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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Zusatzprotokoll vom 16. Juni 1893 zu dem am 13. April 1892 mit Deutschland abgeschlossenen Übereinkommen über den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz.

(Vom 1. Mai 1894.)

Tit.

Das mit Deutschland unterm 13. April 1892 abgeschlossene und von der Bundesversammlung in der Sommersession des gleichen Jahres genehmigte Übereinkommen zum gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz ist vom Reichstag erst am 9. April 1894 ratifiziert worden. Diese Verzögerung rührt von dem Widerstande her, den ein Teil der deutschen Gewerbetreibenden dem Übereinkommen entgegengesetzt hat.

Dieser Widerstand gründete sieh auf den ersten Absatz des Art. 5, lautend : ,,Die Rechtsnachteile, welche nach den Gesetzen der vertragschließenden Teile eintreten, wenn eine Erfindung, ein Muster oder Model], eine Handels- oder Fabrikmarke nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausgeführt, nachgebildet oder angewendet wird, sollen auch dadurch ausgeschlossen werden, daß die Ausführung, Nachbildung oder Anwendung in dem Gebiete des andern Teiles erfolgt."

Bekanntlich gewährt das schweizerische Gesetz über die Erfindungspatente, in Übereinstimmung hierin mit den Vorschriften des Art. 64 der Bundesverfassung, nur den durch Modelle dargestellten Erfindungen seinen Schutz, während Deutschland für alle neuen, gewerblich verwendbaren Erfindungen Patente ausstellt.

Hieraus folgt, daß die Schweizer Erfindungen in Deutschland patentieren lassen können, für welche die Deutsehen keinen Schutz in der Schweiz genießen.

426 Bei den Verhandlungen über das Übereinkommen beabsichtigte keiner der vertragschließenden Teile, zu gunsten der schweizerischen.

Angehörigen die Verpflichtung aufzuheben, die für Erfindungen dieser Art ausgestellten deutschen Patente auf dem Gebiete des deutschen Reiches zur Anwendung zu bringen. In Übereinstimmung mit dem in Art. 5 des Übereinkommens zwischen Deutschland und Italien vom 18. Januar 1892 aufgestellten Grundsatz -- wonach ein Patent, ein Muster oder Modell in einem der vertragschließenden Staaten wegen Nichtanwendung nicht ungültig werden soll, sofern der fragliche Gegenstand im andern Staate zur Ausbeutung gelangt -- haben beide Teile die Fassung des vorerwähnten Artikels angenommen, ohne auf die oben erwähnte Besonderheit der schweizerischen Gesetzgebung Rücksicht zu nehmen. Es schien dies den Unterhändlern um so weniger nötig zu sein, als ihrer Auffassung nach Art. 5 nur diejenigen Erfindungen, Muster oder Modelle betreffen wollte, die in b e i d e n L ä n d e r n Schutz genießen, ein Umstand, der s c h o n an sich die in der Schweiz nicht patentierbaren Erfindungen ausschloß.

Die deutsche Reichsregierung, von den Beteiligten auf die Übelstände aufmerksam gemacht, welche diese Bestimmung für die deutsche chemische Industrie zur Folge haben könnte, eröffnete neue Besprechungen, welche sich ziemlich lange hinzogen und schließlich zur Annahme eines Wortlautes führten, der die Anwendung des Art. 5 auf die in b e i d e n Staaten patentierbaren Erfindungen beschränkt.

Dieser Wortlaut hat den Gegenstand eines Zusatzprotokolles zu der Übereinkunft gebildet, das der Reichstag gleichzeitig mit der eigentlichen Übereinkunft genehmigt hat. Da diese bereits die Genehmigung der Bundesversammlung erhalten hat, so handelt es sich für Sie nur noch darum, das Zusatzprotokoll, dessen Wortlaut hier beiliegt, zu ratifizieren.

Wir gestatten uns daher, Ihnen, Tit., die Annahme des nachfolgenden Beschlussesentwurfes zu empfehlen, und benutzen diesen Anlaß, um Sie unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 1. Mai 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

427

(Entwurf.)

Bundesbeschlnß betreffend

das Zusatzprotokoll vom 16. Juni 1893 zu dem am 13. April 1892 mit Deutschland abgeschlossenen Übereinkommen betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 1. Mai 1894, beschließt: 1. Dem Zusatzprotokoll vom 16. Juni 1893 zu dem am 13. April 1892 mit Deutschland abgeschlossenen Übereinkommen betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz wird die Genehmigung erteilt.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

428

Zusatz-Protokoll za dem

.zwischen der Schweiz und Deutschland am 13. April 1892 abgeschlossenen Übereinkommen betreffend den. Patent-, Muster- und Markenschutz.

(Vom 16. Juni 1893.)

In Ergänzung zu dem zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche am 13. April 1892 abgeschlossenen Übereinkommen über den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz haben die Unterzeichneten auf Grund erhaltener Ermächtigung folgendes vereinbart: Die Bestimmungen des Artikels 5 des Übereinkommens finden auf diejenigen Erfindungen nicht Anwendung, welche nach den Gesetzen eines der vertragschließenden Teile vom Patentschutz ausgeschlossen sind.

Das vorliegende Zusatzprotokoll bildet einen integrierenden Bestandteil des Übereinkommens, auf das es sich bezieht, und ist ohne besondere Ratifikation durch die bloße Thatsaehe der Auswechselung der Ratifikationen dieses Übereinkommens als von den vertragschließenden Teilen gebilligt und bestätigt anzusehen.

Dasselbe wurde in doppelter Ausfertigung zu Berlin am 16. Juni 1893 unterzeichnet.

(sig.) Roth.

(sig.) Freiherr von Marschall.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Zusatzprotokoll vom 16. Juni 1893 zu dem am 13. April 1892 mit Deutschland abgeschlossenen Übereinkommen über den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz. (Vom 1. Mai 1894.)

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09.05.1894

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