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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Bauplatzes für ein neues Post-, Telegraphen- und Zollgebäude in Chur.

(Vom 13. März 1894.)

Tit.

Die Lokale des Hauptpostbureau Chur, sowie diejenigen der Direktion des X. Postkreises befinden sich seit dem Jahre 1860 in dem an der Ecke Poststraße-Grabenstraße gelegenen, der Eidgenossenschaft angehörenden Gebäude, das eigens zu Postzwecken erstellt wurde. Bis zum Sommer 1893 befanden sich im ersten Stock dieses Gebäudes auch die Lokale der Zollgebietsdirektion Chur, während das Telegrapenbureau in einem andern Gebäude an der Poststraße installiert war. Auf den genannten Zeitpunkt erfolgte die Verlegung von Telegraph und Telephon in das Postgebäude. Gleichzeitig fanden noch weitere Dislokationen in diesem Gebäude statt, indem die bisher im Erdgeschoß untergebrachte Briefexpedition in den ersten Stock und die Bureaux der Kreispostkontrolle teilweise vom ersten in den zweiten Stock verlegt wurden.

Diese Dislokationen waren bedingt durch vorangegangene Umbauarbeiten, die vorgenommen wurden, um verschiedenen fühlbar gewordenen Übelständen soweit möglich abzuhelfen, so namentlich eine geräumigere und zweckdienlichere Schalterhalle herzurichten.

Die Verlegung des Telegraphen- und Telephonbureau, sowie der Bureaux der Telegrapheninspektion Chur in das Postgebäude hatte zur Folge, daß sich die dortige Zollgebietsdirektion um anderweitige

970 Lokalitäten umsehen mußte. Diese Amtsstelle nahm mangels anderweitiger geeigneter Räumlichkeiten schließlich Zuflucht zu denjenigen, welche das Telegraphenbureau und die Telegrapheninspektion Chur innegehabt hatten.

Schon bevor die erwähnten Dislokationen stattgefunden hatten, war seitens des Stadtrates von Chur an den Kleinen Rat des Kantons Graubünden eine Eingabe gerichtet worden, in welcher erstere Behörde die letztere unter Darlegung der Beweggründe ersuchte, bei den kompetenten eidgenössischen Behörden die Erwerbung eines geeigneten Bauplatzes für Erstellung eines neuen Postgebäudes in Chur anzuregen. Diese zu Händen des schweizerischen Post- und Eisenbahndepartements verfaßte, vom 20. Februar 1893 datierte Eingabe wurde der soeben genannten Amtsstelle mit Zuschrift vom 1. März 1893 in empfehlendem Sinne übermittelt. In dieser mehrervvähnten Eingabe des Stadtrates von Chur werden als Hauptübelstände des gegenwärtigen Postgebäudes hervorgehoben das im Verhältnis zu dem namentlich im Sommer äußerst starken Reisendenverkehr zu kleine Wartzimmer, die unzureichenden Räumlichkeiten für Unterbringung des Reisendengepäcks und die unbequeme Lage des Mandatbureau im ersten Stock. In erste Linie wird aber gestellt die Thatsache der unzureichenden Raumverhältnisse im Posthof, die allerdings viel zu wünschen übrig lassen und mit Bezug auf welche ohne Übertreibung gesagt werden kann, daß sie auf die Dauer unhaltbar sein werden. Der Posthof in Chur hat einen Flächeninhalt von 550 m 2 . Infolge der zahlreichen, von Chur abgehenden und daselbst ausmündenden stark frequentierten Alpenpostkurse reicht dieser Flächenraum, namentlich im Sommer, bei weitem nicht aua, um alle zur Verwendung kommenden Fuhrwerke zu fassen. In der Sommersaison folgen sich Abgang und Ankunft von regelmäßigen Kursen, Beiwagen,. Gepäckfourgons und Extraposten sozusagen stündlich, und zwar vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Die Raum Verhältnisse des Posthofes erweisen sich namentlich dann als unzulänglich, wenn, wie dies nicht zu vermeiden ist, mehrere Hauptkurse gleichzeitig abzufertigen sind. Da ist es vielfach unmöglich, die Placierung der Reisenden und die Verladung des Gepäcks einzig im Posthofe vorzunehmen. Meistens sieht man sich genötigt, die zahlreichen Beiwagen auf offener Landstraße auffahren zu lassen und die Placierung
der Reisenden daselbst vorzunehmen, ein Übelstand, der namentlich bei ungünstiger Witterung bis zur Unerträgliehkeit gesteigert wird. Ähnlich verhält es sich bei den in Chur ausmündenden Kursen. Auch da ist, namentlich abends, eine fast gleichzeitige Ankunft mehrerer Kurse nicht zu vermeiden. Wenn dann noch Fourgon- und Omnibusfahrten zum und vom Bahnhof ausgeführt werden müssen, so ist

