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Bundesgesetz betreffend

die Organisation der Verteidigung der Gotthardbefestigung.

(Vom 13. April 1894.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft beschließt:

L Organe der Gotthardverteidigung.

Art. 1. Die Leitung der Verteidigung der Gotthardbefestigung und der Friedensübungen der zur Verteidigung, bestimmten Truppen ist dem K o m m a n d a n t e n der G o t t h a r d b e f e s t i g u n g übertragen. Derselbe bekleidet den Rang eines Oberstdivisionärs und hat dessen Kompetenzen.

Der Gotthardkommandant steht im Frieden unter dem schweizerischen Militärdepartement, im Kriege unter dem General.

Dem Kommandanten sind unterstellt: der Kommandostab, die 4 Abschnittkommandanten,

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die Fortkommandanten von Andermatt und Airolo -- letzterer vorbehaltlich der Bestimmungen über das Kommando der Südfront, die zur Verteidigung der Gotthardbefestigung bestimmten Truppen.

Art. 2. Den K o m m a n d o s t a b bilden: Der Stabschef, Oberstlieutenant oder Major im Generalstab 2 Pferde Der zweite Generalstabsoffizier, Hauptmann . . 2 ,, Der Adjutant des Kommandanten, Hauptmann oder Lieutenant 2 ,, Der Artilleriechef, Oberst oder Oberstlieutenant der Artillerie 2 ,, Dessen Adjutant, Hauptmann oder Lieutenant 2 ,, Der Geniechef, Oberst oder Oberstlieutenant des Genies 2 ,, Dessen Adjutant, Hauptmann oder Lieutenant 2 ,, Der Offizier des Materiellen, Major oder Hauptmann der Artillerie -- ,, Der Chef Elektrotechniker, Hauptmann oder Lieutenant -- ,, Der Trainchef, Hauptmann oder Lieutenant . . l ,, Der Chefarzt, Oberstlieutenant oder Major . . -- .,, Dessen Adjutant, Hauptmann oder Lieutenant -- ^ Der Pferdearzt, Hauptmann oder Lieutenant . . l ,, Der Kriegskommissär, Oberstlieutenant oder Major -- ,, Dessen Adjutant,. Hauptmann oder Lieutenant -- ,, Drei Feldprediger -- ,, Dem Kommandostab sind zugeteilt zwei Stabssekretäre, Adj utantunteroffiziere, Art. 3. Der A r t i l l e r i e c h e f ist zugleich Kommandant aller zur Gotthardbefestigung gehörenden oder im Gebiete derselben zur Versvendung kommenden Artillerietruppen; der G e n i e c h e f ebenso Kommandant der Genietruppen.

431 Art. 4. Die vier A b s c h n i t t k o m m a n d a n t e n (Kommandanten der Süd-, Ost-, West- und Nordfront) führen den Befehl über die ihnen unterstellten Truppen und Werke und leiten die Verteidigung ihres Abschnittes nach den Befehlen und Direktiven des Gotthardkommandanten. Sie bekleiden mindestens den Grad eines Majors und sind nebst ·ihrem Adjutanten zu je zwei Pferden berechtigt.

Art. 5. Der Bundesrat bezeichnet zum voraus diejenigen Truppen, welche ausschließlich als S Tener hei t sb e s a t z u n g für die Verteidigung des Gotthard zu verwenden sind. Im Kriegsfälle darf die Verwendung einzelner Détachements der Sicherheitsbesatzung außer dem Festungsgebiete nur auf specielle Anorduung des eidgenössischen Oberbefehlshabers stattfinden.

Art. 6. Zum Schutze gegen Überfall vor beendeter Mobilmachung stehen überdies unter dem Gotthardkomman'danten und seinen Befehlsorganen : a. die F o r t w a c h e n ; b. die T h a l w e h r e n .

Art. 7. Die F o r t w a c h e n werden nach Art. 27 gebildet und vom Fortverwalter befehligt. Sie bilden die erste Besatzung des Forts und haben bis zum Eintreffen der ordentlichen Besatzung alle Verteidigungsmaßregeln zu treffen.

