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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über das Rechtsverhältnis zwischen Bund und Eisenbahngesellschaften, eventuell Kantonen, bei Auslauf der Konzessionen.

(Vom 27. März 1894.)

Tit.

In seiner Sitzung vom 29. Januar 1892 erklärte der Nationalrat folgende Motion des Herrn Nationalrat Curti erheblich: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, über die Eisenbahnfrage (Eisenbahnreform und Eisenbahnrückkauf) eine allseitige Untersuchung zu veranstalten und über die Art und Weise, wie er dieselbe vorzunehmen gedenke, beförderlich Bericht und Antrag vorzulegen."

Am gleichen Tage faßte auch der Ständerat, auf Antrag seines Mitgliedes Herrn Cornaz, einen im nämlichen Sinne lautenden Beschluß.

In Verfolgung des dem Bundesrate durch diese Motionen erteilten Auftrages, hat das mit dem Vollzug betraute Eisenbahndepartement nicht gesäumt, das Studium der bezüglichen Prägen an die Hand zu nehmen.

Unter anderem wurde zunächst zum Gegenstand der Untersuchung gemacht, welches das Rechtsverhältnis zwischen dem Bunde und den Eisenbahngesellschaften, eventuell den Kantonen, soweit solche Eigentümer von einzelnen Linien oder Netzen bereits sind oder in der Folge werden sollten, bei A u s l a u f der K o n z e s s i o n e n sein werde, und darüber ein Bericht ausgearbeitet, den wir Ihnen in Nachstehendem zu unterbreiten uns gestatten.

1071 Sobald die Untersuchung über andere für sich abgeschlossene, in den großen Rahmen der sogenannten Eisenbahnfrage gehörende Gegenstände oder Gebiete durchgeführt sein wird, gedenken wir Ihnen deren Ergebnis successive vorzulegen. Es erscheint uns schon im Interesse einer eingehenden Prüfung in Ihrem Schöße angezeigt, in dieser Weise durch jeweilige Vorlage der Einzelberichte nach und nach Ihrer Einladung zur Untersuchung und Berichterstattung über Eisenbahnreform und Eisenbahnrückkauf nachzukommen, statt den Abschluß der ganzen, nach der Weitsichtigkeit des Materials und bei dem wenig zahlreichen für diese Arbeiten verfügbaren Personal des Departements, geraume Zeit in Anspruch nehmenden Untersuchung abzuwarten und Ihnen dann erst einen einheitlichen Gesamtbericht zu unterbreiten. Das von uns beabsichtigte Vorgehen schließt selbstverständlich nicht aus, daß, nach Durchführung der ganzen Arbeit, die aus den Einze]berichten sich ergebenden Schlüsse und Anträge in einen Scblußbericht zusammengefaßt würden.

I.

Um für Beurteilung des hiervor bezeichneten Verhältnisses, welches den Gegenstand dieses Berichtes bilden soll, eine sichere Grundlage zu gewinnen, sind zunächst die einschlägigen Bestimmungen der Konzessionen zu durchgehen, wobei wir uns indessen auf die Hauptbahnen beschränken.

1. Jura-Simplon-Bahn.

Für die Jura-Simplon-Bahn setzt der Bundesbeschluß vom 19. Dezember 1889 (B. A. S. X, 214 ff.) in Art. 2, Ziff. II, litt, d, e und h, folgendes fest: d. Der Kaufpreis wird nach dem durchschnittlichen, auf der Gesamtheit der Linien erzielten Reinertrage derjenigen zehn Kalenderjahre bestimmt, welche dem Jahre, in welchem der Rückkauf angekündigt wird, vorausgehen; er beträgt den 25fachen Wert des Reinertrages, wenn der Kückkauf innert den Jahren 1903--1918 stattfindet, den 221/sfachen Betrag innert den Jahren 1918--1933, den 20fachen innert den Jahren 1933--1948 und den ITVafachen von 1948 bis zum Erlöschen der Konzession.

In allen diesen Fällen darf der Kaufpreis nicht weniger als die nachgewiesenen Anlagekosten der bestehenden Bin-

1072 richtungen betragen, jedoch unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds.

Sollte die Bahn dem Bund nicht in vollkommen befriedigendem Zustande abgetreten werden, so ist ein verhältnismäßiger Betrag an der Kaufsumme dafür in Abzug zu bringen.

e. Mit dem Jahre 1957 erlöschen sämtliche Konzessionen der vereinigten Gesellschaft, und es wird der Bund, insofern der Rückkauf auf diesen Zeitpunkt nicht erfolgt ist, die Bedingungen einer neuen Konzession feststellen.

h. Die Rückkaufsbestimmungen aller Konzessionen der fusionierten Linien und der betreffenden Bundesbeschlüsse werden, soweit sie das Rückkaufsrecht des Bundes betreffen, als erloschen erklärt.

In mehreren kantonalen Konzessionen und in der Zwangskonzession des Bundes für Lausanne-Freiburg auf Waadtländer Gebiet ist auf den Zeitpunkt des Ablaufs derselben zu gunsten der betreffenden Kantone das sogenannte ,,Heimfallsrecht" stipuliert, welches darin besteht, daß die betreffende Eisenbahn in Unter-, Ober- und Hochbau, jedoch ohne Rollmaterial und Vorräte, unentgeltlich an die Kantone übergeht.

Dies ist der Fall bei den Linien : Genf-Versoix und Enclave C èli g n y, zu gunsten des Kantons Genf; Lausanne-Freiburg-Bernergrenze, zu gunsten der Kantone Waadt (Bundeskonzession) und Freiburg; Y v e r d o n - V a u m a r c u s , zu gunsten des Kantons Waadt; Palézieux-Fräschels (Längslinie im Broyethal) auf dem Gebiet des Kantons Freiburg, zu gunsten dieses Kantons (unter gewissen Bedingungen) ; Y v e r d o n - P a y e r n e (transversale Broyelinie) auf dem Gebiet des Kantons Waadt, zu gunsten dieses Kantons.

Das Heimfallsrecht war ursprünglich auch ausbedungen, muß aber zufolge späterer Erlasse der betreffenden kantonalen, beziehungsweise der Bundesbehörde, als dahingefallen erachtet werden bezüglich folgender Linien: N e u e n s t a d t - N e u e n b ü r g - V e r r i è r e s (Franco-Suisse) und A u v e r n i e r - V a u m a r c u s , zu gunsten des Kantons Neuenburg ; F r e i b u r g - Y v e r d o n (transversale Broyelinie) auf Freiburger Gebiet, zu gunsten dieses Kantons.

1073 in der Genfer Konzession für die Linie Grenf-Versoix-Céligny ist auch für den Fall des Rückkaufs durch Bund oder Kanton eingehende Bestimmung getroffen über die Rechte des Kantons auf die zur Amortisation des Anlagekapitals jährlich zurückgelegten Beträge und auf die Bückkaufssumme selbst. Bezeichnend für die damals herrschende Auffassung ist folgende Bestimmung: ,,Da aber gegenwärtige Konzession, in Abweichung von den in der Schweiz allgemein angenommenen Bestimmungen, auf den Grundsatz einer bloß temporären Konzession gegründet ist, so wird die jährliche Amortisationssumme jedenfalls bei dem Keinertrage mitgerechnet werden, der beim Bückkaufe zu Grunde zu legen ist."

In andern Konzessionen, z. B. für Lausanne-Frei burg-Bernergrenze auf Freiburger Gebiet, ist nur bestimmt, daß beim Eückkauf bezüglich des Heimfallsrechtes die Rückkaufssumme an Stelle der Eisenbahn trete.

Ferner setzen einzelne Konzessionen neben dem Heimfallsrecht, dessen Geltendmachung an gewisse Bedingungen geknüpft ist, noch ein Kückkaufsrecht des betreffenden Kantons fest für den Fall, daß von dem bedingten Heimfallsrecht kein Gebrauch gemacht werden sollte oder mehrere Kantone gemeinsam oder einer auch auf dem Gebiete des andern den Rückkauf vor Auslauf der Konzession vornehmen wollten. Dies trifft z. B. zu für Lausanne-Freiburg auf Waadtländer Gebiet und für die Längslinie im Broyethal auf Preibnrger Gebiet.

