20.409 Parlamentarische Initiative Befristete Änderungen des Geschäftsreglementes des Nationalrates für die Beratungen ausserhalb des Parlamentsgebäudes Bericht des Büros des Nationalrates vom 23. April 2020

Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer befristeten Änderung des Geschäftsreglementes des Nationalrates (GRN).

Das Büro des Nationalrates beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

23. April 2020

Im Namen des Büros Die Präsidentin: Isabelle Moret

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Bericht 1

Ausgangslage

Die Räte können zurzeit nicht im Parlamentsgebäude tagen, da dort und in den Ratssälen die aufgrund der Coronavirus-Pandemie geltenden Verhaltens- und Hygieneregeln nicht eingehalten werden können. Die ausserordentliche Session vom 4. bis zum 8. Mai 2020 wird deshalb auf dem Messegelände der Bernexpo in Bern durchgeführt. Dies macht verschiedene Anpassungen im Geschäftsreglement des Nationalrates nötig. Die Abstimmungen können nicht mit der im Nationalratssaal installierten elektronischen Abstimmungsanlage durchgeführt werden. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass die Abläufe soweit möglich elektronisch organisiert werden können und auf das Verteilen von Unterlagen verzichtet werden kann.

Das Büro des Nationalrates hatte bereits am 19. März 2020 beschlossen, die nötigen Änderungen im Geschäftsreglement zu prüfen und zu veranlassen. Am 23. April 2020 hat das Büro des Nationalrates beschlossen, die vorliegende Kommissionsinitiative auszuarbeiten und seinem Rat diese befristeten Anpassungen des Geschäftsreglementes des Nationalrates (GRN; SR 171.13) zu unterbreiten. Auf das Einholen einer Stellungnahme des Bundesrates kann gemäss Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG; SR 171.10) verzichtet werden, da diese Änderungen den Bundesrat nicht unmittelbar betreffen.

Am 4. Mai 2020 wird dieses Geschäft zu Beginn der Sitzung des Nationalrates traktandiert und beraten, und es wird die Schlussabstimmung dazu durchgeführt. Die Änderungen treten sofort in Kraft und bleiben bis zur Rückkehr des Nationalrates ins Parlamentsgebäude gültig.

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Grundzüge der Vorlage

Mit diesen Änderungen werden folgende Regeln für den Nationalrat für die Zeit, in der dieser ausserhalb des Parlamentsgebäudes tagt, angepasst: ­

die Regeln für das Einreichen von Anträgen, Vorstössen und parlamentarischen Initiativen und für das Verteilen von Unterlagen;

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die Regeln für das Vorgehen bei Ausfall der elektronischen Abstimmungsanlage und für die Anzeige der Abstimmungsdaten.

Die Regeln zum Einreichen von Anträgen, Vorstössen und parlamentarischen Initiativen sowie zum Mitunterzeichnen werden für diese Zeit so geändert, dass statt dem schriftlichen Einreichen ein elektronisches Einreichen per E-Mail verlangt wird.

Damit können die Verhaltens- und Hygienemassnahmen gegen das Verbreiten des Coronavirus eingehalten werden. Gleichzeitig können die Ratsmitglieder, welche nicht an den Sitzungen ihres Rates teilnehmen können, zumindest Anträge, Vorstösse und parlamentarische Initiativen während der Session einreichen.

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Die angepassten Regeln für das Abstimmen erlauben es, bei Ausfall der Abstimmungsanlage das Abstimmen durch Aufstehen durchzuführen. Die gemäss geltendem Recht in diesem Fall vorgesehenen Abstimmungen unter Namensaufruf können so vermieden werden, denn eine solche dauert fast eine halbe Stunde.

3 Art. 24a

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln Ratsunterlagen

Die Ratsunterlagen werden in der Regel elektronisch zur Verfügung gestellt. Ausnahmsweise können umfangreiche Fahnen vor Sitzungsbeginn verteilt oder aufgelegt werden. Während der Sitzungen sollen ausser Wahlzetteln keine Unterlagen verteilt werden. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass die Verhaltens- und Hygienemassnahmen im Sitzungssaal des Nationalrates umgesetzt werden können.

Art. 25

Einreichung

Gemäss geltendem Recht kann ein Ratsmitglied oder eine Fraktion eine parlamentarische Initiative oder einen Vorstoss nur während der Ratssitzung schriftlich, d. h in Papierform, einreichen. Das geltende Recht verlangt somit die physische Anwesenheit der Ratsmitglieder. Das Büro schlägt vor, dass ein Ratsmitglied oder eine Fraktion eine parlamentarische Initiative oder einen Vorstoss nun während der Session elektronisch per E-Mail einreichen kann. Für das Einreichen wird keine Anwesenheit der Ratsmitglieder verlangt. Abwesende Ratsmitglieder können damit ­ unabhängig von den Gründen ihrer Abwesenheit ­ Vorstösse, parlamentarische Initiativen und Anträge einreichen (vgl. auch Art. 50 des Entwurfes). Einreichen während der Session bedeutet, dass vom Eröffnen bis zum Schliessen der Session durch die Präsidentin oder den Präsidenten parlamentarische Initiativen und Vorstösse eingereicht werden können, d. h. auch ausserhalb der Zeiten der Ratssitzungen. Nach dem offiziellen Ende der Session eingereichte Vorstösse oder parlamentarische Initiativen können nicht mehr berücksichtigt werden und sind damit in der darauffolgenden Session einzureichen. Der Eingang eines Vorstosses oder einer parlamentarischen Initiative wird jeweils per E-Mail bestätigt.

