzen.

Unabhängig vom Verwendungszweck (medizinisch oder nicht-medizinisch) fällt Cannabis ­ wie bisher ­ erst ab einem Gesamt-THC-Gehalt von mindestens 1,0 Prozent unter die Bestimmungen des Betäubungsmittelrechts.

41 42

Art. 23 und 28 EHÜ Vgl. Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d BetmKV

6093

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4.2.3

Saat- und Pflanzgut-Verordnung des WBF

Cannabis im Sinne des Betäubungsmittelrechts soll zu medizinischen Zwecken in der Landwirtschaft und im produzierenden Gartenbau angebaut werden können.

Dies setzt voraus, dass Landwirtinnen und Landwirten sowie den im produzierenden Gartenbau tätigen Personen das dazu notwendige Saat- und Pflanzgut abgegeben werden darf. Die Saat- und Pflanzgut-Verordnung des WBF soll dahingehend geändert werden, dass die Abgabe von Saat- und Pflanzgut von Cannabis zu medizinischen Zwecken an Landwirtinnen und Landwirte zulässig wird, wenn die Swissmedic den Anbau bewilligt hat. Die betreffende Sorte muss weder im Sortenkatalog des BLW aufgeführt sein, noch müssen die übrigen Anforderungen des Sorten- und Saatgutrechts erfüllt werden. Für die Produktion von medizinischem Cannabis sollen einzig die betäubungsmittel- und heilmittelrechtlichen Vorschriften massgebend sein.

Darüber hinaus soll ebenfalls ermöglicht werden, Saat- und Pflanzgut an Landwirtinnen und Landwirte abzugeben, soweit der Anbau von Cannabis zu anderen als medizinischen Zwecken durch das BAG gemäss Artikel 8 Absatz 5 BetmG bewilligt wurde.

4.2.4

Weitere betäubungsmittel- und heilmittelrechtliche Umsetzungsfragen

Der Zugang zu Cannabisarzneimitteln erfolgt, wie im Bericht des Bundesrates vom 4. Juli 2018 in Erfüllung der Motion Kessler (14.4164) ausgeführt, vorwiegend über zulassungsbefreite Arzneimittel gemäss Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a HMG (vgl. auch Ziff. 1.1.2). Hierbei wird der Grundsatz der generellen Zulassungspflicht nicht tangiert.

Um eine Erweiterung des Zugangs zu ermöglichen, wurde eine Monografie zu Cannabisblüten (Cannabis flos) als Ausgangsstoff für Zubereitungen in die Pharmakopöe aufgenommen. Damit ist gewährleistet, dass Ärztinnen und Ärzte Cannabisarzneimittel nach Formula magistralis verschreiben können und diese den entsprechenden Qualitätsanforderungen an Arzneimitteln genügen. Eine Anpassung oder Änderung des bestehenden Heilmittelrechts ist daher nicht notwendig.

Die Vorlage berührt auch die heilmittelrechtlichen Kennzeichnungsvorschriften für Arzneimittel nicht (vgl. Art. 8 HMG; Art. 39 VAM). Eine darüberhinausgehende Kennzeichnungspflicht spezifisch für Cannabisarzneimittel, wie sie im Rahmen der Vernehmlassung von kantonaler Seite zum Teil ins Spiel gebracht wurde (vgl.

Ziff. 2), ist nicht notwendig und existiert auch bei anderen kontrollierten, beschränkt verkehrsfähigen Betäubungsmitteln nicht (vgl. auch Ziff. 2.3).

Ebenso erübrigen sich spezifische Qualitätsvorgaben für den Anbau und den Import von Cannabis als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Cannabisarzneimitteln, wie sie zum Teil im Rahmen der Vernehmlassung angeregt wurden. Da für die Arzneimittelherstellung die einschlägigen Regeln der guten Herstellungspraxis gemäss

6094

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Artikel 7 HMG gelten, ist es nicht notwendig, die Qualität des Ausgangsmaterials darüber hinaus rechtlich zu regeln.

Eine rechtliche Einschränkung auf bestimmte Indikationen ist nicht vorgesehen.

Dies liefe dem Sinn und Zweck der Verschreibung von zulassungsbefreiten Arzneimitteln nach Formula magistralis zuwider, welche z. B. gerade auch für die experimentelle Anwendung eines Arzneimittels bei austherapierten Patientinnen und Patienten vorgesehen ist. Eine diesbezügliche Einschränkung käme einer Beschneidung der ärztlichen Therapiefreiheit gleich.

Aus den gleichen Gründen sollen auch die möglichen Darreichungsformen und Zubereitungen von Cannabis rechtlich nicht eingeschränkt werden. Cannabis, welches als verwendungsfertiges Arzneimittel verschrieben werden soll, muss aus heilmittelrechtlichen Gründen in jedem Fall einen bekannten Wirkstoffgehalt und ein definiertes chemisches Profil aufweisen, die es den Ärztinnen und Ärzten ermöglichen, den Dosierungsprozess wie bei jeder anderen Behandlung gezielt festzulegen.

Allerdings haben Ärztinnen und Ärzte auch bei der Anwendung von zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln die ärztliche Sorgfaltspflicht gemäss Artikel 11 BetmG zu beachten. Deren Einhaltung wird von den kantonalen Vollzugsbehörden (Kantonsärztinnen und -ärzten) beaufsichtigt. Die Kantone können zudem bereits nach geltendem Recht im Rahmen ihrer Vollzugszuständigkeiten im Bereich der zulassungsbefreiten Arzneimittel bei Bedarf auch deren Anwendung einschränken.

Die im Rahmen der Vernehmlassung thematisierten Bestimmungen betreffend die betäubungsmittelgestützte Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen (vgl. Art. 3e BetmG und Art. 8 f. BetmSV) bleiben vorbehalten. D. h. auch für eine allfällige künftige Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen mit Cannabisarzneimitteln, braucht es für die Verschreibung, die Abgabe und die Verabreichung von Cannabis zur Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen eine Bewilligung des Kantons.