Für die Linien : V e r s o i x - M o r g e s - L a u s a n n e - B e x - M a s s o n g e x und Jougne-Eclépens ist die Konzession auf 99 Jahre erteilt, nach deren Ablauf entweder die Erneuerung stattzufinden habe' oder eine Verständigung über den Erwerb der Gebäude, des Materials und der Vorräte zu treffen sei.

Von der eigentlichen Bahnanlage (,.,chemina) ist nicht die Eede, was aber aus verschiedenen Gründen und namentlich deshalb als ein bloßes Versehen zu betrachten ist, weil in der nämlichen Konzession die Rückkaufsentschädigung im 99. Jahre auf den Betrag der mutmaßlichen damaligen Erstellungs- und Einrichtungskosten festgesetzt ist.

Für die Linie N e u e n s t a d t - V e r r i è r e s (Franco-Suisse) und A u v e r n i e r - V a u m a r c u s ist vom Kanton Neuenburg, als er durch Dekret vom 26. Februar 1868 auf sein Heimfallsrecht verzichtete, nur Bestimmung über Erneuerung (auf Grund einer dannzumal abzuschließenden Übereinkunft), nicht aber betreffend Kückkauf bei Auslauf der Konzession getroffen worden.

1074 Bezüglich der t r a n s v e r s a l e n Broyelinie (Freiburg-Yverdon) auf P r e i b u r g e r G e b i e t bestimmte der das Heimfallsrecht des Kantons aufhebende Bundesbeschluß, vom 19. Juli 1873, daß auf Ablauf der Konzession der B u n d u n t e r d a n n z u m a l neu f e s t zusetzenden Bedingungen eine neue Konzession ert e i l e n oder sich mit der Gesellschaft über den Erwerb der Bahn, der Gebäude, des Materials und der Vorräte verständigen werde. In der frühern Genehmigung der kantonalen Konzession (vom 18. Juli 1871) hatte der Bund als Rückkaufsentschädigung im 99. Jahre den Wert des l Stachen Beinerertrags etc., mindestens aber das ursprüngliche Anlagekapital festgesetzt.

Für die Strecke B e x (Massongex) - S t. M a u r i e e ist in der auf 99 Jahre erteilten kantonalen Konzession als Rückkaufsentschädigung auf Konzessionsauslauf der Betrag der mutmaßlichen dannzumaligen Erstellungs- und Einrichtungskosten vorgesehen.

Ebenso für die L ä n g s l i n i e im B r o y e t h a l auf Waadtländer Gebiet. In der bezüglichen Konzession ist ferner eventuelle Erneuerung der Konzession unter alsdann einverständlich festzusetzenden Bedingungen in Aussicht gestellt.

Für St. Gingolph-Bouveret-Brig (frühere S i m p l o nb a h n ) besteht eine Bundeskonzession, welche bezüglich Erneuerung der Konzession bei .Ablauf keine Bestimmung enthält, bezüglich des Rückkaufs in üblicher Weise entweder Bezahlung der erstmaligen Anlagekosten oder einer durch bundesgerichtliche Schätzung zu bestimmenden Summe vorsieht, neben einem besondern Rückkaufsrecht des Bundes und des Kantons, wenn der Simplonübergang nicht vor 1. Mai 1880 in Angriff genommen werde.

Die kantonalen Konzessionen für die Linien: Zollikofen-Neuenstadt, .

Biel-Pruntrut, S o n c e b o z - R e n a n - C o n v e r s und Renan-Chaux-de-Fonds, D e l s b e r g - B a s e l (exklusive Äsch-Mönchenstein in Baselland) enthalten keine Zusicherung betreffend Erneuerung der Konzession auf. deren Ablauf, sondern setzen als Rückkaufsentschädigung im 99. Jahre den Betrag der mutmaßlichen damaligen Erstellungs- und Einrichtungskosten fest. Die bezüglichen (aufgehobenen) Bundesgenehmigungen enthielten teils die nämliche Bestimmung, teils sahen sie als Rückkaufsentschädigung den Wert des 16fachen Reinertrags etc., mindestens aber das ursprüngliche Anlagekapital vor. .

Die gleiche Rückkaufsbestimmung für das 99. Jahr ist enthalten in den kantonalen Konzessionen für die Linien:

1075 P r u n t r u t - D e 11 e, Lyß-Fräschels, Ä s c b - M ö n c h e n s t e i n (Baselland), Gümligen-Luzern.

Ferner sehen diese Konzessionen Erneuerung auf den Zeitpunkt des Auslaufs ,,nach dannzumal zu treffender Übereinkunft" vor, für Äsch-Mönchenstein jedoch bloß ,,Erneuerung" (unter Weglassung der "Bestimmung ,,nach Übereinkunft") und hei Lyß-Fräschels unter ausdrücklicher Streichung der Worte : ,,unter alsdann gemeinsam zu vereinbarenden Bedingungen".

In den bezüglichen (aufgehobenen) Bundesgenehmigungen war entweder der Betrag der mutmaßlichen damaligen (im 99. Jahre) Erstellungs- nnd Einrichtungskosten oder der 18-, beziehungsweise 20fache Reinertrag, mindestens aber das ursprüngliche Anlagekapital als Rückkaufsentschädigung bestimmt gewesen.

Für die Br ü n i g b a h n und P o n t - V a l l o r b e s bestehen Bundeskonzessionen ohne Erwähnung der Erneuerung und mit der üblichen Rückkaufsbestimmung (ursprüngliches Anlagekapital oder bundesgerichtliche Schätzung).

1 a. Bulle-Romont.

Der Bund behielt sich in der Konzessionsgenehmigung den Rückkauf auf das 99. Jahr vor, gegen Bezahlung einer Entschädigung im Belaufe der mutmaßlichen dannzumaligen Erstellungs- und Einrichtungskosten.

In der kantonalen Konzession ist bestimmt, daß beim Ablauf der Konzession die Eisenbahn an den Kanton Freiburg fällt.

1 b. Traversthalbahn.

Es besteht eine Bundeskonzession mit der üblichen Rückkaufsbestimmung für den Zeitpunkt des Konzessionsablaufs.

2. Centralbahn.

Pur die Linien: St. L u d w i g - B a s e l - O l t e n - L u z e r n , Aarau-Olten-Bern-Thörishaus, Bern-Thun, Herzogenbuchsee-Biel, gilt folgende Bestimmung der betreffenden Konzessionsgenehmigungen :

1076 ,,b. Im Falle des Rückkaufs im 99. Jahre ist die mutmaßliche Summe, welche die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derselben zum Betriebe in- diesem Zeitpunkte kosten würde, als Entschädigung zu bezahlend Für die B a s i e r V e r b i n d u n g s b a h n und O l t e n - S o l o thurn-Lyss (Gaubah.n) beträgt die Rückkaufssumme 1957, beziehungsweise bei Auslauf der Konzession, für den Bund den 18fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages der der Rückkaufserklärung vorangehenden zehn Jahre, in keinem Falle aber weniger als das ursprüngliche Anlagekapital.

Für A a r a u - S u h r den 20fachen Beinertrag etc.

Für S u h r - Z o f i n g e n besteht eine Bundeskonzession (vom 22. September 1873), die folgende (übliche) Bestimmung enthält: "e. Im Falle des Eückkaufs im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen."

In den kantonalen Konzessionen für die genannten Linien der Schweizerischen Centralbahn ist übereinstimmend vorgesehen, daß ,,nach ' Ablauf der (auf 99 Jahre erteilten) Konzession diese nach dannzumaliger Übereinkunft (bei einigen mit dem Zusatz : ,,den dannzumaligen Verhältnissen gemäß"-) erneuert werden solle, insofern nicht vorher von dem (in der Konzession) beschriebenen Rückkaufsrechte Gebrauch gemacht worden sei".

