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Bundesratsbeschluß betreffend

die in den Artikeln 1 und 2 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vorgesehenen Brennlose (Brennereipflichtenheft).

(Vom 2. Juni 1894.)

Der schweizerische Bundesrat, auf den Antrag seines Finanzdepartements, beschließt: Allgemeines.

Art. 1. Die Vorschriften des vorliegenden Brennereipflichtenheftes beziehen sich ausschließlich auf daa Brennen von inländischen Kartoffeln und inländischen Körnerfrüchten.

Der Bundesrat behält sich indessen vor, in Jahren, in welchen die Beschaffung der genannten Materialien zu Brennereizwecken mit unverhältnismäßig starken Einbußen! für die Losinhaber verknüpft wäre, auch das Brennen anderer Rohstoffe zuzulassen. Die daherige Bewilligung wird bloß unter einer den Verhältnissen entsprechenden Herabsetzung der Produktionsmenge und des Spirituspreises erteilt.

Vorbehalten bleiben ferner vom Bundesrat zu erlassende besondere Vorschriften über die Bedingungen, unter welchen die Nebenprodukte der Preßhefefabrikation, bei Wahrung des Grundsatzes der Verwendung einheimischer Rohstoffe zur Spiritusgewinnung, gebrannt werden können.

1002 Art. 2. Brennlose im Sinne der Art. l und 2 des eidgenössischen Alkoholgesetzes werden im Wege der öffentlichen Ausschreibung an landwirtschaftliche Genossenschaften und Einzelpersonen vergeben.

Eine Brennerei erhält nicht mehr als ein Los zugeschlagen und ein Los kann nicht auf mehrere Brennereien verteilt werden. Niemand darf bei mehr als einem Lose beteiligt sein.

Persönliche und rechtliche Anforderungen.

Art. 3. Die Lieferungsverträge werden mit den Brennereiinhabern, d. h. mit denjenigen physischen oder juristischen Personen abgeschlossen, welche die Brennerei, sei es als Eigentümer, sei es als Pächter, inné haben und betreiben.

Dabei werden bloß Personen berücksichtigt, welche in der Schweiz wohnen, im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte und unbescholtenen Leumundes sind.

Als landwirtschaftliche Genossenschaften im Sinne von Art. 2 hiervor gelten nur gemäß Obligationenrecht errichtete und im Handelsregister eingetragene Verbände, deren Brennereibetrieb einen wirklich landwirtschaftlichen Charakter hat.

Jede Genossenschaft muß jederzeit mindestens} sieben großjährige Mitglieder aufweiseu, welche ein landwirtschaftliches Gütergewerbe mit Viehhaltung und Schlempefütterung selbst ausüben. In den Genossenschaftsat.atuten darf die persönliche Haftbarkeit der einzelnen Genossenschafter für Verbindlichkeiten der Genossenschaft nicht ausgeschlossen werden. Die Vertreter der Genossenschaft (Art. 680, Ziffer 6, 681, 695/698 des Ohligationenrechts) treten unter eigener solidarischer Haftbarkeit in den zwischen dem eidgenössischen Finanzdepartement und der Genossenschaft abgeschlossenen Lieferungsvertrag persönlich mit ein, werden demnach in ihrer Gesamtheit in Rechten und Pflichten wie Brennlose übernehmende Einzelpersonen behandelt.

1003 Art. 4. Ohne Einwilliguüg des eidgenös°sischen Finanzdepartements kann kein Dritter in ein bestehendes. Losverhältnis eintreten ; die Verpfändung oder Abtretung von .Forderungen aus Lieferungsverträgen ohne Genehmigung des genannten Departements berechtigt das letztere zum Rücktritt vom Losvertrag.

Art. 5. Das Brennen monopolfreier Stoffe und der Verkauf von gebrannten Wassern jeder Art in der für die Herstellung von Spiritus aus Kartoffeln oder Körnerfrüchten dienenden Brennstätte sind verboten. Diese Verbote erstrecken sich auch auf die an diese Brennstätte anstoßenden Gebäude oder Räumlichkeiten, sofern dieselben im Besitz oder Eigentum von Personen sich befinden, welche an dem Brennlose für die betreffende Brennstätte beteiligt sind Art. 6. Für Gebäude und Einrichtungen, deren Besitzer nach Art. 18 des Bundesgesetzes Entschädigungen für Minderwert erhalten haben, werden Brennlose nur unter den in jedem Einzelfall vom eidgenössischen Finanzdepartement festzusetzenden Bedingungen erteilt.

