20.051 Botschaft zum Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich vom 20. Mai 2020

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über elektronische Verfahren im Steuerbereich.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2018

M 17.3371

Streichung der Pflicht, die Steuererklärung zu unterzeichnen (S 19.09.17 Schmid Martin; N 06.03.18)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. Mai 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2020-0126

4705

Übersicht Im Steuerbereich sollen die rechtlichen Grundlagen für die Weiterentwicklung der Digitalisierung von Verfahren geschaffen werden.

Ausgangslage Die Digitalisierung ist auch im Steuerbereich in vollem Gange. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat sich zum Ziel gesetzt, dass alle Daten bei der ESTV online eingereicht werden und die ESTV online verlassen können. Dafür sind die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Zudem ist die Motion Schmid (17.3371) umzusetzen, die fordert, dass im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG), im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) und im Verrechnungssteuergesetz (VStG) bei elektronischer Einreichung der Steuererklärungen sowie des Antrags auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer das Erfordernis der Unterschrift aufgehoben wird.

Inhalt der Vorlage Der Bundesrat schlägt im Wesentlichen folgende Änderungen vor: ­

Eine vollständig elektronische Einreichung der Steuererklärung und weiterer Eingaben soll befördert werden.

­

In elektronischen Verfahren sollen die Authentizität und Integrität der übermittelten Daten sichergestellt werden.

­

Ist eine Unterzeichnung der Eingaben gesetzlich vorgesehen, so kann die zuständige Behörde bei elektronischer Einreichung von Eingaben anstelle der Unterzeichnung die Möglichkeit einer elektronischen Bestätigung der Angaben durch die steuerpflichtige oder antragstellende Person vorsehen.

­

Bei den Steuern, die von der ESTV erhoben werden, sowie beim internationalen Informationsaustausch in Steuersachen ist vorgesehen, dass der Bundesrat die elektronische Durchführung von Verfahren vorschreiben kann.

­

Im VStG wird bei der Meldung von Versicherungsleistungen an die ESTV die systematische Verwendung der AHV-Nummer vorgesehen.

­

Im StHG wird vorgesehen, dass die Kantone das kantonale Recht in der Regel innert zwei Jahren an neue Bestimmungen des StHG anpassen müssen.

Durch die vorgesehenen Neuerungen ergeben sich keine unmittelbaren finanziellen und personellen Auswirkungen auf den Bund. Die Auswirkungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung entstehen im Rahmen der einzelnen Informatikprojekte.

4706

BBl 2020

Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Ziel

Digitalisierung wird als Sammelbegriff für verschiedene Entwicklungen in Technologie und Arbeitsweise verwendet. Die Abgrenzung zwischen elektronischer Datenerfassung, Automatisierung und Digitalisierung ist nicht scharf. Die Begriffe werden unterschiedlich verwendet. Ohne eine abschliessende Definition geben zu wollen, versteht die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) unter Digitalisierung die Einführung durchgehender elektronischer Verfahren, die es ermöglichen, Geschäftsfälle durch das ganze Verfahren hindurch online zu bearbeiten, und die als Standardverfahren eingeführt sind oder werden können.

Die ESTV hat sich zum Ziel gesetzt, dass: ­

alle Daten bei der ESTV online eingereicht werden und die ESTV online verlassen können;

­

die ESTV-interne Bearbeitung der Steuerverfahren elektronisch möglich ist;

­

der Online-Kanal Standard ist, d. h. der in der Praxis normalerweise verwendete Kanal.

Das elektronische Verfahren soll medienbruchfrei sein. Medienbruchfrei heisst, dass das Verfahren vollständig elektronisch durchgeführt wird und insbesondere keine Dokumente mehr ausgedruckt und manuell unterschrieben werden müssen. Mit der Digitalisierung sollen die Qualität der Eingaben der steuerpflichtigen oder antragstellenden Personen und der Arbeit der ESTV verbessert werden, deren Mitarbeitende von repetitiven (Korrektur-)Arbeiten entlastet, die Kundenfreundlichkeit der ESTV gesteigert und ein moderner und zeitgemässer Auftritt der ESTV erreicht werden.

Betroffen von der Digitalisierung im Sinne dieser Vorlage sind die Verrechnungssteuer, die Stempelabgaben, die Mehrwertsteuer, der internationale Informationsaustausch im Steuerbereich (internationale Steueramtshilfe, internationaler automatischer Informationsaustausch in Steuersachen, internationaler automatischer Austausch länderbezogener Berichte multilateraler Konzerne), die Wehrpflichtersatzabgabe sowie die direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden (Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuern).

1.2

Bestehende elektronische Verfahren

Die ESTV bietet schon heute Online-Portale an und baut diese laufend aus.

So können bei der Mehrwertsteuer die Anmeldung als steuerpflichtige Person sowie die Deklaration der Steuer einschliesslich allfälliger nachträglicher Korrekturen elektronisch erfolgen. Online beantragt werden können zudem Fristverlängerungen 4707

BBl 2020

für die Einreichung der Mehrwertsteuer-Abrechnung, Unternehmerbescheinigungen sowie Eintragungsbescheinigungen. Die Steuervertreter, namentlich die Treuhänderinnen und Treuhänder, können auf einen Blick alle noch nicht eingereichten Abrechnungen ihrer Kundinnen und Kunden einsehen, die elektronisch abrechnen. Die Steuerpflichtigen mit einem Mehrwertsteuer-Guthaben können ihre Auszahladresse selbst online erfassen. Diese Möglichkeiten werden rege benutzt. So erfolgen die Mehrwertsteuer-Anmeldungen praktisch zu 100 Prozent online und rund 190 000 oder ca. 50 Prozent der Unternehmen reichen ihre Mehrwertsteuer-Abrechnungen über das Online-Portal ESTV-SuisseTax ein (Stand: 31. Dezember 2019).

Seit dem 1. Januar 2019 kann die Abgabe für Radio und Fernsehen für Unternehmen online abgewickelt werden.

Die Rückerstattung der Verrechnungssteuer kann ebenfalls online beantragt werden.

Im Jahr 2018 wurden 10,7 Prozent der inländischen Rückerstattungsanträge online eingereicht. Für Anträge von in Deutschland ansässigen Personen auf Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer steht seit dem 31. Januar 2020 eine Online-Applikation zur Verfügung. Diese Personen können die Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer auf Erträgen mit Fälligkeiten ab dem 1. Januar 2020 mittels dieser neuen Online-Applikation beantragen.

Im Bereich des automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen (AIA) erfolgen die Registrierung als meldendes Finanzinstitut sowie die Übermittlung von AIA-Meldungen ausschliesslich elektronisch. So haben sich alle ca. 7500 meldenden Finanzinstitute im Portal der ESTV elektronisch registriert. Die Datenübermittlung einschliesslich allfälliger Korrekturen erfolgt sowohl zwischen den Finanzinstituten und der ESTV als auch zwischen der ESTV und den Partnerstaaten ausschliesslich elektronisch. Im Jahr 2019 versandte die ESTV Informationen über rund 3,1 Millionen Finanzkonten an die Partnerstaaten und erhielt von ihnen Informationen über rund 2,4 Millionen Finanzkonten.

Im Bereich des automatischen Austauschs länderbezogener Berichte (Country-byCountry-Reporting) wird zurzeit eine ähnliche Applikation entwickelt, welche die rein elektronische Abwicklung von der Registrierung bis zur Datenübermittlung an die Partnerstaaten ermöglicht.

Im Rahmen des spontanen Informationsaustauschs
(SIA) werden die auszutauschenden Ruling-Meldungen von den Steuerpflichtigen, den kantonalen Steuerverwaltungen und dem Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen der ESTV (SEI) ausschliesslich elektronisch erfasst und bearbeitet. Die Ruling-Meldungen können zwischen diesen drei Benutzergruppen beliebig versendet und wenn nötig angepasst werden. Bis Ende Dezember 2019 wurden auf der SIA-Plattform 1999 RulingMeldungen erfasst.

In den Kantonen ist die elektronische Einreichung der Steuererklärung mehrheitlich möglich. Die Identifikation der steuerpflichtigen Person wird auf unterschiedliche Weise sichergestellt, z. B. mittels eindeutigem Identifikationscode, mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, mit Passwort und Freigabeprotokoll oder mit Authentifizierung über das kantonale E-Government-Portal.