4.2.5

Behandlungsempfehlungen

Im Rahmen der Vernehmlassung äusserten sich verschiedene Kantone, die GDK sowie die Ärzteschaft dahingehend, dass Behandlungsempfehlungen betreffend Indikationen, Verabreichungsformen, Dosierung etc. erarbeitet werden sollten, welche die ärztliche Therapiefreiheit nicht bindend einschränken. Insbesondere die in der Vernehmlassung aufgeworfene Frage, ob die Inhalation (rauchen oder vaporisieren) von Cannabisblüten zur medizinischen Anwendung geeignet ist, könnte in diesem Rahmen geprüft werden.

Aufgrund der Zuständigkeiten im Bereich der zulassungsbefreiten Arzneimittel liegt die Verantwortung für allfällige Behandlungsempfehlungen primär bei den Kantonen bzw. bei den interkantonalen Konferenzen sowie bei den spezialisierten ärztlichen Fachgesellschaften, wogegen der Bund nur subsidiär tätig werden kann. Das BAG kann sich bei Bedarf beispielsweise einbringen, indem es den Erarbeitungsprozess durch Koordinationstätigkeiten und Grundlagenarbeiten unterstützt. In die 6095

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Weiterentwicklung der Empfehlungen könnten schliesslich auch die Erkenntnisse aus der begleitenden Datenerhebung des BAG einfliessen (vgl. Ziff. 4.1.1).

4.2.6

Prüfung der Finanzierung von Cannabisarzneimitteln

Damit vermehrt belastbare Daten betreffend das therapeutische Potenzial von Cannabisarzneimitteln generiert werden, braucht es systematische Forschungsanstrengungen. Die eigentliche Arzneimittelentwicklung (industrielle Forschung und Entwicklung) stellt allerdings keine Bundesaufgabe dar. Dies hat der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme zur später vom Parlament überwiesenen Motion Kessler (14.4164) erklärt, welche in diesem Bereich wissenschaftlich begleitete Pilotprojekte durch den Bund forderte. Die Erforschung der Wirksamkeit von Heilmitteln ist deshalb in erster Linie die Aufgabe der Pharmaindustrie. Sie wäre auch Nutzniesserin einer Neuzulassung oder einer Vergütung solcher Heilmittel über die OKP. Auch wenn es nicht deren Hauptzweck ist, kann die vorgeschlagene Begleiterhebung von Daten gemäss den Ziffern 4.1.1 und 5 (Kommentierung zu Art. 8b) allenfalls Daten für die weiterführende klinische Forschung liefern und so einen begrenzten Beitrag zur Erforschung der Wirksamkeit von Cannabisarzneimitteln leisten. So können die erhobenen Daten etwa Hinweise darauf geben, bei welchen Indikationen die Anwendung von Cannabisarzneimitteln ein medizinisches Potenzial verspricht.

Das BAG hat zudem eine Medizintechnik-Folgenabschätzung (Health Technology Assessment) zur Einschätzung der Evidenz betreffend Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit in Auftrag gegeben. Dazu wird eine unabhängige und externe Institution beauftragt einen Bericht zu erstellen. Das Health Technology Assessment soll als Grundlage für die in Ziffer 1.2.2 erwähnte Prüfung der Finanzierung von zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln dienen.

4.2.7

Strassenverkehrsrecht

Von Seiten einiger Patientenvertreter wurde in der Vernehmlassung bemängelt, dass nach aktueller Rechtslage im Strassenverkehr bereits bei einem positiven Testergebnis auf THC aufgrund einer Einnahme von ärztlich verschriebenen Cannabisarzneimitteln die Fahrunfähigkeit häufig als erwiesen erachtet werde und es in der Folge zu Führerausweisentzügen komme. Es wurde deshalb verschiedentlich eine Anhebung des THC-Grenzwerts im Strassenverkehrsgesetz gefordert. Die Nulltoleranz bei Cannabis sei bei Patientinnen und Patienten nicht angemessen.

Bei Patientinnen und Patienten, welche ein ärztlich verschriebenes Cannabisarzneimittel eingenommen haben, ist jedoch der messtechnische Grenzwert von 1,5 g/ng THC im Blut im Strassenverkehr und somit die «Nulltoleranz-Regelung» nicht anwendbar (vgl. Art. 2 Abs. 2ter Verkehrsregelnverordnung vom 13. November

6096

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196243). Entscheidend ist allein die festgestellte Fahrfähigkeit (vgl. auch Ziff. 1.1.2).

Eine Probeentnahme ist im Zusammenhang mit ärztlich verordneten Medikamenten zudem nur zulässig, wenn konkrete Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Fahrfähigkeit vorliegen. Es besteht deshalb hinsichtlich des Strassenverkehrsrechts kein Handlungsbedarf. Allenfalls müssten aber die kantonalen Vollzugsbehörden, die verschreibenden Ärztinnen und Ärzte sowie die betroffenen Patientinnen und Patienten besser über die geltende Rechtslage informiert werden.

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 3f

Datenbearbeitung

Diese Bestimmung wird aufgehoben und unverändert zu Artikel 18e BetmG verschoben (vgl. Ausführungen zu Art. 18e BetmG sowie zur Änderung der Gliederungstitel).

Art. 8 Abs. 1 Bst. d und Abs. 5­7 Absatz 1 Buchstabe d: Mit der Beschränkung auf Cannabis, der «nicht zu medizinischen Zwecken verwendet wird», soll das gesetzliche Verkehrsverbot für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken aufgehoben werden. Unter den Begriff «medizinische Zwecke» fällt neben der medizinischen Anwendung auch die Herstellung von Cannabisarzneimitteln und der damit in Zusammenhang stehende Anbau von Cannabis sowie die medizinische Forschung.

Unter die medizinische Forschung fällt die präklinische (z. B. Wirkstoffsuche, Tierversuche, toxikologische Prüfung) und klinische Forschung zum Zweck der Arzneimittelentwicklung. Nicht darunter fallen klinische Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen des nicht-medizinischen Cannabiskonsums. Gesuche für solche Studien können weiterhin durch das BAG im Rahmen von Artikel 8 Absatz 5 BetmG geprüft werden (vgl. Ausführungen zu Art. 8 Abs. 5 BetmG).