Als Rückkaufsentschädigung sahen die kantonalen Konzessionen für den Zeitpunkt des Auslanfs vor: Für St. L u d w i g - B a s e l - O l t e n - L u z e r n , A a r a u - O l t e n B e r n - T h ö r i s h a u s , Bern-Thun, Herzogenbuchsee-Biel, die V e r b i n d u n g s b a h n und A a r a u - S u h r den Betrag der mutmaßlichen dannzumaligen Erstellungs- und Einrichtungskosten ; für die G a u b a h n den Wert des 18fachen Beinertrages etc., im Minimum das ursprüngliche Anlagekapital.

2 a. Aargauische Südbahn.

Für die aargauische Südbahn auf A a r g a u e r - und S c h w y z e r g e b i e t ist in den kantonalen Konzessionen die gleiche Bestimmung getroffen über Erneuerung der Konzession wie für die Linien der Schweizerischen Centralbahn, während die Bundesgenehmigung bestimmt, daß für den Fall des Rückkaufs im 75. Jahre und mit Ablauf

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der Konzession der 22 1 /afache Wert des Reinertrags der 10 der Eückkaufskündigung vorangehenden Jahre, in keinem Falle aber weniger als das ursprüngliche Anlagekapital zu bezahlen sei.

Die Bundeskonzession für die Südbahn auf L u z e r n e r - und Z u g e r g e b i e t sieht vor, daß im Falle des Rückkaufes mit Ende der Konzession die mutmaßliche Summe, welche die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derselben zum Betriebe in diesem Zeitpunkte kosten würde, als Entschädigung zu bezahlen sei.

2 b. Wohlen-Bremgarten.

Bezüglich dieser Linie gilt nach der Bundeskonzession (vom 16. Juni 1874), daß im Falle des Eückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufes der Konzession nach der Wahl des Eückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen ist.

3. Gotthardbahn.

Bezüglich der Linien C h i a s s o - L u g a n o und L o c a r n o B e l l i n z o n a - B i a s c a bestimmen die Bundesgenehmigungen, daß im Falle des Rückkaufs im 99. Jahre die mutmaßliche Summe, welche die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derselben zum Betriebe in diesem Zeitpunkte kosten würde, als Entschädigung zu bezahlen sei.

Die kantonalen Konzessionen setzen die Konzessionsdauer auf 99 Jahre fest mit der Maßgabe, daß n a c h A b l a u f d i e s e r F r i s t alle K e c h t e u n d P r i v i l e g i e n als e r l o s c h e n gelten. Ob die Bestimmung über Bemessung der Bückkaufssumme (welche ein Äquivalent zu bieten habe für die wirklichen, vom Konzessionär laut gehörigem Ausweis getragenen Auslagen, mit Einschluß der Zinsen vom Baukapital bis zum Zeitpunkt des Betriebs) auch auf den Zeitpunkt des Konzessionsablaufs Anwendung findet, ist nicht ausdrücklich gesagt.

Pur C a d e n a z z o - P i n o besteht eine Bundeskonzession, nach welcher im Falle des Eückkaufs im 99. Jahre der ISfache Wert des Reinertrages, in keinem Falle aber weniger als das über die Subventionen hinaus verwendete Anlagekapital zu bezahlen ist.

Bezüglich a l l e r übrig en L i n i e n , d. h. L u z e r n - K ü s n a c h Immensee-Goldau- Sisikon-Airolo-Biasca, GiubiascoL u g a n o , Z u g - Q o l d a u , gilt die Bestimmung der Bundesgenehmigung, wonach beim Bückkauf im 99. Jahre der ISfache Wert des

1078 Reinertrages zu bezahlen ist, immerhin in der Meinung, daß dabei die durch den Staatsvertrag begründeten Rechte der Subventionen vorbehalten bleiben und die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als das über die Subventionen hinaus verwendete Anlagekapital betragen darf.

Die bezüglichen kantonalen Konzessionen sind auf 99 Jahre erteilt. Nach Ablauf dieser Frist könne resp. solle die Konzession durch dannzumalige Vereinbarungen erneuert werden, wenn sie nicht in der Zwischenzeit und infolge Loskaufs beziehungsweise Rückkaufs erloschen sein werde. Im Falle des Rückkaufs im 99. Jahre sei die mutmaßliche Summe, welche die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derselben zum Betriebe in diesem Zeitpunkt kosten würde, als Entschädigung zu bezahlen.

4. Nordostbahn.

Für die Linien A a r a u - Z ü r i c h - W i n t e r t h u r - E o m a n s horn-Rorschach, Eomanshorn-Konstanz, WinterthurSchaffhausen, Ö r l i k o n - Bülach, 0 b e r g l a t t - D i e l s d o r f und T u r g i - K o b l e n z bestimmen die bezüglichen Bundesgenehmigungen, daß ,,im Falle des Rückkaufs im 99. Jahre die mutmaßliche Summe, welche die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derselben zum Betriebe in diesem Zeitpunkte kosten würde, als Entschädigung zu bezahlen sei".

Die kantonalen Konzessionen sehen übereinstimmend vor, daß diese bei Ablauf nach einer dannzumal zu treffenden Übereinkunft erneuert werden sollen, wenn sie nicht infolge mittlerweile eingetretenen Rückkaufs erloschen seien. Als Entschädigung bei Rückkauf auf Konzessionsauslauf ist die Summe bezeichnet, welche die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derselben zum Betriebe in diesem Zeitpunkte kosten würde (= Bundesgenehmigung).

& Für W i n t e r t h u r - B ü l a c h - K o b l e n z , Z ü r i c h - R i c h t e r s w e i l - Z i e g e l b r ü c k e , E f f r e t i k o n - W e t z i k o n - Hi n w e i l , Otel f i n g e n - W e t t i n g e n , R e c h t s u f r i g e Z ü r i c h s e e b a h n ( Z ü r i c h - R a p p e r s w i l ) , K o b l e n z - Stein und B ö t z b e r g h a h n sieht jeweilen die Bundesgenehmigung als Eückkaufsentschädigung bei Auslauf der Konzession den ISfachen Wert des Reinertrages, mindestens aber das ursprüngliche Anlagekapital vor.

In den kantonalen Konzessionen für alle diese Linien ist auf Konzessionsablauf Erneuerung nach dannzumal zu treffender Übereinkunft in Aussicht genommen, wenn sie nicht infolge mittlerweile eingetretenen Rückkaufes erloschen seien. Die Entschädigung für den Rückkauf auf diesen Termin ist auf die Erstellungskosten festgesetzt,

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außer betreffend die Linien O t e l f i n g e n - W e t t i n g e n , K o b l e n z S t e i n und B ö t z b e r g b a h n , für welche die Bestimmung gilt, daß die mutmaßliche Summe zu bezahlen sei, welche die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derselben zum Betriebe in d i e s e m Zeitpunkte kosten würde.

Pur W i n t e r t h u r - S i n g e n - K r e u z l i n g e n , S u l g e n B i s c h o f s z e l l - G o ß a u und Etzweilen-Feuerthalen hat laut Bundesgenehmigungen der Bund bei Auslauf der Konzessionen als Rückkaufsentschädigung den Betrag der erstmaligen Erstellungskosten zu bezahlen.

Die Kantone haben eventuelle Erneuerung der Konzession auf deren Ablauf nach dannzumal zu treffender Übereinkunft vorgesehen und als Rückkaufsentschädigung noch die Erstellungskosten festgesetzt.

Für die Linie Ziegelbrücke-Niederurnen-Näfels ist nach den bezüglichen Bundeskonzessionen bei Rückkauf auf Auslauf der Konzession der 18fache Betrag des Beinertrages, in keinem Falle weniger als das ursprüngliche Anlagekapital zu bezahlen.

