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Schweizerisches Bundesblatt.

46. Jahrgang. III.

Nr. 47.

7. November 1894.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Erlaß eines Ausführungsgesetzes zu Art. 39 der Bundesverfassung (Banknotenmonopol).

(Vom

23. Oktober 1894.)

Tit.

Am 18. Oktober 1891 haben die schweizerischen Stimmberechtigten bei 231,578 Annehmenden gegen 158,615 Verwerfende und bei 14 gegen 8 Standesstimmen einer Revision von Art. 39 der Bundesverfassung in dem Sinne zugestimmt, daß dem Bunde das ausschließliche Recht zur Ausgabe von Banknoten und ' anderer gleichartiger Geldzeichen zustehen solle.

Der neue Artikel 39 lautet: Das Recht sur Ausgabe von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen steht ausschließlich dem Bunde zu.

Der Bund kann das ausschließliche Recht zur Ausgabe von Banknoten durch eine unter gesonderter Verwaltung stehende Staatsbank ausüben oder es, vorbehaltlich des Rückkaufsrechtes, einer zu errichtenden centralen Aktienbank übertragen, die unter seiner Mitwirkung und Aufsicht verwaltet wird.

Die mit dem Notenmonopol ausgestattete Bank hat die Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern.

Der Reingewinn der Bank über eine angemessene Verzinsung, beziehungsweise eine angemessene Dividende des DotaBundesblatt. 46. Jahrg.

Bd. III.

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566 lions- oder Aktienkapitals und die nötigen Einlagen in den Reservefonds hinaus kommt wenigstens zu zwei Dritteilen den Kantonen zu.

Die Bank und ihre Zweiganstalten dürfen in den Kantonen keiner Besteuerung unterzogen werden.

Eine Rechtsverbindlichkeit für die Annahme von Banknoten und andern gleichartigen Geldzeichen kann der Bund, außer bei Notlagen in Kriegszeiten, nicht aussprechen.

Die Bundesgesetzgebung wird über den Situ der Bank, deren Grundlagen und Organisation, sowie über die Ausführung dieses Artikels überhaupt das Nähere bestimmen.

Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf eines Bundesgesetzes über die E r r i c h t u n g der s c h w e i z e r i s c h e n B u n d esb a n k als Ausführungsgesetz zu Art. 39 der Bundesverfassung vorzulegen und mit nachstehender Botschaft zu begleiten.

I. Allgemeines.

Nachdem unterm 23. Dezember 1891 die Erwahrung des Volksabstimmungsergebnisses durch die Bundesversammlung stattgefunden hatte und der neue Artikel 39 als vollziehbar erklärt worden war, beauftragte der Bundesrat das Finaozdepartenient mit der Weiterbehandlung dieser Angelegenheit bis zur Antragstellung an den Bundesrat.

Während der neue Artikel 39 über verschiedene Punkte, wie z. B. die Hauptaufgaben des mit dem Notenmonopol auszustattenden Instituts, -die Verteilung des Reingewinnes, die Steuerfreiheit, die Rechtsverbindlichkeit für die Annahme von Banknoten, genügende Wegleitung giebt, läßt er die Hauptfrage: S t a a t s b a n k o d e r P r i v a t b a n k , gänzlich ungelöst; der Gesetzgebung blieb vorbehalten, darüber zu statuieren, ob der Bund das ausschließliche Recht zur Ausgabe von Banknoten durch eine zwar unter gesonderter Verwaltung stehende Staatsbank ausüben oder ob er dasselbe einer unter seiner Mitwirkung und Aufsicht verwalteten centralen Aktienbank übertragen wolle.

Wenn von verschiedenen Seiten heute bedauert wird, daß der Verfassungsartikel diese Lösung der Zukunft und der Gesetzgebung überließ, so darf daran erinnert werden, daß man im Jahre 1891 wohl von der Unhaltbarkeit des gegenwärtigen Systems der Vielheit der Emissionsbanken und von der Notwendigkeit eineidurchgreifenden Reform des schweizerischen Notenwesens durch

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die Centralisierung der Notenausgabe überzeugt, aber ebenso uneinig war über die Gestaltung der zukünftigen Monopolbank, und daß bei diesem Widerstreit der Interessen schon im Stadium der Verfassungsrevision ein negatives Ergebnis in der Bundesversammlung zu befürchten gewesen wäre. Für die damalige Art des Vorgehens sprach die fernere Erwägung, daß auch in dieser Frage nicht der bloße Name -- Staatsbank oder Privatbank -- auf die Entschließung der stimmberechtigten Schweizerbürger von maßgebendem Einflüsse sein werde, sondern das Wesen und die ganze innere Organisation dieses Instituts; es wäre aber kaum möglich gewesen, im engen Rahmen eines Verfassungsartikels die Grundlinien eines künftigen Gesetzes in befriedigender Weise festzulegen, mit welchen die verschiedensten Interessen und Ziele von Bund, Kantonen, Kantonalbanken, bestehenden Emissionsbanken, politischen und wirtschaftlichen Parteien und Gruppen so enge verknüpft waren.

Die nötigen Grundlagen zu schaffen und Materialien zu sammeln, um diese im Verfassungsartikel noch offen gelassene Frage zu einer vorläufigen Entscheidung durch den Bundesrat zu bringen, war nun die nächste Aufgabe unseres Finanzdepartements. In erster Linie wurde den Vertretern der drei Hauptgruppen der bestehenden Emissionsbanken, sowie den Anhängern einer reinen Staatsbank Gelegenheit gegeben, durch Einreichung von Gutachten und Organisationsentwürfen dem Bundesrate ihre Ansichten über die Aufgaben bezw. den Geschäftskreis, die Organisation nach innen und außen und die Grundlagen und die Fundierung der zu schaffenden, mit dem Notenmonopol auszustattenden Bank, sowie über die Übergangsmodalitäten aus dem gegenwärtigen in den neuen Zustand zur Kenntnis zu bringen. Unter Hinzufügung von weitern individuellen Gutachten und Abhandlungen (Max Wirlh, Direktor W. Speiser, Banknoteninspektor F. F. Schweizer, Dr. Konrad Escher, Nationalrat J. J. Keller) und zweier speciell mit der völkerrechtlichen Stellung von Staatsbanken, Privatbanken und gemischten Banken im Kriegsfälle sich beschäftigenden Arbeiten (Nationalräte Forrer und Hilty), sowie endlich von statistischen Tabellen betreffend Banknotensteuern, Beteiligung der Kantone an Emissionsbanken und Anteile der «rstern an den Reinerträgnissen, ist diese ,,Materialiensammlung a zu einem Bändchen von 127 Druckseiten angewachsen. Wir
stellen dieselbe den Mitgliedern der Bundesversammlung als Beilage zu unserer Botschaft zu, da wir in letzterer wiederholt in den Fall kommen werden, auf diese Materialiensammluag zu verweisen.

Leider zog sich der Eingang einzelner dieser Gutachten bis in den Dezember 1892 hinaus, so daß unser Finanzdepartement erst anfangs 1893 sich intensiver und im Laufe des Jahres vielfach ge-

568 hemmt, insbesondere auch durch die außerordentliche Session der Bundesversammlung im März-April, mit der Verarbeitung des eingegangenen Materials beschäftigen konnte.

Im Dezember 1893 und Januar 1894 beschäftigte sich der Bundesrat mit der Entscheidung der prinzipiellen Frage, ob der Bund die Ausübung des Notenmonopols einer reinen Staatsbank oder einer auf Aktien gegründeten Centralbank übertragen solle.

Als Grundlage der Beratung dienten ihm nich't bloß die obengenannte Materialiensammlung und eine größere Anzahl von weitern Fachschriften, Botschaften etc., deren Aufzählung auf Seite 127 der Materialiensammlung enthalten ist; unser Finanzdepartement hatte einen Wert darauf gelegt, gleichzeitig mit seinem ausführlichen, über die Vorteile und Nachteile der beiden Systeme sich verbreitenden Exposé dem Bundesrat eine Anzahl von Thesen mit zutreffendem Kommentar zu unterbreiten, um in diesem Stadium schon ein möglichst klares Bild darüber zu bieten, wie das Finanzdepartement die von ihm vorgeschlagene Staatsbank in allen Hauptpunkten organisiert sich denke.

Am 24. Januar 1894 erfolgte der Entscheid des Bundesrates zu gunsten einer reinen Staatsbank und zugleich der Auftrag an das Finanzdepartement zur Ausarbeitung des Gesetzentwurfes auf dieser Grundlage.

In verdankenswertester Weise von den Herren Direktor Speiser in Basel, Banknoteninspektor F. F. Schweizer (unter Wahrung seines grundsätzlichen Standpunktes zu gunsten der Privatbank) und Ständerat Schert als Experten unterstützt, war das Finanzdepartement im Falle, am 24. Mai 1894 dem Bundesrate seinen Gesetzesentwurf vorzulegen, dessen Behandlung im Bundesrate wegen des Zusammentrittes der Bundesversammlung zur ordentlichen Sommersession bis anfangs Juli sich hinauszog, worauf noch die endgültige Redaktion der Gesetzesparagraphen und die Umarbeitung des Textes der Botschaft zu erfolgen hatte.

II. Staatsbank oder Privatbank.

Nach Alinea 2 des Art. 39 der Bundesverfassung kann der Bund das ihm ausschließlich zustehende Recht zur Ausgabe von Banknoten oder andern gleichartigen Geldzeichen entweder durch eine unter gesonderter Verwaltung stehende Staatsbank ausüben lassen, oder dasselbe, vorbehaltlich des Rückkaufsrechtes, einer zu errichtenden centralen Aktienbank übertragen, die unter seiner Mitwirkung und Aufsicht verwaltet wird.

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Würde der letztere Weg eingeschlagen, Übertragung des Notenmonopols an eine Aktienbank, so ist vorerst zu erörtern, wie die rechtliche Position dieser Aktienbank vor dem Obligationenrechte sich gestalten würde.

Nun lautet Art. 613 des Obligationenrechts: ,,Auf Anstalten (Banken, Versicherungsanstalten u. s. w.), welche durch besondere kantonale Gesetze gegründet und unter Mitwirkung öffentlicher Behörden verwaltet werden, kommen, sofern der Staat die subsidiäre Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernimmt, die nachfolgenden Bestimmungen selbst dann nicht zur Anwendung, ·wenn das erforderliche Kapital ganz oder teilweise in Aktien zerlegt ist und durch Beteiligung von Privatpersonen aufgebracht wird."1 Da einerseits die eventuelle Aktienbank nicht durch kantonale Gesetze gegründet werden wird, anderseits die subsidiäre Haftbarkeit des Bundes bei einer Privatbank von vorneherein ausgeschlossen ist, so könnte die neue private Centralbank auf das Beneiicium des Art. 613 des Obligationenrechts keinen Anspruch erheben.

Wenn nun hinwiederum die Möglichkeit geboten ist, unter Aufstellung der notwendig erscheinenden vorsorglichen Bestimmungen im Ausführungsgesetze selber, den Art. 613 auch auf diese Anstalt durch einen neuen gesetzgeberischen Akt anwendbar zu erklären, so verbliebe doch immer der C h a r a k t e r einer privaten Aktiengesellschaft mit Aktionären, Generalversammlungen, wenigstens teilweiser Bestellung der Verwaltungsorgane, Reehnungsgeuehmigung und übrigen Kompetenzen einer Generalversammlung; denn nach dem maßgebenden Art. 39 der Bundesverfassung ist die ausschließlich staatliche Leitung der Privatbank klar und deutlich ausgeschlossen, der Verfassungsartikel kennt auf dem Boden der Privatbank nur eine M i t w i r k u n g und A u f s i c h t des Bundes.

Der Bundesrat kann sich jedoch, ganz abgesehen von allen nachfolgenden Erörterungen zu gunsten einer reinen Staatsbank, unmöglich entschließen, für die zukünftige Monopolbank des Bundes eine Organisation vorzuschlagen, welche die Verwaltungsbehörden und die die Oberaufsieht ausübenden Organe des Bundes überhaupt der Gefahr aussetzt, mit den Beschlüssen einer Generalversammlung, mit den Launen und Brutalitäten einer Mehrheitskoalition rechnen und unter Umständen -- wir verweisen auf ein Beispiel aus den jüngsten Annalen der
Privataktiengesellschaften -- den Prozeßweg gegen die Mehrheitsbeschlüsse einer Generalversammlung betroten zu müssen. Wir verlangen für die zukünftige Bundesbank eine a u s s c h l i e ß l i c h s t a a t l i c h e L e i t u n g , welche, ungehemmt und unbeirrt durch Aktionäre und Generalversammlungen, einzig und allein die schon durch die Verfassung vorgezeichnete Haupt-

570 aufgäbe, den Geldumlauf des Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern, durchführen wird; eine Leitung, welche keine Rücksicht auf eine möglichst hohe Dividende der Aktionäre nimmt, sondern deren oberstes Gebot die immerwährende Zahlungsfähigkeit der Staatsbank, und deren erste Sorge auf einen allen Eventualitäten gewachsenen Barvorrat gerichtet sein wird.

Man wird uns nun freilich einwenden wollen, eine diesen Zweck erfüllende Organisation könne auch auf dem Boden der Privatbank gefunden werden ; und in der That, wir geben gerne zu, daß, soweit bloß die Umschreibung des Geschäftskreises in Betracht fiele, diese Organisation auch bei einer mit Privatkapital fundierten centralen Notenbank so ziemlich die gleiche sein würde.

Aber nicht auf den Geschäftskreis allein kommt es an, wir betrachten die Lösung der Frage, wohin der S c h w e r p u n k t der V e r w a l t u n g verlegt werden wird, für ebenso wichtig, und wir halten ferner dafür, daß der Art. 39 der Bundesverfassung in den Debatten der Bundesversammlung schließlich eine Gestaltung erhalten hat, welche eine Verständigung zwischen den Aktionären einerseits, dem Bunde und den Kantonen anderseits, ungemein erschwert, wenn nicht geradezu ausschließt.

Eine Organisation, welche den Privataktionären zwar gestatten würde, das das Risiko tragende Gründungskapital zusammenzulegen, im übrigen aber sie mit einer bescheidenen, den Ansprüchen der Kantone nicht im Wege stehenden Dividende vertrösten und sie mit Bezug auf die Leitung und Verwaltung auf die hintere Bank versetzen würde, müßte einfach zur Folge haben, daß eine Aktiengesellschaft für diese eventuelle Notenbank sich gar nicht findet.

Der Kapitalist wird bei solchen Aussichten eine Obligation mit gesicherter 4 °/oiger Verzinsung einer Aktie eben vorziehen, welcher die Mitgesellschafter, die Kantone, eine Dividende von h ö c h s t e n s 4 % zugestehen werden.

Umgekehrt könnten die Bundesbehörden ihre Einwilligung zu einer Organisation nicht geben, welche den ihnen gebührenden, maßgebenden Einfluß auf die Monopolbank nicht sichert; und die Kantone, welche durch die Zuwendung von 2la des Reinertrages für ihre durch den Entzug des Emissionsrechtes verursachten direkten und indirekten Verluste -- Wegfall der Banknotensteuer und Schmälerung ihrer Anteile am Reinerträgnisse ihrer
Kantonalbanken -- entschädigt werden sollen, werden sich über den Begriff einer angemessenen Dividende des Aktienkapitals und die aus dem Beinerträgnis den Aktien auszurichtende Superdividende, welche der Aktionär mit vollem Rechte als Prämie für das seinem Titel anhaftende Risiko beansprucht, schwerlich verständigen können; und

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doch müßten alle diese Punkte schon im Ausführungsgesetze in der Hauptsache geordnet werden.

Der Bundesrat ist in dieser Richtung zu keiner zuversichtlicheren Auffassung gelangt, auch nachdem er durch die Eingabe eines Organisationsprqjektes der reinen Privatbanken (Seite 84 der Materialiensammlung) und ein mehr allgemein gehaltenes Exposé der gemischten Banken (Seite 95) die Auffassung dieser beiden Gruppen von der centralen Aktienbank kennen gelernt hat.

Das Organisationsprojekt der ersten Gruppe will schon bei der Beschaffung des Gründungskapitals den jetzigen Notenbanken ein Vorrecht einräumen. Da die gegenwärtige Notencirkulation zwischen 170--180 Millionen Franken sich bewegt, und das Gründungskapital nach dem in Frage stehenden Projekte 50 Millionen Franken betragen soll, so darf wohl angenommen werden, daß Bund und Private von jeder Beteiligung am Gründungskapital und damit auch vom Stimmrecht an der Generalversammlung ausgeschlossen wären.

Und von einem allfällig verbleibenden Reste würde jedenfalls dem Bunde wenig genug zufallen, da der nicht per Vorzugsrecht gezeichnete Betrag des Aktienkapitals zu ö f f e n t l i c h e r Subskription aufgelegt werden soll. Damit wäre aber das Schwergewicht in der Generalversammlung ganz auf die Seite der Aktionäre, d. h. der bisherigen privaten und- kantonalen Notenemissionsbanken, verlegt und der Bund beiseite geschoben.

Nicht besser ist es mit der Verwaltung und Leitung der Bank bestellt. Der Entwurf sieht einen Bankrat von 10 Mitgliedern, d. h.

einen engern Ausschuß des Verwaltungsrates, vor. Fiir diesen Bankrat bezeichnet der Bundesrat den Präsidenten aus freier Wahl; er ernennt 8 weitere Mitglieder, allein er ist dabei an die Vorschläge der Handelskammern oder kaufmännischen Behörden der 7 Bankplätze Basel, Bern, Genf, Lausanne, Neuchâtel, St.. Gallen und Zürich gebunden ; ein zehntes Mitglied, den Generaldirektor, wählt der Verwaltungsrat auf Vorschlag des Bankrates. Diese 10 Bankräte bilden m i t 1 5 w e i t e r n , v o n d e r G e n e r a l v e r s a m m l u n g frei g e w ä h l t e n M i t g l i e d e r n d e n V e r w a l t u n g s r a t .

Wo bliebe da ein maßgebender Einfluß des Bundes auf die Leitung und Verwaltung seiner Monopolbank?

Fragen wir weiter nach den finanziellen Leistungen dieser mit dem Notenmonopol ausgerüsteten Privatbank
gegenüber dem Verleiher des Monopols, dem Bunde, so beschränken sich dieselben auf die unentgeltliche Besorgung des Kassenverkehrs des Bundes; denn nach Ausrichtung einer 4 °/oigen Dividende an die Aktionäre und nach Ausscheidung von 10 °/o des verbleibenden Reingewinnes als Einlage in den Reservefonds würde die noch verfügbare Quote des

572 Reinertrages zu lk als Superdividende unter die Aktionäre und zu 2 /a, konform dem Verfassungsartikel, den Kantonen zufallen.

Würde es einer so organisierten Privatbank gelingen, über die Verwaltungskosten und die den Aktionären vorbehalteae Minimaldividende von 4 °/o hinaus einen Reingewinn von 2 Millionen Franken zu erzielen, was wir bei der Ausnützung einer Notencirkulation von cirka 200 Millionen Franken nicht für unmöglich halten, so wäre vorerst der Reservefonds mit Fr. 200,000 zu dotieren. Die Kantone erhielten Fr. 1,200,000, was zur Deckung ihrer direkten und indirekten Verluste kaum hinreichen wird; für die Aktionäre verbliebe noch eine Superdividende von Fr. 600,000, somit im ganzen, da ein Aktienkapital von 50 Millionen Franken vorgesehen ist, eine Gesamtdividende von 5,a °/o. Der Verleiher des Monopols, der Bund, hat das Zusehen.

Das Exposé der gemischten Banken bewegt sieh insofern in den gleichen Bahnen, als es ein Gründungskapital von ebenfalls 50 Millionen Franken vorsieht, zuerst den Reservefonds -- in welchem Maße ist nicht genannt -- dotiert, dann den Aktionären eine Minimaldividende von 4Vz °/o zusichert und die verbleibende Quote des Reinerträgnisses zu 1la unter die Aktionäre, zu zla unter die Kantone repartiert.

Dagegen würde dieses Gutachten ein' Vorrecht in der Übernahme des Gründungskapitals grundsätzlich dem ßundesrate, den Kantonen und den gegenwärtigen Notenemissionsbanken in einem noch zu bestimmenden Verhältnis, und einer vom Bundesrate zu bestellenden Aufsichts- und Kontrollbehörde ein Vetorecht gegen alle Maßnahmen einräumen, welche mit dem Gesetze, den Statuten, den Reglementen und dem allgemeinen Landesinteresse im Widerspruch sich befinden sollten. Ebenso wäre die Wahl eines Direktoriums von 3--5 Mitgliedern auf den gemeinsamen Vorschlag der Aufsichtsbehörde und des Conseil général dem ßundesrate delegiert.