Die Verwendung von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken untersteht mit dieser Anpassung nicht mehr dem Ausnahmebewilligungssystem nach Artikel 8 Absatz 5 BetmG. Damit soll die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken ins Verzeichnis a des Anhangs 2 der BetmVV-EDI zu verschieben und den entsprechenden Bewilligungen und Kontrollmassnahmen der Swissmedic zu unterstellen (vgl. dazu Ziff. 3.2.2). Entsprechend wird die Verfügbarkeit von Cannabisarzneimitteln für Patientinnen und Patienten vereinfacht, indem die einzelfallweise Erteilung von Ausnahmebewilligungen an Ärztinnen und Ärzte, die Cannabisarzneimittel verschreiben, wegfällt.

Für die Kontrolle von Herstellung und Verarbeitung von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken und des Handels damit wird mit dieser Anpassung das bestehende Bewilligungssystem von Swissmedic nach den Artikeln 4 und 5 BetmG zur Anwendung gelangen, wie dies bei anderen Betäu43

SR 741.11

6097

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bungsmitteln, die nicht dem Verkehrsverbot unterstehen, bereits heute der Fall ist.

Die entsprechenden Kontrollmassnahmen sind in den Ausführungsbestimmungen (BetmKV) geregelt. Für den Anbau sollen die notwendigen Kontrollmassnahmen in der BetmKV ergänzt werden.

Ein- und Ausfuhr von Cannabis zu medizinischen Zwecken sollen einer Bewilligung der Swissmedic nach Artikel 5 bedürfen. Die bislang erforderliche Ausnahmebewilligung des BAG fällt hingegen für die Ein- und Ausfuhr von Cannabisarzneimitteln aufgrund dieser Änderung weg.

Die Verwendung von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis ausserhalb von medizinischen Zwecken bleibt weiterhin verboten (vgl. Erläuterung zu Art. 8 Abs. 5 BetmG).

Absatz 5: Das BAG soll weiterhin die Möglichkeit haben, Gesuche im Zusammenhang mit (nicht-medizinischen) wissenschaftlichen Forschungen mit Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis ausnahmsweise zu bewilligen. Der Absatz 5 enthält deshalb neu zwei Buchstaben: Buchstabe a enthält die bereits heute geltende Regelung für Ausnahmebewilligungen zur medizinischen und nicht-medizinischen Verwendung der verbotenen Betäubungsmittel nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben a­c (Rauchopium, Heroin, LSD und andere Halluzinogene) sowie weiterer verbotener Betäubungsmittel nach Absatz 3. Für den Anbau, die Einfuhr, die Herstellung und das Inverkehrbringen dieser verbotenen Betäubungsmittel kann das BAG wie bisher Ausnahmebewilligungen erteilen, wenn diese Betäubungsmittel der wissenschaftlichen Forschung, der Arzneimittelentwicklung oder der beschränkten medizinischen Anwendung dienen und kein internationales Abkommen entgegensteht. Die Regelung der Ausnahmebewilligungen für die übrigen verbotenen Betäubungsmittel (neben Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis) bleibt damit unverändert.

Buchstabe b enthält die Regelung für die nicht-medizinische Verwendung von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis. Diese soll, wie bis anhin, grundsätzlich verboten bleiben. Mit der Aufhebung des Verkehrsverbots für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken fällt die Ausnahmebewilligungspflicht für die «beschränkte medizinische Anwendung» sowie für die «Arzneimittelentwicklung» weg. Hingegen soll das BAG weiterhin für den Anbau, die Einfuhr, die Herstellung und das Inverkehrbringen Ausnahmebewilligungen
erteilen können, wenn die Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis der (nicht-medizinischen) wissenschaftlichen Forschung dienen und kein internationales Abkommen entgegensteht. Unter diese wissenschaftliche Forschung ausserhalb des medizinischen Bereiches fällt die nicht zweckgerichtete Grundlagenforschung, z. B. zu den Wirkstoffen von Cannabis (Cannabinoide), also Forschung an der Substanz selbst sowie anwendungsorientierte Forschung44 zu Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken.

Absätze 6 und 7: Infolge der Aufhebung des Verkehrsverbots für Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken soll die Verwendung ­ wie 44

Vgl. Definition der Begriffe «Grundlagenforschung» und «anwendungsorientierte Forschung» in Art. 2 Bst. a FIFG

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in den Erläuterungen zu Artikel 8 Absätze 1 Buchstabe d und 5 erwähnt ­ nicht mehr dem Ausnahmebewilligungssystem unterstehen. Entsprechend wird Artikel 8 Absätze 6 und 7 formell angepasst.

Art. 8b

Datenerhebung über die ärztlichen Behandlungen mit Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis

Begleitend zu der ohne Ausnahmebewilligung möglichen ärztlichen Behandlung mit Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis (Cannabisarzneimitteln) soll gemäss Absatz 1 vom BAG nach Inkrafttreten dieser Revision eine Datenerhebung durchgeführt werden. Das BAG kann allenfalls auch geeignete, öffentliche oder private Institutionen mit der Erhebung der Daten sowie deren Auswertung beauftragen. Der Datenschutz und die geltenden wissenschaftlichen und technischen Standards sind dabei einzuhalten. Die Sicherheit der von der Swissmedic zugelassenen Cannabisarzneimittel wurde ausreichend nachgewiesen, deshalb soll die Datenerhebung beschränkt werden auf die Behandlung mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln gemäss Artikel 9 Absatz 2 HMG (Bst. a). Die Behandlungen mit zugelassenen Cannabisarzneimitteln werden nur dann erfasst, wenn diese ausserhalb der zugelassenen Indikation verschrieben oder in einer nicht dafür zugelassenen Darreichungsform angewendet werden sollen (sog. Off-Label-Verschreibung) (Bst. b).