D i e Linien E f f r e t i k o n - O t e l f i n g e n , W e t t i n g e n L e n z b u r g- S u n r, S e e b a ch - Ö r l i k o n, N i e d e r g l a t t O t e l f i n g e n , G l a r u s - L i n t t h a l , Feuerthalen - Schaffh a u s e n , B ü l a c h - Sch a f f h a u s en, D i e i s d o r f - N i e d e rw e n i n g e n und T h a l w i l - Z u g , sind vom Bund konzessioniert und es gilt für alle die Bestimmung, daß bei Eückkauf mit Auslauf der Konzession nach Wahl des Käufers entweder der Betrag der ursprünglichen Anlagekosten oder eine durch bundesgerichtliche Schätzung zu bestimmende Summe zu bezahlen sei.

Laut Bundesbeschluß vom 25. Juni 1890 gilt die gleiche Rückkaufsbestimmung nunmehr auch für die Linie A l t s t ä t t e n - Z u g Rothkreuz-Luzern.

In den kantonalen Konzessionen für letztere Linie war eventuell die Erneuerung der Konzessionen auf deren Ablauf vorgesehen und als Bückkaufsentschädigung für diesen Termin die mutmaßliche Summe festgesetzt, welche die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derselben zum Betriebe in diesem Zeitpunkte kosten würde.

5. Vereinigte Schweizerbahnen.

Für sämtliche Linien ist in den bezüglichen Bundesgenehmigungen die vom Bund beim Böckkauf auf Konzessionsablauf zu zahlende Entschädigung auf diejenige Summe festgesetzt, welche mutmaßlich die Erstellung der Bahn und die Einrichtung derselben zum Betriebe in diesem Zeitpunkte kosten würde.

1080 Betreffend die auf das Gebiet des Kantons St. Gallen entfallenden Teilstrecken Rorschach-St. G a l l e n - W y l , RorschachR a g a z , S a r g a n s - W a l l e n s t a d t - W e e s e n - K a p p e r 3w i l und W e e s e n - N ä f e l s ist in den kantonalen Konzessionen zu Händen des Kantons das Recht vorbehalten, nach Ablauf der Konzession, diese auf beliebige Zeit zu erneuern oder die Eisenbahn gegen Entschädigung an sich zu ziehen, über deren eventuelle schiedsgerichtliche Feststellung detaillierte Vorschriften aufgestellt wurden.

Gleiche Bestimmungen sind enthalten in den Konzessionen der Kantone Glarus und Graubünden für die resp. Teilstrecken W e e s e n M ü h l e h o r n , N ä f e l s - G l a r u s und Ragaz-Chur, während dagegen die Kantone Zürich und Thurgau für die auf ihr Gebiet entfallenden Linien A a d o r f - W i n t e r t h u r und W a l l i s e l l e n R ü t i beziehungsweise A a d o r f - W y l - S c h w a r z e n b a c h und St. Gallen für die Strecke Rüti-Rapperswil eventuelle Erneuerung der Konzession auf den Zeitpunkt des Ablaufs nach dannzumal zu treffender Übereinkunft vorbehielten und als Rückkaufspreis für diesen Termin den Betrag der mutmaßlichen dannzumaligen Erstellungs- und Einrichtungskosten festsetzten.

6. Toggenburgerbahn.

Die Bundesgenehmigung bestimmt als Eückkaufspreis hei Konzessionsablauf die mutmaßlichen dannzumaligen Erstellungs- und Einrichtungskosten ; ebenso die kantonalen Konzessionen von Thurgau und St. Gallen, welche nebstdem eventuelle Erneuerung der Konzession nach Übereinkunft vorsehen.

7. Wald-Rüti.

Der Bund hat bei Rückkauf auf Konzessionsablauf den 18fachen Wert des Reinertrages etc., mindestens das ursprüngliche Anlagekapital zu bezahlen.

Der Kanton Zürich nahm eventuell Erneuerung der Konzession nach Übereinkunft oder als Rückkaufspreis die erstmaligen Erstellungskosten in Aussicht.

8. Emmenthalbahn.

Nach den Bundesgenehmigungen hat der Bund als Rückkaufspreis bei Auslauf der Konzessionen den Betrag der mutmaßlichen dannzumaligen Erstellungs- und Einrichtungskosten zu bezahlen.

1081 Die Kantone Bern und Solothurn trafen in ihren Konzessionen keine Bestimmung mehr über eventuelle Erneuerung d e r K o n z e s s i o n n a c h d e r e n A b l a u f , sondern bestimmten lediglich den Eückkaufspreis für diesen Zeitpunkt, und zwar in gleicher Weise, wie er hievor für den Bund angegeben ist.

9. Jura Neuchâtelois.

Für den Bund gilt die gleiche Bestimmung wie bei 8. Emmenthalbahn.

Der Kanton Neuenburg nahm eventuell die Erneuerung der abgelaufenen Konzession nach Übereinkunft in Aussicht. Der Rückkaufspreis für diesen Termin ist wie für den Bund festgesetzt.

c"

10. Tößthalbahn.

Der Bund hat bei Auslauf der Konzession als Eückkaufspreis den ISfachen Wert des Reinertrages etc., mindestens das ursprüngliche Anlagekapital zu bezahlen.

Der Kanton Zürich sah die eventuelle Erneuerung der Konzession bei Ablauf nach Übereinkunft vor und setzte den eventuellen Eückkaufspreis für diesen Termin gleich den Erstellungskosten fest.

Für folgende Bahnen: 11. Langenthal-Huttwil, 12. Thunerseebahn, 13. Seethalbahn (Strecke B e i n w i l - R e i n a c h - M e n z i k e n ) , 14. Sihlthalbahn, 15. Südostbahn, gilt die übliche Bestimmung der Bundeskonzessionen, daß bei Rückkauf im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzessionen nach Wahl des Käufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten oder eine durch bundesgerichtliche Schätzung zu bestimmende Summe zu bezahlen sei.

Bei der Seethalbahn, Strecke L e n z b u r g - E m m e n b r ü c k e , gelten für den Bund die gleichen Bestimmungen wie bei 13. angegeben. Die Kantone Aargau und Luzern hatten eventuelle Erneuerung der Konzession bei Auslauf nach Übereinkunft und als Eückkaufspreis die mutmaßlichen dannzumaligen Erstellungs- und Einrichtungskosteu vorgesehen. Letztere Bestimmung ist aber durch Bundesratsbeschluli vom 25. April 1882 aufgehoben.

Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. I.

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1082 Bei der Südostbahn, Strecke W ä d e n s w e i l - E i n s i e d e l n , hatten die Kantone Zürich und Schwyz in der üblichen Weise eventuelle Erneuerung der Konzession nach Übereinkunft vorgesehen und den Rückkaufspreis für diesen Termin gleich den Erstellungskosten festgesetzt. Letztere Bestimmung ist aber durch Bundesbeschluß vom 20. Dezember 1889 aufgehoben worden.

II.

Über die Auffassung, welche bei den Bundesbehörden in Bezug anf das bei Auslauf der Konzessionen zwischen Bund und Bahngesellschaften sich ergebende Rechtsverhältnis zu verschiedenen Zeiten herrschte, geben nachstehende Citate aus amtlichen Aktenstücken einige Auskunft.

1. Die Botschaft zum revidierten Bundesgesetz über den Bau und Betrieh von Eisenbahnen, vom 16. Juni 1871 (Bundesblatt 1871, Band II, Seite 664), enthält folgenden Passus: ^Er (Art. 5 des Entwurfs, s. bienach) stellt drei Sätze auf: Berstens die Konzessionen werden auf b e s t i m m t e Dauer erteilt, ,,zweitens es wird W i e d e r er n e u e r u n g nach Ablauf derselben zugesagt, und drittens es findet die Normierung der Zeitdauer in den ,,K o n z e s s i o n e n selbst statt ,,Über das zweite Verhältnis enthält bekanntlich die englisch,,französische Gesetzgebung abweichende Bestimmungen, indem nach ,,99 Jahren die Bahnen dem Grundherrn, resp. dem Staate anheimfallen ; indes entspricht dies den schweizerischen Recbtsanschauungen ,,nicht, wogegen selbstverständlich unsere Nachkommen frei sein wer,,den, die auslaufenden Konzessionen nur in der ihren dannzumaligen ,,Interessen entsprechenden Weise zu erneuern. tt Dem entsprechend lautete der Entwurf Bundesgesetz über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen (Bundesblatt 1871, Band II, Seite 704): ,,Inhalt der K o n z e s s i o n e n u n d Rechtsstellung ,,der K o n z e s s i o n ä r e .