971 es, vornehmlich bei starker Reisendenriickströmung vom Engadin, unmöglich, daß die Beiwagenreisenden im Posthof aussteigen können.

Die zahlreichen Beiwagen haben vielmehr ebenfalls auf offener Straße anzuhalten und die Reisenden müssen daselbst aussteigen, um sich dann zur Inempfangnahme des Gepäcks in den Posthof zu begeben. Dieses Aufstellen der Postfuhrwerke auf der Landstraße verstößt nun aber gegen die Vorschriften der Straßenpolizeiordnung. Wenn nun auch die Polizeiorgane, den nicht zu ändernden Verhältnissen Rechnung tragend, bisher gegen diese Nichtbeachtung polizeilicher Vorschriften nicht eingeschritten sind, so kann denselben auf die Dauer doch nicht zugemutet werden, stillzuschweigen, um so mehr, als durch die unzulässige Benutzung der Straße leicht Unglücksfälle herbeigeführt werden können. Dies letztere gilt übrigens in noch erhöhtem Maße vom Posthof, wenn man den außerordentlich großen Pferdebedarf ins Auge faßt und ferner in Erwägung zieht, daß der daselbst verfügbare Platz dadurch noch wesentlich geschmälert wird, daß in diesem Hof täglich eine ganz beträchtliche Anzahl Wagen gereinigt und geschmiert werden müssen und daß das Auf- und Abladen des Gepäcks und der übrigen Postsendungen bedeutenden Platz erfordert. Daß die daherigen Manipulationen bei starkem Reisendenandrang sehr erschwert werden und daß eine richtige Überwachung und Kontrolle oft zur Unmöglichkeit wird, ist einleuchtend. So kann es denn vorkommen, daß nicht nur Postsendungen fehlgeleitet, sondern bei der manchmal herrschenden Verwirrung auch Reisende irrig placiert werden und infolgedessen auf unrichtige Routen gelangen.

Soweit sich also die Ausführungen des Stadtrates von Chur auf die den dortigen Posthof beschlagenden Verhältnisse beziehen, entsprechen dieselben, wie bereits erwähnt, den Thatsachen.

Was nun die übrigen in der Eingabe dieser Behörde speciell hervorgehobenen Übelstände betrifft, so beziehen sich dieselben auf einzelne Räumlichkeiten des dermaligen Postgebäudes. Es ist nicht zu leugnen, daß das Wartzimmer für die Postreisenden den Anforderungen des Verkehrs nicht mehr genügt. Dieses Wartzimmer hat einen Flächeninhalt von 22,75 m 2 , die Zahl der im Jahr 1892 von Chur abgegangenen Postreisenden beträgt aber 18,695, wovon allein auf die Mouate Juni bis und mit September 11,000 Personen, auf die
Monate Juli und August je 3800 Personen entfallen. Aus dieser Vergleichung ergiebt sich von selbst die Unzulänglichkeit des Wartzimmers für die Zeit des größten Verkehrs. Auch das Gepäcklokal, das 24 m 2 mißt, vermochte den Verkehrsbedürfnissen seit längerer Zeit nicht mehr zu genügen. Infolge der eingangserwähnten Umbauarbeiten ist nun zwar ein zweiter Gepäckraum