Ebenso können entschädigte Eigentümer von Brennereien oder deren im gleichen Haushalt wohnende Familienglieder ohne Bewilligung des genannten Departements weder Einzellose übernehmen, noch in Brennereigenossenschaften eintreten.

Vorschriften zur Anmeldung.

Art. 7. Die Bewerber um Brennlose haben bei der bezüglichen Anmeldung durch Vorlage von amtlichen Beseheinigungen das Vorhandensein der erforderlichen persönlichen und rechtlichen Qualifikationen nachzuweisen.

Genossenschaften haben ihrer Eingabe überdies dievon sämtlichen Mitgliedern unterzeichneten Genossenschaftsstatuten beizulegen. Dagegen braucht die Eintragung der Genossenschaften in das Handelsregister erst nach erfolgter Loszuteilung stattzufinden.

1004 Die Anmeldungen haben unter Benützung und gewissenhafter Ausfüllung der bei der Alkoholverwaltung zu beziehenden Formulare zu geschehen.

Bau- und Betriebsanforderungen.

Art. 8. Nach Zuteilung des Loses haben die Losinhaber in doppelter Ausfertigung genaue Pläne und Beschreibungen der Brennereianlage einzureichen. Nach Genehmigung der letztern wird das eine Doppel der erwähnten Nachweise, mit der Unterschrift des eidgenössischen Finanzdepartementes versehen, dem Losinhaber zurückgestellt, das andere Doppel bleibt bei den Akten der Alkoholverwaltung. Der Bau ist genau nach dem genehmigten Plane auszuführen. Spätere Änderungen sind nur mit Bewilligung des eidgenössischen Finanzdepartements zulässig.

Die Eröffnung des Betriebs darf erst auf ausdrückliche Ermächtigung der Alkoholverwaltung hin stattfinden.

Art. 9. Die Brennereianlagen haben den Anforderungen der kantonalen Bau- und Feuerpolizei zu genügen. Die Gebäude und Einrichtungen sollen einen guten baulichen Zustand aufweisen und es sollen die Lokale der Brennerei hell und geräumig, auch in ihrer Verbindung mit andern angrenzenden Räumen durch verschließbare Thüren getrennt sein.

Den Brennlosinhabern wird Ordnung und Reinlichkeit im Betrieb zur Pflicht gemacht; insbesondere ist denselben die peinliche Reinhaltung der Gährräume, der Maisch- und Hefegefäße, des Brennapparates und aller Rohrleitungen geboten.

Die Brennapparate sollen mindestens alle 8 Tage gründlich gereinigt, die Brennereiräume mindestens einmal im Jahr durchgehend renoviert werden.

Die Brennlosinhaber sollen im Interesse einer sachgemäßen Kontrolle ihrer Dampfkessel und Henzedämpfer Mitglieder des Vereins schweizerischer Dampfkesselbesitzer sein.

1005 Art. 10. Die Brenncampagne beginnt jeweilen frühestens mit dem 15. September und endet spätestens am darauffolgenden 15. Mai.

In Brennereien, welche nicht unter das Fabrikgesetz fallen, soll an Sonntagen gar nicht, an Werktagen nur in der Zeit zwischen 4Vs Uhr morgens und 9Vs Uhr abends, M. E. Z., gearbeitet werden. Das eidgenössische Finanzdepartement wird indessen ermächtigt, den Inhabern solcher Brennereien in dringenden Fällen Bewilligungen für Sonntagsoder Überzeitarbeit zu erteilen.

Art. 11. Brennereien, welche nicht im stände sind, in einer Brenncampagne 150 Hektoliter Spiritus zu erzeugen, sind von der Bewerbung um Brennlose ausgeschlossen. Lose für mehr als 1000 Hektoliter werden nicht vergeben.

