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Schweizerisches Bundesblatt.

46. Jahrgang. II.

Nr. 16.

18. April 1894.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): B Franken.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Karl Stämpfli & de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über

seine Geschäftsführung im Jahre

1893.

G. Geschäftskreis des Departements des Auswärtigen.

L Abteilung.

Politische Abteilung.

Einleitende Bemerkungen.

Auch im abgelaufenen Jahre hat sich die Zahl der von der politischen Abteilung behandelten Geschäfte beträchtlich vermehrt, da ihre Thätigkeit die alten Grenzen überschritten und sich auf alle Zweige der eidgenössischen Verwaltung ausgedehnt hat, wo die Mitarbeit der Abteilung erforderlich ist, sobald es sich um abzuschließende oder abzuändernde Übereinkünfte, um Beschwerden mit Bezug auf bestehende Verträge und überhaupt um Beziehungen zum Auslande handelt.

Angesichts dieser immer fortschreitenden Entwicklung hat die politische Abteilung geglaubt, die Vorlage eines Gesetzentwurfes, der diesem Verwaltungszweige einen geregelten Geschäftsgang, für den gegenwärtig noch keine genügende Gewähr geboten ist, sichern würde, nicht länger verschieben zu können. Wir haben die Prüfung Bundesblatt. 46 Jahrg. Bd. II.

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dieses Antrages bis 7,11 dem Zeitpunkte verschoben, wo die Frage der Reorganisation des Bundesrates und der Bundesverwaltung erledigt und das Gesetz über die Besoldungen der Beamten des Militärdepartements von den eidgenössischen Räten behandelt sein wird (vergi. Bundesbl. 1893, V, 349).

Wir fügen bei, daß die Zahl der Eingänge bei den durch die politische Abteilung behandelten Geschäften von 6268 im Jahre 1892 auf 7950 im Jahre 1893 und die Zahl dev Ausgänge im gleichen Zeitraum von 4830 auf 6516 gestiegen ist.

Die Herren G. Du P a s q u i e r , A. G e o r g , G. B o i s s i e r und F. v. S a l i s haben im Laute des Jahres 1893 als Attaches auf der politischen Abteilung gearbeitet.

1. Beziehungen zum Auslande.

Die hauptsächlichste Änderung in unsero diesjährigen Verhältnissen zum Auslande ist durch den Bruch der Handelsbeziehungen mit Frankreich '/AI Ende des Jahres 1892 hervorgerufen worden.

Die Hoffnung, der wir in unserm letzten Geschäftsbericht Ausdruck gaben, hat sich nicht erfüllt ; die schutzzöllnerischen Tendenzen haben jenseits des Jura noch immer die Oberhand, und das wirtschaftliche Verhältnis zwischen der Schweiz und Frankreich ist das nämliche geblieben wie zu Anfang des Jahres 1893. Im übrigen sind unsere politischen Beziehungen zu allen auswärtigen Staaten im Laufe dieses Jahres stetsfort ausgezeichnet gewesen.

Letzten Frühling wurde uns der Anlaß geboten, den deutsehen Kaiser, der uns die Absicht kundgegeben hatte, sich auf seiner Rückkehr von den Feierlichkeiten in Italien mit der Kaiserin einige Stunden in der Schweiz aufzuhalten, offiziell zu empfangen. Der Bundesrat hat sich durch die Herren Bundespräsident Schenk, Vizepräsident Frey und Lachenal, Vorsteher des Departements des Auswärligen, vertreten lassen. Die dem kaiserlichen Paare in Luzern bereitete Aufnahme hat den Charakter der Einfachheit und Herzlichkeit getragen, der unseren Gebräuchen und den ausgezeichneten Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland entspricht.

A. Abgeschlossene oder ratifizierte Verträge.

a. Die Schweiz hat sich an der im verflossenen Monat März in D r e s d e n zusammengetretenen S a n i t ä t s k o n f e r e n z durch die Herren Roth, schweizerischen Minister in Berlin, und Dr. Schmid, Vorsteher des eidgenössischen Gesundheitsamtes, vertreten lassen.

115 Diese Konferenz hat eine internationale Übereinkunft betreffend die Anwendung von gemeinsamen Schutzmaßregeln gegen die Cholera ausgearbeitet. Die Übereinkunft ist am 15. April unterzeichnet und nm 22./28. Juni von der Bundesversammlung ratifiziert worden.

Was die Einzelheiten dieser Übereinkunft betrifft, verweisen wir auf den Geschäftsbericht des Departements des Innern (eidgenössisches Gesundheitsamt). Wir fügen nur bei, daß das Beitrittsgesuch Großbritanniens zu diplomatischen Unterhandlungen führte, die eine ziemlich ausgedehnte Korrespondenz von unserer Seite nötig machten.

&'. Eine K o n f e r e n z b e t r e f f e n d die F i s c h e r e i im B o d e n s e e ist anfangs Juli in Bregenz zusammengetreten, um ein Abkommen auszuarbeiten, das am 5. Juli von den Abgeordneten der Schweiz, von Österreich-Ungarn, Baden, Bayern, Liechtenstein und Württemberg unterzeichnet wurde. Dieses Abkommen ist mit dem 22. Dezember 1893 in Kraft getreten (siehe den Geschäftsbericht des Industrie- und Landwirtschaftsdepartements, Forstabteilung).

c. Die am 13. April 1892 zu Berlin unterzeichnete Übereinkunft zwischen der Schweiz und Deutschland betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz, von der wir schon in unserm letzten Geschäftsbericht gesprochen haben, ist bis jetzt noch nicht vom Reichstag ratifiziert worden.

Die Verschiebung dieser Förmlichkeit, welcher die Bundesversammlung schon unterm 20./23. Juni 1892 nachgekommen ist (Bundesbl.

1892, III, 255), rührt von dem Widerstande her, den die deutsche chemische Industrie dieser Übereinkunft entgegensetzt. Dieser Widerstand gründet sich auf den ersten Absatz des Art. 5, der folgenden Wortlaut hat: ,,Die Rechtsnachteile, welche nach den Gesetzen der vertragschließenden Teile eintreten, wenn eine Erfindung, ein Muster oder Modell, eine Handels- oder Fabrikmarke nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausgeführt, nachgebildet oder angewendet wird, sollen auch dadurch ausgeschlossen werden, daß die Ausführung, Nachbildung oder Anwendung in dem Gebiete des andern Teiles erfolgt."

Man weiß, daß das schweizerische Gesetz, in Übereinstimmung mit Art. 64 der Bundesverfassung, nur solchen Erfindungen, die durch Modelle dargestellt werden, seinen Schutz gewährt, während Deutschland für alle Erfindungen, die einer gewerblichen Ausbeutung fähig sind, Patente ausstellt. Es folgt daraus, daß die Schweizer in Deutschland Erfindungen patentieren lassen können, für welche

116 den Deutschen in der Schweiz kein Schutz gewährt wird. Die deutsche Reichsregierung wurde von den Interessenten auf die Übelstände aufmerksam gemacht, die sich aus dieser Sachlage für die deutsche chemische Industrie ergeben, und eröffnete deshalb neue Unterhandlungen, die mit der Vereinbarung eines Zusatzprotokolls ihren Abschluß fanden. Dieses Protokoll, welches wir nach seiner Ratifikation von seiten Deutschlands der Bundesversammlung zur Genehmigung vorlegen werden, beschränkt die Anwendung des Art. 5 der Übereinkunft vom 13. April 1892 auf die in b e i d e n Staaten patentierbaren Erfindungen.

d. Die von uns am 15. August 1892 ratifizierte Übereinkunft zwischen der S c h w e i z und F r a n k r e i c h vom 31. Juli 1892 betreffend A u s f ü h r u n g s b e s t i m m u n g e n f ü r d e n T e l e p h o n d i e n s t zwischen den beiden Ländern hat nun auch die Genehmigung Frankreichs erhalten. Die Ratifikationsurkunden sind in Paris am 10. Juli 1893 zwischen Herrn Lardy, schweizerischem Minister in Paris, und Herrn Develle, dem französischen Minister des Auswärtigen, ausgewechselt worden. Die Übereinkunft ist mit dem 1. September 1893 in Kraft getreten.

e. Die Ratifikationsurkunden des zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn am 30. Dezember 1892 abgeschlossenen V e r t r a g e s ü b e r die R h e i n r e g u l i e r u n g sind am 21. Juli zwischen dem schweizerischen Minister, Herrn Aepli, und dem k. und k. Minister des Äußern, Grafen Kalnoky, ausgewechselt worden. In Gemäßheit des letzten Artikels der Übereinkunft ist dieselbe sofort in Kraft getreten.

B. Erklärungen, AufkUndungen und Abänderungen bestehender Übereinkünfte.

a. Außer den in unserm letztjährigen Geschäftsbericht aufgeführten Staaten (Bundesbl. 1893, II, 616) ist die Republik Chile den vom W i e n e r W e l t p o s t k o n g r e ß vom 4. Juli 1891 getroffenen Vereinbarungen beigetreten.

b. Das Fürstentum Montenegro hat seinen am 1. Juli 1893 erfolgten Beitritt zur Übereinkunft vom 9. September 1886 z u m S c h u t z e der W e r k e der L i t t e r a t u r und K u n s t angezeigt.

c. Die Regierung der N i e d e r l a n d e hat die Protokolle Nr. 2 und 3, P o r t u g a l die Protokolle Nr. l, 2 und 3 der Madrider Konferenz d e r U n i o n z u m S c h u t z e d e s g e w e r b l i c h e n E i g e n t u m s ratifiziert (siehe Geschäftsbericht pro 1892, Bundesbl.

1893, II, 613).

117 d. Mit Beschluß vom 23. März vorigen Jahres haben wir Herrn Minister Lardy ermächtigt, mit dem Minister des Auswärtigen der französischen Republik eine Vereinbarung zu unterzeichnen, laut welcher der s c h w e i z e r i s c h - f r a n z ö s i s c h e A u s l i e f e r u n g s v e r t r a g vom 9. Juli 1869 auf T u n i s ausgedehnt wird. Die Unterzeichnung dieser Vereinbarung hat in Paris am 12. April 1893 stattgefunden (A.'S. n. F. XIII, 353).

e. Wir haben das am 25. Juli 1873 zwischen der Schweiz, dem Deutschen Reiche und Italien abgeschlossene Übereinkommen betreffend den T r a n s p o r t der aus Italien nach Deutschland oder umgekehrt a u s z u l i e f e r n d e n I n d i v i d u e n d u r c h die S c h w e i z gekündet.

Der die Auslieferung anbegehrende Staat muß demnach in Zukunft wieder auf diplomatischem Wege bei uns um die Bewilligung zum Transport nachsuchen (siehe den Bericht des Justizund Polizeidepartements).

f. Als Glied der lateinischen Münzunion ist die Schweiz an der auf Begehren Italiens im verflossenen Monat Oktober von der französischen Regierung nach Paris einberufenen K o n f e r e n z vertreten gewesen. Dieselbe hatte den Zweck, g e w i s s e B e s t i m m u n g e n der M ü n z t i b e r e i n k u n f t v o m 6. N o v e m b e r 1885 a b z u ä n d e r n , um dem in Italien herrschenden Mangel an Silberscheidemünzen zu begegnen.

Da das Finanzdepartement den Arbeiten der Pariser Konferenz ein besonderes Kapitel widmen wird, so begnügen wir uns, darauf hinzuweisen, daß die Bevollmächtigten der zur lateinischen Münzunion gehörenden Staaten beschlossen haben, daß die italienischen Silberscheidemünzen nur noch in Italien Kurs haben sollen.

Dank den Bemühungen unserer Vertreter, der Herren Lardy, schweizerischen Ministers in Paris, und Nationalrat Cramer-Frey, ist bei dieser Vereinbarung die Sonderstellung der Schweiz in Berücksichtigung gezogen worden. Art. 8 bestimmt in der That, daß die Schweiz auf der von Italien gemäß den Bestimmungen von Art. 6 zu bewerkstelligenden ersten Zahlung fünfzehn Millionen Franken zum voraus erhalten soll.

Die Vereinbarung ist am 15. November unterzeichnet und von der Bundesversammlung am 20./22. Dezember ratifiziert worden.

g. Im Jahre 1893 sind zwei diplomatische Konferenzen in Bern zusammengetreten, welche beide auf die i n t e r n a t i o n a l e Ü b e r e i n k u n f t v o m 1 4 . O k t o b e r 1890 ü b e r d a s E i s e n b a h n fr a c b t r e c h t Bezug hatten.

118 Die erste derselben wurde durch das Begehren des Fürstentums Monaco, dieser Übereinkunft beizutreten, veranlaßt, und da io dieser keine Bestimmungen über die, Art des Beitritts festgestellt waren, so trat die Notwendigkeit ein, diese Frage auf dem Wege einer Konferenz zu ordnen.

Die Abgeordneten der beteiligten Staaten arbeiteten unter dem Vorsitz des Herrn Frey, Vizepräsidenten des Bundesrates, in zwei Sitzungen eine Z u s a t z e r k l ä r u n g aus, welche am 20. September vorigen Jahres unter dem Vorsitz des Herrn Bundesrat Lachenal unterzeichnet wurde. Diese E r k l ä r u n g soll an dem Tage, an welchem der Austausch der Ratifikationen stattfindet, in Kraft treten; die Bundesversammlung hat dieselbe schon in ihrer letzten Dezembersession genehmigt.

Die zweite Konferenz hatte den Zweck, die Beschlüsse der technischen Konferenz über den internationalen Eisenbahntransport, die in Bern im Monat Juni 1893 zusammengetreten war, in eine diplomatische Übereinkunft umzugestalten. Sie hat am 20. und 2l. September zwei Sitzungen unter dem Vorsitz des Herrn Bundesrat Lachenal abgehalten. Der von ihr ausgearbeitete Entwurf zu einer Z u s a t z v e r e i n b a r u n g ist gewissen Schwierigkeiten begegnet mit Bezug auf die Unterzeichnung und Anwendung; eines doppelten, französischen und deutschen, Textes; die Hauptübereinkunft vom 14. Oktober 1890 war in beiden Sprachen unterzeichnet worden. Wir hoffen jedoch, es werde sich hierüber schließlich eine Einigung erzielen lassen.

h. Wir stehen noch immer in Unterhandlung mit ÖsterreichUngarn, den Niederlanden und rien Vereinigten Staaten von Amerika mit Bezug auf neue Auslieferungsverträge, welche die mit diesen Ländern unterm 17. November 1888 (Österreich-Ungarn), 21. Dezember 1853 (Niederlande) und 25. Dezember 1850 (Vereinigte Staaten von Amerika) abgeschlossenen ersetzen sollen.

C. Projektierte Verträge.

a. Wir haben im Laufe dieses Jahres zahlreiche Beitrittserklärungen erhalten zu dein vom Bundesrate übermittelten Antrag des Institutes für internationales Recht, betreffend Schaffung einer i n t e r n a t i o n a l e n Union zur Veröffentlichung der V e r t r ä g e . Wir konstatieret) mit Vergnügen, daß wir unter anderm von folgenden Staaten zustimmende Antworten erhalten haben : Frankreich, Rußland, Italien, Vereinigte Staaten von Amerika, Venezuela, Brasilien, Niederlande, A r g e n t i n i e n , G r i e c h e n l a n d , P e r s i e n . Einige Regierungen

haben noch keine endgültige Antwort gegeben, aber die meisten derselben sind der projektierten Schöpfung grundsätzlich günstig gestimmt.

Dagegen haben wir vernommen, daß Belgien, ohne gegen das Werk selbst Widerspruch zu erheben, mit Cirkularnote vom 26. Oktober 1892 den Wunsch ausgedrückt hat, als Sitz der zu schaffenden Union möchte Brüssel gewählt werden, wo schon ein internationales Amt zur Veröffentlichung der Zolltarife besteht.

Die belgische Regierung wendet ein, daß das in der Schweiz zu gründende Amt eine ähnliche Aufgabe, wie das jetzt in Brüssel bestehende, verfolgen und so die Fortexistenz des letztern in Frage stellen würde. Außerdem wären die Kosten in Brüssel geringer, weil es genügen würde, die Organisation des bereits bestehenden Amtes zu erweitern.

Diese Bemerkungen erseheinen nicht stichhaltig. Die beiden Institute sind ganz verschieden von einander, sowohl was ihren Zweck, als was die Mittel zu ihrer Ausführung anbelangt. Das Brüsseler Amt ist mit der Veröffentlichung der Zolltarife betraut; sein Personal muß sieh vor allem auf den Zolldienst verstehen und die Auslegung und Anwendung der Zollgesetze kennen. Die projektierte internationale Union dagegen hat in erster Linie ein diplomatisches und juristisches Ziel zu verfolgen; das Verwaltungspersoaal ihres Bureaus muß also vor allen Dingen Kenntnis des internationalen Rechts besitzen. Die Fragen betreffend Niederlassung, Auslieferung, Grenzbereinigung, diplomatische und konsularische Verhältnisse, gerichtliche Befugnisse, Bisenbahnen, geistiges ' Eigentum u. s. w.

haben keinerlei Beziehung mit dem Zollwesen.

Das Brüsseler Amt befaßt sich mit den Handelsverträgen nur insoweit, als dieselben Zolltarife enthalten ; es läßt nicht nur alle Handelsverträge, die keine Tarife enthalten, durchaus unberücksichtigt, sondern auch alle diejenigen Bestimmungen tier mit Tarifen verbundenen Verträge, welche nicht unmittelbar auf diese Tarife O J Bezug haben.

· Es kann also nicht behauptet werden, daß das Brüsseler Amt und das zu errichtende Bureau dieselbe Aufgabe zu erfüllen haben.

Was die Kosten anbetrifft, so glauben wir nicht, daß sie geringer wären, wenn man dem erstem Amte die Veröffentlichung der Verträge anvertrauen wollte, da diese Arbeit ein besonderes Personal und eine besondere Einrichtung erfordern würde; denn nur so wäre eine nützliehe und regelmäßige Thätigkeit dieses internationalen Amtes möglich.

Wir werden dieser Frage auch fernerhin unsere Aufmerksamkeit schenken.

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b. Die Verhandlungen mit Bezug auf den Abschluß von H a n d e l s - u n d N i e d e r l a s s u n g s v e r t r a g e n mit S c h w e d e n und N o r w e g e n haben merkliche Fortschritte gemacht und sind, was Norwegen betrifft, zu Ende geführt worden ; wir verweisen in dieser Hinsicht auf den Bericht der Handelsabteilung.

c. Da uns die Umstände günstig schienen, so haben wir die schweizerische Gesandtschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika eingeladen, die im Jahre 1883, unter der ersten Präsidentschaft dea Herrn Cleveland, mit der Regierung dieses Landes angeknüpften Unterhandlungen behufs Abschluß eines s t ä n d i g e n S c h i e d s g e r i c h t s v e r t r a g s zwischen der Schweiz und der Unionsregierung wieder aufzunehmen. (Siehe unsere Geschäftsberichte für die Jahre 1883 und 1884, Bundesbl. 1884, II, 576 und 1885, II, 642.)

d. Es ist noch nicht möglich gewesen, die mit den Republiken C h i l e , G u a t e m a l a , B r a s i l i e n , C o l u m b i e n und N i c a r a g u a mit Bezug auf den Abschluß von F r e u n d s c h a f t s - , N i e d e r l a s s u n g s - , H a n d e l s - u n d K o n s u l a r v e r t r ä g e n angeknüpften Unterhandlungen zum Ziele zu fuhren.

e. Mit der a r g e n t i n i s c h e n Regierung sind die Unterhandlungen zum Abschluß eines ähnlichen Vertrages, sowie eines Auslieferungsvertrages, ebenfalls fortgesetzt worden ; durch die revolutionären Unruhen, durch welche dieses Land kürzlich heimgesucht wurde, ist der Fortgang derselben verzögert worden.

Dessenungeachtet hoffen wir, Ihnen nächstens ein befriedigendes Resultat unserer Bemühungen mitteilen zu können.

f. Wir haben dem Entwürfe zu einer Verordnung über einen i n C h i a s s o e i n z u r i c h t e n d e n i n t e r n a t i o n a l e n Sanitätsd i e n s t nicht beistimmen können, da eine derartige Verordnung erst dann in nutzbringender Weise Anwendung finden kann, wenn einmal an der genannten Grenzstation ein ständiges Lazarett eingerichtet sein wird.

g. Der Entwurf zu einer s c h w e i z e r i s c h - i t a l i e n i s c h e n V e r o r d n u n g Über d i e S c h i f f a h r t a u f d e m L a n g e n - u n d L u g a n e r See unterliegt noch immer der Prüfung der italienischen Regierung.

D. Besondere Fälle.

a. Wie wir in unserm letztjährigen Geschäftsbericht erwähnt haben, hat der spanische Staatsrat unterm 13. Oktober 1892 den vom ßundesrate erhobenen Rekurs betreffend die S o l d - und Pensionsrückstände der ehemaligen Schweizerregimenter

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in s p a n i s c h e n D i e n s t e n behandelt. Durch seinen im amtlichen Blatte ,,Gaceta de Madrid 14 unterm 18. Februar 1893 veröffentlichten Entscheid wurde der Beschluß des Finanzministeriums vom 11. November 1890 aufgehoben und das Begehren des Buudesrates um Bezahlung der Sold- und Pensionsrückstände, deren Regulierung die Staatsschuldendirektion mit Beschluß vom 14. Juli 1887 verweigert hatte, ans Finanzministerium zur Prüfung und Erledigung zurückgewiesen.

Nachdem unsere Beschwerden auf diese Weise in ein neues Stadium getreten waren, haben wir sie neuerdings auf diplomatischem Wege anhängig gemacht und in einer Note vom 3. Oktober 1893 der spanischen Regierung die Wiederaufnahme der öfters zum Zwecke der Erledigung der in den Jahren 1856 und 1857 begonnenen und im Jahre 1887 fortgesetzten Liquidation angeknüpften Unterhandlungen beantragt.

Unsere Note war von einem Memorial des Advokaten D.Vincente Santa Maria de Paredes begleitet, der den Rekurs des Bundesrates vor dem Staatsrate vertreten hat. Dieses Schriftstück stellt sowohl vom Standpunkte des spanischen Verwaltungsrechtes, als auch von dein des internationalen Rechtes aus die Rechtmäßigkeit der Ansprüche fest, deren Kollektivvertretuog der Bundesrat übernommen hat.

Infolge dei1 irri Jahre 1887 erfolgten Zahlung haben wir nur noch folgende Ansprüche zu erheben : 1. Anerkennung und Einlösung von 11 Schuldtiteln, deren Zahlung durch Beschluß dei' Schuldentilgungskommission vom 9. Dezember 1859 eingestellt worden ist, und deren Gesamtbelirag sich auf 3,769,938 Realen beläuft.

2. Nochmalige Prüfung der 38 durch den vorerwähnten Beschluß als ungültig erklärten Schuldtitel im Gesamtbetrage von 1,631,444 Realen.

3. Bare Auszahlung der hiervor angeführten Beträge von 3,769,938 und 1,631,444 Realen gemäß der Berner Kapitulation von 1804.

4. Bare Auszahlung der beiden schon in Titeln ausgerichteten Guthaben, wobei die im Jahre 1887 bezogenen Summen natürlich vom Gesamtbetrage der fraglichen Guthaben abzuziehen sind.

5. Bezahlung der auf den reklamierten Rückständen haftenden Zinse.

Wir gewärtigen die Antwort der spanischen Regierung auf unsere Note vom 3. Oktober. Herrn Generalkonsul Lardet in Madrid

122 liegt weiterhin die Aufgabe ob, unsere noch wichtigen Interessen in dieser Sache zu wahren.

Bei der. im Jahre 1892 vorgenommenen Liquidation haben verschiedene Beträge zurückgelegt werden müssen für Rechnung abwesender Personen oder noch ungenügend festgestellter Bezugsberechtigten. Zwei dieser Beträge bilden den Gegenstand von gegenwärtig anhängigen Reklamationen ; eine derselben wird jedoch erst dann erledigt werden können, wenn sich die Interessenten über ihre Liechtstitel ausgewiesen haben.

b. Ein vom Kongreß der V e r e i n i g t e n S t a a t e n von A m e r i k a unterm 1. Marx 1893 angenommenes Gesetz enthält eine Bestimmung, welche plötzlich eine große Zahl unserer Staatsangehörigen einer Einnahmequelle, iu vielen Fällen der einzigen, beraubt hat, die sie mit vollem Recht als eine lebenslängliche betrachtet hatten. Der fragliche Artikel besagt, daß vom 1. Juli 1893 au keine P e n s i o n e n an Personen ausbezahlt werden sollen, die nicht in den Vereinigten Staaten wohnhaft sind, mit einziger Ausnahme der Bürger dieses Landes und der invaliden Pensionäre, sofern ihre Invalidität vom amerikanischen Kriegsdienste herrührt.

Diese fiskalische Maßrege! scheint von einer großen Zahl derjenigen, die für dieses Gesetz gestimmt haben, ganz unbeachtet geblieben zu sein. Sie hat zahlreiche Beschwerden von allen Seiten hervorgerufen, so daß wir unsere Gesandtschaft in Washington beauftragt haben, diejenigen Reklamationen, welche sich auf früher an Schweizer ausbezahlte Pensionen beziehen, mit allem Nachdruck zu unterstützen.

In den Vereinigten Staaten selbst ist das Gesetz als unbillig scharf kritisiert worden. Man warf ihm namentlich vor, eine Verpflichtung des Landes gegenüber denjenigen, die es mit den Waffen in der Hand verteidigt hatten, zu verletzen. Es hat denn auch die Pensionskommission des Senats einen Gesetzesentwurf eingebracht, durch den die fraglichen Bestimmungen des Gesetzes vom 1. März aufgehoben werden. Dieser vorn Senate am 15. Dezember 1893 angenommene Entwurf muß noch vom Abgeordneteahause genehmigt werden, um Gesetzeskraft zu erhalten. Wir hoffen, die zweite Kammer werde dem Beschluß des Senates zustimmen.

c. Bei Anlaß einer allgemeinen Zählung der i t a l i e n i s c h e n P e n s i o n ä r e ' i n der Schweiz im Jahr 1887 hatte das italienische Finanzministerium
beschlossen, die Pensionen sollten an die Bezugsberechtigten selbst oder an ihre rechtmäßigen Erben nur nach Vorweisung eines Lebensscheins oder einer besondern Quittung ausbezahlt werden.

123 Das mit der Auszahlung des Betrags dieser Pensionen beauftragte eidgenössische Kriegskommissariat hat sich bemüht, diesen Vorschriften nachzukommen. Es ist indessen gewissen Schwierigkeiten begegnet, indem eine große Zahl von schweizerischen Pensionären ledigen Standes sich unter Abtretung ihrer Pensionsberechtigung in Asyle, Spitäler oder andere ähnliche Anstalten aufnehmen lassen, wenn sie durch Altersgehrechen oder Krankheit dazu gezwungen werden.

Wir haben unsere Gesandtschaft in Rom beauftragt, die italienische Regierung xu ersuchen, zu gunsten der obgenannten Anstalten eine Ausnahme von der durch den Entscheid des Finanzministeriums in Kraft gesetzten Maßregel machen zu wollen. Eine Antwort hierauf steht noch aus.

d. Trotz" aller Vorstellungen von seiten der Vertreter der Eidgenossenschaft sowohl als der andern europäischen Staaten dauert in gewissen S ü d a m e r i k a n i s c h e n R e p u b l i k e n der Zustand der Unsicherheit, über den wir uns nur zu oft zu beklagen hatten, immer noch fort. Totschläge und Mordthaten sind äußerst häufig, und der schleppende Gang der dortigen Justiz kann sich nur mit der Leichtigkeit vergleichen, mit welcher die Verbrecher sich der Strafe zu entziehen verstehen.

Von unsern Landsleuten sind folgende in jüngster Zeit diesen Zuständen zum Opfer gefallen : 1. Die Familie M o n n e t , gebürtig aus Isérables (Wallis), bestehend aus Vater, Mutter und einer zwanzigjährigen Tochter. Alle drei wurden im Juni 1892 zu Cayastä in der argentinischen Provinz Santa Fé in räuberischer Absicht ermordet. Dank der Energie, mit welcher unsere Gesandtschaft in Buenos Aires sich der Sache angenommen hat, haben die Verbrecher verhaftet werden können, und die Untersuchung wird so rasch geführt, als dies überhaupt bei dem argentinischen Gerichtsverfahren möglieh ist.

2. Bin Bürger von Großaffoltern (Bern), Nikolaus H o f f m an n, ist am 9. November zu VillaHayes, Paraguay, von einem betrunkenen Infanteristen ermordet worden. Das schweizerische Konsulat in Asuncion hat von der Regierung von Paraguay sofort Genugthuung verlangt, und wir haben unsern ebenfalls in Paraguay accreditierten Minister in Buenos Aires beauftragt, die sirenge Bestrafung des Schuldigen zu verlangen.

3. Am 23. Februar wurde der Kolonist Florentin B l a n c von Russy (Freiburg) in einem Walde bei Traiguen (Chile) ermordet aufgefunden. Obwohl das dortige schweizerische Vizekonsulat bei

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den Behörden energische Schritte that, hat man den oder die Urheber des Verbrechens noch nicht auffinden können. Die Nachforschungen werden fortgesetzt.

4. Einen Monat später wurde ein junger Mann von 19 Jahren, Salomon I m b o d e n aus St. Nikolaus (Wallis), in Felicia (SantaFé) durch einen Revolverschuß gelötet infolge eines Streites, den er selbst verursacht haben soll. Der Mörder, ein gewisser Aristides Mastelary, ist in Haft und erwartet seine Verurteilung.

In der argentinischen Republik sind die · meisten Mörder sogenannte ,,Indios Mansos" (,,gezähmte"1 Indianer), die, uncivilisiert wie sie noch sind, sich von der Schwere ihrer Verbrechen keinerlei Rechenschaft geben. Sie sind übrigens nur für diejenigen Kolonisten gefährlich, die sich nicht verteidigen können ; dies ist ohne Zweifel der Grund, warum die schweizerischen Kolonisten, die» in der Regel gut bewaffnet sind, ihnen verhältnismäßig selten zum Opfer fallen.

5. Der Mörder des am 28. Juli zu Bocea-Corrego in der brasilianischen Provinz ßahia getöteten Gustav L e c o u l t r e (siehe unsern letzten Geschäftsbericht, Bundesbl. 1893, II, 625) ist, wie vorauszusehen war, in Belmonte durch ein von seinen Mitschuldigen eingeschüchtertes Schwurgericht freigesprochen worden. Der Amtsrichter von Belmonte rekurrierte gegen diese Freisprechung, aber das Revisionsgericht der Provinz Bahia hat kürzlich das gefällte Urteil bestätigt. Uaser Konsul in Bahia hatte gleich von Anfang an erklärt, er protestiere gegen eine unter solchen Umständen erfolgende Freisprechung. Wir behalten uns vor, in unserm nächsten Geschäftsbericht auf den Erfolg unserer ferneren Schritte in dieser Angelegenheit zurückzukommen, insbesondere betreffend die Frage der Entschädigung, die wir von der brasilianischen Regierung zu gunsten der Hinterlassenen des Verstorbenen verlangen.

6. Schließlich müssen wir noch die Ermordung des in der neuenburgischen Gemeinde Corcai les-Cormondreche heimatberechtigten Arthur K i t t a n erwähnen. Derselbe wurde von einem Aargauer, Names Robert Bütler, bei Helena Bay, Nord-Auckland, Neu-Seeland, getötet. Bütler, welcher behauptete, aus Notwehr gehandelt zu haben, hat die Richtigkeit seiner Angabe nicht beweisen können und ist vor kurzem vom obersteil Gerichtshof in Neu-Seeland zu vier Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden.

e. Im Laufe des
Jahres 1893 sind uns acht Gesuche um Befreiung aus dem Dienste in der F r e m d e n l e g i o n zugekommen.

In drei Fällen, wo wir im voraus sicher waren, daß die französische Regierung eine abweisende Antwort erteilen werde, mußten wir davon Umgang nehmen, dem uns gestellten Ansuchen Folge zu

125 leisten. In den fünf andern Fällen sind unsere Bemühungen erfolglos gewesen. Wir haben übrigens durch eine im Bundesblatt (1893, I, 853) veröffentlichte Anzeige allen Beteiligten in Erinnerung gebracht, daß die französische Regierung nur ganz ausnahmsweise Gesuchen um Dienstbefreiung entspricht, und zwar einzig in Fällen von Dienstunlauglichkeit wegen Krankheit oder bei Anwerbung vor dem erfüllten 17. Altersjahr.

f. Ein in Messina niedergelassener schweizerischer Kaufmann hat sich bei unserer Gesandtschaft in Rom darüber beschwert, daß der Stadtrat von Messina ihn auf die Liste der für den BHU von Gemeindestraßen Steuerpflichtigen gesetzt habe. Diese Beschwerde wurde abgewiesen, und wir haben die von unserer Gesandtschaft an den Gesuchsteller gerichtete Antwort gebilligt. In der That sind unsere in einer italienischen Gemeinde wohnhaften Mitbürger derartige Leistungen oder eine entsprechende Taxe schuldig. Der angerufene schweizerisch-italienische Niederlassungsvertrag faßt nur die verschiedenen militärischen Verpflichtungen ins Auge, von denen unsere Angehörigen in Italien in gleicher Weise befreit sind, wie die Italiener in der Schweiz; jedes andere Vorrecht hätte die Folge, daß die Ausländer eine vorteilhaftere Stellung einnähmen als die Einheimischen, was weder bei uns noch in Italien zulässig ist.

g. Auf die Anregung eines Komitees, an dessen Spitze Fürst Galitzin steht, hat die russische Gesandtschaft an uns das Gesuch gerichtet, der Bundesrat möchte die Errichtung eines G r a b d e n k m a l s zum Andenken an die beim Übergang über den St. G o t t h a r d im Jahre 1799 umgekommenen russischen Soldaten gestatten.