972 von 13 m 2 geschaffen und dadurch dem dringendsten Bedürfnis Rechnung getragen worden. Es liegt jedoch auf der Hand, daß bei der großen Reisendenfrequenz während der Sommermonate diese beiden Räume nicht genügen können. Wenn endlieh in der Eingabe des Stadtrates von Chur auch auf die ungünstige Lage des Mandatbureau hingewiesen wird, so muß zugegeben werden, daß es für das Publikum bequemer wäre, wenn sich dieses Bureau im Parterre befinden würde. Die Unterbringung dieser Burcauabteilung daselbst ist aber nicht thunlich, da es an Platz fehlt. Mußte ja sogar eine weitere, bisher im Erdgeschoß etablierte Bureauabteilung -- die Briefexpedition -- in den ersten Stock verlegt werden, um Platz zu schaffen für andere Abteilungen, deren Installierung im Erdgeschoß unumgänglich nötig ist. Ergeben sich aus dieser Verlegung der Briefexpedition in den ersten Stock des Postgebäudes für das Publikum auch keine Inkonvenienzen, so kann doch nicht verhehlt werden, daß dadurch der Transport der schwereren Sendungen schwieriger gestaltet worden ist.

Was die übrigen Postdiensträume betrifft, so genügen dieselben, wenigstens zur Zeit, in der Hauptsache noch den Anforderungen des Verkehrs, wenn auch nicht zu bestreiten ist, daß mit Bezug auf einzelne derselben zweckentsprechendere Einrichtung oder vermehrter Platz wünschbar wäre.

In sehr fühlbarer Weise macht sich seit Jahren der große Platzmangel in der Posthofremise geltend. Diese 245 m 2 messende Remise bietet zur Remisierung der regulären Kurs- und Gepäckfuhrwerke nicht den benötigten Raum, so daß während der Fremdensaison die Gepäckfourgons in der Regel im Hofe placiert werden müssen. Die Unterbringung der zahlreichen und kostbaren Extrapostwagen in dieser Remise ist unmöglich, weshalb dieselben stets in-die große Hauptremise -- frühere Reitschule -- geschafft und daselbst wieder abgeholt werden müssen, ein Umstand, welcher für eine prompte Abfertigung der Extraposten hinderlich ist, ganz abgesehen von den Unzukömmlichkeiten, die sich ergeben, wenn Fremde die für diese Extraposten bestimmten Wagen in Augenschein nehmen wollen.

Da zudem die Hauptremise das in Chur stationierte Trainmaterial zur Winterszeit nicht zu fassen vermag, so daß solches zum Teil bei Privaten untergebracht werden muß, so wäre eine Vergrößerung der Posthofremise dringend notwendig. Die
jetzigen Hofverhältnisse lassen aber eine solche Vergrößerung nicht zu.

Als geeigneten Bauplatz für Erstellung eines neuen Postgebäudes brachte der Stadti-at von Chur die ehemals Plantasche Liegenschaft, begrenzt von der Grabenstraße und der Gäuggelistraße und dem jetzigen Postgebäude gegenüber sich befindend, in Vorschlag, be-

973 tonend, daß dies der einzige Platz in der Stadt Chur sei, der allen Anforderungen entspreche. Der jetzige Eigentümer, Herr P. R.

Badrutt in St. Moritz, beabsichtige nun aber, diesen Platz durch Erstellung von Wohnhäusern nutzbar zu machen, weshalb es angezeigt erscheine, keine Zeit zu verlieren, wenn die Eidgenossenschaft sich diesen Platz sichern wolle.

Nachdem der Kreispostdirektion Chur Gelegenheit zur Äußerung' gegeben und von dieser Amtsstelle Eintreten auf die Eingabe des Stadtrates von Chur befürwortet worden war, erklärte sich das Post- und Eisenbahndepartement gewillt, einen Augenschein vorzunehmen, sobald die Umbau- und Renovationsarbeiten am jetzigen Postgebäude beendigt sein würden. Da dem genannten Departement zur Kenntnis gebracht worden war, daß Herr Badrutt seine Kaufsofferte bis zum 1. Juli 1893 limitiere, so wurde die Kreispostdirektion Chur beauftragt, Herrn Badrutt, der eine Forderung von Fr. 250,000 stellte, zu beantragen, die Gültigkeit seiner Offerte in angemessener Weise zu erstrecken. Der Genannte erklärte sich hierauf bereit, die Gültigkeit seiner Offerte bis Ende 1893 zu verlängern. Erwähnt sei hier, daß im Laufe des Monats Mai 1893 ein neues Projekt für Erwerbung eines Postbauplatzes in Chur auftauchte, indem die Verwaltung darauf aufmerksam gemacht wurde, daß die in nächster Nähe des jetzigen Postgebäudes gelegene Besitzung des Herrn Baron von Salis-Soglio in Wien möglicherweise verkäuflich wäre. Im Laufe der diesfalls eingeleiteten Unterhandlungen zog indessen Herr von Salis seine übrigens im Vergleich mit derjenigen des Herrn Badrutt ungünstigere Offerte zurück. Eine weitere Offerte ging ein von der Aktiengesellschaft Hotel Steinbock in Chur, welche Gesellschaft der Bundesverwaltung Terrain in der Nähe des Bahnhofes anbot. Dem Publikum würde aber mit einer Verlegung des Postgebäudes zum Bahnhof nicht gedient sein, weshalb denn auch diese Offerte nicht ernstlich in Betracht fallen konnte.