Ein ,,Conseil général" wäre durch die Generalversammlung der Aktionäre zu wählen, welchem speciell die Aufgabe zugewiesen wird, die Aktionäre zu vertreten und ihre Rechte und Interessen zu verteidigen.

Aber abgesehen von den berührte«, schon durch die bestimmte Wegleitung des Verfassungsartikels geschaffenen Schwierigkeiten, hält der Bundesrat daran fest, daß eine unter ausschließlich staatlicher Leitung stehende Staatsbank weit eher befähigt ist,
die ihr als Monopolbank zufallenden hochwichtigen Aufgaben zu erfüllen, und daß ein anderer Träger für das Notenmonopol, als der Staat, kaum mehr in Frage kommen kann, nachdem durch Revision des Art. 39 unserer Staatsverfassung in seinem gegenwärtigen Wortlaute der

573 Bund ein nur allzulange in den Dienst von Privatinteressen gestelltes Hoheitsrecht zurückerobert hat.

In dieser Auffassung sind wir noch wesentlich bestärkt worden durch Fachzeitschriften und Gutachten von Fachmännern, welche auf dem Boden einer Staatsbank oder doch einer unter ausschließlich staatlicher Leitung stehenden centralen Notenbank sich bewegen.

Wir verweisen diesfalls auf die in der Beilage ,,Materialiensammlung' 1 ' zum Abdrucke gelangte Broschüre von Max Wirth (Seite 4), auf die Eingabe von Fieunden einer reinen Staatsbank (Seite 12), auf das Gutachten von W. Speiser (Seite 21), sowie auf die drei Eingaben aus Kantonalbankkreisen (Seite 100, 107, 110), soweit dieselben die Hauptfrage : Staatsbank oder Privatbank, beschlagen.

Max Wirth sagt u. a. : ,,Die Erfahrung und die Logik der Thatsachen beweisen, daß unter Freiheit oder Vielheit der Notenbanken der Notenumlauf nicht so viel Vertrauen genießt, als die ( Z i r k u l a t i o n e i n e r c e n t r a l i sierton Bank, daß die Noten der letzteren in weit größerer Menge und länger im U m l a u f bleiben, und daß diese die E i n l ö s u n g mit weniger k l i n g e n d e r M ü n z e b e w e r k s t e l l i g e n k a n n . D i e Erfahrung hat aber nicht minder gelehrt, daß S t a a t s n o t e n b a n k e n g r ö ß e r e s V e r t r a u e n v e r d i e n e n u n dd e m G e m e i n w o h l n ü t z l i c h e r sind, als Privat-Zettelinstitute, selbst wenn sie groß und centralisiert sind. Denn bei den letzteren pflegt das Interesse der Aktionäre und derjenigen Geschäftskreise, aus welchen die Verwaltungsräte und Aufsicht führenden Korporationen erkoren zn werden pflegen, weit mehr zur Geltung zu kommen, als das Gemeinwohl und der Vorteil des Staates. Wo das eentralisierte Noteninstitut nicht gauz mit dem Staatsinteresse vermählt ist, kommt in der Diskontopolitik stets mehr der Eigennutz der Millionäre und der großen Geschäftsleute zur Geltung; denn auf den bürgerlichen Mittelstand oder gar auf die kleinen Leute pflegen Bankdirektoren, welche frei vom Einfluß des Staates beschließen, nur wenig Bedacht zu nehmen. Der Staat dagegen hat sehr wohl ein Interesse, auch die weniger geld- als zahlreichen Schichten der Bevölkerung zu schützen, zumal diese ja auch in einem gewissen Maße an dem der Notenbank in der Abnahme ihrer Zettel gewährten
Kredit teilnehmen.tt Max Wirth hat allerdings nicht b l o ß solche Kreditinstitute im Auge, welche mit Staatsmitteln ausgerüstet sind ; er würde auch Notenbanken, deren Kapital von Privaten geliefert wird, für zulässig erachten, aber nur unter der Bedingung, daß dieselben staatlich geleitet, oder daß bei deren Verwaltung der 8taat einen maßgebenden,

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auf die Wahrung des öffentlichen Wohls gerichteten Einfluß ausübt, wie dies z. B. bei der Deutschen Reichsbank wahrgenommen werden könne.

Nun würde aber der Wortlaut des Art. 39 eine Organisation wie diejenige der Deutsehen Reichsbank, welche uns von Gegnern der Staatsbank vielfach als Muster hingestellt wird, kaum zulassen.

Nur eine M i t w i r k u n g und A u f s i c h t in der Verwaltung sichert Art. 39 für den Fall dem Bunde zu, als er das Notenmonopol einer centralen Aktienbank überlassen würde, und wie die Anhänger der Privatbank diese Mitwirkung auffassen, geht aus dem weiter oben Gesagten deutlich hervor.

Von der Deutschen Reichsbank, obwohl auf ein von Privaten geliefertes Aktienkapital errichtet, kann übrigens mit vollem Rechte gesagt werden, daß sie unter ausschließlicher Leitung des Staates stehe.

Wohl haben die Anteilseigner der Deutschen Reichsbank eine Vertretung, a b e r d i e s e V e r t r e t u n g , d e r C e n t r a l a u s s c h u ß , i s t n u r g u t a c h t l i c h z u h ö r e n m i t zwei Ausnahmen: ,,Es steht ihm ein bestimmender Einfluß zu, wenn Geschäfte mit den Finanzverwaltungen des Reiches oder deutscher Bundesstaaten gemacht werden sollen, bei welchen andere als die allgemein geltenden Bedingungen des Bankverkehrs in Anwendung kommen sollen, und es ist die Höhe des Betrages, bis zu welcher die Fonds der Bank zum Efiektenankaufe für Rechnung der Bank verwendet werden können, unter ihrer Zustimmung festzusetzen."· (§§ 32d und 35 des Bankgesetzes vom 14. März 1875.)

Die Deutsche Reichsbank qualifiziert sich somit als ein vom Staate geleitetes Privatinstitut, im Gegensatz zu den übrigen centralen Notenbanken, die, mit Privatkapital ausgerüstet, auch unter privater Leitung stehen.

Faßt man das Verhalten von privaten Centralnotenbanken und Staatsnotenbanken in kritischen Perioden ins Auge, so lautet das Urteil der Wirthschen Broschüre neuerdings zu gunsten der letztern.

,,In normalen Zeiten fungieren beide Arten von Kreditinstituten befriedigend. In Notlagen aber hört die Selbständigkeit der privaten Central-Notenbanken auf. Denn entweder ist es die Bank, welche sich in der Notlage befindet, dann sieht sich der Staat, um einen allgemeinen Zusammenbruch zu verhüten, genötigt, einzugreifen und, wie bei der Bank von England, das Bankgesetz zu suspendieren; oder der Staat befindet sich in der Notlage eines Krieges, dann hat er keine andere Wahl, als die Mittel der Bank aufs äußerste in

575 Anspruch zu nehmen, wie es während des deutsch-französischen Krieges in Frankreich und 1866 in Italien geschah, oder er greift zur Ausgabe eigener Staatsnoten, wie Österreich-Ungarn in 1866.

In beiden Fällen mußte der Zwangskurs des Papiergeldes, beziehungsweise der Noten, durch den Staat verhängt werden. Sind aber die Centralbanken in stürmischen Zeiten vom Staat abhängig, warum sie nicht überhaupt so organisieren, daß der Staat auch in ruhigen Zeiten das Gemeinwohl gegenüber den Einzelinteressen der Aktionäre und mächtiger Interessentenkreise wahren kann? tt In ähnlicher Weise spricht sich über diesen letztern Punkt das zweite der oben citierten Gutachten aus: ,,Auch die Anhänger einer Privatbank anerkennen, daß der Staat an der richtigen Führung einer centralisierten Notenbank ein so bedeutendes Interesse habe, daß er sich in deren Verwaltung einen maßgebenden Einfluß sichern müßte. Hat aber der Saat die Leitung einer solchen Bank übernommen, so kann er sich auch der hieraus fließenden Verantwortlichkeit nicht entziehen. Würde die Bank unrichtige Bahnen einschlagen und würden infolgedessen die Noteninhaber geschädigt werden, so müßte der Staat im Interesse der Aufrechterhaltung des Landeskredites ein finanzielles Opfer bringen. Ob nun der Staat bei einer Privatbank die moralische Verantwortlichkeit, die ihn schließlich zum Zahlen zwingt, oder bei einer Staatsbank die rechtliche Haftpflicht hinter den Mitteln der Bank übernimmt, kommt für den Staat fast auf dasselbe hinaus. Für diejenigen aber, welche mit der Notenbank in Verkehr treten, und für die Cirkulationsfähigkeit der Note ist die Staatsgarantie von entschiedenem Wert."

Zu gleichen Schlußfolgerungen gelangt das Gutachten W.Speiser, und wir müssen auf dasselbe einen um so größern Wert legen, als Herr Speiser in der der Verfassungsrevision vorangegangenen Periode mit ebenso großer Entschiedenheit gegen die Verfassungsrevision und gegen das Notemnonopol aufgetreten ist, als er mit Wärme für eine einschneidende Revision des Banknotengesetzes sich aussprach.

Die Ausübung des Notenmonopols durch eine reine Staatsbank ist eben, wie Herr Speiser in ganz loyaler Weise anerkennt, die notwendige und logische Konsequenz des revidierten Art. 39 selber.

Mit vollem Rechte führt Herr W. Speiser aus, daß bei der Unterscheidung zwischen den beiden
Arten von centralen Notenbanken nicht nur auf das Kapital abgestellt werden darf, ob es vom Staate oder von Privaten eingeschossen worden ist, und auf die Geschäftsführung, ob sie für Rechnung und Gefahr des Staates

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oder von Privaten erfolgt, sondern daß noch ein anderes Verhältnis geprüft werden muß, nämlich die Leitung der Bank.

Und da begegnet unser Gewährsmann sofort der schon oben berührten, durch den Wortlaut des Art. 39 geschaffenen Zwangslage, welche uns nur die Wahl läßt zwischen einer unter gesonderter Verwaltung stehenden Staatsbank und einer centralen Aktienbank, die unter der Mitwirkung und Aufsicht des Bundes verwaltet wird.

Daraus ergiebt sich für ihn, daß, wenn der Bund die gesamte Leitung der zu gründenden, mit dem Notenmonopol ausgestatteten Bank beanspruchen will, dies nur geschehen kann bei einem auf vom Staate eingeschossenes Kapital gegründeten, für dessen Rechnung und Gefahr betriebenen Institute. Will der Bund dies vermeiden und die Beibringung des Kapitals und das Risiko des Geschäftsbetriebs auf Private überwälzen, so beschränkt er damit auch seine Befugnisse gegenüber der Bankverwaltung.auf ein Mitwirkungsund Aufsichtsrecht.

,,Werden bei der Prüfung der Frage, ob Privat- oder Staatsbank, diese Gesichtspunkte als die maßgebenden anerkannt, so wird zugegeben werden müssen, daß, zur Erfüllung des in Art. 39 der Bundesverfassung angegebenen Zweckes, die Staatsbank, d. h. die unter ausschließliche Leitung des Staates gestellte Bank, den Vorzug verdient gegenüber der privaten Aktienbank, bei welcher dein Staat nur ein Mitwirkungs- und Aufsichtsrecht zusteht, das zudem noch das Gefühl der Verantwortlichkeit bei der Leitung schwächt.1* Wir erwähnen an dieser Stelle noch einer Eingabe von Herrn Charles Scherer in Genf. Herr Scherer hat sich in jüngster Zeit als fleißiger Schriftsteller auf (fern Gebiete des Bankwesens und der Währungsfragen bemerkbar gemacht. So hat er auch dem Finanzdepartement zu Händen des Bundesrates ein ausgearbeitetes Projekt betreffend Ausführung des Art. 39 eingereicht. Wir bedauern jedoch, diese Arbeit nicht verwerten zu können, weil sie sich a priori auf. einen verfassungswidrigen Boden stellt.

Die b e i d e n Alternativen des Art. 39 der Bundesverfassung setzen als Grundbedingung ein c e n t r a l e s Institut voraus. Herr Soherer will aber die Ausübung des Notenmonopols wieder einer Vielheit von Banken, den sämtlichen bisherigen Emissionsbanken, übertragen, welche sich auf Grund eines Bundesgesetzes und Statutenentwurfes als Filialen einer Bank der schweizerischen
Eidgenossenschaft organisieren, zwar solidarisch haftbar sind für die von jeder Filiale ausgegebenen Noten und andere, Dritten gegenüber eingegangene Verpflichtungen, jedoch hinsichtlich ihrer Geschäfte, ihrer Buchhaltung und Statuten als besondere Gesellschaften gellen sollen.

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Eia Banknotenmonopol, ausgeübt durch 36 selbständige Träger, stünde offenbar im Widerspruch mit unserm Art. 39.

An und für sich geben auch die Gegner der Staatsbank fast ausnahmslos zu, daß auch diese bei entsprechender Organisation und Verwaltung den durch den Verfassungsartikel schon vorgezeichneten Hauptzweck so gut wie eine Privatbank erfüllen könnte; die hauptsächlich erhobenen Bedenken rekapitulieren wir in folgendem : 1. Rücksichten der Billigkeit gegenüber den bisherigen Notenemissionsbanken.

2. Hinweis auf die übrigen Länder, welche reine Staatsbanken nicht eingeführt hätten.

3. Leichtere Geltendmachung von politischen Einflüssen.

4. Das Risiko im Kriegsfälle.

Dem gegenüber halten wir entgegen : Ad 1. Der Art. 5 des Banknotengesetzes von 1881 lautet: ,,Die Ermächtigung zur Notenausgabe begründet keinen Entschädigungsanspruch der Emissionsanstalten für den Fall, daß das Emissionsrecht durch spätere verfassungsmäßige und gesetzliche Bestimmungen ganz oder teilweise wieder aufgehoben oder durch Bundesbeschluß eingeschränkt werden sollte."1 Unsere Gesetzgebung hat somit glücklicherweise vorgesorgt, daß die Eidgenossenschaft vor jedem Entschädigungsanspruch gesichert ist. Daß ein direkter Anspruch auch nur -gedenkbar sei, wird von keiner Seite behauptet, und in der That, es wäre doch zu unbescheiden, wenn die Emissionsbanken dafür, daß sie der Bund jahrzehntelang in dem unentgeltlichen Rechte, Banknoten auszugeben, geschützt hat, beim Erlöschen dieses Rechtes noch eine Entschädigung beanspruchen wollten."

Allein man möchte wenigstens indirekte Rücksichten der Billigkeit walten lassen, indem man die Monopolbank als centrale Aktienbank organisiert und die bestehenden Emissionsbanken am Notenmonopol in der Weise wieder beteiligt, daß ihnen ein Vorrecht auf den Bezug von Aktien der neu zu schaffenden Centralbank nach Maßgabe ihrer bisherigen Notencirkulation eingeräumt würde.

Aber wenn wir auch gerne anerkennen, daß ein solches Vorgehen geeignet sein könnte, die bestehenden Interessen enger mit der neuen Schöpfung zu verknüpfen und den alten Banken einen materiellen Grund zu benehmen, derselben feindselig gegenüber zu treten, und wenn wir auch unbedingt zugeben, daß während der Übergangsperiode gegenüber den Emissionsbanken Rücksichten

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der Billigkeit walten müssen, so geht eben unsere scharf ausgesprochene Tendenz dahin, bei unserer künftigen Monopolbank keine Aktien nach bisherigem Begriffe und keine Generalversammlungen mit all ihren Schattenseiten aufkommen zu lassen und jede Börsenagiotage mit Grilndungsanteilscheinen der Staatsbank auszuschließen.

Allein wir machen noch auf einen andern schwerwiegenden Umstand aufmerksam.

Diese auch aus Billigkeitsrücksichten befürwortete Übertragung hätte sofort zur weitern Konsequenz, daß der Bund auf eine lange Zeit hinaus sich eines glücklich zurückeroberten Hoheitsrechtes wieder begeben müßte. Die Eingabe der Privatbanken verlangt ein Privilegium von 30 Jahren, diejenige der gemischten Banken von 20 -- 30 Jahren. Beide haben auch vollständig recht; sie bedürfen zur richtigen Entwicklung und Erstarkung ihrer Notenmonopolbank einer längern Periode, und würden ohne ein solches langjähriges Privilegium kaum auf eine genügende Beteiligung von Privatkapital rechnen können.

Aber bedenkt man bei diesem Vorschlage auch, daß unser Ausführungsgesetz die Feuerprobe des Referendums bestehen muß, und glaubt man im Ernste daran, daß im heutigen demokratischen Staate überhaupt noch Monopole geschaffen werden können, deren Ausbeutung privaten Personen oder Gesellschaften überlassen bleiben soll?

Und wenn es sich gar um ein Monopol handelt, welches so innig mit dem Münzregal des Staates verflochten ist -- denn bei uns ist die Banknote thatsächlich dem gemünzten Gelde gleichwertig geworden -- glaubt man wirklich daran, daß sich in unserem Volke eine Mehrheit für ein Gesetz finden werde, welches das Notenemissionsrecht für neue 30 Jahre in den Händen einer privaten Aktiengesellschaft monopolisiert und den Bund eventuell nötigt, dasselbe nach Ablauf dieser Frist z u r ü c k z u k a u f e n ?

Wir haben gewiß übergenug an der verhängnisvollen Riickkaufsklausel unserer Eisenbahnkonzessionen, welche bei jeder Aktion auf dem Wege zur Verstaatlichung der Eisenbahnen wie ein Bleigewicht sich uns an die Füße hängt.

Wir bitten endlich noch, die eigentümliche Situation zu würdigen, welche unsern Kantonalbanken und den hinter ihnen stehenden Kantonen bereitet würde, wenn, von Billigkeitsrücksichten geleitet, das ausschließliche Recht der Banknotenausgabe an eine private Aktiengesellschaft übertragen würde. Es geht aus unserer MaterialienSammlung des deutlichsten hervor, wie schwer es den Kantoualbanken fällt, auf den bisher aus der Notenemission gezogenen

579 Nutzen verzichten zu müssen. Sie werden es schließlich überwinden müssen, daß dieses Emissionsrecht an den Münzherrn des Landes und eine von ihm zu gründende S t a a t s b a n k übergeht, nie und nimmer aber werden sie dazu Hand bieten, daß ihnen, den s t a a t l i c h e n Instituten, das bisherige Emissionsrecht entzogen und einer p r i v a t e n A k t i e n g e s e l l s c h a f t übertragen würde Der aus dem Monopol fließende Gewinn soll der Gesamtheit, hier dem Bunde und den Kantonen, und nicht einer beschränkten Zahl von Aktionären zu gute kommen; jedenfalls werden sich auch die Kantone bezüglich ihres 2 /a-Anteils am Reingewinn mit dem Bunde eher als mit einer Aktionärgesellschaft verständigen.

Ad 2. Es ist richtig, daß, mit Ausnahme der russischen Reichsbank, welche wir übrigens keineswegs als Vorbild für unsere Staatsbank zu nehmen gedenken, alle europäischen centralen Notenbanken auf privater Grundlage errichtet sind; immerhin haben wir schon weiter oben auseinandergesetzt, daß die Deutsche Reichsbank trotz dem von Privaten eingeschossenen Aktienkapital nicht unter die 'eigentlichen Privatinstitute rangiert werden kann, sondern daß sie derart staatlicher Leitung unterworfen ist, wie es nach unserm Art. 39 gegenüber einer privaten Centralbank gar nicht zulässig wäre.

Dieser Hinweis auf das Ausland kann aber für unsere Verhältnisse kaum entscheidend sein ; wir pflegen unsere Institutionen und unsere Gesetzgebung den Bedürfnissen unseres demokratischen Freistaates und nicht fremden Mustern anzupassen. Im übrigen sind die Mehrzahl der fraglichen Banken, namentlich aber die hervorragendsten, wie die Bank von England und die Bank von Frankreich, in einer Zeit gegründet worden, da der Staat sich die Aufgabe, Eisenbahnen und Banken zu betreiben, noch nicht gestellt hat. Auch haben diese Banken ihre Aufgabe in einer Weise erfüllt, welche das Postulat der Verstaatlichung nicht als Bedürfnis erscheinen ließ.

