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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Übertragung und Abänderung der Konzession für die Eisenbahn von Zermatt auf den Gornergrat und auf das Matterhorn, sowie Fristverlängerung für die Linie von Zermatt auf den Gornergrat.

(Vom 18. Juni 1894.)

Tit.

Mit Eingabe vom 12. Februar d. J. stellten Herr Aug. H a a g , Architekt, und Frau Witwe L. H e e r - B é t r i x , namens der Erbschaft Heer-Bétrix, beide in Biel, das Gesuch um 1. Ü b e r t r a g u n g des dem Herrn X. I m f e i d , Ingenieur in Hottingen, zustehenden Anteils an der Konzession einer Eisenbahn von Z e r m a t t auf den G o r n e r g r a t und auf das M a t t e r h o r n , vom 20. Juni 1892 (E. A. S. XII, 49 ff.), an Herrn Aug. H a a g vorgenannt; 2. V e r l ä n g e r u n g der in Art. 5 dieser Konzession festgesetzten F r i s t e n zur Einreichung der vorschriftsgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten um 12 Monate, d. h. für die Bahn auf den Gornergrat bis 20. Juni 1895 und für die Bahn auf das Matterhorn bis 20. Juni 1896; 3. Annahme eines Z u s a t z a r t i k e l s 22a zu dem Bundesbeschluß vom 20. Juni 1892, folgenden Inhalts :

1043 ,,Die zufolge Bandesbeschluß vom 20. Juni 1892 erteilte Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Zermatt auf den Gornergrat ist von der im nämlichen Bundesbeschluß erteilten Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Zermatt auf das Matterhorn insofern unabhängig, als die Ausführung des einen Projektes ohne Verpflichtung für die Ausführung des andern erfolgen kann."

Zur Begründung dieser Eingabe fuhren die Potenten an, daß die Erteilung der Konzession in einen Zeitpunkt allgemeiner finanzieller Depression gefallen sei, wobei sich namentlich eine starke Abneigung des Kapitals gegen Bergbahnen geltend gemacht habe.

Hierzu sei der Umstand gekommen, daß aus der Konzession nicht deutlich genug ersichtlich sei, ob die Ausführung der Gornergratbahn auch diejenige der Matterhornbahn bedinge oder ob diese beiden als zwei von einander unabhängige Unternehmungen zu betrachten seien. Die Verquickung der beiden Projekte habe ebenfalls wesentlich dazu beigetragen, die beabsichtigte Finanzierung der Gornergratbahn zu erschweren.

Bndlich sei die Krankheit des Herrn Imfeid, welche von dessen Montblanc-Aufenthalt herrühre, mit ein Grund gewesen, warum die technischen Vorlagen für die Gornergratbahn nicht hätten fertig erstellt werden können. Herr Imfeid, dessen völlige Genesung auch heute nicht außer Frage stehe, habe die Unmöglichkeit eingesehen, diese Vorarbeiten selbst besorgen zu können, und deshalb unterm 30. Januar d. J. seine sämtlichen Rechte und Pflichten aus dieser Konzession Herrn Haag abgetreten, welcher bereits im letzten Jahr in Gemeinschaft mit Herrn Ingenieur Greulich in Luzern die technischen Vorstudien für die Gornergratbahn besorgt habe. Die Sache sei nun so weit gediehen, daß das Projekt für die Gornergratbahn der Finanzwelt vorgelegt werden könne, immerhin sei die Frist bis zum 20. Juni zur vollständigen Ausarbeitung der not-, wendigen Vorlagen zu knapp bemessen.

Alle diese Gründe hätten die Potenten zu dem vorstehend erwähnten Antrage auf Übertragung und Abänderung der Konzession nebst Fristverlängerung geführt.

Dem Gesuch liegt die Erklärung des Herrn Imfeid vom 30. Januar 1894 betreffend Abtretung seines Konzessionsanteils an Herrn Haag in Original bei.