4708

BBl 2020

1.3

Handlungsbedarf

1.3.1

Von der ESTV erhobene Steuern und internationaler Informationsaustausch in Steuersachen

Folgende Gesetze verweisen für das Verfahren auf das Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 19681 (VwVG): das Verrechnungssteuergesetz vom 13. Oktober 19652 (VStG), das Bundesgesetz vom 27. Juni 19733 über die Stempelabgaben (StG), das Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 20094 (MWSTG), das Steueramtshilfegesetz vom 28. September 20125 (StAhiG), das Bundesgesetz vom 18. Dezember 20156 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG) und das Bundesgesetz vom 16. Juni 20177 über den internationalen automatischen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne (ALBAG).

Das VwVG enthält vier Bestimmungen über den elektronischen Rechtsverkehr: Artikel 21a (elektronische Einreichung mit qualifizierter elektronischer Signatur), Artikel 11b Absatz 2 (Zustellungsdomizil), Artikel 26 Absatz 1bis (elektronische Übermittlung von Akten zur Einsicht) und Artikel 34 Absatz 1 bis (elektronische Eröffnung von Verfügungen mit Zustimmung der betroffenen Person). Diese Bestimmungen führen dazu, dass diese Art des Rechtsverkehrs in seinen Wirkungen dem herkömmlichen schriftlichen Verkehr gleichgestellt wird.

Nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung vom 18. Juni 20108 über die elektronische Übermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens (VeÜ-VwV) ist eine qualifizierte elektronische Signatur nach Artikel 21a Absatz 2 VwVG nicht erforderlich, wenn die Identifizierung der Absenderin oder des Absenders und die Integrität der Übermittlung in anderer geeigneter Weise sichergestellt sind. Ausgenommen bleiben die Fälle, in denen das Bundesrecht vorschreibt, dass ein bestimmtes Dokument unterschrieben werden muss.

Es besteht jedoch keine gesetzliche Grundlage, um die steuerpflichtigen Personen zu verpflichten, ausschliesslich elektronisch mit den Bundesbehörden zu verkehren.

Sollen dereinst einzelne oder alle Vorgänge vollständig digital abgewickelt werden, so braucht es die rechtliche Möglichkeit, die steuerpflichtigen Personen zur elektronischen Vorgehensweise zu verpflichten.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat in der Botschaft vom 29. Januar 20209 zur Legislaturplanung 2019­2023 sich in Umsetzung

1 2 3 4 5 6 7 8 9

SR 172.021 SR 642.21 SR 641.10 SR 641.20 SR 651.1 SR 653.1 SR 654.1 SR 172.021.2 BBl 2020 1777, hier 1883 und 1889

4709

BBl 2020

einschlägiger bundesrätlicher Strategien10 zum Ziel gesetzt hat, eine Botschaft zu einem Bundesgesetz über die elektronische Kommunikation in der Justiz (E-JusticeGesetz, BEK) auszuarbeiten. Mit diesem Gesetz sollen die rechtlichen Grundlagen für die Einführung eines Obligatoriums zur Nutzung von E-Justice im Bereich der Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichte sowie der Strafverfolgungsbehörden geschaffen werden. Gewisse Anpassungen des VwVG werden sich auf das gesamte Verfahren auswirken.

1.3.2

Direkte Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden, Verrechnungssteuer für natürliche Personen und Wehrpflichtersatzabgabe

Die direkte Bundessteuer wird unter Aufsicht des Bundes von den Kantonen veranlagt und bezogen (Art. 2 DBG). Die kantonalen Steuerbehörden sind auch zuständig für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer bei natürlichen Personen (Art. 30 Abs. 1 VStG).

Nach Artikel 124 Absatz 2 DBG muss die Steuererklärung persönlich unterzeichnet werden. Das VStG sieht in Artikel 29 die schriftliche Beantragung der Rückerstattung der Verrechnungssteuer vor. Gemäss Kommentar zum VStG beinhaltet das Erfordernis der Schriftlichkeit eines Antrags auch die Unterschrift des Antragstellers oder seines Bevollmächtigen.11 Die Steuererklärung zur direkten Bundessteuer und zur kantonalen Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuer kann heute in den Kantonen mehrheitlich elektronisch erstellt und einschliesslich der Beilagen elektronisch eingereicht werden. In allen Kantonen erfolgt der Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer bei natürlichen Personen zusammen mit der Steuererklärung (als Teil des Wertschriftenverzeichnisses). In der Regel wird die Zustellung einer unterzeichneten Freigabequittung verlangt, damit die Steuererklärung als eingereicht gilt. In einigen Kantonen erfolgt die Identifikation mittels persönlichen Zugangscodes oder der SuisseID12.

Das Erfordernis der Unterzeichnung der Steuererklärung bei der direkten Bundessteuer sowie des Antrags auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer steht somit einer vollelektronischen Einreichung der Steuererklärung entgegen, ausser es wird die elektronische Signatur verwendet. Diese hat sich aber nicht durchgesetzt. Das elektronische Verfahren soll künftig medienbruchfrei durchgeführt werden können.

10

11 12

Vgl. «Strategie Digitale Schweiz», Medienmitteilung des Bundesrates vom 20. April 2016; «Neue Leitlinien für die digitale Schweiz», Medienmitteilung des Bundesrates vom 5. September 2018; «E-Government-Strategie Schweiz 2020­2023», Medienmitteilung des Bundesrates vom 20. November 2019; die Medienmitteilungen sind einsehbar unter www.admin.ch > Medienmitteilungen > Medienmitteilungen des Bundesrats.

Bernhard Zwahlen in: Zweifel/Beusch/Bauer-Balmelli (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, 2. Aufl., Basel 2012, Art. 29 N 3.

Die SuisseID ist der erste standardisierte elektronische Identitätsnachweis der Schweiz, mit dem eine rechtsgültige elektronische Signatur möglich ist. Als Nachfolgeprodukt wurde 2017 die SwissID lanciert.

4710

BBl 2020

Die Wehrpflichtersatzabgabe wird von den Kantonen erhoben. In das Bundesgesetz vom 12. Juni 195913 über die Wehrpflichtersatzabgabe (WPEG) sind die gleichen Bestimmungen aufzunehmen wie in Artikel 104a E-DBG.

Zudem sollen die nachfolgenden zwei Neuerungen (Ziff. 1.3.3. und 1.3.4) aufgenommen werden. Diese haben keinen direkten Zusammenhang mit elektronischen Verfahren. Da aber ein eigenständiges Gesetzgebungsprojekt für die Neuerungen unverhältnismässig wäre, werden sie in diese Vorlage eingefügt.

1.3.3

Meldung von Versicherungsleistungen durch Vorsorge- und Versicherungseinrichtungen

Die Versicherungen melden der ESTV die Ausrichtung von Kapitalleistungen und Renten der beruflichen Vorsorge zwecks Sicherstellung der Besteuerung dieser Leistungen (Art. 19 VStG). Die ESTV leitet die Meldungen an die kantonalen Steuerbehörden weiter. Die Zuteilung der Meldungen der ESTV an den zuständigen Kanton und die Zuweisung der Informationen zum richtigen Steuerdossier im Kanton sind mangels Aktualität der Informationen und mangels eindeutiger Identifikation nicht immer möglich. Es besteht somit Handlungsbedarf bei der Zuweisung dieser Informationen.

1.3.4

Durchführungsbestimmungen im StHG

Die bisherigen Bestimmungen der Artikel 72 ff. StHG regeln, bis wann die Kantone ihre Gesetzgebung an eine Änderung im StHG anpassen müssen. Nach Ablauf dieser Frist gelangen die Änderungen im StHG direkt zur Anwendung, wenn ihnen das kantonale Recht widerspricht. Diese Bestimmungen wurden bisher uneinheitlich und nach unterschiedlichen Ansätzen formuliert: Entweder wurde die materielle Anpassung im StHG zuerst in Kraft gesetzt (vor DBG) und den Kantonen wurden in der Regel zwei Jahre zur Anpassung der kantonalen Gesetzgebung an die Neuerung im StHG eingeräumt oder die Kantone wurden verpflichtet, ihre Gesetzgebung auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der materiellen StHG-Änderung anzupassen.

Neu soll daher Artikel 72 StHG für alle Anpassungen der kantonalen Gesetzgebung vereinheitlicht und damit vereinfacht werden.