Das eidgenössische Finanzdepartement kann die Brennlosinhaber auf gestelltes Ansuchen hin ermächtigen, die normale Ablieferung einer Campagne um höchstens 25 °/o zu vermehren, immerhin so, daß der bewilligte Vorbrand in den nachfolgenden Campagnen zur Abrechnung kommt und in der ganzen Vertragsperiode nicht mehr als die kontraktlich festgesetzte Menge zur Ablieferung gelangt.

Brenner, deren bezügliche Gesuche vom eidgenössischen Finanzdepartement abgelehnt werden, können gegen die Verfügung des letztern an den Bundesrat Rekurs ergreifen.

Art. 12. Der Rohspiritus jeder Ablieferung aus periodischen Brennapparaten soll, nach dem eidgenössischen Thermo-Alkoholometer gemessen, bei -j- 15° Celsius eine wahre Alkoholstärke von mindestens 80 Volumenprozenten besitzen. Hinsichtlich des Produkts aus kontinuierlichen Apparaten werden die Ansprüche an die Gradhaltigkeit auf 92 Volumenprozente erhöht.

Ferner soll der jeweilen abgelieferte Spiritus im ganzen nicht mehr als 4 %o Verunreinigungen (d. h. andere Substanzen ßnndesblatt. 46. Jahrg. Bd. II.

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1006 als Äthylalkohol und Wasser) enthalten; er muß frei von erkennbaren metallischen Verunreinigungen und von unangenehmen Gerüchen, oder Geschmäcken sein.

Die Verwendung fauler oder ungewaschener Kartoffeln, sowie dumpfiger Körnerfrüchte ist untersagt.

Kontrollmaßregeln.

Art. 13. Dea zur Überwachung der Brennereien bestellten Beamten und Angestellten des Bundes ist seitens der Brennlosinhaber der jederzeitige Zutritt zu allen Brennereilokalen, die Kontrolle des Rohmaterialbezugs und der Schlempeabgabe, sowie die stete Einsichtnahme des Betriebsjournals und der Ursprungsscheine über die Herkunft des Rohstoffes zu ermöglichen.'

Überdies behält sich der Bundesrat vor, für die Beaufsichtigung der Losbetriebe die Mitwirkung der kantonalen Organe zu beanspruchen.

Art. 14. Die Brennlosinhaber haben über Menge und Art des in der Brennerei verarbeiteten Rohmaterials jeder Art und über die daraus gewonnenen Produkte in der von der Alkoholverwaltung vorgeschriebenen Form Betriebsjournale zu führen und à jour zu halten. Diese Buchführung kann unter Verantwortlichkeit der Brennlosinhaber auch den die Brennerei leitenden Angestellten übertragen werden.

Die Brennlosinhaber haben fdr alle im Brennbetrieb verwendeten Rohstoffe, mit Ausnahme von Hefe und Malz, amtliche Ursprungszeugnisse von den Gemeindebehörden des schweizerischen Erzeugungsortes beizubringen.

Für Körnerfrüchte werden nur Ursprungsscheine angenommen, welche sich auf die ungemahlene Frucht beziehen.

In den Ursprungsscheinen sind auch die Preise vorzumerken, welche die Brennlosinhaber für die betreffenden Produkte bezahlt haben, und zwar mit der Angabe, ob aich

1007 die Preissätze für Ware ab Feld, ab fremdem Lager, oder aber zur Brennerei geführt, verstehen.

Die Alkoholverwaltung hat das Recht, die von den Brennern bezahlten Preise für Kartoffeln und Körnerfrüchte in ihr geeignet scheinender Weise zu publizieren.

Die Ursprungszeugnisse sind den Brennereicontroleuren zu Händen der Alkoholverwaltung in den jeweilen von dieser Behörde bezeichneten Perioden der Brenncampagne abzugeben.

Art. 15. Die Brennlosinhaber haben ihre Kapital- und Betriebsrechnungen nebst Bilanz nach von der Alkoholverwaltung vorgeschriebenen Hauptrubriken zu führen und der letztern durch Vermittlung der Brennereicontroleure alljährlich bis spätestens Mitte August beglaubigte Abschriften der nach jenen Rubriken dargestellten Jahresabschlüsse mitzuteilen.

Bei Berechnung des Reinertrags ist die erzeugte Schlempe zu berücksichtigen.