Wir dürfen hier wohl auch den Ausspruch einer der ersten Autoritäten im Bankwesen, des verstorbenen Professors Nasse, citieren, um die Stellung zu kennzeichnen, welche nach dieser Richtung die Wissenschaft zur Frage der Staatsbank einnimmt: ,,Wenn die großen Centralbanken in fast allen Kulturstaaten in Händen von Aktiengesellschaften sind, so erklärt sich das zunächst aus historischen
Gründen. Längere Zeit war die Ausgabe von Banknoten (proinissory notes) wie die Ausstellung von Wechseln ein Teil des privaten Bankgeschäfts, und erst allmählich hat die Banknote den Geldcharakter angenommen, den sie zur Zeit trägt.

Gegenwärtig, nachdem die öffentliche Natur der Banknotenausgabe

580 zu Tage liegt, kann es nur als Anomalie bezeichnet werden, daß diese öffentliche Angelegenheit von einer privaten Erwerbsgesellschaft oder für Rechnung einer solchen besorgt wird, und es ist erklärlich, daß der Wunsch nach einer Verwandlung der Reichsbank in ein reines Staatsinsthut sich zur Zeit mit Macht in weiten Kreisen geltend macht.* (Erwin Nasse: Die Kündigung des Privilegiums der Reichsbank und der Privatnotenbanken. Preußische Jahrbücher, Band 63, Heft 5, Seite 515 u. ff.)

E i n e Lehre dürften wir übrigens aus diesem Ausblick auf das Ausland ziehen und das ist die, w i e s c h w e r es s e l b s t für einen o m n i p o t e n t e n S t a a t h ä l t , d a s B a n k n o t e n m o n o p o l w i e d e r an sich zu z i e h e n , w e n n er es e i n m a l e i n e r m ä c h tigen A k t i e n g e s e l l s c h a f t verliehen hat.

Ad 3. Wir sind weit entfernt, die Möglichkeit der Beeinflussung einer Monopolbank durch politische Persönlichkeiten oder Parteien und damit verbundene Gefahren bestreiten zu wollen, wir sind uns sogar bewußt, daß hie und da die Hoffnung vorhanden sein mag, eine Staatsbank zur Festhaltung und Ausbreitung politischer Meinungen und politischen Einflusses zu mißbrauchen; allein wir glauben, daß diese Gefahr bei einer vom Staate konzessionierten und von ihm geleiteten Privatbank mindestens in gleichem Maße vorhanden sei, wie bei der reinen Staatsbank. Oder wäre es wirklich noch nie vorgekommen, daß private Aktiengesellschaften -- Banken und Eisenbahnen -- von politischen Parteien und Persönlichkeiten beeinflußt worden wären?

Auch die Erfahrungen, welche wir bis jetzt mit unsern zahlreichen Kantonalbanken gemacht haben, sprechen nicht zu ungunsten der Staatsbanken oder staatlich geleiteten Banken. Im Kanton Zürich, wo seit dem mächtigen Ringkampf der politischen Parteien zu Ende der sechziger Jahre wiederholt bald die demokratische, bald die liberale Richtung die Oberhand hatte, hat man von solchen Einflüssen auf die Kantonalbank absolut nichts verspürt; wohl aber hat man es erlebt, daß anfangs der siebenziger Jahre unter einer entschieden demokratischen Mehrheit im Kantonsrate der Bankrat in seiner Mehrheit liberal bestellt wurde, und daß in einer spätem Periode, als sich die Mehrheit im Kantonsrate nach rechts verschoben hatte, das demokratische Element im Bankrate
wieder die Oberhand gewann. Die Zürcher Kantonalbank funktioniert nun schon bald ein Vierteljahrhundert, sie steht unter der speeiellen Leitung eines vom Kantonsrate gewählten Bankrates, die Oberaufsicht wird vom Kantonsrate ausgeübt, sie ist also staatlich geleitet, verwaltet und beaufsichtigt; aber noch nie hat auch nur ein Wort davon verlautet, daß im Geschäftsverkehr der politischen

581 Richtung wegen jemand bevorzugt oder benachteiligt worden, oder daß von den politischen Parteien aus der Versuch gemacht worden wäre, die Kantonalbank und ihr Geschäftsgebaren zu beeinflussen.

Auch aus den übrigen Kantonen ist nichts Nachteiliges in dieser Richtung zu unserer Kenntnis gelangt.

Ob Privatbank oder Staatsbank, unsere künftige Monopolbank muß eben so organisiert werden, daß jeder politische Einfluß fern gehalten wird ; die Bankverwaltung muß selbständig sein und nicht bloß einen Zweig der unter der Bundesverwaltung stehenden Staatsverwaltung bilden. Nicht Politiker sollen die Leitung der Staatsbank in ihre Hände nehmen, sondern Fachmänner und Geschäftsleute; Mitglieder der Bundesversammlung sollen sogar aus den Verwaltungsbehörden ausgeschlossen sein, während allerdings die Oberaufsicht bei der Bundesversammlung zu verbleiben hat, welche die hierfür nötigen Organe aufstellen wird.

Ungemein wichtig ist es auch, daß der Geschäftskreis der Staatsbank auf denjenigen einer reinen Noten-, Giro- und Diskontobank beschränkt bleibt und vor allem aus jede Erteilung von direkten ungedeckten Krediten ausgeschlossen wird. Wird die zukünftige Staatsbank auf Grundlage unseres Gesetzesentwurfes organisiert, geleitet und verwaltet, so ist wohl die Gefahr ausgeschlossen, daß dieselbe etwa zu einer Versorgungsanstalt für abgewirtschaftete Politiker, zum gefügigen Werkzeug der politischen Parteien oder zu einem gefährlichen Versuchsfelde für zweifelhafte wirtschaftliche Experimente gemacht werde.

Ad 4. Wir haben der Materialiensammlung zwei sehr interessante Abhandlungen dei- Herren Nationalrat Forrer (Seite 36) und Nationalrat Hilty (Seite 49) über dieses Thema einverleibt, auf welche wir speciell verweisen.

Beide kommen zu dem Schlüsse, daß Privateigentum, somit auch die Aktiven einer Privatbank, g e s i c h e r t e r sei als Staatseigentum. Das Gutachten Hiltys spricht sich in dieser Richtung zuversichtlicher aus, als dasjenige von Forrer, doch kommt auch ersterer zu dem Schlüsse, daß das Wegnehmen von Privateigentum zum Zwecke von Requisitionen und Kontributionen gegen Ausstellung von Bons den Auffassungen des modernen Kriegsrechtes nicht widerspreche und daß der eindringende Feind jedenfalls keine Bedenken tragen würde, auf die Beteiligung des Staates bei einer privaten beziehungsweise
gemischten Bank, ebenso auf das Kontokorrentguthaben und allfällige Depositen des Staates bei dieser Privatbank Besehlag zu legen.

Treffen diese Voraussetzungen zu -- das Gutachten Forrer bestätigt dies in vollem Umfange -- dann ist es mit diesem verßundesblatt. 46. Jahrg. Bd. III.

45

582

minderten Risiko nicht weit her. Der Staat würde wohl nie eine Privatbank zur Trägerin des Notenmonopols machen, bei welcher er nicht mit mindestens der Hälfte des Gründungskapitals beteiligt wäre. Ein Hauptgeschäftszweig der neuen Monopolbank, auch der Privatbank, wird ferner die Besorgung des Kassenverkehrs der gesamten Bundesverwaltung sein; das bisherige Wechseldiskontogeschäft der Staatskasse -- das Wechselporteteuille stieg bisweilen bis auf über 8 Millionen Franken -- hört auf und alle disponibeln Mittel der Staatskasse figurieren künftig als Kontokorrentguthaben des Bundes bei der Monopolbank; auch die Verwaltung der eidgenössischen Wertschriften kann nach unserem Entwurfe derselben übertragen werden.

Das Gutachten Forrer stimmt mit unserer Auffassung, daß die behauptete größere Kriegsgefahr jedenfalls nicht den Ausschlag in der Frage: ,,Staatsbank oder Privatbank11, geben dürfe, vollständig überein.

Allerdings soll das Völkerrecht nicht nur die Beziehungen zwischen verschiedenen Staaten oder staatsähnlichen völkerrechtlichen Subjekten in Friedenszeiten regeln ; vielmehr ist es eine seiner wichtigsten und wohlthätigsten Wirkungen, im Kriegsrecht gewisse Vorschriften für das Verhalten kriegsführender Parteien zu einander aufzustellen.

Allein bis zur Stunde giebt es kein Gesetzbuch des Völkerrechtes, das zwingenden Charakter hätte; denn die privaten Kodifikationen , welche in den letzten Jahrzehnten erschienen sind, können eine solche Autorität, der Natur der Sache nach, nicht beanspruchen. Auch den Thesen der vielangerufenen Brüsseler Konferenz von 1874 kommt dieser Charakter nicht zu ; die Arbeit dieser Kommission wurde den beteiligten Regierungen zwar vorgelegt, aber kein einziger Staat hat dieselbe als völkerrechtlichen Vertrag adoptiert.

Wohl erklärt die Brüsseler Konferenz und erklären eine Reihe von Lehrern des modernen Staatsrechtes das Privateigentum im Kriege als privilegiert; allein das vitalste Interesse der Kriegführenden bedingt so viele Ausnahmen von dieser Regel, daß diese Unverletzlichkeit auf ein schattenhaftes Gebilde zusammenschrumpft. Es ist ein absolutes Gebot der Kriegsführung, daß alle Gegenstände, deren Zerstörung oder Aneignung aus arbiträren Gründen ratsam oder zweckmäßig erscheint, der Verrichtung oder doch. Aneignung preisgegeben sein müssen, und dazu gehört
Geld und Geldeswert nicht minder als Waffen, Geschütze, Pferde und Lebensmittel. Das Zutreffen dieser Voraussetzungen aber stellen die militärischen Organe fest.

Das alte Beuterecht hat zwar aufgehört, eine Stadt oder Ortschaft wird wohl höchstens noch zur Strafe für ihr Verhalten der

583 Plünderung überliefert; aber auf dem Wege der Requisition und der Kontribution nimmt der eingedrungene Feind alles, was ihm zum Kriegszwecke dient, sei es zur Verproviantierung und Sicherung der eigenen Armee, sei es um dem Gegner die Mittel zur Fortführung des Widerstandes zu entziehen. Unsere eigenen militärischen Docenten lehren nichts anderes.

Dabei ist die Ausstellung von Bons, deren Einlösung man der Vorsehung überläßt, eine etwas eigentümliche Illustration der Unverletzlichkeit des Privateigentums und ein ungemein schwacher Beweis für die gesicherte Stellung einer Privatbank im Kriegsfalle.

Es muß vielmehr vom Standpunkte des modernen Kriegsrechtes aus die Möglichkeit eingeräumt werden, daß der Feind die Kassenbestände einer Privatbank ausräumt und in der Kasse einen Bon zurückläßt, welcher das geschädigte Bankinstitut berechtigt, einen Ersatzanspruch an denjenigen Staat zu richten, der im Friedensschluß als entschädigungspflichtig erklärt wird, und diese Möglichkeit steigert sich -- nach Forrer -- zur Wahrscheinlichkeit, ja Gewißheit, wenn es sich um eine Privatbank handelt, bei welcher der Staat mit Gründungskapital und Kontokorrent-Guthaben beteiligt ist, wie es ja bei unserer eventuellen privaten Aktienbank ganz unzweifelhaft der Fall wäre.

Gewiß darf man sich auch billig darüber verwundern, wie erst heute dieses Kriegsrisiko der staatlichen e Banken eine so große Bedeutung erhält; bei der Gründung unserer zahlreichen Kantonalbanken hat man sich wegen solchen Befürchtungen nirgends abhalten lassen, solche staatlich zu organisieren, und doch führt der Kriegspfad nach Bern an diesen kantonalen Instituten vorbei.

Ein gediegener Kenner des Bankwesens (von Philippowich : Die Verlängerung des Reichsbankprivilegiums. Jena 1890) hat den Ausspruch gethan : ^Bs hieße doch die Regel nach der Ausnahme konstruieren, die völkerrechtlichen Anschauungen eines etwa eindringenden Feindes zu anticipieren und danach die Organisation unseres Bankwesens einzurichten." In wieviel höherm Maße trifft die Nutzanwendung zu für ein Land, welches, wie die Schweiz, auf keine Eroberungszüge ausgehen und als neutraler Staat seine ganze Kraft einsetzen, wird, von der Invasion fremder Heere verschont zu bleiben.

Und wenn das Äußerste nicht zu vermeiden wäre, wenn wir mithineingerissen würden in den Strudel
kriegerischer Ereignisse, wenn die Bundesverwaltuag sich nicht mehr sicher fühlen würde in der Bundeshauptstadt, so würde man, eingedenk des Jahres 1798, wohl rechtzeitig dafür Sorge tragen, daß ein allfällig eindringender Feind keine g e f ü l l t e n Kassen auf unserer Staatsbank vorfindet.

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Aus den vorstehend entwickelten Gesichtspunkten empfehlen wir der Bundesversammlung, im Ausführungsgesetze zu Art. 39 der Bundesverfassung die erste Alternative des Verfassungsartikels, d i e reine, u n t e r gesonderter Verwaltung stehende Staatsb a n k , als Grundlage anzunehmen.

III. Motive und Erläuterungen zum übrigen Gesetzesentwurf.

Abschnitt I. Allgemeines (Art. 1--5).

Art. i. F i r m a und H a u p t a u f g a b e der B a n k . Die Firmabezeichnung der Monopolbank bietet wesentlich geringere Schwierigkeiten, als wenn wir es mit einer privaten oder gemischten Centralbank zu thun hätten. In Betracht dürften fallen : Bundesbank, Staatsbank, Landesbank.

Wir verzichten von vorneherein auf die letztere Bezeichnung, weil in den bisherigen Diskussionen der Name Landesbank im Sprachgebrauch sich allgemein, uns zwar nur schwer verständlich, als Bezeichnung der privaten Centralbank, im Gegensatz zur Bundesbank oder Staatsbank, herausgebildet hat und deshalb zu Mißverständnissen führen müßte.

Gegen den zwar wohlklingenden Namen ,,Staatsbank" spricht der Umstand, daß auch die zahlreichen Kantonalbanken als Staatsbanken bezeichnet werden und einige Banken der romanischen Schweiz bereits den Namen ,,Banque d'Etat" tragen.

Der Name ,, Bundesbank" dürfte den Verhältnissen am besten entsprechen, wir sprechen ja auch von ßundesschuld, Bundesanleihen, und d e m B u n d e überträgt der neue Artikel 39 das ausschließliche Recht zur Ausgabe von Banknoten; wir vermeiden damit zugleich unzuträgliche Kollisionen mit dem im Handelsregister unter der Bezeichnung ,,Eidgenössische Bank A.-G.a bereits eingetragenen Privatinstitut.

Zu den schon im Verfassungsartikel aufgezählten H a u p t a u f g a b e n der Bundesbank haben wir noch die unentgeltliche Besorgung des Kassenverkehrs des Bundes aufgenommen, soweit ihr derselbe übertragen wird; wir kommen hierauf bei den Art. 6 und 7 einläßlicher zurück.

585 Artikel 2, S i t z der B a n k , Z w e i g a n s t a l t e n , löst die im Verfassungsartikel ebenfalls noch offen gelassene Sitzfrage, und zwar zu gunsten der Stadt Bern.

Wir legen der Sitzfrage keine primordiale Bedeutung bei.

Verschiedene unserer Gutachten stimmen darin überein, daß demjenigen Platze, welcher zum Sitze der Bundesbank auserkoren wird, besondere geschäftliche Vorteile nicht erwachsen sollen; es ist vielmehr Aufgabe der Organisation, dafür zu sorgen, daß auf den in erster Linie in Betracht fallenden sog. Bankplätzen Basel, Genf, Lausanne, St. Gallen und Zürich Zweiganstalten (Niederlassungen) ersten Ranges errichtet werden, welche diesen Verkehrscentren in direkter Weise alle Vorteile bieten, welche sie für ihren Verkehr zu beanspruchen berechtigt sind.

Wir stellen deshalb den Grundsatz auf, daß die Bundesbank allerorts in der Schweiz Zweiganstalten oder Agenturen zu errichten berechtigt sei und daß jeder Kanton A n s p r u c h daraufhabe, daß eine solche Niederlassung auf seinem Gebiete errichtet werde.

Wir stellen absichtlich kein Obligatorium auf, da wir uns die Möglichkeit vorstellen können, daß der eine oder andere kleinere Kanton oder Halbkanton auf eine Zweiganstalt lieber verzichtet, um jede Konkurrenz von einem kantonalen Institute fern zu halten.

Gewiß könnten einige Vorzüge herausgefunden werden, wenn unsere Bundesbank ihren Hauptsitz auf einem obiger Hauptbankplätze hätte aufschlagen können, aber je mehr wir den Geschäftskreis auf denjenigen einer reinen Noten-, Giro- und Diskontobank einschränken, um so weniger fällt ein Bankplatz ersten Ranges in Betracht. Es ist vielleicht sogar besser, wenn die oberste Leitung nicht den täglichen und stündlichen Eindrücken, wie sie sieh auf einem Bankplatze geltend machen, ausgesetzt ist, und wenn sie in ihren Entschließungen durch allgemeine Gesichtspunkte und nicht durch die Vorgänge eines einzelnen Platzes sich leiten läßt.

Für B e r n sprechen überdies die centrale Lage und die raschen Verbindungen mit der ganzen Schweiz; Genf und Basel würden wohl schon wegen ihrer geographischen Lage kaum in Frage kommen.

Mit unserem Vorschlage verknüpfen wir .ferner die Hoffnung, einen vielleicht peinlichen Streit von rivalisierenden Bankplätzen beseitigt zu haben; Bern kann als centraler und neutraler Platz von allen übrigen
.acceptiert werden und unbestritten bleiben; auf einer andern Basis wäre ein energischer Kampf zwischen den sog. Bankplätzen unvermeidlich.

Die in Lemma 2 eingeräumte Befugnis, bestehende Banken ,zu erwerben und als Zweiganstalten fort zu betreiben, hat namentlich

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eine wesentliche Bedeutung für die Organisationsperiode (vergleiche Art. 48 der Übergangsbestimmungen), indem eine solche Erwerbung der rascheste Weg wäre, um auf den Zeitpunkt der Eröffnung der Gechäftsthätigkeit der Bundesbank auf den schweizerischen Hauptbankplätzen bereits organisierte Zvveiganstalten zur Verfügung zu haben.

In mehr formeller Beziehung bemerken wir noch, daß wir längere Zeit zwischen der Bezeichnung Zweiganstalt und Niederlassung geschwankt haben. ,,Niederlassung" wäre vielleicht der umfassendere und technisch richtigere Ausdruck gewesen: zu gunsten von ,,Zweiganstalten u spricht jedoch der Umstand, daß das deutsche Bankgesetz diesen Ausdruck ebenfalls acceptiert hat, insbesondere aber noch die Thatsache, daß die Benennung Zweiganstalt bereits in Lemma 5 des Verfassungsartikels festgenagelt ist.

Es ist wohl am richtigsten, das V e r h ä l t n i s der B u n d e s b a n k zu den K a n t o n a l b a n k e n hier in Art. 2, welcher die Zweiganstalten und die eventuelle Erwerbung bestehender Banken berührt, einer nähern Betrachtung zu unterziehen, wobei wir von vornherein zugeben, daß hier eine der schwierigsten Seiten unserer Bankfrage vorliegt.

Die drei Eingaben aus Kantonal bankkreisen gehen zwar mit unserer Auffassung in folgenden Punkten einig: Gründung einer Staatsbank mit eigenem Kapital, unter Ausschluß von privater Aktienbeteiligung.

Beschränkung des Geschäftskreises der Monopolbank auf denjenigen einer reinen Noten-, Giro- und Diskontobank und gänzliche Überlassung des Hypothekarverkehrs und des Sparkassawesens an die Kantonal- bezw. Privatbanken.

Verzichtleistung auf eigene Filialen und Agenturen überall da, wo nicht die Bedeutung des Ortes als Handelsplatz eine solche gebieterisch erfordert, oder wo, z. B. auf Nebenplätzen, die Errichtung von solchen Niederlassungen zur Vermeidung jeder Konkurrenz mit einem bestehenden kantonalen Institute ausdrucklich nicht gewünscht wird.

