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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend einen Bundesbeitrag für die Maggiabrück bei Ascona (Tessin).

(Vom 13. Dezember 1894.)

Tit.

Wie bereits in unserer Botschaft an die Bundesversammlung betreffend einen Bundesbeitrag für die Maggiabrücke bei Ascona (Tessin) vom 15. November 1887 angegeben worden ist, ' beschäftigt diese Angelegenheit die Bundesbehörden schon seit mehr als 20 Jahren.

Der Bundesbeschluß vom 19. Juli 1869 (Amtl. Sammlung IX, 8. 861), durch welchen für den Neubau und die Sicherung dieser Brücke ein Bundesbeitrag bewilligt wurde, brachte keine schließliche Erledigung, indem der Kanton Tessin den Beitrag unter den daran geknüpften Bedingungen nicht annahm und diese Angelegenheit erst infolge erneuerter Reklamationen von Italien wieder auf die Traktanden gelangte.

Im Jahre 1886 reichte dann die Regierung von Tessin ein neues Subventionsgesuch ein, und zwar mit dem Beifügen, daß der Große Rat das demselben zu Grunde liegende Projekt genehmigt und die Regierung beauftragt habe, dasselbe sofort in Ausführung zu setzen und gleichzeitig bei den Bundesbehörden um Bewilligung eines Bundesbeitrages an die daherigen Kosten einzukommen.

Das damalige Projekt, welches dann auch zum Teil ausgeführt worden ist, sah auf der linken Seite eine Bisenkonstruktion von 60,60 m. Lichtweite vor, beließ die 4 noch vorhandenen steinernen

681 Öffnungen und wollte den übrigen Raum entweder mit einer weitern Bisenkonstruktion, oder dann mit einer provisorischen Holzbrücke überspannen. Letztere wurde dann erstellt, indem man damals noch im Zweifel war, ob eine Maggiakorrektion von der Brücke abwärts bis zum Langensee zu stände gebracht werden könne.

Bei dieser Ungewißheit pflichtete die Bundesversammlung dem Vorschlage des Bundesrates bei, zuerst nur eine prinzipielle Entscheidung zu treffen und den definitiven Beschluß auf den Zeitpunkt zu verschieben, wo ein bestimmtes Projekt vorliegen würde.

Der Bundesbeschluß betreffend einen Bundesbeitrag für die Maggiabrücke bei Ascona (Tessin), vom 29. Juni 1888, lautete folgendermaßen : Art. 1. Die Eidgenossenschaft erklärt sich bereit, in Anwendung des Art. 23 der Bundesverfassung die Erstellung einer Brücke über die Maggia bei Ascoua zu unterstutzen.

Art. 2. Sowohl der Betrag als die nähern Bedingungen der Bundessubvention werden erst dann festgesetzt, wenn die Pläne für die definitive Gesamtausfiihrung der Brücke vorliegen werden.

Art. 3. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses, welcher sofort in Kraft tritt, beauftragt.

Seit diesem Beschlüsse ist nun eine der Hauptbediogungen zur definitiven Gesamtausführung der Brücke in Erfüllung gegangen, indem durch Bundesbeschluß vom 12. Dezember 1890 dem Kanton Tessin für die Korrektion der Maggia von oberhalb der Brücke von Ascona bis zum Langensee ein Bundesbeitrag von 50 °/o der effektiven Kosten bis zum Betrage von Fr. 402,500 bewilligt worden ist.

Die diesbezüglichen Bauten wurden hierauf bereits zu Anfang des Jahres 1891 begonnen, und es sind dieselben jetzt so weit fortgeschritten, daß die Maggia in ihrem ueueu Bette läuft und sich dasselbe auch schon sehr gut ausgebildet hat.

Damit ist nun der Zeitpunkt gekommen, wo an den definitiven Ausbau der Brücke geschritten werden kann, dies um so mehr, als ein Teil der gegenwärtig in Holzkonstruktion ausgeführten Brücke vollständig morsch ist und eine Gefahr für den Verkehr bildet.