1.3.5

Elektronische Identität

Gegen das Bundesgesetz vom 27. September 201914 über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz) ist ein Referendum zustande gekommen. Das E-ID sieht in Artikel 22 Buchstabe b vor, dass jede elektronische Identität, für die das geforderte Sicherheitsniveau ausgestellt wurde, von den Behörden oder anderen Stellen, die 13 14

SR 661 BBl 2019 6567

4711

BBl 2020

öffentliche Aufgaben erfüllen, zu akzeptieren ist, sofern sie beim Vollzug von Bundesrecht eine elektronische Identifizierung vornehmen. Diese Bestimmung würde somit auch die Steuerbehörden betreffen. Die elektronischen Verfahren beim Bund und bei den Kantonen müssten folglich so ausgestaltet sein, dass sich die steuerpflichtige Person mit der E-ID ausweisen könnte.

1.4

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Der Anlass zu diesem Projekt war die Überweisung der Motion Schmid (17.3371).

Diese fordert, dass die Steuererklärung und der Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer bei elektronischen Verfahren nicht mehr unterzeichnet werden müssen. Der Bundesrat hat sich entschieden, zusätzlich zur Umsetzung der Motion Schmid Regelungen zu elektronischen Verfahren auch bei den von der ESTV erhobenen Steuern vorzuschlagen.

1.5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 29. Januar 202015 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 nicht angekündigt. Mit dieser Vorlage soll unter anderem die Motion Schmid (17.3371) umgesetzt werden. Zu den Strategien des Bundesrates für die «digitale Schweiz» siehe Ziffer 1.3.1.

1.6

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Am 6. März 2018 überwiesen die eidgenössischen Räte die am 31. Mai 2017 eingereichte Motion Schmid «Streichung der Pflicht, die Steuererklärung zu unterzeichnen» (17.3371). Die Motion fordert, dass die Steuererklärung und der Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer nicht mehr unterschrieben werden müssen.

Gemäss Begründung der Motion soll die elektronische Einreichung der Steuererklärung medienbruchfrei vorgenommen werden können. Zur Umsetzung dieser Motion sind Anpassungen im DBG, im StHG und im VStG notwendig. Mit dieser Vorlage wird die Motion umgesetzt und ihr Auftrag erfüllt.

15

BBl 2020 1777

4712

BBl 2020

2

Vernehmlassungsverfahren

2.1

Vernehmlassungsvorlage

Vom 21. Juni bis zum 14. Oktober 2019 fand eine vom Bundesrat eröffnete Vernehmlassung zum Vorentwurf eines Bundesgesetzes über elektronische Verfahren im Steuerbereich statt. Der Vorentwurf sah folgende Änderungen vor: ­

Für die Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuern und den Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer von natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz sowie für die Wehrpflichtersatzabgabe sollen die Kantone bei elektronischer Einreichung der Eingaben auf das Erfordernis der persönlichen Unterschrift verzichten können. Die Vollständigkeit und die Richtigkeit der elektronisch gemachten Angaben müssen in diesem Fall elektronisch bestätigt werden.

­

Bei den in der Zuständigkeit des Bundes liegenden Steuern und dem internationalen Informationsaustausch in Steuersachen sollen die betroffenen Personen darüber hinaus zur elektronischen Vorgehensweise verpflichtet werden können. Der Bundesrat soll dabei die Modalitäten der elektronischen Verfahren vorschreiben können.

­

Vorsorge- und Versicherungseinrichtungen werden verpflichtet, bei der Meldung von Versicherungsleistungen die AHV-Nummer zu verwenden.

­

Zudem sollen die Durchführungsbestimmungen im StHG vereinheitlicht und damit vereinfacht werden.

2.2

Ergebnisse der Vernehmlassung16

Die Vernehmlassungsteilnehmenden (25 Kantone, 7 Parteien, 17 Organisationen) stimmen der Vorlage grundsätzlich zu. Die wichtigsten Änderungsanträge betreffen: DBG/StHG ­

Drei Organisationen fordern, dass die Identifizierung der Mitwirkenden und die Datenintegrität nach Bundesrecht und nicht nach kantonalem Recht zu gewährleisten seien.

StHG

16

­

Die Kantone und die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) fordern, dass die Frist zur Anpassung der kantonalen Gesetze an Neuerungen im StHG zu regeln sei (in der Regel zwei Jahre).

­

17 Kantone, die FDK und die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) befürworten die Aufhebung der Bestimmung über einheitliche Formulare (Art. 71 Abs. 3 StHG). Vier Organisationen fordern demgegenüber deren Beibehaltung und eine Ergänzung betreffend elektronische Formulare.

Der Ergebnisbericht ist abrufbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > abgeschlossene Vernehmlassungen > 2019 > EFD.

4713

BBl 2020

MWSTG, VStG, StG, AIAG ­

Drei Parteien und sechs Organisationen lehnen es ab, dass der Bundesrat die elektronische Durchführung von Verfahren vorschreiben kann.

­

Sechs Organisationen fordern, die vom VwVG abweichende Regelung der Fristwahrung und des Zeitpunkts der Eröffnung von Verfügungen sei auf Gesetzesstufe zu regeln.

2.3

Würdigung des Vernehmlassungsergebnisses

Die Vernehmlassungsvorlage sieht vor, die Regelung der Modalitäten von elektronischen Verfahren bei der direkten Bundessteuer den Kantonen zu überlassen. Dies rechtfertigt sich aus Sicht des Bundesrates dadurch, dass die direkte Bundessteuer sowie die kantonale Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuer im gleichen Verfahrensgang erhoben werden. Anliegen, wonach bei elektronischen Verfahren die Identifizierung der Mitwirkenden und die Datenintegrität nach Bundesrecht statt kantonalem Recht gewährleistet werden soll oder dass einheitliche elektronische Formate eingeführt werden, sind daher abzulehnen. Es soll an der bisherigen Vollzugskompetenz der Kantone festgehalten werden.

Strittig ist die Regelung, wonach dem Bundesrat die Kompetenz erteilt wird, bei den von der ESTV erhobenen Steuern das elektronische Verfahren vorzuschreiben. Der Bundesrat hält an diesem Vorhaben fest. Zur Begründung siehe Ziffer 4.5.

Das Anliegen der 25 teilnehmenden Kantone und der FDK zur Regelung der Anpassungsfrist im StHG soll berücksichtigt werden. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen der bisherigen Praxis und soll nun im Gesetz explizit festgehalten werden.

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Die beantragte Neuregelung

Der Bundesrat schlägt folgende Änderungen vor: DBG ­

Eine vollständig elektronische Einreichung der Steuererklärung und weiterer Eingaben soll befördert werden.

­

Sehen die Kantone als Veranlagungsbehörde der direkten Bundessteuer die Möglichkeit elektronischer Verfahren vor, so sind die Authentizität und die Integrität der übermittelten Daten nach kantonalem Recht sicherzustellen (Art. 104a Abs. 1).

­

Ist im DBG die Unterzeichnung der Eingabe vorgeschrieben, so kann die kantonale Behörde bei der elektronischen Einreichung von Eingaben anstelle der Unterzeichnung die elektronische Bestätigung der Angaben durch die steuerpflichtige Person vorsehen (Art. 104a Abs. 2).

4714

BBl 2020

­

Im Hinblick auf die angestrebte Digitalisierung wird im DBG auch die rechtliche Grundlage für die elektronische Übermittlung von Dokumenten im umgekehrten Sinn geschaffen. Die Kantone sollen beispielsweise die Veranlagungsverfügung betreffend die direkte Bundessteuer elektronisch übermitteln können, sofern die steuerpflichtige Person dem zustimmt (Art. 104a Abs. 3).

­

Artikel 124 DBG wird an die Möglichkeit der elektronischen Einreichung der Steuererklärung angepasst.

WPEG Da die Kantone die Wehrpflichtersatzabgabe erheben, werden die gleichen Bestimmungen aufgenommen wie in Artikel 104a E-DBG.

StHG ­

Im StHG werden bezüglich der elektronischen Verfahren sinngemäss dieselben Änderungen wie im DBG vorgenommen (Art. 38a).

­

Die Bestimmung über die Verwendung einheitlicher Formulare für die Steuerklärungen wird aufgehoben (Art. 71 Abs. 3).

