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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurfe eines Bundesgesetzes betreffend die Stimmberechtigung der Aktionäre von Eisenbahngesellschaften und die Beteiligung der staatlichen Behörden bei deren Verwaltung.

(Vom 3. Dezember 1894.)

Tit.

In der Junisession der eidgenössischen Räte sind die nachfolgenden Motionen eingereicht worden: Von Herrn Nationalrat M e i s t e r und Mitunterzeichnern: ,,Der Bundesrat wird, in Bestätigung der in Sachen der Motion Schmid (Junisession 1892, Nr. 51) gefaßten Beschlüsse, eingeladen, Untersuchung zu pflegen und Berieht zu erstatten, ob nicht zum Schutz der öffentlichen Interessen und zur Verhütung bedauerlicher Vorkommnisse eine Revision der Eisenbahnund Aktiengesetzgebung vorzunehmen sei?"

Von Herrn Nationalrat Scherrer-Füllemann und Mitunterzeichnern : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu untersuchen und beförderlieh Bericht und Antrag einzubringen, ob nicht der Sechsundzwanzigste Titel des Bundesgesetzes über das Obligationenrecht, betreffend die Aktiengesellschaft, einer Revision zu unterstellen sei, namentlich in dem Sinne, daß für Aktiengesellschaften, deren Unternehmungen thatsächlich den allgemeinen Interessen . dienstbar sind, z. B. Eisenbahnen, besondere Bestimmungen apeciell über die Organisation und Verwaltung aufgestellt werden sollen."

248 Von Herrn Ständerat S t ö ß e l und Mituuterzeichnern : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, die den Statuten der Nordostbanngesellschaft erteilte Genehmigung zurückzuziehen und neuen Statuten die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn sie die nötigen Garantien enthalten, daß die den Kantonen bei Erteilung der Konzessionen zugesicherten Vertretungen im Verwaltungsrate und in der Direktion in der That Vertretungen der öffentlichen Interessen, nicht bloßer Spekulationsinteressen, seien.a Alle drei Anträge verdankten ihre Entstehung der aufgeregten Stimmung, von welcher nach den bekannten Vorgängen in den Generalversammlungen der Nordostbahngesellschaft größere Interessenkreise ergriffen worden waren. Sie hatten den gemeinsamen Zweck, die damals beabsichtigte und später zum Vollzug gebrachte Abberufung der Gesellschaftsbehörden zu verhindern, die zu Tage getretene Umgehung der gesetzlichen Vorschriften über die Vertretung der Aktienstimmrechte zu redressieren und gleichartigen Rechtsverletzungen in der Zukunft durch neue gesetzliche Bestimmungen vorzubeugen.

Um die gleiche Zeit gingen beim Bundesrate Zuschriften der kantonalen Regierungen aus dem Nordostbahngebiete ein, in welchen auf die Verhandlungen und Beschlüsse der Generalversammlungen der Nordostbahn hingewiesen, auf die Mißachtung gesetzlicher und statutarischer Vorschriften aufmerksam gemacht und die Intervention der Bundesbehörden angerufen wurde.

Auch die Presse befaßte sich lebhaft mit der Beleuchtung der kritischen Fragen und mit der Formulierung von Vorschlägen. So sehr man in den Hauptzielen einig war, so wenig zeigte sich Übereinstimmung in der Wahl der Mittel und Wege. Die Vorschläge einer Bevormundung der Bahngesellschaft, der Dividendensperre, des Entzuges der bundesrätlichen Statutengenehmigung, der Einsetzung von Bundeskommissären konkurrierten neben andern, von denen im Laufe unserer Berichterstattung noch die Rede sein wird.

Dem Bundesrate waren die Vorgänge, welche sich in der Nordostbahngesellschaft vollzogen, nicht unbekannt geblieben. Er nahm auch Veranlassung, denselben näher zu treten. Die Stellung, welche er dabei einzunehmen hatte, war eine gegebene. Der Bundesrat kann sich nicht in die pvivatrechtlichen Verhältnisse der Aktiengesellschaften einmischen. Dagegen liegt ihm ob, zu prüfen, ob durch die Maßnahmen einer
Aktiengesellschaft öffentliche Interessen gefährdet oder verletzt werden, und gegebenenfalls von den ihm zustehenden konstitutionellen Befugnissen Gebrauch zu machen.