Wir übermittelten das Gesuch zur Vernehmlassung der Regierung des Kantons Wallis, welche zunächst mit Schreiben vom 6. März d. J. den Wunsch aussprach, es möchte ihr die nötige Zeit eingeräumt werden, um die Interessentenkreise einvernehmen

1044 und die Frage prüfen zu könnet), welche Folgen diese Bahnen für die Bevölkerung des Thaies von Visp, deren Interessen bereits durch die Bahn Visp-Zermatt geschädigt worden seien, haben werde. Es erscheine dies um so mehr gerechtfertigt, als die angestrebte Modifikation den offensichtlichen Zweck habe, zunächst die Gornergratbahn zu erstellen und den Bau der Matterhornbahn vielleicht auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

Wir gaben diesem Verschiebungsantrag Folge unter Mitteilung an die Potenten. Letztere brachten hierauf mit Schreiben vom 1. d. Mts. die Angelegenheit neuerdings in Erinnerung, von der Ansicht ausgehend, es sei die inzwischen abgelaufene Frist von cirka drei Monaten zur Durchführung der von der Regierung von Wallis in Aussicht genommenen Erhebungen als genügend zu betrachten, und mit dem Wunsche, es möchte ihr Gesuch den Räten in dieser Session zur Entscheidung unterbreitet werden. Gleichzeitig treten sie auf die Begründung des Verschiebungsantrages der Regierung von Wallis ein, indem sie bemerken, daß die Interessen der Bevölkerung des Visperthales seit der Konzessionserteilung die gleichen geblieben seien und seiner Zeit dem von maßgebenden, der kantonalen Regierung nahestehenden Persönlichkeiten eingereichten Konzessionsgesuch diese Einwendungen nicht entgegengehalten worden seien, und daß im weitern die Konzessionsübertragung eine Formalität: sei, welche eine Opposition in keiner Weise rechtfertige. Im fernem bezweifeln die Petenlen, ob nach dem Wortlaut der Konzession die Erstellung der Gornergratbahn diejenige der Matterhornbahn bedinge. Jedenfalls solle die verlangte Abänderung bezügliche Einwände beseitigen.

Beide Projekte vereinigt seien zur Zeit wohl kaum ausführbar und Gründe des öffentlichen Wohls für eine derartige Korrelation vermöchten sie nicht zu finden. Endlich dürfe mit Recht auf die großen Opfer hingewiesen werden, welche den Konzessionären durch das .Projekt bereits erwachsen seien, und es erscheine deshalb nur als ein Akt der Billigkeit, wenn den Potenten durch eine Fristverlängerung in üblicher Weise Gelegenheit geboten werde, die Konzession zu realisieren und sich dadurch vor Schaden zu bewahren.

Der Staatarat des Kantons Wallis teilt seinerseits mit Schreiben vom 4. Juni abbin mit, daß der Bezirk von Visp und speciell die Gemeinde Zermatt betreffend
die Erstellung einer Eisenbahn auf den Gornergrat die Befürchtung hege, daß dadurch die Hauptindustrie der Bevölkerung gefährdet werde, daß die Bahn sich als ein privates Spekulationsunternehmen darstelle, das ausschließlich den Touristen diene und der einheimischen Bevölkerung keinen Nutzen bringe, sondern im Gegenteil für die zahlreichen Führer und Träger eine bedeutende Konkurrenz bedeute, weshalb die Regierung gemäß den

1045 ihr vom Großen Rate in seiner Sitzung vom 2. Juni d. J. erteilten Direktiven um Nichtgewährung der nachgesuchten Fristverlängerung und Abänderung der Konzession ersuche.

Wir bemerken zu den vorstehend reproduzierten beidseitigen Ausführungen folgendes : Was zunächst die seitens der Petenten aufgeworfene Frage betrifft, ob nach dem Wortlaut der Konzession vom 20. Juni 1892 überhaupt die Ausführung der Gornergratbahn diejenige der Matterhorubahn bedinge, so ist ein Zweifel hieran durchaus ausgeschlossen.