­

Die Durchführungsbestimmung für Anpassungen der kantonalen Gesetze wird vereinfacht (Art. 72). Neu soll eine allgemein gültige Schlussbestimmung vorgesehen werden.

StG (Art. 41a), MWSTG (Art. 65a), VStG (Art. 34a), StAhiG (Art. 4a), AIAG (Art. 28a), ALBAG (Art. 22a) ­

Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die steuerpflichtigen Personen zu verpflichten, elektronisch mit der ESTV zu verkehren. Dabei soll er auch die Modalitäten der Durchführung vorschreiben können (z. B. die Nutzung einer von der ESTV bereitgestellten Plattform).

­

Bei der elektronischen Durchführung von Verfahren hat die ESTV die Authentizität und Integrität der übermittelten Daten sicherzustellen.

­

Die ESTV kann bei der elektronischen Einreichung von Eingaben, deren Unterzeichnung gesetzlich vorgeschrieben ist, anstelle der qualifizierten elektronischen Signatur eine andere elektronische Bestätigung der Angaben anerkennen.

VStG ­

Sehen die Kantone im Bereich der Rückerstattung der Verrechnungssteuer für natürliche Personen die elektronische Übermittlung von Eingaben vor, so werden bezüglich des elektronischen Verfahrens sinngemäss dieselben Bestimmungen aufgenommen wie im DBG (Art. 35a E-VStG).

­

Die gesetzliche Grundlage zur systematischen Verwendung der AHVNummer durch Behörden wird geschaffen (Art. 36a Abs. 2 dritter Satz). Zudem werden Vorsorge- und Versicherungseinrichtungen verpflichtet, bei der Meldung von Versicherungsleistungen an inländische natürliche Personen 4715

BBl 2020

deren AHV-Nummer zu verwenden (Art. 38 Abs. 4). Mit der Pflicht, die AHV-Nummer zu melden, wird die Zuweisung der Informationen an den richtigen Kanton und zum richtigen Steuerdossier ermöglicht.

­

Die Empfänger und Empfängerinnen der Versicherungsleistungen werden ihrerseits verpflichtet, den Versicherern ihre AHV-Nummer bekanntzugeben. Unterbleibt die Bekanntgabe, so ist die Vorsorge- oder Versicherungseinrichtung berechtigt, die Leistung bis zum Erhalt der AHV-Nummer aufzuschieben (Art. 38 Abs. 5), ohne dass vertragliche oder gesetzliche Verzugsfolgen eintreten.

3.2

Umsetzungsfragen

Mit den Neuerungen werden die gesetzlichen Grundlagen für elektronische Verfahren im Steuerbereich je nachdem geschaffen oder angepasst.

Die Änderungen in Bezug auf das DBG, das StHG und die Rückerstattung der Verrechnungssteuer für natürliche Personen betreffen die Kantone. Im Wesentlichen geht es darum, die medienbruchfreie Durchführung bei einem elektronischen Verfahren zu ermöglichen. Bietet ein Kanton elektronische Verfahren bei den Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuern an, so gelten die entsprechenden Vorgaben zur Vorgehensweise und zur Authentizität und Integrität der übermittelten Daten auch für die direkte Bundessteuer. Es dürften sich daher für die Kantone aufgrund dieser Vorlage keine zusätzlichen Aufwendungen ergeben. Analoges gilt für die von den Kantonen zu erhebende Wehrpflichtersatzabgabe.

Die Änderungen in Bezug auf die von der ESTV zu erhebenden Steuern sowie beim internationalen Informationsaustausch betreffen die ESTV. Vorgesehen ist, dass der Bundesrat in einer Verordnung die elektronische Durchführung von Verfahren und deren Modalitäten regeln kann.

4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

4.1

Bundesgesetz über die Stempelabgaben (StG)

Ersatz eines Ausdrucks und Art. 31 Die Abkürzung «ESTV» für die Eidgenössische Steuerverwaltung wird in Artikel 31 eingeführt und in der Folge systematisch verwendet.

Art. 41a

Elektronische Verfahren

Es wird auf die Erläuterungen zu Artikel 34a E-VStG verwiesen (siehe Ziff. 4.5).

4716

BBl 2020

4.2

Mehrwertsteuergesetz (MWSTG)

Art. 61 Abs. 2 Bst. b, Art. 81 Abs. 1 und Art. 85 Am französischen Text der genannten Bestimmungen werden rein redaktionelle Änderungen vorgenommen.

Art. 65 Sachüberschrift Da der neue Artikel 65a (s. unten) in das 1. Kapitel (Allgemeine Verfahrensbestimmungen) eingefügt wird, erhält der bestehende Artikel 65 neu die Sachüberschrift «Grundsätze».

Art. 65a

Elektronische Verfahren

Der Ausdruck «antragstellende Person» in Absatz 3 bezeichnet die Person, die der ESTV das Gesuch um Rückerstattung der Mehrwertsteuer unterbreitet (vgl. Art. 146 und 155 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 200917).

Personen, die der Mehrwertsteuer nicht unterstellt sind (die nicht mehrwertsteuerpflichtig sind) oder im Mehrwertsteuerregister noch nicht eingetragen sind, können von der ESTV Auskünfte verlangen, ohne dass die ESTV diese Personen authentifizieren muss oder spezielle Vorschriften über die Datenintegrität greifen würden.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu Artikel 34a E-VStG verwiesen (siehe Ziff. 4.5).

4.3

Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG)

Vorbemerkungen Verhältnis zwischen Bund und Kantonen Die direkte Bundessteuer wird unter Aufsicht des Bundes von den Kantonen veranlagt und bezogen (Art. 128 Abs. 4 der Bundesverfassung18, BV; Art. 2 DBG).

Die Artikel 102­173 DBG regeln das Verfahrensrecht für die direkte Bundessteuer.

Fehlt eine Regelung im DBG, so gelten die kantonalen Verfahrensbestimmungen sinngemäss. Das VwVG findet grundsätzlich keine Anwendung, weil die Erhebung der direkten Bundessteuer auf dem Prinzip des Vollzugsföderalismus beruht (Art. 128 Abs. 4 erster Satz BV, Art. 2 DBG). Das VwVG gilt nur für Verwaltungsverfahren, die durch Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden in erster Instanz oder auf Beschwerde hin zu erledigen sind (Art. 1 Abs. 1 VwVG). Nur wenn das kantonale Recht keine Regelung enthält, ist allenfalls das VwVG heranzuziehen.19 Es stellt sich die Frage, ob der Bund den Kantonen zur Schaffung einer «einheitlichen elektronischen Verwaltungslandschaft» generelle technische und organisatori17 18 19

SR 641.201 SR 101 Reich, Steuerrecht, 2. Auflage, S. 531 ff.

4717

BBl 2020

sche Vorgaben machen soll. Da bei der direkten Bundessteuer die Vollzugskompetenz bei den Kantonen liegt und die verfahrensrechtlichen Vorgaben des DBG diesbezüglich nichts enthalten, sind die Kantone zuständig.20 Die direkte Bundessteuer wird im gleichen Verfahrensgang wie die kantonalen Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuern deklariert und veranlagt. Es ist daher sinnvoll, es den Kantonen zu überlassen, sich für eine technische Umsetzung zu entscheiden und das elektronische Verfahren im Detail auszugestalten.

Verfahren Die Erhebung der Einkommens-, Vermögens-, Gewinn- und Kapitalsteuer ist durch das Zusammenwirken von steuerpflichtiger Person und Steuerbehörden geprägt. Die Steuerbehörden haben den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären, die steuerpflichtigen Personen sind zur Mitwirkung verpflichtet.

Die Steuererklärungspflicht umfasst das vollständige und wahrheitsgemässe Ausfüllen des amtlichen Steuererklärungsformulars mit allen Bestandteilen (Hilfsblätter, Fragebogen). Das Formular ist persönlich zu unterzeichnen und fristgemäss bei der zuständigen Steuerbehörde einzureichen (Art. 124­126 DBG).