In diesem Sinne nahm der Buudesrat die Anregungen der Motionäre

249 und der Kantonalregierungen auf und faßte am 18. Juni folgenden Beschluß : ,,Das Post- und Eisenbahndepartement wird eingeladen, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch welchen für die schweizerischen Eisenbahngesellschaften neue Vorschriften zur Verhütung von Mißbräuchen bei Ausübung des Stimmrechtes der Aktionäre an der Generalversammlung, sowie über die Mitwirkung des Bundes und der Kantone bei der Bestellung der Gesellschaftsbehörden aufgestellt werden."

Die Motionäre gaben die Zustimmung, daß die materielle Behandlung ihrer Anträge bis zur Vorlegung des in Aussicht gestellten Gesetzesentwurfes verschoben werde.

Indem wir nun den Entwurf einer Novelle zum Bundesgesetz über das Obligationenrecht der hohen Bundesversammlung unterbreiten, gestatten wir uns zunächst einige allgemeine Erklärungen.

Zwei Thatsachen sind es, welche die Kritik vornehmlich herausgefordert, haben.

Einmal die Wahrnehmung, daß die gesetzliche Vorschrift in Art. (Ì40 O.-R., wonach ein einzelner Aktionär keinesfalls mehr als den fünften Teil der sämtlichen vertretenen Stimmrechte in sich vereinigen darf, dadurch umgangen wurde, daß auf den Zeitpunkt der Generalversammlung mehr als die Hälfte sämtlicher vertretenen Stimmrechte in der Hand eines Großaktionärs vereinigt und diese von ihm direkt und durch bestellte Vertreter unbeschränkt ausgeübt worden sind. Die gesetzliche Vorschrift, daß zwar jede Aktie zu einer Stimme berechtigt, daß aber die Stimmenhäufung in einer Hand auf ein gewisses Maß beschränkt sein soll, ist nicht singuläres Recht des schweizerischen Bundesgesetzes und hat einen guten Sinn. Es soll dadurch verhindert werden, daß der Wille eines einzelnen Aktionärs gegen den Willen aller andern in wichtigen Fragen und selbst über das Schicksal einer Aktiengesellschaft entscheide.

Der gleiche Versuch, durch wirkliche oder fingierte Erwerbung großer Aktienposten und Bestellung von Strohmännern zur Vertretung derselben an der Generalversammlung die genannte Gesetzesvorschrift zu umgehen, ist, wie allgemein bekannt sein dürfte, schon früher bei andern schweizerischen Bahngesellschaften gemacht worden. Niemand bürgt dafür, daß dieselben Machenschaften sich nicht wiederholen. Es ist daher keineswegs verfrüht, wenn getrachtet wird, die bestehende Gesetzgebung durch weitere Kautelen zu ergänzen.

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Den zweiten Gegenstand der Kritik bildete die gegenwärtige Stellung der staatlichen Behörde zur Verwaltung der Eisenbahngesellschaften. Schon in der noch unerledigten Motion Brunner und Genossen vom 15. Juni 1892 wurde die Frage gestellt, auf welche Weise die Stellung des Bundes gegenüber den Eisenbahngesellschaften besser gewahrt werden könne, als dies unter der gegenwärtigen Gesetzgebung der Fall sei. Die gesetzlichen Vorschriften (Titel XXVI O.-R.) beziehen sich gleichmäßig auf alle Arten von Aktiengesellschaften. Mit Grund wird aber darauf aufmerksam gemacht, daß den Aktiengesellschaften für Bau und Betrieb von Eisenbahnen deshalb eine ganz besondere- Bedeutung zukomme, weil sie das Verkehrswesen des Landes beherrschen und daher auch wirtschaftlich und politisch eminent eio Gegenstand des öffentlichen Interesses sind. Es genügt daher nicht, daß die Eisenbahngesellschaften unter das gemeine Recht der Aktiengesellschaften gestellt werden, es ist geboten, deren besondern öffentlichen Charakter gesetzgeberisch zu erfassen.

Diese Stellung haben Kantone und Bund schon bisher eingenommen. Wir erinnern an die durch Gesetz begründeten Rechte des Staates hinsichtlich der Konzessionserteilung, der Aufsicht über den Bau und Betrieb, der Kontrolle über das Rechnungs- und Hülfskassenwesen, der Festsetzung der Arbeits- und Ruhezeiten u. s. f.