,,Art. 5. Die Konzessionen werden auf Bestimmte Zeitdauer er,, teilt, nach deren Ablauf die Wiedererneuerung unter den dannzumal ,,neu festzusetzenden Bedingungen stattfinden kann. Die Normierung ,,dieser Zeitdauer erfolgt in den Konzessionen selbst."

Schon die ständerätliche Kommission beantragte in ihrem Berichte vom 27./2S. September 1871 (Bundesblatt 1871, III, 815 ff.), ohne indessen diesen Antrag weiter zu motivieren, Streichung des zweiten Teiles des Art. 5, von den Worten ,,nach deren Ablauf" bis zum Schluß.

1083 Im Art. 5 des neuen Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 selbst ist diese Bestimmung betreffend Erneuerung der Bundeskonzessionen gestrichen, während dagegen iu Art. l, 2. Alinea, diejenige, daß die Erteilung staatlicher Konzessionen, sowie die E r n e u e r u n g von solchen, die bisher von den K a n t o n e n erteilt worden seien, von jetzt an Sache des Bundes sei etc., stehen blieb, wiewohl doch auch hierin die Auffassung zum Ausdruck gelangte, daß die Konzessionen nach Ablauf zu erneuern seien.

Eine Begründung dieser Streichung in Art. 5 ist dem Protokoll des Stände- und Nationalrates ebensowenig als dem ständerätlichen Kommissionalbericht zu entnehmen. Dagegen findet sich darüber eine Andeutung in folgender Stelle der 2. Botschaft betreffend Übertragung der Konzession für die auf Freiburgergebiet liegende Strecke der Eisenbahn Preiburg-Tverdon an die S. 0., und Abänderung dieser Konzession, vom 30. Mai 1873 (Bundesblatt 1873, Band II, Seite 749) : ,,Am 13. Januar hatte inzwischen der Staatsrat des Kantons ,,Freiburg die Abtretung der Konzession genehmigt und die verlangte ,,Konzessionsabänderung beschlossen, in dem Sinne, daß dem Art. 2 ,,der Konzession vom 17. November 1869 beigefügt werde: ,,Bei Ab,,lauf des Zeitraumes, für welchen die Konzession erteilt ist, wird der ,,Staat eine neue erteilen oder sich mit der Gesellschaft über den Er,,werb der Bahn, der Gebäude, des Materials und der Vorräte ver,,8tändigenu, -- und daß dann im Einklang damit der erste Absatz ,,des Art. 10 und Art. 11, sowie die von diesen Artikeln abgeleiteten ,,Bestimmungen des Pflichtenheftes weggelassen werden.

,,Die gewünschte Abänderung der Konzession entspricht den ,,diesfälligen Bestimmungeri der bisherigen von den deutschen Kantonen ,,erteilten Konzessionen. Wenn auch der bundesrätliche Entwurf des ,,neuen Eisenbahngesetzes lautete : ,,Die Konzessionen werden auf be,,stiramte Zeitdauer erteilt, nach deren Ablauf die Wiedererneuerung ,,unter den dannzumal neu festzusetzenden Bedingungen stattfinden ,,kann", und nun der Relativsatz gestrichen und nur der erste (der ,,Haupt-) Satz stehen geblieben ist, so wollte man damit doch un,,zweifelhaft nicht aussprechen, daß nach Ablauf der Dauer der Konfession die neu konzedierten Bahnen dem Bunde anheimfallen; eine ,,so weittragende, die neuen Bahnen gegenüber
vielen alten sehr weit ,,hintansetzende, mit den Rückkaufsbedingungen im Widerspruch stehende ,,Bestimmung hätte ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen werden ,,müssen.a Der betreffende Bundesbeschluß, vom 19. Juli 1873 (E. A. S.

I, 67), bestimmte dann :

1084 ,,2. Genannte Konzession wird folgendermaßen abgeändert: ,,a. Art. 2 erhält den Zusatz : ,,Bei Ablauf des Zeitraumes, für .,,welchen die Konzession erteilt ist, wird der B u n d unter ,,dannzumal neu festzustellenden Bedingungen eine neue erteilen ,,oder sich mit der Gesellschaft über den Erwerb der Bahn, der ,,Gebäude, des Materials und der Vorräte verständigen.a 3. In der Botschaft betreffend Form und Inhalt der neu zu erteilenden Eisenbahnkonzessionen, vom 10. Juli 1873 (Bundesblatt 1873, Band II, Seite 1146) ist folgende Stelle zu bemerken: ,,Es lag freilich nahe, zu untersuchen, ob nicht die Dauer der ,,Konzession mit 99 Jahren eine allzulange sei, wenn wenigstens nicht ,,nach Ablauf dieses Termines die Bahn unentgeltlich dem Bunde an,,heimfalle. Und die Gesetzgebung verschiedener Staaten -hätte diese ,,Frage zu bejahen erlaubt.

,,Wir entsagten nähern Erörterungen über alle diese Punkte und ^hielten uns au die Eichtschnur der möglichsten Gleichberechtigung ,,aller schweizerischen Eisenbahngesellschaften, fallenderen Geburtstag ,,in die Zeit des kantonalen Eegimentes über dieselben oder in die ,,mit dem Jahre 1873 beginnende Periode der Bundeshoheitsrechte.tt In dem Bundesbeschluß betreffend Konzession für eine Eisenbahn von Thun nach Konolfingen, vom 17. September 1873 (E. A. S. I, 137 ff.), welche nach Erlaß der soeben zitierten Botschaft festgestellt wurde und daher seither als sog. .,,Normalkonzession"- galt, ist die Konzessionsdauer auf 80 Jahre festgesetzt und ein Heimfallsrecht nicht vorbehalten und ebensowenig betreffend Erneuerung der Konzession nach Ablauf Bestimmung getroffen.

4. Die Botschaft des Bundesrates betreffend Konzession für Bau und Betrieb der Eisenbahn Bulle-Thun, vom 28. Juli 1873 (Bundesblatt 1873, Band III, Seite 274), spricht sich aus wie folgt: ,,In Übereinstimmung mit den bisher durchberatenen Konzessionen ,,wurde über das Schicksal der betreffenden Unternehmung nach Ab,,lauf der 99 Jahre nichts aufgenommen, während die Delegationen ,,der Regierungsräte von Freiburg, Waadt und Bern einem Antrag ,,beipflichteten, wonach die Eisenbahn auf jene Zeit in das Eigentum ,,der von ihr durchzogenen Kantone übergehen soll. Für die Inter,,essen neuer Unternehmungen hielten wir die Schaffung eines den ,,bisherigen Grundsätzen entgegenlaufenden Rechtes in dieser Hinsicht
,,für bedenklich, und möchten es jedenfalls nur durch gesetzliche Be,,stimmung, nicht aber durch einen Paragraphen einer einzelnen Konfession aufgestellt wissen.a

1085 5. Aus der Botschaft betreffend Konzession einer Eisenhahn von Chambésy an die schweizerisch-französische Grenze gegen Pernex, vom .9. Oktober 1874 (Bundesblatt 1874, Band III, Seite 184), ist folgende Stelle hervorzuheben : .,Wenn der Wunsch des Petenten, daß die schweizerische Kon,,zession in möglichste Übereinstimmung mit der französischen gebracht ~,werde, ein begreiflicher ist, so ist auf der andern Seite ebenso na,,türlich, daß der Bund, wenn er diese Gleichheit in einem Punkte ,,(betreifend die Dauer der Konzession, Art. 21) zu gunsten der Ger,sellschaft eintreten läßt, sie auch mit Bezug auf andere Punkte, ,,wo die schweizerische Normalkonzession der Gesellschaft vorteil,,hafter wäre, durchführt, nämlich mit Bezug auf den unentgeltlichen ,,Heimfall der unbeweglichen Teile der Eisenbahn im Zeitpunkt des ,,Ablaufs der Konzession und mit Bezug auf die Rückkaufstermine.a und aus dem bezüglichen Entwurf Bundesbeschluß betreffend Konzession einer Eisenbahn von Dijon gegen Genf auf Schweizergebiet (Bundesbl. 1874, III, 196): ,,Art. 28 a. Mit dein Ablauf der Konzessionsdauer wird der ,,Bund ohne Entgelt Eigentümer der Eisenbahn mit allen dazu gehö,,renden Immobilien samt Pertinenzen, wie Stationen, Remisen, Werk,,stätten, Niederlagsgebäuden, Wärterhäuschen, Barrieren, Einfriedi,,gungeri, Drehscheiben, Wasserreservoirs, Kränen u. s. w.