Fehlt die persönliche Unterzeichnung der Steuererklärung, so ist die Mitwirkungspflicht formell nicht erfüllt. Die steuerpflichtige Person ist aufzufordern, das Versäumte innert angemessener Frist nachzuholen. Bei der Pflicht zur persönlichen Unterzeichnung handelt es sich um eine Ordnungsvorschrift. Die Steuererklärung ist nicht allein aufgrund der mangelnden Unterschrift unwirksam. Auch gestützt auf eine nicht unterschriebene Steuererklärung kann ein wirksamer Steuerentscheid ergehen. Die Veranlagungsbehörde ist aber berechtigt, auf der Abgabe einer korrekt unterzeichneten Steuererklärung zu bestehen und bei Nichtbefolgen dieser Pflicht nach Mahnung eine Busse auszusprechen. Die steuerpflichtige Person ist dann nach pflichtgemässem Ermessen zu veranlagen. Mit der Unterschrift auf der Steuererklärung übernimmt die steuerpflichtige Person die Verantwortung für die Wahrheit und Vollständigkeit der Angaben. Sie hat für die Steuerwiderhandlungen einzustehen, die ihr zugerechnet werden können. Namentlich kann sie sich nicht befreien, indem sie geltend macht, sie sei von einer Hilfsperson unterstützt oder falsch beraten worden. Eine steuerpflichtige Person, die sich vertreten lässt, soll
nicht bessergestellt werden als jemand, der die Steuererklärung selbst ausfüllt.21 Begriff «Authentizität» Die Authentifizierung stellt den Nachweis dar, dass eine Person tatsächlich diejenige Person ist, die sie vorgibt zu sein. Eine Person legt also Nachweise vor, die ihre Identität bestätigen sollen. Je nach der eingesetzten Authentifizierungsmethode kann die Person ihre Identität unter anderem auf folgenden Wegen belegen:

20 21

­

Sie hat geheime Informationen, die nur ihr bekannt sind (z. B. Passwort).

­

Sie besitzt einen Identifizierungsgegenstand (z. B. Identitätskarte).

Locher, Kommentar DBG, N 22 zu Art. 102.

Martin Zweifel/Silvia Hunziker in: Zweifel/Beusch, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 3. Aufl., Basel 2017, Art. 124 N 18 ff.

4718

BBl 2020

­

Sie ist selbst das Identifizierungsobjekt (z. B. biometrische Merkmale wie Fingerabdruck).

Nach erfolgter Authentifizierung weiss die Behörde also, dass die authentifizierte Person einer bestimmten natürlichen Person entspricht. Nachdem die Person authentifiziert ist, muss weiter sichergestellt sein, dass die übermittelten Daten auch von dieser Person stammen (Authentizität der Daten).

Der Begriff Authentizität geht also weiter als der Begriff der Identifizierung, der in der Vernehmlassungsvorlage verwendet wurde. Um die Authentizität einer Eingabe zu gewährleisten, muss insbesondere der Absender oder die Absenderin authentifiziert werden, und es muss die Verbindung zwischen dieser Person und der Eingabe belegbar hergestellt werden. Für die vorliegenden Zwecke ist der Begriff «Authentizität» zutreffender, weil er sich auf das angestrebte Ergebnis und nicht nur auf einen von mehreren Schritten der einzusetzenden Methode bezieht. Der Gesetzesentwurf sieht daher vor, dass die Authentizität der Daten sichergestellt werden muss. Er stellt hierbei keine spezifischen Anforderungen an die Authentifizierung. Insbesondere schreibt er nicht vor, auf welchem Weg die Authentifizierung erfolgen muss oder ob es nur eines Faktors (z. B. Passwort) oder mehrerer Faktoren (z. B. Passwort plus Smartcard oder SMS etc.) bedarf.

Art. 104a

Elektronische Verfahren

Abs. 1 Die Einreichung der Steuererklärung mit ihren Beilagen (z. B. Lohnausweis, Belege für geltend gemachte Abzüge, Jahresrechnung) und dem Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer soll nach wie vor auf herkömmlichem Weg (amtliches Formular in Papierform, von Hand ausgefüllt und unterzeichnet) möglich sein. Auch Mischformen wie die Online-Einreichung mit Freigabequittung auf Papier sollen weiterhin möglich sein. Die gesetzlichen Bestimmungen werden jedoch angepasst für den Fall, dass die Kantone die Möglichkeit zur Durchführung dieser Vorgänge auf rein elektronischem Weg vorsehen. Die steuerpflichtigen Personen werden dabei wie bisher die Wahl zwischen der Papierform und der elektronischen Form haben.

Der Begriff «Eingaben» wird als Oberbegriff verwendet. Er umfasst alle möglichen Dokumente, insbesondere die Steuererklärung samt den Beilagen, Fristverlängerungsgesuche, Einsprachen, Erlassgesuche etc. Justizverfahren sind hingegen von den vorliegenden Neuerungen nicht betroffen. Die Vorschriften zur Einreichung von Beschwerden sind in den jeweiligen Prozessrechten geregelt (siehe z. B. Art. 42 Abs. 4 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200522).

Bei elektronischer Einreichung der Steuererklärung ändert sich an der Qualifikation der Steuererklärung als Wissens- und Willenserklärung nichts. Die Authentizität (Authentifizierung der steuerpflichtigen Person als Urheberin respektive als Absenderin der Steuererklärung) und Integrität der übermittelten Daten muss gewährleistet sein. Der Gesetzesentwurf stellt hierbei keine spezifischen Anforderungen an die Authentifizierung. Insbesondere wird nicht vorgeschrieben, auf welchem Weg die 22

SR 173.110

4719

BBl 2020

Authentifizierung zu erfolgen hat, ob es nur eines Faktors (z. B. Passwort) oder mehrerer Faktoren (z. B. Passwort plus Smartcard oder SMS etc.) bedarf. Mit «Datenintegrität» ist unter anderem der Nachweis gemeint, dass die Daten (die Steuererklärung und sonstigen Eingaben) vom Absender bis zum Empfänger nicht verändert wurden. Zuständig für diese Gewährleistung sind die Kantone. Sie entscheiden, ob und in welcher Ausgestaltung elektronische Verfahren für die kantonalen Einkommens- und Gewinnsteuern zur Anwendung gelangen. Diese Lösung gilt dann auch für die direkte Bundessteuer.

Sind die Authentizität und die Integrität der Daten gewährleistet, so ist die elektronische Einreichung der Steuererklärung der Einreichung auf herkömmliche Weise in Papierform gleichgestellt.

Abs. 2 Werden die Verfahren elektronisch durchgeführt (Abs. 1), so stellt das Erfordernis der persönlichen Unterzeichnung einer Eingabe, z. B. der Steuererklärung, ein Hindernis für eine medienbruchfreie Vorgehensweise dar. Absatz 2 hält in Konkretisierung von Absatz 1 fest, dass die Kantone bei der elektronischen Einreichung von Eingaben nach Absatz 1 auf eine vom DBG oder seinen Ausführungsbestimmungen geforderte Unterzeichnung verzichten können. In diesem Fall ist anstelle der persönlichen Unterzeichnung die elektronische Bestätigung der Angaben durch die steuerpflichtige Person vorzusehen. Dies gilt auch dann, wenn die Steuererklärung von einem Vertreter wie zum Beispiel einem Treuhänder ausgefüllt wird. Wie dieses Erfordernis technisch umgesetzt wird, liegt in der Kompetenz der Kantone. Das elektronische Verfahren soll aber keine höheren Anforderungen stellen als das geltende Recht. Es steht den Kantonen frei, auch bei elektronischer Übermittlung eine Unterschrift zu verlangen (z. B. auf der Freigabequittung).

Bei Verdacht auf (versuchte) Steuerhinterziehung hat die Behörde in einem Strafverfahren das Fehlverhalten nachzuweisen. Heute besteht die Pflicht der steuerpflichtigen Person, die Steuererklärung persönlich zu unterzeichnen (Art. 124 Abs. 2 DBG).

Dies gilt auch, wenn sie die Steuererklärung durch einen Vertreter ausfüllen lässt.

Indem die steuerpflichtige Person ihre Steuererklärung unterzeichnet, übernimmt sie die Verantwortung für die Richtigkeit der gemachten Angaben. 23 Bei elektronischen Eingaben ersetzt die
elektronische Bestätigung der Angaben durch die steuerpflichtige Person die Unterzeichnung. Damit soll dem Risiko begegnet werden, dass in einem späteren Strafverfahren das schuldhafte Verhalten der steuerpflichtigen Person nicht nachgewiesen werden kann.