Art. 16. Zur Sicherung der gesetzlich gebotenen vollständigen Ablieferung des alkoholischen Erzeugnisses an die Alkoholverwaltung werden die Destillierapparate von der Stelle au, wo die Verdichtung der alkoholischen Dämpfe beginnt, unter amtliche Siegel gelegt. Überdies wird jede Brennerei mit einer Spiritusauslaufvorrichtung, sowie mit einem unter amtlichem Verschluß stehenden, mit Standglas montierten Kon troll réservoir von mindestens 60 und höchstens 150 Hektolitern Halt oder mit einem Kontrollmeßapparat versehen. Die Alkoholverwaltung hat das Recht, weitere Einrichtungen zur Verhütung von Untersehleif zu treffen.

Die Siegel, Auslaufvorrichtungen, Kontrollreservoire, Meßapparate etc. werden auf Kosten und nach den Weisungen der Alkoholverwaltung beschafft, angebracht und unterhalten.

Die Siegel und andern Sicherungseinrichtungen dürfen nur von den Organen oder Beauftragten der Alkoholver-

1008 waltung entfernt werden. Alle Kontrolleinrichtungen sind vom Brennlosinhaber täglich auf Unverletztheit und richtige Funktion zu untersuchen. Verletzungen und Störungen sind den Brennereicontroleuren zu Händen der Alkoholverwaltung sofort nach erfolgter Wahrnehmung zu melden. Dieselben Dienststellen sind jeweilen so rechtzeitig von dem Stand des Spiritus in dem Kontrollreservoir zu benachrichtigen, daß vor dem Überlaufen des letztem eine amtliche Abnahme des Produktes gemäß Art. 22 hiernach stattfinden kann.

Die Brennlosinhaber haben die Kontrolleinrichtungen schonend und sorgfältig zu behandeln und insbesondere auch auf stete Trockenhaltung der Räume zu achten, in denen die Kontrollreservoire sich befinden.

Art. 17. Mit Schluß der Brennperiode und bei einem Nichtbetrieb, dessen Dauer 8 Tage überschreitet, sollen die Brennereieinrichtungen in einer den Gebrauch verhindernden Weise unter amtliche Siegel gelegt werden.

Anfang und Ende einer jeden zeitweiligen Einstellung oder Störung des Betriebs während der Brennperiode sind den Brennereicontroleuren zu Händen der Alkoholverwaltung spätestens innerhalb 24 Stunden schriftlich anzumelden.

Vorzugsrechte, Preise und Übernahmsbedingungen.

Art. 18. Die auf eine öffentliche Aussehreibung hin einlangenden Anmeldungen auf Brennlose werden nach der Größe des angemeldeten Betriebes in neun Klassen geschieden, nämlich : Brennereien mit einer beabsichtigten Leistung per Campagne von: a. 150 bis 200 hl. à 100» b. 201 ,, 300 ,, ,, ,, c. 301 ,, 400 ,, ,, B d. 401 ,, 500 ,,. ,, ,,

1009 e.

f.

g.

A.

i.

501 601 701 801 901

bis 600 ,, 700 ,, 800 ,, 900 ,, 1000

hi.

,, ,, ,, ,,

à 100° ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

Art. 19. Bei Vergebung der Brennlose sind vorzugsweise landwirtschaftliche Genossenschaften zu berücksichtigen.

Unter sonst gleichen Verhältnissen erhält diejenige Genossenschaft den Vorzug, welche die größte Mitgliederzahl aufweist.

Die Lose werden denjenigen Bewerbern zugeschlagen, welche die günstigsten Bedingungen stellen.

Die Preise sind per 10,000 Literprozente (hl. à 100 °) anzugeben.

Es werden beim Abschluß der Losverträge keine hohem Preise bewilligt als solche, bei denen den Brennern bei richtiger Einrichtung und rationellem Betrieb die Schlempe kostenfrei verbleibt.

Art. 20. Jeder Brennlosinhaber hat mindestens 8 und höchstens 16 eiserne Gebinde in der von der Alkoholverwaltung vorgeschriebenen Form und Größe zu halten.

