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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Verfassung des Kantons Zug vom 31. Januar 1894.

(Vom 11. April 1894.)

Tit.

Der Regierungsrat des Kantons Zug teilt mit Schreiben vom 24. März 1894 dem Bundesrate mit, daß die durch den dortigen Kantonsrat am 31. Januar 1894 beschlossene neue Kantonsverfassung vom zugerischen Volke am 18. März 1894 mit 1547 gegen 456 Stimmen angenommen worden sei. Die schwache Beteiligung bei 5009 Stimmberechtigten schreibt der Regierungsrat dem Umstände zu, daß vorher eine Verständigung zwischen den Vertretern der konservativen und der liberalen Partei stattgefunden habe und deshalb eine Agitation gegen das neue Verfassungswerk, die erheblich oder als tiefer gehend bezeichnet werden könnte, nicht eingetreten sei.

Der Regierungsrat ersucht den Bundesrat, bei der Bundesversammlung die Gewährleistung dieser Verfassungsrevision auswirken zu wollen.

Der Text des neuen Grundgesetzes des Kantons Zug ist Ihnen gedruckt ausgeteilt worden.

Wir heben daraus zur Kennzeichnung des Werkes in Vergleichung mit der nun aufgehobenen Verfassung vom 22. Dezember 1873, 15. Mai 1876 und 21. November 1881 folgende Punkte hervor :

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Es wird die Unentgeltlichkeit der Rechtspflege und des Rechtsbeistandes für Bedürfnisfälle garantiert.

Die obligatorische Mobiliar- und Immobiliarversicherung wird eingeführt.

In Art. 19 ist der Erlaß eines Verantwortlichkeitsgesetzes für sämtliche Behörden und Beamte vorgesehen.

Die Amtsdauer der Ständeräte wird von drei auf vier Jahre erhöht.

Die Wahl der Richter findet in Zukunft nicht mehr durch den Kantonsrat, sondern durch das Volk statt, und die Wahl der 15 vom Kantone als einem einzigen Wahlkreise gewählten Kantonsräte ist abgeschafft.

Bei dem fakultativen Referendum ist die Frist zur Einreichung der Unterschriften von 30 auf 60 Tage ausgedehnt und in Art. 35 bestimmt, daß 800 Einwohner, deren Stimmberechtigung amtlich nachgewiesen ist, in Form der einfachen Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfes Initiativbegehren einreichen können (Einführung der formulierten Initiative).

Auf je 350 (bisher 400) und einen Bruchteil von 150 (bisher 200) Einwohner wird ein Mitglied in den Kantonsrat gewählt und die Entschädigung der Kantonsräte der Staatskasse überbunden.

Nach der alten Verfassung lag die Entschädigung den Gemeinden ob.

Neu ist auch die Bestimmung von Art. 56, wonach die Injurienfälle appellabel sind, und von Art. 60, wonach die Überweisung in Strafsachen den richterlichen Behörden zusteht. Die bisherige Verfassung bestimmte hierüber nichts ; thatsächlich war der Regierungsrat Überweisungsbehörde.

Das Obergericht wird zur Appellations-, Rekurs-, Kassationsund Revisionsinstanz erklärt.

Neu ist ebenfalls die Bestimmung in Art. 69, wonach die Einführung der gewerblichen Schiedsgerichte auf dem Wege der Gesetzgebung gestattet ist.

In Art. 72 werden sämtliche Kollaturrechte (Pfarrwahlrechte) zu gunsten der Kirchgemeinden ablösbar erklärt. Nach der bisherigen Verfassung war dies nur hinsichtlich der GenossenschaftsKolläturrechte der Fall.

Es" wird das proportionale Wahlverfahren eingeführt. Dasselbe ist obligatorisch für die Kantonsbehörden, sobald in einem Wahlkreise (Gemeinde) mehr als zwei Mitglieder zu wählen sind : fakultativ für die Gemeindebehörden, beziehungsweise anzuwenden, sobald 1lio der Stimmberechtigten dies verlangt.

280 m . Ciri

Die Revision der Verfassung kann in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Teilen jederzeit vorgenommen werden.

1000 stimmberechtigte Kantonseinwohner können sowohl eine Total- als eine Partialrevision der Verfassung verlangen.

In der Volksabstimmung entscheidet über die Revision die absolute Mehrheit der Stimmenden.

Tit.

Die Prüfung der einzelnen Artikel ergiebt, daß die neue zugerische Verfassung die in Art. 6 der Bundesverfassung aufgestellten Bedingungen der eidgenössischen Gewährleistung in allen Teilen erfüllt.

Wir beantragen deshalb, ihr die Garantie des Bundes zu erteilen, indem wir Sie ersuchen, den unten folgenden Beschlußentwurf anzunehmen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 11. April 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riugier.

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(Entwurf.)

ßundesbeschluß betreffend

die eidgenössische Gewährleistung der Verfassung des Kantons Zug vom 31. Januar 1894.'

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 11. April 1894 über die Verfassung des Kantons Zug vom 31. Januar 1894; in Betracht: daß diese Verfassung nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthält ; daß sie die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen Formen sichert; daß sie in der Volksabstimmung vom 18. März 1894 vom Zuger Volke angenommen worden ist; daß deren Revision durch die absolute Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Bürger beschlossen werden kann; in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, beschließt: 1. Der Verfassung des Kantons Zug vom 31. Januar 1894 wird die Bundesgarantie erteilt.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Verfassung des Kantons Zug vom 31. Januar 1894. (Vom 11. April 1894.)

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18.04.1894

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