Abs. 3 In Zukunft wird sich die elektronische Bearbeitung auf weitere Vorgänge erstrecken wie namentlich die Zustellung von Verfügungen und anderer Dokumente durch die kantonalen Behörden. Die steuerpflichtigen Personen können jedoch nicht dazu verpflichtet werden, amtliche Zustellungen elektronisch entgegenzunehmen. Es sollen aber die rechtlichen Grundlagen bereitgestellt werden, damit dies mit Zustimmung der steuerpflichtigen Personen möglich ist.

23

Vgl. BGE 2C_908/2011 E. 3.5

4720

BBl 2020

Art. 124 Abs. 1 und 2 Im Hinblick auf die Möglichkeit der elektronischen Einreichung der Steuererklärung wird in Absatz 1 eingefügt, dass die Aufforderung zur Einreichung der Steuererklärung neben der öffentlichen Bekanntgabe oder der Zustellung des Formulars auch durch persönliche Mitteilung (in Papierform oder in elektronischer Form) geschehen kann. In der Regel wird mit der persönlichen Mitteilung auch der Zugangscode für die elektronische Einreichung mitgeteilt.

In Absatz 2 wird eine neutrale Formulierung verwendet und der Begriff des «Formulars» gestrichen, sodass nur noch die Steuererklärung erwähnt wird. Damit wird berücksichtigt, dass bei elektronischen Verfahren kein Papierformular mehr verwendet werden muss. Bei Einreichung der Steuererklärung in Papierform ist aber weiterhin das von der zuständigen Steuerbehörde nach Absatz 1 zugestellte Formular zu verwenden.

In der geltenden französischen und italienischen Fassung wird ­ im Gegensatz zur deutschen Fassung ­ der Begriff «Formular» auch in Absatz 3 verwendet. Im französischen und italienischen Gesetzesentwurf wird daher auch Absatz 3 angepasst, indem der Begriff «Formular» gestrichen wird.

4.4 Art. 38a

Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) Elektronische Verfahren

Hier kann auf die Erläuterungen zu Artikel 104a E-DBG verwiesen werden. Entscheidet sich ein Kanton, ein elektronisches Verfahren verpflichtend einzuführen, so sind die verfassungsmässigen Rahmenbedingungen einzuhalten (vgl. Ziff. 6).

Art. 71 Abs. 3 Die Verwendung einheitlicher Formulare für die Steuererklärung und die dazugehörigen Beilagen in der ganzen Schweiz konnte nie vollständig umgesetzt werden. Die kantonalen Steuergesetze enthalten ­ durchaus StHG-konforme ­ Eigenheiten, die eine 100-prozentige Einheitlichkeit der Formulare verhindern. Mit der Einführung von elektronischen Verfahren werden Papierformulare zunehmend obsolet. Moderne Systeme (Portale) bilden nicht einfach bestehende Papierformulare ab, sondern sehen strukturierte Eingaben anhand eines Fragenkatalogs vor. Aus diesen Gründen ist diese Bestimmung im heutigen Umfeld nicht mehr notwendig und kann aufgehoben werden.

Art. 72 Abs. 1 und 2 Den Kantonen wird weiterhin vorgeschrieben, ihre Gesetzgebung an das StHG anzupassen. Neu wird generell bestimmt, dass Änderungen im StHG von den Kantonen jeweils auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens angepasst werden müssen.

Dadurch sollen die Durchführungsbestimmungen im StHG vereinfacht werden. Die heute bei jeder Änderung separat erlassene Übergangsbestimmung entfällt.

4721

BBl 2020

Der Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Änderung wird in der Regel vom Bundesrat festgelegt. Entgegen der Vernehmlassungsvorlage wird ­ gemäss Antrag der 25 teilnehmenden Kantone ­ im Gesetz explizit festgehalten, dass der Bund den Kantonen in der Regel eine Frist von mindestens zwei Jahren für die Umsetzung ins kantonale Recht einräumt. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Frist nie genau zwei Jahre betragen wird. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass Gesetzesänderungen im Bereich der direkten Steuern jeweils per 1. Januar in Kraft treten, um eine Übereinstimmung mit der Veranlagungsperiode, die bei natürlichen Personen dem Kalenderjahr entspricht, zu erreichen. Wird beispielsweise eine StHG-Änderung im März 2021 beschlossen, so tritt sie frühestens im Januar 2024 (2 Jahre und 9 Monate nach dem Beschluss) in Kraft.

Absatz 2 wird redaktionell angepasst.

Absatz 3, der vorsieht, dass die Kantonsregierungen die erforderlichen vorläufigen Vorschriften erlassen, bleibt unverändert bestehen.

Art. 72a­72s, 72u­72w, 72y und 72z Die Übergangsbestimmungen zu früheren Revisionen des StHG können ­ mit Ausnahme der nachstehend aufgeführten Bestimmungen ­ aufgehoben werden. Sie werden durch Artikel 72 Absätze 1 und 2 ersetzt.

Die Artikel 72t und 72x verweisen auf Beträge nach dem DBG, die massgebend sind, falls das kantonale Recht nicht fristgerecht angepasst wird. Diese Bestimmungen können daher noch nicht aufgehoben werden.

4.5 Art. 34a

Verrechnungssteuergesetz (VStG) Elektronische Verfahren

Abs. 1 Um die Digitalisierung voranzutreiben, soll der Bundesrat zur Durchführung des Verrechnungssteuergesetzes elektronische Verfahren vorschreiben und deren Modalitäten festlegen können.

Sachlich geht es insbesondere um die Erhebung, die Meldung und die Rückerstattung der Verrechnungssteuer. Die betroffenen Personen ­ dabei handelt es sich in erster Linie um Unternehmen ­ können somit verpflichtet werden, in allen Bereichen der Verrechnungssteuer oder in Teilbereichen davon in elektronischer Form mit der ESTV zu verkehren, beispielsweise mittels eines von der ESTV bereitgestellten Portals. Bereits bestehende Möglichkeiten zur elektronischen Erledigung von Steuerpflichten werden schon heute rege genutzt. Die Digitalisierung stellt für die Behörden wie auch für die Steuerpflichtigen eine Chance für eine effizientere und einfachere Handhabung von Prozessen und Geschäftsvorgängen dar. Diese Chance gilt es zu nutzen. Seitens der Behörden ist unter anderem darauf zu achten, dass die Einführung mit Rücksicht auf die Interessen der Nutzer geschieht. Es ist z. B. denkbar, die Einführung schrittweise oder mit einer Übergangszeit vorzunehmen. Allenfalls könnten vorübergehend auch Ausnahmen festgelegt werden, z. B.

4722

BBl 2020

wenn die Verpflichtung, ausschliesslich elektronisch zu handeln, noch nicht zugemutet werden kann.

Absatz 1 umfasst nicht nur die Eingaben der steuerpflichtigen oder antragstellenden Personen an die ESTV, sondern kann auch umgekehrt die elektronische Übermittlung von Verfügungen und anderen Dokumenten der ESTV an die steuerpflichtige oder antragstellende Person umfassen.

Abs. 2 Absatz 2 verlangt bei elektronischer Durchführung von Verfahren die Sicherstellung der Authentizität und Integrität der übermittelten Daten durch die ESTV (siehe dazu Ziff. 4.3). Diese Bestimmung gilt auch bei freiwilliger Inanspruchnahme von elektronischen Verfahren. Falls das E-ID-Gesetz in Kraft tritt, wird die Verwendung der elektronischen Identität durch eine steuerpflichtige Person von der ESTV gemäss Artikel 22 Buchstabe b des E-ID-Gesetzes zu akzeptieren sein.

Abs. 3 Im VStG und in der Verrechnungssteuerverordnung vom 19. Dezember 196624 (VStV) werden die Begriffe «unterschreiben», «unterzeichnen» und «schriftlich» verwendet. Beispielsweise ist die Rückerstattung der Verrechnungssteuer bei der zuständigen Behörde schriftlich zu beantragen (Art. 29 Abs. 1 VStG), auch die Einsprache ist schriftlich einzureichen (Art. 42 Abs. 2 VStG). Mit dem Begriff «schriftlich» ist dabei neben dem Erklärungsinhalt in Schriftzeichen in der Regel auch eine handschriftliche Unterzeichnung gemeint.

Schreiben das VStG oder die VStV die Unterzeichnung einer Eingabe vor, so kann die ESTV bei der elektronischen Einreichung von Eingaben anstelle der qualifizierten elektronischen Signatur eine andere elektronische Bestätigung der Angaben durch die steuerpflichtige oder antragstellende Person anerkennen.