Mitte Juli 1893 fand der in Aussicht gestellte Augenschein seitens des Vorstehers des Post- und Eisenbahndepartements und des Oberpostdirektors in Chur statt. An diesen Augenschein, welcher das hiervor geschilderte Resultat ergab, schloß sich eine Konferenz mit einer Vertretung der Stadtbehörde von Chur an, an welcher diese Vertretung die Geneigtheit aussprach, mitzuwirken,
daß Herr Badrutt seine Forderung für den Verkauf seines Grundstückes ermäßige. Auch erklärten sich die Vertreter des Stadtrates von Chur bereit, sich bei Prüfung der Frage, ob ein passender Verkauf des jetzigen Fostgebäudes fnebst Hof und Remise) möglieh sei und welcher Erlös zu erwarten wäre, zu beteiligen. Inzwischen war Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. I.

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974 die eidgenössische Zollverwaltung auf die obsehwebenden Unterhandlungen für Erwerbung eines Postbauplatzes in Chur aufmerksam geworden. Die Zollgebietsdirektion Chur ist nämlich zur Zeit in ganz ungenügenden Lokalen untergebracht. Da nun eine Besichtigung des auf dem Bauterrain des Herrn Badrutt befindlichenHauses ergeben hatte, daß dieses Haua sich mit Bezug auf Lage, Bauart, Einteilung und Geräumigkeit für Installierung der Zollgebietsdirektion sehr gut eignen würde, so gab das eidgenössische Zolldepartement dem Post- und Eisenbahndepartement hiervon Kenntnis mit dem Bemerken, daß es ihm gedient wäre, zu vernehmen, ob Aussicht auf Erwerbung der Badruttschen Besitzung; durch die Eidgenossenschaft vorhanden sei.

Gestutzt auf ein ihr von der Post- und Telegraphenverwaltung ausgearbeitetes vorläufiges Lokalitätenprogramm nahm nun die eidgenössische Bauverwaltung eine Untersuchung vor. Diese Untersuchung ergab, daß nach Maßgabe des aufgestellten Programms das ganze cirka 5000 m 2 umfassende Areal der Badruttschen Liegenschaft für die Bauten und Höfe nötig und daß es demnach nicht möglich wäre, die Villa, die einen Teil dieser Liegenschaft bildet,, stehen zu lassen, um sie zu Dienstzwecken, z. B. fUr die Zollverwaltung, zu verwenden. Nach diesem Programm wäre sogar erforderlich, mit der Hauptfaçade des Postgebäudes um 4,3 m. vor die Flucht der nachbarlichen Eantonalbank gegen die Grabenstraße hin vorzurücken. Eine zur Ermöglichung einer bequemen Ein- und Durchfahrt in den Posthof notwendig werdende Querstraße zur Grabenstraße müßte, um das Programm einzuhalten, auf eine Breite von 3 Metern auf das Territorium der Kantonalbank verlegt werden..

Die Baukosten für das erwähnte Projekt wurden von der eidgenössischen Bauverwaltung auf rund eine Million Franken veranschlagt.