Die erhobenen Daten sollen gemäss Absatz 2 der geplanten wissenschaftlichen Evaluation der Massnahmen dieser Revision gemäss Artikel 29a BetmG dienen (Bst. a). Zudem sollen die Daten zu den ärztlichen Behandlungen mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln laufend statistisch ausgewertet werden (Bst. b). Diese statistischen Auswertungen sollen gemäss Absatz 3 u. a. der Information der zuständigen kantonalen Vollzugsbehörden dienen. Den kantonalen Vollzugsbehörden soll damit die Möglichkeit gegeben werden, beispielsweise die allgemeine Verschreibungsentwicklung auf dem jeweiligen Kantonsgebiet zu verfolgen (verschriebene Präparate, Indikationen, u. a.) und allenfalls unerwünschte Entwicklungen zu identifizieren. Auch sollen Ärztinnen und Ärzte aufgrund der statistischen Auswertung der Datenerhebung relevante Informationen im Zusammenhang mit der Verschreibung von Cannabisarzneimitteln gewinnen können. Da zur geeigneten Anwendung von zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln nur beschränkte Erkenntnisse vorliegen, lassen sich aufgrund der Daten allenfalls auch gewisse Rückschlüsse für die klinische Anwendung ziehen.

Änderung der Gliederungstitel Die im BetmG enthaltenen Datenschutzbestimmungen werden neu in einem 3a. Kapitel Datenschutz und Datenbearbeitung zusammengeführt. Zudem werden die Titel der Abschnitte entsprechend angepasst.

Art. 18e

In Zusammenhang mit der Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen

Der Wortlaut des bisherigen Artikels 3f zur Datenbearbeitung im Rahmen der Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen wird unverändert übernommen.

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Art. 18f

In Zusammenhang mit Bewilligungen nach den Artikeln 4, 5 und 8

Mit Artikel 18f soll die gesetzliche Grundlage für diese Datenbearbeitungen an die aktuellen Vorgaben des Datenschutzrechtes angepasst werden.

Absatz 1: Im Zusammenhang mit der Erteilung von Bewilligungen und Ausnahmebewilligungen zum Umgang mit kontrollierten und verbotenen Betäubungsmitteln nach den Artikeln 4, 5 und 8 Absätze 5­8 BetmG sowie zur Prüfung der Einhaltung der damit verbundenen Pflichten ist es für die Swissmedic und das BAG unumgänglich, auch besonders schützenswerte Personendaten zu bearbeiten. Im Rahmen der Erteilung der Bewilligungen ist die Eignung der gesuchstellenden Person zu beurteilen. Handelt es sich dabei um eine juristische Person, ist die Nennung einer verantwortlichen natürlichen Person eine Bewilligungsvoraussetzung. Die bezeichnete verantwortliche Person ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Bestimmungen verantwortlich. Sie hat entsprechende fachliche Voraussetzungen zu erfüllen, muss ihre Tätigkeit weisungsunabhängig ausüben können und wird daher ebenfalls auf ihre Eignung überprüft. Von der gesuchstellenden bzw. der verantwortlichen Person kann etwa ein Strafregister- oder Betreibungsregisterauszug verlangt werden. Zur Prüfung, ob die erforderliche Ausbildung absolviert wurde, sind der zuständigen Behörde bspw. ein Lebenslauf sowie Diplome einzureichen. Zur Prüfung der Einhaltung der mit der Bewilligung verbundenen Pflichten werden auch Daten zu Meldungen nach den Artikeln 19, 58 und 60 BetmKV (Bewilligung nach Art. 4 BetmG), Artikel 30 und 34 BetmKV (Ein- und Ausfuhrbewilligung nach Art. 5 BetmG) sowie Artikel 72 BetmKV (Ausnahmebewilligungen nach Art. 8 Abs. 5 BetmG) bearbeitet.

Im Rahmen der Erteilung von Ausnahmebewilligungen nach Artikel 8 Absatz 5 BetmG ­ welche es neu nicht mehr für Cannabis zu medizinischen Zwecken braucht ­ müssen zur Beurteilung von Gesuchen im Zusammenhang mit der beschränkten medizinischen Anwendung die relevanten Daten zur Krankengeschichte, zu den Diagnosen und Symptomen, zur Indikation sowie zur Medikation und Dosierung eingeholt werden. Bei Gesuchen um Erneuerung einer bestehenden Bewilligung sind auch Angaben zu Wirkungen und Nebenwirkungen der bisherigen Behandlung, zu Interaktionen mit oder Änderungen in der Co-Medikation und zur Behandlungsdauer erforderlich. Schliesslich sind zwecks lückenloser Verfolgung
der ausnahmsweisen Betäubungsmittelabgabe auch Therapieabbrüche durch die Bewilligungsinhaber zu melden und zu begründen.

Absatz 2: Die einzelnen zu bearbeitenden Daten und Aufbewahrungsfristen sollen vom Bundesrat auf Verordnungsebene festgelegt werden.

Art. 18g

In Zusammenhang mit Cannabisarzneimitteln

Das BAG führt zur Erhebung der Daten gemäss Artikel 8b BetmG ein Informationssystem. Ärztinnen und Ärzte, welche Behandlungen mit Cannabisarzneimitteln durchführen, müssen die für die Erfüllung der Zwecke der Datenerhebung notwendigen Angaben (Abs. 1 und 2) erfassen (obligatorische Meldung). Dabei handelt es sich insbesondere um die massgeblichen medizinischen Angaben zur Therapie (vgl.

auch Abs. 3).

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Um den Aufwand für die Ärztinnen und Ärzte möglichst gering zu halten, sollen die Daten online erfasst werden über ein vom BAG zur Verfügung gestelltes Datenerhebungssystem. Zum Schutz der Patientinnen und Patienten soll die Datenerfassung pseudonymisiert erfolgen. D. h. die Patientinnen und Patienten werden nicht namentlich, sondern in codierter Form erfasst. Der Decodierungsschlüssel soll nur den behandelnden Ärztinnen und Ärzten bekannt sein, nicht aber dem BAG oder Dritten.

Die Identifizierung der Patientinnen und Patienten wird so verhindert. Die Codierung erlaubt es, den Behandlungsverlauf über die Zeit auszuwerten (Verlaufsdaten).