Auch das begreift man in Kantonalbankkreisen gar wohl, daß die Kantonalbanken, welche sämtlich kantonalem Gesetze unterworfen und kantonalen Behörden verantwortlich sind und überdies Geschäfte betreiben, welche der Bundesbank verboten sind, keine eigentlichen Zweiganstalten dieser letztern sein können.

Allein die Kantonalbanken können sich nur schwer au den Gedanken gewöhnen, daß ihnen der aus der Ausgabe von Banknoten direkt gezogene Gewinn entgehen soll. Sie suchen und

587 tasten nach einer Organisation der neuen Staatsbank, bei welcher sie auf irgend eine Weise am Gewinn der Notenemission beteiligt bleiben; sie erwägen, in welcher Weise die Kantonalbanken als mehr oder minder selbständige Filialen oder als provisionsberechtigte Agenturen der Staatsbank funktionieren könnten.

Unter sich selber ganz uneinig, wie diese Organisation zu gestalten wäre, vereinigen sie sich in dem Bestreben, ihren respektiven Instituten einen bisherigen, direkt bezogenen Gewinn zu erhalten; weniger um die zukünftige Rangstellung ist es ihnen zu thun, als um Abwendung einer Sehmälerung des Jahreserträgnisses, von welcher sie gleichzeitig befürchten, in der Erfüllung ihrer Aufgaben auf kantonalem Gebiete einigermaßen gehemmt zu werden.

Wir haben lange, aber vergeblich nach einem modus vivendi gesucht, welcher gestattet hätte, die sich entgegenstehenden Interessen zu versöhnen; allein wir sind nach einläßlicher Prüfung zu dem Schlüsse gelangt, daß alle von den Kantonalbanken in Erwägung gezogenen Kombinationen teils die schon durch den Verfassungsartikel umschriebene Hauptaufgabe der Bundesbank verunmöglichen würden oder geradezu als verfassungwidrig bezeichnet werden müssen, und daß die einzig mögliche Berücksichtigung der Kantonalbanken eben darin liegt, daß die Bundesbank ihren Geschäffcskreis auf denjenigen einer reinen Noten-, Giro- und Diskontobank beschränkt und durch Verzichtleistung auf jede weitere Konkurrenz auf allen übrigen Geschäftszweigen der Bankthätigkeit denselben ermöglicht, als lebensfähige Bankinstitute fortzuarbeiten und die ihnen von Kantons wegen gestellten Aufgaben zu erfüllen.

Wir leiten diese unsere Schlußfolgerungen schon im allgemeinen aus der Erwägung ab, daß die Kantonalbanken unabhängige Gebilde sind und bleiben müssen, die ihren eigenen Aufgaben zu dienen und ihre eigenen Interessen zu wahren haben; eine Filiale der Bundesbank aber ist ihrer Natur nach ein abhängiges Organ, das keine andern Aufgaben zu kennen und Interessen zu wahren hat, als diejenigen der Bundesbank.

Eine ,, unabhängige Filiale a ist ein Unding, ein innerer Widerspruch. Entweder unabhängig o der Filiale, man kann nicht beides zugleich sein. Bei den s p e c i e l l e n Aufgaben, welche der Kantonalbank zukommen, ist es unvermeidlich, daß ihre Interessen mit denjenigen der Bundesbank,
welche berufen ist, den Geldumlauf des Landes zu regeln, in Gegensatz treten. Zweien Herren aber kann man nicht dienen. Die centrale Notenbank, wenn sie ihrer Aufgabe gerecht werden will, braucht eigene Organe, die nur ihr und ihren Interessen gehorchen. Ein anderes Verfahren muß zu Konflikten führen, deren schließliches Opfer

588 sehr wahrscheinlich die Bundesbank sein würde. Das schließt keineswegs aus, daß an solchen Plätzen, an welchen der Verkehr der Bundesbank ein p a s s i v e r , d. h. in der Hauptsache auf Einlösung von Noten und Mandaten und · eventuell auf Inkasso von Wechseln gerichtet sein würde, eine dort bestehende Kantonalbank als Agentur der Bundesbank fungieren würde, etwa in der Form, daß die Bundesbank bei der Kantonalhank einen gewissen, dem Umsätze entsprechenden Stock bares Geld hinlegen und unterhalten würde und letztere dagegen die Einlösung von Noten und Mandaten und den Inkasso von Wechseln kostenfrei für die Bundesbank besorgte.

Aber ganz abgesehen von dieser allgemeinen Betrachtung muß der Bundesrat den Vorschlägen aus Kantonalbankkreisen, soweit sie auf eine finanzielle Begünstigung der Eantonalbanken hinzielen, mit aller Entschiedenheit entgegentreten.

Der Art. 5 des Banknotengesetzes, welcher jede Entschädigungspflicht ausschließt, gilt gegenüber allen Emissionsbanken, er ist nicht bloß gegen die Privatbanken gerichtet, und hätten die Eantonalbanken ausnahmsweise berücksichtigt werden wollen, so hätte das im Verfassungsartikel gesagt werden müssen. Wir wollen nun gerne zugeben, daß der Art. 39 den Kantonalbanken nicht besonders benagt. Er ist überhaupt nur unter Konzessionen zu stände gekommen ; aber dieselben lauten nicht zu gunsten der Kantonalbanken, sondern ausdrücklich zu gunsten der Kantone -- es giebt ja auch solche ohne Kantonalbanken -- welche mit zwei Dritteilen des Reinertrages entschädigt werden sollten für den Ausfall, welcher den Kantonen direkte aus dem Verluste der Notensteuer und indirekte durch den verminderten Anteil am Reingewinn der mit Staatsgeldern dotierten Banken erwachsen. Es wäre nun von unserm Standpunkte aus gar nichts dagegen einzuwenden, wenn die Kantone zu gunsten ihrer Eantonalbanken auf die aus dem Notenmonopol ihnen zufließenden Einnahmen ganz oder teilweise verzichten wollten, allein zweimal kann man die Bundesbank unmöglich in Mitleidenschaft ziehen, einmal direkte zum Ersatz eines den Eantonalbanken entgangenen Gewinnes, und dann noch einmal zur Schadloshaltung der Kantone durch Abtretung von zk des Reinertrages.

·.· · .

.

Wie denken sich übrigens die Vertreter der Kantonalbankeü diese Beteiligung am Ertrage des Notenmonopols?' Man verlang^ daß
die mit einer Notenemission von cirka 200 Millionen Franken ausgerüstete Bundesbank den Kantonalbanken 70, 120, 150 Millionen Franken Banknoten unverzinslich, aber unter gewissen Vorschriften

589 betreifend Bardeckung und Einlösungspflicht, überlasse; oder man beansprucht unverzinsliche und für längere Zeit unaufkündbare Anleihen, wahrscheinlich in gleicher Höhe, deren Betrag den Kautonalbanken mittelst Banknoten ausgerichtet werden solle. Beides kommt natürlich auf das Gleiche heraus. Anstatt daß die Bundesbank, wie es Art. 39 der Bundesverfassung vorschreibt, das Notenmonopol ausschließlich ausübt, würde dieses Monopol in förmlich verfassungswidriger Weise bis zu drei Vierteilen der Notenemission der Vielheit aller Kantonalbanken wieder ausgeliefert und damit die Hauptaufgabe der Monopolbank, die einheitliche Regulierung des Geldstandes, verunmöglieht.

Wie wollte auch die Bundesbank mit den ihr belassenen cirka 50 Millionen Franken noch die dem Lande so notwendige einheitliche Diskontopolitik beherrschen, wenn, im Besitze dieser unverzinslichen Millionen, jede Kantonalbank, wie früher die Emissionsbanken überhaupt, bei ihren Operationen in einseitiger Weise lediglich vom eigenen Interesse sich leiten ließe?

Und zu welchem eingentümlichen Gebilde würde unsere neue Bundesbanknote bei diesen Vorschlägen : Der Bund überträgt das Notenmonopol einer Bundesbank, welcher die selbstverständliche Pflicht zufällt, diese Noten jederzeit wieder einzulösen und ihre metallenen Reserven danach einzurichten. Die den Kantonalbanken unverzinslich abzutretenden Noten erhalten ein ,,Erkennungszeichen1'', einen kantonalen Stempel, wodurch die erste Einlösungspflicht dein betreffenden kantonalen Institut zufällt. Da aber die Bundesbank und ihre Zweiganstalten nie wissen, welche Noten und in welchen Quantitäten bei ihnen direkte zur Einlösung vorgewiesen werden, so müßte auch noch die Bundesbank für eine Bardeckung sorgen, welche jeden Gewinn auf der von ihr direkte bewerkstelligten Notenemission verunmöglichen müßte. Das wäre keine lebens- und entwicklungsfähige Bundesbank mehr: schon in gewöhnlichen Zeiten würde unsere Bundesbank eine Deficitbank, während die Kantonalbanken von der Notenemission des Bundes lukrieren, und in Zeiten von finanziellen Krisen und politischen Verwicklungen müßte sich eine schon in ruhigen Zeiten .vorhandene beständige Gefahr für die Bundesbank zur sofortigen Katastrophe steigern.

So haben wir den Art. 39 der Bundesverfassung allerdings nicht verstanden, und es bleibt uns
unfaßlich, wie eines verhältnismäßig so geringen Gewinnes halber, welchen die Kantonalbanken bisher aus ihrer Notenemission gezogen haben, eine so ungesunde und gefahrdrohende Organisation geschaffen werden will.

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O

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Allerdings gehen die Berechnungen über diesen Gewinn auseinander, wobei neben dem maßgebenden Diskontosatz das quod erat demonstrandum eine ungemeiu wichtige Rolle spielt. Wir halten es nicht am Platze, solche Berechnungen hier durchzuführen, aber die Urteile gewiegter Fachkenner stimmen darin überein, daß bei einem Diskontosatz von 3 °/o uod unter Berücksichtigung von 50°/o Bardeckung, von lla °/o kantonaler Notensteuer, von Vio °/o eidgenössischer Kontrollgebühr, der Kosten für Ankauf und Ersatz von Notenformularen und des Anteils an den allgemeinen Verwaltungskosten der Bank dieser Nettogewinn, auf die Emissionssumme bezogen, höchstens */2 °/o betragen dürfte.

Daß übrigens dieser Gewinn aus der Notenemission, welcher sich für die zukünftige, von allen Noten- und sonstigen Steuern befreite Bundesbank und bei der weit größern Umlaufsfähigkeit ihrer Noten mehr als verdoppeln wird, für die gegenwärtigen Emissionsbanken zur Stunde kein erheblicher ist,, beweist wohl die Thatsache, daß schon mit dem Inkrafttreten des Banknotengesetzes 7 Institute, darunter die eidgenössische Bank, auf ihr Emissionsrecht verzichtet haben, daß weitere Banken ihnen gefolgt sind, so namentlich die Bank in Zürich, welche noch vor wenigen Jahren ihre Emission von 6 auf 20 Millionen Franken erhöht hatte, und endlich besitzen wir ja io der Schweiz eine Reihe größerer und selbst größter Bankinstitute, welche dea Beweis geleistet haben, daß sie ohne Notenemission nicht nur zu existieren, sondern zu florieren vermögen.

Wir körinen nicht zugeben, daß der aus dem Verlust des Emissionsrechtes resultierende Ausfall die Kantonalbanken in der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben oder gar in ihrer Existenz ernstlich bedrohen könnte ; andererseits glauben wir, mit unserm Organisationsentwurfe alles gethan zu haben, um jedes schädigende Konkurrenzverhältnis zu beseitigen und die künftigen Beziehungen zu angenehmen zu gestalten.

Art. 3 . H ö h e u n d B e s c h a f f u n g d e s G r u n d k a p i t a l s .

Die einzelnen Vorschläge für die Höhe des Grundkapitals variieren zwischen 20 und 50 Millionen Franken. Der Bundesrat ist der Ansieht, es sollte dieses Kapital, welches ja in erster Linie bestimmt ist, den Bankgläubigern als Sicherheit zu dienen, nicht allzu hoch bemessen werden. Die Sorge um Verwendung, beziehungsweise Verzinsung
des Kapitals soll die Bank nicht zu Geschäften drängen, die sie sonst nicht abschließen würde. Wir beschränkten unsern Vorschlag deshalb auf 25 Millionen Franken, haben aber für den Fall, als sich diese Dotation später als ungenügend er-

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weisen sollte, es in die Kompetenz der Bundesversammlung gelegt, eine Erhöhung des Grundkapitals auszusprechen.

Die Frage der B e s c h a f f u n g des Grundkapitals bildete den Gegenstand längerer Beratung, sowohl im Expertenkollegium des Finanzdepartements, als im Schöße des Bundesrates. Auf dem Boden der reinen Staatsbank, auf den wir uns gestellt haben, schien uns jede Beteiligung des Privatkapitals in irgend welcher Form ausgeschlossen, wohl aber zogen wir in Erwägung, ob nicht den Kautonen eine Participation am Grundkapital in der Form von Anteilscheinen mit beschränkter Übertragbarkeit (an Kantonal hanken und kantonale Speeialfonds zum Zwecke von Geldanlagen) eingeräumt werden sollte. Wenn wir schließlich die Beteiligung der Kantone an der Beschaffung des Grundkapitals haben fallen lassen, so geschah es wesentlich aus folgenden Erwägungen : Der Verfassungsartikel selber ordnet die Beteiligung der Kantone an der Bundesbank durch Zuwendung von mindestens zwei Dritteilen des Reingewinnes; die Beteiligung am Grundkapital wäre gewissermaßen eine Ausdehnung des Verfassungsartikels.

Sind die Kantone auch am Grundkapital beteiligt, so wird fast notgedrungen eine Kollision der eigenen Interessen eintreten.

Je größer der Zins des Grundkapitals, je kleiner der zur Verteilung gelangende Reingewinn.

Durch dea Rückzug der bisherigen Banknoten werden insbesondere liejenigen Kantone, welche ihre Kantonalbanken mit einem verhält.iismäßig kleinen Grundkapital ausgestattet oder die Garantie für die durch die Metallreserve von 40 °/o nicht gedeckte Notenemission übernommen haben, in den Fall kommen, Anleihen zur Beschaffung der nötigen Betriebsmittel für ihre Kantonalbanken aufzunehmen, und es würde wahrscheinlich nur ein kleinerer Teil dieser Kantone sich bereit finden lassen, gleichzeitig noch weitere Anleihen zum Zwecke der Beschaffung von Grundkapital für die Bundesbank aufzunehmen.

Es ist als absolut ausgeschlossen zu betrachten, daß die Kantone über ihr eventuell einbezahltes Grundkapital hinaus irgend welche weitere Garantie für die Verbindlichkeiten der Bundesbank eingehen würden, während dem Bunde über das gesamte Grundkapital hinaus die unbedingte Garantie für alle Verbindlichkeiten der Bundesbank zufällt; wir halten eine solche ungleiche Verteilung von Rechten und Pflichten zwischen Bund einerseits und Kantonen andererseits in ihrer Stellung zur Bundesbank als unzulässig.

592 Wir wollen endlich nicht verhehlen, daß diese Participation der Kantone am Grundkapital leicht dem Begehren nach einer gewissen Standesvertretung in den Behörden rufen könnte, was wir mit unsern nachfolgenden Ausführungen über die gesamte Organisation der Bundesbank als unvereinbar betrachten.

Unser Gesetzesentwurf läßt die Frage noch offen, ob dieses ausschließlich durch den Bund zu beschaffende Grundkapital von 25, beziehungsweise 50 Millionen Franken durch Ausgabe von neuen Rententiteln oder durch Obligationen zu beschaffen sei; wohl aber stellen wir im Interesse der Stabilität dieses Kapitals und des zu entrichtenden Zinses den Grundsatz auf, daß die Geldbeschaffung gegen Ausgabe nur von solchen Schuldverschreibungeo geschehen dürfe, welche von seiten des Gläubigers nicht gekündet werden können. Diese Vorschrift sichert dem Bunde die von uns gewünschte Stabilität, ohne ihm die Fakultät zu benehmen, bei einem weitern Sinken des Zinsfußes zu einer Kündigung, beziehungsweise Konversion, dieser Bundesschuld zu schreiten.

Art. 4. H a f t b a r k e i t des B u n d e s .

Obschon es zum Wesen einer Staatsbank gehört, daß der Staat für alle Verbindlichkeiten der von ihm errichteten Bank hafte, so soll das im Gesetze, um jede Zweideutigkeit zu beseitigen, ausdrücklich gesagt werden.

Diese Haftbarkeit ist eine unbedingte, allerdings nicht mit der Wirkung, daß ein Gläubiger der Bank, wenn sich letztere im Verzüge befinden sollte, ohne weiteres mit seiner Forderung an die Bundeskasse sich wenden könnte. Der Bund haftet nur, soweit die eigenen Mittel der Bank nicht hinreichen, d. h. für den Fall eintretender Zahlungsunfähigkeit nach durchgeführter Liquidation der Bank.

Art. 5. S t e u e r f r e i h e i t . Dieser Artikel ist die einfache Reproduktion von Lemma 5 des Verfassungsartikels.

Abschnitt II.

Geschäftskreis der Bundesbank (Art. 6 und 7).

. Art. 6. G e s c h ä f t s k r e i s . Die Begrenzung des Geschäftskreiaea der Bundesbank ist wesentlich durch drei Faktoren bedingt: durch die schon im Verfassungsartikel klar ausgesprochenen Hauptaufgaben der Bundesbank, durch die größtmögliche Herabsetzung des Risikos, welches dem Bunde aus der übernommenen unbedingten Garantie für alle Verbindlichkeiten der Bundesbank ei> wächst, und endlich durch die Rücksichten, welche die neue Bundesbank den bestehenden Emissionsbanken und insbesondere

593 den Kantonalbanken schuldig ist. Diese drei Gesichtspunkte weisen gebieterisch darauf hin, daß der Geschäftskreis der Bundesbank auf denjenigen einer reinen Noten-, Giro- und Diskontobank beschränkt bleiben muß.

Wir folgen in diesem Punkte den vortrefflichen Ausführungen des Herrn Banknoteninspektors Schweizer (Seite 71 der Materialiensammlung), welche für uns nicht minder wertvoll sind, wenn sie auch Herr Schweizer für eine Privatbank (Landesbank) aufgestellt hat : ,,Das oberste Gebot der Staatsbank ist die immerwährende Zahluogsfähigkeit. Der Gegenwert aller Schulden an dritte, nicht nur der kurzfälligen, auch derjenigen auf Zeit, muss liquid vorhanden sein. Ihre erste Sorge ist auf einen starken Barvorrat zu richten.

Die ihr durch die Verfassung gestellte Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes, mit andern Worten, den Vorrat und den Umlauf an metallenen und fiduziären Zahlungsmitteln den Bedürfnissen des Verkehrs und dem Schutz der Landeswährung gemäß zu regeln, kann sie nur als reine Noten-, Giro- und üiskontobank und nur durch ihre e i g e n e n O r g a n e erfüllen. Die Ausgabe und Einlösung der Noten, die Einzahlungen und Auszahlungen auf Giro-Conto, der Inkasso und Mandatverkehr, und die Kassengeschäfte des Bundes, durch ihre eigenen Kassen vermittelt, giebt ihr allein die Möglichkeit, den Geldumlauf des Landes zu kontrollieren. Die Bewegungen des Geldmarktes, das Anziehen und Nachlassen des Geldbegehrs kann sie nur durch ihre eigenen Organe fühlen, durch eigene über das ganze Land verteilte Zweiganstalten, die nur für sie zu wirken haben. Nur durch ihre eigenen Organe, die keine anderen Gesichtspunkte und Aufgaben kennen, kann die Kontrolle des Geldstandes und die Regelung des Geldumlaufes wirksam geübt werden; nur eigene Organe werden die Weisungen der Centralleitung gleichmäßig und stetig zur Ausführung bringen.

Die Staatsbank hat ihren Geschäftskreis auch deshalb auf denjenigen einer Diskontobank zu beschränken, um den bestehenden Banken, wobei zunächst an die Kantonal banken zu denken ist, keine schädigende Konkurrenz, sondern allen einen Rückhalt zu bieten.