Heute beantragen wir, gedrängt durch neuere Erfahrungen im Eisenbahnwesen, die Ausdehnung der staatlichen Kompetenzen auf die Mitwirkung bei der Verwaltung der Eisenbahngesellschaften. Die Mitwirkung charakterisiert sich dadurch, daß nicht die unmittelbare Beteiligung der staatlichen Vertreter bei der Verwaltung mit entscheidender Stimmgebung und unter Übernahme der Verantwortlichkeit postuliert wird. Wir denken uns die Stellung der staatlichen Behörden vielmehr so, daß sie durch ihre Vertreter den Gang der Verwaltung und deren Verhandlungen kontrollieren, im geeigneten Momente abweichende Ansichten kund geben, Anträge stellen und daß sie nötigenfalls den Beschlüssen der Verwaltungsorgane das Veto entgegensetzen.

In den vorstehenden Ausführungen findet sich nun auch die Erklärung dafür, daß die Novelle lediglieh auf die Eisenbahnaktiengesellschaften erstreckt wird. Bei diesen stehen öffentliche Interessen in Frage, wogegen keine Veranlassung vorliegt, daß die staatliche
Gewalt sich auch in die internen und organisatorischen Angelegenheiten derjenigen Aktiengesellschaften einmische, welche ausschließlich privaten Interessen, wie des Handels, der Industrie, des Gewerbes, dienen. Wir ziehen die Grenze noch enger und fordern die neuen Vorschriften nur für diejenigen Eisenbahngesell-

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Schäften, welche die großen Verkehrslinien betreiben, die Normalbahnen. Also werden dem Gesetze nicht unterstellt die Schmalspurbahnen, die Tramways, die Seil- und Zahnradbahnen. Auch bei diesen gilt die Erwägung, daß zur besondern Fürsorge der staatlichen Behörden in Bezug auf die innere Organisation der Gesellschaft ein wesentliches Bedürfnis dermalen nicht vorliegt.

Das Gesetz ist eine Novelle zum Bundesgesetz über das Obligationenrecht.

Unser Vorschlag zerfällt daher stofflich in zwei Teile: der erste (Art. 2--6) enthält neue Bestimmungen über das Aktienstimmrecht, der zweite (Art. 6--12) solche über die staatlichen Kompetenzen betreffend die Verwaltung.

Nach diesen allgemeinen Erklärungen gehen wir zur Besprechung der einzelnen Artikel über.

Art. 1. Wir verweisen auf schon Gesagtes.

Art. 2. Die neuen Bestimmungen über die Ausübung des Aktienstimmrechts in der Generalversammlung bezwecken, wie angeführt, die Beischaffung von Kautelen gegen eingerissene Mißbräuche. Diesem Zwecke dienen zwei Vorschriften.

Zunächst die Beschränkung des Stimmrechts auf Namensaktien Das Obligationenrecht gestattet, daß die Aktien einer anonymen Gesellschaft auf den Inhaber oder auf den Namen lauten oder auch, daß beide Arten nebeneinander bestehen. Das Regelmäßige bei Normalbahnen ist, daß ihre Aktien auf den Inhaber lauten. Der Grund ist einleuchtend. Für die Beschaffung großer Kapitalien eignet sich das Inhaberpapier, das formlos übertragen wird, vorzüglich.

Die leichte Begebung der Inhaberaktien hat aber auch Kehrseiten. Die schweizerischen Eisenbahnaktien sind dadurch zum Gegenstand der Spekulation in- und ausländischer Börsen geworden.

Thatsächlich soll, durch die Börsen vermittelt, die Mehrzahl der Aktien einzelner schweizerischer Eisenbahngesellschaften im Auslande liegen. Dieses Verhältnis birgt wirtschaftliche und politische Geiahren in sich. Im weitern fällt aber auch in Betracht, daß durch den Verkehr in Inhaberaktien die oben bezeichneten mißbräuchlichen Praktiken wesentlich begünstigt werden. In großen Posten auf einen bestimmten Termin thatsächlich oder fiktiv erworben, können die Inhaberaktien ebenso rasch und anstandsfrei wieder abgeschoben werden, sobald sie den Dienst gethan. Das Reportgeschäft, das auch bei den Generalversammlungen der N. 0. B. eine Rolle gespielt haben soll, ist recht eigentlich durch die leichte Handänderung in Inhaberaktien zur Blüte gelangt.