Die Einzelheiten, d. h. die von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten zu erfassenden Daten (Bst. a), die Häufigkeit und der Zeitpunkt der Datenerfassungen (Bst. b), die Zugriffsrechte der gemäss Absatz 2 betroffenen Ärztinnen und Ärzte (Bst. c), die technischen und organisatorischen Aspekte des Datenerhebungssystems (Bst. d), die Fristen für die Aufbewahrung und Vernichtung der Daten (Bst. e) sowie die Publikation der statistischen Auswertungen (Bst. f) sollen gemäss Absatz 3 vom Bundesrat auf Verordnungsstufe festgelegt werden.

Zu Bst. a: Es sollen lediglich die für den Zweck der Datenerhebung notwendigen Daten, welche zu einem optimalen Erkenntnisgewinn führen, gesammelt werden.

Voraussichtlich sollen namentlich folgende Angaben erfasst werden: Patientencode, soziodemografische Angaben (Jahrgang, Geschlecht und Wohnkanton der Patientin oder des Patienten), Angaben zur Ärztin oder zum Arzt (Name, Adresse und Fachrichtung FMH), Behandlungsindikation (inkl. Haupt- und Nebendiagnosen nach ICD-10 sowie Symptomatik), Arzneimittel (Präparat, Dosierung, Dosierungsänderung), Auswirkungen (insb. allfällige Nebenwirkungen und Symptomveränderungen aufgrund der Therapie), sowie Therapieabbrüche (Zeitpunkt und Grund).

Zu Bst. b: Vorgesehen ist eine einfache Verlaufserhebung mit einer erstmaligen Datenerfassung zum Zeitpunkt der Erstverschreibung («Baseline-Erhebung») und zwei weiteren Erfassungen nach einem Jahr sowie nach zwei Jahren bzw. jeweils bei vorzeitigem Therapieabbruch.

Zu Bst. c und d: Bei der Ausgestaltung des Datenerhebungssystems wird darauf geachtet, dass der Aufwand für alle Beteiligten, insbesondere für die Ärztinnen und Ärzte, möglichst gering ist. Die
Angaben sollen elektronisch und so einfach wie möglich erfasst werden können (vgl. auch Abs. 2).

Die Geltungsdauer der Artikel 8b und 18g wird auf sieben Jahre befristet (vgl. dazu Ziff. II Abs. 3). Artikel 18g Absatz 4 sieht vor, dass der Bundesrat festlegen kann, dass keine Daten mehr erfasst werden müssen, wenn vor Ablauf der Geltungsdauer der Artikel 8b und 18g für die wissenschaftliche Evaluation nach Artikel 8b Absatz 2 keine weiteren Daten benötigt werden. Es ist davon auszugehen, dass die Laufzeit der Datenerhebung mindestens fünf Jahre betragen muss, um eine ausreichende Datenbasis für eine wissenschaftliche Evaluation zu gewährleisten. Dies deshalb, weil in der Einführungsphase während den ersten drei Jahren noch mit einem relativ geringen Umfang von Verschreibungen zu rechnen ist und für eine individuelle Verlaufsmessung ein Beobachtungszeitraum von zwei Jahren notwendig ist. Auch in Deutschland wird eine ähnliche, die ärztliche Behandlung mit Cannabisarzneimitteln begleitende Datenerhebung während fünf Jahren durchgeführt, jedoch ohne Verlaufsdaten.

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Art. 20 Abs. 1 Bst. c Vorläuferstoffe und Hilfschemikalien werden auch zur Herstellung von synthetischen Drogen verwendet. Die Umleitung von Vorläuferstoffen und Hilfschemikalien an einen nicht bewilligten Bestimmungsort sowie die Verwendung falscher Lieferscheine von Vorläuferstoffen und Hilfschemikalien sind bereits heute strafbar.

Künftig soll auch deren Handel, wenn er bewilligungspflichtig ist, ohne entsprechende Bewilligung strafbar werden, gleich wie es für betäubungsmittelähnliche Rohmaterialien und Erzeugnisse schon gemäss geltendem Recht der Fall ist. An der gegenwärtigen Bewilligungspraxis ändert sich dadurch nichts, da der Bundesrat den Handel mit Vorläuferstoffen gestützt auf Artikel 3 BetmG bereits einer Bewilligungspflicht unterstellt hat. Vielmehr wird mit dieser Anpassung die Grundlage geschaffen, um den Handel ohne Bewilligung sanktionieren zu können.

Die Notwendigkeit dieser Anpassung ergibt sich aus dem Umstand, dass in der Schweiz in jüngster Vergangenheit einschlägige Aktivitäten (Verwendung und Handel von Vorläuferstoffen und Hilfschemikalien zur Herstellung von synthetischen Drogen) festgestellt wurden. Mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage konnten solche Handlungen bisher strafrechtlich nicht verfolgt werden.

Art. 29 Abs. 4 Mit Beschluss des Bundesrates vom 14. Dezember 2018 wurden die eidgenössische Kommission für Alkoholfragen, die Eidgenössische Kommission für Tabakprävention sowie die Eidgenössische Kommission für Suchtfragen (vgl. Art. 29 Abs. 4 BetmG und Art. 34 ff. BetmSV) per 1. Januar 2020 aufgehoben und aus dem Anhang 2 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 199845 (RVOV) gestrichen. Gestützt auf Artikel 57a ff. des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 199746 (RVOG) und Artikel 8a ff.

RVOV wurde anstelle dieser Kommissionen die Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (EKSN) eingesetzt und in Anhang 2 RVOV aufgenommen. Die EKSN ist in einer rein beratenden Funktion auch für Fragen im Zusammenhang mit Betäubungsmittelsucht zuständig.

Deshalb wird Artikel 29 Absatz 4 BetmG obsolet und kann gestrichen werden.

Art. 29a Abs. 1 Aufgrund der Verschiebung von Artikel 3f nach Artikel 18e BetmG und den neu geschaffenen Artikeln 18f und 18g BetmG werden die Verweise in Artikel 29a entsprechend formell angepasst.