Im Einverständnis mit der Urner Regierung haben wir die nachgesuchte Erlaubnis grundsätzlich erteilt, uns aber eine endgültige Entscheidung nach Einsicht der Pläne und Zeichnungen vorbehalten.

Es versteht sich von selbst, daß dieses Denkmal, sei es ein Stein, ein Kreuz oder eine Inschrift, in sehr bescheidenen Verhältnissen ausgeführt werden und den einfachen Charakter tragen muß, welcher seinem Zweck und zugleich den Sitten und der Würde des Landes entspricht, das die Errichtung desselben auf seinem Boden gestattet.

7z. Ein in einem Gehölz in der Nähe von Chilien vorgefallener Selbstmord eines jungen Amerikaners hat Anlaß zu e i n e r Bes c h w e r d e de r G e s a n d t
s c h a f t der V e r e i n i g t e n Staaten von A m e r i k a gegeben.- Der amerikanische Konsularagent in Vivis hatte sich bei ihr darüber beklagt, daß der Friedensrichter des Kreises Montreux nach der Auffindung des Leichnams die vom Gesetze geforderten Maßnahmen (Wegnahme der Leiche, Inventaraufnahme, Versiegelung) vorgenommen habe, ohne ihn davon zu benachrichtigen. Er erklärte, er habe die Weisung, im Falle des

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Todes eines amerikanischen Staatsangehörigen selbst die Inventaraufnahme und die Versiegelung zu besorgen.

Wir haben diese Beschwerde nicht als begründet anerkennen können, da der waadtländische Beamte gemäß den dortigen Gesetzen und dem Niederlassungsvertrage mit den Vereinigten Staaten von Amerika gehandelt hat, welcher in Art. 5 für den Fall des Todes eines amerikanischen Bürgers und in Abwesenheit von Rechtsnachfolgern die Orlsbehörde zur Anordnung der gleichen Maßnahmen ermächtigt und verpflichtet, welche beim Ableben von Schweizerbürgern zu ergreifen sind.

i. Die französische Botschaft hat im Laufe des Monats März dem Departement des Auswärtigen eine Beschwerde einer Auzahl Einwohner der Gemeinde Les Rousses (Jura) eingereicht gegen die S a n i t ä t s m a ß r e g e l n , welchen von der waadtländischen kantonalen Inspektion ihr V i e h unterworfen wird. Diese Behörde verlangt nach Maßgabe von Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 8. Februar 1872 betreffend polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen (Amtliche Sammlung X, 1029) einen Gesundheitsschein für jedes Stück Vieh, das auf waadtländischem Gebiete gesommert wird.

Kraft eines Dekrets vorn 6. April 1883 wird übrigens für das nach Frankreich geführte schweizerische Weidevieh die gleiche Formalität verlangt.

In Anbetracht dieser Umstände haben wir den fraglichen Rekurs abgewiesen.

Je. Auch in diesem Jahre hatte sich das Departement des Auswärtigen mit verschiedenen G r e n z v e r l e t z u n g s f ä l l e n zu beschäftigen, von denen wir folgende hervorheben wollen: 1. Einern gewissen Christian S t a m m von Sehleitheim (Schaffhausen) war es gelungen aus dem Gefängnis zu Bonndorf (Großherzogtum Baden), wo er wegen Diebstahls verhaftet war, zu entweichen und seine Wohnung in der Schweiz wieder zu erreichen.

Er wurde jedoch von einem badisohen Beamten verfolgt, mit Hülfe eines Ortspolizisten auf schweizerischem Gebiete verhaftet und ins Großherzogtum zurückgebracht. Sobald das Departement des Auswärtigen diese Grenzverletzung erfuhr, beauftragte es unsere Gesandtschaft iu Berlin, die Rückgabe des Delinquenten an die Behörden von Schaffhausen und die Bestrafung des schuldigen Beamten zu verlangen. Da jedoch laut Mitteilung unserer Gesandtschaft die badisehen Behörden, ohne unsere Beschwerde abzuwarten, den Gefangenen an die Grenze zurückgesandt und dem fehlbaren Beamten einen Verweis erteilt hatten, betrachteten wir diese Angelegenheit als erledigt.

127 2. Wir haben Ihnen in unserrn letzten Geschäftsbericht von den Grenzverletzungen gesprochen, deren sich um 21. Juli 1892 auf der Alp P a d i o n in Graubünden und am 5. August 1892 in der Nähe von Ar/o im Kanton Tessin italienische Zollbeamte schuldiggemacht haben (Bundesbl. 1893, II, 631). Die beiderseits eingeleiteten abermaligen Untersuchungen haben neuerdings zu den früheren einander widersprechenden Ergebnissen geführt. Wir haben deshalb, immerhin unter Behauptung unseres Standpunktes, darauf verzichtet, diese beiden Angelegenheiten weiter zu verfolgen und uns darauf beschränkt, der italienischen Regierung mitzuteilen, daß die Resultate der von ihren Behörden angeordneten Untersuchungen uns nicht befriedigen können.

3. Am 14. August teilte uns die Regierung von Graubündeu mit, daß österreichische Zollwächter auf der Alp P a r t nun 107 Stücke Vieh und 4 Pferde, welche Einwohnern der graubündnerischen Gemeinde St. Antönien gehörten, mit Beschlag belegt und ins Montaf'un, also auf österreichisches Gebiet, geführt hätten; das Vieh sei zurückgegeben, aber die Pferde seien zurückbehalten worden und sollten versteigert werden. Eine fernere, von der graubündnerischeu Regierung angeordnete und durch den kantonalen Polizeidirektor an Ort und Stelle vorgenommene Untersuchung bestätigte die Richtigkeit dieser Thatsachen. Wir haben unsere Gesandlschaft in Wien sofort beauftragt, gegen die Wegnahme des Viehes Einspruch zu erheben und die Ruckgabe der Pferde zu verlangen.

Zur Unterstützung unserer Reklamationen führten wir folgendes an : aa. Die österreichischen Zollwächter, wenigstens einer von ihnen, haben sich allem Anscheine nach reiner Grenzverletzung schuldig gemacht, um das schweizerische Vieh über die Grenze zu treiben.

bb. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, so ist unbestritten , daß weidendes Vieh stets und seit langen Jahren von beiden Seiten her die Grenze überschritten hat, ohne daß die Grenzgemëinden deswegen Klage erhoben oder daran gedacht hätten, das fremde Vieh mit Beschlag zu belegen, weder schweizerischernoch österreichischerseits ; es steht übrigens fest, daß an dem fraglichen Tage vierhundert österreichische Schafe auf der Alp Partnun, also auf schweizerischem Gebiete, weideten.

cc. Was die vier von den österreichischen Zollbeamten zurückbehaltenen Pferde betrifft,
so können sie nicht, wie behauptet wird, zum Schmuggel gedient haben. Nach den durch die Untersuchung, festgestellten Angaben waren sie an den Hinterfüßen nicht beschlagen, weideten mit den übrigen Tieren, und eines davon trug: eine Schelle.

128 Wie uns neuerdings mitgeteilt wird, sind diese Pferde trotz der Einsprache unserer Gesandtschaft von der österreichischen Finanzverwaltung verkauft worden.

Wir gewärtigen noch den Bericht der k. und k. Regierung über die Ergebnisse der österreichischen Untersuchung in dieser Angelegenheit, die um so bedauerlicher ist, als die beiden Grenzgemeinden von jeher die besten nachbarlichen Beziehungen unterhielten. Auch haben die Vorsteher der österreichischen Alp Tilisuna, wo das Vieh konfisziert wurde, diesen Vorfall lebhaft bedauert und ihren Partnunern Nachbarn erklärt, daß sie an dem Vorgehen der österreichischen Zollwächter keine Schuld tragen.

Wir werden auf eine befriedigende Erledigung dieser Angelegenheit dringen, derselben unsere ganze Aufmerksamkeit widmen und in unserin nächsten Geschäftsbericht darauf zurückkommen.

4. Einige Einwohnern der büodnerischen Gemeinde C a s t a s e g n a gehörende Stücke Kleinvieh, welche auf ihrem Weidgang in der Nähe von Villa di Chiavenna auf italienisches Gebiet gekommen waren, wurden von italienischen Zollwächtern mit Beschlag belegt und von der Finanzverwaltung versteigert, ohne daß ihre Eigentümer dieselben hätten zurückfordern können. Wir sind wegen dieser Angelegenheit bei der italienischen Regierung vorstellig geworden, und haben verlangt, daß in Zukunft solches Vieh, welches sich über die Grenze hinaus verlaufe, ohne Zollspesen und Buße auf Begehren den Eigentümern zurückgegeben werde. Wir hoffen, daß die italienischen Grenzwächter Weisung in diesem Sinne erhalten werden, damit der Wiederholung von Vorfällen vorgebeugt werde, die Repressalien von seilen unserer Grenzbevölkerung hervorrufen und so das gute Einvernehmen zwischen beiden Ländern beeinträchtigen könnten.

5. Ein fernerer G r e n z v o r f a l l , der sich am 24. August in der Nähe von S t a b i o ereignete, hat beinahe gleichzeitig ße-_ schwerden von unserer Seite sowohl als von Seiten der italienischen Regierung veranlaßt. Ein italienischer Finanzoffizier wurde von einem tessinischen Wächter auf Schweizergebiet in dem Augenblicke verhaftet, als er einen, wie es scheint, aus Versehen losgegangenen Schuß abgefeuert hatte. Die italienische Darstellung dieses Vorfalls weicht völlig von derjenigen ab, die sich aus der vom Tessiner Staatsrate angeordneten Untersuchung ergiebt, deren Resultat der italienischen Regierung mitgeteilt worden ist.

l. Grenzsteinsetzungen und Grenzbereinigungen.

Ì. Die in Paris am 10. Juni 1891 unterzeichnete Übereinkunft betreffend die B e r e i n i g u n g der s c h w e i z e r i s c h - f r a n z ö s i s c h e n

129 Grenze zwischen dem Mont Dolent und dem Genfers e e ist vom Nalionalrat am 25. und vom Ständerat am 26. gleichen Monats genehmigt worden.

Von der französischen Abgeordnetenkammer ist die Genehmigung erst am 5. März 1892 erteilt worden.

Der französische Senat hat die Angelegenheit an eine Kommission gewiesen, deren Berichterstatter, die Herren Chaumontel und Chardon, nacheinander binnen einem Zeiträume von wenigen Monaten verstorben sind. Der neue Berichterstatter, Herr Foresi, Senator von Savoyen, ist erst im Dezember 1893 bezeichnet worden. Wenn auch diese rasch aufeinander folgenden Todesfälle gewissermaßen die Verzögerung der Prüfung der Übereinkunft durch den Senat8 erklären, so ist doch nicht zu leugnen, daß diese Körperschaft, trotz wiederholten Schritten von selten des französischen Ministeriums des Äußern, die Regelung dieser Frage in einer fast unbegreiflichen Weise verschleppt. Bekanntlich haben die beiden Regierungen nach eingehenden Beratungen erkannt, daß über den Verlauf der Grenze keinerlei wesentliche Meinungsverschiedenheit bestehe; sie haben sich darauf beschränkt, zwei Weideflächen von etwa drei oder vier Hektaren auszutauschen und mit Rücksicht auf das Alter und die Mannigfaltigkeit der diesbezüglichen Urkunden eine Neusetzung der Grenzsteine anzuordnen.

Die Parlamente der verschiedenen Länder stehen zu einander in keinen unmittelbaren Beziehungen ; während wir das Entgegenkommen der französischen Regierung in dieser Angelegenheit nur zu rühmen haben, können wir die Ansicht nicht unterdrücken, daß die Kommission des Senats, indem sie dieselbe volle zwei Jahre lang verschleppt, einigermaßen die der Bundesversammlung schuldige Kücksicht außer Acht läßt.

Die beiden Regierungen haben inzwischen die Vorbereitungsarbeiten, wie Aufnahmen, Karten, Feststellung der Plätze für die Marchsteiue, eifrig gefördert, so daß nach dem Austausch der Ratifikationen in kürzester Frist das Protokoll unterzeichnet und genehmigt werden kann, welches in der im Jahre 1891 getroffenen Übereinkunft vorgesehen ist.

2. Eine große Anzahl Bauten erheben sich gegenwärtig auf der Grenze zwischen dem Kanton Thurgau und dem Gebiete der Stadt Konstanz. Da diese Verhältnisse ernsthafte Übelstände hervorrufen könnten, so haben wir e i n e E r k l ä r u n g mit der bad i s c h e n R e g i e r u n g ausgewechselt,
wonach inskünftig die in der Nähe der Grenze zu errichtenden Grebäulichkeiten in allen ihren Teilen mindestens zwei Meter von der Landesgrenze entfernt Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. II.

9

130

sein müssen. Der Wortlaut dieser Erklärung wird in der Amtlichen Sammlung veröffentlicht werden.

3. Die W i e d e r h e r s t e l l u n g e i n e s G r e n z s t e i n s an der schweizerisch-italienischen Grenze auf dem Pizzo Lughina (Graubünden) ist in der üblichen Weise vorgenommen worden.

4. Die Protokolle über die im Oktober 1892 erfolgte Ersetzung der Grenzsteine an der s c h w e i z e r i s c h - d e u t s c h e n G r e n z e zwischen dem Kanton Baselland und Elsaß-Lothr i n g e n sind im Laufe des Monats März ausgetauscht worden (siehe den Geschäftsbericht für das Jahr 1892, Bundesbl. 1893, II, 633).

« 5. Auf die Beschwerde eines Privaten betreffend einen Eingriff in sein Eigentum von Seiten der Konzessionäre der Schmalspurbahn Veyrier-Collonge sous Salève, bei Genf, ersuchte uns der Genfer Staatsrat, gemeinsam mit der französischen Regierung eine Untersuchung der schweizerisch-französischen Grenze an der Straße von V e y r i e r n a c h B o s s e y vornehmen zu lassen. Wir gewärtigen den Bericht des schweizerischen und des französischen Kommissär» über diese Angelegenheit.

II. Vertretung der Schweiz im Anstände.

a. Infolge des Postulats der Bundesversammlung vom 18. Dezember 1884: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen, ob es sich empfehle, über das ganze Gesandtschafts- und Konsulatswesen der Schweiz den Räten eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten" und des von Ihnen in Ihrer Sitzung vom Juni 1886 auf den Antrag des Herrn Nationalrat Comtesse beschlossenen Postulats : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen, ob es für Handel und Industrie nicht förderlich wäre, in gewissen Ländern Berufskonsulate zu errichten, welche über unsere Handelsinteressen zu wachen, alle die Entwicklung unserer Ausfuhr interessierenden Vorgänge zu kontrollieren und daherige Erkundigungen einzuziehen, sowie das Resultat derselben zusammenzustellen hätten", hat die Frage der Vertretung der Schweiz im Auslande für die politische Abteilung unseres Departements des Auswärtigen den Gegenstand eingehender Studien gebildet, deren Ergebnis wir in unserer Botschaft rom 19. Mai vorigen Jahres (Bundesbl. 1893,,

131 HI, 69) zusammengefaßt haben. Der dieser Botschaft angefügte Beschlussesentwurf befindet sich seit dem letzten Frühling auf Ihrer Traktandenliste. Wir hoffen, die eidgenössischen Räte werden sich in ihrer nächsten Märzsession mit dieser Angelegenheit beschäftigen können, damit der Voranschlag der politischen Abteilung für das Jahr 1895 auf Grundlage der gefaßten Entscheidungen aufgestellt werden kann.

b. Wir haben beschlossen, dem Nationalrate zu beantragen, die am 13. Dezember vorigen Jahres von den Herren Nationalrat Sonderegger (Appenzell I.-ßh.) und Genossen eingebrachte Motion nicht erheblich zu erklären. Dieselbe lautet: ^Der Bundesrat ist eingeladen, anläßlich der bevorstehenden Vakanz des schweizerischen Gesandtschaftspostens in Nordamerika die Frage zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht der Bundesbeschluß betreffend die Vertretung der Schweiz in Washington (vom 28. Januar 1882) wieder aufzuheben sei.

,,Gleichzeitig wird der Wunsch ausgesprochen, der Bundesrat möchte, kraft der ihm nach Art. 102, Ziffer 8, der Bundesverfassung in Bezug auf die Vertretung der Schweiz; im Auslande zustehenden Befugnisse, in Erwägung ziehen, ob der Gesandtschaftsposten in Buenos Aires nicht wieder in ein Generalkonsulat umgestaltet werden sollte."

Wir haben den Vorsteher des Departements des Auswärtigen beauftragt, im Nationalrate die für die Beibehaltung dieser beiden Posten sprechenden Gründe zu entwickeln, und diesem Rate zur Kenntnis gebracht, wir mußten uns für den Fall, daß die Verhandlung nicht mehr in der Dezembersession stattfinden könnte, volle Handlungsfreiheit vorbehalten, u m , sofern es nötig werden sollte, für die Ersetzung des gegenwärtigen Inhabers des Gesandtschaftspostens in Washington zu sorgen, noch ehe die Motion Sonderegger vom Rate behandelt worden wäre.

c. Dem ständerätlichen Postulate vom 18. Dezember 1893 entsprechend untersucht unser Departement des Auswärtigen die Frage der von den Kanzleien unserer Gesandtschaften und Berufs konsulate erhobenen Gebühren.

W i r werden nicht ermangeln, Ihnen baldthunlichst hierüber einen Bericht vorzulegen.

d. A n d e r l e t z t e n i n d e r a r g e n t i n i s c h e n R e p u b l i k ausgebrochenen Revolution haben eine gewisse Anzahl Schweizer thätigen Anteil genommen. Die Presse unseres Landes hat sich daher mit den damit in Verbindung stehenden Ereignissen in eingehender Weise befaßt ; die meisten der in den Zeitungen erzählten

132

Begebenheiten waren jedoch entweder völlig aus der Luft gegriffen oder stark übertrieben und entstellt. Man hat dem Ministerresidenten und Generalkonsul der Eidgenossenschaft in Buenos Aires vorgeworfen, daß er beim Ausbruch der Revolution nicht auf seinem Posten war, und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen sind sogar im Schöße des Nationalrates zur Sprache gekommen, als die in Frage stehenden Thatsachen nur unvollständig bekannt sein konnten.

Wir müssen zunächst konstatieren, daß Herr Rodé sich in reglementarischem Urlaub befand und daß er bei seiner Abreise von Buenos Aires die nachher ausgebrochenen Unruhen in keiner Weise voraussehen konnte; es ergiebt sich dies aus einem eingehenden, kurz vorher von der Gesandtschaft eingesandten Berichte über" den allgemeinen Zustand des Landes, seine Hülfsquellen und seine wirtschaftlichen Beziehungen. Nach einem beinahe zweijährigen Aufenthalte in Buenos Aires kam nämlich Herr Rodé mit Schreiben vom 21. Februar beim Bundesrate um einen mehrmonatlichen Urlaub ein, den er in Europa zubringen wollte. Herr Rodé fügte bei, er werde seinen Posten nur verlassen, wenn die politische Lage der Staaten, bei denen er accreditiert sei, es gestatte. Wir gewährten unterm 23. März den auf den Beginn des Monats Mai nachgesuchten Urlaub. Indessen reiste Herr Rodé erst anfangs Juni von Buenos Aires ab, als Argentinien in einem Zustand völliger Ruhe zu sein schien ; so dachte man wenigstens allgemein, was sich schon daraus ergiebt, daß die Vertreter von Frankreich, Italien, Deutschland, ÖsterreichUngarn und der Vereinigten Staaten von Amerika damals ebenfalls das Land verließen. Die Revolution brach in den letzten Tagen des Monats September unvermutet aus infolge der Abdankung des Regierungskommissärs (,,Interventor a ) der Provinz Santa Fé. Die Radikalen erhoben sich gegen die Provinzialregierung, und eine gewisse Anzahl schweizerischer Kolonisten, namentlich aber Söhne von solchen, die, weil im Lande geboren, als Argentinier gelten, machten mit den Aufständischen gemeinsame Sache. Nach einem blutigen Kampfe wurden diese letzteren besiegt, aber sie hatten ihren Rückzug gesichert, und die Regierungstruppen machten nur wenig Gefangene. Von einem einzigen noch zu besprechenden Falle abgesehen, ist keiner von den mit den Waffen in der Hand gefangen genommenen Schweizern
hingerichtet worden; sie wurden, wie die Argentinier, mit dem Tode bedroht, aber es verblieb dabei, und man beschränkte sich darauf, die Gefangenen zu mißhandeln. Ebensowenig ist irgend ein Schweizer oder ein in Argentinien geborener Sohn eines Schweizers von den Banden der Natioualgarden und regulären Truppen, die zur Beschlagnahme von Waffen nach der Unterwerfung der Radikalen die Provinz durchstreiften, umgebracht

133 worden. Gewiß sind diejenigen Kolonisten, die im Verdachte standen, an der Revolution teilgenommen zu haben, vielfachen Plackereien ausgesetzt gewesen; aber zwischen diesen und den von den Zeitungen gemeldeten Akten von Grausamkeit ist denn doch ein gewaltiger Unterschied.

Alle uns aus Argentinien seit Unterdrückung der Revolution eingelangten Berichte bestätigen die Richtigkeit dieser Angaben.

Wir müssen dabei jedoch auf einen Punkt zurückkommen. Unter den Aufständischen in der Provinz Santa Fé befinden sich höchstens zwanzig bis dreißig Schweizer, die den Schutz unseres Vertreters in Buenos Aires in Anspruch nehmen könnexi; die anderen, welche, wie gesagt, auf argentinischem Boden geboren sind, werden nach den Gesetzen des Landes als Einheimische betrachtet, und das Völkerrecht, gestattet mit Bezug auf diese Personen keine auswärtige Einmischung.

Wir dürfen auch hervorheben, daß die schweizerischen Interessen während der Abwesenheit des Herrn Rodé von Herrn Geschäftsträger Choffat gewahrt wurden, und daß alles aufgeboten wurde, um denjenigen unserer Staatsangehörigen, die ein Recht darauf haben können, die Zahlung angemessener Entschädigungen zu sichern.

Wenn sich auch Herr Rodé auf seinem Posten befunden hätte, so wäre doch während der Unruhen jede Einmischung¥von seiner Seite unmöglich oder erfolglos gewesen. Der Mittelpunkt der Provinz Santa Fé liegt nämlich mehr als 400 Kilometer in gerader Linie nordwestlich von Buenos Aires. Die widersprechendsten Nachrichten gelangten in die Hauptstadt; die Centralregierung selbst war über die Ereignisse wenig oder schlecht unterrichtet und hatte ihre gewöhnlichen Aktionsmittel iu der Pro vinzial Verwaltung verloren. Der Post- und Telegraphenverkehr war abgeschnitten und wurde erst anfangs Oktober, nach Beendigung der Revolution, wieder hergestellt.

Um diese Zeit und sofort nach der Ankunft der ersten Nachrichten, welche die Teilnahme ausländischer Kolonisten an der revolutionären Bewegung meldeten, luden wir Herrn Rodé ein, sich auf seinen Posten zurückzubegeben. Dies geschah auch, indem er am 5. November das erste direkt nach Buenos Aires abfahrende Schiff benützte.

Seit seiner Rückkehr hat Herr Rodé uns eingehende Berichte zugesandt, welchen zufolge nichts versäumt worden ist, um unsere Landsleute in Argentinien zu schützen, und die erwähnte
Ermordung des Herrn J.' J. Sturzenegger von Herisau das einzige Verbrechen ist, das mit den revolutionären Unruhen im Zusammenhange steht. Wenn die begleitenden Umstände dasselbe auch nicht ent-

134 schuldigen können, so weisen sie doch darauf hin, daß Sturzenegger hauptsächlich das Opfer seiner eigenen Unvorsichtigkeit geworden ist.

Der für seinen Viehhandel die Ansiedelungen der Provinz Santa Fé bereisende Sturzenegger hatte den unglücklichen Einfall, einen Eisenbahnzug zu besteigen, der von bewaffneten Aufständischen besetzt war. Dieser mit zwei Lokomotiven bespannte Zug fuhr auf die Stadt Rosario zu, welche man noch in den Händen der Radikalen glaubte. Als die Aufständischen in die Nähe von Pedro Araya gekommen waren, lösten sie aus Vorsicht eine der Lokomotiven ab und schickten sie zur Rekognoszierung voraus. Sturzenegger bestieg aus unaufgeklärten Gründen -- denn er gehörte nicht zu den Aufständischen -- diese erste Lokomotive und stellte sich mit dem Anführer des Zuges, einem Deutschen, Namens Meltzer, neben dem Lokomotivführer auf. Sie bemerkten bald, daß der Bahnhof in den Händen des Feindes sei, und fuhren rückwärts, indem sie fortwährend mit den Regierungstruppen Schüsse wechselten. Ein lebhaftes Feuer wurde in demjenigen Augenblicke eröffnet, als die Lokomotive wieder den Zug erreichte, aber fast alle Aufständischen, die sich in den Wagen befanden, konnten unter dem Schutze der Dunkelheit entfliehen. Nur sechs Mann wurden gefangen genommen und mißhandelt, und zwei von ihnen, Sturzenegger und Meltzer, welche gegen die Mißhandlungen Einsprache erhoben, wurden getötet und ihre Leichen geplündert. Unsere Gesandtschaft hat nicht ermangelt, sich wegen dieses Vorfalls bei der argentinischen Regierung zu beschweren.

Diese Aufschlüsse werden, so hoffen wir, die Erregung beschwichtigen, welche sich hei Eintreffen der seither richtig gestellten falschen Nachrichten gewisser Kreise unserer Bevölkerung bemächtigt hatte ; dieselben bestätigten auch die von uns im Dezember abgegebenen Erklärungen und führen die Zwischenfälle, auf die man im Interesse unserer im Ausland lebenden Landsleute nicht allzu großes Gewicht legen dürfte, auf ihr richtiges Maß zurück.

e. lui Personal unserer Vertretung im Auslande haben im Laufe des Jahres 1893 folgende Veränderungen stattgefunden : A. Gesandtschaften.

Berlin. Herr Anton S u te r, Dr. jur., von Krummenau, zweiter Gesandtschaftssekretär, hat uns im Laufe des Monats Januar seine Entlassung eingereicht, und wir haben dieselbe unter Verdankung der
geleisteten Dienste angenommen. Er ist auf den gleichen Zeitpunkt hin durch Herrn Gesandtschaftsattache Cölestin H o r n s t e i n von Fontenais s./Villars ersetzt worden.

135

Paris. Anfangs Februar ist Herr Gustav B o i s s i e r zum zweiten Sekretär dieser Gesandtschaft ernannt worden.

Wien. Wir haben auf Ende September zu unserm Bedauern die Entlassung des Herrn Minister A e p l i , der seit zehn Jahren der Gesandtschaft in Wien vorgestanden und während dieser Zeit dem Vaterlande ausgezeichnete Dienste geleistet hat, annehmen müssen. Er hat sich namentlich durch seine Thätigkeit und seine Ausdauer in der Rheindurchstichangelegenheit, auf die er, glücklicherweise mit Erfolg, so viel Mühe verwendete, sehr verdient gemacht. Zu seinem Nachfolger ist der Gesandte in Washington, Herr Alfred de C l a p a r e d e , Dr. jur., berufen worden, der seinen Posten gleich nach Beendigung des Schiedsgerichtsverfahrens zwischen den Vereinigten Staaten und Chile antreten wird.

Rom. Im Monat April ist der nach Washington versetzte Herr Dr. V o g e l als Gesandtschaftsattache durch Herrn Walter von B o n s t e t t e n ersetzt worden, welch letzterer im November die diplomatische Laufbahn verlassen hat.

Washington. Herr V o g e l ist als Gesandtschaftsattache eingetreten an Stelle des auf Ende 1892 an das Departement berufenen Herrn Dr. jur. Georg.

London. Herr Heinrich L an sei, Dr. jur., von Sent (Graubünden) hat auf Ende Juni die durch die Versetzung des Herrn von B o n s t e t t e n nach Rom frei gewordene Stelle eines Attachés angetreten.

B. Konsulate.

a. Im Laufe des Jahres 1893 ist kein Konsulat aufgehoben worden; andererseits ist aber auch kein neues geschaffen worden, trotz der zahlreichen, in diesem Sinne an uns gerichteten Gesuche.

1. Die Gesuche um Errichtung von Konsulaten an folgenden Orten sind abgewiesen worden : M a l a g a , F e r r a r a , G l a s g o w , H e l s i n g f o r s (Finnland), Provinz M o z a m b i q u e , B a r l e t t a , S h e f f i e l d , P o r t o M a u r i z i o , T u n i s , S a n t i a g o (Chile), A l i c a n t e , B a r i , S e a t t l e (Staat Washington), C a r d i f f , San L u i s O b i s p o (Kalifornien), Fu n e h a l (Madeira), O p o r t o und Nürnberg.

2. Der Prüfung unterliegen noch: A t h e n , R e t a l h u l e n (Guatemala) und Rio de J a n e i r o (Vizekonsulat).

136 b. Veränderungen im Bestand unseres Konsularpersonals.

BaMa. Am 21. April ist Herr Emil M e i s t e r von Dachsen (Zürich) zum Konsul berufen worden an Stelle des Herrn Eduard S c h l ä p f e r , dessen Entlassungsgesuch wir unter Verdankung der geleisteten guten Dienste angenommen haben.

Christiania. Herr Johannes L u n d e aus Norwegen ist zum schweizerischen Konsul in Christiania ernannt worden an Stelle des Herrn Thomas Se w e l l , dessen Entlassung wir unter Verdankung der geleisteten Dienste entsprochen haben.

Galveston (Texas). Herr Ulrich M ü l l e r von Winterthur ist zum schweizerischen Konsul ernannt worden für den im Monat Mai verstorbenen Herrn R o s e n b e r g . Wir wollen diesen Anlaß nicht vorübergehen lassen, ohne der Hingebung und des Patriotismus des Herrn Rosenberg, der während vierundzwanzig Jahren sein Amt verwaltet hat, in ehrender Weise zu gedenken.

Wir sowohl als unsere Gesandtschaft in Washington und alle Schweizer, die sich an das Konsulat gewendet haben, sind im Falle gewesen, seine ausgezeichneten Dienste zu würdigen.

Lyon. Herr Gerhard von W a t t e n w y l von Habstetten (Bern) ist an Stelle des zurückgetretenen Herrn Z ü r c h e r zum schweizerischen Vizekonsul in Lyon ernannt worden.

Mendoza (argentinische Republik). Wir haben unterm 5. Mai Herrn Emil G a l l e t t i von Origlio (Tessin) zum Vizekonsul ernannt, nachdem derselbe seit dem im September 1892 erfolgten Tode des bisherigen Inhabers das Vizekonsulat provisorisch verwaltet hatte.

Rotterdam. Dieses Konsulat ist in ein Generalkonsulat umgewandelt worden. Wir haben dadurch unserm Landsmann, Herrn K o c h , der Dankbarkeit des Bundesrales ftlr die ausgezeichneten Dienste, die er während beinahe eines halben Jahrhunderts in seiner Eigenschaft als Konsul in Rotterdam geleistet hat, Ausdruck geben wollen.

o. Die Zahl unserer Konsularbezirke beträgt, wie im letzten Jahre, 98, von denen 9 unmittelbar durch die verschiedenen Gesandtschaften und einer, derjenige von Sidney, durch einen auswärtigen Konsularagenten verwaltet werden. Fünf Bezirke sind ohne Vertreter. Wir haben im ganzen 123 Konsularposten, nämlich:

13 76 10 23

Generalkonsulate, Konsulate, unabhängige Vizekonsulate, Vizekonsulate, die von einem Konsulate abhängig oder einem solchen beigegeben sind, l Konsularagentur.

d. Konsularentschädigungen.

Siebenundvierzig Generalkonsulate, Konsulate und sulate haben folgende Entschädigungen erhalten: \.

2.

3 4.

5 6 7.

8 9.

10.

11.

Generalkonsulate.

Buenos- Aires (gleichzeitig Gesandtschaft) .

London (gleichzeitig Gesandtschaft) .

Yokohama Rio de Janeiro S t Petersburg .

. . . .

Brüssel .

.

.

Bukarest . .

Neapel Madrid Lissabon Valparaiso

Vizekon-

Fr. 48,000. -- 36,500.; -- ·n 10,000.' -- 9,000. -- 6,000 -- T) 6,000. -- 2,500. -- 2500. -- ·n 1,500. -- 1,000. -- 1,000. --

Konsulate und Vizekonsulate.

Fr.

12. Havre 13. Paris 11 14. Rom T) 1 5 . New- York . . . .

n 16. Mailand 17. Berlin 18. Lyon -n 1 9 . Besançon . . . .

Yl 20. Nizza 11 21. Moskau 2 2 . Montevideo . . .

23. Melbourne 24. Sidney ' T) 2 5 . Traiguen . . . .

2 6 . Washington . . .

27. Wien 28. Marseille 2 9 . Stockholm . . . .

T)

10,000.

9,000.

7,000.

9,000.

4,500.

5,000.

45000.

3,000.

3,000.

3,000.

3,000.

3,000.

3,000.

3,000.

3,000.

2,250.

3,000.

2,500.

-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

138

30.

31.

32.

33.

34.

35.

36.

37.

38.

39.

40.

41.

42.

43.

44.

45.

46.

47.

Neu-Orléans Philadelphia Genua Odessa Warschau Algier Chicago Hamburg St. Louis Tiflis Cincinnati Amsterdam Antwerpen Bremen Livorno Riga Venedig fl Portland Unvorhergesehenes und Verschiedenes

. . Fr.

,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, . .