Bei elektronischer Übermittlung von Verfügungen und anderen Dokumenten der ESTV an die steuerpflichtige oder antragstellende Person gelten die Regelungen des VwVG, insbesondere Artikel 34 Absatz 1bis VwVG.

Bei internationalen Verfahren zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer haben die ausländischen Behörden die Ansässigkeit der gesuchstellenden Person mittels eines Stempels zu bestätigen. Dieser Stempel stellt keine Unterschrift im vorliegenden Sinn dar. Die diesbezüglichen Regelungen werden von der vorliegenden Bestimmung nicht berührt.

Art. 35a

Elektronische Verfahren im Kanton

Absatz 1: Für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer an natürliche Personen sind die Kantone zuständig. Sieht der Kanton die Möglichkeit elektronischer Verfahren vor, so hat er die Authentizität und Integrität der übermittelten Daten nach kantonalem Recht sicherzustellen.

Absatz 2: Wird im VStG oder in der VStV eine Unterzeichnung durch die antragstellende Person verlangt, so kann der Kanton bei elektronischer Einreichung von 24

SR 642.211

4723

BBl 2020

Eingaben anstelle der Unterzeichnung eine elektronische Bestätigung der Angaben durch die antragstellende Person vorsehen.

Absatz 3: Analog zur Regelung im DBG kann der Kanton mit dem Einverständnis der antragstellenden Person die elektronische Zustellung von Dokumenten vorsehen.

Es kann auf die Bemerkungen zu Artikel 104a Absatz 3 E-DBG verwiesen werden.

Art. 36a Abs. 2 dritter Satz Artikel 36a Absatz 2 dritter Satz wird ergänzt mit der Berechtigung der in Artikel 36 Absatz 1 genannten Behörden zur systematischen Verwendung der AHV-Nummer nach Artikel 50c des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 194625 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG). Hier ist auf den im Parlament hängigen Entwurf einer Änderung des AHVG zu verweisen, die das gleiche Ziel verfolgt26 und die vorliegende Bestimmung überflüssig machen würde. Tritt diese Änderung des AHVG vor oder gleichzeitig mit diesem Gesetz in Kraft, so fällt Artikel 36a Absatz 2 dritter Satz dahin.

Art. 38 Abs. 4 und 5 Abs. 4 Bei Meldungen nach Artikel 19 hat der Versicherer der ESTV die AHV-Nummer (Art. 50c AHVG) der inländischen natürlichen Person anzugeben, die die Leistung empfängt. Banken, die Produkte der Säulen 3a und 3b anbieten, gelten als versicherungsähnliche Einrichtungen und sind demnach von dieser Bestimmung ebenfalls betroffen. Durch diese Verpflichtung zur Angabe der AHV-Nummer in der Meldung nach Artikel 19 werden die Anbieter von Produkten der Säulen 3a und 3b gleichzeitig berechtigt, die AHV-Nummer systematisch zu verwenden. Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule sind bereits nach Artikel 48 Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 198227 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) zur systematischen Verwendung der AHV-Nummer befugt. Die Meldung der AHV-Nummer erlaubt es der ESTV, die Meldung dem zuständigen Kanton zuzuordnen und an diesen weiterzuleiten. Mit der Meldung der AHV-Nummer kann der zuständige Kanton die Meldung dem richtigen Steuerdossier zuordnen. Die Versicherer, die infolge der Gesetzesänderung zur systematischen Verwendung der AHVNummer berechtigt sein werden, erhalten damit zugleich auch die Pflicht, sichernde Massnahmen gemäss Artikel 50g AHVG zu treffen.

Abs. 5 Damit der Versicherer seiner Verpflichtung zur Meldung der AHV-Nummer nachkommen kann, ist die leistungsberechtigte
inländische natürliche Person verpflichtet, ihre AHV-Nummer dem Versicherer bekanntzugeben. Unterbleibt die Bekanntgabe, so kann der Versicherer seiner Meldepflicht an die ESTV nicht (vollständig) nachkommen. Um dies zu verhindern, sollen die Verzugsfolgen aus Gesetz oder Vertrag 25 26 27

SR 831.10 BBl 2019 7397 SR 831.40

4724

BBl 2020

bei der meldepflichtigen Person bis zum Erhalt der AHV-Nummer aufgeschoben werden. Der Versicherer wäre somit berechtigt, die aus Vertrag geschuldete Leistung bis zum Erhalt der AHV-Nummer aufzuschieben. Er käme in diesem Fall weder in Meldeverzug bei der ESTV noch in Schuldnerverzug gegenüber dem Vertragspartner oder anspruchsberechtigten Dritten. Wird die Leistung allerdings trotz fehlender AHV-Nummer erbracht, so ist sie nach Artikel 19 Absatz 3 VStG der ESTV zu melden.

4.6 Art. 4a

Steueramtshilfegesetz (StAhiG) Elektronische Verfahren

Im Bereich der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist ein elektronisches Verfahren insbesondere bei der Beschaffung von Informationen sinnvoll und effizient. Das StAhiG sieht bereits heute in Artikel 22a Absatz 5 vor, dass beim spontanen Informationsaustausch das Eidgenössische Finanzdepartement von den kantonalen Steuerverwaltungen verlangen kann, dass gewisse Formulare ausschliesslich in elektronischer Form eingereicht werden. Der Bundesrat soll jedoch eine weitergehende Kompetenz für die Umsetzung des Gesetzes erhalten. Er soll generell die Modalitäten der elektronischen Übermittlung vorschreiben können, z. B. die Nutzung einer von der ESTV bereitgestellten Plattform. Artikel 22a Absatz 5 gilt weiterhin.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu Artikel 34a E-VStG verwiesen (siehe Ziff. 4.5).

4.7

Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG)

Art. 19 Abs. 2 zweiter Satz Zum einen wird ein redaktionelles Versehen bereinigt. Zum andern wird die Abkürzung «VwVG» für das Verwaltungsverfahrensgesetz eingeführt.

Art. 28a

Elektronische Verfahren

Im AIAG ist bereits heute vorgesehen, dass die meldenden schweizerischen Finanzinstitute die Informationen elektronisch an die ESTV übermitteln (Art. 15 Abs. 1).

Zudem kann die ESTV verlangen, dass gewisse Formulare ausschliesslich in elektronischer Form eingereicht werden (Art. 22 Abs. 3). Der Bundesrat soll jedoch eine weitergehende Kompetenz für die Umsetzung des Gesetzes erhalten. Er soll generell die Modalitäten der elektronischen Übermittlung vorschreiben können, z. B. die Nutzung einer von der ESTV bereitgestellten Plattform. Die Artikel 15 Absatz 1 und 22 Absatz 3 gelten weiterhin.

4725

BBl 2020

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu Artikel 34a E-VStG verwiesen (siehe Ziff. 4.5).

Art. 29

Anwendbares Verfahrensrecht

Es geht um die Verwendung der in Artikel 19 eingeführten Abkürzung «VwVG».

4.8

Art. 22a

Bundesgesetz über den internationalen automatischen Austausch länderbezogener Berichte multinationaler Konzerne (ALBAG) Elektronische Verfahren

Im ALBAG ist bereits heute vorgesehen, dass die ESTV die Verwendung bestimmter Formulare vorschreiben und verlangen kann, dass gewisse Formulare ausschliesslich in elektronischer Form eingereicht werden (Art. 16 Abs. 3 ALBAG).

Der Bundesrat soll jedoch eine weitergehende Kompetenz für die Umsetzung des Gesetzes erhalten. Er soll generell die Modalitäten der elektronischen Übermittlung vorschreiben können, z. B. die Nutzung einer von der ESTV bereitgestellten Plattform. Artikel 16 Absatz 3 gilt weiterhin.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu Artikel 34a E-VStG verwiesen (siehe Ziff. 4.5).

4.9 Art. 30a

Bundesgesetz über die Wehrpflichtersatzabgabe (WPEG) Elektronische Verfahren

Es wird auf die Erläuterungen zu Artikel 104a E-DBG verwiesen (siehe Ziff. 4.3).

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund

Durch die vorgesehenen Neuerungen ergeben sich keine unmittelbaren finanziellen und personellen Auswirkungen auf den Bund. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung entstehen im Rahmen der einzelnen Informatikprojekte und werden dort ausgewiesen.