Art. 30b

Übergangsbestimmungen

Gemäss dieser Bestimmung wird der Bundesrat festzulegen haben, bis zu welchem Zeitpunkt nach Inkrafttreten der vorliegenden Änderung die nach bisherigem Recht erteilten Ausnahmebewilligungen des BAG für Anbau, Einfuhr, Herstellung sowie 45 46

SR 172.010.1 SR 172.010

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Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis zu medizinischen Zwecken ihre Gültigkeit behalten werden (Abs. 1). Während dieser Übergangsfrist bedarf es für Inhaberinnen und Inhaber einer Ausnahmebewilligung des BAG gemäss Absatz 2 keiner Bewilligung der Swissmedic nach Artikel 4 BetmG.

Mit dieser Regelung soll die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Cannabisarzneimitteln in der Übergangszeit sichergestellt werden.

Ziff. II Da das Datenerhebungssystem den Übergang vom Verkehrs- und Verschreibungsverbot von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis zur Aufhebung dieses Verbots betreffend die medizinische Verwendung von Cannabis begleiten soll, ist eine solche Unterstützung durch den Bund nur in den ersten Jahren notwendig (Abs. 3). Entsprechend wird die Geltungsdauer der Artikel 8b und 18g auf sieben Jahre befristet. Der Bundesrat kann festlegen, dass keine Daten mehr erfasst werden müssen, wenn eine ausreichende Datengrundlage für eine wissenschaftliche Evaluation der Massnahmen der vorliegenden Gesetzesänderung vorhanden ist (vgl. dazu Art. 18g Abs. 4).

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

Mit dem Wegfall der Ausnahmebewilligungen nach Artikel 8 Absatz 5 BetmG für die medizinische Anwendung von Cannabis entfällt auch der entsprechende Vollzugsaufwand beim BAG. Davon betroffen ist die Bearbeitung der Gesuche der Ärztinnen und Ärzte betreffend die beschränkte medizinische Anwendung wie auch der Gesuche aus der Industrie zum Anbau und der Herstellung von Cannabisarzneimitteln sowie der Gesuche für die medizinische Forschung. Die laufenden Vollzugskosten beim BAG würden gemäss amtsinternen Schätzungen pro Jahr um 280 000 Franken reduziert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ressourcen im BAG nicht an die starke Zunahme der Gesuche in den letzten Jahren angepasst werden konnten, wie eine externe Evaluation der Vollzugsaufgaben des BAG im Rahmen des BetmG von 2018 festgestellt hat.47 Der Vollzugsaufwand für Ausnahmebewilligungen für andere verbotene Betäubungsmittel nach Artikel 8 Absätze 1 und 3 BetmG bleibt unverändert bestehen.

Neue Vollzugskosten entstehen durch die vorgesehene begleitende Datenerhebung im Bereich der medizinischen Anwendung von Cannabis und der Evaluation der Massnahmen der vorliegenden Revision. Die jährlich anfallenden Kosten für die fachliche Begleitung der Datenerhebung und die technische Umsetzung des Datenerhebungssystems lassen sich mit den Einsparungen durch den Wegfall der Ausnahmebewilligungen kompensieren. Dazu fallen einmalige Sachkosten in der Höhe 47

Mavrot, C., Hadorn, S., Sprecher, F. & Sager, F. (2018). Evaluation spezifischer Vollzugsaufgaben des BAG im Rahmen des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG).

Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Bern: Kompetenzzentrum für Public Management und Institut für öffentliches Recht der Universität Bern.

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von 350 000 Franken für die Entwicklung des Datenerhebungssystems an. Diese Vollzugskosten können im Rahmen des bestehenden Globalbudgets des BAG finanziert werden.

Die betäubungsmittelrechtlichen Kontrollaufgaben betreffend Cannabis zu medizinischen Zwecken werden neu nicht mehr vom BAG, sondern von der Swissmedic wahrgenommen. Im Zusammenhang mit den Anbaubewilligungen für Cannabis zu medizinischen Zwecken ist bei der Swissmedic mit einem Mehraufwand von ungefähr 250 000 Franken pro Jahr für die Erteilung von Bewilligungen und die dazugehörenden Kontrollen zu rechnen. Diese Schätzung beruht auf der Annahme, dass aufgrund der Vereinfachung des Umgangs mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln und insbesondere der neuen Möglichkeit des Exports die Anzahl bewilligter Betriebe etwa auf das Fünffache ansteigen wird. Diese zusätzlichen Aufwände sollen über Gebühren finanziert werden. Für die Kontrolle der Herstellung und des Inverkehrbringens der Cannabisarzneimittel ist dagegen kein signifikanter Mehraufwand zu erwarten, da dieses System bereits für andere betäubungsmittelhaltige Arzneimittel etabliert ist.

Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass der Vollzug der Gesetzesänderung mit den bestehenden Ressourcen gewährleistet werden kann und die Revision für den Bund insgesamt in etwa kostenneutral ausfällt. Genauere Schätzungen des einmaligen und des wiederkehrenden Vollzugsaufwands werden sich im Rahmen der Erarbeitung des Umsetzungsrechts erstellen lassen.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und das Fürstentum Liechtenstein

6.2.1

Auswirkungen auf Kantone

Die Überwachung und Kontrolle des gesetzes- und bewilligungskonformen Umgangs mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln (Herstellung und Abgabe) sowie der Wahrnehmung der Sorgfaltspflicht obliegt wie bis anhin den kantonalen Behörden (Kantonsapothekerinnen und -apotheker, Kantonsärztinnen und -ärzten).

Aufgrund der Vereinfachung des Umgangs mit diesen Arzneimitteln und von deren zunehmenden Bekanntheit in der Ärzteschaft und der Öffentlichkeit ist in den ersten Jahren nach Inkraftsetzung der Revision von einem moderaten Anstieg des Kontrollaufwands auszugehen.