Art. 8. Die T h a l w e h r e n werden gebildet aus der wehrfähigen Mannschaft (Auszug, Landwehr und Landsturm) des Bedrettothales, des Livinenthales bis Dazio grande, des Rheinthaies bis Sedrun, des Kantons Uri, des Rhonethaies bis Münster und des Haslithales bis Meiringen.

Eine Verordnung des Bundesrates bestimmt das Erforderliche betreffend die Organisation, das Aufgebot und die Verwendung der Thalwehren.

Die Thalwehren werden aufgelöst und treten in ihren ordentlichen Verband zurück, sobald die Mobilmachung der Truppen der Gotthardbefestigung vollendet ist.

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Art. 9. Der Bundesvat wählt den Kommandanten der Gotthardbefestigung, den Artilleriechef, den Geniechef, den Offizier des Materiellen, die Abschnittkommandanten und die Fortkommandanten. Die übrigen Offiziere des Kommandostabes werden vom Militärdepartemente ernannt.

Art. 10. Wenn im Bereiche der Gotthardbefestigung ein dein Festungskommandanten übergeordneter Offizier kommandiert, so kann derselbe dem Festungskommandanten Befehle und Direktiven für sein Verhalten geben. Die Leitung der unmittelbaren Verteidigung bleibt Sache des Festungskommandanten.

II. Unterricht der (jotthardtrnppen.

1. Allgemeine Bestimmungen.

Art. U. Insoweit die nachfolgenden Bestimmungen, nichts anderes vorschreiben, gelten für den Unterricht der Gotthardtruppen die Bestimmungen der Militärorganisation..

Art. 12. Sämtliche für die Verteidigung des Gotthard bestimmten Truppen mit Inbegriff der Rekruten erhalten ihren regelmäßigen Unterricht im G e b i e t e der G o t t hardbefestigung.

Art. 13. Die O b e r a u f s i c h t ü b e r den g e s a m t e n U n t e r r i c h t der Gotthardtruppen führt der Kommandant der Gotthardbefestigung. Er entwirft, gestützt auf die Vorschläge der mit der Leitung der Instruktion bei den einzelnen Waffen betrauten Offiziere, die jährlichen Unterrichtspläne und unterbreitet dieselben dem Militärdepartement zur Genehmigung.

Art. 14. Die L e i t u n g des U n t e r r i c h t s der Infanterie überträgt das Militärdepartement jeweilen wenigstens für eine Amtsperiode einem höheren Instruktionsoffiziere der Infanterie. Der Unterricht der Artillerie wird vom Artillerie-

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chef, derjenige der Genietruppen vom Geniechef geleitet.

Allgemeine taktische und Rekognoszierungskurse stehen unter der unmittelbaren Leitung des Gotthardkommandanten.

Beim Unterricht der Festungsartillerie wirken von Amtes wegen mit der Offizier des Materiellen, die Fortverwalter und der Adjunkt des Fortverwalters von Andermatt.

2. Specialkurse.

Art. 15. Alljährlich findet ein taktischer Kurs für Offiziere aller Waffen der Gotthardbesatzungstruppen, das eine Jahr in der Dauer von drei, das andere Jahr in der Dauer von zwei Wochen, statt; der erstere für neu zugeteilte Offiziere der Gotthardbesatzungatruppen -- mit Ausnahme der Infanterielieutenants des Auszuges -- der zweite zur Fortbildung der Stabsoffiziere und der Hauptleute der Sicherheitsbesatzung.

Art. 16. Die Offiziere der Gotthardtruppen haben nebst den im Gotthardgebiet stattfindenden Kursen auch die allgemeinen Schulen, wie Centralschulen, Schießschulen u. a. w., .gleich den Offizieren der Feldarmee durchzumachen.

Art. 17. Zu Offizieren vorgeschlagene Unteroffiziere der Festungsartillerie haben statt der Offizierbildungsschule der- Feldartillerie diejenige der Infanterie zu bestehen.