Die Regierung von Tessin hat daher, in richtiger Würdigung der Verhältnisse, unterm 19. Oktober 1894 die definitiven Ausführungspläne für diesen Bau mit einem Sehreiben eingesandt, das in der Übersetzung folgendermaßen lautet: ,,Wir sind zum Entschluß gekommen, die schon längst gewünschte Erstellung dieser Brücke möglichst bald herbeizuführen, weil die jetzige Holzbrücke immer mehr dem Zerfall anheimfällt,

682 und hauptsächlich auch, um der durch Verkehrsstörungen aller Art stets fortbestehenden Gefahr für die Passanten aus dem Wege zu gehen.

Wir zweifeln nicht, daß das beiliegende Ausführungsprojekt, mit Einschluß der aus der ersten Bauperiode stammenden Ausgäben, nach vorangegangener Prüfung und gestützt auf einen empfehlenden Antrag Ihrerseits genehmigt werden kann, somit dem Beginn der Arbeiten nichts mehr entgegensteht und die jetzige Jahreszeit zur Ausführung der vorgesehenen Bauten als eine günstige bezeichnet werden muß.

Wie Sie dem Projekte entnehmen wollen, enthält dasselbe: a. die Erstellung eines unüberströmbaren Schutzdammes auf dem rechten Ufer, welcher alle Zwischenöffnungen der alten Steinbrücke umschlingt und vorläufig nach oben und unten umgebogen wird, um nach Wegfall des linken Flußarms den Wasserabfluß unter der Brücke zu erleichtern. Dieser Damm muß mit Schutt aus dem Steinbruche der Unternehmung ausgeführt werden und den für die Korrektion des Flusses festgesetzten Typen entsprechen; b. Konstruktion eines Eisenträgers von 50 m. Spannweite in Ersatz des zwischen dem rechten Widerlager der jetzigen Eisenbrücke und einem noch zu erstellenden Pfeiler auf der Seite des gegen Ascona befindlichen Brückenteiles (Steinbogen); c. Bau eines Straßendammes in Anschluß an die neue eiserne Brücke, als Ersatz der jetzigen schadhaften Holzbrücke.

Die Gesamtkosten belaufen sich auf Fr. 144,000.

Dies vorausgeschickt, erlauben wir uns darauf aufmerksam zu machen, daß nach dem erwähnten Bundesbeschluß die Eidgenossenschaft sich bereit erklärt hat, alle Arbeiten, welche die Erstellung einer Brücke über die Maggia bei Ascona betreffen, zu unterstützen, und daß der h. Bundesrat in seiner Botschaft vom 15. September 1890 darauf hindeutete, daß ein solcher Bundesbeitrag nicht unter 50 °/o der wirklichen Kosten angesetzt werden sollte.

Mit Rücksicht hierauf haben wir aus den zugehörigen Akten die aus der ersten Bauperiode herrührenden Kosten zusammenstellen lassen, welche Kosten sieh auf die Summe von Fr. 89,251. 30 belaufen. Die Gesamtausgabe -würde demnach Fr. 144,000. -- und Fr. 89,251. 30 = Fr. 233,251. 30 betragen, und stellt diese Voranschlagssumme nun, nach unserem Dafürhalten, den nach obigem Bundesbeschluß zu subventionierenden Betrag für eine Überbrückung der Maggia vor."

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Was das Projekt selbst anbelangt, so kann von demselben gesagt werden, daß es nun ein durchaus rationelles ist und den wasserbaupolizeilichen Anforderungen irn allgemeinen vollkommen entspricht. Das Mittelprofil der Korrektion wird unverändert durchgeführt und das rechtsseitige Vorland ebenfalls; es findet also nur eine Einschränkung des Normalprofils durch Unterdrückung des linken Vorlandes statt, was aber keine schädlichen Polgen haben kann, wenn der rechtsseitige unüberflutbare Damm hoch und stark genug erstellt wird.

Man könnte sich nun fragen, ob es nicht genügt hätte, nur die Holzbrücke durch einen Damm zu ersetzen und den noch bestehenden Teil der frühern steinernen Bogenbrücke aber zu belassen.

Hierauf ist zu erwidern, daß dies möglieh gewesen wäre, hingegen ist die vorliegende Lösung der Aufgabe eine rationellere und der Wichtigkeit des Überganges besser entsprechende, auch bietet dieselbe volle Garantie für einen richtigen Wasserabfluß, was bei einem so ungestümen Gewässer, wie die Maggia, mit so plötzlichen und hohen Anschwellungen von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit ist.