Je nach Entwicklung des Anbaus von Cannabis zu medizinischen Zwecken könnten auch diesbezüglich vermehrt Kontrollaufwände bei den Kantonen entstehen. Da der Anbau durch das betäubungsmittelrechtliche Kontroll- und Bewilligungssystem von Seiten der Swissmedic strikt überwacht wird, dürften sich die polizeilichen Kontrollen jedoch in erster Linie auf konkrete Verdachtsfälle konzentrieren, d. h. es ist mit einem eher geringen Mehraufwand zu rechnen. Insbesondere entsteht den kantonalen Vollzugsbehörden auch durch die gesetzliche Unterscheidung von Cannabis zu medizinischen bzw. nicht-medizinischen Zwecken kein Mehraufwand, da in jedem Fall für den Anbau, die Einfuhr, die Herstellung und das Inverkehrbringen eine

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Bewilligung entweder durch Swissmedic (für medizinische Zwecke) oder durch das BAG (Ausnahmebewilligung für nicht-medizinische Zwecke) vorliegen muss.

Der vereinfachte Zugang zu Cannabisarzneimitteln könnte auf der anderen Seite zu einer Abnahme des illegalen Cannabiskonsums aus medizinischen Gründen führen.

Überträgt man entsprechende Zahlen aus dem Ausland auf die Schweiz, so könnten davon 65 000­111 000 Personen betroffen sein.48 Die Repressionskosten bei den Strafvollzugsbehörden könnten also zurückgehen. Der Effekt der vorgesehenen Rechtsanpassung auf den Schwarzmarkt dürfte sich aber in engen Grenzen halten.

Insgesamt ist zu erwarten, dass die zusätzlichen Vollzugskosten für die Kantone im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Revision eher gering ausfallen werden.

6.2.2

Auswirkungen auf das Fürstentum Liechtenstein

Die geltende schweizerische Betäubungsmittelgesetzgebung ist gemäss Zollvertrag vom 29. März 192349 zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein auch im Fürstentum Liechtenstein anwendbar, soweit Ein-, Aus- und Durchfuhr betroffen sind und soweit psychotrope Stoffe als Heilmittel verwendet werden. Die vorliegende Revision wird also in Liechtenstein in gleicher Weise Anwendung finden wie in der Schweiz.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Da die zu erwartenden volkswirtschaftlichen Effekte als gering eingeschätzt werden, wurde auf eine Regulierungsfolgeabschätzung verzichtet. Entsprechend lassen sich die Kosten und Nutzen der Gesetzesänderung nicht monetarisieren.

Die Gesetzesänderung bietet eine Entwicklungschance für spezialisierte Nischenhersteller von Phytopharmazeutika. Die rechtliche Vereinfachung des Umgangs mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln dürfte vorübergehend noch einmal zu einer deutlichen Zunahme der Verschreibungen führen, bis eine Marktsättigung auftritt. Weiteres Wachstum versprechen die neuen Exportmöglichkeiten von Cannabis zu medizinischen Zwecken. Allerdings haben andere Länder bereits früher rechtliche Voraussetzungen für die Entwicklung einer medizinischen Cannabisindustrie geschaffen, weshalb die internationale Konkurrenz stark ist. Über einen gewissen Entwicklungsvorsprung verfügt die Schweiz bei der Herstellung standardisierter Cannabiszubereitungen, weshalb in dem Bereich durchaus ein Exportpotenzial besteht.

Auch die öffentlichen Apotheken können über die Herstellung von zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln nach Formula magistralis ihr Angebot erweitern. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Herstellung durch einige grössere Betriebe 48

49

Bericht des Bundesrates vom 4. Juli 2018 Cannabis für Schwerkranke, in Erfüllung der Motion 14.4164, Kessler, 11.12.2014, S. 32. (vgl. curia vista: [www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20144164]) SR 0.631.112.514

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mit Herstellungsbewilligung (Lohnherstellung, vgl. Art. 9 Abs. 2 bis HMG), welche über die entsprechenden technischen Voraussetzungen verfügen, abgedeckt wird.

Ein gewisses Wirtschaftspotenzial besteht auch im Anbau des Rohstoffs selbst.

Typischerweise wird Cannabis zu medizinischen Zwecken unter kontrollierten Bedingungen unter Kunstlicht angebaut. Die Kultivierung im Gewächshaus oder auch im Freiland ist aber grundsätzlich möglich. Der Rohstoff für die Cannabisarzneimittel könnte deshalb unter gewissen Bedingungen auch in der Landwirtschaft oder dem produzierenden Gartenbau produziert werden. Es bestehen aber hohe Qualitätsanforderungen an den Anbau von Medizinalpflanzen sowie betäubungsmittelrechtliche Kontroll- und Sicherheitsanforderungen, welche sich auf die Produktionskosten im Freiland auswirken.

Die verschreibenden Ärztinnen und Ärzte, welche zulassungsbefreite Cannabisarzneimittel einsetzen, werden zukünftig verpflichtet, im Rahmen der Begleiterhebung Daten zur Behandlung mit Cannabisarzneimitteln zu erfassen. Diese Datenerfassungspflicht dient der Evaluation der Gesetzesänderung und ist deshalb auf die Einführungsphase der neuen Regelung beschränkt. Auf der anderen Seite fallen mit der Revision die Gesuche für eine Ausnahmebewilligung weg. Da der Umfang der zu erfassenden Daten geringer ist als bis anhin und die Daten online mittels eines vom BAG zur Verfügung gestellten Datenerhebungssystems übermittelt werden, sollte für die betroffenen Ärztinnen und Ärzte unter dem Strich gleichwohl bereits in den ersten Jahren nach der Gesetzesänderung eine administrative Entlastung resultieren.

6.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Von der vorgeschlagenen Gesetzesanpassung sind keine tiefgreifenden Auswirkungen auf die Gesellschaft zu erwarten. Cannabis wird auch zu medizinischen Zwecken weiterhin ein kontrolliertes Betäubungsmittel bleiben, dessen therapeutische Anwendung restriktiven Bedingungen unterliegt und genau dokumentiert werden muss.