Total

,, ,,

2,000. -- 2,000. -- 2,000. -- 2,000. -- 2,000. -- 1,500. -- 1,500. -- 1,500. -- 1,500. -- 1,500. -- 1,500. -- 1,000. -- 1,000. -- 1,000. -- 1,000. -- 1,000. -- 1,000. -- 1,000. -- 2,464. 10

Fr. 232,714. 10

Ad Nr. i. Die dem Posten in Buenos-Aires zuerkannte Entschädigung hat für dieses Jahr um Fr. 1000 herabgesetzt werden können.

Ad Nr. Ì5. Die Vermehrung um Fr. 2000 rührt davon her, daß dem Herrn Konsulatskanzler Handrich für die wertvollen, seit vielen Jahren den schweizerischen Einwanderern bei ihrer Ankunft in New-York geleisteten Dienste eine erhöhte Entschädigung gewährt worden ist; um ihm seine Aufgabe zu erleichtern, haben wir ihm außerdem den Titel eines E i n w a n d e r u n g s k o m m i s s ä r s f ü r N e w - Y o r k zuerkannt.

Ad Nr. 27. Infolge der Vakanz des Ministerpostens hat die dem Sekretär entrichtete Besoldung für das IV. Vierteljahr aus dem Kredit III A 5, ,,Gesandtschaft in Wien1*, entnommen werden können.

Hierdurch wurde eine Ersparnis von Fr. 750 auf dem Kredit!!! A 8, ,,Beiträge an die schweizerischen Konsulate", erzielt.

f. Wie gewohnt, haben wir unsern Konsulaten unterm 29. März den Betrag der ihnen pro 1893 zuerkannten Entschädigung mitgeteilt. Mit Rücksicht auf die stete Vermehrung der auf diese Beiträge verwendeten Summen hat es das Departement des Auswärtigen für angezeigt erachtet, folgendes Kreisschreiben an die Konsulate zu richten :

139 flWir beehren uns, Sie zu benachrichtigen, daß der Bundesrat, auf den Antrag unseres Departements, in seiner Sitzung vom 27. dies den Betrag der Ihrem Konsulate für das laufende Jahr zuerkannten Entschädigung auf Fr festgesetzt hat.

.,,Diese Entschädigung ist gleich derjenigen, welche Ihr Konsulat letztes Jahr bezogen hat.

,,Bei diesem Anlasse wurde die Aufmerksamkeit des Bundesrates auf die stete Vermehrung der für unsere konsularische Vertretung erforderlichen Summe gelenkt: die Entschädigungen, welche nur d u r c h a u s a u s n a h m s w e i s e gewährt werden sollten, scheinen immer mehr zur Regel werden zu wollen, und erreichen Ziffern, welche den Charakter unseres Konsularsystems zu beeinträchtigen drohen.

,,Unsere Konsuln haben bis jetzt ihr Amt als ein reines Ehrenamt betrachtet und dasselbe in diesem Sinne nachgesucht oder angenommen, mit der Aussicht, daß ihnen eine solche wesentlich patriotische Aufgabe Opfer auferlegen werde; es muß so bleiben, so lange als der Gesetzgeber nicht unserer konsularischen Vertretung einen andern Charakter giebt.

^Wir werden binnen kurzem im Falle sein, der Bundesversammlung auf ihren dringenden Wunsch hin eine Botschaft betreffend unsere Vertretung im Auslande vorzulegen; bei diesem Anlasse werden die unsern Konsulaten ausgerichteten Entschädigungen einer Prüfung unterworfen werden, und in Zukunft werden sie wahrscheinlich von der Bundesversammlung selbst bestimmt werden.

,,Unter diesen Umständen ersuchen wir Sie, uns mitteilen zu wollen, ob und inwieweit es Ihnen möglich wäre, in eine Herabsetzung der Ihrem Konsulate ausgerichteten Entschädigung zu willigeu. Eventuell wünschen wir die Gründe zu erfahren, die Sie in die Notwendigkeit versetzen, die fernere Auszahlung des Beitrages zu verlangen, welcher Ihrem Konsulate gegenwärtig zukommt.

,,Indem wir Ihrer Rückäußerung entgegensehen, versichern wir Sie etc."In allen Antworten auf dieses Kreisschreiben wird der Nachweis zu leisten versucht, daß eine Herabsetzung der bewilligten Entschädigungen unmöglich sei.

g. Auf ein Gesuch der deutschen Regierung hin haben wir unsern Vizekonsul in Montreal, Herrn Sandreuter, ermächtigt, provisorisch das deutsche Konsulat in dieser Stadt zu verwalten.

140

III. Auswärtige Gesandtschaften und Konsulate in der Schweiz.

A. Gesandtschaften.

a. Am 7. März hat Herr Hannibal V i l l e g a s sein Beglaubigungsschreiben als Ministerresident von P e r u überreicht.

b. Herr W. C. C h r i s t o p h e r s e n hat am 24. März sein Beglaubigungsschreiben als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister von S c h w e d e n und N o r w e g e n in Spécialmission überreicht.

c. Herr August M a t t e hat unterm 18. Mai sein Beglaubigungsschreiben als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister C h i l e s vorgelegt. .

d. Am 26. Januar hat Herr Person C. C h e n e y das Abberufungsschreiben für Herrn John D. W a s h b u r n und zugleich das Schreiben überreicht, mittelst dessen er vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika beim Bundesrate als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister accreditiert wurde.

Herr Cheney ist in der nämlichen Eigenschaft durch Herrn J. 0. B r o a d h e a d ersetzt worden, der sein Beglaubigungsschreiben am 5. Juli überreicht hat.

B. Konsulate.

Wir haben folgenden ausländischen KoDSularbeamten das Exequatur erteilt: Deutschland. Am 20. Januar dem Herrn K i l i a n i als Vizekonsul in Basel.

Frankreich. Am 3. Februar dem Herrn P e l l e t als Generalkonsul in Genf.

Spanien. Am 10. Februar dem Herrn S p a h l i n g e r als Vizekonsul in Genf.

Spanien. Am 10. Februar dem Herrn J. M o r p h y als Konsul in Bern.

Vereinigte Staaten von Amerika. Am 28. Februar dem Herrn F. L e u . als Deputy-Konsul in Borgen.

Großbritannien. Am 7. März dem Herrn Lewis P a l c k als Konsularagenten hi Luzern (dieser Posten ist neu geschaffen worden).

141

Österreich-Ungarn. Am 10. März dem Herrn J. S a l z man n ü ä n i k e r als Honorarkonsul in St. Gallen.

Italien. Am 16. März dem Herrn Alb. Vis c h e r als Konsul in Basel.

Belgien. Am 23. März dem Herrn Karl G er s t er als Konsul in Bern (neu geschaffener Posten).

Vereinigte Staaten von Brasilien. Am 7. April dem Herrn Jose M. de M o r a e s B a r r e s als Vizekonsul in Genf.

Vereinigte Staaten von Amerika. Am 4. August dem Herrn J. B.

R i e h m a n n als Generalkonsul in St. Gallen.

Vereinigte Staaten von Amerika. Am 8. August dem Herrn ß. H.

R i d g e l y als Konsul in Genf.

Vereinigte Staaten von Amerika. Am 1. September dem Herrn E G e r m a i n als Konsul in Zürich.

Deutschland. Am S.September dem Herrn K. von S e i d e r n als Konsul in Basel.

Deutschland. Am 12. September dem Herrn Dr. H. Kl ose als Konsul in Zürich.

Deutschland. Am 12. September dem Herrn J. B l a n k a r t als Vizekonsul in Lugano.

Vereinigte Staaten von Amerika. Am 15. September dem Herrn W. F. K e m m l er als Konsul in Borgen.

DänemarJc. Am 13. Oktober dem Herrn Jakob R u t t y als Vizekonsul in Genf (neu geschaffener Posten).

Belgien. Am 17. Oktober dem Herrb J. G i g n o u x als Vizekonsul in Genf (neugeschaffener Posten).

Dänemark. Am 24. Oktober dem Herrn A. P e t e r s en als Vizekonsul in Zürich (neu geschaffener Posten).

Bolivia. Am 24. Oktober dem Herrn L. M a q u e l i n (früherer Vizekonsul) als Konsul in Nyon.

Frankreich. Am 7. November dem Herrn A. L e q u e u x als Generalkonsul in Zürich.

Vereinigte Staaten von Amerika. Am 25. November dem Herrn Wrn. C u e n o d als Konsularagent in Vivis.

Brasilien. Am 11. Dezember dem Herrn J. F e r r a z R e g o als Generalkonsul in Genf.

142

IT. Schweizerische Hülfsgesellschaften im Auslande.

Die Beiträge der Eidgenossenschaft und der Kantone sind unter 139 wohlthätige Vereine oder Anstalten (134 im Jahre 1892) verteilt worden nach Maßgabe der Tabelle, die wir mit Kreisschreiben vom 19. Dezember allen eidgenössischen Ständen mitgeteilt haben (Bundesbl. 1893, V, 808). 124 von diesen sind ausschließlich schweizerische Gesellschaften, die zusammen ein Vermögen von Fr. 1,841,022. 61 besitzen. Ihre Ausgaben zu wohlthätigen Zwecken belaufen sich auf Fr. 485,336. 44.

Für genauere Angaben verweisen wir auf das erwähnte Kreisschreiben.

Der Bundesbeitrag war der gleiche wie im Jahre 1892, nämlich Fr. 23,000 ; derjenige der Kantone belief sich auf Fr. 24,820 (Fr. 24,720 im Jahre 1892), dank einer Erhöhung des Beitrages von seiten des Kantons Wallis um Fr. 100.

T. Verschiedene Geschäfte.

a. Trotz verschiedener Kreisschreiben des Departements des Auswärtigen werden unsere Gesandtschaften und Konsulate, sowie auch die schweizerischen Hülfsgesellschaften im Auslande, seit mehreren Jahren von zahlreichen, mit falschen Ausweispapieren versehenen Individuen ausgebeutet.

Da nach unserer Ansicht die gegenwärtige Verschiedenheit der von unsern Gesandtschaften und Konsulaten ausgestellten Ausweispapiere diese Mißbräuche'in hohem Maße begünstigt, haben wir auf den Antrag der politischen Abteilung beschlossen, eia e i n h e i t l i c h e s P a ß f o r m u l a r für unsere Gesandtschaften und Konsulate e i n z u f ü h r e n . Die gewünschte Zahl von Exemplaren ist ihnen neulich zugesandt worden mit der Weisung, vom 1. April 1894 an ausschließlich die neuen Formulare zu verwenden.

b-. Ein A u s l ä n d e r , der in der Schweiz ein Universitätszeugnis erlangt hatte, beklagte sich bei den Bundesbehörden darüber, daß ein schweizerischer Konsul sich geweigert habe, eine Bescheinigung über die ihm durch dieses Zeugnis eingeräumten Rechte auszustellen. Wir haben das Verhalten unseres Beamten gebilligt, da unsere Kousularagenten keine Befugnis haben, Ausländern irgend welche amtlichen Zeugnisse auszustellen.

c. Anläßlich eines vor unserm K o n s u l a r g e r i c h t s h o f in Y o k o h a m a behandelten P r o z e s s e s hat die unterlegene Partei

143 gegen das ausgefällte Urteil an den B u n d e s rat rekurriert. Bei diesem Anlaß ist die Frage aufgeworfen worden, ob der Bundesrat die zur Entscheidung derartiger Rekurse zuständige Behörde sei oder ob der Konsulargerichtshof nicht vielmehr auf die gleiche Stufe gestellt werden sollte wie ein kantonales Gericht letzter Instanz, dessen Entscheidungen in den Fällen, wo das Gesetz einen Rekurs vorsieht, nur ans B u n d e s g e r i c h t weitergezogen werden können.

Das Departement des Auswärtigen gewärtigt hierüber das Gutachten* des Justiz- und Polizeidepartements. Wenn hieraus ein Kompetenzkonflikt entstehen sollte, so stünde die Entscheidung darüber der Bundesversammlung zu.

d. Wir erinnern die nach R u ß l a n d reisenden Landsleute daran, daß ein Ausländer dort nur sechs Monate ohne Aufenthaltsbewilligung verweilen darf; nach Ablauf dieser Zeit muß er sich einen für ein Jahr gültigen Erlaubnisschein verschaffen. Hat er sich schon früher in Rußland aufgehalten und kehrt er dorthin zurück, so muß er sich gleich nach seiner Ankunft mit einem solchen ihm an Stelle des Passes ausgefolgten Erlaubnisschein versehen.

e. Auf Gesuch der r u m ä n i s c h e n R e g i e r u n g und unterZusicherung der Gegenseitigkeit ihrerseits haben wir verfügt, daß unsere Gesandtschafts- und Konsularkanzleien Pässe rumänischer Unterthanen unentgeltlich zu visieren haben.

f. Infolge einer Beschwerde, laut welcher ein schweizerischer Arzt in Sentier (Waadt) die an Patienten in den anstoßenden französischen Grenzgemeinden verabfolgten Arzneimittel verzollen müsse, ist unsere Gesandtschaft in Paris beauftragt worden, bei der französischen Regierung Schritte zu thun, um auf Grund der s c h w e i z e r i s c h - f r a n z ö s i s c h e n Ü b e r e i n k u n f t vom Jahre 1889 über die Ausübung der ärztlichen Praxis in der Grenzzone (Amtl.

Samml. neue Folge XI, 180) zollfreie Einfuhr zu erlangen.

Diese Bemühungen hatten zur Folge, daß in Zukunft die von schweizerischen Ärzten den in Frankreich bis auf 10 km. von der Grenze entfernt wohnenden Patienten verschriebenen Arzneien, unter Zusicherung der Gegenseitigkeit, zollfrei eingeführt werden können.

g. Das schweizerische Post- und Eisenbahndepartement steht in Unterhandlung mit den schweizerischen Eisenbahngesellschaften, damit die durch unsere Gesandtschaften oder
Konsulate heimgeschafften mittellosen Schweizer an den Grenzbahnhöfen gegen bloße Vorweisung einer Empfehlung von Seiten der betreffenden Gesandtschaften oder Konsulate die zur Heimreise nötigen Billets unentgeltlich erhalten. Dabei würde periodisch eine Abrechnung stattfinden. Die Eisenbahngesellschaften haben sich grundsätzlich

144

mit diesem Antrage einverstanden erklärt, unter der Bedingung,
Wir hoffen, diese Frage werde bald eine befriedigende Lösung finden.

h. Auch in diesem Jahre mußte sich die politische Abteilung mit der Auslegung des Art. 12 der B u n d e s v e r f a s s u n g betreffend von auswärtigen Regierungen erteilte A u s z e i c h n u n g e n befassen. Wie bisher hat sie das in unserm Geschäftsbericht für das Jahr 1889 (Bundesbl. 1890, II, 403) vorgezeichnete Verfahren zu ihrer Richtschnur genommen.

i. Der XI. i n t e r n a t i o n a l e m e d i z i n i s c h e K o n g r e ß , der sich im verflossenen Monat September in Rom versammeln sollte, ist auf den Monat März 1894 verschoben worden wegen der im letzten Herbste in gesundheitlicher Hinsicht gehegten Befürchtungen. Die Schweiz wird dabei offiziell durch Herrn Dr.

Schmid, Direktor des eidgenössischen Gesundheitsamtes, und die Herren Oberst Dr. Albrecht uod Oberstlieutenant Dr. Haffter vertreten sein.

Je. Wir haben die Herren Professoren F. M e i l i und E. R o g u i u an die im H a a g zusammengetretene K o n f e r e n z zur Regelung verschiedener Fragen aus dem Gebiete des i n t e r n a t i o n a l e n P r i v a t r e c h t s abgeordnet. Diese Konferenz hat vom 12. bis zum 27. September getagt und verschiedene, in einem Schlußprotokoll vereinigte Beschlüsse gefaßt. Auf Grundlage derselben hat die niederländische Regierung eioen Entwurf zu einem Programm für eine fernere Konferenz vorbereitet, die ihrem Antrage gemäß im Monat Juni 1894 im Haag stattfinden soll.

l. In der S c h i e d s g e r i c h t - A n g e l e g e n h e i t z w i s c h e n F r a n k r e i c h und V e n e z u e l a , betreffend die Beschwerden des französischen Bürgers F a b i a n i (siehe unsern Geschäftsbericht für das Jahr 1892, Bundesbl. 1893, II, 646), hat die französische Regierung ihre Klage binnen nützlicher Frist eingereicht; sie ist
in einem von Herrn Fabiani abgefaßten Schriftstück enthalten und der beklagten Partei in drei Ausfertigungen zugestellt worden.

Diese letztere hat Einspruch erhoben und an den Schiedsrichter das Begehren gestellt, die Denkschrift Fabianis sei nicht als die Klage der französischen Regierung aufzufassen, und zwar, wie

145 sie hervorhebt, wegen der darin enthaltenen für die venezuelische Regierung beleidigenden Anschuldigungen. Nach Einsicht der Akten hat der Schiedsrichter am 17. Oktober den Parteien seinen Entscheid mitgeteilt, wonach die venezuelische Regierung mit ihrem Antrage, daß die von der französischen Regierung eingereichte Klage als nicht gehörig eingebracht erklärt werde, abgewiesen wird ; denn diese Regierung habe dadurch, daß sie die von Herrn Fabiani verfaßte Klageschrift der eidgenössischen Regierung zustellte, dieselbe zu der ihrigen gemacht. Immerhin hat der Schiedsrichter die Unterdrückung der beanstandeten Stellen verfügt. Hierauf ist der Regierung von Venezuela eine vom 17. Oktober 1893 an laufende fünfmonatliche Frist zur Einreichung ihrer Verteidigung über die Hauptfrage eingeräumt worden.

m. Der zwischen England und den Vereinigten Staaten von Amerika einerseits und Portugal andrerseits schwebende Prozeß betreffend d i e E i s e n b a h n v o n L o u r e n ç o - M a r q u è s (Delagoa-Bai) geht seinen regelrechten Gang (Bundesbl. 1892, II, 807.

und 1893, II, 646).

Die Regierungen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika haben im verflossenen Monat November dem Schiedsgerichte eine Replik auf die von Portugal eingereichte Verteidigungsschrift übermittelt.

n. In einer unterm 23. Juli 1892 zwischen F r a n k r e i c h und C h i l e abgeschlossenen Vereinbarung hatten sich die Regierungen dieser beiden Länder dahin geeinigt, die Verteilung der auf der Bank von England deponierten, von der A u s b e u t u n g e i n i g e r p e r u a n i s c h e r G u a n o l a g e r d u r c h C h i l e herrührenden B e träge unter Mie auf die betreffenden Guanolager ein Pfandrecht besitzenden Gläubiger von Peru dem Schiedsrichterspruch des schweizerischen Bundesgerichtes oder seines Präsidenten zu unterstellen.

Die beiden vorerwähnten Regierungen haben im verflossenen Monat Juni an das eidgenössische Departement des Auswärtigen das Gesuch gerichtet, der Bundesrat möchte das Bundesgericht, beziehungsweise dessen Präsidenten, ermächtigen, das erwähnte Schiedsrichteramt anzunehmen.

Die peruanische Regierung bestreitet die Befugnis Frankreichs und Chiles, diese Frage ohne ihre Mitwirkung zu lösen.

Um den Regierungen Frankreichs und Chiles antworten zu können, haben wir diese Angelegenheit auf Grund der insbesondere von den drei beteiligten Regierungen vorgelegten Dokumente und Bundesblatt.

46. Jahrg. Bd. II.

10

146

beigebrachten Erkundigungen einer eingehenden Prüfung unterworfen, die sehr bald beendigt sein dürfte. Wir werden Ihnen von dem Fortgange dieser Angelegenheit Mitteilung machen.

o. Anläßlich des im Jahre 1892 im Hafen von Valparaiso vorgekommenen Zwischenfalles, betreffend das amerikanische Kriegsschiff ,,Baltimore11, haben die V e r e i n i g t e n S t a a t e n von A m e r i k a und die Republik C h i l e zu S a n t i a g o am 7. August 1892 eine Ü b e r e i n k u n f t abgeschlossen, wonach eine Reihe von Reklamationen beiderseitiger Staatsangehöriger durch ein S c h i e d s g e r i c h t zu erledigen ist. In der fraglichen Übereinkunft war die Wahl je eines Schiedsrichters durch die beiden beteiligten Regierungen vorgesehen ; für den Fall, daß die beiden Schiedsrichter binnen drei Monaten nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden über die Wahl eines dritten Schiedsrichters nicht einig würden, so sollte der schweizerische Bundespräsident um deren Vornahme ersucht werden. Das so gebildete Schiedsgericht sollte binnen sechs Monaten nach dem Austausch der Ratifikationen zusammentreten.

Da keine Einigung hinsichtlich der Wahl des dritten Schiedsrichters möglich war, so haben die Vertreter Chiles und der Vereinigten Staaten in Bern unterm 6. Juli vorigen Jahres das in Art. l der Übereinkunft von Santiago vorgesehene Gesuch an uns gerichtet.

Beide Regierungen empfahlen dem Herrn Bundespräsidenten die Wahl des Herrn Dr. jur. de Claparède, schweizerischen Ministers i« Washington, und bemerkten dabei, diese Wahl würde sowohl in Washington als in Santiago genehm sein.

Unter diesen Umständen glaubten wir die Bedenken, die wir anfänglich hegten, unsern Vertreter bei einem der am Prozesse beteiligten Staaten zum dritten Schiedsrichter zu ernennen, beiseite setzen zu dürfen, und Herr de Claparède wurde vom Herrn Bundespräsidenten als drittes Mitglied des Schiedsgerichtes bezeichnet. Der Gerichtshof versammelte sich in Washington am 9. Oktober 1893 vor Ablauf des festgesetzten Termins. Laut Art. 8 des Vertrages von Santiago muß er seine Arbeiten innerhalb 6 Monaten, von seinem ersten Zusammentritt an gerechnet, beendet haben.

VI. Bürgerrechtsbewilligungen.

a. Unsere politische Abteilung hatte sich im Laufe des Jahres 1893 mit 1149 Gesuchen um Ermächtigung zur Einbürgerung (1007 im Jahre 1892) zu befassen, von denen 301 in die Vorjahre zurückreichten.

147 Von diesen 1149 Gesuchen sind 775 genehmigt worden (645 im Jahre 1892); 29 konnten nicht gewährt werden (37 im Jahre 1892); 15 wurden von den Bewerbern, bevor ein Entscheid getroffen worden war, zurückgezogen ; 330 waren am 31. Dezember noch nicht erledigt.

1149 Wie in den frühern Jahren, so hat auch im Jahre 1893 Deutschland mehr als die Hälfte der Bewerber um das Schweizerbürgerreeht geliefert.

Von 1149 Gesuchen des Geschäftsjahres 1893 stammten 669 von Deutschen her; 260 Bewerber waren Franzosen, 100 Italiener, 63 Österreicher, 24 Russen, 6 Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, 4 Belgier, 3 Engländer, 3 Ungarn, 3 Liechtensteiner, 2 Spanier, l Portugiese, l Däne, l Grieche. In 9 Fällen konnte die Staatsangehörigkeit nicht festgestellt werden.

Von diesen Bewerbern waren: 167 minderjährig.

262 ledig (die minderjährigen nicht Inbegriffen).

573 verheiratet.

103 verwitwet.

10 geschieden.

In 34 Fällen konnte der Civilstand nicht festgestellt werden.

1149 Die 1149 Gesuche umfaßten 1622 Kinder, 982 Knaben und 640 Mädchen, so daß also die Gesamtzahl der Bürgerrechtsbewerber auf 3344 steigt, nämlich 1149 Gesuchsteller.

573 Frauen der Gesuchsteller.

1622 Kinder.

3344 Die im Jahre 1893 ausgestellten 775 Bewilligungen verteilen sich auf: 462 Deutsehe, 194 Franzosen, 62 Italiener, 36 Österreicher, 11 Russen, 3 Belgier, 2 Engländer, 2 Ungarn, l Grieche, l Liechtensteiner, l Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika.

Sie erstreckten sich auf 1282 Kinder, 770 Knaben und 512 Mädchen und auf 451 verheiratete Frauen.

148

Die Gesamtzahl der Personen, auf die sich die im Jahre 1893 erteilten Bewilligungen beziehen," hat somit 2508 betragen, nämlich : 775 Gesuchsteller.

451 Frauen der verheirateten Gesuchsteller.

1282 Kinder.

2508 (2140 im Jahre 1892).

Die den Personen, welche die Bewilligung zur Bürgerrechtserwerbung erhalten haben, ausgestellten Domizilzeugnisse verteilen sich auf die Kantone wie folgt: Genf 223, Baselstadt 158, Zürich 114, St. Gallen 43, Neuenburg 40, Waadt 31, Bern 29, Schaffhausen 27, Tessin 19, Thurgau 17, Aargau 16, Luzern 11, Graubünden 10, Wallis 10, Baselland 7, Freiburg 6, Appenzell A.-Rh. 5, Uri 3, Solothurn 3, Glarus 2, Zug 1. Die Behörden von Schwyz, Obwalden, Nidwaiden und Appenzell I.-Rh. haben keine Domizilzeugnisse ausgestellt.

b. Unter den 775 bewilligten Gesuchen befinden sich 20 solche, die den W i e d e r e r w e r b der S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t zu gunsten von Witwen betreffen, welche, ursprünglich Schweizerinnen, durch Heirat Ausländerinnen geworden waren.

Die nationalrätliche Kommission zur Prüfung des bundesrätlichen Geschäftsberichts für das Jahr 1891 hat die Hoffnung ausgesprochen, der Bundesrat werde den Antrag stellen, es möchte ihm die Ermächtigung erteilt werden, in diesen Fällen je nach Umständen die Bezahlung der im Gesetze vorgesehenen Kanzleigebühr von fünfunddreißig Franken (Bundesbl. 1892, III, 223) ganz oder teilweise zu erlassen. Diese Frage wird gegenwärtig geprüft; aber der von der vorerwähnten Kommission geäußerte Wunsch bedingt eine Revision des Bundesgesetzes vom 10. Juni 1879 (Amtliche Sammlung neue Folge IV, 335), und es ist uns noch nicht möglich gewesen, unsere Anträge vorzulegen.

c. Gestützt auf die von den Kantonen eingegangenen Berichte sind wir im Falle, folgende statistische Angaben über die Einbürgerungen in den Kantonen im Jahre 1893 zu veröffentlichen :

Kantone

Zürich . . . .

Bern Luzern Uri Schwyz .

Obwalden Nidwaiden Glarus Zug Frei bürg . . . .

Solothnrn . . .

Baselstadt . .

Baselland Schaffhausen Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Eh St. Gallen .

.

Graubünden .

Aargau . . .

Thurtrau Tessin Waadt Wallis Neuenburff .

Genf .

.

. . .

. .

. .

. . .

. .

. . .

. .

. . .

80 23 5 0 1 0 0 0 4 16 2 117 6 22 6 0 29 4 19 12 20 32 3 9 137

Datum der bundesrätlichen Bewilligung

Gebühren.

de Kantone

1891 1892 1893 Maximum

Minimum

8 2 0

2811 0

44 10 5

200 500 Einheitliche aeblihr: 500 40 600

0

1

0

Einheitliche ( iebühr: 400

0 0 0 5 0 0 0

3 0 2 39 5 1 3

1 16 0 73 1 21 3

2 0 0 0 7 0 0 0 4

15 0 11 5 3 14 0 0 66

12 4 8 7 10 18 3 9 67

300 800 400 800 800 400 300 500

300 600 100 300 200 200 75 400

20 300 Einheitliche C ebiihri 600 750 lOUO 100 250 200 600 200 1000 600 600 200 50 25 1000

-.· .

der Gemeinden Maximum

Minimum

100 360 500

800 1650 1000 12 X)

Unentgeltliche Einbürgerungen G O 1

W

« 13

.S 'S

1

Ü5

0 0 0

1

0

0

0 0 0 77 0 0 0

1200 1100 2000 1500 800 1100 600 800

1200 800 200 300 200 500 300 600

0 0 0 108 0 0 0

2400 800 1500 1000 600 1600 1800 950

700 500 200 50 200 200 550 150

0 0 0 0 0 0 0 0 4

0

1

1

1 1

0 0 0 0 0 4

Abgewiesene Ein- li bllrgerungsgesuche

Anzahl der Einbürgerungen

Einbürgerungen in den Kantonen im Jahre 1893.

?

? i

9 ?

?

?

?

?

?

?

?

?

3 9 9 ?

?

?

9

è ·?

9 ?

?

?

150 d. Unsere politische Abteilung hat sich mit 76 Einbürgerungsfällen von allgemeiner Tragweite beschäftigt. Wir beschränken uns darauf, zwei derselben hervorzuheben, die im Bundesblatte zur Veröffentlichung gelangt sind.

Der erste bezog sich auf die Bestimmungen des Art. 7, Ziffer 5, des niederländischen Gesetzes vom 12. November 1892 über die niederländische Staatsangehörigkeit und über die Ursachen, die ihren Verlust bedingen (Bundesbl. 1893, III, 353).

Der zweite betraf ein neulich erlassenes französisches Gesetz über die Bekanntmachung von Bevogtungen oder gerichtlichen Vormundschaftsbestellungen. Wir glaubten die kantonalen Behörden auf dieses Gesetz aufmerksam machen zu sollen, welches ihnen gestattet, sich zu versichern, ob die Franzosen, die sich in der Schweiz einbürgern wollen, im Vollbesitz ihrer bürgerlichen Rechte sind oder nicht; dieses Gesetz verfügt nämlich, daß von jedem Urteil oder Beschluß, durch den eine Bevogtung oder gerichtliche Vormundschaftsbestellung ausgesprochen wird, ein summarischer Auszug durch den Sachwalter, der diesen Entscheid veranlaßt hat, der Gerichtskanzlei des Geburtsortes des Bevormundeten übermittelt werden soll (Bundesbl. 1893, III, ,352).

VII. Optionen.

a. Es sind uns während des Jahres 1893 122 Optionserklärungen zugekommen (95 im Jahre 1892) und 108 vorläufige Optionsanmeldungen für die Schweiz (95 im Jahre 1892). Für die französische Staatsangehörigkeit haben wir eine einzige Optionserklärung erhalten.

b. In unserm letzten Geschäftsbericht (Bundesbl. 1893, II, 654) haben wir Ihre Aufmerksamkeit auf die Auslegung gelenkt, die von der französischen Jurisprudenz dem durch das Gesetz vom 26. Juni 1889 abgeänderten Artikel 8, § 3, des französischen Civilgesetzbuches gegeben wird, und wonach jedes in Frankreich geborene Kind eines Ausländers, der selbst dort geboren ist, als Franzose^ betrachtet wird. Einem Beschlüsse des französischen Kassationshofes vom 7. Dezember 1891 zufolge sollte sich der Ausdruck ,,eines Ausländers" ebensowohl auf die Mutter als auf den Vater des in Frankreich geborenen Kindes beziehen, und dieses wäre somit in beiden Fällen und unwiderruflich Franzose geworden, ohne Optionsmöglichkeit.

Die mit der französischen Regierung zu dem Zwecke angeknüpften Unterhandlungen, um, soweit dies unsere Staatsangehörigen

151 betrifft, eine Änderung dieser Sachlage zu erwirken, hat nicht den von uns mit Recht erwarteten Erfolg gehabt. Am 22. Juli 1893 haben die französischen Kammern einen Gesetzesentwurf angenommen, der unsern Begehren nur in sehr unvollständigem Maße gerecht wird ; er sieht von jeder Aufenthalts- oder Wohnsitzbedingung ab und erklärt unwiderruflich jeden iu Frankreich geborenen Sohn eines schweizerischen V a t e r s , der selbst in diesem Lande geboren ist, als französischen Staatsangehörigen.

Wir müssen hier hervorheben, wie sehr diese Bestimmung des französischen Gesetzes, die eine große Zahl unserer Landsleute in ihren unmittelbarsten Interessen trifft, rnit dem allgemein anerkannten Grundsatz über diese Materie im Widerspruch steht. Sie hat in der Schweiz einen unangenehmen Eindruck gemacht, hauptsächlich wegen der Konflikte, die sie notwendigerweise hervorrufen muß; denn unsere Landsleute verlieren durch ihre erzwungene Einbürgerung in Frankreich ihr Schweizerbürgerrecht nicht.

Das Gesetz vom 22. Juli 1893 ändert deu genannten Artikel 8, § 3, des Civilgesetzbuches in folgender Weise ab: ,,Franzose ist . . . . 3. Jedes in Frankreich geborene Kind ausländischer Eltern, von denen der eine Teil selbst dort geboren ist; doch hat dasselbe, wenn seine M u t t e r in Frankreich geboren ist, das Recht, im ersten Jahre, nachdem es volljährig geworden ist, die französische Staatsangehörigkeit abzulehnen. a Diese Ahlehnungsbefugnis wird den Personen, auf die sich § 3 bezieht, während eines Jahres, von der Bekanntmachung dieses Gesetzes (22. Juli 1893) an gerechnet, eingeräumt, wenn sie in diesem Zeitpunkte schon volljährig waren.

Wir haben den Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Juli und denjenigen, die sich auf die iu Frankreich und im Auslande bei der Ablehnung der französischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Förmlichkeiten beziehen, möglichst große Verbreitung sowohl in der Schweiz als im Auslande zu verschaffen gesucht.

In der Schweiz verlangte man, daß der Deklarant sich p e r s ö n l i c h bei dem zuständigen französischen diplomatischen oder Konsular-Agenten einfinde. In zahlreichen Fällen drohte diese Forderung, welche Reisen, Zeitverluste und Auslagen nötig machte, die Optionsmöglichkeit illusorisch zu machen. Wir haben bei der französischen Regierung vorstellig werden müssen und die Zusicherung erlangt, daß die Ablehnung, wie in Frankreich, auch durch besondere, eigenhändige Vollmacht geschehen kann. Dabei sind folgende Aktenstücke vorzulegen :

152

1. Geburtsschein des Optanten.

2. Die Geburtsscheine seiner Eltern und deren Eheschein. Wenn der Eheschein die Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Geburtsort der Eheleute genau angiebt, ist die Vorlage ihrer Geburtsscheine nicht notwendig.