,,Das zürn Betriebe der Bahn nötige bewegliche Eigentum der ,,Gesellschaft hat der Bund das Recht, um eine Summe an sich zu ,,ziehen, welche in Ermanglung einer Verständigung durch das Bundes,,gericht bestimmt wird."

Dieser Entwurf ist aber von der Bundesversammlung nicht genehmigt, beziehungsweise ein Beschluß über diese Konzession nicht gefaßt worden.

6. Aus der Botschaft betreffend Konzession einer Pferdeeisenbahn Bözingen-Biel-Nidau, vom 28. Juni 1875 (Bundesbl. 1875, III, 634), ist zu erwähnen: y,Die Dauer der Konzession wird, wie schon bemerkt, im vor,,liegenden Falle auf 25 Jahre festgesetzt. Nach Ablauf dieser Frist ,,fällt der Unterbau und das Geleise unentgeltlich, das Betriebsmate,,rial und die Hochbauten um den Schatzungswert an den Kanton Bern ,,in Gemeinschaft mit den Gemeinden Bözingen, Biel und Nidau, in,,sofern diese die Fortführung der Bahn übernehmen wollen."1 In diesem Sinne wurde die Konzession von der Bundesversammlung festgesetzt (E. A. S. III, 202).

1086 Eine ähnliche Bestimmung enthält die Konzession von Pferdeeisenbahnen auf Genfergebiet, vom 17. September 1875 (E. A. S.

III, 209 f.).

7. Die Botschaft betreffend Konzessionierung einer schmalspurigen Straßenbahn von der Schweizergrenze hei St. Julien über Genf bis an die Landesgrenze bei Fernex, vom 6. Juni 1879 (Bundesbl. 1879, II, 941), sagt: ,,Die Artikel 30 und 31 endlich ordnen das Verfahren über den ,,Heimfall der Bahn an Staat und Gemeinden und respektive das Kück,,kaufsrecht der letztern wieder gemali dem Einverständnis der Kon.,zessionsnehmer mit dem Staatsrat. Diese Bestimmuugen entsprechen ,,den Vereinbarungen, welche s. Z. auch in die Konzession für die ,,Genfer Tramways (E. A. S. n. P. III, 205, und Entwurf einer abgeänderten Konzession vom 11. Februar d. J.) niedergelegt worden ,,sind, und haben nur eine Ergänzung erfahren in Hinsicht auf die ,,Bahnstrecken, zu deren Anlage Expropriationen nötig worden. Hier ,,ist den Herren Dussaud und Revel, respektive deren Rechtsnachfolgern, das Recht entsprechender Entschädigungsforderung auch heim ,,Heimfall der Bahn an den Kanton Genf und seine Gemeinden vorgehalten."

In diesem Sinne erfolgte die Konzessionserteilung unterm 22. Dezemher 1879 (E. A. S. V, 280).

Ähnlich ist das Verhältnis bei den Zürcher Straßenhahnen (E.

A. S. VII, 20) und für eine Straßenbahn in St. Gallen (E. A. S. VITI, 116) geordnet worden.

Im übrigen hat der Bund in den von ihm erteilten Konzessionen immer in gleicher Weise auf den Zeitpunkt des Konzessionsauslaufs sich den Eückkauf gegen Entschädigung vorbehalten (Erstellungskosten oder hundesgerichtliche Schätzung), ohne über die Erneuerung Bestimmung zu treffen.

Endlich ist zu erwähnen, daß hei Anlaß der Diskussion der Räte über den Ankauf der Centralbahnaktien im Jahr 1891 in verschiedenen Voten das Verhältnis zwischen Bund und Bahngesellschaft auf Konzessionsablauf berührt wurde. Wir gestatten uns, diesfalls auf das im Druck erschienene amtliche stenographische Bulletin zu verweisen.

III.

Aus den unter Ziff. I summarisch wiedergegebenen Konzessionsbestimmungen geht hervor, daß der Bund sowohl bei Genehmigung der unter der Herrschaft des alten Eisenhahngesetzes von den Kan-

1087 tonen erteilten Eisenbahnkonzessionen, als bei Verleihung von Bundeskonzessionen nach dem Eisenbahngesetz vom 23. Dezember 1872 (außer bei einigen Specialbahnen, die hier nicht von Interesse sind) überall auf den Zeitpunkt des Auslaufs der Konzessionen das R echt des B ü c k k a u f s g e g e n E n t s c h ä d i g u n g , nirgends aber ein sogenanntes ,,Heimfallsrecht"' sich vorbehalten hat. Daß die Bemessung dieser Entschädigung in verschiedener Weise festgesetzt wurde, fällt für die vorliegende Erörterung nicht weiter in Betracht.

Die Annahme, daß die Bundesbehörden bei der Genehmigung oder später bei der Erteilung von Konzessionen von dem Gedanken ausgegangen wären, es haben bei Ablauf 'der Konzessionen die Bahnen unentgeltlich in das Eigentum des Bundes überzugehen, erscheint schon durch diesen Kückkaufsvorbehalt und die Festsetzung einer Entschädigung logisch schlechterdings als ausgeschlossen. Es ist aber auch von den Bundesbehörden ausdrücklich abgelehnt worden, eine diesfällige Bestimmung in das neue Bundesgesetz über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen oder in Konzessionen aufzunehmen (s. oben unter Ziff. II, l, 2, 3 und 4), mit der Motivierung, daß ein solcher Vorbehalt den schweizerischen Eechtsanschauungen nicht entsprechen würde. Einzig in den Entwurf einer Konzession für die Eisenbahn von Dijon gegen Genf auf Schweizergebiet (Ziff. II, 5) fand eine .Kückfallsklausel Eingang. Der betreffende Entwurf ist indes nie zum Bundesbeschluß geworden.

Abgesehen von diesen Eückkaufsbestimmungen für den Zeitpunkt des Konzessionsauslaufs, d. h. auch wenn solche in den Konzessionen fehlten, wäre es unseres Erachtens doch nicht zulässig, den Vorbehalt des Heimfalls ohne eine Andeutung in den Konzessionen als s t i l l s c h w e i g e n d g e m a c h t anzunehmen. Wenn der Bund ein so wichtiges Becht für sich in Anspruch nahm, so hätte er dies im Gesetz oder dann jedenfalls in den einzelnen Konzessionen, beziehungsweise Konzessionsgenehmigungen a u s d r ü c k l i c h statuieren müssen.