Die Staatsbank soll bereit sein, die Wechsel, welche die übrigen Schweizerbanken besitzen, riickzuskontieren, während sie selbst ihre Wechsel nicht weiter cediert. Sie soll in Wirklichkeit die Bank der Banken sein; um dem
gewachsen zu sein, darf sie ihre Mittel und Thätigkeit nicht auf andere Gebiete zersplittern."1 Damit ist aber auch der Geschäftskreis der Bundesbank, wie er durch Ziffer l--9 vorgeschlagen wird, ein von vornherein gegebener; auch die Befürworter der Privatbank werden in dieser Umschreibung des Geschäftskreises mit uns einig gehen.

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Als neu heben wir einzig Ziffer 7 hervor, durch welche wir d i e A u s g a b e v o n G o l d - u n d S i l b e r c e r t i f i k a t e n i n den Geschäftskreis der Bundesbank aufgenommen haben. Wir sind den wiederholten diesbezüglichen Anregungen des Herrn Nationalrat Dr. Joos nie grundsätzlich entgegengetreten, haben aber stets darauf hingewiesen, daß diese Idee nur durch die Errichtung eines centralen Bankinstitutes verwirklicht werden könne. In welchem Umfange sich diese Institution bei uns einleben oder, mit Herrn Dr. Joos zu reden, unsere Bevölkerung sich auf diesem Wege des Gebrauches von metallenen Cirkulationsmitteln im täglichen Verkehr entwöhnen werde, wird allerdings erst die Zukunft lehren.

Wir waren ängstlich bestrebt, alles auszumerzen, was die Hauptaufgabe der Bundesbank, den Geldumlauf des Landes zu regeln, und ihre immerwährende Zahlungsfähigkeit beeinträchtigen könnte ; wir organisieren dieselbe ferner so, daß sie durch die Einrichtung eines ausgebildeten Giro- und Mandat verkehr s eine Centralstelle ersten Ranges für die Erleichterung des Zahlungsverkehrs des ganzen Landes werden wird; wir übertragen ihr endlich die unentgeltliche Besorgung des gesamten Kassenverkehrs der Staatskasse und der verschiedenen Bundesverwaltungen.

Wie mangelhaft und unzulänglich unsere bisherigen Einrichtungen betreffend eine centrale Girostelle waren, beweisen am besten die Erfahrungen, welche bisher mit der ,,Centralstelle der schweizerischen Konkordatsbanken" gemacht wurden.

Um die Ausführung der Gesetzesbestimmungen für sich selbst zu erleichtern und die sich daraus zwischen ihuen ergebenden Verkehrsverhältnisse gleichmäßig zu ordnen, haben nämlich eine Anzahl Emissionsbanken (gegenwärtig 25 von 35) unter sich ein Konkordat abgeschlossen. Gleichzeitig ist unter der Bezeichnung ,,Centralstelle der Konkordatsbanken11 eine gemeinsame Depositound Kompensationskasse unter der Leitung und Verantwortlichkeit einer Konkondatsbank errichtet worden.

Die Centralstelle sollte sich zu einem ,,Clearinghouse" ausbilden, bei welchem die Emissionsbanken auf Grund der dort liegenden Bardepots ihre gegenseitigen Verbindlichkeiten regelmäßigausgeglichen hätten.

Im Anfange wurde diese Centralstelle von den Banken in der That sehr häufig benützt; nach und nach aber nahmen die Umsätze ab.

In den beiden ersten Jahren -- 1883 und 1884-- überstiegen die Übertragungen von Conto auf Conto den Betrag von 100 Millionen Franken, um sprungweise in den folgenden Jahren auf

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70, 41, 20, 9 und 4 Millionen Franken zu sinken; die Jahre 1891 und 1892 brachten wieder eine Erhöhung auf lö Millionen Franken.

Verschiedene Ursachen haben zur Vernachlässigung dieser Einrichtung geführt. Teils wareu es die Bestimmungen des Gesetzes über die Notendeckung, teils auch die Abneigung der Banken, sich im allgemeinen Interesse freiwillig irgend einer Leistung zu unterziehen, welche mit Kosten verbunden ist. So wurde die Kompensation der Noten durch die Centralstelle aufgehoben, weil sie einen allzu häufigen Rückfluß der Noten zur Folge hatte; auch der Ausgleich der Guthaben von Wechselinkasso herrührend wurde von der Centralstelle ausgeschlossen. Die Abschaffung dieser letztern Bestimmung des Konkordats ist der hauptsächlichste Grund, weshalb heute die Centralstelle zum Ausgleich von Verbindlichkeiten sozusagen nicht mehr benutzt wird.

Schon in seiner Botschaft vom 30. Dezember 1890 betreffend die Revision des Banknotenartikels 39 hatte der Bundesrat auf die segensreiche Wirksamkeit der Deutschen Reichsbank als Girostelle hingewiesen, welche im einzigen Jahre 1889 Übertragungen auf demselben Platze in der Höhe von 14Va Milliarden Mark und Übertragungen von einem Platze zum andern von H 3 /4'Milliardeu Mark vermittelt habe.

Welche Bedeutung einer solchen Girostelle, welche, nicht von bloßen Gewinnrücksichten geleitet, eine gesunde und nationale Diskontopolitik betreibt, von fachmännischer Seite beigelegt wird, beweist auch eine aura Dossier des Bundesrates gelegte Broschüre des Herrn Prof. Dr. J u l i u s W o l f -- Zürich 1888 --, welcher in jenem Stadium die Reform des schweizerischen Notenbankwesens und die Beseitigung der vorhandenen Übelstände in der bloßen Schaffung einer eidgenössischen Girostelle suchte.

Wir sprechen die zuversichtliche Hoffnung aus, daß unsere Bundesbank diesem Mangel eines ausgebildeten Girosystems, welches eine wirtschaftliche Inferiorität für die Schweiz bedeutet, ein gründliches Ende bereiten wird.

Obwohl die Aufzählung der e r l a u b t e n Geschäftszweige in Art. 6 von selber begrenzend wirkt, d. h. die nicht aufgeführten a u s s c h l i e ß t , so wollen wir gleichwohl nicht unterlassen, in unserer Botschaft noch besonders hervorzuheben, daß wir mit einer richtigen Erfüllung der der Bundesbank gestellten Hauptaufgaben, mit dem strengen Maßstab,
welcher an die Operationen einer Bundesbank gelegt werden muß, und endlich mit den Rücksichten, welche wir den bestehenden Banken schuldig sind, den Betrieb verschiedener bei den Privatbanken und Kantonalbanken üblicher Geschäfte für unvereinbar halten. Wir haben dabei hauptsächlich im Auge:

596 a. das Darleihensgeschäft in laufender Rechnung; b. den Hypothekarverkehr; c. das Sparkassawesen ; d. den An- und Verkauf von Wertpapieren filr Rechnung dritter.

Ad a. Es muß als oberster Grundsatz einer guten Notenbankpolitik aufgestellt werden, die verfügbaren Mittel nur in kurzsichtigen, rasch und sicher wieder eingehenden Forderungen anzulegen; Vorschüsse oder Darleihen aber können nicht zu diesen liquiden Geld anlagen gerechnet werden.

Allerdings werden die Kredite oder Darlehen in laufender Rechnung nur unter Voraussetzung der Kündbarkeit, in kürzerer oder längerer Frist erteilt. Ein solches Kontokorrent-Verhältnis hat aber doch immer eine gewisse Stabilität zur Voraussetzung, in dem Sinne, daß eine Kündigung, ganz oder teilweise, von Seiten der Bank nur dann erfolgt, wenn der Schuldner oder die von ihm geleistete Deckung nicht mehr die nötige Sicherheit bietet, nicht aber, daß die Bank ihre so ausgelehnten Mittel zurückzieht, weil sie ihrer anderweitig bedarf.

Eine Bank wäre schlecht bestellt, wenn sie in geldknappen Zeiten auf die Rückzahlung gekündigter Kontokorreat-Vorschüsse zur Stärkung ihrer Mittel angewiesen wäre, d. li. gerade zu der Zeit, in welcher der Schuldner das Geld selbst am nötigsten bedarf und die meiste Mühe hätte, Geld anderwärts zu beschaffen.

Das Gesagte gilt gleichmäßig gegenüber Privaten und Bankinstituten, und gerade letztern gegenüber, welche die Bundesbank als einen Rückhalt betrachten, könnte in Zeiten von Krisen schwerlich an ein Geltendmachen solcher Forderungen gedacht werden.

Ad b. Es verträgt sich schwer mit der Hauptaufgabe der Bundesbank, viele Hunderte von Millionen Franken in H y p o t h e k a r a n l a g e n zu immobilisieren; die Staatsbank wäre auch außerstande, Hoffnungen zu erfüllen, welche in Kreisen der Hypothekarschuldner in jüngster Zeit noch erweckt worden sind. Es muß in das Reich unerfüllbarer Utopien verwiesen werden, wenn der Glaube verbreitet werden will, eine Bundesbank könne bei den gegenwärtigen Verhältnissen des Geldmarktes dem Hypothekarschuldner Geld zu 3--3 l l2°lo verschaffen, bezw. bei 4 °/o Verzinsung könnte dann */2--l % zur Amortisation des Kapitals verwendet werden.

Auch die Bundesbank könnte ihre Gelder nicht, billiger ausleihen, als wie sie solche selber verzinsen muß. Nun ist ja total ausgeschlossen, daß solche
Hypothekaranlagen mittelst den aus dem Check- und Giroverkehr eingehenden und zu niedrigem Zinsfuß verzinslichen Geldern bewerkstelligt werden könnten. Hypothekarisch

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versicherte Anlagen bedingen eine Obligationeuschuld von gleicher Höhe, und Anleihen von solcher Höhe, ob durch den Bund oder die Bundesbank emittiert, könnten auch bei den günstigsten Verhältnissen nicht unter 3Va °/o abgeschlossen werden; würde für Verwaltungsspesen, Verluste und Abschreibungen, Einlage in den Reservefonds nur */4 °/o hinzugeschlagen, so würden wir bereits vor 38/4 °/o stehen, zu welchem Zinsfuße jetzt schon gute Schuldbriefe von den Hypothekarkassen und kantonalen Hypothekarinstituten übernommen werden. Ebenso halten wir dafür, daß sowohl bezüglich der Bewilligung eines Hypothekardarleihens überhaupt, als der Höhe der Belastung es für dea Hypothekarschuldner vorteilhafter ist, wenn er sich in der Nähe umsieht, als wenn er seine Blicke nach der Bundesbank richten muß.

Unter allen Umstünden aber könnte vom Hypothekar verkehr als Geschäftszweig für die Bundesbank so lange keine Rede sein, als sich derselbe nach 25 kantonalen Gesetzgebungen regelt ; die Unifikation des Hypotliekarrechtes, welches durch unser Obligationenrecht ausdrücklich der kantonalen Gesetzgebung unterstellt ist, müßte jedenfalls vorausgehen, und auch dann noch ist eher die Gründung einer besondern schweizerischen Hypothekenbank als die Verschmelzung mit der Bundesbank ins Auge zu fassen.

Ad c. Die Annahme von S p a r k a s s a e i n l a g e n bildet in Zeiten von finanziellen Krisen, wo jedermann seine Sparpfennige zurückzuziehen sich beeilt, eine beständige Gefahr für die betreffenden Institute; wie viel größer und verhängnisvoller aber müßte dieselbe werden für eine Bundesbank, bei welcher Millionen solcher Spargelder auf einmal zur Rückzahlung angemeldet werden könnten.

Schon von diesem Gesichtspunkte aus überlassen wir das Sparkassawesen lieber den kantonalen und privaten Instituten, wo das Risiko um so kleiner wird, auf wie mehr Schultern es sich verteilt.

Überdies hat unser Sparkasaawesen unter der meist unentgeltlichen Leitung und Verwaltung von privaten Sparkassagesellschaften und unter der Mitwirkung von kantonalen Instituten einen so erfreulichen Aufschwung genommen, daß wir, ganz abgesehen von der oben berührten Gefahr, uns nur schwer entschließen könnten, auf diesem Gebiet in Konkurrenz zu treten ; sodann halten wir auch hier dafür, dieser Geschäftszweig eigne sich überhaupt weniger für eine
Bundesbank.

Die Sparkassaeinlage ist nicht mehr, wie früher, ein festes Depositum, wo Pranken um Franken sich ansammelt und alljährlich der Zins zum Kapital geschlagen wird ; die Zeiten sind längst vorbei, wo die Einlagen erst mit Ende des Vierteljahres zinstragend ßundesblatt. 46. Jahrg. Bd. III.

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598 wurden und der Einleger durch statutengemäße Zinsabzüge von der Kündigung abgeschreckt werden konnte. Die Sparkassen sind durch die überall entstehenden Leihkassen und ähnliche Institute gezwungen worden, sich moderneren Anschauungen in den Verhältnissen des Geldverkehrs anzupassen. Auch der Sparkassaeinleger verlangt und erhält heutzutage neben einem Zinse von 3V2 bis 38/4 °/o noch eine gewisse Verfügungsfreiheit über sein Guthaben. Die Sparhefte sind vielerorts so ziemlich zum Kontokorrentbüchlein der kleinen Leute geworden.

Wollte die Bundesbank auch diesen Geschäftszweig kultivieren, so könnte sie die Sparkassaeinlagen kaum anders als wie Verbindlichkeiten mit kürzerer Fälligkeit behandeln, die metallenen Geldreserven entsprechend vermehren und ihren Zinsfuß danach einrichten, womit aber dem Einleger offenbar nicht gedient wäre; er würde an jedem andern Orte einen höhern Zins erlangen.

Was hier not thut, ist das, daß auf gesetzgeberischem Wege für die Sicherheit der Einleger bei Sparkassainstituten durch Bestellung von Faustpfändern in Drittmannshänden gesorgt werde, wie das jetzt schon freiwillig von selten verschiedener Institute geschieht.

Im übrigen besteht noch eine Wechselbeziehung zwischen dem Sparkassawesen in seiner gegenwärtigen Organisation und dem Hypothekarkredit der kleinen Leute, der Bauern und Kleingewerbetreibenden. Die privaten Sparkassen legen die bei ihnen eingehenden Gelder vorzugsweise und soweit immer möglich in der Nähe an, wo sie den Schuldner und die Unterpfande und deren Bewirtschaftung oder Unterhaltung tagtäglich vor Augen haben, und mancher grundbrave Mann wurde mit seinem Unterpfande, dessen Hinlänglichkeit aus dem Titel selber nicht gerade in die Augen springt, vergeblich bei der Bundesbank oder selbst bei der nächsten Eantonalbauk anklopfen, welchem von Seiten der Sparkasse seiner Gemeinde oder seines Bezirks ohne Anstand geholfen werden kann.

Mit dem Vorstehenden wollen wir durchaus nicht gesagt haben, daß der Bundesrat es ablehne, sich mit der Frage der P o s t s p a r k a s s e n weiter zu befassen, sofern die betreffenden Bestrebungen in erster Linie darauf gerichtet sind, unsere postalischen Einrichtungen z u r E r l e i c h t e r u n g d e r E i n z a h l u n g e n z u benutzen. Die Postsparkassen bilden den Gegenstand besonderer Beratung des
Bundesrates, nur scheint uns jetzt schon soviel festzustehen, daß nach obigen Ausführungen über die Sparkassen im allgemeinen die Bundesbank nicht in das Verhältnis eines Schuldners zu den Sparkassaeinlegern treten kann.

599 Ad d. Gegenüber den Darlehen in laufender Rechnung beschlägt der An- und Verkauf von Wertpapieren für Rechnung dritter nur einen relativ unbedeutenden und wenig ertragreichen Geschäftszweig der Banken. Die Notenbank wird daher keine Einbuße von Belang machen, wenn sie diesen Geschäftszweig den übrigen Banken überläßt. Sie soll denselben aber schon darum nicht zu dem ihrigen machen, weil der hohe Rang, den sie einnimmt, sie ü b e r das Börsengetriebe stellen und sie nicht dem Verdacht ausgesetzt werden soll, aus Nebenabsichten die Efiektenkurse zu beeinflussen. Wenn die Bank auch nur für Rechnung dritter handelt, so könnte sie vermöge ihrer hervorragenden Stellung doch nicht vermeiden, maßgebend in das Spiel von Angebot und Nachfrage einzugreifeu, während sie demselben neutral gegenüber stehen soll.

Art. 7. K a s s e n v e r k e h r des B u n d e s . Die Besorgung des K a s s a v e r k e h r s des B u n d e s wollen wir ausdrücklich nicht bloß als Giroverkehr, sondern als besondern Geschäftszweig und eine Verpflichtung der Bundesbank aufgeführt wissen, wobei wir es als selbstverständlich betrachten, daß die Staatskasse gänzlich darauf verzichten werde, ihre flüssigen Gelder wie bisher im Wechseldiskontogeschäft nutzbar zu machen.

Die Guthaben des Bundes bei der Bundesbank werden teils jederzeit verfügbar und dann unverzinslich, teils auf Kündigungsfrist mit Anspruch auf eine dieser Frist angemessene Verzinsung angelegt sein.

Getreu dem Grundsatze, daß die Bundesbank in keiner Weise direkte ungedeckte Kredite erteilen dürfe, statuieren wir in Art. 7, daß auch der Bund nur bis zur Höhe seines jeweiligen Guthabens über die Bundesbank verfügen könne; selbstverständlich wäre dadurch keineswegs ausgeschlossen, daß sie bei künftigen Bundesanleihen oder Konversionen von solchen die Vermittlung übernimmt.

Abschnitt MI. Ausgabe, Einlösung und Deckung der Banknoten (Art. 8--16).

'Aus diesem Abschnitt gestatten wir uns folgende Punkte hervorzuheben.

Bezüglich der H ö h e der N o t e n e m i s s i o n halten wir eine gesetzliche Beschränkung nicht für angezeigt. Größen, welche durch die wechselnden Verkehrsbedürfnisse bedingt sind, soll das Gesetz überhaupt nicht binden wollen. Es ist vielmehr wünschbar, daß die

600

Bank einen großen Betrag in Noten zur Ausgabe verfügbar habe, um auch für einen vorübergehend stark gesteigerten Bedarf an Zahlungsmitteln gerüstet und nicht genötigt zu sein, in Ermanglung von Noten den Barvorrat angreifen zu müssen. Die Hauptsache bleibt, daß den in U m l a u f b e f i n d l i c h e n Noten eine genügende Bardeckung gegenüberstehe, und die absolute Höhe der Notencirkulation braucht für so lange keine Bedenken zu erregen, als jene vorhanden ist.

Es ist Sache der Diskontopolitik der Bundesbank, das wirkliche Bedürfnis herauszufinden ; es würde auch absolut nichts nützen, die Notencirkulation über das Bedürfnis hinaus künstlich vermehren zu wollen, indem jede dem Verkehr überflüssig gewordene Note sofort an die Schalter der Bundesbank zurückkehren würde.

Ebensowenig halten wir es für richtig, das Bardeckungsverhältnis g e s e t z l i c h regeln zu wollen, es genügt, eine Minimalgrenze zu bestimmen. Wenn wir hierbei auf 30 °/o gegangen sind (anstatt der bisher den Privatemissionsbanken vorgeschriebenen 40%), so begründen wir das mit dem Hinweis darauf, daß der neuen Bandesbanknote unzweifelhaft eine weit größere, auch auf das Ausland sich ausdehnende Cirkulationsfähigkeit inoe wohnen wird und mit der in Art. 11 niedergelegten weitern Verpflichtung, den ganzen Gegenwert aller kurzfälligen Schulden jederzeit zu mindestens Vs in bar, den Rest in Diskonto- und Auslandswechseln vorhanden zu halten.

Je höher diese Barreserve gehalten wird, je größer ist die Sicherheit; aber diese Barreserve soll im Notfalle auch gebraucht werden können, nicht gehütet werden müssen, wenn sie ihren naturgemäßen Zweck erfüllen soll. Es soll Sache der Bankleitung sein, die Barreserve nach Maßgabe der Verhältnisse zu bemessen und wenn nötig zu verstärken.

Wir führen beispielsweise an, daß die Banque de France gar keine staatlichen Vorschriften über die Höhe der Bardeckung hat, gleichwohl aber betreffend die Verhältnisse des Barvorrates zur Notencirkulation unter allen europäischen Notenbanken obenan steht.