Das elektronische Einreichen mit den dafür vorgesehenen Formularen erfolgt via E-Mail-Adresse der Bundesversammlung mit der Endung parl.ch an das Zentrale Sekretariat (zs.kanzlei@parl.admin.ch). So kann sichergestellt werden, dass die Vorstösse, die parlamentarischen Initiativen und auch die Anträge gemäss Artikel 50 GRN nur von berechtigten Personen eingereicht werden können.

Art. 28a Behandlung von Motionen und Postulaten im Rat und Art. 28b Vorprüfung von parlamentarischen Initiativen im Rat sowie Ziffer II Eine Minderheit (Glättli, Andrey, Kälin) beantragt, das Reglement zu ergänzen und für die Beratungen von Motionen und Postulaten sowie für die Vorprüfung von parlamentarischen Initiativen, welche Covid-19-relevant sind, raschere Behandlungen zu gewährleisten, indem die Fristen gekürzt werden. Die Mehrheit des Büros will zum jetzigen Zeitpunkt keine Beschleunigung der Beratungen über Kürzungen 4307

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der Fristen vornehmen. Es ist der Ansicht, dass dieses Ansinnen einer sorgfältigen Prüfung bedarf und in einem Gesamtkontext erfolgen müsse.

Art. 29

Mitunterzeichnerinnen und Mitunterzeichner

Das elektronische Einreichen gilt im Übrigen auch für das Mitunterzeichnen von Vorstössen gemäss Artikel 29 GRN. Auch ein Mitunterzeichnen ist nur via E-MailAdresse der Bundesversammlung möglich. Ratsmitglieder, die eine parlamentarische Initiative oder einen Vorstoss mitunterzeichnen wollen, melden dies mit genauer Angabe der parlamentarischen Initiative oder des Vorstosses an das Zentrale Sekretariat bis spätestens am nächsten Sitzungstag nach der Einreichung. Vorstösse oder parlamentarische Initiativen, welche am letzten Sessionstag eingereicht werden, können nur bis zum Ende der Session mitunterzeichnet werden.

Art. 31 Abs. 2, 3 und 4bis

Fragestunde

Auch für eine allfällige Fragestunde werden die Regeln angepasst, damit diese Arbeiten vorübergehend ausschliesslich elektronisch erfolgen. Es sollen auch Fragen von Ratsmitgliedern beantwortet werden, die gemäss Artikel 57 Absatz 4 Buchstabe e als entschuldigt gelten und daher nicht an der Sitzung teilnehmen können.

Art. 40 Abs. 1 und 2

Absenzen

Die Generalsekretärin oder der Generalsekretär der Bundesversammlung führt an jedem Sessionstag eine Präsenzliste. Die Ratsmitglieder teilen der Generalsekretärin oder dem Generalsekretär möglichst vor der Sitzung per E-Mail (nrcn@parl.admin.ch) mit, wenn sie an der Teilnahme verhindert sind.

Art. 41 Abs. 2

Wortmeldung und Worterteilung

Für die Ratspräsidentin oder den Ratspräsidenten ist praktisch in allen Beratungskategorien vor der Beratung der Geschäfte klar, wer sprechen wird (wer für eine Kommission oder für eine Minderheit spricht, Antragstellende, Bundesrat usw.).

Einzig bei den Fraktionen ist nicht klar, wer die Fraktion vertreten wird. Die Ratspräsidentin oder der Ratspräsident ruft in diesem Fall die Fraktion auf, und das zuständige Fraktionsmitglied meldet sich. Auf die schriftliche Meldung bzw. eine Meldung per E-Mail kann verzichtet werden.

Art. 50 Abs. 1 und Abs. 2

Anträge

Die Anträge werden aus den einleitend dargelegten Gründen ebenfalls nur elektronisch entgegengenommen (nrcn@parl.admin.ch). Auch hier werden nur Anträge, die von der E-Mail-Adresse parl.ch aus eingereicht werden, als gültige Anträge eines Ratsmitgliedes entgegengenommen. Es werden auch keine Anträge im Saal verteilt.

Anträge können bis vor der Beratung des betreffenden Beratungsgegenstandes eingereicht werden. Bei umfangreichen und schwierigen Beratungen kann die Präsidentin oder der Präsident gemäss geltendem Recht eine Frist setzen. Damit die Ratsdebatte ausserhalb des Parlamentsgebäudes gut organisiert werden kann, erhält 4308

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die Präsidentin oder der Präsident das Recht, bei allen Beratungsgegenständen eine Frist für die Einreichung zu setzen.

Ordnungsanträge können während der Sitzung per E-Mail beim Ratssekretariat (nrcn@parl.admin.ch) eingereicht werden.