Vielmehr erscheint als die richtige Annahme die, daß bei den Bundesbehörden über das Rechtsverhältnis zwischen dem die Konzession verleihenden Staat und dem Konzessionär im Zeitpunkt des Konzessionsauslaufs die gleiche Auffassung herrschte, wie bei den Kantonen der Ost-, Mittel- und zum Teil auch der Westschweiz,
welche auf diesen Zeitpunkt zum größeren Teil expressis verhis die E r n e u e r u n g der K o n z e s s i o n in Aussicht nahmen, beziehungsweise zusagten, wenn dannzumal vom Bückkaufsrecht noch nicht Gebrauch gemacht worden sei oder gemacht werde. Für diese Annahme sprechen folgende Gründe :

1088

a. Zunächst hat der Bund gegen diese in den weitaus meisten kantonalen Konzessionen enthaltene Zusage bei der Genehmigung keine Einsprache erhoben, wobei allerdings zu beachten ist, daß unter der Herrschaft des alten Eisenbahngesetzes nicht der Bund, sondern die Kantone Konzessionserteiler waren, ersterer also bei der eventuellen Konzessionerueuerung sich auch nicht als in erster Linie beteiligt ansehen konnte.

b. Wenn auch in den vom Bunde selbst unter der Herrschaft des neuen Eisenbahngesetzes erteilten Konzessionen eine ähnliche Zusage nicht enthalten ist, so ergiebt sich doch aus gelegentlichen Äußerungen der Bundesbehörden, daß bei ihnen dieso Auffassung bestand. Sie sollte deshalb in dem neuen Eisenbahngesetz, Art. 5, nach dem Vorschlage des Bundesrates (siehe hiervor Ziff. II, 1), zum Ausdruck gelangen. In den Räten ist dann allerdings der bezügliche Passus des genannten Art. 5 ohne specielle (den Akten zu entnehmende) Begründung gestrichen worden. Es liegt aber kein Anhaltspunkt für den Schluß vor, daß die Streichung deshalb geschah, weil die Kate die in jener Bestimmung sich kundgebende Auffassung als unrichtig oder unzutreffend verworfen hätten. Vielmehr darf wohl mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, daß man entweder die Bestimmung als selbstverständlich ansah oder, wenn auch als richtig anerkannt, doch nicht förmlich zur unabänderlichen g e s e t z l i c h e n N o r m stempeln, sondern die Entscheidung dem spätem Geschlechte überlassen wollte. Die Auffassung hat übrigens, wenn auch nicht im Eisenbahnnetze, so doch später in Beschlüssen der gesetzgebenden Eäte förmlichen Ausdruck gefunden. Wir verweisen diesfalls auf den oben unter Ziff. II, 2 erwähnten und den Bundesbeschluß betreffend Übertragung der Konzessionen der Suisse-Occidentale-Simplon und der Jura-Bern-Luzern-Bahn auf die Jura-SimplonBahn, vom 19. Dezember 1889.

Es entspricht übrigens diese Inaussichtnahme der eventuellen Erneuerung der Konzessionen bei deren Ansiauf einzig den thatsächlichen Verhältnissen.

Nach dem oben Gesagten ist ein stillschweigend vorbehaltenes Rück- oder Heinifallsrecht des Bundes ausgeschlossen, dem vielmehr nur das Recht des R ü c k k a u f e s gegen E n t s c h ä d i g u n g zusteht.

Will er dannzumal von letzterem nicht Gebrauch machen und auch keineswegs zum Schaden des Verkehrs den
Bahnbetrieb eingestellt sehen, so bleibt ihm, da eine Bahn ohne Bundeskonzession nicht betrieben werden darf (Art. l des Eisenbahngesetzes), nichts anderes übrig, als der Gesellschaft, eventuell dem Kanton, eine neue Konzession zu erteilen.

1089 Brgiebt sich danach für .den Bund geradezu die zwingende Notwendigkeit, bei Auslauf der Konzessionen, die Erneuerung derselben ins Auge zu fassen, wie dies die Kantone in ihren Konzessionen ausdrücklich und zum voraus thaten, so ist in diesem Zusammenhange die Frage unerheblich, ob der Bund durch die bezügliche Zusage der Kantone in ihren Konzessionen seinerseits als rechtlich gebunden zu betrachten ist oder nicht.

Dagegen drängt sich die weitere wichtige Frage auf, ob es dem Bunde freistehen wird, die Konzessionserneuerung nach beliebigen Grundsätzen, immerhin innert den durch die Gesetzgebung im allgemeinen gezogenen Schranken, vorzunehmen, d. h. ob er dannzumal die ihm gut scheinenden Bedingungen an die neuen Konzessionen knüpfen kann. Wir stehen nicht an, dies grundsätzlich zu bejahen.

Keinem Zweifel unterliegt es mit Bezug auf die von ihm selbst (nach 1872) konzessionierten Linien. Dagegen lal.it sich allerdings mit Bezug auf diejenigen Bahnen bezw. Strecken, welche auf kantonalen Konzessionen beruhen, in denen die Kantone die eventuelle Erneuerung auf Konzessionsauslauf ,,nach dannzumal zu treffender Übereinkunft", d . h . i m E i n v e r s t ä n d n i s m i t d e n K o n z e s s i o n ä r e n , ausdrücklich zusagten, die Frage aufwerfen, ob der Bund nicht allenfalls durch die von ihm unbeanstandeten, bezw. genehmigten Zusicherungen der Kantone gebunden sei. Im ersteren Fall wäre der Bund auch nicht frei, die Bedingungen, speciell bezüglich des Bückkaufs, nach seinem freien Ermessen neu zu gestalten, sondern er wäre auf eine Vereinbarung mit den Bahnen angewiesen, also die künftige Gestaltung der jetzt durch die Konzessionen gebundenen und der zeitgemäßen Entwicklung entzogenen Verhältnisse (Tarife, Eückkauf u. s. w.) neuerdings in den guten Willen der JBalingesellschaften statt in die Hand des souveränen Staates gegeben. Wir glauben indessen nicht, daß zu dieser Annahme Grund vorhanden sei.

Es darf füglich bezweifelt werden, ob die Kantone bei Aufstellung oder Genehmigung jener von den Konzessionsbewerbern jeweilen vorgeschlagenen Konzessionsbestimmung sich dieser Konsequenz recht bewußt waren, es dürfte darin eher nur der mehr unbewußte Ausdruck der damals allgemein geltenden, heute aber nur noch von Wenigen vertretenen Theorie der Vertragsnatur der Konzessionen zu erblicken
sein. Mögen übrigens die Intentionen der Kantone bei Aufstellung jener Bestimmung welche immer gewesen sein', so geht es doch jedenfalls nicht an, den Bund als dadurch gebunden zu erklären. Durch die neue Gesetzgebung (Eisenbahngesetz vom 23. Dezember 1872) ist die künftige Ausübung des Souveränitätsrechtes der Verleihung von Eisenbahnkonzessionen den Kantonen abgenommen und ohne Beschränkung dem Bund übertragen worden. Wenn die

1090 Kantone früher über die Art der Ausübung dieses Eechtes in der einen oder andern Form für sie verbindliche Normen aufstellten, so gelten diese nicht auch für den Bund. Dieser muß nach der Natur der Sache frei sein, in der ihm gut scheinenden Weise in der angegebenen Richtung sein Souveränitätsrecht geltend zu machen, ohne andere als die durch die positive Gesetzgebung gezogenen Grenzen.

Er muß daher, auch wenn es sich um Erteilung von neuen Konzessionen für bereits früher konzessionierte und im Betriebe stehende Bahnen handelt, souverän sein. Es wäre eine Verneinung der Bundeskompetenz , wenn man annehmen müßte, es bestehe die Eisenbahnholieit des Bundes für jetzt und alle Zukunft überhaupt nur so weit, als die Kantone sich seiner Zeit in deren Ausübung nicht gewisse Selbstbeschränkungen auferlegten. Eine solche Beschränkung der Souveränität des Bundes ist übrigens auch deshalb als absurd nicht gedenkbar, weil sie für die verschiedenen Kantonsgebiete eine verschiedene sein würde.

Es ist endlich, bevor wir diese Erörterungen abschließen, auch noch der Bedeutung der Heim- oder Rückfallsrechte, welche sich einzelne Kantone der Westschweiz in von ihnen erteilten Konzessionen vorbehielten, eine kurze Betrachtung zu widmen.