Wir behalten die bisherigen A b s c h n i t t e von 50, 100, 500 und 1000 Franken, welche sich in unsern Verhältnissen eingelebt haben, bei ; dagegen glauben wir für die Bundesbank auf besondere gesetzliche Vorschriften in Bezug auf das Verhältnis zwischen kleinern und größern Abschnitten verzichten zu
dürfen. Allerdings war bei vielen unserer Emissionsbanken -- wir kennen auch rühmliche Ausnahmen -- die Tendenz deutlich hervortretend, möglichst viele kleine Noten auszugeben, welche erfahrungsgemäß viel

601 länger im Umlauf bleiben, als die Abschoitte von 500 und 1000 Franken.

Die Bestimmung im Banknotengesetz von 1881, daß die Noten von 50 Franken höchstens den vierten Teil des Emissionsbetrages einer Bank ausmachen dürfen, war gar nicht überflüssig, und es wäre bei einer bloßen Revision jenes Gesetzes ganz angezeigt gewesen, auch für die Noten von 100 Franken eine ähnliche einschränkende Bestimmung aufzunehmen. Für die Bundesbank aber, welche von ihren Noten keine Steuern zu entrichten hat und welche sich bei ihren Geschäftsprinzipien nicht von der Erzielung einer möglichst hohen Jahresdividende leiten lassen darf, halten wir diese Fesseln nicht für nötig ; auch hier soll nichts anderes entscheiden, als das wirkliche Bedürfnis, und dieses richtig zu beurteilen, muß Sache der Geschäftsleitung bleiben.

Betreffend die E i n l ö s u n g der B a n k n o t e n wird darüber kein Zweifel bestehen können, daß die Bundesbank zu verpflichten ist, an ihrem Hauptsitze jeden Betrag und sofort auf Vorweisung ihre Noten zum Nennwert in gesetzlicher Barschaft einzulösen.

Dagegen halten wir es für ein Gebot der Selbsterhaltung der Bank, daß betreffend die Einlösungspflicht der Zweiganstalten eine gewisse Reserve beobachtet wird, wie es durch Art. 12, litt. &, geschieht; allerdings wird dafür gesorgt werden müssen, daß auch bei den Zweiganstalten die sofortige Einlösung zur Kegel wird.

Ebenso selbstverständlich erscheint die Verpflichtung der Bundesbank, ihre Noten am Hauptsitze und an den Zweiganstalten a n Z a h l u n g s s t a t t a n z u n e h m e n . Wir haben in Art. 13, Lemma l, diese Annahmeverpflichtung auch auf die Bildung von Guthaben ausgedehnt, allerdings mit dem stillschweigenden Vorbehalte, durch die nachher zu erlassenden Réglemente dafür zu sorgen, daß die Möglichkeit von mißbräuchlichen Manipulationen aus dieser Fakultät ausgeschlossen wird.

Die Vorschrift, daß die e i d g e n ö s s i s c h e n ö f f e n t l i c h e n K a s s e n pflichtig sind, die Noten der Bundesbank zum Nennwerte an Zahlung anzunehmen, wird wohl niemand als einen Widerspruch mit Lemma 6 des Verfassungsartikels (Rechtsverbindlichkeit für die Annahme von Banknoten) auffassen wollen, wohl aber mußten wir mit Rücksicht auf das verfassungsmäßige Verbot der Rechtsverbindlichkeit für die Annahme von Banknoten gegenüber dritten
darauf verzichten, auch die kantonalen öffentlichen Kassen denjenigen des Bundes gleich zu stellen. Immerhin wird die Praxis es mit sich bringen, daß die Bundesbanknoten überall an den kantonalen öffentlichen Kassen an Zahlungsstatt angenommen werden.

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Die Vorschriften betreffend beschädigte, abgenutzte, verlorene oder ganz zerstörte Noten (Art. 14 und 15) sind ohne materielle Änderungen denjenigen des Banknotengesetzes von 1881 nachgebildet.

Art. iß. Nach Artikel 114 der Bundesverfassung ist es der Bundesgesetzgebung überlassen, außer den in der Verfassung selbst bezeichneten Gegenständen auch noch andere Fälle in die Kompetenz des Bundesgerichtes zu legen.

Gebrauchmachend von dieser Verfassungsbestimmung, hatte schon das Banknotengesetz von 1881 in Art. 6 statuiert, daß alle aus der Notenemission entstehenden privatrechtlichen Streitigkeiten dem Entscheide des Bundesgerichtes unterliegen, und es war somit das revidierte Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 im Falle, in Art. 50, Ziff. 10, diese Kompetenzen des Bundesgerichtes bereits aufzuzählen.

Es ist kein Grund vorhanden, nunmehr wieder ein anderes Verfahren einzuführen, nachdem das ausschließliche Recht der Notenausgabe an die Bundesbank übergeht ; wir halten vielmehr die Beibehaltung dieser Bestimmung im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung als absolut geboten.

Abschnitt IV. Rechnungsstellung, Reingewinn, Reservefonds, Publizität

(Art. 17--21).

Artikel il steht im Zusammenhange mit dem nachfolgenden Artikel 37, welcher die Oberaufsicht über die Bundesbank und damit auch die Prüfung und Genehmigung der Jahresrechnung der Bundesversammlung überträgt.

Anstatt irgend welches Detail über die bei der Anfertigung der Jahresrechnung zu befolgenden Grundsätze ins Gesetz aufzunehmen, begnügt sich der Entwurf damit, die Bundesbank den diesbezüglichen Vorschriften des Art. 656 des Obligationenrechtes zu unterwerfen und das übrige dem Réglemente zu überlassen.

Art. Ì8--21. So sehr unser Entwurf durch die Beschränkung des Geschäftskreises bestrebt war, alle anfechtbaren und gefahrdrohenden Operationen auszuschließen, so ist bei dem Umfange, welchen die Geschäfte unserer Bundesbank nehmen werden, die Anlegung eines starken Reservefonds, und zwar vorgäogig jeder Gewinnverteilung, eine unerläßliche Sache.

Welche Quote des Reingewinnes soll zu diesem Zwecke verwendet werden? Bei Beantwortung dieser Frage fällt wesentlich ins Gewicht, ob die Bundesversammlung unserm Vorschlage in

603

Artikel 19 zustimmen wird, nach welchem eine Verzinsung des Reservefonds zu Lasten der Jahresrechnung nicht stattfinden soll.

Würde entgegen unserm Antrage die Verzinsung des Reservefonds belieben, so könnte auch der Prozentsatz für die jährliche Einlage etwas tiefer gehalten werden, die Hauptsache ist, daß mit oder ohne den Zinszuschlag eine g e n ü g e n d e Dotation des Reservefonds erfolge. Wir bewegen uns mit unserm Ansätze von 15 °/o etwa in der Mitte der bei unserm Finanzdepartement gemachten Anregungen.

' Eine Begrenzung der H ö h e des R e s e r v e f o n d s haben wir absichtlich unterlassen, da uns heute noch alle Anhaltspunkte fehlen, nach welchen dieselbe etwa bemessen werden könnte. Jedenfalls kann ein Menschenalter darüber vergehen, bis derselbe eine Höhe erreicht haben wird, bei welcher man ohne Bedenken weitere Zuwendungen unterlassen kann und bis dahin wird vielleicht noch eine Reihe anderer Artikel revisionsbedürftig. Inzwischen erklären wir (Art. 20) den Reservefonds als Eigentum der B a n k , was ja keineswegs ausschließt, daß für den zwar unwahrscheinlichen Fall der Liquidation der Bundesbank ein allfälliger Saldo dieses Reservefonds im gleichen Verhältnis zwischen Bund und Kantonen verteilt wird, wie die jährliche Gewinnverteilung nach unserm Entwurf sich vollziehen soll. Durch den Wortlaut von Art. 20 soll überdies dafür gesorgt werden, daß eine anderweitige Inanspruchnahme des Reservefonds als zur Deckung möglicher Verluste am Grundkapital ausgeschlossen ist. Verluste, welche allfällig im Laufe des Jahres erlitten werden, und als nötig erachtete Abschreibungen auf den Jahresschluß sollen immer erst die Gewinn- und Verlustrechnung passieren, und erst wenn der Abschluß dieser Rechnung eine Unterbilanz zur Folge hätte, d. h. wenn das Grundkapital als nicht mehr intakt erscheinen würde, darf und soll der Fehlbetrag dem Reservefonds entnommen werden.

Unser Entwurf sieht, nachdem vorab die Dotierung des Reservefonds erfolgt sein wird, eine V e r z i n s u n g des G r u n d k a p i t a l s bis auf 4 °/o vor. Wir sehen voraus, daß die Festsetzung der ^angemessenen Verzinsung"1, von welcher Lemma 4 des Verfassungsartikels spricht, vob verschiedenen Gesichtspunkten aus wird beurteilt werden. Die Verzinsung des Grundkapitals beeinflußt eben den Reinertrag, und dieser letztere
verteilt sich nicht zu gleichen Teilen unter die Anteilsberechtigten.

Man wird vielleicht einwenden, der Bund erhalte seine 25 Millionen Franken Grundkapital mit Leichtigkeit zu 3Va °/o und solle kein Benefice auf den Millionen machen, mit welchen er die Bundesbank aussteuert. Aber auch die Wahrscheinlichkeit zugegeben,

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daß der Bund in dem Momente, in welchem zur Beschaffung dieses Kapitals geschritten werden muß, mit einem 3 Va °/o Anleihen unterkomme, so darf nicht vergessen werden, daß der Bund mit der unbedingten Haftbarkeit, welche er für die Bundesbank eingeht, ein Risiko übernimmt, welches bei länger andauernden Krisen immerhin nicht unterschätzt werden darf, und daß diese Differenz von einem halben Prozent eben nichts anderes wäre, als eine Risikoprämie, mit welcher Privataktionäre auf dem Boden der centralen Aktienbank sich schwerlich begnügen würden; es würde sich auch empfehlen, eine solche zu gunsten des Bundes resultierende Zinsendifferenz nicht als laufende Einnahme zu betrachten, sondern geradezu zur Anlage eines separaten Garantiefonds zu verwenden.

Sodann läßt der Ausdruck ,,bis auf 4 % a keinen Zweifel darüber, daß diese Verzinsung keineswegs eine sichere ist. Würde das Jahresergebnis weniger als 4 % gestatten, so hätte der Bund als Dotator keinen Anspruch darauf, daß ihm im folgenden Jahr der Fehlbetrag wieder gutgebracht werde; nur vom jeweiligen Jahresergebnis hat er Anspruch bis zu 4 %. Wollte man eine niedrigere Verzinsung annehmen, welche jedoch in keinem Falle unter den Zinsfuß gehen dürfte, zu welchem das zutreffende Bundesanleihen verzinst werden muß, so müßte ein fester Zinsfuß angenommen und zugleich bestimmt werden, daß ein allfälliger Fehlbetrag aus den Reinerträgnissen des oder der folgenden Jahre zu ersetzen sei.

In Artikel Ì8 ist endlich noch eine Lücke auszufüllen, welche der Verfassungsartikel enthält; nach welchem Maßstabe sollen die 2/a des Reinertrages, welche auf die Kantone entfallen, unter diese letztern verteilt werden ?

Abgesehen davon, daß gerade der Mangel einer besondern Wegleitung dafür spricht, daß man den gleichen Modus wie bei der Verteilung des Reinerträgnisses des Alkoholmonopols und der Handelspatentgebühren im Auge gehabt habe, die V e r t e i l u n g n a c h d e r - K o p f z a h l , wären wir in der That in Verlegenheit, ein anderes Verfahren vorzuschlagen. An die Skala der Geldkontingente, wobei Leistungen der Kantone a n den Bund in Frage kommen und diese Leistung im umgekehrten Verhältnisse zur Steuerkraft der Kantone hat bemessen werden wollen, kann nicht gedacht werden, obwohl ein diesbezüglicher Vorsehlag in den vorbereitenden Stadien die größere
Berücksichtigung, welche einzelne Kantone bei der Anwendung dieser Skala finden würden, gerade damit hat begründen wollen, daß diese Kantone auch den größten Verkehr mit der Bundesbank und ihren Zweiganstalten aufweisen und dadurch am meisten zur Prosperität derselben bei-

605 tragen. Ebensowenig kann nach unserer Ansicht die gegenwärtige Notencirkulation in den Kantonen zum Maßstabe genommen werden.

Nicht nur würde dadurch der Löwenanteil an die 4 Kantone Genf, St. Gallen, Zürich und Basel mit nahezu 100 Millionen Notenemission fallen und denjenigen Kantonen, welche seit Annahme des neuen Art. 39, vielleicht nicht ohne Absicht, bestrebt waren, ihre Notenemission noch zu erhöhen, ein ungebührlicher Vorteil eingeräumt werden, während andere Kantone ganz oder beinahe leer ausgingen, sondern es würde dieses Vorgehen geradezu gegen das iti Art. 5 des Banknotengesetzes von 1881 niedergelegte Prinzip verstoßen, daß die Ermächtigung zur Notenausgabe keine Entschädigungsansprüche involviere für den Fall, daß dieses Emissionsrecht durch spätere verfassungsmäßige und gesetzliche Bestimmungen ganz oder teilweise wieder aufgehoben würde.

Übrigens wäre es total unrichtig, anzunehmen, daß diese Millionen, welche die großen Banken in den genannten 4 Kantonen in Umlauf geseUt haben, bloß in diesen Kantonen cirkuliert hätten, sie haben ihren Weg überallhin im Schweizerlande gefunden.

Rückhaltlose P u b l i z i t ä t d e r G e s c h ä f t s b e d i n g u n g e n , sowie der S i t u a t i o n wird mit Recht von Fachschriftstellern geradezu als der Eckstein des modernen Bankwesens bezeichnet. Diesem Grundsatze nachlebend, haben wir uns allerdings darauf beschränkt, die Veröffentlichung der Zinssätze, sowie der Wochen- und Jahresbilanzen der Bundesbank gesetzlich vorzuschreiben. Wir überlassen auch hier alles Detail dem Réglemente, immerhin in der Meinung, daß die jeweilen publizierten Zinssätze dann auch innegehalten werden und nicht etwa die einzelnen Zweiganstalten sich gegenseitig Konkurrenz machen.

Abschnitt V.

Organe der Verwaltung (Art. 22--36).

Die Gestaltung des fünften Abschnittes unseres Gesetzesentwurfes ist dadurch wesentlich vereinfacht worden, daß bei der von uns proponierten Grundlage einer reinen Staatsbank mit einem ausschließlich durch den Bund beschafften Grundkapital nicht öffentliche und private Interessen, solche des Bundes und solche von Aktionären einander gegenüberstehen, und daß wir deshalb von Maßnahmen absehen können, welche, von dem Bestreben geleitet, das Gleichgewicht zwischen den diese Interessen vertretenden Organen zu schaffen, notgedrungen zu Komplikationen hätten führen müssen.

Bei der hohen Bedeutung, welche wir aber dieser Verwaltungsorganisation beilegen, hielten wir uns gleichwohl für verpflichtet, die Organisation dieser Verwaltungsbehörden in diesem Abschnitt

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unseres Gesetzesentwurfes, abgesehen von Art. 35, ziemlich einläßlich zu behandeln ; es ermöglicht uns dies auch, die Ausführungen unserer Botschaft, unter Verweisung auf den Inhalt der vorgeschlagenen Gesetzesparagraphen selbst, etwas kürzer zu halten.

Indem wir Ihnen vorschlagen, die Aufsicht und Kontrolle dem Bankrat bezw. den Lokalkomitees, die Leitung und Ausführung dem Direktorium bezw. den Lokaldirektionen zu übertragen, legen wir das Schwergewicht auf eine strenge Trennung der beaufsichtigenden und kontrollierenden von den leitenden und ausführenden Organen. Es ist uns wohl bekannt, daß bei den meisten und insbesondere den privaten Bankinstituten unseres Landes dieser Schwerpunkt der Verwaltung bei dem Verwaltungsrate liegt, daß diesem die eigentliche Oberleitung zugewiesen ist, wobei der Direktion lediglich die Ausführung bleibt. Allein für die Bundesbank möchten wir diese Einrichtung nicht zur Nachahmung empfehlen, wir verlangen vielmehr mit allem Nachdrucke, daß Leitung u n d Ausführung in e i n e r Hand, bei einem Direktorium, vereinigt seien.

Wir wünschen an die Spitze der Bundesbank eine möglichst unabhängige, starke Leitung zu stellen, die mit dem Institut völlig verwachsen ist und keine andern Interessen kennt, als die der ihr anvertrauten Anstalt. Die Bundesbank soll selbst Trägerin ihrer Politik sein, dieselbe darf nicht von außen her bestimmt werden.

Würde die Oberleitung in die Hände des Bankrates oder einer Delegation desselben gelegt, so könnte unter einer solchen Einrichtung lediglich das Verantwortlichkeitsgefühl des Direktoriums und seine Stellung sowohl nach außen als nach innen, insbesondere den Zweiganstalten gegenüber, leiden.

Eine weitere, zu gunsten unserer Auffassung sprechende Erwägung ist die, daß eine zielbewußte Leitung ungemein erschwert, wenn nicht verunmöglicht wäre, wenn über, oder wenigstens neben dem Direktorium eine zweite ständige Behörde amten wollte, welche ihr Domizil kaum anders als am Hauptsitze der Bank »ufschlagen könnte. Auf der andern Seite wird selbstverständlich die Bundesbank die Mitwirkung von erfahrenen Fachmännern, aus welchen der Bankrat und vor allem aus dessen Ausschuß zusammengesetzt sein wird, nicht entbehren körinen, jedoch soll dieselbe nicht über den Rahmen der Aufsicht, Kontrolle und Beratung hinausgehen.

Es sei noch -erwähnt,
daß das deutsche Bankgesetz vom 14. März 1875 für die. Organisation der Verwaltung das nämliche Prinzip aufstellt, wie unser Entwurf, indem auch dieses unterscheidet zwischen Leitung und Aufsicht. Jene ist dem Reichskanzler und unter ihm dem Direktorium, diese einem Kuratorium übertragen.

Dem Centralausschuß der Anteilseigner der deutscheu Reichsbank

607

fallt, wie wir im zweiten Abschnittt unserer Botschaft auseinandergesetzt haben, in der Verwaltung der Bank eine höchst bescheidene Rolle und eine vorwiegend gutachtliche Stellung zu. Von einer aktiven Beteiligung an der Leitung ist jener Centralaueschuß ausgeschlossen.

Daß sich das nach unserem Vorschlage organisierte Direktorium nicht zu viele Machtbefugnisse anmaße, dafür werden, neben den übrigen Vorschriften unseres Gesetzes, die vom Bankrate aufzustellenden und von der Bundesversammlung zu genehmigenden Réglemente, sowie die durch den Bankrat und die Bundesversammlung resp.

deren Kommissionen auszuübende Aufsicht genügend sorgen. Im übrigen legt ja unser Entwurf keine Machtbefugnisse in die Hand einer einzelnen Person. Die Aufstellung eines Direktoriums von mindestens 3 Mitgliedern bürgt für eine intensive Kollegialberatung und schließt allfällige Übergriffe eines Einzelnen aus.

Zu Artikel 22 verweisen wir auf unsere einleitenden allgemeinen Bemerkungen.

Art. 23. Die Zahl von 21 Mitgliedern des B a n k r a t e s dürfte den Verhältnissen entsprechen. Eine zu zahlreiche Behörde arbeitet zu schwerfällig und in einem zu kleinen Kollegium finden die verschiedenen Interessen keine genügende Vertretung; die nötige Gewähr für eine angemessene Berücksichtigung der Handelsinteressen bietet der Schlußsatz des ersten Lemma. Die W a h l des Bankrates soll durch die vereinigte Bundesversammlung vorgenommen werden in Anwendung von Art. 85, Ziff. 4, der Bundesverfassung, welche es der Bundesgesetzgebung überläßt, noch andere als die daselbst aufgezählten Wahlen der Bundesversammlung zu übertragen. Wenn wir die Amtsdauer des Bankrates nicht zusammenfallend mit jeder Integralerneuerung des Nationalrates, sondern auf 4 Jahre festsetzten, so wollten wir damit markieren, daß der Bankrat keine Behörde von politischem Charakter sein soll, und für dessen größere Stabilität versorgen ; aus dem gleichen Grunde verzichteten wir auf partielle Neuwahlen innerhalb der vierjährigen Amtsperiode, wie sie bei den .privaten Aktiengesellschaften im allgemeinen üblich sind.

Art. 24. Ebenfalls im Interesse der Kontinuität sollen Präsident und Vizepräsident des Bankrates auf eine ganze Amtsdauer von 4 Jahren gewählt werden.