Art. 18. Für zu ernennende Gefreite der Festungsartillerie findet jährlich eine Gefreitenschule statt, welche drei Wochen dauert. Überdies findet für die Ausbildung ·der Unteroffiziere jährlich eine Unteroffizierschule von fünf Wochen statt. Mit derselben wird eine Schießschule für Offiziere der Festungsartillerie verbunden, welche zwei Wochen dauert.

Art. 19. Die Wiederholungskurse der Festungsartillerie finden alle zwei Jahre statt und haben eine Dauer von drei Wochen. Für die Cadres kommt dazu ein Vorkurs von drei Tagen.

Bnndesblatt. 46. Jahrg. Bd. U.

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Art. 20. Die neuernannten Offiziere der Festungsartillerie haben die Unteroffizierschule der Festungsartillerie mitzumachen. Ebenso alle Offiziere anderer Waffen, welche zur Festungsartillerie versetzt zu werden wünschen.

III. Terwaltung.

Art. 21. Der Kommandant der Gotthardbefestigung ist der verantwortliche Chef der Verwaltung derselben und als solcher dem Militärdepartemente direkt unterstellt.

Unter ihm steht, mit Sitz in Andermatt, das F e s t u n g s b u r e a u , welches gebildet wird aus dem Artilleriechef, dem Geniechef und dem Offizier des Materiellen, als ständigen Beamten der Gotthardvefwaltung.

Art. 22. Der Artilleriechef des Platzes ist Chef des Festungsbureau, Stellvertreter des Kommandanten in der Gotthardverwaltung und Chefinstvuktor der Festungsartillerie.

Jahresgehalt Fr. 6000--7000.

Der Geniechef soll Instruktionsoffizier des Genie und als solcher auch außerhalb der Gotthardbefestigung verwendbar sein.

Jahresgehalt Fr. 5000--6000.

Der Offizier des Materiellen ist der technische Verwalter der Waffen, Munition, Maschinen und Materialvorräte der Gotthardbefestigung.

Jahresgehalt Fr. 3500--5000.

Art. 23. Zur Besorgung der Bureaugeschäfte wird dem Festungsbureau ein Buchhalter beigegeben, welcher zugleich Sekretär des Bureau ist.

Jahresbesoldung Fr. 3000--4000.

Art. 24. Das Festungsbureau hat alle gemeinsamen Angelegenheiten der Gotthardbefestigung zu bearbeiten und seine bezüglichen Anträge beim Gotthardkommandanten zu stellen.

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Es führt die Kontrollen über den Kommandostab und die zur Gotthardbesatzung gehörenden Specialwafien, sowie über die Thalwehren. Ebenso führt dasselbe Buch über die Armierung der Werke, Munition, Vorräte und Mobiliar und nimmt über die Bestände jährlich auf 1. November ein genaues Inventar auf.

Das Festungsbureau verwaltet ferner das Rechnungswesen, mit Ausnahme desjenigen für die Unterrichtskurse, und das Archiv der Gotthardbefestigung.

Art. 25. Dem Festungsbureau sind z w e i F o r t v e r w a l t e r unterstellt und zwar: o. der Fortverwalter von A n d e r m a t t , welchem die Verwaltung der Forts auf Bühl und Bäzberg, sowie der Befestigungen an der Furka und an der Oberalp übertragen ist; b. der Fort Verwalter von A ir öl o, welchem die Verwaltung der Befestigungen im Gebiete der Sudfront übertragen ist.

Dem Fortverwalter von Andermatt wird ein A d j u n k t beigegeben.

Der Jahresgehalt der Fortverwalter beträgt Fr. 3500 bis 4500; derjenige des Adjunkten Fr. 3000--4200.

Art. 26. Die Fortverwalter sind zugleich Kommandanten der Fortwache und haben als solche alle Maßnahmen zur ersten Verteidigung der Forts und übrigen Werke nach dem ihnen vom Gotthardkommandanten gegebenen Bewachungs- und Verteidigungsbefehl zu treffen. Sie sind finden guten Stand der ihnen anvertrauten Werke und deren Armierung, Munition, Ausrüstung, Mobiliar und Vorräte verantwortlich.