Die Alkoholverwaltung bestimmt die Zahl der auf jede Brennerei entfallenden Eisenfässer; sie wird für Beschaffung dieser Gebinde Sorge tragen und dieselben zum Selbstkostenpreise an die Brenner abgeben, indem sie sich durch zu vereinbarende successive Abzüge an den Spirituslieferungen der zwei ersten Brenncampagnen für die Gebinde und deren erstmaligen Transport zur Brennerei bezahlt macht. Die Gebinde sind am Schlüsse jeder Campagne behufs Revision und eventueller Reparatur an das von der Alkoholverwaltung bezeichnete Lagerhaus zu senden. Die Reparaturkosten, die hierbei oder im Laufe der Campagne erlaufen, trägt der Brennlosinhaber. Bei Nichterneuerung der Brennlose nach ordnungsmäßigem Ablauf der Vertragsdauer ist die Alkohol-

1010 Verwaltung verpflichtet, auf Verlangen des Brenners die Gebinde zum Schatzungswerte zurückzunehmen.

Soweit zur Entleerung der Kontrollreservoire ein Überpumpen der Flüssigkeit nötig ist, liefert, installiert und unterhält die Alkoholverwaltung die dazu nötigen Pumpen auf eigene Kosten. Dagegen hat die Beschaffung und Unterhaltung der zu den Pumpen gehörenden Utensilien, Schläuche etc., auf Kosten der Losinhaber stattzufinden.

Art. 2l. Die Brenner sind gehalten, behufs genauer Gewichtsbestimmungen auf eigene Kosten eine amtlich geeichte Decimalwage mit vorgeschriebener Tragfähigkeit nebst den erforderlichen Gewichten zu halten und in einem in der Nähe des Kontrollreservoirs gelegenen gedeckten Baume aufzustellen.

Die Benutzung dieser Wage zu anderen Wirtschaftszwecken steht den Eigentümern frei ; die Controleure haben indessen die Richtigkeit und Gangbarkeit der Wage bei jeder Spiritusablieferung genau zu prüfen. Die Wage ist auf Verlangen der Alkoholverwaltung der Revision durch einen Eichmeister zu unterstellen, Die Tara der Fässer wird von den Depotbeamten festgestellt und den betreffenden Fässern aufgezeichnet. Diese Taraermittlung unterliegt jährlicher Revision. Die Brenner sind berechtigt, den Tarierungen beizuwohnen.

Art. 22. Die Abnahme der gebrannten Wasser erfolgt zunächst in der Brennerei selbst durch die Brennereicontroleure. Bei dieser Abnahme wird das Brutto- und Nettogewicht, sowie die Gradhaltigkeit der Ware unter Anwendung der zu diesem Behufe von der Alkoholverwaltung adoptierten Methoden und Berechnungstabellen bestimmt.

Die scheinbare Gradhaltigkeit wird nach Abfüllung der Ware in die Transportgebinde an dem nach Art. 24 erhobenen Durchschnittsmuster ermittelt und die wirkliche Alkoholstärke

1011 hei -j- 15° Celsius danach auf Zehntelsgrade genau festgesetzt.

Gleichartige Bestimmungen erfolgen ein zweites Mal nach Ankunft der Ware in den Lagerhäusern der Alkoholverwaltung durch die Depotbeamten.

Die Controleure geben den Brennern einen die Spiritusabnahme nach Quantum und wirklicher Gradhaltigkeit specifizierenden Ausweis.

Ein Doppel dieses Ausweises begleitet die abgenommene Ware nach dem Bestimmungsdepot, ein drittes Exemplar erhält die Alkoholverwaltung zugesendet, ein viertes verbleibt den Controleuren.

Der Depotbeamte giebt gleichartige Scheine an die Brennereien, die Controleure und die Alkoholverwaltung ab.

Für die Bezahlung ist -- nachgewiesene Irrungen vorbehalten -- die Bestimmung in den Depots nach Gewicht und Gradstärke maßgebend. Dabei sollen Bruchteile von Graden der wirklichen Stärke, welche einen halben Grad oder weniger ausmachen, wegfallen; Bruchteile von mehr als einem halben Grad aber auf einen ganzen ergänzt werden.