Indem überdies die Regierung von Tessin auch das gegenwärtige Projekt dringend zur Ausführung empflelt, so war für uns kein Grund vorhanden, bloß der Kostenersparnis wegen ein weniger rationelles Projekt zur Ausführung vorzuschlagen.

Zur Besprechung des Kostenvoranschlags übergehend anerkennen wir vollständig, daß die bereits ausgeführten Arbeiten subventioniert werden sollen, immerhin in der Meinung, daß dieselben einen Bestandteil des gegenwärtigen definitiven Projektes bilden. In dem hierfür vorgelegten Kostenvoranschlage können daher folgende Posten nicht aufgenommen werden : 1. Steinwurf um den dritten Pfeiler . . . . Fr. 981. 79 2. Steinwurf um den vierten Pfeiler . . . . ,, 1847. 06 Der Kostenvoranschlag für die bereits ausgeführten Arbeiten reduziert sich nun um Fr. 2828. 85 und beträgt somit Fr. 86,422. 45.

Hingegen hat es sich bei dem letzten Augenschein des eidgenössischen Oberbauinspektorates herausgestellt, daß gewisse Sicherungsarbeiten au der Maggia oberhalb der Brücke notwendig sind, so, außer dem unüberflutbaren Hoehwasserdamm auf dem rechten Ufer, noch einige Verbindungen mit dem Leitwerk, und auf dem linken Ufer ein Stück überflutbares Leitwerk mit Rückanbindungen an das Hochbord, behufs
besserer Einleitung des Wassers zur Hauptöffnung der Brücke.

Der Kostenvoranschlag der neuen Arbeit würde nun Fr. 224,000, der Gesamtvoranschlag daher Fr. 310,422. 45 betragen.

·KS^- *

684 Im Bundesbeschluß vom 19. Juli 1869 war in Art. 7 die Bestimmung aufgenommen worden : ,,Der Kanton Tessin verpflichtet sich, die Straße zwischen Locamo und Brissago überall auf die Breite von 20 Fuß oder 6 m. zu erweitern. a Indem die Regierung von Tessin hierüber um Auskunft gebeten wurde, teilte dieselbe mit, daß ein vom Bezirksbauamt von Locamo vorbereitetes Projekt von ihrem Baudepartement geprüft und teilweise verbessert worden sei, um den Vorschriften des Art. 13 des internationalen Vertrages in rationeller Weise entsprechen zu können. Indem sie den Situationsplan für die endgültige Verbreiterung der Straßenstrecke Ascona-Brissago zur Einsicht vorlege, mache sie darauf aufmerksam, daß, mit Ausnahme der Brückensektion, die Verbreiterung der Strecke Locarno-Ascona und ebenso an zahlreichen Stellen zwischen Ascona und Brissago schon vor einiger Zeit ausgeführt worden sei. Zwischen Brissago und der italienischen Grenze habe die Straße eine Breite von 6 m. von Kante zu Kante.

Durch die sich an die bereits ausgeführten Arbeiten anschließende Verbreiterung, wie sie das von ihr eingesandte Projekt vorsehe, würde der nötige Raum für den Wagen- und Fußgängerverkehr geschaffen und die angenommene Breite auch dann zu keinen Klagen Anlaß geben, wenn selbst infolge der neuen Überbrückung der Maggia der Verkehr sich noch mehr entwickeln sollte.

Endlich erscheine es ihr angezeigt, noch zur Kenntnis zu bringen, daß, mit Ausnahme der im Projekte angegebenen Strecke, nur an ganz wenigen Stellen der Straße eine Breite von weniger als 6 m.

vorkomme, immerhin ohne unter 5,50 m. herunter zu gehen, oder einen bequemen und sichern Betrieb zu stören.

Obschon nun diese Auskunft befriedigend lautet und zeigt, daß seit dem Jahre 1868 wesentliche Verbesserungen auf der Straßenstrecke Locarno-italienische Grenze ausgeführt worden sind, so sehen wir uns dennoch mit Rücksicht auf vorgenannten Art. 13 des Vertrages zwischen Tessin und Sardinien veranlaßt, vorzuschlagen, daß genannte Verpflichtung des Kantons Tessin im Bundesbeschlusse aufrecht erhalten werde.