Der Eingang eines Antrags oder eines Ordnungsantrags wird jeweils per E-Mail bestätigt Art. 56 Abs. 4

Stimmabgabe

Die Stimmabgabe ist im Nationalratssaal nur vom Platz aus möglich. Für die Sitzungen in den Räumlichkeiten von Bernexpo wird ein anderes Abstimmungssystem verwendet, das nicht fix mit dem Pult verbunden ist. Aus diesem Grund wird ausdrücklich geregelt, dass die Stimmabgabe im Saal bzw. wenn immer möglich am eigenen Platz erfolgen muss. Davon ausgenommen sind z. B. Berichterstatterinnen und Berichterstatter.

Art. 57 Abs. 1

Veröffentlichung der Abstimmungsdaten

Eine Anzeigetafel, die wie im Nationalratssaal das Stimmverhalten und das Resultat der Abstimmung zeigt, ist in den Räumlichkeiten der Bernexpo nicht installiert.

Deshalb wird der zweite Satz von Artikel 57 Absatz 1 für diese Zeit gestrichen. Mit dem Abstimmungssystem im Nationalratssaal können die Namenslisten ziemlich schnell nach der Abstimmung publiziert werden. Auch mit dem in der Bernexpo installierten Abstimmungssystem können Namenslisten nachträglich erstellt werden.

Dies ist aber mit einem erheblichen Aufwand verbunden und kann bis zu einer Woche dauern.

Art. 58

Ausnahmen von der elektronischen Stimmabgabe

Gemäss geltendem Recht erfolgt die Stimmabgabe bei Ausfall der elektronischen Abstimmungsanlage durch Namensaufruf. Da ein Namensaufruf sehr aufwendig ist und viel Zeit in Anspruch nimmt (bis zu 30 Minuten) und es sich um ein Abstimmungssystem handelt, welches neu ist, schlägt das Büro vor, dass bei Ausfall der elektronischen Abstimmungsanlage die Stimmabgabe durch Aufstehen erfolgt. Die Resultate werden von den Stimmenzählenden und Ersatzstimmenzählenden ermittelt.

Damit ein Namensaufruf in Ausnahmefällen möglich ist, kann eine solche Abstimmung erfolgen, falls wenigstens 75 Ratsmitglieder dies verlangen. Mit der Zahl von 75 Ratsmitgliedern wird sichergestellt, dass nicht eine Fraktion alleine die Ratsdebatten mit dem Verlangen von Abstimmungen unter Namensaufruf verzögern kann.

Diese Anzahl entspricht der Anzahl Ratsmitglieder, die eine aktuelle Debatte gemäss Artikel 30a GRN verlangen können. Ein Ratsmitglied, das eine Abstimmung per Namensaufruf verlangt, meldet dies per Mail der Ratspräsidentin oder dem Ratspräsidenten (nrcn@parl.admin.ch). Die Ratspräsidentin oder der Ratspräsident bittet die Ratsmitglieder, welche das Anliegen unterstützen, aufzustehen. Unterstützen 75 Ratsmitglieder das Anliegen, findet die Abstimmung unter Namensaufruf statt.

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Art. 58a

Stimmabgabe durch Aufstehen

Absatz 1 vereinfacht das Verfahren, wenn das Ergebnis einer Abstimmung offensichtlich ist. In diesem Fall müssen die Stimmen nicht gezählt werden. Absatz 2 legt fest, bei welchen Abstimmungen die Stimmenzahlen und die Enthaltungen zu ermitteln sind.

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Rechtliche Aspekte

Gemäss Artikel 36 des Parlamentsgesetzes (ParlG; SR 171.10) erlässt jeder Rat ein Geschäftsreglement mit den Ausführungsbestimmungen über seine Organisation und sein Verfahren.

Da diese Revision die Regelungen für die Sitzungen ausserhalb des Parlamentsgebäudes umfasst, die aufgrund der Corona-Pandemie nötig sind, ist sie zu befristen und wird mit der Rückkehr in das Parlamentsgebäude bzw. mit der Rückkehr des Nationalrates in seinen angestammten Saal hinfällig.

Über den Entwurf einer Änderung dieses Reglementes findet eine zweite Beratung statt, sofern es sich nicht um eine geringfügige Änderung handelt (Art. 53 GRN). Da diese Revision befristet ist und gleich zu Beginn der ausserordentlichen Session in Kraft treten soll, wird auf eine zweite Lesung verzichtet; die Überprüfung durch die Redaktionskommission vor der Schlussabstimmung hat hingegen stattgefunden.

Gemäss Publikationsgesetz müssen Erlasse der Bundesversammlung fünf Tage vor ihrem Inkrafttreten oder dringlich in der Amtlichen Sammlung publiziert werden.

Zweck dieser Publikation ist die Information allfälliger betroffener Kreise, damit die Rechtswirkung sichergestellt werden kann. Da bei dieser Revision die Ratsmitglieder bereits informiert sind und die Revision keine Aussenwirkung hat, wird auf eine dringliche Publikation verzichtet. Mit der Zustimmung zum Inkrafttreten erklärt sich der Nationalrat bereit, diese Revision sofort anzuwenden.

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