Die Konzession ist für den Bau und Betrieb b e i d e r Bahnen zu Händen e i n e r zu bildenden Aktiengesellschaft erteilt; die Bestimmung verschiedener Fristen für die beiden Bahnen sowohl mit Bezug auf die Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen, als auch betreifend die Bauvollendung ist deshalb lediglich als eine Erleichterung aufzufassen, welche es ermöglichen sollte, die beiden technisch voneinander unabhängigen Projekte successive zur Ausführung zu bringen, und wobei der Matterhornbahn, als dem schwierigeren Projekt, entsprechend längere Fristen zugestanden worden sind. Die weitergehende Folgerung, daß die Nichteinhaltung der Fristen für die Matterhornbahn die Ausführung der Gornergratbahn nicht hindern würde, widerspricht, dem Sinne der Konzession, welche in ihrem jetzigen Wortlaute unzweifelhaft den Bau beider Bahnen will und deshalb in ihrem ganzen Umfange erlöschen müßte, wenn die Fristen für die eine der Linien nicht eingehalten würden. Der proponierte Zusatz kann daher keineswegs den von den Petenten behaupteten Sinn einer einfachen Präcisierung der vorhandenen Bestimmungen haben, sondern bedeutet eine materielle Änderung der Konzession.

Dagegen ist den übrigen von den Konzessionären zu der Begründung des Verschiebungsantrages der Walliser Regierung gemachten Bemerkungen nicht jede Berechtigung abzusprechen. Auch wir halten dafür, daß die von der Regierung zuerst für die Verschiebung der Behandlung und nachher in der definitiven Vernehmlassung für Ablehnung des Gesuches geltend gemachten Gründe keineswegs den Nachweis erbringen, daß sich die Fristverlängerung und Konzessionsänderung nicht rechtfertigen, sondern sich im Grunde lediglich gegen die Berechtigung des Unternehmens selbst richten, welche seiner Zeit durch die Erteilung der Konzession thatsächlich anerkannt
worden ist und deshalb unseres Erachtens nicht wieder in Diskussion gestellt werden sollte. Wenn man aber auch auf die geltend gemachten Gründe materiell eintreten wollte, so könnte durch den Hinweis auf die Bergbahnen des Berner Oberlandes wohl ohne Schwierigkeiten der Nachweis erbracht werden, daß die ja auch diesen

1046 Bahnen gegenüber s. Z. geltend gemachten Befürchtungen über die drohende Konkurrenz für den Stand der Führer und Träger sich in der Hauptsache als grundlos erwiesen haben und, da die wirtschaftlichen Verhältnisse hier wie dort ungefähr die gleichen sind, sich deshalb auch in Zermatt nicht bewahrheiten würden. Endlich machen wir davauf aufmerksam, daß die bestehende und bis dahin durchaus konstante Praxis in weitgehendster Weise Fristverlängerungen für erteilte Konzessionen bewilligt hat, sobald nicht veränderte Verhältnisse, auftauchende Konkurrenzprojekte, ernsthaftere Garantien für die Ausführung bei neuen Bewerbern und ähnliche Grunde die Fristverweigerung als gerechtfertigt erscheinen ließen.

Unseres Erachtens liegt ein solcher Grund hier nicht vor, denn die nachgesuchte Konzessionsänderung, welche nichts anderes bezweckt, als einen Teil des Projektes eventuell fallen lassen und durch alleinige Ausführung der Gornergratbahn die Konzession thatsächlich auf diese letztere beschränken zu können, kann kaum für die Verweigerung der Fristverlängerung angeführt werden, da gerade durch diese Modifikation die Ausführung, wenn auch nur des kleinern Teils des Gesamtprojektes, ermöglicht werden soll. Die gleichzeitige Übertragung des Herrn Imfeid gehörenden Anteils der Konzession an Herrn Haag wird von der kantonalen Regierung nicht berührt und giebt auch hierseits zu Bemerkungen nicht Anlaß.