Bei dieser Sachlage, die neue Studien an Hand eines reduzierten Programms angezeigt erscheinen ließ, mußte Herrn Badrutt eröffnet werden, daß es materiell unmöglich sei, das Geschäft innert der von ihm zugestandenen Frist zum Abschluß zu bringen. Damit wurde die Anfrage verbunden, ob er geneigt sei, die Verbindlichkeit seiner Offerte zu verlängern, und endlich beigefügt, daß, wenn Oberhaupt die Bundesverwaltung auf weitere Unterhandlungen betreffend Ankauf seiner Besitzung einzutreten in der Lage sein werde, diese Unterhandlungen
auch im Sinne einer Ermäßigung der Forderung zu geschehen hätten. Die vom 1. Dezember 1893 datierte Antwort des Herrn Badrutt ging dahin, daß er eine Fristverlängerung von höchstens 3 Wochen zugestehen, auf eine Preisreduktion aber nicht eintreten könne.

975 Anfangs Januar 1894 fand eine Konferenz von Vertretern der verschiedenen beteiligten Bundesverwaltungeu statt, auf welcher man sich dahin einigte, daß ein neues reduziertes Lokalitätenprogramm aufzustellen und der eidgenössischen ßauverwaltung zu übermitteln sei, damit dieselbe die -bereits begonnenen Studien zu einem neuen Bauprojekt zu Ende führen könne. Herrn Badrutt aber wurde eröffnet, daß die kurze Fristerstreckung für einen Geschäftsabschluß nicht genügt habe und daß, was den Kaufpreis anbelange, die Bundesverwaltung noch immer die Ansicht vertrete, daß derselbe mit Fr. 250,000 unannehmbar hoch sei. Gleichzeitig wurde Herr Badrutt veranlaßt, die unbedingt niedrigste Verkaufssumme, auf welche er .reflektiere, zu nennen, damit alsdann in Sachen ein Entscheid herbeigeführt werden könne. Die Antwort des Herrn Badrutt lautete dahin, daß er den Kaufpreis auf Franken 240,000 reduzieren und sich überdies verpflichten wolle, von diesem Betrag Fr. 10,000 der Stadt Chur zu Kanalisationszwecken zu zahlen.

Hierauf verfügte das Post- und Eisenbahndepartement, daß mit Herrn Badrutt ein Kaufvertrag zu vereinbaren sei, wonach derselbe sein an der Grabenstraße in Chur gelegenes Grundstück mit Haus und Nebengebäude der Eidgenossenschaft zum Preise von Franken 230,000 eigentümlich abtrete. Herr Badrutt ließ sich den Abzug von weitern Fr. 10,000 von der von ihm geforderten Kaufsumme gefallen und so kam unterm 16. Februar abhin der Kaufvertrag zwischen ihm und der Eidgenossenschaft zu stände. Für die letztere erfolgte dieser Vertragsabschluß unter Vorbehalt der Ratifikation durch die eidgenössischen Räte.

Wir beehren uns, hiermit um diese Ratifikation nachzusuchen.

Den vorstehenden Ausführungen haben Sie entnehmen können, daß es in erster Linie die unzureichenden Raumverhältnisse des Posthofes und der an denselben anstoßenden Postremise in Chur sind, welche es angezeigt erscheinen ließen, sich gegenüber dem Begehren des Stadtrates von Chur um Erwerbung eines geeigneten Platzes für Erstellung eines neuen Postgebäudes mit genügend großem Hof und entsprechender Remise nicht ablehnend zu verhalten. Dann kam aber auch in Betracht, daß im jetzigen Postgebäude selbst Übelstände bestehen, die, wenn sie sich jetzt auch noch nicht gerade so sehr fühlbar machen, doch über kurz oder lang gebieterisch Abhülfe fordern
dürften, vorausgesetzt, daß der Verkehr sich auch in Zukunft in dem Maße steigere, wie dies in den letztverflossenen Jahren der Fall war.

Trotz diesen auf die Dauer unhaltbaren Verhältnissen würden wir in dieser Angelegenheit einstweilen noch nicht an Sie gelangt

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sein, wenn sich nicht gerade jetzt die nicht wiederkehrende Gelegenheit geboten hätte, einen nach Lage und Größe sich zum Zwecke späterer Erstellung eines Postgebäudes vorzüglich eignenden Bauplatz zu annehmbarem Preise zu erwerben. Es unterliegt keinem Zweifel, daß in der Stadt Chur ein geeigneterer Posthausbauplatz nicht erhältlich ist. Ebenso fest steht aber, daß Herr Badrutt, wenn die Eidgenossenschaft den Ankauf dieses Platzes ablehnen sollte, denselben nicht länger brach liegen lassen, sondern die projektierten Wohnhäuser auf demselben erstellen lassen würde.