Der medizinische Umgang mit diesem Betäubungsmittel wird jedoch ein Stück weit «normalisiert»: Durch die Aufhebung des gesetzlichen Verkehrsverbots wird die fachliche Entscheidung, ob ein Cannabisarzneimittel therapeutisch eingesetzt werden soll, im Rahmen der Arzt-Patient-Beziehung gefällt. Der Staat hält sich zukünftig aus dieser Erwägung heraus, sodass der Therapiebeginn nicht unnötig verzögert wird. Wie bei Morphin, Kokain und anderen zu medizinischen Zwecken verkehrsfähigen Betäubungsmitteln soll die Aufgabe der staatlichen Behörden auch im Falle von Cannabisarzneimitteln darin bestehen, die Sorgfaltspflicht zu kontrollieren und bei deren Verletzung einzuschreiten. Für die betroffenen Patientinnen und Patienten und deren Ärztinnen und Ärzte wird die therapeutische Anwendung von Cannabisarzneimitteln damit bedeutend erleichtert und eine Hürde für den Zugang zur Behandlung beseitigt.

Durch die wachsenden Erfahrungen in der klinischen Praxis sollte der Umgang mit Cannabis als Arzneimittel zunehmend normalisiert werden. Einige Erwartungen werden sich als überhöht herausstellen. Andere, noch wenig bekannte Anwendungs6106

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formen dürften hinzukommen. Um das volle medizinische Potenzial dieser Arzneimittel zu erschliessen, sind jedoch vermehrte Forschungsanstrengungen der pharmazeutischen Industrie notwendig, was schliesslich zu weiteren heilmittelrechtlichen Zulassungen von klinisch validierten Präparaten führen kann.

6.5

Andere Auswirkungen

Von Seiten der Nachbarländer und der UNO sind keine negativen Reaktionen auf die Gesetzesänderung zu erwarten (vgl. Ziff. 6.2).

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsgrundlagen für Änderungen des BetmG finden sich in den Artikeln 118 und 123 der Bundesverfassung50 (BV). Für die hier vorgeschlagenen Änderungen des BetmG ist Artikel 118 Absatz 2 BV (Schutz der Gesundheit) massgebend. Gestützt auf diese Bestimmung erlässt der Bund Vorschriften u. a. über den Umgang mit Betäubungsmitteln. Damit verfügt er über eine ausdrückliche umfassende Kompetenz im Bereich der Betäubungsmittel. Er kann somit Herstellung, Verarbeitung, Handel (einschliesslich Ein- und Ausfuhr, Aufbewahrung, Abgabe und Bezug) sowie Verwendung von Betäubungsmitteln regeln. Neben der grundsätzlichen Kompetenz des Bundes im Bereich der Betäubungsmittel und Suchtkrankheiten in Artikel 118 BV stützt sich das BetmG auf Artikel 123 BV. Nach Artikel 123 Absatz 1 BV ist der Bund zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafrechts befugt. Von dieser Kompetenz hat er mit Erlass der Artikel 19 ff. BetmG Gebrauch gemacht.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Einen Teil des Betäubungsmittelrechts der EU hat die Schweiz im Rahmen der Assoziierung an Schengen zu übernehmen. Der sogenannte Schengen-Besitzstand setzt dabei allerdings nur einige wenige Akzente zur Harmonisierung der nationalen Drogenpolitiken, da deren Ausgestaltung Sache der Mitgliedstaaten ist. Neben den bereits genannten UNO-Übereinkommen (namentlich das EHÜ) bestehen materiell nur sehr punktuelle Vorgaben. Die hier vorgeschlagenen Gesetzesänderungen stehen mit den in diesem Rahmen übernommenen Verpflichtungen im Einklang. Alle vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen sind mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

50

SR 101

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7.3

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Diese Vorlage enthält insbesondere wichtige Bestimmungen zum Umgang mit Betäubungsmitteln. Die technischen oder detaillierten Bestimmungen werden auf Stufe des Ausführungsrechts geregelt.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen geschaffen noch neue Verpflichtungskredite bzw. Zahlungsrahmen beschlossen.

7.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der vorliegende Entwurf enthält mit den Artikeln 18f Absatz 2 sowie 18g Absatz 3 und 4 BetmG Bestimmungen, mit welchen Gesetzgebungskompetenzen zur Festlegung der erforderlichen Personendaten sowie der Einzelheiten über deren Bearbeitung (insb. Aufbewahrungsfristen) übertragen werden. Artikel 30b Absatz 1 BetmG sieht vor, dass der Bundesrat die Geltungsdauer der nach bisherigem Recht erteilten Ausnahmebewilligungen des BAG festlegt. Damit erhält der Bundesrat die Möglichkeit, auf dem Verordnungsweg die konkreten Ausführungsbestimmungen zu erlassen, die für die Umsetzung der Gesetzesrevision erforderlich sind. Diese Delegationsnormen sind ausreichend konkret.

7.6

Datenschutz

Dem Datenschutz wird in der Vorlage Rechnung getragen. Dies gilt für den Artikel 18f, indem eine Grundlage für die Datenbearbeitung in Zusammenhang mit Bewilligungserteilungen nach den Artikeln 4, 5 und 8 BetmG geschaffen wird.

Zudem wird dem Datenschutz auch im Rahmen der Datenerhebung über die Behandlung mit zulassungsbefreiten Cannabisarzneimitteln (vgl. Art. 8b i. V. m. 18g BetmG) Rechnung getragen. Artikel 18g Absatz 2 BetmG sieht vor, dass zum Schutz der Patientinnen und Patienten ihre Daten im Rahmen des Artikels 8b BetmG pseudonymisiert erhoben werden, sodass eine Identifikation durch die Behörden nicht möglich ist. Der Bundesrat wird zudem in der BetmKV die Einzelheiten, wie die zu erfassenden Daten, sowie die technischen und organisatorischen Aspekte des Datenerhebungssystems regeln (vgl. Art. 18g Abs. 3 BetmG).

Es wurde bewusst darauf verzichtet, die allgemeinen Bearbeitungsgrundsätze des Datenschutzes zu wiederholen. Diese gelten aufgrund des Datenschutzgesetzes vom 19. Juni 199251 des Bundes und der Datenschutzgesetze der Kantone und müssen nicht erneut festgelegt werden.

51

SR 235.1

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