Die Regierung von Tessin hat unterm 15. November das Gesuch eingereicht, die Arbeiten sofort beginnen zu können, um die gegenwärtige Winter- und Niederwasserperiode voll ausnützen zu können. Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit, während dieser Periode die wesentlichsten Fundierungs- und Sicherungsarbeiten fertig zu stellen, haben wir der Regierung von Tessin die Erlaubnis erteilt,

685 die Arbeiten an der Brücke über die Maggia bei Ascona sofort beginnen zu dürfen.

Was dann das Beitragsverhältnis anbelangt, so sind wir der Ansicht, daß dem Gesuch der Regierung von Tessin entsprochen werden könne und der Bund 50 °/o der effektiven Kosten Übernehmen sollte, gleich wie derselbe auch an die Kosten der Maggiakorrektion die Hälfte beiträgt. Wir erinnern diesf'alls auch noch daran, daß die Kommission des Nationalstes bei der ersten Behandlung dieses Gegenstandes im Jahre 1888 noch speciell zu Protokoll nehmen ließ, daß sie der Ansicht sei, daß die seiner Zeit festzusetzende Subvention nicht weniger als 50 °/o der Gesartntkosten betragen sollte. Wir erlauben uns demnach, Ihnen den hier angefügten Entwurf eines Bundesbeschtusses zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 13. Dezember 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Bnndesblatt. 46. Jahrg. Bd. IV.

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686 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

einen Bundesbeitrag filr die Maggiabrllcke bei Ascona (Tessin).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht des Bundesbeschlusses betreffend einen Bundesbeitrag filr die Maggiabrücke bei Ascona (Tessin), vom 29. Juni 1888; einer Eingabe der Regierung des Kantons Tessin, vom 19. Oktober 1894; einer Botschaft des Bundesrates, vom 13. Dezember 1894, beschließt: Art. 1. Dem Kanton Tessin wird für die Erstellung einer Brücke über die Maggia bei Aseona, samt dem rechtsseitigen Schutzdamm, ein Bundesbeitrag bewilligt von 50 °/o der wirklichen Kosten bis zum Maximum°von Fr. 155,211. 25, als 50 °/o der Voransehlagssamme von Fr. 310,422. 45.

Art. 2. Die Ausführung der Arbeiten hat innerhalb 2 Jahren, vom Inkrafttreten der Beitragszusicherung (Art. 8) an gerechnet, stattzufinden. ' Art. 3. Das Ausführungsprojekt und der definitive Kostenvoransehlag bedürfen der Genehmigung des Bundesrates.

687 Art. 4. Die Beitragszahlungen erfolgen im Verhältnis des Fortschreitens der Bauausführung auf Grund der von der Kantonsregierung eingereichten und vom schweizerischen Departement des Innern, Abteilung Bauwesen, verifizierten Kostenausweise, jedoch wird das jährliche Maximum zu Fr. 50,000 und dessen erstmalige Auszahlung auf das Jahr 1896 angesetzt.

Art. 5. Dem Bundesrate ist die Kontrollierung der planmäßigen Ausführung und die Prüfung der Baurechnungen vorbehalten.

Derselbe ist ermächtigt, das Expropriationsgesetz vom 1. Mai 1850 für die Baute in Anwendung zu bringen.

Art. 6. Der Kanton Tessin hat für den spätem Unterhalt unter Aufsicht des Bundes (Art. 37 der Bundesverfassung) zu sorgen.

Art. 7. Der Kanton Tessin verpflichtet sich, die Straße zwischen Locamo und Brissago überall auf die Breite von 6 m. zu erweitern.

Art. 8. Die Zusicherung des Bundesbeitrages tritt erst in Kraft, nachdem seitens des Kantons Tessin die Ausführung des Baues gesichert sein wird. Für die Vorlegung des diesfälligen Ausweises wird dem Kanton Tessin eine Frist von sechs Monaten, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, gesetzt.

Art. 9. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 10. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend einen Bundesbeitrag für die Maggiabrücke bei Ascona (Tessin). (Vom 13. Dezember 1894.)

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19.12.1894

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