3. Heimatschein des Optanten oder eine gleichwertige amtliche Erklärung, wonach derselbe als schweizerischer Staatsangehöriger anerkannt wird.

4. Bescheinigung darüber, daß der Deklarant seiner Militärpflicht in der Schweiz nachgekommen ist.

"ö*-

VIII. Yerzicht auf das schweizerische Bürgerrecht.

Unser Departement hat sich im Jahre 1893 mit 10 Fällen von Verzicht auf das schweizerische Bürgerrecht befassen müssen.

In der Mehraahl dieser Fälle handelte es sich darum, den Vertretern der Nachbarländer Auskunft über die Verhältnisse derjenigen Schweizerbürger zu geben, die ein ausländisches Bürgerrecht erwerben wollten (siehe übrigens in dieser Hinsicht unsern letzten Geschäftsbericht, Bundesbl. 1893, II, 655).

H, Abteilung.

Handelsabteilung.

I. Handelsverträge und Zollverhältnisse des Auslandes.

1. Unsere Handelsverträge haben sich im Berichtsjahre nur durch einen Meistbegünstigungsvertrag mit Rumänien vermehrt. Derselbe wurde am 3. März 1893 durch Vermittlung unseres Generalkonsuls in Bucharest, Herrn Staub, abgeschlossen und am 13. Mai gleichen Jahres in Kraft gesetzt (siehe unsere Botschaft vom 10. März 1893).

Die in diesem Vertrage stipulierte Meistbegünstigung hat durch einen am I.Januar 1894 in Kraft getretenen, umfassenden rumänischen Tarifvertrag mit Deutschland praktischen Wert erlangt, indem darin für die Einfuhr in Rumänien mehrere Zollermäßigungen vereinbart sind, welche auch für uns einiges Interesse haben, z. ß. solche für Lack und Firnis, Treibriemen, elastische Gewebe, Wollwaren, Tricotwaren, Hanfsehläuehe, Stein-, Farben- und Öldruckbilder, Werkzeuge, Instrumente, Apparate und Maschinen aus Holz, Eisenwaren etc.

153 Schweden und Norwegen. Wie im letztjährigen Berichte kurz angedeutet wurde, ist uns gegen Ende 1892 vom schwedischnorwegischen Ministerium des Äußern die Geneigtheit ausgesprochen worden, die gegenseitigen Beziehungen durch einen Handels- und Niederlassungsvertrag mit jedem der beiden skandinavischen Länder zu regeln. Den unmittelbaren Anlaß hierzu bot der Notenaustausch, welcher infolge der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über die Patenttaxen der Handelsreisenden zum Zwecke der Regelung der bezüglichen Verhältnisse erforderlich war. Wir ergriffen diese Gelegenheit gerne, um mit Schweden und Norwegen endlich in engere kommerzielle Beziehungen zu treten, nachdem frühere Versuche hierzu nicht zum Ziele geführt hatten.

Der schwedisch-norwegische Bevollmächtigte traf gegen das Frilhjahr in Bern ein.

Die Unterhandlungen wurden zunächst mit Norwegen begonnen und bis zum Jahresschluß im wesentlichen zu Ende geführt. Die Tariffragen erwiesen sich als von ziemlich schwieriger Natur, so daß man genöligt war, sich auf den Austausch von Konzessionen für einige wenige Specialartikel zu beschränken. Die Unterzeichnung des Vertrages ist am 22. März 1894 erfolgt.

Was Schweden betrifft, so haben bis jetzt nur Besprechungen allgemeiner Natur statlgefuuden. Die Zölle dieses Landes werden zur Zeit noch ausschließlich nach dem teilweise sehr hohen Generaltarif erhoben. Als sehr lästig für die Anknüpfung und Unterhaltung von Handelsbeziehungen mit Schweden werden auch die hohen Patenttaxen für Handelsreisende (100 Kronen per Monat) empfunden.

Bis jetzt ist noch keinem Lande eine Ermäßigung dieser Taxen eingeräumt worden. Auch hinsichtlich der Zölle hat sich Schweden seit dem Ablauf des frühern Tarifvertrages mit Frankreich (1. Februar 1892) seiner Autonomie nicht mehr begeben.

Norwegen hat hingegen ungefähr gleichzeitig mit uns einen Tarifvertrag mit Spanien abgeschlossen, in welchem Konzessionen für Südfrüchte und getrocknete Gemüse gegen solche für Fische und Fischprodukte, kondensierte Milch, Nägel, Holz und Holzstoff stipuliert sind. Von den Handelsreisenden werden in Norwegen keine Taxen erhoben.

Portugal. Der portugiesische Gesandte in Bern hat uns im Laufe des Berichtsjahres die Eröffnung gemacht, daß seine Regierung nun bereit sei, mit uns einen neuen Handelsvertrag zu vereinbaren.

Vom Schweizerischen
Handels- und Industrieverein ist die nötige Enquête über die hierbei geltend zu machenden schweizerischen Interessen vorgenommen worden. Wir hoffen, die Unterhandlungen im Jahr 1894 beginnen und zum Ziele führen zu können.

154 Einstweilen unterliegen portugiesische Erzeugnisse in der Schweiz, gleich den schweizerischen in Portugal, noch dem Genera l tarif. Bis jetzt hat Portugal erst mit Spanien einen neuen Handelsvertrag abgeschlossen ; dessen Begünstigungen werden aber als ausschließlich nachbarliche und daher auf andere Länder nicht anwendbare betrachtet. Spanien hat dieselben in seineu neuen Verträgen mit uns und anderen Staaten vorbehalten, und das Gleiche wird voraussichtlich auch von Portugal geschehen.

Griechenland. Vom griechischen Generalkonsul in Genf ist uns im Auftrage seiner Regierung ^er Wunsch geäußert worden, den bestehenden Meistbegünstigungsvertrag vom Jahre 1887 durch einige Tarifvereinbarungen zu ergänzen. Da der Wohlstand dieses Landes hauptsächlich von der Produktion und dem Export von Korinthen abhangt, verlangt die Regierung eine namhafte Reduktion unseres Zolles für dieselben und wäre dagegen geneigt, die hohen Zölle für einige unserer landwirtschaftlichen und industriellen Exportartikel herabzusetzen.

Der ursprüngliche schweizerische Eingangszoll für getrocknete Weintrauben ist im Handelsvertrag mit Spanien vom Jahr 1883 von Fr. 7 auf Fr. 3 per 100 kg. ermäßigt worden; dieser reduzierte Zoll wurde, so lange der genannte Vertrag bestand, d. h. bis zum 1. Februar 1892, mit kurzem Unterbrach auch auf Korinthen angewendet. Im Generaltarif von 1884 war inzwischen für ,,Weinbeeren und Rosinen11 ein Ansatz von Fr. 12, im 1887er Tarif für ,,Rosinen (Korinthen)" ein solcher von Fr. 25 und endlich im gegenwärtigen Generaltarif vom Jahr 1891 für ,,getrocknete Weintrauben, zur Weinbereitung dienlich" ein Zoll von Fr. 20 festgesetzt worden. Außerdem wurde vom Bundesrate durch Beschluß vom 23. September 1892 für Trockenbeeren zur Weinbereitung bei der Einfuhr eine Monopolgebühr von Fr. 4, 20 per 100 kg. beschlossen.

Der gegenwärtige Zollansatz von Fr. 20 entspricht bei einem Durchschnittswerte von Fr. 40 per 100 kg. Korinthen einem Wertzolle von 50 °/o. Wenn man annimmt, daß aus 100 kg. Korinthen 3 hl. Wein ordentlicher Qualität bereitet werden können, so macht der Korinthenzoll pro hl. des daraus gewonnenen Weines 62/s Fr.

oder 37 °/o des Wertes aus, der cirka Fr. 18 per hl. beträgt.

Frankreich erhebt von Korinthen Fr. 15 nach dem Minimaltarif, Deutschland und Italien haben nur Fr. 10 Zoll. In
ÖsterreichUngarn werden hingegen Fr. 30 erhoben.

Der Schweizerische Handels- und Industrieverein hat sich im Berichtsjahre zu gunsten des Vertragsprojektes ausgesprochen. Die Kantonsregierungen, bei welchen eine Enquête über die gegen-

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wärtige Produktion von Trockenbeerwein und über sonstige, in Betracht kommende Verhältnisse veranstaltet wurde, sprechen sich sehr verschieden aus. Bern, Neuenburg, Graubünden, Schaffhausen, Schwyz, Waadt, Wallis und Zürich sind gegen das Projekt, jedoch nicht sowohl aus Furcht vor der offenen Konkurrenz des Korinthenweins mit dem Landwein, als deswegen, weil das Kunstprodukt nicht als solches, sondern als Naturweiu in den Handel gebracht zu werden pflegt und so den Ruf des letzteren gefährdet.

St. Gallen äußert hauptsächlich Bedenken wegen der Most-(0bstwein-)Produktion. Uri, Obwaldeo, Nidwaiden nnd Luzern sprechen sich nicht-aus; die übrigen 12 Kantonsregierungen (Aargau, Appenzell A.-Rh., Appeiuell I.-Rh., Baselstadt, Baselland, Freiburg, Genf, Glarus, St. Gallen, Solothurn, Tessin und Thurgau) sind für eine Reduktion des Zolles. Die folgenden Ausführungen der Regierung von Baselstadt geben ungefähr die Anschauungsweise dieser Kantone wieder. Dieselbe bemerkt nämlich, der Korinthenwuin mache nicht dem inländischen, sondern vornehmlich den importierten italienischen und spanischen Weinen, die ihm in Qualität und Preis ähnlich sind, Konkurrenz. Die Qualität der einheimischen Landweine sei so ganz anders und der Preis so viel höher, daß von einer Konkurrenz des Korinthenweins nicht gesprochen werden könne; wohl aber bestehe eine Konkurrenz des italienischen, spanischen und rumänischen Weins, für welche der Zollansatz viel geringer ist. Der Genuß von Trockenbeerwein werde sich immer auf die ärmeren Volksklassen beschränken, und es sei zu bedauern, wenn der Konsum dieses gesunden Getränkes eingeschränkt werde.

Den Schaden habe der ärmere Arbeiter zu tragen und es sei ungerecht, daß der Zoll für Korinthen (inklusive Alkoholgebühr) 24Vz Fr., derjenige für feine Malagatrauben hingegen nur Fr. 3 betrage.

Freiburg, Tessiu und Thurgau bemerken ausdrücklich, daß eine mäßige Reduktion des Zolles ihrem Weinbau keinen Schaden verursachen könnte.

Wir haben bis jetzt noch keinen Entschluß darüber gefaßt, ob dieser Vertragsangelegenheit eine weitere Folge zu geben sei.

Wir fügen zur Orientierung nur noch bei, daß Griechenland Tarifverträge mit dem Deutschen Reich (1884) und Großbritannien (1890) abgeschlossen und für Korinthen vom ersteren Lande eine Reduktion von 30 auf 8 Mark per 100 kg., von letzterem
eine solche von 7 auf 2 Schillinge per Zentner erhalten hat.

In unserer Botschaft vom 11. Juni 1889 über die provisorische Handelskonvention mit Griechenland und die Motion Paschoud und Genossen wurde konstatiert, daß den Klagen unserer Wein-

156 produ/enten über die illoyale Konkurrenz von Korinthenwein unter dem Namen von Naturwein am besten durch ein eidgenössisches Gesetz über den Weinhandel abgeholfen werden könnte, welches übrigens dafür zu sorgen hätte, daß auch andere Kunstweine, welche dem Ruf der Natuvweine viel gefährlicher sind, unter ihrem wahren Namen in den Handel gelangen. Bin ähnliches Bedürfnis des Schutzes gegen illoyale Konkurrenz besteht für eine Reihe täglicher Genußmittel, wie z. B. Butter, deren künstliche Surrogate zum Teil ebenso wenig wie Korinthenwein als schädlich betrachtet und durch hohe Zölle ausgeschlossen werden können.

Wie Ihnen bekannt ist, sind Vorbereitungen für den Erlaß eines allgemeinen eidgenössischen Lebensmittelgesetzes im Gange, das selbstverständlich auch Vorschriften über den Weinhandel enthalten wird, so daß dem Wunsche der Weinbauinteressenten wohl in nicht zu ferner Zeit entsprochen sein wird.

Die teilweise schon in mehreren vorhergehenden Berichten erwähnten Vertragsprojekle betreffend Mexiko, Argentinien und andere südamerikanische Staaten, sowie Ägypten und Korea, konnten nicht wesentlich gefördert werden. Dringlichkeit liegt 'hier einstweilen nicht vor. Unsere Landesangehörigen und unsere Erzeugnisse werden in allen diesen Ländern de facto wie diejenigen der meistbegünstigten Nation behandelt. Wir werden indessen diese Vertragsangelegenheiten selbstverständlich nicht aus dem Auge verlieren.

Hemmend wirkt es, daß fast alle diese Länder in schwierigen und rasch wechselnden politischen und finanziellen Verhältnissen sind.

Ganz in den Hintergrund getreten sind. die gi-oßen Tarif- und Handelsvertragsprojekte Japans und der TUrkei, die uns während mehreren Jahren in erheblichem Maße beschäftigt haben. Die alten japanischen Verträge (Wertverzollung zu 5°/o), sowie das türkische Provisorium der Verzollung zu 8 °/o vom Werte bestehen nach ·wie vor, und wir haben keinen Grund, die Änderung dieser verhältnismäßig günstigen und voraussichtlich noch geraume Zeit dauernden Zustände herbeizuwünschen.

2. Die Sorge um die Ratifikation des bereits im Jahr 1892 abgeschlossenen Handelsvertrages mit Spanien durch die Cortes und um dessen endliche Inkraftsetzung hat uns im Berichtsjahre große Mühe verursacht. Sie hatten diesen Vertrag in Ihrer Dezembersession des genannten Jahres genehmigt. Ein
Ministerweehssel und die damit verbundene Auflösung der Cortes verhinderte die gleichzeitige Ratifizierung in Spanien. Man hoffte, dieselbe werde beim Zusammentritt des neuen Parlaments im Frühjahr 1893 erfolgen; abermalige Schwierigkeiten veranlaßten jedoch eine weitere Verschiebung bis zum Sommer. Da die Vertragsunterhandlungen mit den übrigen Staaten :

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Deutsehland, England, Frankreich etc., keine befriedigenden Fortschritte machten, zögerte die spanische Regierung auch dann wieder mit der Vorlage des Vertrages. Auf unsere erneuerten Vorstellungen hin erfolgte endlich die Behandlung in der Kammer, welche den Vertrag am 26. Juni 1893 genehmigte. Die Vornahme im Senate ließ hingegen weiter auf sich warten, auch nachdem die Kommission desselben sich bereits zu gunsten des Vertrages entschieden hatte; schließlich erschien es als sehr ungewiß, daß die Abstimmung in diesem Rate überhaupt noch vor dessen Vertagung erfolgen werde.

Wenn sie ausblieb, war die Inkraftsetzung des Vertrages abermals auf eine lange Periode in Frage gestellt. Wir boten deshalb alles auf, um der spanischen Regierung den Ernst der Lage auseinander zu setzen und ihr begreiflich zu machen, daß es uns bei aller Rücksichtnahme auf die schwierigen Verhältnisse nich, möglich wäre, auf das Ungewisse hin ein Provisorium fortzusetzen welches in mancher Hinsicht demjenigen glich, das unserem Zollkrieg mit Frankreich vorangegangen war. Wir wiesen darauf hin, wie unser Export nach Spanien durch den teilweise prohibiliv wirkenden Minimaltarif gehemmt, der spanische Export nach der Schweiz hingegen durch den Mitgenuß unseres Vertragstarifs und die Ausnützung unseres Zollkrieges mit Frankreich außerordentlich begünstigt werde. Unser Weinimport aus Spanien hatte gegen Mitte des Jahres in der That schon nahezu die Gesamteinfuhr des Vorjahres (166,500 Hektoliter im Werte von nahezu 6 Millionen Pranken) erreicht.

Wir bewirkten endlich die Beratung und Genehmigung durch den Senat unmittelbar vor dessen Vertagung, indem wir uns bereit erklärten, mit dem Austausch der Ratifikationen und der Inkraftsetzung des Vertrages bis zum August zuzuwarten. Die spanische Regierung hoffte bis dahin eine Verständigung mit den übrigen Staaten erzielen zu können. Aber auch nach Ablauf dieser Frist sahen wir uns in unserer Erwartung getäuscht. Wir wurden neuerdings um eine Verlängerung, und zwar bis Neujahr ersucht. Wir hätten in dieses Verfahren nicht einwilligen können, wenn sich nicht die spanische Regierung bereit erklärt hätte, den 'Austausch der Ratifikationen sofort vorzunehmen und in Form eines Protokolls die Tollziehung des Vertrages vollverbindlich auf den 1. Januar 1894 festzusetzen. Diese ist nun thatsächlich
erfolgt, und zwar gleichzeitig mit derjenigen der spanischen Verträge mit Portugal, Holland, Schweden und Norwegen.

Hinsichtlich der übrigen Vertragsverhältnisse Spaniens herrscht zur Zeit der Drucklegung dieses Berichtes (Ende März) noch Ungewißheit. Mit Frankreich ist ein provisorisches Arrangement für die Dauer de« Jahres 1894 nach dem Grundsätze der Meistbegün-

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stigung zu Stande gekommen. Mit England wurde schon am 18. Juli 1893 ein ähnliches Provisorium mit Gültigkeit bis zum 1. Juli 1894 vereinbart. Mit Deutschland hat die spanische Regierung am 8. August 1893 einen Handelsvertrag mit /ahlreichen, und auch für uns teilweise wertvollen Tarifkonzessionen, worunter solche für Maschinen, bedruckte Baumwollgewebe und Wirkwaren, abgeschlossen ; dessen Genehmigung durch die Cortes ist aber infolge der politischen Ereignisse, welche den Zusammentritt des Parlaments verzögerten, ebenfalls wiederholt verschoben und das Provisorium der Meistbegünstigung letztmalig bis zum 15. Mai 1894 verlängert worden.

Die mit Italien und Österreich-Ungarn abgeschlossenen Tarifverträge, die für uns wenig Bedeutung haben, harren ebenfalls noch ihrer Genehmigung.

Wie in Italien, sind leider auch in Spanien die Valutaverhältnisse derart, daß sie den Absatz nach diesem Lande und die Ausnutzung der Vorteile der neuen Verträge wesentlich erschweren.

3. Als unvermeidliche Folge der Ablehnung unserer im Sommer 1892 mit der französischen Regierung getroffenen Zollvereinbarungen durch die französische Deputiertenkammer trat am Beginn des Berichtsjahres der zollpolilische Bruch mit Frankreich ein. Der lähmende Einfluß des neuen französischen Minimaltarifs auf unseren Handel und auf unsere Industrie hatte uns genötigt, unsere Generalzölle für französische Erzeugnisse teilweise zu erhöhen und so die gegenseitigen Importbedingungen einigermaßen auszugleichen. Frankreich belegte hierauf unsere Erzeugnisse mit den Ansätzen des Maximaltarifs. Über unsere Maßregeln haben wir Ihnen durch unsere Botschaften vom 13. März und 2. Juni 1893 Bericht erstattet.

Die Wirkungen des Zollkrieges gelangen zum Teil bereits in den Gesamtzifiern unserer Warenbewegung zum Ausdruck. Unsere A u s f u h r nach Prankreich betrug nämlich nach der schweizerischen Statistik im Jahr 124 Millionen Franken 1890 Alter Vertragstarii 1891 125 ,, 1892 (Neuer Minimaltarif seit 1. Februar] 103 ,, 1893 (Maximaltarif seit 1. Januar) .

75 ,, Unsere Ausfuhr nach Frankreich hat sich also gegenüber dem Jahr 1890, welches noch als ein normales zu betrachten ist, um 49 Millionen Franken vermindert.

Unsere E i n f u h r aus Frankreich betrug hingegen im Jahr 226 Millionen Franken 1890 Alter Vertragstarif 1891 214 ,, 1892 Meistbegünstigung seit 1. Februar 179 ,,

159 Die Einfuhr aus Frankreich im Jahr 1893, die jedenfalls infolge Anwendung der Differentialzölle ganz erheblich unter derjenigen von 1892 steht, war zur Zeit der Drucklegung des Berichtes nach unserer Statistik noch nicht festgestellt. Nach der französischen Statistik hat sie 93 Millionen Franken weniger betragen als im Jahr 1890, nämlich 150 Millionen Franken im Jahr 1893, gegenüber 243 Millionen im Jahr 1890. Die mitgeteilten Zahlen können selbstverständlich nicht als der genaue Ausdruck der Wirkungen des Tarifkrieges betrachtet werden. In denjenigen pro 1892 und 1893 spielt u. a. die Ausscheidung von bloßen Kommissions-, beziehungsweise Transitwaren, infolge genauerer statistischer Ermittlung der Herkunfts- und der Bestimmungsländer, eine bedeutende Rolle.

Der Anteil des Zollkrieges an der Abnahme des Verkehrs ist aber jedenfalls ein bedeutender, und es muß angenommen werden, daß sieh dieser letztere noch weiter vermindern werde. Die Abnahme des Warenaustausches zwischen Frankreich und Italien erreichte z. B. erst mehrere Jahre nach dem Ausbruehe des Zollkrieges unter diesen beiden Ländern (1. März 1888) ihren tiefsten Punkt. Die italienische Ausfuhr nach Frankreich sank von 308 Millionen im Jahr 1887 auf 122 Millionen im Jahr 1890. Frankreich exportierte unmittelbar vor Ausbruch des Tarifkrieges, im Jahr 1887, noch für 192 Millionen Produkte nach Italien, 1893 für 123 Millionen Franken.

Die protektionistische Tendenz in Frankreich, welche die Schuld an der gegenwärtigen Lage trägt, hat sich während des Berichtsjahres nicht gemildert, sondern eher verschärft. Sie ist namentlich in den parlamentarischen Neuwahlen mehrals je zu Tage getreten und hat kürzlich zu einer neuen Tariferhöhung für Getreide, Mehl, Brot, Teigwaren und mehrere andere Artikel geführt. Diese Vorkommnisse lassen es fast als gewiß erscheinen, daß unsere Zollvereinbarung mit der französischen Regierung vom französischen Parlamente auch dann abgelehnt worden wäre, wenn wir in eine Verschiebung der Angelegenheit um einige Monate eingewilligt und die provisorische Meistbegünstigung, welche wir während des Jahres 1892 den französischen Erzeugnissen in der Hoffnung auf .-eine Verständigung gewährten, verlängert hätten. Wir wären schließlich doch vor die Alternative gestellt worden, entweder den hohen Minimaltarif zu acceptieren
oder unsern Tarif für französische Erzeugnisse zu erhöhen.

Inzwischen haben die Wirkungen des Zollkrieges das Trügerische der Versprechungen der französischen Protektionisten, daß sich durch den neuen Tarif die Handelsbilanz in Frankreich günstiger gestalten, die Löhne verbessern und die Zolleinkünfte vermehren werden, dar-

160 gethan und den Anhängern einer liberaleren Handelspolitik in diesem Lande kräftige Stützpunkte geliefert.

Wir dürfen daraus die Hoffnung schöpfen, daß sich allmählich immer breitere Schichten des französischen Volkes von der Schädlichkeit der kommerziellen Abschließung überzeugen und der handelspolitische Bruch zwischen (1er Schweiz und Prankreich sich schließlieh als heilsam und heilbar zugleich erweisen werde.

Die ruhige Entschlossenheit, mit welcher die teilweise beklagenswerten Wirkungen des Tarifkrieges in fast allen Teilen unseres Landes von Anfang an ertragen worden sind, gaben dem Bundesrate den nötigen Rückhalt, urn in seinen Beziehungen mit der französischen Regierung und bei den Maßregeln, welche im Berichtsjahre zur provisorischen Regelung des trotz allen Schwierigkeiten noch mannigfaltigen Verkehrs mit Frankreich erforderlich waren, mit Festigkeit, wenn auch nicht ohne eine gewisse nachbarliche Rücksichtnahme, zu handeln. In der Haltung der französischen Regierung wie in der unsrigen trat das Bemühen zu Tage, die Wirkungen des Zollkrieges möglichst auf die Warenbewegung zu beschränken und durch Unterlassung eines vexatorischen Vorgehens jedem Ausbruch nationaler Erbitterung vorzubeugen.

In diesem Geiste der Mäßigung sind in den beiden Ländern in der ersten Hälfte des Berichtsjahres im wesentlichen folgende Anordnungen getroffen worden : 1. Zollfreiheit des Marktverkehrs und Anwendung des Vertragstarifs, d. h. des Grundsatzes der Meistbegünstigung, für eine Reihe der wichtigsten Erzeugnisse der z o l l f r e i e n Z o n e n von H o c h s a v o y e n und der L a n d s c h a f t Gex. Dieser Beschluß ist von Ihnen auf Grund unserer Botschaft vom 2. Juni genehmigt worden.

2. Zusicherung der französischen Regierung, daß die Erzeugnisse der in den Zonen wohnenden Schweizer bei der Einfuhr in das französische Zollgebiet der gleichen Begünstigungen teilhaftig werden sollen, wie diejenigen der Inländer. *) *) Die betreffende Note lautet in Übersetzung wie folgt: Der französische Minister des Auswärtigen an die schweizerische Gesandtschaft in Paris.

P a r i s , den 14. Mai 1893.

Herr Minister!

Sie haben mir die Ehre erwiesen, mir den Text eines Bundesratsbeschlusses vom 9. ds. zu gnnsten der zur Einfahr in die Schweiz bestimmten

161 3. Gegenseitige Aufrechterhaltung der Meistbegünstigung betreffend die Zollbehandlung von T r a n s i t - und L a g e r g ü t e r n (siehe unsere Botschaften vom 13. März und 2. Juni).

4. Wiederherstellung des status quo ante betreffend die H a n d e l s r e i s e n d e n . Nach dem Bundesgesetze über die Patenttaxen dürfen die fremden Reisenden in der Schweiz nur dann auf dem gleichen Fuße wie die inländischen behandelt werden, wenn mit dem betreffenden Staat eine Vereinbarung hierüber besteht.

Da dies mit Bezug auf Frankreich vom 1. Januar 1893 an nicht mehr der Fall war, so mußten von den französischen Reisenden von jenem Tage an die i in genannten Gesetze für solche Fälle vorgesehenen Ausnahmetaxen erhoben werden. Einem französischen Gesetze gemäß wurden infolgedessen unsere Handelsreisenden in Frankreich den gleichen Taxen unterworfen. Man erkannte jedoch bald, daß diese Übertragung des Zollkrieges auf die Persönlichkeit der Handelsreisenden nach und nach zu einer gegenseitigen Entfremdung führen würde, welche von keiner Seite beabsichtigt war.

Auf Grund verschiedener Kundgebungen aus der Mitte unseres Handelsstandes, sowie im Einvernehmen mit Ihren Zollkommissionen wurde auf \. Juli 1893 der frühere Zustand durch einen Notenaustausch mit der französischen Regierung, welche sich hierzu prinzipiell schon früher bereit erklärt hatte, hergestellt. *) Erzeugnisse der freien Zonen von Hochsavoyen und der Landschaft Gex mitzuteilen, welche Maßnahme von der schweizerischen Regierung auf Grund «iner internen Entschließung getroffen worden ist.

Ich beehre mich, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, daß die französische Regierung, gleichfalls auf dem Wege einer internen Verfügung, beschlossen hat, die m den freien Zonen niedergelassenen Schweizer mit Bezug auf die Einfuhr der aus den Zonen stammenden Erzeugnisse in das französische Zollgebiet ihren eigenen Angehörigen gleichzustellen.

Nach unserer Absicht werden die im gegenwärtigen Schreiben vorgesehenen Maßnahmen spätestens am 1. Juni in Kraft treten.

Genehmigen Sie, etc.

(sig.) Jules Develle.

*) Die hetreffenden Noten lauten in Übersetzung wie folgt: 1. Schweizerische Note Tom 26. Juni 1393.

Der schweizerische Gesandte in Frankreich an den Minister des Auswärtigen der französischen Republik.

Herr Minister!

Eure Excellenz hat mir anfangs April die Ehre erwiesen, mich mündlich darauf aufmerksam zu machen, daß es von Interesse wäre, die den franzöBundesblatt. 46. Jahrg. Bd. II.

U

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Nach den getroffenen Maßnahmen sind nun unsere Beziehungen mit Frankreich in einer Weise geordnet, welche uns erlaubt, die Umkehr einer vertragsfreundlichen Stimmung in diesem Lande abzuwarten. Eine Ausnahme davon machen nur die Beziehungen zwischen dem Kanton Genf und den schon genannten z o l l f r e i e n Z o n e n von G ex und H o c h s a v o y e n . Verschiedene Umstände bewirken in diesen Gebieten eine Unzufriedenheit, welche neuerdings zu Abordnungen und zu Petitionen an den Bundesrat Veranlassung gegeben hat. Im wesentlichen handelt es sich in der Absicht der Petenten erstens um die Wiederherstellung der Einfuhrbedingungen, die in der Schweiz für Produkte der Zonen v o r dem Ausbruche des Zollkrieges bestanden haben, zweitens um die Änderung des gegenwärtigen Kontrollsystems.

sischen Handelsreisenden infolge der Anwendung des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1892 verursachte Lage zu verbessern.

Ich habe nicht ermangelt, die Mitteilungen Eurer Excellent dem Bundesrate zur Kenntnis zu bringen, und bin in der Lage, Ihnen mitzuteilen, daß die schweizerische Regierung, nachdem sie die Frage geprüft hat, bereit ist, vom 1. Juli an die Reisenden französischer Häuser, welche in der Schweiz reisen, nach den gleichen Bedingungen zu behandeln, wie sie das Bundesesetz vom 24. Juni 1892 für Keisende schweizerischer Häuser, welche in er Schweiz selbst reisen, vorsieht. Eure Excellenz würde mich durch eine Mitteilung darüber, ob die schweizerische Regierung versichert sein kann, daß vom gleichen Zeitpunkt an das genannte Regime des ßnndesgesetzes vom 24. Juni 1892 auf Grund der Eeciprocität auf Keisende schweizerischer Hänser, die in Frankreich reisen, Anwendung findet, sehr zu Dank verpflichten.

In der Erwartung, die Zusage der französischen Regierung zu erhalten, benutze ich diesen Anlaß etc.

(sig.) Lardy.

f

2. Französische Kote vom 27. Juni 1898.

Der französische Minister des Auswärtigen an die schweizerische Gesandtschaft in Paris.

Herr Minister!

Indem ich Ihre Mitteilung vom 26. dieses Monats verdanke, beehre ich mich, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, daß die Regierung der Republik, in Gemäßheit des Gesetzes vom 15. Juli 1880, zu der Kombination ihre Zustimmung erklärt, wonach die Bedingungen, denen die Reisenden schweizerischer Häuser nach dem Bnndesgesetz vom 24. Juni 1892 in der Schweiz selbst unterworfen sind, auch aof die Reisenden schweizerischer Häuser, welche in Frankreich reisen, einerseits und auf die Reisenden französischer Häuser, welche in der Schweiz reisen, andererseits Anwendung finden sollen.

Man ist im übrigen damit einverstanden, daß diese Bestimmungen beiderseits am 1. Juli in Kraft treten sollen.

Genehmigen Sie etc.

(sig.) Develle.

163 Thatsächlich ist in Würdigung der besonderen Verhältnisse, welche zwischen Genf und den Zonen bestehen, der frühere Zustand größtenteils schon durch unsern Beschluß vom 9. Mai v. J., welchem Sie in Ihrer Junisession Ihre Sanktion erteilten, hergestellt worden. Von wichtigeren Erzeugnissen der Zonen fehlen in diesem Beschlüsse n u r E i e r , G e f l ü g e l , B u t t e r , K ä s e u n d f r i s c h e s F l e i s c h . Was das letztere anbetrifft, so waren für die Aufstellung und Aufrechterhaltung des Differentialzolles vorwiegend sanitarische Gründe maßgebend, hinsichtlich der übrigen drei genannten Artikel hielten vorderhand Rücksichten auf unsere Landwirtschaft von der Einräumung der Vertragszölle ab.

Was das K o n t r o l l s y s t e m betrifft, dessen Änderung von den Interessenten gewünscht wird, so ist zu bemerken, daß die Begünstigungen, die unser Beschluß vom 9. Mai gewährte, wegen unrichtiger Verteilung der schweizerischen Einfuhrgutscheine (Bons) durch die französischen Verwaltungsorgane beeinträchtigt wurden.

Da seit dem Ausbruch des Zollkrieges die Erzeugnisse des hinter den Zonen liegenden Zollgebietes höheren Zöllen unterliegen, war zur Sicherung gegen Mißbrauch eine quantitative Begrenzung der begünstigten Einfuhr erforderlich. Das Einfuhrmaximum jedes Artikels wurde nach der durchschnittlichen Einfuhr der 3 Jahre 1890--92 bemessen. Um dieses Quantum zu kontrollieren, wurden die erwähnten Bons ausgegeben und der Präfektur in Annecy, sowie der Unterpräfektur in Gex zum Zwecke der Abgabe an die Interessenten in den Zonen übermittelt.

Unsere Zollverwaltung gelangte zu diesem Verfahren, weil dasselbe unter der Voraussetzung einer richtigen Verteilung der Bons durch die französischen Verwaltungsorgane für uns sowohl wie auch für die Bewohner der Zone am meisten Sicherheit gegen mißbräuchliche Einfuhren aus dem französischen Zollgebiet gewährt.