Art. 27. Die F o r t w a c h e n sind bestimmt zur Bewachung und Instandhaltung der Forts und sonstigen Anlagen , sowie der Armierung, Munition, Ausrüstung, des

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Mobiliars und der Vorräte derselben. Sie werden gebildet aus den erforderlichen Maschinisten und Specialarbeitern und der Bewachungsmannschaft. Die Specialarbeiter und die Bewachungsmannschaft sollen der schweizerischen Armee angehören und wo möglich Unteroffiziere oder Soldaten der Festungsartillerie sein.

Die Bewachungsmannschaft wird je nach Bedarf auf freiwillige Anmeldung hin angestellt. Maschinisten und Specialarbeiter beziehen einen Jahresgehalt von Fr. 1800--3200.

Der Bundesrat hat ein besonderes Regulativ über die Anstellung, Entlassung, Arbeitsleistung und Besoldung der Sicherheitswache zu erlassen.

Art. 28. Die ständigen Beamten der Gotthardbefestigung und die Fortwachen leisten den Diensteid und stehen unter dem Militärstrafgesetz.

IV. Inspektion.

Art. 29. Die Inspektion der Gotthardbefestigung umfaßt: a. den Unterricht, die Bewaffnung und die Ausrüstung der zur Verteidigung des Gotthard bestimmten Truppen ; b. die baulichen Anlagen, die Armierung, Munition, Ausrüstung, das Mobiliar und die Vorräte; c. die Verwaltung und das Rechnungswesen.

Art. 30. Die regelmäßige Inspektion der Unterrichtsk u r s e steht dem Kommandanten der Gotlhardbefestigung zu. Wenn derselbe jedoch an einem solchen Kurae selbst teilnimmt, so erfolgt die Inspektion durch den Kommandanten desjenigen Armeecorps, in dessen Gebiet die Befestigungen liegen.

Art. 31. Den W a f f e n - und A b t e i l u n g s c h e f s der Militärverwaltung steht überdies das Recht zu, Truppen, bauliche Anlagen und Material der Gotthardbefestigung, so-

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weit es ihre Verwaltungsabteilung angeht, unter vorheriger Anzeige an den Gotthardkommandanten, zu inspizieren..

Ihre daherigen Bemerkungen sind an das Militärdepartement J zu richten.

Das Militärdepartement kann auch von sich aus den Waffen- und Abteilungschefs Auftrag zur Vornahme von Inspektionen erteilen.

Das Recht der Besichtigung der baulichen Anlagen und des Materials steht auch den Armeecorpskommandanten zu.

Art. 32. Die Inspektion über V e r w a l t u n g und Rechn u n g s w e s e n und über die vorhandenen Vorräte ist Sache des Oberkriegskommissariates, welches dieselbe in umfassender .Weise vorzunehmen hat.

Y. Besoldung und Verpflegung.

Art. 33. Sämtliche Gotthardtruppen beziehen den Feldsold nach der Militärorganisation Tafel XXIX.

Art: 34. Die Verpflegung sämtlicher Gotthardtruppen besteht in der Peldration.

Tl. Schlußbestimmung.

Art. 35. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzea vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 13. April 1894.

Der Präsident: Oskar Mnnzinger.

Der Protokollführer: Seh atzmann.

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Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 13. April 1894.

Der Präsident: Comtesse.

Der Protokollführer: Ringier.

Der schweizerische Bundesrat beschließt: Das vorstehende Bundesgesetz ist zu veröffentlichen.

Bern, den 2. Mai 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: E. Frey.

Der Kauzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Note. Datum der Publikation: 9. Mai 1894.

Ablauf der Einspruchsfrist: 7. August 1894.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz betreffend die Organisation der Verteidigung der Gotthardbefestigung. (Vom 13. April 1894.)

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09.05.1894

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