Art. 23. Die Fracht der abgelieferten Ware von der Brennerei zur nächsten Bahnstation und die Aufgabespesen trägt der Brenner, die Fracht von da ins Depot, sowie die Leerfracht der Fässer bis zur ursprünglichen Abgangsbahnstation die Alkoholverwaltung. Brennern, deren Anlagen nicht an Depotorten liegen, welche den Spiritus indessen mit eigenem Fuhrwerk direkt in das Depot führen und die Leergebinde selbst zurückbefördern, wird die Frachtauslage vergütet, welche die Alkoholverwaltung für den Hintransport der vollen Gebinde per Bahn zu tragen gehabt hätte. Bin analoges Verfahren findet gegenüber Brennlosinhabern statt, welche den Spiritus in eigenen Kosten an eine Bahnstation befördern, welche dem Depot näher liegt, als diejenige, zu

1012 welcher dieselben die Ware nach dem Eingang dieses Artikels zu liefern verpflichtet wären.

Art. 24. Die Controleure haben bei jeder Spivitusabnahme aus sämtlichen Eisengebinden ein Durchschnittsmuster von zusammen 2 Litern zu entnehmen und davon cirka 2 Deciliter an das chemische Laboratorium der Alkoholverwaltung einzusenden. Der Rest soll in einem von der letztern gelieferten, jeweilen von den Controleuren zu plombierenden Gefäße in der Brennerei aufbewahrt werden.

Sämtliche an das Laboratorium gelieferten Proben werden chemisch qualitativ auf Aldehyde, Furfurol und Säuren, sowie degustativ auf Geruch und Geschmack geprüft.

Erfolgt bis zur nächsten Spiritusabnahme von seilen der Alkoholverwaltung keine gegenteilige Anzeige an die Controleure, so haben die letztern den Rest des bei der vorangegangenen Abnahme gezogenen Musters nach den Specialweisungen der Alkoholverwaltung einzuziehen und das entleerte und gereinigte Gefäß für ein neues Durchschnittsmuster in Verwendung zu nehmen. Im Falle einer Beanstandung dagegen werden die Controleure durch das Laboratorium beauftragt, den unter Plombe liegenden Musterrest in drei, je cirka 6 Deciliter haltende reine Flaschen abzuziehen, wovon zwei mit dem Siegel der betreffenden Brennerei zu verschließen sind. Die dritte, mit dem Siegel der Alkohol Verwaltung zu versehende Flasche wird dem Brennlosinhaber für eine allfällige Gegenexpertise gegen Quittung zurückgelassen, während die beiden andern Flaschen behufs weiterer Amtshandlung an das Laboratorium der Alkoholverwaltung zu senden sind.

Übersteigen die konstatierten Verunreinigungen die in Art. 12 vorgesehene Grenze von 4 °/oo, so soll für jedes überschießende ganze Promille ein Abzug von 5 °/o des Lieferungspreises Platz greifen. Wird der Spiritus in erkennbarem Maße metallisch unrein oder von schlechtem

1013 Geruch oder Geschmack befunden, so können den Brennern Abzüge bis zum Belaufe der Differenz zwischen dem vereinbarten Preise und dem jeweiligen Verkaufspreise der Alkohol Verwaltung für absolut denaturierten Sprit gemachj werden.

Art. 25. Die Feuerversicherung der Brennerei, sowie der darin enthaltenen Vorräte und Einrichtungen, mit Ausschluß der von der Alkoholverwaltung erstellten Kontrolleinriehtungen, Pumpen etc., ist Sache der Brennlosinhaber.

Dauer und Auflösung der Verträge.

Art. 26. Die Verträge werden für bereits bestehende Brennereien auf vier, für neu zu errichtende Brennereien auf sechs Jahre fest abgeschlossen.

Art. 27. Das eidgenössische Finanzdepartement hat das Recht, die bei einer Brennerei beteiligten Personen ohne Entschädigung außer Accord zu setzen, wenn die festgesetzten persönlichen Erfordernisse nicht mehr vorhanden sind oder diesbezüglich bei der Bewerbung unrichtige Angaben gemacht wurden, oder wenn sich die betreffenden Personen Übertretungen der Bestimmungen des Pflichtenheftes, insbesondere bezüglich der Angaben über Art und Provenienz der Rohstoffe, zu schulden kommen lassen, oder endlich, wenn dieselben auf Grund der Bestimmungen des Alkohol-gesetzes bestraft worden sind.