Im vergangenen Jahre wurden nun aber diese Bons für Wein und Vieh eto. von der Präfektur in Annecy unter sämtliche Gemeinden und Angehörigen der Zonen gleichmäßig, ohne Rücksicht auf deren faktisches Bedürfnis, verteilt. Diejenigen, welche nichts nach der Schweiz auszufuhren hatten, verkauften ihre Bons an jene, welche deren ermangelten. Die Bons wurden auf diese Art nicht nur unter den Bewohnern der Zonen selbst unbillig verteilt, sondern
sie konnten auch an Exporteure im französischen Zollgebiete gelangen und dieselben in den Fall setzen, hinsichtlich der Proviantierung der Schweiz mit den Zonen in Wettbewerb zu treten und unseren Differentialtarif teilweise zu umgehen.

Wir haben die französische Regierung auf die Folgen dieses mangelhaften Verfahrens und die Notwendigkeit einer Änderung

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desselben aufmerksam gemacht. Als es sich am Ende des Berichtsjahres urn die Zustellung der Bons pro 1894 an die Präfektur in Annecy handelte, versicherte uns die französische Regierung, daß die Abgabe dieser neuen Bons nur gegen jedesmaligen Nachweis des Bedürfnisses erfolgeo, und daß sie übrigens sofort eine Untersuchung über ein zweckmäßigeres Verteilungssystem veranstalten werde.

Indessen wird in den interessierten Gebieten das Begehren aufrecht erhalten, daß die Kontrolle über die begünstigten Erzeugnisse durch Ursprungszeugnisse ausgeübt und das Quantum der Einfuhr freigegeben werde. Der Grund davon liegt hauptsächlich darin, daß sich infolge der außerordentlichen Weinernte des vergangenen Jahres das nach der durchschnittlichen Einfuhr der letzten drei Jahre bemessene Weinquantum von 4000 hl. für Hochsavoyen und 2000 hl.

für das Pays de G-ex, neben den 10,000 hl., für welche die Specialkonvention von 1881, betreffend den Kanton Genf und Hochsavoyen, Zollfreiheit gewährleistet, als zu klein erwies. Um den Ursprungszeugnissen möglichste Zuverlässigkeit zu sichern, wird die Errichtung eines schweizerischen Konsulats in den Zonen angeregt, welches diese Zeugnisse unter Zurateziehung der jährlichen amtlichen Einschätzungen der Grundbesitzer (déclarations fondamentales") auszustellen hätte.

Der Bundesrat war bis jetzt noch nicht in der Lage, sich mit dieser Anregung näher zu befassen.

Den Wünschen der Zonen stehen unserseits immer noch einige Reklamationen gegenüber, welche die Behandlung der Erzeugnisse von dort wohnenden Schweizern bei der Einfuhr in das französische Zollgebiet betreffen. Wir haben weiter oben den Wortlaut einer vom 14. Mai vorigen Jahres datierten Note des französischen Ministers des Auswärtigen mitgeteilt, nach welcher die genannten Erzeugnisse gleich behandelt werden sollen wie diejenigen der französischen Angehörigen. Die französischen Begünstigungen für Industrie-Erzeugnisse erstrecken sich aber nur auf solche aus Fabriken, die vor der Annexion Savoyens an Frankreich entstanden sind. Das Gleiche gilt also laut der citierten Note für die Erzeugnisse der dort wohnenden Schweizer. Während hierüber Einverständnis waltet, besteht hingegen eine Meinungsverschiedenheit darüber, ob Käse als ein landwirtschaftliches oder als ein industrielles Erzeugnis zu betrachten sei.
Diese Angelegenheit ist noch pendent.

è. Von d r i t t e n S t a a t e n sind im Berichtsjahre verschiedene Verträge vereinbart und zum Teil in Kraft gesetzt worden, die auch für uns ein bedeutendes Interesse haben.

165 In erster Linie nennen wir die Tarifverträge Rußlands mit Frankreich (abgeschlossen am 17. Juni 1893) und mit Deutschland (abgeschlosseo am 19. Februar 1894). Dieselben stellen sich, abgesehen von ihrer allgemein politischen Bedeutung, auch speciell in kommerzieller Hinsicht als ein höchst bemerkenswertes Ereignis dar, indem Rußland damit aus seiner traditionellen Autonomie in Zollsachen herausgetreten ist. Für uns liegt die praktische Bedeutung der beiden Verträge in den zahlreichen, wenn auch ungenügenden Zollermäßigungen für die Einfuhr in Rußland ; denn als Gegenwert für dieselben hat Deutsehland nur die Bindung seiner Vertragszölle und einiger Ansätze seines Generaltarifes für speciell russische Artikel, Frankreich nur die Ermäßigung seiner Petroleumzölle zugestanden. Die an Frankreich konzedierten Zollreduktionen sind seit dem 11. Juli 1893 in Kraft und betreffen unter anderen Käse, kondensierte Milch, Chokolade, Konserven, chemische und pharmaceutische Produkte, Maschinen, Instrumente, Musikdosen, gewisse Wollengewebe und Wirkwaren, Seidenstickereien etc. Die Deutschland eingeräumten Zollermäßigungen traten am 20. März 1894 in Kraft; wir erwähnen von denselben diejenigen für Tüllstickereien und gestickte Vorhänge, Maschinen, Transmissionsriemen, Eisen- und Stahlwaren, elektrische Kabel, Musikdosen, Goldarbeiten, Holzschnitzereien, Farben, Öldruckbilder und Chromolithographien, Leinengewebe, halbseidene und wollene Stoffe und Wirkwaren.

Einige wenige für uns in Betracht kommende Zollermäßigungen hat auch, wie schon an anderer Stelle erwähnt, der deutsch-rumänische Handelsvertrag vom 21. Oktober 1893 für die Einfuhr in Rumänien gebracht.

Ebenso werden uns, wie bereits erwähnt, im Falle ihrer Genehmigung die neuen Verträge, welche Spanien mit den verschiedenen übrigen Staaten, besonders mit Deutschland, abgeschlossen hat oder voraussichtlich noch abschließen wird, von Nutzen sein.

5. Die a u t o n o m e n T a r i f ä n d e r u n g e n , welche von den Vereinigten Staaten im Berichtsjahre eingeleitet worden sind, erwecken ein Interesse von ähnlicher Bedeutung wie die Handelsverträge Rußlands. Seit der Tarifakte vom Jahr 1857, durch welche die amerikanischen Zölle durchwegs wesentlich reduziert wurden, sind die Zölle für unsere hauptsächlichen Ausfuhrartikel mit wenigen Ausnahmen (z. B. für
Käse) immer nur erhöht, niemals ermäßigt worden; das Resultat der letzten Anstrengungen der Schutzzöllner war bekanntlich der sogenannte Mac Kinlev-Tarif vom Jahr 1890.

166 Die jetzige Tarifrevision begann im November 1893. Das Komitee ,,of ways and ineansa des Repräsentantenhauses hatte einen Entwurf mit wesentlichen Zollermäßigungen für die meisten Importartikel ausgearbeitet, der jedoch vom Präsidenten des genannten Komitees, Wilson, umgearbeitet und in Form eines besondern Entwurfes vor die Kammer gebracht wurde. Dieser Entwurf, der übrigens gegenüber dem ersten in Bezug auf die Zölle für unsere Hauptexportartikel nur unbedeutende Änderungen enthält, wurde nach hartnäckiger Gegenwehr der protektionistisch gesinnten republikanischen Partei vom Repräsentantenhaus mit zahlreichen Amendierungen am 1. Februar 1894 angenommen. Derselbe harrt nun noch der Beratung im Senat und wird im Falle der Annahme um Mitte 1894 zur Anwendung gelangen können.

Der Entwurf sieht u. a. Zollreduktionen vor für Käse, kondensierte Milch, Baumwollgewebe, Stickereien, Wollenwaren, Seidenwaren, Wirkwaren, Teerfarben, Musikdosen, Bijouterien, Holzschnitzereien, Strohwaren etc.

Wenn auch von diesen Zollermäßigungen keine sehr große Vermehrung unseres Exports erwartet werden darf, so zeigt sich hingegen als nicht zu unterschätzende moralische Folge derselben bereits die Rückkehr einer gewissen allgemeinen Zuversicht in Handel und Industrie.

6. Einen allgemeinen Überblick unserer Handelsverträge, sowie der Intensität unserer Handelsbeziehungen mit den verschiedenen Staaten, gewähren die folgenden Zusammenstellungen und die beigeheftete graphische Darstellung. *)

*) Die graphische Darstellung wird dem Bundesblatte nicht beigelegt.

Schweizerische Handelsverträge, in Kraft am 31. März 1894.

Staaten Belgien

Abschlags 3. Juli 1889

Inkraftsetzung

Dauer

29. Dezember 1889 1 Jahr nach Kündnng

Publikation A. S. n. F. XI, 341

Bulgarien. Durch Notenaus ;ausch zwischen deiu Vertreter Frankreio ds in Sofia und der bulgari sehen Regierung, vom 9. Oktober 18'30, ist Frankreich and der S c h w e i z die Behandlung auf dem I'uße der meistbegünstigten Nation (Wertverzollung v on 8*/2 °/o) zugesicher t worden.

16. November 1889 14. April 1890 10. Februar 1875 10. Juli 1875 10. Dezember 1891 1. Februar 1892 21. Oktober 1889 22. Juni 1888 Frankreich, grenznachbarliche Verhältnisse und ' Beaufsichtigung der Grenzwaldungen . .

Genf und freie Zone

23. Februar 1882 14. Juni 1881

16. Mai 1882 1. Januar 1883

10 Jahre 1 Jahr nach Kündung 31. Dezember 1903 10 Jahre

1 Jahr nach Kündung 30 Jahre

A. S. n. F. XI, 427 I, 668 XII, 505 XI, 210

VI, 468 VI, 515

XI, 357 10. Juni 1887 1 Jahr nach Kündung Griechenland . . . . . 10. Juni 1887 6. März 1856 A. S. V, 271 6. Sept. 1855 1 Jahr nach Kündung Großbritannien . . . .

26. Februar 1869 1 Jahr nach Kündnng . K, 497 Hawaii-Inseln (Sandwich) . 20. Juli 1864 19. Juni 1892 *) 1. Januar 1898**) A. S. n. F. XII, 929 Italien . . . . 19. April 1892 *) Die beim Abschluß des Vertrages snsp endierten Ansätze de s Tarifes B (Zölle hei der : Cinfuhr in Italien) für rohe und b e d r u c k t e Ban mwollgewebe, so wie für Stickerei B U , sind am 1. Januar 1893 in Kraft getreten, **) Eventuell, wenn der Vertrag auf diese n Zeitpunkt nicht ge kündet wird, bis zum 31. E ezember 1903.

Staaten

Abschlags

Inkraftsetzung

Dauer

6. Februar 1864 26. April 1867

6. Februar 1864 26. April 1867

längerer Zeit in } SeitRevision begriffen.

10. Dezember 1891 19. August 1875

1. Februar 1892 1. Oktober 1878

31. Dezember 1903 1 Jahr nach Kündung

Norwegen

22. März 1894

1. August 1894

31. Dezember 1903

Österreich-Ungarn . . .

Persien

10. Dezember 1891 23. Juli 1873 3. März 1893 26. Dezember 1872 30. Oktober 1883 10. Juni 1880 13. Juli 1892

Japan

. . . . . .

Zusatzkonvention . . .

Liechtenstein (Vertrag mit Österreich-Ungarn) . .

Niederlande

Rumänien . . . . .

Rußland Salvador Serbien Spanien .

. . . .

Transvaal (Südafrikanische Republik)

6. Nov. 1885

1. Februar 1892 27. Oktober 1874 13. Mai 1893 30. Oktober 1873 7. Februar 1885 10. Juni 1880 1. Januar 1894

31. Dezember 1903 1 Jahr nach Kündnng 1 Jahr nach Kündung 1 Jahr nach Kündnng 10 Jahre 1 Jahr nach Kündung 31. Dezember 1897

18. November 1887

10 Jahre

Publikation A. S. VIII, 683 ,, IX, 57 A. S. n. F. XII, 564 III, 522 /Handelsamtshlatt 1894, \ Nr. 69.

A. S. n. F. XII, 564 I, 196 XIII, 422 A. S. XI, 376 A. S. n. F. VII, 744 V, 172 XIV, 1

X,284

TUrkel. Der Vertrag vom i'9. April 1861 nebst Konventionaltarif ist am 13. März 1890 erloschen, An Stelle desselben ist einstweilen ein e vom 22. März 1890 datierte Erklärung der Pforte getreten, wonac li der schweizerische Handel in der Tut kei die Behandlung auf dem Fuße desjen igen der meisthegünstigten Î* ation genießt, sofern dem türkischen H »ndel in der Schwe z die gleiche Bebanc lung zu teil wird.

| A. S. V, 201 Ver. Staaten von Amerika i 25. November 1850 8. November 1855 l 1 Jahr nach Kündung

Schweizerisc her H andelsverkehr in den Jahren 1888 -- 1892 (ohne ISdelme talle).

Einfuhr.

1888. 1889. 1890. 1891.

1888.

1892.

Millionen Franken.

227

A u S fühl-.

1889. 1890. 1891.

1892.

Mil lionen Franken.

Tarifverträge. ') Deutschland (Frankreich) Italien Osterreich- Ungaru . .

Spanien

245 177 109 96 4 631

259 200 135 106 3 703

496 226 129 102 4 757

292 2U 136 86 4 732

181 127 53 39 9 409

182 124 50 39 10 405

164 125 47 36 12 384

162

140 68 7 442

160 126 5l 33 8 378

ca. 48 22 25 28 ca. 8 2 ca. 5 ca. 138

56 25 26 30 8 4 5 154

57 29 34 32 9 10 6 177

52 31 47 24 10 7 6 177

Melstbeglinstigungsvertrage.

52 Großbritannien n n d Kolonien . . . . c a . 120 87 41 11 49 Rußland 11 20 Belgien . . .

.

· . . .

9 9 Nieuerlande nnd Kolonien . . . .

. ca.

13 11 JBalkanstaaten 10 5 Übrige Staaten ca.

187 ca. 261

122 76 13 11 9 14 13 258

132 83 14 12 10 16 13 280

130 72 14 11 11 18 12 268

133 76 13 10 9 18 12 271

24 24

18 18

20 20

103 28 131

Rekapitulation.

409 405 384 258 280 268 667 685 652 24 18 20 672 691 703

256 271 527 131 658

46 37 11 256

Staaten ohne Verträge.

ca. 15 ca. 15 631 138 769 15 784

23 23

179 62 241

Rekapitulation.

703 757 732 154 177 177 857 934 909 23 17 20 932 874 954

442 187 629 241 870

17 17

20 20

ca.

ca.

13 13

Staaten mit Meistbegünstignngsverträgen .

Vertragsstaaten Staaten ohne Vertrage Total Total

378 261 639 13 652

Übrige Staaten

') Japan nicht Inbegriffen, weil in der Statistik nicht ausgeschieden.

no Zu der auffallenden Verschiebung der Einfuhr bei einigen Staaten seit 1891 (s. hauptsächlich Deutschland) ist zu bemerken, daß dieselbe hauptsächlich der bessern Ermittlung der Herkunftsländer auf Grund der Verordnung vom 12. Januar 1892 betreifend die Handelsstatistik zuzuschreiben ist. Der betreffende Artikel dieser Verordnung lautet : ,,Als Land der Herkunft ist dasjenige Land anzusehen, in ,,welchem die eingeführte Ware erzeugt ist; als Land der Bestimmung ,,dasjenige, für dessen Konsum die ausgeführte Ware bestimmt ist.

,,Wo das eine oder das andere nicht hinlänglich sicher ist, soll das ,,entfernteste bekannte Durchgangsland, beziehungsweise der europäische Zwischenhandels-, Landungs- oder "Verschiffungsplatz, mit ,,der Bezeichnung ,,ti-ansit" deklariert werden (z. B. Paris-transit, ,,Havre-transit, Hamburg-transit etc.).a Diese Neuerung wird namentlich auch im Interesse künftiger Handelsvertragsunterhandlungen, wo möglichst genaue statistische Angaben über den Handelsverkehr mit dem betreffenden Lande von ganz besonderem Werte sind, erwünschte Dienste leisten.

Aus den vorstehenden Übersichten ergiebt sich u. a. : 1. daß bis 1892 97 °/o unseres Exports nach Ländern gingen, mit welchen wir in einem Vertragsverhältnis stehen, und speciali 50°/o nach solchen, mit denen wir Tarifverträge abgeschlossen haben. Seit dem Bruche mit Frankreich betragen diese Verhältnisse noch 80 °/o und 39°/o; 2. daß sich weitaus der größte Teil unseres Handels mit den vier Nachbarstaaten vollzieht, und zwar ungefähr die Hälfte unseres Exports und 8/4 unseres Imports ; 3. daß nur ungefähr der vierte Teil unserer Exportware in eigentlichen Freihandelsstaaten, d. h. iii solchen ohne oder mit ganz niedrigen Zöllen, Absatz findet; ungefähr 8/4 unseres Exports werden durch mehr oder weniger hohe Zölle ersehwert.

II. Anstände im internationalen Handelsverkehr.

Zoll- und Verkehrsanstände der verschiedensten Art nahmen unsere Handelsabteilung, sowie die Gesandtschaften und Konsulate inrpmehreren Ländern wiederum sehr in Anspruch.^ Von der Aufzählung der einzelnen Fälle glauben wir indessen Umgang nehmen zu sollen. Wir l beschränken uns auf eine kurze Darlegung der beiden folgenden, welche von größerer prinzipieller Bedeutung sind.

171

1. V a l u t a für die Z o l l z a h l u n g in I t a l i e n . In uuserm Handelsvertrag mit diesem Lande ist für eine Reihe von Artikeln das Maximum der Zollansätze vereinbart, welches während der Dauer dieses Vertrages nicht überschritten werden darf. In der Natur dieser Vereinbarungen liegt es, daß die kontrahierenden Teile keine Maßregeln ergreifen dürfen, welche direkt oder indirekt eine Erhöhung der Zölle bewirken, da es sonst im Belieben jeder Partei stünde, den Zweck des Vertrages illusorisch zu machen.

Eine solche Maßregel ist nun aber durch ein italienisches Dekret vom 8. November vergangenen Jahres ergriffen worden. Beim Abschluß des Vertrages konnten nämlich die-Zölle nicht nur in Metallgeld, sondern auch in Staatsnoten entrichtet werden, welche zum italienischen Münzsystem gehören, indem sie gesetzliches Zahlungsmittel sind, d. h. von jedermann zum Nennwert an Zahlungsstatt angenommen und vom Staate jederzeit ebenfalls zum Nennwert eingelöst werden müssen. Die erwähnte Freiheit in der Wahl der Valuta für die Zollzahlung bestand beim Vertragsabschluß, obwohl schon damals ein Disagio der Noten von 2-- 3 °/o bestand. Der Importeur konnte die italienischen Zölle in Papiergeld entrichten, ohne etwas darauf einzubüßen. Auf dieser Basis wurden die im Handelsvertrag figurierenden Zollansälze vereinhart. Durch das genannte italienische Dekret ist dieselbe zu unsern Ungunsten alteriert worden. Nach diesem Dekrete*) sind die Staatsnoten nur noch in der Weise zur Zahlung der Zölle verwendbar, daß mittelst derselben eigens zu diesem Zweck erstellte Bankcertiflkate erworben werden, wobei das Disagio der Noten aufzuzahlen ist. Letzteres war seit dem Abschluß des Vertrages nach und nach bis auf 16 °/o gestiegen. Um z. B.

Fr. 100 Zoll zu entrichten, mußte der Importeur um Ende November \

*) Der Wortlaut desselben ist folgender: Art. 1. Vom Tage nach der Publikation des gegenwärtigen Dekretes an sind die Einfuhrzölle, gemäß den Bestimmungen des Art. 14 des Gesetzes vom 7. April 1881, in Metallwährung zu entrichten.

Art. 2. Die Emissionsinstitute sind gehalten, auf den Namen lautende Certifikate zum Zwecke der Zahlung der Einfuhrzölle abzugehen.

Diese Certifikate werden an jedermann auf Verlangen gegen Entrichtung des Betrages des gewünschten Certifikates in Staats- oder Banknoten unter Hinzufügung des Agios (,,Cambio"), reduziert um 25 Centimes für je 100 Franken, abgegeben.

Der Betrag dos den Emissionsinstituten zn bezahlenden Agios soll dem Mittel der Notieruugen, welche an den Börsen von Rom, Genua, Turin, Mailand, Venedig. Florenz, Neapel und Palermo zwei Tage vor Abgabe der Certifikate für Check-Anwoisnngen anf das Ausland gemacht worden sind, entsprechen.

172

vergangenen Jahres Fr. 116 in Staalsnoten bezahlen, was auf das Gleiche herauskommt, wie wenn die im Handelsvertrag festgesetzten Zollaosätze auf direktem Wege urn 16 °/o erhöht worden wären.

Wir hatten die italienische Regierung schon bei der Ankündung der fraglichen Finanzmaßregel in der Programmrede des Ministerpräsidenten Giolitti (Oktober v. J.) dHrauf aufmerksam gemacht, daß wir dieselbe als dem Handelsvertrag widersprechend betrachten müßten. Nach Erlaß des Dekrets setzten wir in einer neuen Note die Gründe für unsere Anschauungsweise -auseinander und schlugen die Entscheidung durch ein Schiedsgericht vor, sofern die italienische Regierung dieselben nicht als richtig anerkennen und auf der weitern Ausführung des Dekrets mit Bezug auf diejenigen Zölle, welche in unserm Vertrage stipuliert sind , bestehen sollte. Im Art. 14 des Handelsvertrages ist diese Lösung von Meinungsverschiedenheiten ausdrücklich vereinbart worden. Derselbe lautet wie folgt: ,,Die hohen vertragschließenden Teile sind übereingekommen, vorkommenden Falls Fragen betreffend die Auslegung und Anwendung des gegenwärtigen Vertrages, welche nicht zur gemeinsamen Zufriedenheit auf dem direkten Wege einer diplomatischen Unterhandlung sollten erledigt werden können, auf schiedsrichterlichem Wege zu lösen."

Diese Vertragsbestimmung wurde seiner Zeit auf den Vorschlag der i t a l i e n i s c h e n Unterhändler in den Vertrag aufgenommen.

In ihrer Antwort hielt uns die italienische Regierung entgegen, daß die Angelegenheit mit dem Handelsvertrag in keiner Beziehung stehe, sondern interner Natur sei und sich der Diskussion mit einem andern Staate, sowie der Beurteilung durch ein Schiedsgericht entziehe; daß im genannten Vertrag für die Zahlung der italienischen Zölle die ,,Lira"1 stipuliert und daß dies eine M e t a 11 münze sei Der Vertragstarif könne sich in Ermanglung einer gegenteiligen Vertragsbestimmung nur auf die nationale Münze beziehen. Das Papiergeld könne hingegen nicht als zum italienischen Münzsystem gehörend betrachtet werden.

Wir erwarten zur Zeit der Drucklegung dieses Berichtes die definitive Entschließung der italienischen Regierung über die Frage Art. 3. Die Zollämter werden die genannten Certifikate als Metallwert in Zahlung der Zölle annehmen.

Art. 4. Durch Ministerialdekret werden die Beziehungen zwischen dem Fiskus und den Emissionsinstituten, welche aus den Bestimmungen des Art. 2 des gegenwärtigen Dekretes sich ergeben, normiert werden.

173

des Schiedsgerichts, hinsichtlich welcher wir mit Entschiedenheit geltend gemacht haben, daß es nicht im Belieben des einen Kontrahenten atehen könne, die vom andern verlangte Unterbreitung eines Auslandes an das im Vertrage vorgesehene Schiedsgericht abzulehnen, und daß, wenn Zweifel über die Kompetenz eines solchen bestehen könnten, was im vorliegenden Falle nicht zutrifft, die Entscheidung darüber vom Schiedsgerichte selber zu treffen wäre.

2. Nach einem Grundsätze der französischen Gesetzgebung, der auch in derjenigen anderer Länder, sowie im internationalen Vertrag über das gewerbliche Eigentum enthalten ist, dürfen Warenbenennungen nicht mit Namen von Ländern oder Orten in Verbindung gebracht werden, in welchen sie nicht fabriziert worden sind.

In allzu wörtlicher Auslegung der betreffenden Bestimmungen wurde eine Sendung seidener Bänder, die auf ihrer Etikette die Aufschrift ,, F a i l l e f r a n ç a i s e " trugen, in Frankreich beschlagnahmt. Nun sind aber diese und andere Warenbenennungen, wie ,,Manchester", ,,Cretonne", ,,Crêpe anglais", ,,Indienne", ,,Gros de Tours"1, ,,Suisses (camisoles)a etc., allgemein üblich und Gemeingut geworden ; dieselben figurieren sogar in den Tarif bestimmungen der Handelsverträge, und es wird mit ihnen im Handel schon längst nicht mehr die Vorstellung verbunden, daß sie im angegebenen Lande fabriziert worden seien. Die französischen Fabrikanten machen von solchen Bezeichnungen selbst Gebrauch, indem sie z. B. in ihren Preislisten ,,Crêpe anglais" aufführen. Unsere Vorstellungen hatten denn auch den Erfolg, daß die beschlagnahmte Sendung freigegeben und der Absender bloß verpflichtet wurde, jeweilen auf der Etikette das Ursprungsland anzugeben.

III. Internationale Ausstellungen.

a. Chicago.

1. S c h w e i z e r i s c h e S e k t i o n . Die Weltausstellung in Chicago hat vom 1. Mai bis Ende Oktober 1893 stattgefunden.

Über die Vorbereitungen zu deren Beschickung haben wir Ihnen schon in unserem letzten Geschäftsbericht Aufschluß gegeben.

Der Erfolg unserer Sektion war im großen und ganzen nach allseitigem Urteil ein bedeutender. Der äußerst günstige Platz, welchen dieselbe dank den beharrlichen Bemühungen unseres Konsuls in Chicago, Herrn Holinger, und dem Entgegenkommen der Ausstellungsbehörden einnahm, sowie die angenehme Gesamtwirkung der reich vertretenen Uhren und Holzschnitzereien sicherten derselben

174 von vornherein den äußerst zahlreichen Besuch, dessen sie sieb während der Ausstellung thatsächlich zu erfreuen hatte. Dank dea energischen Bemühungen unseres Specialkommissärs, Herrn Perrenoud, war die schweizerische Sektion auch eine der wenigen, die schon am Tage der Eröffnung der Ausstellung und des Besuchs durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten fertig dastanden.

Das Resultat der J u r y darf als befriedigend, ja, was die Uhrenanbetrifft, als ein glänzendes betrachtet werden. Von den cirka 60 Ausstellern der Uhrenindustrie und der ihr verwandten Branchen wurden mit ganz; wenig Ausnahmen alle prämiiert, ebenso auch die vereinzelten schweizerischen Aussteller einiger anderer Industriezweige; von den cirka 30 Schnitzlern haben zwei Drittel die Auszeichnung erhalten. Daß diese ihnen nicht ebenfalls noch zahlreicher zu teil wurde, ist leider dem Umstände zuzuschreiben, daß sie sich einen Fehler zu schulden kommen ließen. Die Schnitzler faßten die Ausstellung zu sehr vom amerikanischen Standpunkt, nämlich als eine ,,World's fair", einen Weltmarkt, auf; sie stellten deshalb, um möglichst viel zu verkaufen, außer den vielen gediegenen,, eine Masse billiger Gegenstände ohne irgend welchen Kunstwert aus, die " entweder von der Vorjury ausgeschlossen oder ihr überhaupt nie vorgewiesen worden waren. Die Schnitzler haben nun «war, wie uns berichtet wird, punkto Verkauf in Chicago glänzende Geschäfte gemacht, ja vielleicht die besten irgend einer Gruppe im Industriepalast, aber die künstlerische Würdigung ihrer Leistungen ist dadurch beeinträchtigt worden.

Die Organisation der Jury kam mit großer Mühe und sehr spät zu stände. Wir hatten von Anfang an zwei Juroren und einen Suppleanten für die Uhrenindustrie, sowie einen Juroren für die Holzschnitzerei verlangt; von den Ausstellungsbehörden war uns diese Vertretung unter Vorbehalt der Entscheidung über die Systemfrage zugesichert worden. Nachdem wir die offizielle Einladung zur Einreichung von Vorschlägen für die Ernennung von Juroren erhalten hatten; bezeichneten wir die von den betreffenden Komitee» vorgeschlagenen Herren Nationalrat Charles Emile Tissot in Locle und G. M. Rouge, Präsident des Komitees der Genfer Aussteller, für Uhren, Herrn Rudolf Jäger-Sheldon in Brienz für Schnitzereien.

Leider sahen wir uns später genötigt, den letztern
Vorschlag zuzükzuziehen.

Die endgültige Bestätigung unserer Preisrichter für die Uhrenindustrie durch die Ausstellungsbehörden erforderte zahlreiche Schritte des Departements und unserer Vertreter in Washington und Chicago.

Das anfangs in Aussicht genommene System eines einzigen Richters für eine ganze Gruppe, welches der Annahme unseres Doppelvor-

175 Schlages hinderlich war, wurde schließlich infolge des Protestes last sämtlicher ausländischer Kommissäre teilweise aufgegeben, so daß die Herren Tissot und Rouge von den Ausstellungsbehörden definitiv ernannt werden konnten. Aus freier Wahl der letztern wurden später die beiden vom Bunde subventionierten Delegierten HerrBürger-Hofer, Privatdocent am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, als Juror für die Abteilung graphische Künste und Herr Staatsrat Clerc von Neuenburg als solcher für Anthropologie ernannt.

Die Herren Tissot, Rouge, Clerc und Burger-Hofer haben sich ihrer Mission in ehrenvoller Weise entledigt und sich um die schweizerischen Ausstellungsinteressen in hervorragender Weise verdient gemacht.

Die V e r w a l t u n g unserer schweizerischen Sektion war mit vielen Schwierigkeiten und mehreren unangenehmen Zwischenfällen verknüpft. Herr Speeialkommissär Perrenoud begab sich Mitte März nach Chicago.

Leider wurde er aus Rücksicht auf seine GesundCT heit, die schon durch die mit vielen Anstrengungen und Widerwärtigkeiten verbundenen Vorbereitungen in der Schweiz angegriffen war, genötigt, vor dem Schlüsse der Ausstellung zurückzukehren.

Er übergab die Abteilung in guter Ordnung an Herrn Konsul Holinger, der sie mit großer Umsicht und Gewissenhaftigkeit bis zum Ende leitete.

Es ist hier der Platz, in Kürze die seiner Zeit in der amerikanischen und in der schweizerischen Presse besprochene Angelegenheit, des kommerziellen Agenten N è m i t z zu berühren. Derselbe hatte durch Vertrag die Lieferung der Dekorationen und Vitrinen für die schweizerische Sektion gegen eine Pauschalentschädigung übernommen. Diese Arbeit vergab er wieder an einen dritten Unternehmer, wobei er sich nach Angabe des letztern unbefugterweise einen offiziellen Titel beilegte. Als zwischen ihm und dem Unteraccordanten eine Meinungsverschiedenheit über die Entrichtung einer Restanz der vereinbarten Summe entstand, machte der letztere seineAnsprüche beim schweizerischen Kommissariate geltend. Némitz funktionierte ferner als kommerzieller Agent der Genfer Uhrenaussteller und machte sieh in dieser Eigenschaft der Übertretung des amerikanischen Zollgesetzes schuldig, indem er wiederholt Ausstellungsgegenstände verkaufte, ohne dafür den Zoll entrichtet zu haben. Die amerikanischen Behörden hatten davon Kenntnis;
Némitz lief Gefahr, verhaftet zu werden, und entzog sich dieser Eventualität durch seine Abreise nach Kanada. Bei der infolgedessen vorgenommenen Inventaraufnahme wurde eine Reihe von Ausstellungsgegenständen vermißt. Die schweizerischen Vertreter ver-

176 muteten dabei- ein Vergehen und ließen Némitz in Kanada verhaften. Die Untersuchung ergab indessen, daß derselbe lediglich um sich der Strafe wegen Zolldefraudation zu entziehen, geflohen war. Der Zwischenfall wurde, zugleich mit der Angelegenheit des Uuteraccordanten des Némitz, unter Intervention unseres Gesandten in Washington, sowie des Präsidenten des Komitee der Genfer Uhrenindustriellen, Herrn Preisrichter Rouge, durch einen Vergleich erledigt.

Eine erhebliche Schwierigkeit bildete, wie gewöhnlich an internationalen Ausstellungen, die V e r s i c h e r u n g der Ausstellungsgüter. Nach umständlichen Unterhandlungen mit den Ausstellern bezüglich der Beteiligung des Bundes an diesen Kosten, sowie mit zahlreichen amerikanischen und europäischen Versicherungsgesellschaften, trat unser Kommissariat mit zwei europäischen Gesellschaften in Beziehung, welche die verhältnismäßig annehmbarsten Bedingungen gestellt hatten. Bei den amerikanischen Gesellschaften fiel neben der Höhe der Versicherungsprämie (allgemein 5 °/o gegen Feuersgefahr allein) auch der Umstand in Betracht, daß sich dieselben für die Ausstellung schon vielfach über ihre Kräfte hinaus engagiert hatten. Die für eine Versicherungssumme von Fr. 597,000 zu 6 °/o Prämie abgeschlossenen Verträge erstreckten sich auf jede Gefahr, sowohl während des Transportes als auch während der Ausstellung der Güter. Wir beteiligten uns mit der Hälfte der Versicherungskosten, die andere Hälfte wurde von den mitinteressierten Kantonen und den Ausstellern übernommen.

Was das F i n a n z i e l l e anbetrifft, so haben Sie uns in Ihrer letzten Dezembersession auf Grund unserer Botschaft vom 8. Dezember einen Nachtragskredit im Betrage von Fr. 15,000 eröffnet. Die Abrechnung über das ganze Unternehmen kann voraussichtlich nicht vor Mai oder Juni 1894 erfolgen. Nach dem momentanen Stande der Rechnungen dürfen wir annehmen, daß es möglich sein werde, den Nachtragskredit nicht ganz zu erschöpfen.