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Diesen Verhältnissen soll nun entgegengesteuert werden durch die Neuerung, daß zwar die Bahngesellschaften auch künftig berechtigt sind, Inhaberaktien auszugeben, daß aber an der Generalversammlung nur solche Aktien Stirnmrecht haben, welche auf den Namen lauten und seit wenigstens sechs Monaten im Aktienbuch auf den Namen desjenigen, der sie vertritt, eingetragen sind.

Von beachtenswerter Seite ist der Vorschlag gemacht worden, die Bisenbahngesellschaften zu verhalten, sämtliche Inhaberaktien in solche auf den Namen umzuändern. Wir verkennen nun nicht, daß die Gleichstellung aller Aktien Vorteile bieten würde. Gleichwohl haben wir von dieser Maßregel abgesehen, erwägend, daß die Umgestaltung sämtlicher Aktien und deren Eintragung nicht nur sehr viel Zßit, Arbeit und Kosten verursachen, sondern auch eine nicht geringe Verwirrung in den bestehenden Verhältnissen erzeugen würde. Bei unserm System wird sich die Neuerung leichter vollziehen, indem jeder Aktienbesitzer, der ein dauerndes Interesse am guleu Fortgang der Gesellschaft hat, bestrebt sein wird, ohne Zuthun anderer die Umwandlung der Aktie auf seinen Namen zu vollziehen.

Ein anderer bemerkenswerter Vorschlag ging dahin, den Satz aufzustellen, daß Aktien, welche verpfändet sind, auf die Dauer der Verpfändung des Stimmrechts verlustig sein sollen. Es mag ununtersucht bleiben, ob eine solche Schmälerung der Befugnisse des Faustpt'andschuldners mit den gangbaren Begriffen über dessen Rechtsansprüche vereinbar sei. Wir wollen auch nicht besondern Anstoß daran nehmen, daß der Vorschlag vielleicht allzu greifbar auf bestimmte Thatsachen zugeschnitten scheint und daher dem Vorwurfe einer Gelegenheitsmache ausgesetzt sein dürfte. Dagegen steht unseres Erachtens fest, daß die Beschränkung des Stimmrechts auf unverpfändete Aktien nicht zum Ziele führt, indem dadurch dem Großaktionär, welcher willens ist, sich über die gesetzliche Beschränkung des Stimmrechts hinwegzusetzen, keineswegs alle Wege verschlossen werden. Auch wird niemand entgehen, daß durch den Stimmrechtsentzug auch solche Aktienbesitzer betroffen würden, welche seriös und gewissenhaft zu Werke gehen.

Die Begrenzung des Stimmrechts auf den Besitzer von Namensaktien schützt aber noch nicht in ausreichendem Maße gegen die Umgehung des Art. 640 O.-R., dazu bedarf es einiger Ergänzungen.
Solche werden in Art. 3 und 4 vorgeschlagen und bestehen in Strafandrohungen für diejenigen Rechtsverletzungen, welche erfahrungsgemäß am öftesten vorkommen.

Art. 5. Die Vereinfachung des in Art. 641 O.-R. vorgeschriebenen Anzeigeverfahrens bedarf keiner besondern Rechtfertigung.

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Der zweite Teil des Gesetzesentwurfes (Art. 6--12) enthält teils die Auffrischung bestehender Vorschriften, teils die gesetzliche Festlegung von thatsächlich bestehenden Verhältnissen, teils neue Bestimmungen.

Art. 6. Der Ausschluß der Ausländer von der Verwaltung der schweizerischen Eisenbahngesellschaften als Regel wird kaum beanstandet werden, und zwar um so weniger, als im Gesetze selbst solche Ausnahtnsfälle, in denen die Vertretung nichtschweizerischer Interessenten thunlich erscheint, vorgesehen sind.