Einen B a n k a u s s c h u ß von 5 Mitgliedern für diese!be Amtsdauer schlagen wir vor, da es kaum
angeht, die fortwährende Aufsicht und Kontrolle einer Gesamtbehörde von 21 Mitgliedern zu übertrageo; dem Ausschuß wird ferner die Aufgabe zufallen, die vom ganzen Kollegium zu behandelnden Geschäfte vorzuberaten und zur Antragstellung vorzubereiten.

.

608

Art. 25. Die Bestimmung, daß der Bankrat monatlich sich zu besammeln habe, bürgt einerseits für die richtige Erfüllung seiner Aufgaben, anderseits für den fortwährenden Kontakt, sowohl unter den Mitgliedern, als zwischen Bankrat und Direktorium.

Der Entwurf verzichtet auf die Wahl von ständigen Ersatzmännern des Bankrates. Um jedoch im Falle von Vakanzen oder momentaner Verhinderung die jederzeitige Beschlußfähigkeit des Bankrates zu sichern, erteilt Art. 25 dem Bankpräsideuteii die Befugnis, Mitglieder der Lokalkomitees der Zweiganstalten als Ersatzmänner einzuberufen.

Art. 26. Wie der Bankrat die specielle Aufsichtsbehörde gegenüber dem Direktorium ist, wird die Aufsicht über die Zweiganstalten durch die L o k a l k o m i t e e s ausgeübt; wir haben deshalb darauf Bedacht genommen, daß auch hier dem kaufmännischen Element die gebührende. Berücksichtigung zugesichert werde, ohne indessen Vertreter anderer Stände auszuschließen; ebenso stellt Art. 26 die Wählbarkeit von Mitgliedern des Bankrates auf, welche am Orte einer Zweiganstalt ihren Wohnsitz haben; es kann jedenfalls nur von guter Wirkung sein, wenn Mitglieder des Bankrates derart mit dem Geschäftsgang in den Zweiganstalten Fühlung nehmen.

Art. 27 und .28. Unter Verweisung auf den Inhalt der beiden Artikel selbst und die vorausgeschickten allgemeinen Bemerkungen, heben wir an dieser Stelle einzig noch hervor, daß der Entwurf d i e W a h l d e s D i r e k t o r i u m s , sowie d e r L o k a l d i r e k t i o n e n dem Bundesrate überträgt; in beiden Fällen steht dem Bankrate ein zwar unverbindliches Vorschlagsrecht zu. Wir unterstellen diese b e i d e n Wahlen dem gleichen Regime, weil der Wahl der Lokaldirektionen eine kaum verminderte Bedeutung zugemessen werden muß, als derjenigen des Direktoriums; die Zweiganstalten in Genf, Basel, Zürich und St. Gallen z. B. werden einen gans hervorragenden Rang in der Reihe der übrigen Bankinstitute einnehmen.

Als Wahlbehörde scheinen uns nur Bundesversammlung und Bundesrat in Betracht fallen zu können. Wenn unser Vorschlag auf den Bundesrat lautet, so geschah es einzig, um der außerhalb unserer Behörde weitverbreiteten Auffassung Rechnung zu tragen, daß der Bundesrat weniger der Versuchung ausgesetzt sein dürfte, sich von Rücksichten politischer Natur in der Ausübung seines Wahlrechtes leiten oder
beeinflussen zu lassen.

Art. 29 ordnet die Inkotnpatibilitäten, und zwar wiederum von dem Bestreben geleitet, politische Einflüsse von den Bankbehörden möglichst fern zu halten.

609

Art. 30--34 geben zu keinen besondern Bemerkungen Veranlassung.

Art. 35 und 36. Von der Erwägung ausgehend, daß es nicht Aufgabe eines Gesetzes sein könne, Verhältnisse, wie die speciellen Kompetenzen der verschiedeneu Bankbehörden und ihre Beziehungen zu einander, auf Jahre hinaus festzustellen oder Fragen endgültig zu ordnen, welche mehr ins Gebiet der Banktechnik gehören und ihre richtige Lösung nur nach gemachten Erfahrungen und in Anpassung an dem Wechsel unterworfene Situationen finden und deshalb nicht jeden Augenblick einer neuen Volksabstimmung unterworfen, werden können, glaubte der Bundesrat in Art. 35 ein A u s i ' ü h r u n g s r e g l e m e n t in Aussicht nehmen zu sollen.

Da es sich aber hier nicht um Réglemente oder Regulative im gewöhnlichen Sinne des Wortes handelt, so ist es absolut notwendig, für dieses Reglement die Genehmigung der Bundesversammlung vorzubehalten. Bei diesem Vorschlage liegt uns jede Mißachtung des Volkswillens oder der souveränen Rechte des Volkes ferne ; wohl aber glauben wir, das Volk werde einem Gesetzesvorschlag ein größeres Verständnis und eine geneigtere Aufnahme entgegenbringen, wenn wir unser Gesetz von schwer verständlichem banktechnischem Detail entlasten.

In gleicher Weise halten wir es für richtiger, wenn die Bundesversammlung durch dieses Reglement die B e s o l d u n g s - M i n i m a und - M a x i m a der Bankbehörden normiert und die wirklichen Besoldungen unter Berücksichtigung von Leistungen und Dienstalter durch die respektive Wahlbehörde (Art. 36) festgestellt werden.

Daß die Ausrichtung von Tantiemen überall von Gesetzes wegen ausgeschlossen wird, dürfte wohl allseitige Billigung finden.

Abschnitt VI. Aufsicht durch die Bundesversammlung (Art. 37).

In den vorbereitenden Stadien dieses Gesetzesentwurfes waltete die Tendenz ob, als Organ für die durch die Bundesversammlung auszuübende Oberaufsicht über die Bundesbank eine von der vereinigten Bundesversammlung zu wählende Kontrollkommission zu bezeichnen. Dieselbe wäre aus 5 Mitgliedern des Nationalrates und 4 Mitgliedern des Ständerates zusammengesetzt worden und hätte als einheitliche Kommission kontrolliert, beraten und Beschluß gefaßt. Die weitere Behandlung in den Räten wäre nach den Bestimmungen des Gesetzes über den Geschäftsverkehr zwischen dem Nationalrat und Ständerat in der Weise erfolgt, daß von der Bestellung weiterer Prüfungskommissionen in den Räten Umgang genommen und die Berichterstattung eben diesen Mitgliedern der

610 Kontrollkommission im respektiven Rate überbunden worden wäre.

Die Kompetenz zur Aufstellung einer solchen Behörde und zur vorgeschlagenen Wahlart kann ganz unzweifelhaft aus dem Schlußsatz von Art. 39 und dem bereits citierten Art. 85, Ziff. 4, der Bundesverfassung hergeleitet werden, und widersprechende Bestimmungen eines Geschäftsreglements hätten eben nach Annahme des neuen Gesetzes sich in diesem Punkte unterordnen müssen.

Auf der andern Seite mußte der Einwand als ein gewichtiger anerkannt werden, daß insbesondere der Ständerat sich in bisherigen konstitutionellen Rechten verkürzt hätte fühlen können, wenn es in die Hand der vereinigten Bundesversammlung gelegt worden wäre, die Vertretung des Ständerates in der gemeinsamen Kontrollkommission per majora zu bezeichnen.

Der Bundesrat ist deshalb in der Hauptsache beim bisherigen Usus verblieben: Wahl zweier gesonderter Prüfungskommissionen, und zwar für die Dauer einer Legislaturperiode. Um jedoch wenigstens nach einer Richtung eine insbesondere die zur Auskunft verpflichteten Bankbehörden belästigende Doppelspurigkeit zu beseitigen, schlagen wir vor, daß zur Vorbehandlung der Kommissionsgeschäfte die Kommissionen zu gemeinsamer Beratung zusammentreten, ein Verfahren, das jetzt schon trotz abweichenden Reglementsbestimmungen mehr und mehr in der Bundesversammlung Platz gegriffen hat.

Abschnitt VII. Strafbestimmungen (Art. 38--45).

Es ließe sich fragen, ob diese Bestimmungen, mit Ausnahme des Art. 44, welcher die Verletzung des Notenmonopols mit Strafe bedroht, in einem Gesetz über die Errichtung einer Schweizerischen Bundesbank ihren richtigen Platz haben; die erwähnten rechtswidrigen Handlungen sind Verbrechen, welche dem gemeinen Strafrecht angehören. In dem Bundesstrafrecht mangeln aber zur Zeit Bestimmungen betreffend Fälschung von Banknoten und wissentliches Ausgeben von falschen Banknoten, und bereits in dem Entwürfe einer Revision des Banknotengesetzes hat man es für angezeigt erachtet, diese Lücke auszufüllen; das Bedürfnis der einheitlichen Regulierung dieser Materie ist nun um so größer, als durch das Gesetz eine wirkliche Bundesbanknote geschaffen wird, die auch durch bundesrechtliche Vorschriften geschützt werden soll.

Wegen Anfertigung und Verbreitung von sogenannten Juxbanknoten glaubten wir im allgemeinen Interesse ebenfalls eine Strafandrohung aufnehmen zu sollen, da dieselben oft zu betrügerischen Zwecken verwendet werden.

611 Die sämtlichen Strafbestimmuagen bilden eine Ergänzung des Bundeestrafrechtes, und es kommen deshalb auch bei der Beurteilung der Straffälle die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 4. Februar 1853 zur Anwendung. Für die Feststellung des Gerichtsstandes ist der Art. 125 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 maßgebend.

Abschnitt VIII.

Übergangsbestimmungen (Art. 46--54).

Art. 46, 47 und 48. In die Periode zwischen dem Zeitpunkte der Annahme des Gesetzes und der Eröffnung des Geschäftsbetriebes der Bundesbank fällt eine ganze Reihe vorbereiteüder Handlungen und Beschlüsse.

Vor allem aus ist es die Aufstellung des in Art. 35 vorbehaltenen Geschaftsreglementes und dessen vielleicht vorderhand bloß provisorische Genehmigung durch die Bundesversammlung. Sodann müssen die Centralverwaltung in Bern und eine Anzahl Zweiganstalten -- wir sehlagen in Art. 48 vier vor -- vollständig organisiert, d. h. es müssen die nötigen Lokalitäten erworben, die leitenden und beaufsichtigenden Behörden bestellt und das gesamte Beamtenpersonal gewählt sein; während der gleichen Periode muß die Banknotenanfertigung und die Beschaffung des Grundkapitals durchgeführt werden.

Um Leben und Gestalt in diese neue Bundesinstitution zu bringen, muß für diese Übergangsperiode ein leitendes Organ aufgestellt und mit gewissen Vollmachten ausgerüstet werden, welches sich seinerseits wieder mit den nötigen Hülfskräften zur Bewältigung aller dieser vorbereitenden Handlungen umgeben wird. Als dieses l e i t e n d e Organ schlagen wir Ihnen den Bundesrat vor, welcher allerdings wieder das Finanzdepartement mit der Vorbehandlung und Antragstellung an das Gesamtkollegium betrauen wird.

Dabei erachten wir es als unerläßlich, daß dem Finanzdepartement zur Bewältigung dieser Vorarbeiten von Anfang an ein fachmännisch gebildetes Expertenkollegium an die Seite gegeben werde, welches am besten gerade aus denjenigen Personen gebildet wird, welchen die nachherige Leitung der Bank anvertraut werden will ; denn diese sind wohl am besten befähigt, alle diese organisatorischen Arbeiten an die Hand zu nehmen und vorzubereiten, das Ausführungsreglement zu entwerfen, Unterhandlungen mit solchen Banken einzuleiten, welche im Sinne von Art. 2, Lemma 2, geneigt wären, in der neuen Bundesbank als Zweiganstalten aufzugehen.

Wir schlagen deshalb die Wahl von höchstens 3 Mitgliedern des Direktoriums vor.

612

Auch der Bankrat, welchem die Vorberatung des Geschäftsreglements (Art. 35), das Vorschlagsrecht für die Wahl des Direktoriums (Art. 27) und der Lokaldirektionen (Art. 28), das Wahlrecht für die Beamten und Angestellten der Zweiganstalten (Art. 30) zukommt und dessen Zuziehung auch in weitern organisatorischen Fragen während dieser Übergangsperiode dem Bundesrate bezw.

Finauzdepartement wünschenswert erscheinen wird, muß unmittelbar nach Annahme des Bankgesetzes bestellt werden.

Art. 49. Vom Tage der Annahme des Gesetzes .an soll die Bewilligung zu Neuemission oder Einissionsvecmehrung von Banknoten bestehender Emissionsbanken verweigert werden können. Es hätte in Frage kommen können, ob nicht ein förmliches Verbot ausgesprochen werden sollte; allein es wäre doch noch gedenkbar, daß während dieser Übergangsperiode Verhältnisse eintreten, z. B.

der anticipierte Rückzug von Noten einzelner Emissionsbanken, welche einen Notenmangel herbeizuführen im stände wären, welcher nur durch die Vermehrung der Emission anderer Banken beseitigt werden könnte. Solche zwar unwahrscheinliche Eventualitäten vorbehalten, bedeutet die Ermächtigung zum Verbote auch das thatsächliehe Verbot. Ebenso ist es selbstverständlich und braucht deshalb in den Übergangsbestimmungen nicht noch ausgesprochen zu werden, daß n a c h der Geschäftseröffnung der Bundesbank und bis zum Ablauf der dannzumal beginnenden 21/ajährigen Rückzugsperide für die alten Noten keine Neuemission oder Vermehrung der Notenemission bestehender Banken mehr stattfinden darf, da von dem Tage der Geschäftseröffnung an die Bundesbank vollauf im stände sein muß, die durch den Ruckzug der altea Noten entstehenden Lücken auszufüllen.

Art. 50 und 51. Für den Rückzug der alten Banknoten betrachten wir als wegleitend, daß für die bestehenden Verhältnisse billige Rücksichten zu walten haben; daß die Banknotencirkulation keine Unterbrechung erleiden darf und ein anormales, stoßweises Zurückströmen von Noten verhindert werden muß; die neuen Noten sollen successive an die Stelle der alten treten.

Anderseits müßte es die Operationen der zu eröffnenden Bundesbank allzusehr beeinträchtigen und den von den Kantonen am Reingewinn erwarteten Anteil allzusehr schmälern, wollte man dieses Übergangsstadium allzulange ausdehnen.

Wir glauben mit unsern Vorschlägen in Art. 50
und 51 eine richtige Mitte innegehalten zu haben.

Von der Annahme des Gesetzes an bis zur Betriebseröffnung der Bundesbank und damit bis zum Beginn der 2 I /2Jährigen Rückzugsfrist wird noch ein Zeitraum verstreichen, der auf l--2 Jahre

613 geschätzt werden darf. Schon in dieser Periode haben die Emissionsbanken ausreichende Gelegenheit, um für den Ersatz der in Abgang kommenden Betriebsmittel zu sorgen oder die Kantone dafür sorgen zu lassen, soweit dieses über die frei werdende Metallreserve von 40 % und allfällige Liquidationserlöse aus Wechsel- und Wertschriftenportefeuille hinaus nötig sein wird.

Die 21/sjährige Rückzugsfrist (30 Monate) entspricht den 10 °/o, welche a l l d r e i m o n a t l i c h nach Art. 50 zurückgezogen werden müssen; die Frist selber darf, gestützt auf die anläßlieh des Rückzuges von 20 Millionen Franken Noten der Bank in Zürich gemachten Erfahrungen, als hinreichend betrachtet werden.

Die Ablieferung des Gegenwertes der mit Ablauf der 2V2jährigen Frist noch ausstehenden Noten an die Bundesbank, welche mit diesem Tage auch die Einlösung übernimmt, soll auch dadurch erleichtert werden, daß im Art. 51 kurzweg vom Gegenwert, ohne die Beifügung ,,in bar", die Rede ist; es soll also der Bundesbank gestattet werden, auch Diskontowechsel, welche den Vorschriften von Art. 6 und der zutreffenden Réglemente entsprechen, an Zahlungsstatt anzunehmen.

Es könnte noch die Frage aufgeworfen werden, ob die Art. 50 und 51 nicht einen Widerspruch mit den Art. 35 und 36 des Banknotenge.setzes von 1881 involvieren; wir glauben dies verneinen zu sollen.

Allerdings dürfen die Emissionsbanken durch ein neues Gesetz in keinerlei Weise in Rechten beschränkt werden, welche ihnen durch ein früheres Gesetz zugesichert worden wären. Allein die citierten Artikel bedingen keine Rechte, nur Pflichten ; und ob der Gegenwert der infolge Verfügung des Bundesrates rückgerufenen, aber noch ausstehenden Noten der B u n d e s b a n k o d e r d e r B u n d e s k a s s e eingeliefert werden müsse, wird den Emissionsbanken ungemein gleichgültig sein. Die fernere Bestimmung, daß nach Ablauf einer 30jährigen Frist der Gegenwert der nicht zur Einlösung vorgewiesenen Noten dem schweizerischen Invalidenfonds verfalle, ist in das neue Gesetz hinübergenommen worden.

Art. 52 giebt zu keinen Erörterungen Veranlassung.

Art. 53. Es besteht kein Zwang dafür, die Bundesbank zu verpflichten, die Noten der privaten Emissionsbanken während der Rückzugsperiode an Zahiungsstatt anzunehmen oder deren Einlösung zu vermitteln; wir kennen aber ebensowenig Gründe
dafür, diese Annahme oder Vermittlung abzulehnen, allerdings mit dem allgemeinen Vorbehalte des Gegenrechtes und unter Reproduktion der Einschränkungen, welche im Verkehre der Emissionsbanken Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. III.

47

614 unter sich das Banknotengesetz in Art. 20 -- pünktliche Einlösung der eigenen Noten -- und in Art. 21 -- dreitägige Frist für die Vermittlung zur Einlösung -- aufstellt.

Art. 54. Referendumsklausel.

Indem wir Ihnen, Tit., die Genehmigung des vorliegenden Gesetzesentwurfes empfehlen, benutzen wir den Anlaß, Sie unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 23. Oktober 1894, Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Bingier.

615 (Entwurf.)

Bnndesgesetz üt er

die Errichtung der Schweizerischen Bundesbank.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung von Art. 39 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 23. Oktober 1894, beschließt:

I. Allgemeines.

Art. 1. Der Bund errichtet unter dem Namen: ,,Schweizerische Bundesbank" ,,Banque de la Confédération Suisse" ,,Banca della Confederazione Svizzera" eine unter gesonderter Verwaltung stehende Staatsbank, an welche er das ihm ausschließlich zustehende Recht der Ausgabe vpn Banknoten zur Ausübung überträgt.

Die mit dem Notenmonopol ausgerüstete Bundesbank hat die Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern. Sie hat ferner den Kassenverkehr des Bundes, soweit er ihr übertragen wird, unentgeltlich zu besorgen.

616 Art. 2. Die Bundesbank hat ihren Hauptsitz in der Stadt Bern. Sie ist berechtigt, allerorts in der Schweiz Zweiganstalten oder Agenturen zu errichten.

Sie ist befugt, bestehende Banken mit für sie geeignetem Geschäftskreis käuflich zu erwerben und unter Liquidation der nicht geeigneten Geschäfte als Zweiganstalten zu betreiben.

Jeder Kanton hat Anspruch darauf, daß eine Zweiganstah oder Agentur der Bundesbank auf seinem Gebiete errichtet werde.

Art. 3. Das Grundkapital der Bundesbank beträgt 25 Millionen Franken, welche durch den Bund beigebracht werden und am Tage der Geschäftseröffnung vollständig eingezahlt sein sollen. Das Grundkapital kann durch Beschluß der Bundesversammlung bis auf 50 Millionen Franken erhöht werden.

Die Geldbeschaffung erfolgt gegen Ausgabe von Schuldverschreibungen, welche von seilen des Gläubigers nicht gekündigt werden können.

Art. 4. Der Bund haftet für alle Verbindlichkeiten der Bundesbank, soweit deren eigene Mittel nicht ausreichen.

Art. 5. Die Bundesbank und ihre Zweiganetalten dürfen in den Kantonen keiner Besteuerung unterzogen werden.