Wir können uns aus den vorstehend mitgeteilten Gründen nicht entschließen, Ihnen gemäß dem Antrage der Regierung von Wallis einen Antrag auf Nichteintreten zu stellen, sondern gestatten uns, Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf betreffend Genehmigung der Übertragung und Abänderung der Konzession, sowie PVistverlängerung für die Gornergratbahn zur Entscheidung zu unterbreiten. Derselbe weicht von dem Gesuche in zwei Richtungen ab. Die eine Abweichung ist materieller Natur, indem die Fristverlängerung sich auf die für die Gornergratbahn festgesetzte Frist beschränkt. Diese Modifikation rechtfertigt sich schon aus dem Grunde, weil die Frist für die Matterhornbahn erst am 20. Juni 1895 ihr Ende erreicht, ein Anlaß zur Verlängerung im gegenwärtigen Momente somit nicht vorhanden ist. Auch erscheint es keineswegs mehr als angezeigt, die bei Erteilung der Konzession aus praktischen Gründen zugestandene längere
Bemessung der Frist für diese Linie auch fernerhin aufrecht zu erhalten, da die Petenten durch die Differenzierung der Fristen zu der irrtümlichen Annahme gekommen sind, als ob es sich bei dieser Konzession um zwei selbständige, von einander unabhängige Unternehmungen handeln könne. Es bleibt den Konzessionären dabei unbenommen, die Fristverlängerung für die Matterhornbahn vor Auslauf der Frist anzubegehren, sofern Ihnen ernstlich daran' gelegen sein sollte, auch für

1047 diese Linie die erforderlichen Schritte zur Ausführung in technischer und finanzieller Hinsicht zu thun, was allerdings nach den Ausführungen der Eingabe nicht als wahrscheinlich angenommen werden kann.

Die zweite Abweichung ist formeller Natur, indem der Zusatz betreffend den eventuellen Konzessionshinfall für die eine oder andere der beiden Linien nicht als ein in seinem Wortlaute von den übrigen Konzessionsbestimmungen unabhängiger Artikel denselben als Art. 22 a am Schlüsse beigefügt wird, sondern seinem Inhalte gemäß als Art. 6 a eingeschaltet und unter direkter Bezugnahme auf die vorhergehenden Artikel 5 und 6 redigiert worden ist.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 18. Juni 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier.

1048 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Übertragung und Abänderung der Konzession für die Eisenbahn von Zermatt auf den Gornergrat und das Matterhorn, sowie Fristverlängerung für die Linie von Zermatt auf den Gornergrat.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n Eidgenosse n s c h a f t , nach Einsicht 1. zweier Eingaben des Herrn August Haag, Architekt, und der Erbschaft Heer-Bétrix in Biel, vom 12. Februar und 1. Juni 1894; 2. einer Botschaft des Bundesrates, vom 18. Juni 1894, beschließt: 1. Die unterm 20. Juni 1892 dem Herrn X. I m f e i d , Ingenieur in Zürich, und den Erben des Herrn L. H e e r - B è t r i x in Biel erteilte Konzession einer Eisenbahn von Zermatt auf den Gornergrat und auf das M a t t e r h o r n (E. A. 8. XII, 49 ff.) wird, soweit es den Anteil des Herrn Ingenieur Imfeid obgenannt betrifft, an Herrn A u g u s t Haag, Architekt in Biel, übertragen, indem zugleich die in Art. 5 festgesetzte Frist zur Einreichung der vorschriftsgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten für die G o r n e r g r a t b a h n um 12 Monate, d. h. bis 20. Juni 1895, verlängert und überdies folgende Bestimmung neu als Art. 6 a aufgenommen wird: ,,Die Nichteinhaltung der in Art. 5 und 6 festgesetzten Fristen für die eine Linie hat nur den Hinfall der Konzession für diese, nicht aber für die andere Linie zur Folge."

2. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Übertragung und Abänderung der Konzession für die Eisenbahn von Zermatt auf den Gornergrat und auf das Matterhorn, sowie Fristverlängerung für die Linie von Zermatt auf den Gornergrat.

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1894

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20.06.1894

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