Damit ist dargethan, daß zwingende Gründe uns veranlaßten, schon jetzt in Sachen an Sie zu gelangen. Wir beabsichtigen nicht, Ihnen bereits in nächster Zeit eine weitere Vorlage betreffend die Ausführung des Poathausbaues in Chur zu unterbreiten. Es kann hiermit füglich eine gelegenere Zeit abgewartet werden. Dagegen ging es nicht an, Nutzen- und Schadensaufang für die zu erwerbende Liegenschaft hinauszuschieben. Derselbe ist festgesetzt auf 1. Mai 1894, auf welchen Zeitpunkt dem Verkäufer Fr. 130,000 in bar auszubezahlen wären, wogegen der Rest mit Fr. 100,000 auf 1. November 1894 zur Tilgung einer Hypothek fällig würde.

Es ist bereits hiervor darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Räumlichkeiten, in denen gegenwärtig die Zollgebietsdirektion Chur untergebracht ist, total unzureichend sind, so zwar, daß eventuell auf einen Neubau für diese Verwaltung Bedacht genommen werden mußte, da geeignete Lokale mietweise nur schwer erhältlich sind. Es ist nun für den Fall der Ratifikation des Kaufvertrages zwischen der Eidgenossenschaft und Herrn Badrutt in Aussicht genommen, die genannte Direktion in die Räumlichkeiten im Erdgeschoß der Badruttschen Villa zu verlegen. Die Wohnung im ersten Stock dagegen wäre zu vermieten und dürfte einen Jahreszins von mindestens Fr. 1200 abwerfen. Das Kaufsobjekt könnte also von Anfang an wenigstens teilweise nutzbringend verwendet werden. In dieser Beziehung ist auch noch zu erwähnen, daß die in diesem Gebäude befindlichen Weinkeller Herrn Badrutt vom 1. Mai 1894 an vorläufig für ein Jahr vermietet würden, und zwar gegen eine Entschädigung von Fr. 250. Es ist dies in dem mehrerwähnten Kaufvertrage vereinbart worden.

Endlich ist noch zu erwähnen, daß auch das zu der Villa gehörende Dependenzgebäude ohne
Zweifel vermietet werden könnte, so daß auch dieses Objekt einen, wenn auch bescheidenen, Nutzen abwerfen dürfte, bis anderweitig darüber verfügt würde.

Von der eidgenössischen Bauverwaltung sind gestutzt auf das zweite Lokalitätenprogramm neue Prqjektpläne für das Gebäude ausgearbeitet worden. Aus diesen Plänen ist ersichtlich, daß das

977 Erdgeschoß dieses Gebäudes für die verschiedenen Abteilungen des Hauptpostbureaus Chur, sowie für eine Telegrammaufgabe bestimmt ist. Im ersten Stock würden die Kreispostdirekiion und die Zolldirektion installiert und überdies die nötigen Lokalitäten für eine Abwartwohnung eingerichtet werden. Der zweite Stock endlich, welcher nur über dem Mittelbau errichtet würde, hätte zur Unterbringung der Telegrapheninspektion und der Telegraphen- und Telephonbureaux zu dienen.

Auch bei diesem Projekte wäre ein Bestehenlasseu der Badruttschen Villa nicht thunlich.

Der Hof würde ohne Einfahrten einen Fläch«nraum von 980 m 2 erhalten, also beinahe doppelt so groß werden, als der gegenwärtige Posthof. Die Remise würde ohne das für Ablagerung von Telephonmaterial etc. vorgesehene Magazin und ein Zimtner für den Wagenmeister einen Raum von 440 m 2 umfassen. Aber auch im projektierten Gebäude selbst sind Räume vorgesehen, die den sich stets steigernden Bedürfnissen auf absehbare Zeit vollständig genügen werden. So ist nebst den Haupträumen für die Brief- und Fahrpostabteilungen etc. eine Schalterhalle von 150 m 2 , ein Wartzimmer von 40 m8 und ein Gepäcklokal von 70 m 2 in Aussicht genommen.

Die Baukosten für dieses neue Projekt werden von der eidgenössischen Bauverwaltung veranschlagt a u f . . . Fr. 736,980 für das Hauptgebäude und auf ,, 64,260 für die Remise, zusammen also auf Fr. 801,240 oder rund Fr. 800,000. Diese Summe ist indessen als approximativ anzusehen.