Eine Erhöhung des Anteils des elektronischen Verkehrs zwischen der ESTV und steuerpflichtigen Personen wird die Abwicklung der Geschäftsgänge der betreffenden Steuern vereinfachen. Dies wird günstige Bedingungen für die Automatisierung bestimmter Prozesse schaffen.

Von der laufend zunehmenden Digitalisierung und der höheren Automatisierung von Geschäftsabläufen ist mittelfristig ein Effizienzgewinn zu erwarten.

4726

BBl 2020

5.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Den Kantonen entstehen durch die vorgesehenen Neuerungen keine zusätzlichen Aufwendungen. Sieht ein Kanton elektronische Verfahren vor, insbesondere zur Einreichung der Steuererklärung, so hat er die notwendigen technischen und organisatorischen Vorkehren zur Authentifizierung der steuerpflichtigen Person und zur Sicherstellung der Datenintegrität bereits für die kantonale Einkommens- und Gewinnsteuer zu tätigen. Diese Anforderungen gelten dann auch für die direkte Bundessteuer. Die Kantone werden über mehr Flexibilität bei der Verbesserung und Vereinfachung der Prozesse verfügen.

5.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Durch die Neuerung werden die rechtlichen Voraussetzungen für eine weitergehende Digitalisierung im Steuerbereich geschaffen. Dadurch wird ein dem aktuellen Stand der Technik entsprechendes Arbeiten ermöglicht. Dies hat positive, wenn auch nicht eindeutig messbare volkswirtschaftliche Auswirkungen. Generell kann dank der Ausdehnung der Digitalisierung mit einem Rückgang der Verwaltungskosten und damit einer Effizienzsteigerung bei den betroffenen Steuern gerechnet werden.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 128 BV, der dem Bund die Kompetenz zur Erhebung einer direkten Steuer erteilt, sowie auf die Artikel 130 und 132 BV, die dem Bund die Kompetenz zur Erhebung der Mehrwertsteuer sowie der Verrechnungsund der Stempelsteuer geben. Die internationalen Amtshilfe- und Rechtshilfegesetze stützen sich auf Artikel 173 Absatz 2 BV, das Gesetz über die Wehrpflichtersatzabgabe auf die Artikel 40 Absatz 2 und 59 Absatz 3 BV. Die Regelungskompetenz des Bundes in diesen Sachbereichen gibt auch die Kompetenz, Verfahrensregelungen zu erlassen. Im Bereich der Steuerharmonisierung räumt Artikel 129 BV dem Bund die Kompetenz ein, das Verfahrensrecht zu harmonisieren.

Mit den Neuerungen im VStG, StG, MWSTG, StAhiG, AIAG und ALBAG wird die Möglichkeit geschaffen, die steuer- oder meldepflichtigen Personen und Institute zu verpflichten, mit der ESTV elektronisch zu verkehren. Voraussetzung ist, dass die Pflicht zur ausschliesslich elektronischen Abwicklung von Verfahren die in Artikel 29 BV verankerten Verfahrensgarantien beachtet und verhältnismässig ist (Art. 5 BV). Der in der Verfassung verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) gibt den steuerpflichtigen Personen das Recht, sich vor Erlass eines in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheides zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden, an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern. Den Mitwirkungspflichten und 4727

BBl 2020

-rechten entspricht die Pflicht der Behörde, die Argumente und Verfahrensanträge einer Partei entgegenzunehmen und zu prüfen.

Die Einführung der Pflicht zur elektronischen Abwicklung der Verfahren im Steuerbereich darf nicht dazu führen, dass die aus dem rechtlichen Gehör fliessenden Mitwirkungsrechte in irgendeiner Form beeinträchtigt werden. Es ist deshalb insbesondere im Rahmen der Verhältnismässigkeit (Art. 5 BV) zu prüfen, ob die Einführung der Pflicht zur elektronischen Abwicklung der Verfahren im Steuerbereich für die steuerpflichtigen Personen auch tatsächlich zumutbar ist. Zumutbarkeit kann angenommen werden, wenn das elektronische Vorgehen für die steuerpflichtigen Personen üblich bzw. Teil des alltäglichen Handelns geworden ist. Der elektronische Geschäftsverkehr muss zum «Normalfall» geworden sein, und es dürfen den steuerpflichtigen Personen dadurch kein übermässiger Aufwand oder sonstige erhebliche Nachteile entstehen. Über den Zeitpunkt der Einführung der Pflicht, Eingaben nur noch elektronisch einzureichen, entscheidet der Bundesrat (vgl. Ziff. 6.3). Massgebend bei der Beurteilung durch den Bundesrat, ob generell das elektronische Verfahren eingeführt wird, sind u. a. die Kompetenz bei der Nutzung von elektronischen Geräten, die Akzeptanz des elektronischen Geschäftsverkehrs sowie das Vertrauen in die Gewährleistung der Datensicherheit durch den Staat. Dabei kann die Situation von juristischen Personen, Selbstständigerwerbenden und anderen Privatpersonen durchaus unterschiedlich beurteilt werden.

6.2

Erlassform

Mit der Vorlage werden verschiedene Bundesgesetze geändert. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Materie zulässig, soweit die einzelnen Teile der Vorlage in einem sachlichen Zusammenhang stehen.28 Der sachliche Zusammenhang ist insbesondere anzunehmen, wenn mit den einzelnen Teilen der Vorlage dasselbe Ziel verfolgt wird. Vorliegend ist dies zu bejahen, denn mit der Änderung dieser Erlasse soll sowohl für die Bürgerinnen und Bürger wie auch für die Verwaltung ein zeitgemässes Verfahren ermöglicht werden, indem die rechtlichen Grundlagen für elektronische Verfahren im Steuerbereich geschaffen werden.

Die Anpassung der Übergangsbestimmungen im StHG und die Regelungen im Zusammenhang mit der Meldung von Versicherungsleistungen durch Vorsorge- und Versicherungseinrichtungen haben keinen unmittelbaren Zusammenhang mit den anderen Gesetzesänderungen. Sie sind jedoch von untergeordneter Bedeutung und würden daher keine eigenständigen Gesetzesprojekte rechtfertigen.

6.3

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Digitalisierung entwickelt sich rasch und scheint unverzichtbar. Dennoch stösst sie aus verschiedenen Gründen ­ grundsätzlicher oder praktischer Natur ­ auch auf Ablehnung und Skepsis. In dieser Vorlage ein ausschliesslich elektronisches Vorge28

Vgl. dazu z. B. BGE 137 I 200, E. 2.2 m.w.H.

4728

BBl 2020

hen vorzuschreiben, erscheint daher unverhältnismässig. Die Vorlage sieht deshalb vor, dass der Bundesrat nach Evaluation der Situation auf dem Verordnungsweg bestimmen kann, welche steuerpflichtigen oder antragstellenden Personen ab einem bestimmten Zeitpunkt in einzelnen Bereichen oder umfassend mit der ESTV elektronisch zu verkehren haben. Dabei wird der Bundesrat auch die Modalitäten des elektronischen Verfahrens bestimmen. Er kann somit z. B. die Nutzung einer von der ESTV bereitgestellten Plattform vorsehen. Voraussetzung ist, dass seitens der ESTV die technischen und organisatorischen Instrumente vorhanden sind.

6.4

Datenschutz

Die Bundesorgane sind verpflichtet, die Datenbearbeitung technisch und organisatorisch so auszugestalten, dass die Datenschutzvorschriften eingehalten werden. Die technischen und organisatorischen Massnahmen müssen insbesondere dem Stand der Technik, der Art und dem Umfang der Datenbearbeitung sowie den Risiken, welche die Datenbearbeitung für die Grundrechte der betroffenen Personen mit sich bringt, angemessen sein. Die Bundesorgane sind verpflichtet, mittels geeigneter Voreinstellungen sicherzustellen, dass die Bearbeitung der Personendaten auf das für den Verwendungszweck nötige Mindestmass beschränkt ist (Art. 5 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199229 über den Datenschutz).

Die heutigen digitalen Lösungen der ESTV erfüllen diese Vorgaben. Diese Datenschutzbestimmungen gelten auch, wenn der Bundesrat zukünftig die elektronische Durchführung von Verfahren vorschreibt (z. B. die Nutzung einer von der ESTV bereitgestellten Plattform).

29

SR 235.1

4729

BBl 2020

4730