Der finanzielle Verkehr unseres Kommissariates mit dem S c h n i t z l e r k o m i t e e in B r i e n z machte wiederholt die Intervention unseres Departements des Auswärtigen und des Vorstehers der Direktion des Innern des Kantons Bern erforderlich. Durch Ihren Beschluß vom 24. Juni 1892 hatten Sie nämlich zu gunsten der Uhrenindustrie eine Subvention von
Fr. 120,000 bewilligt; in der darauf folgenden Dezembersession votierten Sie infolge eines nachträglichen Begehrens der Schnitzerei-Industrie des Bernev Oberlandes eine neue Subvention von Fr. 50,000. Das genannte Komitee faßte diese letztere als einen Beitrag auf, welcher ihm im vollen Umfange auszurichten sei, und über welchen es allein nach

177 freiem Ermessen verfügen könne. Wir konnten diese Auffassung nicht teilen. Die beiden Ausstellungsbranchen nebst einigen kleinen .accessorisehen Ausstellungen mußten zu einer harmonischen, schweizerischen Sektion vereinigt werden. Deshalb waren einheitliche Dekorationen und Installationen, gemeinsame Vorkehren für Transport und Versicherung, gemeinsame Verwaltung durch ein und dieselben Beamten etc. erforderlich. Selbstverständlich mußten also auch die beiden Kredite, die Sie bewilligt hatten, zu einem einzigen Budget verschmolzen und die einheitliche Verwaltung desselben unserem Specialkommissär übertragen werden. Es wäre nicht möglich gewesen, auszuscheiden, wieviel für die gemeinsamen Kosten ·der allgemeinen Dekoration oder der gemeinsamen Verwaltung etc.

dem Kredite für Uhren und wieviel demjenigen für Schnitzereien .zu entnehmen sei. Anderseits mußte von der Bundesbehörde nach gleichen Grundsätzen bestimmt werden, welche Kategorien von Auslagen ganz oder teilweise auf Bundeskredit zu nehmen und ·welche davon hingegen Sache der Aussteller seien. Wir ließen es nicht daran fehlen, das Schnitzlerkomitee von der Notwendigkeit ·dieses Vorgehens zu überzeugen, wie wir unserseits gewiß zu sein glaubten, in dem Sinn und Geiste zu handeln, in welchem Sie die Kredite bewilligt haben. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß von Ihnen, wenn die Uhren- und die Schnitzereibranehe sich gleichzeitig zur Beteiligung an der Ausstellung entschlossen hätten, nicht zwei verschiedene Kredite, sondern nur ein einziger bewilligt worden wäre. Wie an frühern Ausstellungen, hätten wir Ihnen in diesem Falle ein einheitliches Budget zu unterbreiten gehabt, in welchem die verschiedenen Posten nach den gleichen Grundsätzen bemessen worden wären, wie wir sie bis jetzt bei der Verwaltung der beiden Kredite angewendet haben.

Das Schnitzlerkomitee verlangte u. a., daß nicht nur das zur Beaufsichtigung der Schnitzereiausstellung unbedingt nötige Verwaltungspersonal, sondern auch der Verkäufer aus dem Bundeskredit besoldet werde. Als das Departement diesem Begehren nicht entsprechen wollte, drohte es einige Tage vor dem äußersten Termin für rechtzeitige Absendung der Ausstellungsgegenstände von der Beteiligung zurückzutreten. Die Dekorationen und Installationen für die schweizerische Ausstellungssektion waren damals bereits
in Ausführung begriffen ; die Schweiz hatte den Vereinigten Staaten ihre Beteiligung zugesagt, die Ausstellungsbehörden hatten ihr' durch Zuteilung eines günstigen Raumes ihre Sympathien, zugleich aber auch das Vertrauen bezeugt, daß die schweizerische Ausstellung nach Umfang und Qualität den berechtigten Erwartungen entsprechen werde.

Die Ausführung der Drohung des Schnitzlerkomitees hätte also bedauerliche Folgen gehabt. Unser Departement des Auswärtigen Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. II.

12

178

kam in diesem schwierigen Momente den Schnitzlern dadurch entgegen, daß es ihnen zusicherte, die Kosten des kommerziellen Vertreters aus dem besondern Kredit von Fr. 30,000 für die Jury zu bestreiten, sofern das Komitee glaube, daß die Persönlichkeit, welche von ihm für die genannten kommerziellen Funktionen in Aussicht genommen war, sich zugleich als Juror für die Schnitzerei eigne.

Es wurde dies bejaht, worauf der Betreffende, Herr Jäger-Sheldon in Brienz, als Juror in Vorschlag gebracht wurde. Leider nötigte uns aber später die Art und .Weise, wie derselbe nach seiner Ankunft in Chicago gegenüber dem Kommissariate auftrat, diesen Vorschlag zurückzuziehen.

Das Schnitzlerkomitee glaubte ferner, die Sitzungsgelder seiner Mitglieder, den Gehalt seines Sekretärs und ähnliche Ausgaben, welche an andern Ausstellungen nie auf Bundeskosten übernommen wurden, und auf die auch das Komitee der Uhrenaussteller keinen Anspruch machte, aus dem Bundeskredite bestreiten zu dürfen. In der Meinung, daß es im Genüsse des letzteren in verschiedener Hinsicht verkürzt worden sei, verweigerte es die Zurückerstattung der vom Kommissariate vorgeschossenen Summe zur Bestreitung der Transportkosten, soweit sie zu Lasten der Aussteller fielen, und entschloß sich erst dann zur Zahlung, als sich der Vorsteher der bernischen Direktion des Innern ins Mittel legte. Das Komitee beharrt auch jetzt noch auf seiner irrigen Auffassung, daß ihm ein unverwendeter Rest des Kredits von Fr. 50,000 auszubezahlen sei; es weigert sich deshalb, die Reise- und Gehaltsvorschüsse des Kommissariats für seinen kommerziellen Vertreter, ferner die Gehaltsvorschüsse für diejenigea Angestellten, welche nach Schluß der Ausstellung noch monatelang mit dem Verkauf, sowie mit der Verpackung und Versendung der verkauften Gegenstände beschäftigt waren, zurückzuzahlen, bevor ihm der vermeintliche Rest ausgerichtet werde. Thatsächlich machen die Verwendungen zu gunsten der Schnitzler mit ihrem Anteil an den allgemeinen Verwaltungskosten mehr als die genannte Summe aus. Wenn indessen hierüber, sowie über die allgemeine Frage, ob ein von der Bundesversammlung erteilter Subventionskredit unter allen Umständen vollständig aufgebraucht und ausbezahlt werden müsse, eine Meinungsverschiedenheit walten könnte, so müßte ea dem Komitee genügen, nachzuweisen, inwiefern
es sieh für benachteiligt halte, und den Entscheid darüber dem Bundesrate anheimzustellen. Es kann hingegen nicht für passend erachtet werden, daß ein vom Bunde Subventionierter die Reglierung von Auslagen^ die für ihn nur vorschußweise und aus Vertrauen bestritten worden sind, von der Begleichung vermeintlicher Gegenforderungen abhängig mache, wie wenn es sich um eine Privatperson handelte.

179 Wegen der Konsequenzen, welche die Auffassung der Schnitzler haben könnte, wenn sie sich im Ausstellungswesen verallgemeinern würden, hielten wir uns für verpflichtet, Ihnen über die genannten Einzelheiten an dieser Stelle Bericht zu erstatten.

Ein vollständiger Bericht über die Augstellung wird seiner Zeit von Herrn Specialkommissär Perrenoud erstattet und veröffentlicht werden.

Es bleibt uns am Schlüsse dieser vorläufigen Mitteilungen über die Weltausstellung in Chicago noch die Pflicht, speciell die Verdienste hervorzuheben, welche sich Herr G u y e r - F r e u l e r in Zürich um unsere Interessen erworben hat. Herr Guyer war schweizerischer Kommissär an der Weltausstellung in Philadelphia im Jahr 1876 und sodann schweizerischer Generalkommissär an der Weltausstellung in Paris im Jahr 1878. Wir waren so häufig im Falle, seinen erfahrenen Rat bei den Anordnungen für die neue amerikanische Ausstellung in Anspruch zu nehmen, und wurden von demselben auf diese und auf andere Weise so bereitwillig und so wirksam unterstützt, daß wir ihm O zu großem Danke verpflichtet sind und diesem auch in geeigneter Form Ausdruck gegeben haben.

2. Delegationen zum S t u d i u m der A u s s t e l l u n g Mit Beschluß vom 23. Dezember 1892 haben Sie uns für die Sendung von Delegierten zum Studium der Weltausstellung in Chicago einen Kredit von Fr. 60,000 eröffnet, unter der Voraussetzung möglichster finanzieller Beteiligung der interessierten Kantone , Gemeinden, Vereine und Anstalten. Zugleich haben Sie bestimmt, daß von dieser Summe mindestens Fr. 15,000 für den Ankauf von gewerblichen Mustern und Modellen und die Veröffentlichung von Berichten zu verwenden sei.

Bei der Beratung hierüber hat der Ständerat die Bemerkung zu Protokoll genommen, ,,daß nur eine beschränkte Anzahl Delegierter subventioniert werden solle und nur solche, deren berufliehe und allgemeine Bildung Garantie dafür bieten, daß das Resultat ihrer Mission ein für unsere nationalen Industrien nützliches sein werde".

Zur Ausführung Ihres Beschlusses haben wir uns im Januar mit den Kantonsregierungen, dem Schweizerischen Handels- und Industrieverein und dem Schweizerischen Gewerbeverein in Verbindung gesetzt, um zu vernehmen, welche Branchen und Persönlichkeiten in Aussicht genommen werden und welche Beiträge außer denjenigen des Bundes in Aussicht stehen.

180

Aus den uns zugekommenen Vorschlägen haben wir nachstehende Persönlichkeiten gewählt; wir fügen dem Verzeichnis derselben gleichzeitig die Titel der in Aussicht genommenen Berichterstattung bei: 1. Professoren, des eidgenössischen Polytechnikums in Zürich, gemäß Vorschlag unseres Departements des Innern: Herrn Professor E s c h e r , als Ver- Mitteilungen aus dem Gebiete des Maschinenwesens, gemeinsam treter der mechanisch-technischen mit Herrn Ingenieur vnilleuSchule 5 mier-Schetty in Basel.

Herrn Professor L u n g e , als Vertreter der chemisch-technischen Abteilung ;

Die chemische Industrie und die chemisch-technischen Hochschulen in Nordamerika.

Herrn Professor Ritter, als Vertreter Der Brückenbau in den Vereinigten Staaten Amerikas.

der Ingenieurschule; Herrn Professor W e b e r ? als Vertreter der Elektrotechnik (wurde an der Ausführung seiner Reise verhindert).

Diesen Delegierten wurde aus dem Kredit von Fr. 60,000 eine Summe von zusammen Fr. 5000 zur Verfügung gestellt; der schweizerische Schulrat wurde ermächtigt, hierfür eine gleich große Summe dem Schulfonds zu entnehmen.

2. Vertreter der schweizerischen Volksschule, ebenfalls gemäß Vorschlag des Departements des Innern: Herrn John C l e r c , Staatsrat und Vorsteher des Erziehungsdepartements des Kantons Neuenburg; derselbe wurde später von der Der Primarschulunterricht in den Vereinigten Staaten an der AusAusstellungsbehörde zum Mitglied stellung in Chicago.

des internationalen Preisgerichts für Anthropologie ernannt; Herrn J. Landolt, bernischer Sekundarschul-Inspektor in Neuenstadt; Dieser Delegation wurde ebenfalls ein Beitrag von Fr. 5000 ausgerichtet.

3. Vertreter von Industrie und Gewerbe im allgemeinen: Installationen der verschieHerrn 0. B lo m, Direktor des kan- Diedenen Länder und das Kunsttonalen Gewerbemuseums in Bern ; gewerbe.

181 Herrn B o o s - J e g h e r , Direktor der Kunst- und Frauenarbeitsschule in Zürich : Herrn G e n o u d , Direktor des kantonalen Gewerbemuseums in Freiburg; Herrn Meyer-Zschokke, Direktor der kantonalen Muster- und Modellsammlung in Aarau; Herrn Sch midlin, Direktor des kantonalen Technikums in Winterthur ;

1. Die Thätigkeit der Frau in Amerika ; 2. Amerikanische Volksschulen mit specieller Berücksichtigung des Zeichen- und Handfertigkeitsunterrichtes.

1. Die praktische Berufsbildung an der Ausstellung in Chicago ; 2. Die Gewerbe und die Kleinindustrie an der Ausstellung in Chicago.

Die Holzindustrie an der Ausstellung in Chicago in Beziehung auf Stil, Bearbeitung, Maschinen, Werkzeuge, Material und Arbeiterverhältnisse.

Das technische und kommerzielle Bildungswesen in den Vereinigten Staaten Nordamerikas.

4. Vertreter der Mechanik, des Maschinenbaues und der Architektur -- außer den vorerwähnten Professoren des Polytechnikums : Herrn M e y e r - B ä s c h l i n , Architekt in Schaffhausen ;

Architektur, Baukonstruktionen und Baueinrichtungen in nordamerikanischen Städten, gemeinsam mit Herrn Ingenieur L e p o r i in Lugano.

Herrn Professor P a l a z in Lausanne ; Herrn T h u r y , Ingenieur der Société de l'industrie électrique in Genf;

Die Elektricität an der Ausstellung in Chicago und in den Vereinigten Staaten.

Herrn Ingenieur V u i l l e u m i e r Schetty m Basel ;

Mitteilungen aus dem Gebiete des Maschinenwesens, gemeinsam mit Herrn Professor E s c h e r.

5. Als Vertreter der Uhrenindustrie : Bericht über die Uhrenindnstrie in den Vereinigten Staaten im allgemeinen.

Herrn Ho u rie t. horloger-mécanicien l Die Kleinmechanik und die mechain ru * nische Uhrenfabrikation m den m Couvet; | Vereinigten Staaten.

Herrn H o f f e r , Uhrenmacher in Genf;

6. Als Vertreter der Seidenindustrie: Die amerikanische Seidenindustrie und die Seidenindustrie-Ausstellungen in Chicago.

Herrn M e y e r , Direktor der zürcherischen Seidenwebschule in Wipkingen ;

182 7. Als Vertreter der Baumwollindustrie:

Herrn 0. S c h w e i t z e r , Baumwollfabrikant in Wängi;

1. Die Baumwolle, nebst Notizen über deren Kultur und Verarbeitung in Amerika; 2. Knrze Notizen und Betrachtungen über das amerikanische Verkehrswesen; 3. Bericht über die Lage der Arbeiter in Amerika, gemeinsam mit Herrn G r o b e t.

8. Als Vertreter der graphischen Gewerbe : Herrn H. J. Burger-Hofer, Lithograph und Privatdocent am eidgenössischen Polytechnikum; derselbe wurde später von der Ausstellungsbehörde als Mitglied des internationalen Preisgerichtes für graphische Künste gewählt;

Die vervielfältigenden Künste an der Weltausstellung in Chicago.

9. Als Vertreter der Landwirtschaft: Herrn H. Moos, Direktor der landwirtschaftlichen Winterschule in Sursee ;

Die Landwirtschaft der Veïeinigten Staaten von Nordamerika in ihrem Lande nnd an der Weltausstellung in Chicago.

Die Herren G r o b e t , Feilenfabrikant inVallorbes, und L e p o r i , Ingenieur in Lugano, welche. die Ausstellung auf eigene Kosten besuchten und zu diesem Zwecke als eidgenössische Delegierte bezeichnet und behandelt wurden, haben sich bereit erklärt, ebenfalls Bericht zu erstatten, der erstere gemeinsam mit Herrn Schweitzer über die Lage der Arbeiter in Amerika, der letztere mit Herrn Meyer-Bäschlin über Architektur.

Ferner sind uns von unseren Preisrichtern für die Uhrenausstellung, Herrn Nationalrat T i s s o t und Herrn R o u g e , Chef des Hauses Patek Philippe & Cie. in Genf, eingehende Berichte über die Uhrenausstellungen und die Juryarbeiten erstattet worden.

Die meisten der sub 3 bis 9 genannten Delegierten wurden uns von den Kantonsregierungen vorgeschlagen, die andern von den beiden konsultierten Vereinen (Schweizerischer Handels- und Industrieverein und Schweizerischer Gevverbeverein) empfohlen.

Die Kosten eines Delegierten mußten nach den eingezogenen Erkundigungen auf Fr. 3500 bis Fr. 4000 veranschlagt werden ; wir gingen dabei von der Voraussetzung aus, daß sich die Delegierten

183

nicht auf den Besuch der Ausstellung selbst beschränken, sondern auch Fabriketablissements und Bildungsanstalten im Lande besuchen sollen und zu diesem Zwecke sich mindestens vier Wochen in den Vereinigten Staaten aufhalten müßten.

Die Bundessubvention für einen einzelnen Delegierten wurde, mit einigen Ausnahmen, auf den Betrag von Fr. 2500 festgesetzt.

Die meisten der beteiligten Kantone verpflichteten sich, den Rest der Kosten bis zum Gesamtbetrage von Fr. 4000 (inklusive Bundessubvention) zu übernehmen ; in einigen Fällen leisteten Industrievereine an die von ihnen vorgeschlagenen Kandidaten gewisse Beiträge.

Sämtliche Delegierte wurden von uns mit Empfehlungsschreiben an die Gesandtschaft in Washington und an die Konsulate in den Vereinigten Staaten, sowie an die Kommissäre versehen; unsere Vertreter in Amerika wurden überdies beauftragt, ihnen zur Erleichterung ihrer Aufgabe io jeder Beziehung an die Hand zu gehen.

In verdankenswerter Weise wurden den Delegierten von Seiten des Gesandten der Vereinigten Staaten in Bern, Herrn P. C. Cheney, und von seinem Nachfolger im Amt, Herrn James 0. Brodhead, Empfehlungsschreiben an die Ausstellungsbehörden verabfolgt.

Diese Empfehlungen wurden auch den vom Bunde nicht subventionierten Abgeordneten von Kantonen, Fabriketablissements etc., sowie einigen Persönlichkeiten zu teil, welche die Ausstellung zu «Studienzwecken auf eigene Rechnung besuchten.

In einer im April vor der Abreise der Delegierten in Bern stattgehabten Konferenz erhielten dieselben Aufschlüsse betreffend die Reise, den Aufenthalt in Chicago, die Ankäufe von Gegenständen für Sammlungen, Berichterstattung etc.

Ihre Abreise erfolgte teils einzeln, teils gruppenweise vom Mai bis August.

Im November hatten wir das Vergnügen, die meisten Delegierten nach glücklicher Erfüllung ihrer Mission, oder wenigstens des ersten Teils derselben, in einer zweiten Konferenz zu begrüßen.

An dieser Konferenz wurde die Art und Weise erörtert, wie die Resultate ihrer Studien und Betrachtungen am besten bekannt gemacht und verwertet werden könnten. Es wurden die Titel der Berichte festgestellt und beschlossen, diese letzteren auf Verlangen an jedermann gratis abzugeben. Es wurde ferner vereinbart, daß die Delegierten ihre Beobachtungen namentlich auch durch mündliche Vorträge verwerten sollten. Als Endtermin für die Ablieferung der Berichte wurde der 15. Januar 1894 bestimmt.

184

Anläßlich dieser Besprechung drückten die Delegierten ihre große Befriedigung über den Eifer und die Hingebung aus, mit welcher die Herren Konsul Holinger und Minister Claparède ihnen mit Rat und That an die Hand gegangen waren.

3. A n k ä u f e für S a m m l u n g e n . Hierfür sind nach vorläufigen Mitteilungen cirka Fr. 25,000 ausgegeben worden. Mittelst des uns für diesen Zweck und für die Drucklegung der Delegiertenberichte durch Ihren Beschluß vom 23. Dezember 1892 eröffneten Kredits von Fr. 15,000 werden wir Beiträge von cirka 40 °/o des Ankaufspreises gewähren können. Der nicht gedeckte Teil wird aus den von den Kantonsregierungeu und Museen dekretierten Mitteln bestritten.

b. Andere Ausstellungen.

Die gegenwärtige Zeit ist an Ausstellungen aller Art nicht arm, aber mit der Quantität hat die Qualität nicht Schritt gehalten ; mehr und mehr pflegen sie von der Privatinitiative auszugehen und des offiziellen Charakters und infolgedessen auch einer gewissen damit verbundenen moralischen Garantie zu entbehren. Der Zweck des Ausstellers, das Beste, was menschliche Kraft und Intelligenz hervorzubringen vermögen, darzustellen, tritt immer mehr hinter demjenigen zurück, am Orte der Ausstellung durch einen ausgiebigen» Verkauf ein gutes Geschäft zu machen. Die Ausstellungen nehmen dadurch zunehmends den Charakter von Weltmessen an.

Wir haben uns auch im Berichtsjahre mit zahlreichen Ausstellungsprojekten mehr oder weniger zu befassen gehabt.

A n t w e r p e n . Von der belgischen Regierung ging uns eine Einladung zur Teilnahme der Schweiz an einer im Jahre 1894 in.

Antwerpen stattfindenden Weltausstellung zu. Dieses Unternehmen rechnete unter anderm darauf, daß sieh viele Industrielle entschließen werden, ihre Erzeugnisse in Antwerpen gleichsam auf dem Rückwege von Chicago auszustellen. Was die Schweiz betrifft, hat sich diese Voraussetzung nicht bewährt. Eine Umfrage im Schweizerischen Handels- und Industrieverein ergab eine fast völlige Interesselosigkeit.

Auch die direkten Schritte der belgischen Gesandtschaft in Bern und die Bereisung der Schweiz, welche der schweizerische Vizekonsul in Antwerpen auf Veranlassung der Ausstellungsbehörde unternahm, vermochten nur wenige Beitrittserklärungen zu veranlassen, so daß von der Errichtung einer schweizerischen Sektion oder anderweitiger offizieller Teilnahme keine Rede sein konnte.

18& L y o n und M a d r i d . Diese ebenfalls im Jahr 1894 stattfindenden internationalen Ausstellungen erwähnen wir nur der Vollständigkeit halber. In letzterer Stadt handelt es sich um ein ganz privates Unternehmen ohne genügende Garantien, in Lyon um ein Gebiet, das seine Thore unserem Export verschlossen hat.

In San F r a n c i s c o wurde am 1. Januar 1894.eine private internationale Ausstellung, als Fortsetzung derjenigen in Chicago, eröffnet. Die Bemühungen der Veranstalter derselben, schweizerische Objekte dahinzuziehen, blieben ohne nennenswerten Erfolg.

S p e c i a l a u s s t e l l u n g e n . Von solchen Unternehmungen internationaler Natur haben wir folgende zu erwähnen : Internationale Ausstellung für Medizin und Hygieine in R o m , September und Oktober 1893.

Nationale Ausstellung von Wein und Olivenöl, verbunden mit einer internationalen Abteilung für Maschinen und Geräte zur Weinund Ölbereitung in M a i l a n d ; Eröffnung Mai 1894.

Ausstellung für Volksernährung, Armeeverpflegung, Rettungswesen und Verkehrsmittel in W i e n , vom 20. April bis 10. Juni 1894.

Ausstellung von Amateurphotographien in H a m b u r g , Oktober 1893.

Obstbauausstellung in St. Petersburg, Herbst 1894.

Berg- und hüttenmännische Ausstellung in Santiago, Chile, 1894.

Wir haben uns darauf beschränkt, diese Ausstellungen durch das Schweizerische Handelsamtsblatt zur allgemeinen Kenntnis zu bringen, und daselbst die wichtigsten Bestimmungen der Réglemente zu publizieren, sowie uns zu weiteren Informationen an Interessenten bereit zu erklären. Wir kamen jedoch nicht in den Fall, uns mit denselben in näherer Weise zu befassen.

Internationale Ausstellung von Photographien u n d p h o t o g r a p h i s c h e n A p p a r a t e n i n G e n f . A n diese im August des Berichtsjahres vom schweizerischen Photographenverein veranstaltete Ausstellung haben wir auf Rechnung des ordentlichen Kredites für Handels- und Verkehrswesen eine Subvention von Fr. 1500 ausgerichtet. Wir dürfen erwähnen, daß diese seriöse Ausstellung sich der Unterstützung als würdig erwiesen hat. Nähere Angaben können noch nicht gemacht werden, weil der Ausstellungsbericht noch nicht gedruckt vorliegt.

186

c. Aufstellung internationaler Grundsätze für Weltausstellungen.

Wie wir schon in unserem letztjährigen Geschäftsbericht kurz andeuteten, haben die Schwierigkeiten bei der Erledigung der Juryangelegenheit in Chicago neuerdings die Frage nahegelegt, ob nicht die Verwirklichung der seiner Zeit von Herrn Guyer-Freuler angeregten Idee angestrebt werden sollte, auf dem Wege einer internationalen Verständigung allgemeine Grundsätze über die Organisation und den Geschäftsgang von Preisgerichten an internationalen Ausstellungen aufzustellen. Daneben sind auch andere Punkte ins Auge gefaßt worden : Form der Prämien, Verkauf der ausgestellten Gegenstände während der Ausstellung, Wahrung des geistigen Eigentums, Zollformalitäten etc.

Auf Veranstaltung unseres Departements des Auswärtigen und unter dem Vorsitze von Herrn Bundesrat Deucher in Verhinderung von Herrn Bundesrat Lachenal fand am 1. Juli eine erste Vorbesprechung dieser Angelegenheit statt, an welcher außer Vertretern des Justizdepartements, der Handelsabteilung und der Industrieabteilung folgende Herren teilnahmen: N a t i o n a l r a t C r a m e r - F r e y , Präsident des Schweizerischen Handelauud Industrievereins, in Zürich; alt Bundesrat D r o z , Direktor des Centralamts für internationalen Eisenbahntransport, in Bern; alt Nationalrat Ernest F r a n c i 11 o n , schweizerischer Kommissär für die Weltausstellung in Antwerpen 1885, in 8t. Immer; G u y e r - F r e u l e r , schweizerischer Generalkommissär für die Weltausstellung in Paris 1878, in Zürich; alt Nationalrat Henri M o r e l , Direktor der internationalen Bureaux für gewerbliches, litterarisches und künstlerisches Eigentum, in Bern ; Oberst V ög e l i - B o d mer, schweizerischer Generalkommissär für die Weltausstellung in Paris 1889, in Zürich; Prof. Dr. Gustav V o g t , schweizerischer Generalkommissär für die Weltausstellung in London 1862, in Zürich.

Die Ansichten gingen bei dieser Besprechung im allgemeinen dahin, daß es sehr schwer halten würde, eine förmliche internationale Vereinbarung mit verbindlichen Normen und eine ständige Organisation mit gewissen Kompetenzen zu stände zu bringen.

Hingegen hielt man dafür, daß es möglich wäre, sich über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze zu einigen, welche den Staaten als moralische Richtschnur dienen würden. Man dürfte sich von einer solchen freien Vereinbarung nach der Ansicht, welche vor-

187

wiegend zur Geltung kam, einen nicht zu unterschätzenden praktischen Einfluß auf die verschiedenen Anordnungen an künftigen Ausstellungen versprechen, und es wäre nicht ausgeschlossen, sie mit der Zeit weiter auszubilden, wenn und wie sich das Bedürfnis hierfür geltend machen wird. Seit jener Konferenz hat auch die Ansicht Fuß gefaßt, daß an jeder größern internationalen Ausstellung unter andern ein Kongreß zur Besprechung organisatorischer Ausstellungsfragen stattfinden sollte.

Der Bundesrat hat sich zur Zeit der Drucklegung dieses Berichtes noch nicht im Plenum mit dieser Angelegenheit befaßt.

IV. Kommerzielle Berufsbildung.

Im Berichtsjahr haben wir für das kommerzielle Bildungswesen Unterstützungen im Gesamtbetrage von Fr. 87,490 ausgerichtet, wovon Fr. 46,800 an Handelsschulen, Fr. 38,640 an kaufmännische Vereine und Fr. 2050 an drei Stipendiaten.. Dem kaufmännischen Verein Bellinzona wurde für das Rechnungsjahr 1892/93 nachträglich eine Subvention von Fr. 150 gewährt. Die Einzelheiten ergeben sich aus den nachstehenden Zusammenstellungen.

A. Handelsschulen.

Budget 1893/94.

ünterrichtsttonorare und GesamtLehrmittel. ausgäbe.

Fr.

Fr.

Bern Chanx-de-Fonds Genf . . .

Neuenbnrg . .

Solothurn . .

Winterthur . .

') ') ') ·)

18,050 24,320 34,310 36,845 15,110 17,400

33,937 45,090 48,345 16,920 19,330

1893/94 146,035' 1892/93 121,499 1891/92 66,342

183,812 156,744 98.590

.

.

.

.

.

20,190

1

Beiträge POn Staat und SchulGemeinde. gelder.

Fr.

Fr.

12,030 2,160 24,237 ») 25,790 10,000 24,345 12,000 -- 10,110 11,830 2,700 108,342 89,326

Darunter 4 Hospitanten.

Beitrag des Bureau für Gold- und Silberkontrolle.

Darunter l Hospitant.

Darunter H Hospitanten.

26,860

BandesSchüler subvention. 1892/93.

Fr.

6,000 9,700 9,300 12,000 5,000 4,800 46,800 38,500 20,166

47')

34 112 103«) 50*)

60 406 407

188 Verhältniswahlen.

Unterrichtslionorare.

%> der Gesamtausgaben.

Bern . . . .

Chaux-de-Fonds Genf . . .

Neuenburg . , Solothurn .

Wmterthur . -

1893 1892 1891

te

Bundes subvention, «/n o/

a

Auf jeden Schüler trifft ea Unterrichts- Gesamthonorar.

ausgabe.

oe"* "As r* Honorare.

beitrage.

Fr.

71 76 76 89 90

33 40 ') 27 32,5 33 27,5

50 40 36 49 50 40

384 715 306 357 302 290

998 402 469 338 322

79 77 67

32 32 30

43 43

360 298

453 385

89

Fr.

429

Das für die Beurteilung der Entwicklung wesentliche Verhältnis der Unterrichtshonorare zu den Gesamtausgaben ist seit 1891 von 67 auf 79 °/o gestiegen.

Das bedeutend höhere Prozentverhältnis bei den Schulen in Bern, Solothurn und Winterthur erklärt sich daraus, daß dieselben mit allgemeinen Lehranstalten verbunden sind; ihr Anteil an den gemeinschaftlichen Unkosten dieser Anstalten ist geringer als die Unkosten, welche ihnen erwachsen würden, wenn sie, wie die Schulen in Chaux-de-Fonds, Genf und Neuenburg, unter völlig getrennter Verwaltung stünden.

Bei Bestimmung der Bundessubvention bildet in erster Linie die Basis diejenige Summe, die von den Schulbehörden gewünscht wird. Wenn kein bestimmter Betrag angegeben wird, so gilt der Grundsatz, ungefähr ein Drittel des Unterrichtshonorars und der Ausgaben für Lehrmittel und Sammlungen als Beitrag auszurichten.

Reglementarisch kann dieser höchstens bis auf die Hälfte der jährlich seitens der Kantone und Gemeinden aufgebrachten Summen sich belaufen. Sämtliche im Berichtsjahr gewährten Subventionen entsprechen den von den betreffenden Schulbehörden gewünschten Beträgen.

Wenn nach dem Rechnungsschluß die Ausgaben unter dem Budget bleiben, so wird bei Entrichtung der nächstjährigen Subvention ein entsprechender Betrag abgezogen.

Die vorjährige Subvention an die Handelsschule in B e r n wurde für drei Quartale, d. h. vom 1. April bis 31. Dezember verlangt und ausgerichtet, während bei der diesjährigen Subventionierung ') Infolge einer einmaligen Ausgabe für Lehrmittel (chemisches Laboratorinm und physikalische Apparate) erhöhte sich die Subvention ausnahmsweise.

189

die Lehrerhonorare und Lehrmittel für das ganze Jahr in Berechnung fielen. Auf Beginn des Schuljahres 1894/95 steht die Eröffnung der obersten Klasse dieser vierklassigen Handelsschule in Aussicht.

An den Handelsschulen in S o l o t h u r n und in W i n t er t hur ist die dritte Klasse eröffnet worden, weshalb die Bundessubventionen für die beiden Anstalten bedeutend vermehrt werden mußten.

An den P r ü f u n g e n der Handelsschulen in C h a u x - d e - F o n d s , N e u e n b ü r g und S o l o t h u r n ließ die Handelsabteilung sich durch Delegierte vertreten. Nach ihren Berichten sind anerkennenswerte Leistungen zu verzeichnen.

Die Errichtung n e u e r H a n d e l s s c h u l e n steht in Aarau und Bellinzona bevor.

B. Kaufmännische Vereine.

1. Sektionen des Schweizerischen kaufmännischen Vereins.

Unterrichtshonorare.

Zürich . .

Basel. . .

St. Gallen .

Bern . . .

"Wïnterthur Schaffhausen Burgdorf 2 .

Neuchâtel ) Baden .

Herisau . .

.

.

.

.

.

.

.

.

. .

. .

. .

.

.

.

.

.

. .

.

Chur . . . . .

London . . .

Solothurn . . .

Biel . . . . .

Zofingen . . .

Lausanne . . .

Schönenwerd . .

Aarau . . .

Wädensweil . .

Borgen . . .

Freiburg . . .

Bellinzona . . .

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Gesamtausgabe.

Fr.

Fr.

18800 12,000 6,200 5400 4,550 2,700 2,000 1,875 ,400 ,400 ,400 ,270 220 ,170 ,000 960 900 900 861 840 670 660 620

25,500 13,850 10,500 11,020 8,770 4,500 3,500 - 4,578 2,660 2,900 3,920 2,300 3,340 2,525 3,260 1,985 2,000 1,420 2,330 1,117 1,200 2,235 1,905

Subvention Durchschnittliche Zahl von Staat, Ge- Bandesmeinde und subvention. der KursHandelsstand.

teilnehmer.