II. Geschäftskreis der Bundesbank.

Art. 6. Der Geschäftskreis der Bundesbank ist auf denjenigen einer reinen Noten-, Giro- und Diskontobank beschränkt; sie ist als solche, mit Ausschluß jedes anderen Geschäftszweiges, zum Betriebe folgender Geschäfte befugt: 1. Diskontierung von Wechseln auf die Schweiz, mit längstens dreimonatlicher Verfallzeit und mindestens zwei als zahlungsfähig bekannten Unterschriften;

617 2. An- und Verkauf von längstens drei Monat Wechseln auf das Ausland mit mindestens zwei als zahlungsfähig bekannten Unterschriften ; 3. Gewährung von zinsbaren Darleihen auf nicht länger als drei Monate gegen Hinterlage von Wertschriften und Schuld Urkunden (Lombard verkehr); Aktien sind von der Belohnung ausgeschlossen ; 4. Erwerb von zinstragenden, auf den Inhaber lautenden, leicht realisierbaren Schuldverschreibungen des Bundes, der Kantone oder auswärtiger Staaten jedoch nur zum Zwecke vorübergehender Verwendung ihrer Gelder ; 5. Annahme von Geldern in verzinslicher und unverzinslicher Rechnung ; 6. Kauf und Verkauf von Edelmetallen für eigene und für fremde Rechnung, sowie Belehnung solcher; 7. Ausgabe von Gold- und Silbercertifikaten, nach Maßgabe eines besonderen Reglements; 8. Giro-, Mandat- und Inkasso-Verkehr; 9. Annahme von Wertschriften und Wertgegenständen zur Aufbewahrung und Verwaltung.

Art. 7.

Die Bundesbank ist verpflichtet:

1. Überall da, wo sie Zweiganstalten hat, für Rechnung des Bundes und dessen Verwaltungen kostenfrei Zahlungen anzunehmen und bis auf die Höhe des Bundesguthabens Zahlungen zu leisten.

2. Soweit es verlangt wird, die dem Bunde gehörenden und unter seiner Verwaltung stehenden Wertschriften unentgeltlich zur Aufbewahrung oder Verwaltung zu übernehmen.

III. Ausgabe, Einlösung und Deckung der Banknoten.

Art. 8. Die Bundesbank hat das Recht, nach Bedürfnis ihres Verkehrs Banknoten auszugeben.

618 Die An- und Ausfertigung, Einziehung und Vernichtung derselben erfolgt unter der Kontrolle des eidgenössischen Finanzdepartements.

Art. 9. Die Noten werden in Abschnitten von 50, 100, 500 und 1000 Franken ausgegeben.

Art. 10. Mindestens der dritte Teil der in Umlauf befindlichen Noten soll sich jeweilen durch gesetzliche Barschaft in Kassa oder durch Gold in Barren, zum Marktwerte gerechnet, oder durch fremde Goldmünzen gedeckt finden.

Art. 11. Der ganze Gegenwert der in Umlauf befindlichen Noten, samt demjenigen aller kurzfälligen Schulden der Bundesbank, soll jederzeit in den in Art. 10 erwähnten Barvorräten, in schweizerischen Diskontowechseln und in Wechseln auf das Ausland vorhanden sein.

Als kurzfallig gelten diejenigen Schulden, welche innert zehn Tagen fällig oder forderbar sind.

Art. 12. Die Bundesbank ist zur Einlösung ihrer Noten zum Nennwert in gesetzlicher Barschaft verpflichtet: a. an ihrem Hauptsitz in Bern, in jedem Betrag, sofort auf Vorweisung; b. an ihren Zweiganstalten, soweit es deren Barbestände und die eigenen Geldbedürfnisse gestatten, jedenfalls aber innert der Frist, welche notwendig ist, um das fehlende Bargeld von der Hauptkasse kommen zu lassen.

Art. 13. Die Bundesbank ist verpflichtet, ihre Noten sowohl an ihrem Hauptsitz als an ihren Zweiganstalten jederzeit zum Nennwert an Zahlung sowohl als auch zur Bildung von Guthaben anzunehmen.

Desgleichen sind die eidgenössischen öffentlichen Kassen pflichtig, die Noten der Bundesbank zum Nennwert an Zahlung anzunehmen.

619 Eine weitergehende Rechtsverbindlichkeit für die Annahme der Noten der Bundesbank kann, außer bei Notlage in Kriegszeiten, nicht ausgesprochen werden.

Art. 14. Beschädigte Noten hat die Bundesbank zum vollen Nennwert einzulösen, sofern der Inhaber einen Teil der Note vorweist, der größer ist als die Hälfte, oder, falls er einen weniger großen Teil vorweist, den Nachweis leistet, daß der andere Teil der Note zerstört sei. Eine Ersatzleistung für verlorene oder ganz zerstörte Noten findet nicht statt.

Art. 15. Abgenutzte oder beschädigte Banknoten dürfen von der Bank, ihren Zweiganstalten oder Einlösungsstellen nicht wieder ausgegeben werden.

Art. 16. Alle aus der Notenemission, entstehenden privatrechtlichen Streitigkeiten unterliegen dem Entscheide des Bundesgerichts.

IY. Reclmnngsstellimg, Beingewinn, Reservefonds, Publizität.

Art. 17. Die Rechnungen der Bundesbank unterliegen der Genehmigung der Bundesversammlung.

Sie werden mit dem Kalenderjahr abgeschlossen.

Die Aufstellung der Jahresbilanzen hat nach den Gründsätzen des Art. 656 des Obligationenrechts zu geschehen.

Art. 18. Von dem Betrag, welchen die Gewinn- und Verlustrechnung als Reingewinn aufweist, fallen vorab 15°/o in den Reservefonds.

Von dem Mehrbetrag wird eine Dividende bis auf 4 °/o des Grundkapitals an den Bund ausgerichtet.

Der Rest des Reingewinnes kommt zu */a dem Bunde, zu 2/s den Kantonen zu.

620 Die Verteilung an die Kantone erfolgt durch den Bund im Verhältnis der Wohnbevölkerung nach Maßgabe der letzten eidgenössischen Volkszählung.

Art. 19. Der Gegenwert des Reservefonds ist in inländischen und ausländischen Staatspapieren anzulegen.

Eine Verzinsung zu Lasten der Jahresrechnung findet nicht statt.

Art. 20. Der Reservefonds ist Eigentum der Bank.

Er darf nur zur Deckung möglicher Verluste am Grundkapital in Anspruch genommen werden.

Art. 21. Die Bundesbank hat jeweilig den Prozentsatz öffentlich bekannt zu geben, zu welchem sie diskontiert oder zinsbare Darleihen erteilt.

Sie hat den Stand ihrer Aktiven und Passiven auf Ende jeder Woche und ihre Jahresrechnungen zu veröffentlichen.

T. Organe der Verwaltung.

Art. 22. Die Organe der Schweizerischen Bundesbank sind : a. Für die Aufsicht und Kontrolle: d e r B a n k r a t und die Lokalkomitees.

b. Für die Leitung: das D i r e k t o r i u m und die Lokaldirektionen.

Art. 23. Die Aufsicht und Kontrolle über die Bundesbank wird von einem B a n k r a t ausgeübt, welcher aus 21 auf die Dauer von vier Jahren gewählten Mitgliedern besteht, die durch die vereinigte Bundesversammlung unter angemessener Berücksichtigung der verschiedenen Haupthandelsplätze und Gegenden der Schweiz ernannt werden.

621 Austretende Mitglieder werden für den Rest der Amtsdauer ersetzt.

Art. 24. Der Bankrat wählt für die Dauer einer Amtsperiode aus seiner Mitte einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten, sowie einen ß a n k a u s s c h u ß von fünf Mitgliedern, der als Delegation des Bankrates die nähere Aufsicht und Kontrolle über die Leitung der Bundesbank auszuüben hat.

Präsident und Vizepräsident sind von Amtes wegen Mitglieder des Bankausschusses.

Art. 25. Der Bankrat versammelt sich einmal monatlich; er kaiin aber auch durch seinen Präsidenten oder auf Verlangen von sieben Mitgliedern außerordentlich einberufen werden.

Die Sitzungen finden in der Regel am Hauptsitze der Bank statt.

Zu gültigen Verhandlungen ist die Anwesenheit von mindestens 11 Mitgliedern erforderlich.

Bei Verhinderung von Mitgliedern des Bankrates ist der Präsident befugt, Mitglieder der Lokalkomitees als Ersatzmänner einzuberufen.

Art. 26. Die Aufsicht über die Zweiganstalten wird von L o k a l k o m i t e e s ausgeübt. Dieselben bestehen aus 5--10 Mitgliedern, welche vom Bankrate vorzugsweise aus den namhaften Kaufleuten und Industriellen des Platzes und Umgebung auf eine Amtsdauer von vier Jahren ernannt werden.

Mitglieder des Bankrates, welche am Orte einer Zweiganstalt ihren Wohnsitz haben, sind als Mitglieder des Lokalkomitees wählbar.

Aus der Gesamtzahl der Mitglieder eines Lokalkomitees bezeichnet der Bankrat einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.

622 Die Lokalkomitees besammeln sich nach Bedürfnis; sie sind beschlußfähig bei Anwesenheit der absoluten Mehrheit der Mitglieder.

Art. 27. Das D i r e k t o r i u m ist die verwaltende und ausführende Behörde; ihm liegen innerhalb der Dienstanweisungen und Réglemente alle Verrichtungen zur Verwirklichung der Aufgaben und Zwecke der Bundesbank ob.

Das Direktorium vertritt die Schweizerische Bundesbank nach außen ; es ist die sämtlichen Beamten und Angestellten der Central ver waltung, sowie der Lokaldirektionen unmittelbar vorgesetzte Stelle.

Das Direktorium besteht aus 3--5 Mitgliedern, die ihren ständigen Wohnsitz am Hauptsitz der Bank haben müssen.

Die Mitglieder des Direktoriums werden vom Bundesrate auf unverbindlichen Vorschlag des Bankrates auf eine Amtsdauer von sechs Jahren ernannt.

Der Bundesrat wählt aus der Mitte des Direktoriums dessen Präsidenten und Vizepräsidenten.

Art. 28. Die L o k a l d i r e k t i o n e n müssen aus mindestens zwei Personen bestehen, welche vom Bundesrate auf den unverbindlichen Vorschlag des Bankrates auf eine Amtsdauer von vier Jahren ernannt werden 5 ihnen ist die verantwortliche Leitung und Geschäftsführung der Zweiganstalten innerhalb der vom Direktorium zu erteilenden Weisungen und der erlassenen Réglemente übertragen.

Den Lokaldirektionen sind die Beamten und Angestellten der betreffenden Zweiganstalt unmittelbar unterstellt.

Art. 29. Nicht vereinbar miteinander sind : a. Die Stelle eines Mitgliedes der Bundesversammlung mit derjenigen eines Mitgliedes des Bankrates, des Direktoriums und der Lokaldirektionen; b. die Stelle eines Mitgliedes des Bankrates mit derjenigen eines Mitgliedes des Direktoriums und der Lokaldirektionen.

623 Art. 30. Die dem Direktorium am Hauptsitze der Bank unterstellten Beamten und Angestellten der Centralverwaltung werden durch das Direktorium, die übrigen Beamten und Angestellten auf die Vorschläge der Lokaldirektionen und nach Vernehmlassung des Direktoriums durch den Bankrat gewählt.

Art. 31. Die Mitglieder des Bankrates, des Direktoriums, der Lokalkomitees, der Lokaldirektionen müssen in der Schweiz angesessene Schweizerbürger sein.

Art. 32. Sämtlichen Mitgliedern der Bankbehörden, sowie allen Beamten und Augestellten der Bundesbank ist strenge Verschwiegenheit über die geschäftlichen Beziehungen der Bank zu den Bankkunden und deren Verhältnisse zur Pflicht gemacht.

Art. 33. Die Behörden der Bundesbank, sowie deren Beamte und Angestellte haben die Eigenschaft von Bundesbehörden und Bundesbeamten ; sie sind dem Bundesgesetz über die Verantwortlichkeit der eidgenössischen Behörden und Beamten vom 9. Dezember 1850 unterstellt.

Dem Direktorium und dem Bankrate steht gegenüber den von ihnen gewählten Beamten und Angestellten die gleiche Disciplinargewalt zu, wie sie der Bundesrat mit Bezug auf die von ihm ernannten Beamten und Angestellten hat.

Art. 34. Die Mitglieder des Bankrates und der Lokalkomitees werden durch Tag- und Reisegelder entschädigt, deren Höhe durch die Bundesversammlung bestimmt wird.

Den Mitgliedern des Bankausschusses oder einzelnen derselben können durch die Bundesversammlung auch feste Besoldungen ausgesetzt werden.

Art. 35. Ein auf Vorlage des Bankrates durch die Bundesversammlung zu genehmigendes Reglement wird die Kompetenzen der Bankbehörden und ihre Beziehungen zu einander feststellen, die Besoldungs-Minima und -Maxima normieren, sowie die Geschäftsführung überhaupt regeln.

624

Art. 36. Innerhalb der aufgestellten Besoldungs-Minima und -Maxima werden die Besoldungen des Direktoriums und der Lokaldirektionen durch den Bundesrat, diejenigen der übrigen Beamten und Angestellten durch den Bankrat festgestellt.

Die Ausrichtung von Tantiemen ist überall ausgeschlossen.

VI. Aufsicht durch die Bundesversammlung.

Art. 37. Die Oberaufsicht über die Bundesbank steht der Bundesversammlung zu.

Zu diesem Zwecke bestellen die beiden Räte Prüfungskommissionen von je fünf Mitgliedern, welche auf eine mit der Legislaturperiode zusammenfallende Amtsdauer von drei Jahren gewählt werden.

Zur Prüfung und Begutachtung der Jahresrechnung, des Geschäftsberichtes und der von der Bundesversammlung zu erlassenden oder zu genehmigenden Réglemente treten die beiden Kommissionen zu gemeinsamer Beratung zusammen.

Im übrigen erfolgt die Beschlußfassung in den Kommissionen und die Behandlung in den Räten nach den Bestimmungen des Gesetzes betreffend den Geschäftsverkehr zwischen dem Nationalrat und dem Ständerat.

Die Kommissionen, beziehungsweise deren Delegationen, haben das jederzeitige und unbedingte Recht der Einsichtnahme in den gesamten Geschäftsbetrieb der Bundesbank, immerhin unter Beobachtung der in Art. 32 enthaltenen Vorschriften.

VII. Strafbestimmungen.

Art. 38. Wer falsche Banknoten anfertigt, um sie als echte zu verwenden, wird mit Zuchthaus bestraft.

Art. 39. Wer echte Banknoten verändert, um ihnen einen höheren Wert beizulegen, wird mit Zuchthaus bis zu

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fünf Jahren oder mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft.

Art. 40. Wer falsche oder verfälschte Banknoten absichtlich als echt oder unverfälscht ausgiebt, wird mit Zuchthaus bis zu drei Jahren bestraft.

Hat er falsche oder verfälschte Banknoten als echte in Empfang genommen und nach erkannter Unechtheit wieder in Verkehr gebracht, so ist die Strafe Gefängnis bis zu einem Jahr oder Geldbuße bis zu Fr. 1000.

Art. 41. Wer Stiche, Platten, Clichés oder andere Formen, die zur Fälschung oder Verfälschung von Banknoten bestimmt sind, anfertigt oder anschafft, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft.

Art. 42. Wer den Banknoten ähnliehe Drucksachen oder Abbildungen zu Ankündigungen, Reklamen oder Scherzen anfertigt und verbreitet, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder Geldbuße bis zu Fr. 500 bestraft.

Art. 43. Falsche oder verfälschte Banknoten sind zu vernichten, ebenso die zu deren Herstellung bestimmten Stiche, Platten, Clichés oder andere Formen.

Art. 44. Wer ohne Ermächtigung des Bundes Banknoten oder andere zum Umlauf bestimmte, unverzinsliche, auf Sicht an den Inhaber zahlbare Schuldscheine ausgiebt, wird mit Gefängnis bis auf ein Jahr oder mit einer Geldbuße bestraft, welche dem Fünffachen des Nennwertes der unbefugt ausgegebenen Schuldscheine gleichkommt, zum mindesten aber Fr. 5000 beträgt.

Art. 45. Die Beurteilung der Straffälle unterliegt der Bundesstrafgerichtsbarkeit und die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft sind anwendbar.

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TIII. Übergangsbestimmungen.

Art. 46. Nach Annahme dieses Gesetzes wird der Bundesrat die Wahl von höchstens drei Mitgliedern des Direktoriums, die Bundesversammlung die Wahl des Bankrates vornehmen.

Beide Wahlen sind provisorisch für die Dauer der Orgaoisationsperiode bis zur Geschäftseröffnung der Bundesbank.

Art. 47. Während dieser gleichen Periode ist der Bundesrat beauftragt und bevollmächtigt, alle zur Organisation nötigen, einleitenden und vorbereitenden Schritte anzuordnen, sowie die erforderlichen Maßnahmen zu treffen und in geeigneter Weise ausführen zu lassen.

Er wird hierfür in erster Linie die provisorisch gewählten Mitglieder des Direktoriums in Anspruch nehmen und, soweit nötig, den Bankrat als gutachtliche Behörde bewiehen.

Dem Bundesrat wird für die Durchführung aller vorbereitenden Handlungen in der Meinung der nötige Kredit eröffnet, daß die erlaufenen Kosten durch die Bundesbank zurückzuerstatten sind.

Art. 48. Die Bundesbank gilt als konstituiert und sie kann ihre Geschäfte beginnen, sobald das Grundkapital vollständig einbezahlt ist und die Centralverwaltung in Bern und mindestens vier ZweigHnstalten auf schweizerischen Bankplätzen organisiert sein werden.

Auf diesen Zeitpunkt haben Bundesrat und Bankrat die ihnen laut diesem Gesetze zustehenden Wahlen vorzunehmen.

Art. 49. Von dem Tage der Annahme dieses Gesetzes an ist der Bundesrat ermächtigt, die Bewilligung zur Neuemission oder Emissionsvermehrung von Banknoten bestehender Emissionsbanken zu verweigern.

627 Art. 50. Der Rückzug der alten Noten hat vom Tage der Geschäftseröffnung der Bundesbank an in längstens 2Va Jahren in der Weise zu geschehen, daß jede Emissionsbank verpflichtet ist, mit Ende eines jeden Trimesters mindestens Vio des Nominalbetrages ihrer Notenemission zur Vernichtung und einen allfalligen Fehlbetrag in bar einzu liefern.

Die Ablieferung der zu vernichtenden Noten geschieht an die Bundesköntrollbehörde, die allfällige Einzahlung in bar an die Bundesbank.

Art. 51. Mit Ablauf der 21/ajährigen Rückzugsperiode hat jede Emissionsbank den Gegenwert der noch ausstehenden Noten nebst einem specifizierten Verzeichnisse derselben der Bundesbank zu übergeben, welche die nachträgliche Einlösung noch während eines Zeitraumes von dreißig Jahren, vom Datum des oben genannten Termins an gerechnet> übernimmt und die eingelösten Noten unter Kontrolle des Finanzdepartementes vernichtet. Nach Ablauf dieser Frist verfällt der Gegenwert der nicht zur Einlösung vorgewiesenen Noten dem schweizerischen Invalidenfonds.

Gegenüber Banken, welche den Gegenwert aller noch ausstehenden Noten vor Ablauf des Bndtermins einliefern, übernimmt die Bundesbank schon vom Tage dieser Ablieferung an die unbedingte Verpflichtung zur Einlösung.

Art. 52. Soweit nicht die Übergangsbestimmungen bereits Abänderungen des Bundesgesetzes über die Ausgabe und die Einlösung von Banknoten, vom 8. März 1881, bedingen, bleiben dieses Gesetz und die betreffenden Vollziehungsverordnungen und Réglemente für die Kontrollbehörde und für die bestehenden Emissionsbanken so lange in Wirksamkeit, bis die letztern sich von allen ihren Verpflichtungen gegen die Noteninhaber liberiert haben.

Art. 53. Die Bundesbank und ihre sämtlichen Zweiganstalten werden während der Rückzugsperiode die Noten

628 von Emissionsbanken an Zahlung nehmen und die Einlösung dieser Noten binnen einer Frist von drei Tagen unentgeltlich vermitteln, solange diese Emissionsbanken ihre eigenen Noten pünktlich einlösen und der Bundesbank Gegenrecht halten.

Art. 54. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Erlaß eines Ausführungsgesetzes zu Art. 39 der Bundesverfassung (Banknotenmonopol). (Vom 23.

Oktober 1894.)

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Bundesblatt

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1894

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07.11.1894

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