Über die Frage der Verwertung des jetzigen Postgebäudes äußerte sich der Stadtrat von Chur in einem an die dortige Kreispostdirektion gerichteten Schreiben dahin, daß mit Bestimmtheit angenommen werden dürfe, daß nach Erstellung eines neuen Postgebäudes auf der Badruttschen Liegenschaft das gegenwärtige Gebäude vermöge seiner vorzüglichen Lage für Handel und Verkehr und verhältnismäßig leicht zu bewerkstelligender Einrichtung zu einem Hotel zu hohem Preise verkauft werden könne. Indem die genannte Behörde sich auf die anläßlich einiger wichtigerer Handänderungen in der Stadt Chur bezahlten Preise stützt, berechnet sie den Wert des jetzigen Postgebäudes auf cirka Fr. 250,000, fügt aber bei, daß die Lage desselben eine viel günstigere sei, als bei den zur Vergleichung herangezogenen Objekten, ein Umstand, der nach Ansicht des Stadtrates von Chur den Verkaufswert dieses Gebäudes bedeutend steigern müßte.

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Die auf ungefähr eine Million sich belaufenden Kosten fui1 Erwerbung eines Bauplatzes und Erstellung eines Gebäudes für Zwecke des Post-, Telegraphen- und Zolldienstes in Chur wurden demnach wesentlich reduziert dadurch, daß die Eidgenossenschaft aus dem jetzigen Postgebäude einen namhaften Erlös erzielen dürfte. Wenn wir diesen Erlös nur auf den vorerwähnten Betrag von Fr. 250,000 schätzen, so reduziert sich das benötigte Anlagekapital auf cirka Fr. 750,000, das zu 4 °/o zu verzinsen wäre, was einer Ausgabe von jährlich Fr. 30,000 gleichkäme.

Für das jetzige Gehäude nebst Remise mit einem Schätzungswert von Fr. 277,455 ergiebt sich ein Zins von rund . . . . Fr. 11,1.00 Die Zollverwaltung würde für Miete geeigneter Lokale wenigstens ,, 2,500 ,, 13,600 auszuwerfen haben. Es ergäbe sich somit diesfalls eine Mehrausgabe von Fr. 16,400 gegenüber jetzt.

Selbstverständlich würden auch die Ausgaben für Amortisation und für Unterhalt entsprechend größer werden.

Wie bereits hervorgehoben wurde, ist die Lage des zu erwerbenden Bauplatzes die denkbar gunstigste. Dessen Flächeninhalt -- nach einem dem Kaufvertrage beigegebenen Situationsplan genau 4977 m 2 betragend ·-- ist ungefähr dreimal so groß als derjenige, auf welchem das jetzige Postgebäude (inklusive Hof und Remise) sich befindet. Der Bauplatz eignet sich also auch hinsichtlich seiner Größe bestens und ermöglicht es, Gebäulichkeiten zu erstellen, die den Anforderungen des Festverkehrs einer Fremdeustadt von der Bedeutung Churs in jeder Beziehung vollständig genügen, gleichzeitig aber auch einen Hof einzurichten, dessen Raum Verhältnisse eine geordnete Abwickelung des Reisendendienstes -- dieses weitaus wichtigsten Dienstzweiges des Hauptpostbureaus Chur -- zulassen.

Gestützt auf diese Darstellung des Sachverhaltes empfehlen wir Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlußeutwurfes und benutzen gerne diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 13. März 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesratea, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers : Schatzmann.

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(Entwurf.)

Bnndesbeschluß betreffend

den Ankauf eines Bauplatzes für ein neues Post-, Telegraphen- und Zollgebäude in Chur.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 13. März 1894, beschließt: 1. Dem Bundesrat wird behufs Ankaufs eines Bauplatzes für ein neues Post-, Telegraphen- und Zollgebäude in Chur ein Kredit von Fr. 230,000 auf Rechnung des Jahres 1894 eröffnet.

2. Der gegenwärtige Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

3. Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Bauplatzes für ein neues Post-, Telegraphen- und Zollgebäude in Chur. (Vom 13. März 1894.)

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1894

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13

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28.03.1894

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969-979

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