Dabei ist in erster Linie zu untersuchen, ob allenfalls, infolge Überganges der Eisenbahnhoheitsrechte von den Kantonen auf den Bund, letzterer auch in Bezug auf das Rückfallsrecht den Kantonen als substituiert gelten kann oder nicht. Im erstem Falle würde der Bund auf don Zeitpunkt des Konzessionsablaufs Eigentümer der Bahnen und hätte den Gesellschaften lediglich den Wert des Rollmaterials und der Vorräte zu vergüten, während es sich im andern Falle fragt, ob die Rückfallsrechte zu gunsten der Kantone überhaupt noch fortbestehen.

Aus allgemeinen Gesichtspunkten gelangt man wohl eher zur Bejahung der Frage des Übergangs auf den Bund. Denn es haben sich die Kantone das Heimfallsrecht nicht sowohl in ihrer Eigenschaft als Subvenienten oder dergleichen, sondern als k o n z e s s i o n s - ' v e r l e i h e n d e S t a a t e n , als T r ä g e r des E i s e n b a h n h o h e i t s r e c h t e s vorbehalten. Die h o h e i t l i c h e n Rechte im allgemeinen sind aber an den Bund übergegangen und damit auch das seiner Zeit zu gunsten des Trägers der Staatshoheit vorbehaltene
Rückfallsrecht.

Allein gegen diese Argumentation spricht der W o r t l a u t des Eisenbahngesetzes. Dessen Art. 6 bestimmt: ,,Soweit durch gegenwärtiges Gesetz die staatshoheitlichen Eechte von den Kantonen an den Bund übergehen, sind die Bestimmungen desselben auch für die bisher von den Kantonen erteilten Konzessionen maßgebend."1 "Während dann Art. 41 lautet: ,,Die in den bisherigen Konzessionen von

1091 den Kantonen vorbehaltenen Kechte bleiben, soweit sie durch gegenwärtiges Gesetz nicht dem Bunde übertragen oder mit dessen Bestimmungen im Widerspruche sind, unter Vorbehalt der Bestimmungen in Art. 6 unverändert in Kraft." Da nun das Eisenbahngesetz nirgends auch nur von einem Kückfalls- oder Heimfallsrecht des Bundes spricht, geschweige denn bestimmt, daß diese Rechte auf den Bund fibergehen sollen, so bleiben dieselben, vorausgesetzt, daß nicht ein besonderer Ausschlußgrund besteht, zu gunsten der K a n t o n e in Kraft. Die Bundesbehörden gingen eben bei Erlaß des neuen Eisenbahngesetzes davon aus, daß der Heimfall der Eisenbahnen an den Staat den schweizerischen Rechtsanschauungen nicht entspreche (s. oben, Ziffer II, 1).

Diese Auffassung, daß das Heimfallsrecht der Kantone nicht auf den Bund übergegangen sei, ist mit aller Deutlichkeit in der Botschaft betreffend Übertragung der Konzessionen der Suisse-Occidentale-Simplon und Jura-Bern-Luzern-Bahn an die Jura-Simplon-Bahn zum Ausdruck gelangt und es wurde denn auch im bezüglichen Bundesbeschluß dem Bund auf den Zeitpunkt des Konzessionsablaufs der Rückkauf gegen Entschädigung, eventuell die Erneuerung der Konzession für alle Linien ohne Unterschied, also auch für diejenigen, bezüglich welcher die Kantone den Heimfall stipuliert hatten, vorbehalten, was nicht hätte geschehen dürfen, wenn der Bund letzteres Kecht für sich selbst in Anspruch nahm.

Sind demnach die Heimfallsrechte nicht auf den Bund übergegangen, so ist kein Grund erfindlich, warum dieselben nicht zu gunsten der betreffenden Kantone heute noch bestehen sollten. Denn nach dem citierten Art. 41 des Eisenbahngesetzes sollen die in den bisherigen Konzessionen von den Kantonen vorbehaltenen Eechte, s o w e i t s i e d u r c h d a s G e s e t z s e l b s t n i c h t d e m Bunde übertragen oder mit dessen Bestimmungen in W i d e r s p r u c h s i n d , unter Vorbehalt der Bestimmungen von Art. 6 (d. h. der Anwendbarkeit der auf den Bund übergegangenen staatshoheitlichen Kechte auf die kantonalen Konzessionen, unv e r ä n d e r t in Kraft verbleiben. Die beiden den Portbestand ausschließenden Voraussetzungen treffen auf die Heimfallsrechte nicht zu : Das neue Eisenbahngesetz vindiziert solche zu Händen des Bundes weder im allgemeinen, noch soweit sie von den Kantonen kreiert
·worden waren ; ebensowenig % sind darin Vorschriften enthalten, welche den Übergang von Eisenbahnen in das Eigentum von Kantonen grundsätzlich oder speciell zufolge Heimfallsrechtes ausschließen würden.

In Bezug auf diejenigen Linien, für welche zu gunsten der Kantone ein Heimfallsrecht besteht, befindet sich aber der Bund bei Auslauf der Konzessionen rechtlich in keiner andern Lage, als bei

1092 den übrigen Linien. Er steht dann einfach anstatt einer Eisenhahngesellschaft einem K a n t o n gegenüber, der aber zum Forthetrieb des Bahnunternehmens so gut wie jene einer Bundeskonzession bedarf, deren Bedingungen die Eidgenossenschaft nach ihrem Gutfinden festsetzen kann.

Es mag erwähnt werden, daß in betreff des zuletzt erörterten Rechtsverhältnisses die Juristenkommission, welche anläßlich der Fusion der Suisse-Occidentale-Simplon und Jura-Bern-Luzern-Bahn im Jahr 1889 eine Eeihe von Rechtsfragen zu begutachten hatte, zu dem nämlichen Schlüsse wie wir gelangte.

Sie beantwortete nämlich die ihr vorgelegte Frage, lautend: ,,La centralisation en matière de chemins de fer a-t-elle eu pour effet de supprimer entièrement ce droit de retour ou bien de subroger la Confédération dans les droits des cantons?"

in nachstehender, unseres Erachtens zutreffenden Weise : ,,II nous paraît qu'on doit répondre négativement à la première de ces questions, attendu que ces droits valablement stipulés no sont en contradiction avec aucune disposition de la loi fédérale concernant les chemins de fer. La réponse doit être négative aussi pour la seconde question, attendu que l'art. 41 de cette même loi sauvegarde expressément les droits des cantons sous la seule réserve des droits de souveraineté de la Confédération, auxquels ne portent nullement atteinte les clauses stipulant des droits de retour. Cette dernière opinion paraît être aussi celle du Conseil fédéral, comme cela résulte de son message du 30 mai 1873, concernant la ,,transmission à la Compagnie de l'Ouest suisse de la concession pour la partie du chemin de fer de Fribourg à Yverdo'n située sur le territoire fribourgeois, et les modifications à cette concession.tt

IV.

Das Eesultat der vorstehenden Erörterungen läLJt sich in folgende Sätze zusammenfassen : Auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Konzessionen für die Hauptbahnen, und zwar der von den Kantonen^wie der vom Bund erteilten, steht dem letztern a. das Kecht zu, die Bahnen gegen Entrichtung der in den betreffenden Konzessionsakten näher festgesetzten Entschädigung im Wege des Rückkaufs an sich zu ziehen; oder

1093 b. er kann den bisherigen Konzessionären neue Konzessionen erteilen und deren Bedingungen, innert den Schranken der Gesetzgebung, nach eigenem freien Ermessen festsetzen; oder c. es steht ihm auch frei, soweit er nicht eine ausdrückliche Zusage betreffend Konzessionserneuerung erteilt hat (J. S. B.) und sofern man nicht grundsätzlich jede Konzessionsverweigerung für unzulässig erachtet, von der Erteilung neuer Konzessionen Umgang zu nehmen und damit die Einstellung des Betriebes zu veranlassen.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 27. März 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Kingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Rechtsverhältnis zwischen Bund und Eisenbahngesellschaften, eventuell Kantonen, bei Auslauf der Konzessionen.

(Vom 27. März 1894.)

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