Fr.

Fr.

10,000

4,15e1) 3,800 2,400 1,900 620 250 1,050 510 1,040 200 500 1

-- 300 820 90 75 200 530 120 100 200 200

5,000 3,000 2,000 1,800 1,500 1,150 1,000 1,000 700 600 700 600 750 650 500 550 450 450 450 400 350 500 450

555 168 314 192 183 72 82 56 96 44 51 74 . 39 144 115 34 78 15 50 30 24 50 42

') Die Jahresbeiträge der ,,Freimitglieder" mit Fr. 2500 Inbegriffen.

') Die Sektion in Neuchatel hat sich mit der Union commerciale daselbst zum Zwecke der gemeinsamen Erteilung des Unterrichts vereinigt. Die mitgeteilten Zahlen hegreifen beide Vereine in sich.

190 Unterrichtshonorare.

St-Imier . . .

Langenthal . .

Payerae . . .

Uster . . . .

Bulle . . . .

Olten . . . .

Wyl Lenzburg . . .

Herzogenbuchsee 1 Frauenfeld ) . .

Genf 1 ) . . . .

Fr.

Fr.

610 600 600 530 480 450 450 400 200

1,185 1,600

-- 73,116

Centralkomitee des Vereins (für Vorträge, Preisarbeiten und .Bibliothekanschaffungen für die Sektionen) Total

Gesamtausgabe.

970 1,287

998 980 1,350

865 550 400

127,500

5,000 73,116

132,500

Subvention Durchschnittvon Staat, Ge- Bundesliche Zahl meinde und subvention. der KursHandelsstand.

teilnehmer.

Fr.

Fr.

300 550 150 375 180 250 50 --

400 350 300 350 300 250 300 250 140

57 78 16 67 12 28 30 49 37

--

--

--

'--

30,910

27,190

2,882

_

5,000

_

30,910

32,190

2,882

2,800

299

2,500

148

2. Vereinzelte Vereine.

L u z er n, Fortbildungsschule des Vereins junger Kanflente . . .

Paris, Cercle commercial suisse . .

L a u s a n n e , Société des jeunes commerçants . . .

Chanx-de-Fonds, Société des jeunes commerçants . .

Total aller Vereine 1893 1892 1891 1890

6,500

8,000

12,050

5,100

5,600

1,300

5,000

900

650

30

700

1,817

430

350

19

15,100

24,467

7,830

6,300

496

88,216 78,906 63,092 53,562

156,967 141,698 128,236 106,328

38,740

38,490 33,100 18,700

3,378

') Die Sektion Frauenfeld hat zur Zeit der Drucklegung dieses Berichtes noch kein Budget eingesandt; ehenso lagen vorderhand seitens der Sektion Genf keine genügenden Anhaltspunkte fllr die Ausrichtung einer Subvention vor.

191 Verhältniswahlen.

Bundessubvention.

Unterrichtshonorar % °/o ,,er des Unterrichts- der GesamtSchule honorars.

ausgaben.

Basel Zürich : St. Gallen Winterthur Bern '. . . .

Schaffhausen Herisan Chur Wädensweil Schönenwerd Payerne Lugano Lausanne Burgdorf Biel Baden Borgen Aarau Neuchâtel mit Union commerciale . .

Solothurn Ölten Zofingen Langenthal

25 26 32 33 33 43 43 47 48 50 50 50 50 50 50 50 52 52 53 55 5i 57 58

80 73 59 51 49 60 50 55 75 63 61 35 45 59 30 52 55 37 41 46 45 48 38

71 34 20 24 30 37 30 17 28 60 37 27 11 24 9 14 28 17 33 8 16 29 8

London

61

36

31

Lenzburg Bulle St-Imier Wyl Uster Herzogenbuchsee Bellinzona Freiburg

62 62 65 66 66 70 75 76

46 48 51 33 41 36 37 29

8 40 11 15 8 6 15 13

37

57

25

35 49

66 90

27 34

50

38

37

. . . .

L u z e r n , Portbildungsschule des Vereins junger Kaufleute Paris, Cercle commercial suisse . .

C h a u x - d e - F o n d s , Société des jeunes commerçants L a u s a n n e , Société des jeunes commerçants G e s a m t v e r h ä l t n i s 1893 1892

50

26

43

42

62

30

38 42

58 55

26 17

Aus dem Verhältnis des Unterrichtshonorars zu den Gesamtkosten und zur Schülerzahl darf bei den Vereinen nicht immer auf den ökonomischen Geist derselben und die Intensität des Unterrichts

192 geschlossen werden ; in einigen Vereinen wird der letztere von einzelnen Lehrern unentgeltlich oder zu reduziertem Honorar erteilt.

In der Regel tritt aber immerhin bei den thätigsten und bestverwalteten Vereinen auch ein günstigeres Verhältnis des Unterrichtshonorars zu den Gesaratkosten zu Tage, was namentlich bei den größeren der Fall ist.

Die Bemessung der Bundessubvention für die kaufmännischen Vereine erfolgt nach dem Grundsatze, daß Vereine an kleineren Ortschaften bei befriedigenden Leistungen mindestens 40 °/o der budgetierten Unterrichtshonorare, die größeren städtischen Vereine, wie Basel, Bern, St. Gallen, Zürich, welchen in Form von Beiträgen der Kaufmannschaft und Lokalbehörden, sowie von Zinsen eigener Kapitalien reichere Mittel zu Gebote stehen, lk bis lla derselben erhalten. Die schweizerischen kaufmännischen Vereine in London und Paris, die nur vom Bunde in erheblicher Weise unterstützt werden, haben mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen und müssen daher bei Zuteilung der eidgenössischen Subvention stärker bedacht werden als die städtischen Vereine in der Schweiz selbst.

Die litterarischen Anschaffungen sämtlicher Sektionen des ,,Schweizerischen kaufmännischen Vereins"1 werden vom Centralkomitee des Vereins nach einem gewissen Systeme besorgt; es sind demselben zu diesem Zwecke, sowie für Vorträge in den Sektionen und für Preisarbeiten Fr. 5000 ausgerichtet worden.

Dem Central verein sind die kaufmännischen Vereine in B a s e l , B e l l i n z o n a , B u l l e und H o r g e n beigetreten, so daß derselbe heute 34 Sektionen umfaßt. Die Sektion N e u e n b u r g und die dortige U n i o n c o m m e r c i a l e haben sich auf unsere Anregung hin zum Zwecke eines gemeinschaftlichen Unterrichts vereinigt. Bei den beiden Vereinen in Lausanne sind Schritte zum gleichen Zwecke gethan worden. Die Bemühungen der vorzüglichen Präsidialleitung des Gen trai Verbundes, die wenigen noch vereinzelten Vereine zum Anschlüsse zu bewegen, wurden von unserer Handelsabteilung verdientermaßen unterstützt, da der Verband einen sehr anregenden Einfluß auf das Unterrichtswesen der einzelnen Sektionen ausübt.

S t i p e n d i e n . Dem Stipendiaten, der die Handelsschule in Venedig besucht und einer der besten Schüler derselben ist, wurde im Berichtsjahre wiederum ein Stipendium von Fr. 1200 gewährt.
Einem Lehrer der Handelsschule in Bern, der sich anerbot, deutsche Handelsschulen zu besuchen, um die Art des Unterrichts, sowie die Ausrüstung der Warensammlungen kennen zu lernen und während des Wintersemesters Kollegien an der Handelsakademie in München zu hören, um sich als Handelslehrer noch mehr auszubilden, wurde ein einmaliges Stipendium von Fr. 700 zugesprochen.

193 Eine Subvention von Fr. 150 per Semester wird auf Empfehlung des Erziehungsrates des Kantons Zürich einem Schüler der V. Klasse der Handelsschule am kantonalen Technikum in Winterthur ausgerichtet, nachdem er erklärt hat, sich als Lehrer für den kommerziellen Unterricht ausbilden zu wollen und ihm vom Kanton Zürich das Schulgeld (50 Fr.) erlassen, sowie eine Subvention von ebenfalls Fr. 150 gewährt worden ist. Dieser Stipendiat wird als einer der vorzüglichsten Schüler prädiziert.

A l t e r s m i n i m u m. Das Departement beschäftigt sich zur Zeit mit der Frage, ob nicht die reglementarische Bestimmung des Altersminimums von 15 Jahren für den Eintritt in die unterste Klasse der subventionierten Handelsschulen aufzuheben sei. Die meisten Schüler sind beim Abgang von denjenigen Schulen und Klassen, die ihrem Eintritte in die Handelsschule naturgemäß vorangehen, gewöhnlieh "14 bis 14Ya Jahre alt. Ein strenges Festhalten am Minimum von 15 Jahren erschwert an manchen Orten deo Klassenanschluß und führt zur nachteiligen Störung des natürlichen Studieuganges.

Es macht sich übrigens in weiteren Kreisen die Ansicht geltend, daß ein junger Mann beim Eintritt in die praktische Lehre das Alter von 17 bis 18 Jahren nicht überschritten haben sollte, solange unsere Handelsschulen nicht förmliche kaufmännische Comptoirs einrichten und sich das praktische Ziel setzen können, ihre Zöglinge den Geschäftshäusern gleichsam ^bureaufertig11 zuzuführen.

Um anderseits einer Überfüllung der untersten Klasse vorzubeugen, könnte ein Maximum der Schülerzahl pro Klasse aufgestellt oder die Höhe der Bundessubvention teilweise von der Verhältniszahl derjenigen Schüler abhängig gemacht werden, die die Schule bis zu Ende besuchen. Ein großer Teil der Schüler pflegt gegenwärtig die Anstalten schon nach Absolvierung der untersten Klasse zu verlassen und trägt daher nur dazu bei, diese zu vergrößern und die Intensität des Unterrichts zum Schaden der alle Kurse durchmachenden Zöglinge abzuschwächen.

K l a s s e n s t ä r k e . Wir legen bei der Taxierung der verschiedenen Schulen immer ein großes Gewicht darauf, daß die Klassen nicht zu groß seien. Am günstigsten verhielt sich in dieser Hinsicht im Jahr 1893 die Handelsschule in La Chaux-de-Fonds mit 14 Schülern in der ersten, 13 in der zweiten und 7 in der dritten Klasse. Eine
allzu kleine Schülerzahl in der obersteu Klasse ist selbstverständlich auch nicht wünschenswert. Es sollten die Verhältnisse nicht sein wie in der Handelsschule in Bern, wo in der untersten Klasse 26 Schüler, also zu viel, in der mittleren 18 und in der oberen nur 3 Schüler waren.

Btmdesblatt. 46. Jahrg. Bd. II.

13

194 Wir wollen nicht unterlassen, zu bemerken, daß die genannte Schule in La Chaux-de-Fonds von den Eltern der eintretenden Schüler nun die schriftliche Verpflichtung verlangt, eine Konventionalbuße zu bezahlen, wenn der Austritt der Schüler ohne genügenden Grund vorzeitig erfolgt. Diese Konventionalbuße mußte bereits in einigen Fällen entrichtet werden. Die Verpflichtung wird also strenge genommen und kann nicht verfehlen, Eltern und Schülern den Ernst ihres Schrittes bei der Anmeldung zum Bewußtsein zu bringen und die Erfolge der Schule qualitativ und quantitativ zu vergrößern.

A b g a n g s p r ü f u n g . Die Handelsabteilung hegt die Absicht, eine kleine Prüfungskommission einzusetzen, welche die abgehenden Schüler jeder Anstalt nach gewissen, im Einvernehmen mit den Schulen und berufenen Vertretern des Handelsstandes zu bestimmenden Minimalanforderungen öffentlich examinieren und denjenigen mit befriedigenden Leistungen ein eidgenössisches Diplom ausstellen würde. Wenn das Minimum der Leistungen nicht zu gering gehalten und mit den praktischen Anforderungen unserer Geschäftswelt möglichst in Einklang gebracht wird, kann es kaum ausbleiben, daß das eidgenössische Diplom nach und nach ein gewisses Ansehen erlangen und der Wunsch, dasselbe zu erwerben, manchen tüchtigen Schüler von einem vorzeitigen Austritt abhalten wird.

W e i b l i c h e H a n d e l s s c h u l e n . Der Erziehungsrat des Kantons Z ü r i c h stellte das Gesuch um Subventionierung der Handelsschule für Töchter in Zürich; diesem Begehren konnte nicht entsprochen werden, weil der Bundesbeschluß betreffend Förderung der kommerziellen Bildung keine Anhaltspunkte dafür enthält, daß man auch kommerzielle Bildungsanstalten für das w e i b l i c h e . Geschlecht subventionieren wollte. Ähnliche Anfragen sind auch schon von den Vorständen der Mädchensekundarschulen in B e r n und B i e l erfolgt.

Es ist zwar richtig, daß der erwähnte Bundesbeschluß keine Beschränkung betreffend das Geschlecht enthält, sondern ganz allgemein von der Förderung der kommerziellen Bildung spricht. Insoweit bestünde also kein Hindernis, ihn auch auf Handelsschulen für Töchter auszudehnen. Wenn man jedoch nach der Z w e c k m ä ß i g keit einer Förderung dieser Schulen von Bundeswegen fragt, so ist zunächst zu berücksichtigen, daß das Ziel der weiblichen
Handelsschulen ein verschiedenes sein kann : entweder die Verbreitung allgemeiner kaufmännischer Bildung unter dem weiblichen Geschlechte überhaupt zur Heranziehung tüchtiger Frauen als geschäftliche Stützen unseres Gewerbestandes und unserer Kaufmannschaft, oder aber spezielle Ausbildung weiblicher Kräfte als bezahlte Gehülfen in

195 Handelshäusern und Verwaltungsbureaux. Das erstere Bestreben dürfte im allgemeinen berechtigt, aber keiner besonderen Bundeshülfe bedürftig sein. Die Ansichten über den Nutzen der b e r u f s m ä ß i g e n Heranziehung weiblicher Hülfskräfte für den Handel sind hingegen sehr geteilt. Ohne einer näheren Untersuchung der Frage vorgreifen zu wollen, glauben wir einstweilen doch konstatieren zu sollen, daß ein solches Ziel der Tendenz bei der eidgenössischen Subventionierung der Handelsschulen nicht ganz entspricht, da es notwendig dazu führen muß, das Angebot von Handelsgehülfen numerisch zu vergrößern, den Wettbewerb des männlichen Elements hierbei zu erschweren und das letztere von Opfern zur Erwerbung einer gründlichen kaufmännischen Bildung, welche durch die eidgenössischen Subventionierungen gefördert werden soll, abzuschrecken.

Was uns übrigens von vornherein zur Zurückhaltung nötigte, sind finanzielle Bedenken. Höhere Mädchenschulen mit Handelsabteilungen oder mit einer Organisation, die die Bildung einer solchen Abteilung ermöglicht, giebt es in allen unseren größeren Städten.

Wir müssen befürchten, daß Handelsschulen für Töchter im Falle von Bundesunterstützung zahlreicher würden als die männlichen und daß das gegenwärtige Budget von Fr. 120,000 für die Förderung des kaufmännischen Bildungswesens in kurzer Zeit mindestens zu verdoppeln wäre. Es entstünde dadurch eine Zersplitterung unserer finanziellen Aufwendungen. Soweit unsere Finanzen eine Vermehrung der Subventionen überhaupt erlauben, erscheint es uns zweckmäßiger, dieselben auf die männlichen Schulen zu konzentrieren, anstatt durch die angeregte Erweiterung des Subventionskreises die förmliche, berufsmäßige Ausbildung unserer Töchter für einen Stand zu erleichlern, der im großen und ganzen doch eher die physische Veranlagung des Mannes voraussetzt und nicht in der natürlichen Bestimmung des Weibes liegen kann.

Es ist indessen zu erwähnen, daß in der von uns subventionierten Handelsabteilung am Technikum in Winterthur Schülerinnen zugelassen werden und daß sich die dortige Schulbehörde über dieses gemischte System befriedigend ausspricht. Die ersteren zeichnen sich in der Regel durch rasche Auffassung und Fleiß, wie durch Fortschritte aus. Wir sind über die Zulässigkeit dieses Systems im Zusammenhange mit der Subventionierung
des Bundes von der betreffenden Behörde nicht angefragt worden. Die Entscheidung über das besprochene Prinzip im allgemeinen vorbehalten, muß dieses gemischte System wohl als die zweckmäßigste Lösung der Frage betrachtet werden. Wir haben uns einstweilen nicht veranlaßt .gesehen, gegen dasselbe Stellung zu nehmen.

196 L a n d e s a u s s t e l l u n g . Wir beabsichtigen, dafür Sorge zu tragen, daß das gesamte kaufmännische Bildungswesen an der schweizerischen Landesausstellung in Genf in einheitlicher und passender Weise zur Darstellung gelangt.

V. Konsulatsberichte.

Das vollständige Verzeichnis der Konsulate, mit welchen unsere Handelsabteilung im Berichtsjahre in Korrespondenz stand, ist folgendes : Algier*, Amsterdam, Antwerpen, Batavia*, Bordeaux, Brüssel, Budapest*, Buenos-Aires*, Bukarest*, Chicago, Christiania, Concordia* (Argentinien), Cordoba* (Argentinien), Frankfurt a. M., Galatz'", Guatemala*, Hamburg, Havre, Königsberg, Kopenhagen, Lissabon, Livorno*, Lyon, Mailand, Manila*, Mannheim, Marseille, Mendoza (Argentinien), Neapel*, Odessa, Palermo, Patras*, Philadelphia*, Riga, Rosario, Rotterdam, San Francisco, St. Paul, St. Petersburg, Santos, Stockholm*, Stuttgart, Sydney, Tiflis*, Traiguen, Valparaiso, Venedig*, Yokohama*.

Die mit * bezeichneten Konsulate sind solche, deren Berichte ganz oder auszugsweise im Handelsamtsblatt publiziert worden sind.

Wir erwähnen bei diesem Anlasse auch noch des Handelsberichtes, welchen' uns unsere Gesandtschaft und Generalkonsulat in BuenosAires erstattet hat. Von diesem letztern, sowie von demjenigen des Generalkonsulats in Yokohama haben wir Separatabzüge in Broschürenform anfertigen lassen.

Abgesehen von diesen umfassenden Berichten war die Handelsabteilung wie gewohnt im Falle, von den meisten Konsulaten während des Jahres Auskünfte der verschiedensten Art für die laufenden Geschäfte zu verlangen. Wir haben allen Grund, mit der Promptheit und Bereitwilligkeit, mit welcher sich die Konsuln bei solchen Anlässen zu unserer Verfügung stellen, sehr zufrieden zu sein.

Bin wesentlicher Teil der Konsularberichterstattung vollzieht sich auch auf dem Wege der direkten Korrespondenz mit unsern Handelshäusern. Wir glauben dies besonders hervorheben zu sollen, weil sich diese Thätigkeit der allgemeinen Beachtung entzieht, obschon sie einzelne Konsuln, wie auch die Gesandtschaften sehr in Anspruch nimmt.

Über den Standpunkt, welchen wir im a l l g e m e i n e n hinsichtlich ' der Berichterstattung der Konsulate einnehmen, haben wir uns in unserem letzten Berichte einläßlich ausgesprochen und können uns darauf beschränken, das daselbst Gesagte in allen Teilen zu bestätigen.

197

VI. Haudelsanitsblatt.

Mit dem Berichtsjahre hat das Handelsamtsblatt das zweite Decennium seines Bestehens angetreten.

Dieses Organ wurde bekanntlich durch das Obligationenrecht ins Leben gerufen, um zur Publikation der Einträge in das Handelsregister, sowie von Werttitelamortisationen u. s. w. zu dienen. Die erste Nummer erschien am 4. Januar 1883.

Unsere verschiedenen Departemente bedienten sich des Blattes von Anfang an auch zur Publikation der Fabrik- und Handelsmarken, der Wochensituationen, Bilanzen und Statistik der Emissionsbanken, der Verfügungen der Zollverwaltung, der Handelsstatistik, Konsularberichte etc. Die meisten Transport- und Finanzinstitute benützten den Annoncenteil des Blattes regelmäßig zur Bekanntmachung ihrer Generalversammlungen, Dividendenverteilungen etc.

In einem nichtamtlichen Teil wurden vom Handelsdepartement außerdem Mitteilungen über Handelsverträge, auswärtige Zölle, Weltausstellungen etc. veröffentlicht.

Das Blatt hat sich seither in verschiedener Hinsicht entwickelt und ausgestaltet.

Der a m t l i c h e Teil desselben vermehrte sich successive um folgende Publikationen : 1884 litterarisches und künstlerisches Eigentum, Muster und Modelle; 1886 Bilanzen und Rechtsdomizile von Versicherungsgesellschaften; 1888 Erfindungspatente; 1892 Konkurse.

Der A n n o n c e n t e i l hat sich mehr als verdreifacht. Ina Jahr 1883 füllten die Privatannoncen 43 Seiten, im Jahr 1893 152 Seiten.

Dieser Teil des Blattes war früher an die Druckerei des Blattes verpachtet, im Jahr 1891 wurde er in eigene Verwaltung genommen.

Die Einnahmen warfen im Jahr 1883 Fr. 3449, im Jahr 1893 bei gleichgebliebenem Zeilenpreise Fr. 12,610 ab. Es sind der Direktion des Blattes von Annoncenagenturen wiederholt Pachtofferten gemacht worden, welche wesentlich größere Einnahmen als bisher versprachen.

Aus verschiedenen triftigen Gründen hielt es die Handelsabteilung bis jetzt nicht für empfehlenswert, auf diese Offerten einzutreten, doch ist die spätere Vergebung der Annoncen an eine Agentur unter gewissen Voraussetzungen nicht ausgeschlossen.

Im E r s c h e i n e n des Blattes ist eine vollständige Änderung eingetreten. Dasselbe wurde früher nur ein- bis zweimal an beliebigen Wochentagen ausgegeben ; heute erseheint es fünf- bis sechsmal wöchentlich zu bestimmter Stunde, in den Frühjahrsmonaten öfters zweimal im Tag.

198 Die F i n a n z e n des Blattes sind heute ebenfalls wesentlich bessere. Die Einnahmen haben sich vermehrt, die Kosten verhältnismäßig vermindert. Die ersteren deckten früher die Hälfte bis Dreiviertel der letztern; heute halten sich beide ungefähr das Gleichgewicht, wie aus folgenden Ziffern hervorgeht: Ausgaben.1)

Fr.

18842) (104 Nr., 893 S., 4500 Exempl.) · 51,125 1893 (271 ,, 1168 ,, 5000 ,, . 63,197

Einnahmen.

Fr.

25,07l3) 59,879*)

Auf die einzelnen Hauptposten verteilten sich die Einnahmen und Ausgaben im Jahr 1893 wie folgt: Einnahmen.

Fr.

Abonnemente 18,739. 96 Privatanzeigen 12,610. 50 Insertionsgebühren für Konkurspublikationen . . .

7,445. 20 Beitrag des Banknoten-Inspektorates für die Publikationen betreffend die Emissionsbanken . . . .

7,000. -- Handelsregistergebühren 6,619. -- Insertionsgebühren für Bilanzen von Versicherungsgesellschaften 2,499. 50 Beitrag des eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum für die Publikation der Marken und der Listen der Patente, Muster, Modelle, sowie der litterarischen und künstlerischen Werke 2,000. -- Insertionsgebühren für Werttitelamortisationen . . . 1,368. 60 Insertionsgebühren für Rechtsdomizile von Versicherungsgesellschaften 782. 90 Verschiedenes 813. 67 Total 1

59,879. 33

) Inkl. Personal.

) Die Ziffern des Jahres 1883 können nicht wohl in Vergleich gezogen werden, weil in jenem Jahre alle Firmen zum ersten Mal im Handelsregister eingetragen und im Handelsatntshlatt publiziert werden mußten. Es ergab sich deshalb einerseits ein sehr hoher Betrag der Handelsregistergebühren, die als Einnahmen des Handelsamtsblattes gebucht wurden, anderseits ein großer Umfang des Blattes (1502 Seiten großes Zeitungsformat) und entsprechende Druckkosten. Die Einnahmen betrugen nämlich Fr. 75,221, ·vrovon Fr. 49,374 Handelsregistergehühren, die Ausgaben, inklusive Personal, cirka Fr. 91,119.

8 ) Inkl. Fr. 5648 Handelsregistergehühren.

4 2

)

.

. 6619

199 Ausgaben.

Druck und Expedition Papier Personal Verschiedenes

iFr.

35,132.

15,938.

9,625.

2,500.

85 45 -- 42

Total 63,196. 72 Die A b o n n e n t e n z a h l weist keine befriedigende Entwicklung auf. Wie hoch dieselbe sein könnte, zeigt das erste Jahr des Erscheinens mit 4300 zahlenden Abonnenten. Manche Firmen abonnierten aber damals auf das Blatt wesentlich aus dem Grunde, weil in demselben ihre erstmalige Eintragung in das Handelsregister publiziert wurde. Im Jahr 1884 ging die Zahl schon auf 3100 zurück; im Jahr 1887 betrug sie nur noch 2542. Seither bis Ende 1893 hat sie sich successive wieder auf 3129 gehoben. Auf die Kantone und größeren Ortschaften verteilten sich die Abonnenten Ende 1893 wie folgt; Kantone.

Ortschaften.

(1) Zürich

705

(2) Bern

464

(3) Genf (4) Neuenbnrg

344 267

(5) Basel-Stadt und -Land .

(6) "Waadt (7) Aargan (8) St. Gallen (9) Luzern Übrige Kantone

250 188 157 147 102 .

505

Total 3129

(1) Zürich (9) Winterthur (4) Bern (10) Biel (11) Burgdorf (2) Gen?

(5) C h a u x - d e - F o n d s . . . .

(9) Neuenburg (3) Basel (6) Lausanne (12) Aarau (7) St. Gallen (8) Luzern ßest

400 76 158 63 38 318 127 75 235 101 32 85 76 1346 3129

Im Verhältnis zur Bevölkerung steht unter den größern Städten Zürich obenan mit 5,42 °/oo, dann folgen Genf mit 4,26, Basel mit 3,29, Bern mit 3,24, St. Gallen mit 3,03 °/oo.

Der A b o n n e m e n t s p r e i s des Blattes war in den ersten zwei Jahren Fr. 5. Im Jahr 1885 wurde er auf Fr. 6 erhöht und ist seither derselbe geblieben. Im gleichen Jahre sind halbjährliche Abonnements zu Fr. 3 eingeführt worden, und zwar hauptsächlich mit Rücksicht auf Geschäftsfirmen, welche erst im Laufe des Jahres errichtet werden. Im Jahre 1893 wurden 107 solcher halbjährlicher Abonnemente gelöst.

200 Unsere Selbstkosten pro Abonnement betragen für Papier, Druck und Spedition Fr. 4. 16, so viel kostet also jedes n e u e Abonnement; unter Hinzurechnung des Satzes ergeben sich pro Abonnement Fr. 9. 16 und, wenn auch die Verwaltungskosten dazu geschlagen werden, Fr. 11. 70.

Die G e s a m t a u f l a g e des Blattes betrug Ende 1893 5000 Exemplare; es wurden also 1871 Exemplare mehr gedruckt als abonniert waren. 235 Exemplare davon dienten als Vorrat, 1636 als Freiexemplare für die Mitglieder der Bundesversammlung, die Bureaux der Bundes ver waltung, Vereine junger Kaufleute, Gesandtschaften und Konsulate, ferner für die 99 kantonalen Handelsregisterbureaux und die 1215 Betreibungs- und Konkursbehörden. Die Kosten dieser Freiexemplare für Papier, Druck und Spedition betrugen Fr. 6806.

Der P a p i é r b e d a r f des Blattes wurde bis Ende 1890 von der Druckerei besorgt. Seither wird das Papier von den Fabriken direkt bezogen; im Jahr 1893 waren es 1712 Ries im Gesamtbeträge von Fr. 15,938. 45.

Der n i c h t a m t l i c h e T e i l des Blattes hat sich seit 1883 nicht so entwickelt, wie es sein sollte. Ein umfassenderer und regelmäßigerer Nachrichtendienst würde demselben manche neue Leser gewinnen. Der gegenwärtige gesetzliche Besoldungskredit ist aber leider nicht genügend, um einen ständigen Redaktor oder Direktor mit der nötigen Bildung und umfassenden Kenntnis unserer kommerziellen und industriellen Verhältnisse zu gewinnen. Wir werden Ihnen mit der Vorlage über eine Reorganisation der Handelsabteilung Verbesserungen in dieser Hinsicht in Vorschlag bringen.

Mit dem internationalen Bureau zum Schutze des geistigen und gewerblichen Eigentums ist eine Verständigung getroffen worden, damit das neue, von demselben, herausgegebene Organ ,, L e s m a r q u e s i n t e r n a t i o n a l e s " 1 den Abonnenten des Handelsamtsblattes als regelmäßige Gratisbeilage geliefert wird. In diesem Organ werden die Marken publiziert, die auf Grund der internationalen Übereinkunft vorn 14. April 1891 bei dem genannten Bureau deponiert und dadurch in allen Ländern, welche der Übereinkunft angehören, geschützt werden. Im verflossenen ersten Jahre wurden 56 solcher Marken publiziert.

Das im Jahr 1893 auf Anregung des zürcherisohen Obergerichts veranstaltete Generalverzeichnis aller bis Ende 1892 vermißten und
im Handelsamtsblatt aufgerufenen oder amortisierten W e r t t i t e l ist wenig begehrt worden. Wir haben dennoch eine neue Auflage pro 1893 veranstaltet. Wenn dieselbe keinen großem Absatz finden sollte, so werden wir von neuen Auflagen Umgang nehmen.

201

VII. Handelsreisende.

Wir haben Ihnen in unserem letztjährigen Berichte unsere einleitenden Verfügungen und Interpretationen zum Zwecke der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1892 über die Patenttaxen der Handelsreisenden mitgeteilt. Infolge der großen Mannigfaltigkeit der Formen, in welchen sich das Aufsuchen von Bestellungen vollzieht, waren im Verlaufe der Ausführung des Gesetzes eine Reihe weiterer Interpretationen und DepartementfilVerfügungen erforderlich.

In der Reihenfolge der Gesetzesartikel handelte es sich im wesentlichen um folgende Punkte.

B e g r i f f der H a n d e l s r e i s e n d e n . (Art. 1.) Das Gesetz, stellt hierüber nichts fest, sondern es zählt im Art. l nur die Bef u g n i s s e der Handelsreisenden und die Bedingungen auf, a» welche die Ausübung dieser Befugnisse geknüpft ist. Im allgemeinen ist allerdings der Begriff der Handelsreisenden durch die Praxis gegeben. Vom Standpunkt des Gesetzes aus stiegen aber bei Privaten und Behörden Zweifel darüber auf, und zwar namentlich hinsichtlich von sogenannten Stadt- oder Platzreisenden und von Personen, welche Bestellungen auf Arbeit suchen ^ Bildhauer, Uhrenschalenmacher, Kollekteure von Inseraten für Zeitungen und Adreßbücher, sowie von Plakaten für Bahnhöfe, Tramwaywagen etc.).

Wir haben in allen diesen Fällen entschieden, daß es sich nicht um Handelsreisende im Sinne des Gesetzes handle, daß also die betreffenden Persönlichkeiten keinerlei Ausweiskarten zu lösen haben. Hingegen behandelten wir als Handelsreisende diejenigen, welche Bestellungen auf Bücher, Zeichnungsvorlagen u. dgl. aufnehmen, weil es sich hier um den Verkauf von Waren und nicht um Arbeitsleistungen handelt, ferner alle Prinzipale, Geschäftsführer, Direktoren, Agenten u. dgl., sofern sie reisen, um Bestellungen aufzunehmen. Wir fassen also in dieser letztern Hinsicht den Begriff der Handelsreisenden weiter auf, als die Handelswelt, die gewöhnlich von solchen nur spricht, wenn es sich um Angestellte oder um Provisionsreisende handelt.

Begriff des W i e d e r v e r k a u f s v o n Handelsartikeln o d e r d e r V e r w e n d u n g d e r s e l b e n i m G e w e r b e (Art. 1 ) .

Das Gesetz gewährt den Handelsreisenden Taxfreiheit, wenn sie ,,ausschließlich mit Geschäftsleuten in Verkehr treten, welche den betreffenden Handelsartikel wieder verkaufen oder in ihrem Gewerbe, verwenden". Diesem Begriff der Verwendung im Gewerbe ist im

202

Gesetze keine Schranke gezogen. Derselbe giebt sich scheinbar von selbst, wie derjenige der Handelsreisenden ; in der Praxis gab aber die Bestimmung desselben sehr oft zu Zweifeln und zu Weisungen Veranlassung.

Die Grenze zwischen Privatgebrauch und Gebrauch im Gewerbe -entzieht sich in manchen Fällen einer leichten Wahrnehmung. Besonders gilt dies bei solchen Gewerbebetrieben, die mit dem Haushalt des Gewerbetreibenden zusammenhängen und in welchen daher in Bezug auf ein und dieselben Artikel eine gewisse Verquickung des Privat- und des gewerblichen Gebrauchs stattfindet. Hierbei kommen namentlich Wirtschaften, Pensionen und Hotels, ferner Landwirte, landwirtschaftliche Schulen, Spitäler, Armen- und Strafanstalten, sodann gewisse Bureaux in Betracht. Sind z. B. in Hotels Glühlampen, Kerzen, Seife u. dgl., in Strafanstalten Sämereien, in landwirtschaftlichen Anstalten Kunstdünger als zum Geschäftsbetriebe oder als .zum Privatgebrauch gehörend aufzufassen? Unsere Handelsabteilung Jiat das Aufsuchen von Bestellungen in allen diesen Fällen als Verkehr tnit Gewerbetreibenden aufgefaßt und als taxfrei erklärt. Bei landwirtschaftlichen Schulen und Strafanstalten wurde hierbei in Betracht gezogen, daß es sich bei denselben nicht nur um einen großen Privatkonsum, sondern fast ausnahmslos auch urn einen Verbrauch zum mehr oder weniger gewerbsmäßigen Betrieb von Landwirtschaft und von Handwerken handelt. Ebenso wurden selbstverständlich auch Reisende, welche Handwerker, wie Schuster, Schneider und Näherinnen besuchen, um sie zu Bestellungen auf Werkzeuge oder Nähmaschienen u. dgl. zu veranlassen, als taxfrei betrachtet.