Art. 7. Thatsächlich wählt jetzt schon der Bundesrat eine beschränkte Zahl von Mitgliedern in die Verwaltung von zwei Bahngesellschaften. Auch sehen die Konzessionen vielfach die Vertretung derjenigen Kantone vor, über deren Gebiet sich ein Netz erstreckt, bald so, daß die Kantone selbst die Wahl treffen, bald so, daß die Gesellschaft verpflichtet ist, eine bestimmte Zahl von Verwaltungsmitgliedern aus den Kantonsangehörigen zu entnehmen. Wir schlagen vor, das Recht des Bundes und der Kantone zur Vertretung in den Verwaltungsbehörden der Bahnen gesetzlich festzustellen und das Wahlrecht den Regierungen zuzuteilen. Wie oben ausgeführt, bezwecken wir nicht das numerische Übergewicht der staatlichen Vertreter. Der Aktiengesellschaft soll die entscheidende Stimmenzahl O verbleiben, sie soll auch die Verantwortlichkeit für die Beschlüsse der Verwaltungsorgane tragen. Es genügt, daß die staatlichen Behörden in den Verwaltungen zum Worte kommen und von allem, was dort vorgeht, unmittelbar Kenntnis erhalten.

Die Zahl der Vertreter jedes Kantons ist in den Statuten festzusetzen. Wenn mehrere Kantone in derselben Verwaltung zu vertreten sind, so wird jedem Kanton diejenige Zahl zugeteilt werden, welche proportional ist dem Interesse, welches er am betreffenden Bahnnetze hat. Zum Beispiel wird dabei die größere kilometrische Länge, die Lage der größern Bahnhöfe, der Sitz der Gesellschaft, die bisherige Vertreterzahl u. s. f. in die Wagschale fallen. Sollten zwischen der Gesellschaft und den Kantonen hierüber verschiedene Meinungen entstehen, so wird der Bundesrat bei der Statutengenehmigung die richtige Z.ahl feststellen.

Weil die staatlichen Vertreter nicht persönliche und auch nicht vorherrschend vermögensrechtliche Interessen wahrzunehmen haben, so wird von ihnen auch nicht gefordert werden, daß
sie Aktionäre seien.

Art. 8. Ebenfalls dem Gedanken entsprechend, daß es sich bei der Verwaltung einer Bahngesellschaft auch um bedeutende öffentliche Interessen handelt, folgt der Vorschlag, daß dem Bundesrate die Beschlüsse der Generalversammlung und des Verwaltungs-

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rates vor dem Vollzug mitgeteilt werden sollen. Nicht auch die Verhandlungen und Beschlüsse der Direktion, die doch zumeist geschäftliehen Charakter haben, indem sie die Ausführung von Gesetzen, Konzessionen, Statuten, Beschlüssen und Aufträgen des Verwaltungsrates bezwecken. Der Bundesrat wird übrigens bei der Genehmigung der Statuten zusehen, daß die Ausscheidung der Kompetenzen der einzelnen Gesellschaftsorgane dem Gesetze und der Natur der Sache gemäß stattfindet.

Die Mitteilung der Beschlüsse der Generalversammlung ist jetzt schon üblich, die Bekanntgabe der Beschlüsse des Verwaltungsrates geschieht ohne Mühe, weil die daherigen Protokolle so wie so vervielfältigt zu werden pflegen.

Art. 9 versteht sieh wohl von selbst. Denn jetzt schon würde der Bundesrat ohne Verkennung seiner Stellung, welche ihm die Wahrung der Sicherheit und Ordnung im Innern, der Unabhängigkeit des Landes gegen außen und die Förderung der allgemeinen Wohlfahrt zur Pflicht macht, nicht unterlassen dürfen, Maßnahmen einer Eisenbahngesellschaft unwirksam zu machen, wenn durch dieselben das gemeine Wohl der Gefährdung ausgesetzt würde. Gegen unbillige oder ungerechte Machtsprüche schützt das Rekursrecht an die Bundesversammlung.

Art. 10. Weitere Befugnisse des Bundesrates zur Sicherung der Verwaltung und des Betriebes einer Eisenbahn gegen fremde Beeinflussung.

Art. 11. Dieser Satz steht in der sog. Norrnalkonzession Art. 11 und in sämtlichen neuem Konzessionen. Unter ,,Beamten11, von denen hier die Rede ist, sind auch die Direktoren mitverstanden.

Indem wir der h. Bundesversammlung die Annahme des Gesetzesentwurfes empfehlen, benützen wir den AnJaß, dieselbe neuerdings unserer Hochachtung zu versichen.

B e r n , den 3. Dezember 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurfe eines Bundesgesetzes betreffend die Stimmberechtigung der Aktionäre von Eisenbahngesellschaften und die Beteiligung der staatlichen Behörden bei deren Verwaltung. (Vom 3. Dezember 1894.)

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05.12.1894

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