Ebenso wird das Vertragsverhältnis durch Todesfall oder Konkurs, Verständigung mit den Erben oder Gläubigern vorbehalten, aufgehoben.

Art. 28. Bei Aufhebung des Gesetzes oder bei Änderungen desselben, welche den Brennbetrieb oder eine Reduktion der in Art. 4 desselben vorgesehenen Verkaufspreise betreffen, hat das eidgenössische Finanzdepartement

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das Recht, die Losverträge aufzuheben, mit der Einschränkung jedoch, daß die Brenner befugt bleiben, eine bereits begonnene Brenncampagne zu Ende zu führen, Dasselbe Kündigungsrecht steht dem eidg. Finanzdepartement unter der Herrschaft des bestehenden Gesetzes bei Verminderung des Landeskonsums zu. Es kann das genannte Departement indessen in diesem Falle auch eine prozentuale Verminderung der Produktion der Brennereien, mit neuer Vereinbarung der Überaahmspreise, eintreten lassen, soweit dadurch die Lieferungsmenge einer einzelnen Brennerei nicht unter-das gesetzliche Minimum heruntergedrückt wird.

Die daherigen Produktionsverminderungen sollen indessen nur in den Fällen einen Einfluß auf die ursprünglich vereinbarten Spirituspreise haben, wenn sie 25 oder mehr Prozente der Campagnelieferung übersteigen.

Art. 29. Für die Beurteilung von Entschädigungsansprüchen, welche seitens der Brenner wegen Lösung oder Änderung des Vertragsverhältnisses vor Ablauf der vereinbarten Dauer desselben geltend gemacht werden könnten, sind neben allen in Rücksicht fallenden sachlichen Verhältnissen die dannzumal gültigen Gesetze und Verordnungen in Betracht zu ziehen. Nach Ablauf der Vertragadauer sind alle Ansprüche der Losinhaber wegen eventueller Nichterneuerung des Vertragsverhältoisses ausgeschlossen.

Schlußbestimmungen.

Art. 30. Streitigkeiten, deren Entscheid nach Gesetz oder Verordnung nicht besonderen Behörden übertragen ist, werden endgültig durch ein aus drei Mitgliedern bestehendes Schiedsgericht geregelt. Je eines von diesen Mitgliedern wird von je einer Partei, das dritte vom Bundesgerichtspräsidenten ernannt.

Art. 31. Die Verträge mit den Brennern werden von der Alkoholverwaltung unter Vorbehalt der Genehmigung durch das eidgenössische Finanzdepartement abgeschlossen.

1015 Der regelmäßige Verkehr der Brennlosinhaber mit der Alkoholverwaltung geschieht, soweit er nicht die Brennereicontroleure persönlich betrifft, durch Vermittlung der letztern.

Die Controleure sind verpflichtet, alle an sie gerichteten Eingaben der Brenner, mit einem gutachtlichen Bericht versehen, sofort an die Alkoholverwaltung zu leiten.

Art. 32. In Fällen, in denen die strikte Durchführung der die Gradstärke des Spiritus, die Größe der Kontrollreservoire und die Zahl der Eisenfässer betreffenden Bestimmungen des vorliegenden Pflichtenheftes (Art. 12,16 und 20 hiervor) gegenüber bereits bestehenden Brennereianlagen nur mit unverhältnismäßig großen Geldopfern für. die Losinhaber zu erzielen wäre, kann das eidgenössische Finanzdepartement auf dem Vertragswege Modifikationen der bezüglichen Vorschriften eintreten lassen. Ebenso werden die aus Art. 18 des Alkoholgesetzes noch abzuleitenden Entschädigungsansprüche der Inhaber bestehender Betriebe auf den Vertragsweg verwiesen.

B e r n , den 2. Juni 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Bingier.

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Bundesratsbeschluß betreffend die in den Artikeln 1 und 2 des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser vorgesehenen Brennlose (Brennereipflichtenheft). (Vom 2. Juni 1894.)

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1894

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24

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13.06.1894

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1001-1015

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