Viele Handelsreisende, welche nur große Privatkonsumenteri ·besuchen, wurden zu der Annahme verleitet, daß sie taxfrei seien, \veil es sich dabei um große Bestellungen handelte, wie sie sonst nur bei Kaufleuten und Gewerbetreibenden vorkommen. Es betrifft dies namentlich das Aufsuchen von Kanzleien wegen Bureautnaterialien, Gemeindebehörden und Fabriketablissements wegen Feuerlöschgerätschaften, Behörden oder Privaten wegen Lieferung von Backsteinen, Ziegeln und andern Baumaterialien. Diese Konsumenten verwenden aber die fraglichen Artikel nicht gewerbsmäßig, und die Reisenden, welche sie aufsuchen, müssen als taxpflichtig angesehen werden.

M i t f ü h r e n von W a r e n . Von der Befugnis,
welche dem Bundesrate in Art. l, Alinea 2, des Gesetzes eingeräumt ist, taxfreien Handelsreisenden das Mitführen von Waren zu gestatten, wenn die sofortige Übergabe der Ware an den Käufer für den

2o3 Betrieb ihres Geschäftes notwendig ist, konnte unbedenklich ein sehr weiter Gebrauch gemacht werden. Bei Reisenden, welche nur mit Wiederverkäufern und Gewerbetreibenden verkehren, werden nicht, wie beim Besuch von Privaten, Konkurreazinteressen der Platzgeschäfte verletzt, wenn sie die Waren selbst bei sich haben und unmittelbar verabfolgen. Es ist dies vielmehr in der Regel im Interesse der betreffenden Abnehmer selbst. Obschon wir selten in den Fall kamen, ein bezügliches Gesuch abweisen zu müssen, wurde jedoch von der fraglichen Vergünstigung nur in wenigen Branchen Gebrauch gemacht.

Wie vorausgesehen wurde, geschah dies am häufigsten seitens der Bijouterie- und Uhrenreisenden ; sodann auch von solchen, welche gewisse Artikel, z. B. kunstliche Blumen, Seidenbandresten u. dgl. an Modistinnen und Konfektionsgeschäfte verkaufen. Genauere Angaben über den Umfang dieses Verkehrs werden unter ,,Statistik1*, Seite 209, gemacht.

Eine Ausnahme mußten wir hinsichtlich der Reisenden für deutsche und österreichisch-ungarische Handelshäuser machen. Nach unsern Handelsverträgen mit diesen Staaten dürfen Handelsreisende ohne Ausnahme nur Muster, aber keine Waren mit sich führen.

In letzterem Falle sind sie als Hausierer zu betrachten und lediglich nach der internen Gesetzgebung des betreffenden Staates zu behandeln. Die Gewerbeordnungen Deutschlands und ÖsterreichUngarns enthalten die Vergünstigung, um die es sich handelt, nicht ; unsere Reisenden genössen also dort keine Reciprocität. Wir konnten deshalb auf verschiedene Gesuche deutscher und österreichischungarischer Reisender der Gold- und Silberwarenbranche um die Erlaubnis zum Mitfahren der Ware nicht eintretet). Einige der betreffenden deutschen Häuser haben deshalb in Basel und Zürich Niederlassung genommen, d. h. Filialen errichtet, und sich ins schweizerische Handelsregister eintragen lassen. Sie sind infolgedessen an den genannten Orten steuerpflichtig, und es wurde ihnen als schweizerischen Häusern die nachgesuchte Bewilligung erteilt.

Was im übrigen die Behandlung fremder Handelsreisender (Gesetz, Art. 3) betrifft, so verweisen wir noch auf unsere Mitteilungen im Kapitel ,,Handelsverträge11 über die Verständigung, welche mit der französischen Regierung getroffen wurde.

A u s w e i s k a r t e n . In m e h r e r e n Kantonen wurden anfänglich
für alle Ausweiskarten kantonale S t e m p e l - und E i n s c h r e i b g e b ü h r e n erhoben; in zwei Kantonen mußte z. B. für jede grüne Karte l Fr. entrichtet werden. Im Art. 4 des Gesetzes ist aber ausdrücklich bestimmt, daß diese Karten unentgeltlich zu

204

verabfolgen und für die übrigen nur die im Art. 2, respektive 3 des Gesetzes vorgesehenen Taxen zu beziehen seien. Der Bezug jener Gebühren wurde auf unsere Vorstellung hin sistiert und die bereits erhobenen den Betreffenden zur Verfügung gestellt.

Es kam bisweilen vor, daß von unbemittelten Reisenden oder deren Angehörigen wegen Krankheit, kurzem Gebrauch der Karten, Erfolglosigkeit der Geschäftsreisen, Geschäftsaufgabe etc. die teilweise oder völlige R ü c k e r s t a t t u n g der T a x e n erbeten wurde.

Wir stellten es in diesen Fällen den kantonalen Behörden anheim, zu beurteilen, ob das Gesuch ausnahmsweise Berücksichtigung verdiene. In Fällen von Aufgabe des Geschäftes entschieden wir, daß die Karte erlösche, in Todesfällen kann dieselbe Karte gemäß unserem Beschlüsse vom 1. November 1892 auf eine andere Person übertragen werden.

Im übrigen traf die Handelsabteilung mit Bezug auf die Ausweiskarten noch eine Reihe von Anordnungen, die indessen zu sehr ins einzelne gehen, um an dieser Stelle Interesse zu erwecken.

Ü b e r t r e t u n g e n und B u ß e n . Das Gesetz (Art. 8) überträgt die Beurteilung von Übertretungen den kantonalen Strafbehörden. Wir erhielten daher keine regelmäßigen Mitteilungen, welche uns in den Stand gesetzt hätten, die polizeiliche und richterliche Handhabung des Gesetzes genau zu verfolgen.

Durch die Presse sowohl als auch auf brieflichem Wege wurden uns jedoch im Laufe des Jahres Klagen über laxe Kontrolle in den Kantonen und zu gelinde Bußen für Gesetzesübertretungen zur Kenntnis gebracht.

Anderseits gelangten teils auf dem Besehwerdewege, teils durch Ratserholung seitens der Behörden eine Anzahl von Fällen zu unserer Kenntnis, aus welchen wir unserseits schließen mußten, daß die Kontrolle und die Ahndung von Übertretungen, wenigstens in einigen Kantonen, sehr oft auch zu weit gehen.

So wurden z. B. Geldbußen bis zu 50 Fr. angewandt in Fällen, in denen die Verzeigten eine grüne Karte zum Aufsuchen von Bestellungen von Wiederverkäufern oder Gewerbetreibenden nachweislich gelöst, dieselbe aber vergessen oder in der Annahme, daß man die Vorweisung nicht verlangen werde, zu Hause gelassen hatten; ebenso erfolgten Bußen von 15 bis 30 Fr.

gegen ausländische Reisende, die im Besitze der in den Handelsverträgen vorgesehenen Gewerbelegitimationskarte ihrer Landesbehörde
waren, allein noch nicht wußten, daß sie trotzdem noch eine taxfreie s c h w e i z e r i s c h e Ausweiskarte zu lösen hatten.

Da es sich nur um eine taxfreie Karte und also nicht um eine

205

Hintergehung des Fiskus handelte, so wäre eine sachgemäße Belehrung und höchstens die Anwendung einer kleinen Ordnungsbuße gerechtfertigt gewesen, zumal es sich um ein Gesetz handelte, welches erst seit kurzer Zeit in Anwendung war.

Hingegen kam es allerdings auch vor, daß Rückfällige, die Bestellungen bei Privatpersonen aufsuchten, ohne im Besitze einer taxpflichtigen Karte zu sein, zu milde bestraft wurden, was wohl dem Umstände zuzuschreiben ist, daß die Gerichte, welche die Rückfälle beurteilten, keine Kenntnis von der durch andere Gerichte ausgesprochenen Vorbestrafung hatten.

Diese verschiedenen Wahrnehmungen veranlaßten unser Departement des Auswärtigen anfangs dieses Jahres, die Kantonsregierungen um die abschriftliche Übermittlung aller bisherigen und künftigen Bußenerkenntnisse zu ersuchen. Es lag diesem Schritte zunächst nur die Absicht einer genauen Orientierung zu Grunde.

Erst wenn das Resultat derselben die Notwendigkeit einer direkten Einwirkung der Bundesbehörde auf die Praxis der Kantone ergeben sollte, würden wir uns veranlaßt sehen, eine obligatorische Mitteilung der ErkenDtnisse anzuordnen, um von dem Rechtsmittel des Kassationsverfahrens, welches in den Artikelo 155 und 161 des Gesetzes über die Bundesrechtspflege vorgesehen ist, gegebenen Falles Gebrauch machen zu können.

Die meisten Kantone haben die Strafurteile des vergangenen Jahres mit dankenswertem Entgegenkommen bereits eingesandt.

Von einem derselben wurde das Ansuchen gestellt, die Kosten der ürteilsmitteilungen möchten vom Bunde bestritten werden, wie dies bei der Alkoholverwaltung in ähnlichen Fällen zu geschehen pflege.

Das Departement hielt dieses Begehren jedoch nicht für gerechtfertigt.

Eine Parallele zwischen dem Patentgesetz und dem Bundesgesetz betreffend gebrannte Wasser kann aus dem Grunde nicht gezogen werden, 'weil nach dem letzteren' die Kosten der Alkoholverwaltung aus den Alkoholeinnahmen bestritten werden, während der Eidgenossenschaft aus der Ausführung des Bundesgesetzes über die Patenttaxen n i c h t s , den Kantonen jedoch nicht nur der ganze Ertrag der Patenttaxen, sondern noch die nicht unbeträchtlichen Bußen zufallen, die für den fraglichen Kanton z. B. sich auf über Fr. 1000 belaufen.

V o l l z i e h u n g s v e r o r d n u n g . Wir haben bereits durch unseren mehrerwähnten Beschluß
vom 1. November 1892;,die Anordnungen für die Inkraftsetzung des Gesetzes getroffen. Nachdem nun die Erfahrungen des ersten Jahres vorliegen und die meisten in der Praxis vorkommenden Fälle bekannt sind, werden wir uns in Bälde mit der definitiven Aufstellung einer Verordnung an Hand der bereits ergangenen Departementalweisungen befassen können.

206 F i n a n z i e l l e s . Der Gesamtbetrag der Patenttaxen beziffert sich auf die unerwartet hohe Summe von Fr. 310,650, Davon erhielt jeder Kanton nach Maßgabe der von ihm erhobenen Taxen zunächst eine B e z u g s g e b ü h r von 4 °/o (Art. 7 des Gesetzes), welche für alle Kantone zusammen Fr. 12,426 beträgt. Vom Rest von Fr. 298,224 kamen Fr. 1798. 35 als Kosten der den Kantonen verabfolgten eidgenössischen Formulare (Karten und Register) in Abzug (Art. 5 eodem). Die verbleibenden Fr. 296,425. 65 gelangten zur allgemeinen Verteilung nach dem Verhältnis der Bevölkerungszahl (Wohnbevölkerung). Das Betreffnis per Kopf ist 10,221

CtS.

Die Abrechnung mit den Kantonen fand schon im Monat Januar statt und vollzog sich ohne Schwierigkeit. Von der Regierung von Basel-Stadt wurden indessen prinzipiell folgende Einwendungen erhoben : 1. daß die Kosten der eidgenössischen Forraulare nicht jedem einzelnen Kanton in Abzug gebracht, sondern insgesamt von dem Betrage abgezogen werden sollten, der nach Abrechnung der Bezugsgebühr von der Einnahmensumme übrig bleibt. Die Kantone würden so an den Kosten pro rata ihrer Bevölkerungszifier, d. h. in gleicher Weise participieren wie an den Einnahmen. Der von uns gewählte Modus belege diejenigen Kantone verhältnismäßig zu stark, die, wie Basel-Stadt und die meisten an der Grenze gelegenen, einen großen Reisendenverkehr haben und für die übrigen teilweise den Inkasso besorgen. Von den Fr. 25,950, die z. B. der genannte Kanton erhob, verblieben ihm als sein eigener Anteil nur Fr. 8477 ; Fr. 17,523 oder mehr als das Doppelte jenes Betrages wurden unter die übrigen Kantone verteilt. Die Kosten für die taxpflichtigen und taxfreien Karten, die er bis zum 31. Dezember 1893 bezog, zusammen 4600, betragen nebst den entsprechenden Abrechnungsformularen Fr. 148. 70; sein Mehrbetreffnis.

im Falle einer Verteilung der Kosten nach der Bevölkerungszahl betrüge Fr. 104; 2. daß der Verteilung der Einnahmen die ortsanwesende und nicht die Wohnbevölkerung zu Grunde zu legen sei, ähnlich wie dies bei der Verteilung der Erträgnisse des Alkoholmonopols geschehe. Für Kantone, wie Basel-Stadt, die verhältnismäßig viele Ortsfremde beherbergen, falle dies erheblich ins Gewicht und entspreche der Billigkeit, weil solche Kantone auch einen größeren Verkehr der Handelsreisenden und entsprechende Mehrauslagen für die Ausgabe von Karten und Erhebung der Taxen haben. Die Verteilung nach der ortsauwesenden Bevölkerung ergäbe für Basel-Stadt ein Mehrbetreffnis von Fr. 114.

207

Wir haben über diese Fragen, die übrigens, wie obige Beispiele zeigen, von keiner erheblichen praktischen Bedeutung sind,, noch keinen Entscheid gefaßt.

Eine Frage, die sich uns selbst bei der Gelegenheit der erstenAbrechnung aufdrängte, ist die, ob es nicht angemessen wäre, dem Bunde für seine nicht unbeträchtlichen Vervvaltungskosten einen verhältnismäßigen Anteil an den Patenttaxen vorzubehalten, wie es in analoger Weise bei den Handelsregistergebühren der Fall ist, von denen dem Bunde 1ls zukommt. Während dem Berichtsjahre reichte die volle Thätigkeit des besondern mit diesem Verwaltungszweige betrauten Beamten nicht immer hin, die Arbeiten zu bewältigen ; es wurde zum Teil auch das übrige Personal dadurch in Anspruch genommen und es sind die Kosten für Bureauauslagen,, Publikationen und Besoldungen auf mindestens Fr. 6000 zu veranschlagen. Es entspräche dies ungefähr einer Gebühr von 3 °/o der in den kommenden Jahren vorauszusehenden durchschnittlichen.

Einnahmen von cirka Fr. 250,000.

Übersicht der Taxen nach Kantonen.

OrtsWohnTaxpflichtige bevölkerung. bevölkerung.

Ausweis*""·· * # karten.

Kantone.

Bezogene Taxen.

Fr.

Zürich .

Bern Luzern Uri Schwyz Obwalden Nidwalden Glarus XQET . . . .

Ifreibiirg .

Solothurn Baselstadt .

Baselland .

Seh äff hausen Appenzell A.-Rb Appenzell l.-Rh S t Gallen Graubüüden .

Aargau Thurgau · Tessili Waadt .

Wallis Neuenburg Genf

. . . .

. . .

. . .

. . . .

. . . .

.

.

·

Total

339,056 539,405 136,722 17,285 50,378 15,030 12,520 33,749 23,123 119,529 85,709 74,245 62,154 37,876 54,192 12,904 229,367 96,235 193,834 105,121 126,946 251,297 101,837 109,037 106,738

337,183 536,679 153,360 17,249 50,370 15,043 12,538 33,825 23,029 119,155 85,621 73,749 61,941 37,783 54,109 12,888 228,174 94,810 193,580 104,678 126,751 247,655 101,985 108,153 105,509

2,933,334

2,917,754

* Volkszählung vom 1. Deze mber 1888.

296 250 60 5 26 1 7 25 11 34 47 125 16 18 14 1 140 80 87 59 13 160 7 195 216

1893

44,550 37,650 8,600 750 3,800 150 1,050 3,650 1,650 5,000 6,800 25,950 2,300 2,650 1,900 150 20,800 11,300 13,050 8,400 1,950 26,350 1,050 32,150 49,000 310,650

** Die Eappei betrage sind a ufgerundet.

Kostenbetreffnis fUr Formulare.

**

O 00

Bezugsgebühr.

Betreffnis Nettonach der Be- einnahme vblkerungs- inkl. Bezugsgebühr.

zahl.

Fr.

Fr.

228 74 5 27 5 7 22 14 15 49 149 21 32 8 5 145 61 121 43 44 220 20 133 109

1782 1506 344 30 152 6 42 146 66 200 272 1038 92 106 76 6 832 452 522 336 78 1054 42 1286 1960

34,464 54.854 13,835 1,763 5,142 1,538 1,281 3.457 2,354 12,179 8,751 7,538 6,331 3,862 5,530 1,317 23,322 9,691 19,786 10,699 12,955 25,313 10,424 11,054 10,784

36,246 56,360 14,179 1,793 5,294 1,544 1,323 3,603 2,420 12,379 9,023 8,576 6,423 3,96 5.606 1,323 24,154 10,143 20,308 11,035 13,033 26,367 10,466 12,340 12,744

1798

12,426

298,224

310,650

Fr.

241

Fr.

209

S t a t i s t i k . Die statistischen Erhebungen über den V e r k e h r der H a n d e l s r e i s e n d e n in der Schweiz zeigen, daß im Jahre 1893 von sämtlichen Abgabestellen im ganzen 20,143 Ausweiskarten ausgestellt wurden, wovon 18,250 t a x f r e i e und 1893 ta x p f l i e h t ige. An s c h w e i z e r i s c h e Reisende wurden 13,517, an a u s l ä n d i s c h e 4733 taxfreie Karten verabfolgt.

T a x f r e i e K o l l e k t i v k a r t e n (eine Karte für m e h r e r e Reisende) wurden 274 ausgestellt.

Von den 1556 taxpflichtigen Karten, die von s c h w e i z e r i s c h e n Handelsreisenden gelöst wurden, lauten 1036 auf den Namen eines einzelnen Reisenden, 520 sind Kollektivkarten. An gleichberechtigte a u s l ä n d i s c h e Handelshäuser wurden 74 Karten, und zwar 59 für einzelne Reisende und 15 Kollektivkarten verabfolgt.-- Unter den von den f r a n z ö s i s c h e n Reisenden bis zum 30. Juni vorigen Jahres gelösten Karten sind 26 Kollektiv- und 237 Karten für einzelne Reisende.

Da wir gestattet haben, daß Ausweiskarten, welche abwechselnd vom einen oder andern Chef oder Angestellten eines Hauses benutzt werden wollen, auf die Namen mehrerer Personen ausgestellt werden, ist die Z a h l der R e i s e n d e n größer als diejenige der Ausweiskarten. Die erstere beziffert sich im Berichtsjahre auf die erhebliche Summe von 21,316. Die Zahl der s c h w e i z e r i s c h e n Reisenden beträgt 16,171, diejenige der ausländischen 5145. Im Verhältnis der Bevölkerungszahl der Schweiz entfallt demnach l Handelsreisender auf 136 Einwohner, und speciell je l s c h w e i z e r i s c h e r Reisender auf 180 Einwohner. Es ist hierbei natürlich zu beachten, daß, wie bereits erwähnt, auch Prinzipale (Geschäftsinhaber, Geschäftsführer, Dir e k t o r e n u. s. w.) als Handelsreisende betrachtet werden, wenn sie reisen, um Bestellungen aufzunehmen. Es sind daher in den mitgeteilten Zahlen nicht nur angestellte Reisende (Commis-voyageurs und Provisionsreisende) inbegriffen.

Was die B r a n c h e n anbelangt, die von den schweizerischen und ausländischen Reisenden vertreten waren, so verweisen wir auf die nachfolgende Zusammenstellung. Von der Gesamtzahl der schweizerischen Reisenden vertraten fast die Hälfte (6968 = 48 %) die Branche ,, N a h r u n g s- und G e n u ß mittel" und davon 3117 einzig den Artikel Wein.

Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. II.

14

210 Schweizerische Ausländische Reisende.

3,390 1,815

Textilindustrie Maschinenindustrie Metallindustrie Bijouterie, Uhren und Uhrenfournitnren Kurzwaren Nahrungs- und Genußmittel Fettwaren Leder, Leder- a n d Schuhwaren . . . .

Glasindustrie Litterarische und Knnstgegenstände, Papier etc Thon-, Cernent- und Steinindustrie. . .

Chemikalien , Droguen, Parfümerien , Farbwaren Holz und Holzwaren Abfälle und Düngstoffe Kautschukwaren Stroh-, Kohr- und Bastwaren . . . .

Verschiedenes

Total 5,205

120 388 123

78 592 191 251 553 34 269 72

749 311

422 128

1,171

582 395 24 42 60 856

297 163 -- 71 26 183

879 558 24 113 86

401 849 558 355 6,968

16,171

5,145

479 1,441

749 606 7,521

154 657 195 439

1,039 21,316

Die a u s l ä n d i s c h e n R e i s e n d e n verteilen sich auf die verschiedenen Länder wie folgt: Deutschland 3791, Frankreich 673, Italien 256, Österreich 175, England 105, Belgien 98, Holland 23, Spanien 18, Luxemburg 3, Kußland, Tunis und die Vereinigten Staaten von Nordamerika je 1.

,,Nahrungs- und Genußmittel", darunter wiederum hauptsächlich der Artikel "Wein in Betracht kommt, sind besonders durch Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien vertreten.

In allen einzelnen Branchen hat Deutschland unter den ausländischen Reisenden die größte Vertretung.

Seit der auf 1. Juli in Kraft getretenen Vereinbarung mit Frankreich über die gegenseitige gleiche Behandlung der Handelsreisenden hat sich die Zahl der f r a n z ö s i s c h e n Reisenden in der Schweiz im Vergleich mit der ersten Jahreshälfte verdoppelt.

D i e Bewilligung, W a r e n m i t s i c h f ü h r e n z u d ü r f e n , , ist im verflossenen Jahre 133 Handelsreisenden, beziehungsweise Handelshäusern erteilt worden, und zwar 105 schweizerischen und 28 ausländischen. Unter den letzteren sind 15 französische, 5 holländische, 4 englische, 3 italienische und l belgisches Handelshaus.

211

Die Branchen waren wie folgt vertreten : Schweizerische Ausländische Handelshäuser.

Diamanten, Edelsteine, Perlen u. dgl. .

Glaserdiamanten Gold- und Silberwaren Uhren und ührenfournituren . . . .

Optische, physikalische u. mathematische Instrumente Fournituren für Zahnärzte Artikel für Kancher Schwämme Nähmaschinen Mode- und Pntzwaren

Total.

12 2 21 36

16 -- 7 --

28 2 28 36

l 2 l 2 l 27

-- l -- -- -- 4

l 3 1 2 1 31

105

28

133

III. Abteilung.

Auswanderungswesen.

A. Administrative Sektion.

I. Allgemeines.

1. S t a t i s t i s c h e s . Im nachfolgenden geben wir eine Übersicht der von den patentierten schweizerischen Auswanderungsagenturen im Jahr 1893 nach überseeischen Staaten beförderten Schweizerbürger und in der Schweiz niedergelassenen Ausländer, und in Rubrik 3 die Summe der den Agenten übergebenen und den Auswanderern des verflossenen Jahres an ihrem Bestimmungsorte auszuzahlenden Geldbeträge.

212 Kantone.

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Unterwaiden ob dem Wald .

Unterwaiden nid dem Wald Glarus Zug Freiburg Solothurn Basel-Stadt Basel-Landschaft Schaffhausen Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh St. Gallen GraubUnden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf

Zahl Betrag der den der Agenturen eingezahlten Auswanderer.

Wechselsummen.

Fr.

658 65,249. 10 1531 187,419. 20 109 31,874. 50 46 2,045. -- 184 10,181. 85 .

76 12,278. 50 .

18 2,930. -- 142 26,763. 20 32 1,736. 85 40 563. 50 140 23.274. -- 327 63,775. 45 166 15,273. -- 143 10,927. -- 114 15,644. 10 5 -- 418 48,311. 80 281 28,464. 70 310 44,996. 15 155 19,410. 90 561 1,329. 65 184 14,995. 65 198 620. -- 222 10,843. 90 117 175. --

Total

6177

639,083. --

Seit dem Jahre 1879 ist die überseeische Auswanderung aus der Schweiz nicht so gering gewesen wie im Berichtsjahre ; die Zahl der Ausgewanderten ist um 1658 niedriger als die des Jahres 1892 und um 7325 niedriger als im Jahr 1883, wo sie seit 15 Jahren die stärkste war. Sie steht noch um 1534 unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Eine erhebliche Verminderung der Zahl der Auswanderer weisen auf die Kantone : Zürich (um 170), Bern (110), Basel Stadt (153), St. Gallen (384), Wallis (139) und Neuenburg (144) ; eine nennenswerte Zunahme weist einzig Basel-Landschaft (47) auf. Von den 2,1 °/oo der Gesamtbevölkerung repräsentierenden Auswanderern waren 4351 Kantonsbürger, 878 Schweizerbiirger anderer Kantone und 948 in der Schweiz niedergelassene Ausländer. Nicht unerwähnt wollen wir lassen,

213

daß die schweizerischen Agenturen überdies die Beförderung von über 9000 aus dem Auslande gekommenen Personen zum Teil ganz, zum Teil nur über eine kürzere oder längere Reisestrecke besorgt haben.

Auch im Berichtsjahre wurde übrigens wiederum die Erfahrung gemacht, daß eine Anzahl von Personen -ausgewandert ist, die sich der Vermittlung der schweizerischen Agenturen nicht bedient haben. Dahin gehören unter anderm 32 Personen, die im Frühjahr 1893 aus dem Kanton Waadt nach Canada ausgewandert sind und die Schifisbillets in Antwerpen gekauft haben sollen. Hinsichtlich einer Anzahl anderer Personen muß angenommen werden, daß schweizerische Agenturen bei deren Beförderung zum mindesten mitgewirkt haben, ohne dieselben in die Kontrollen und Zählkarten einzutragen.

Es sind dies Personen, deren Spedition, weil sie in eine der Kategorien gehörten, die Art. 11 des Bundesgesetzes vom 22. März 1888 zu befördern verbietet, nicht hätte übernommen werden sollen.

Im Interesse der Auswanderer wäre zu wünschen, daß sie alle ihre Reiseverträge mit schweizerischen Agenturen abschlössen, da Personen, welche ihre Beförderung ausländischen Agenturen anvertrauen , auf den Schutz , den das citierte Gesetz ihnen angedeihen lassen will, keinen Anspruch erheben können, während sie bei Anständen mit schweizerischen Agenturen eher zu ihrem Rechte kommen, abgesehen davon, daß in der Regel die Reise bei Abschluß des Auswanderungsvertrages in der Schweiz billiger zu stehen kommt.

2. Von der Summe von Fr. 639,083, für welche die Auswanderer bei den Agenturen Wechsel gekauft haben, waren Fr. 634,652 in den Vereinigten Staaten auszuzahlen. Die Auswanderer nach anderen Ländern, in denen den Agenten weniger sichere Auszahlungsstellen bekannt sind, pflegen entweder ihre Barvorräte mit sich zu nehmen oder sei es durch die Post, sei es durch Bankinstitute an ihren Bestimmungsort gelangen zu lassen.

II. Agenten, Unteragenten, Kautionen.

1. Im Berichtsjahre sind uns zwei Gesuche um Erteilung eines Patentes zum Betrieb einer Auswanderungsagentur zugegangen : das eine von der Firma Oscar Schenker & Cie. in Chiasso (Gebrüder 0.

und Eugen Schenker), dem unterm 3. Oktober entsprochen wurde; das andere von Herrn H. Meiß in Luzern, der sein Geschäft in Zürich betreiben will. Das Gesuch des letztern ist im Berichtsjahre nicht zur Behandlung gelangt.

Für zwei Agenturen, die von einer Gesellschaft betrieben werden, mußten die Patente geändert werden, bei der einen, weil ein zweiter

214

zur Geschäftsführung Bevollmächtigter ernannt wurde, bei der andern, weil ein Gesellschafter gestorben war. Es ist hier daran zu erinnern , daß die Patente nicht auf den Namen einer Gesellschaft, sondern nur auf den bestimmter Personen lauten können, die von jener als zur Geschäftsführung bevollmächtigt bezeichnet worden sind.

Wir verweisen im übrigen auf die in Vollziehung von Art. 8 des Gesetzes jeweilen im Bundesblatt (1893, I, 51, 240; HI, 660, 698; IV, 139, 381, 420, 452, 525; V, 862; 1894, I, 8, 83) gemachten Veröffentlichungen der Namen der zum Betriebe von Auswanderungsgeschäften autorisierten Personen.

Die Zahl der Unteragenten hat sich im Berichtsjahre wieder um etwas vermindert, so daß im allgemeinen gesagt werden kann, daß der Zweck, den die Kevision des Auswanderungsgesetzes in dieser Kichtung verfolgt hat, erreicht worden ist, wenngleich bei einigen Agenturen noch ein weiterer Rückgang der Zahl ihrer Unteragenten zu wünschen wäre. Mit der Geschäftsführung der Auswanderung wohl vertraut, im stände, die sichere Beförderung der Auswanderer zu besorgen und den letztern die erforderlichen Aufschlüsse zu geben, ist nur eine beschränkte Zahl der Unteragenten ; die meisten und darunter hauptsächlich diejenigen, die daneben noch anderswie stark beschäftigt sind, betrachten selbstverständlich die Subagentur als eine Nebensache, für die sie sich nicht die Mühe geben, diejenigen Kenntnisse zu erwerben, die sie allein befähigen könnten, dem Auswanderer gehörig Auskunft zu geben. Damit im Zusammenhang steht der häufige Wechsel der Unteragenten; im Jahre 1893 sind 26 solcher aus- und 24 neu eingetreten. Es ist begreiflich, daß bei kurzer Dienstzeit ein Unteragent die Erfahrungen nicht sammeln kann, welche zur richtigen Beförderung von Auswanderern nach allen Weltteilen nötig sind.

An Gebühren für die Patente und die Genehmigung der Anstellung von Unteragenten wurden Fr. 1332. 50 eingenommen.

2. Die von sämtlichen Agenturen hinterlegten Kautionssummen beliefen sich Ende 1892 auf Fr. 971,620; im Jahre 1893 wurden deponiert Fr. 125,250, zurückgezogen wurden Fr. 69,950, so daß am Ende des Berichtsjahres die Summe aller Kautionen Fr. 1,026,920 betrug. Wegen des Rückgangs der Kurse einer Anzahl von Wertschriften, namentlich der italienischen, mußten einige Agenturen angehalten werden, für die
Wertverminderung ihres Depositums Ersatz zu leisten (s. Art. 4, Alinea 4, des Gesetzes).

Es ist vom Bundesrat als zulässig anerkannt worden, daß die Kaution, welche die Auswanderungsagenturen zu hinterlegen haben, von anderen Personen als den Inhabern der Agenturen deponiert werde.

215 Als Eigentümer der Kaution kann aber stets nur der Agent selbst betrachtet werden, und als solcher figuriert er auch allein in den Faustpfandverträgen, die über das Depot abgeschlossen werden. Die Bundesbehörde kann gegenüber dem wirklichen Eigentümer der Kaution nur diejenige Verpflichtung übernehmen, die in Artikel 217 O.-K.

stipuliert ist, mit andern Worten : es kann der wirkliche Eigentümer an der deponierten Kaution ein nachgehendes Faustpfand bestellen, so daß nach Aufhören der Agentur und nach Befriedigung der in Gemäßheit von Artikel 4, Alinea 6, des Auswanderungsgesetzes erhobenen Ansprüche die Kaution nicht dem Agenten, sondern dem nachgehenden Faustpfandgläubiger herausgegeben wird.

3. Im Hinblick auf Art. 6 des Gesetzes, welcher vorschreibt, daß die Agenten und Unteragenten weder Beamte noch Angestellte des Bundes sein dürfen, ist s. Z. den Kantonen nahe gelegt worden, auch den kantonalen, Bezirks- und Gemeindebeamten zu verbieten, die Stelle eines Unteragenten anzunehmen. Aber nur eine beschränkte Anzahl von Kantonsregierungen hat der Anregung Folge gegeben.

Einzelne Agenturen suchen nun mit Vorliebe Beamte als Unteragenten zu gewinnen, und zwar, wie angenommen werden muß, in der Meinung, daß solche eher geeignet seien, als Privatleute, Personen ausfindig zu machen, die aus irgend einem Grunde geneigt sein dürften, dem Kate auszuwandern Folge zu geben. So erklärt es sich, daß von den Konkurrenten solcher Unteragenten häufig Beschwerden einlaufen, die nicht ganz unbegründet sind, die wir aber nicht berücksichtigen können, weil uns die Kompetenz zur Abhülfe fehlt. Die Kantone sollten es aber nicht dulden, daß ihre Beamten, und insbesondere solche, welche Unterricht zu erteilen oder richterliche Punktionen auszuüben haben, sich mit Auswanderungsgeschäften befassen.

4. Die Verkehrskommission für Zürich und Umgebung hat die Aufmerksamkeit des Bundesrates auf die Übelstände gelenkt, welche die Geschäftsweise gewisser Privatstellenvermittlungsbureaux aufweise, und dabei insbesondere als beklagenswert bezeichnet, daß die letzteren den Personen, welchen sie im Auslande Stellen verschafft haben, zumeist weibliche Hotelangestellte, keinerlei Auskunft über die zu benutzenden Eeiserouten und Reisekosten geben, und für ihre Bemühungen sich zu hohe Gebühren bezahlen lassen. Die Kommission
hielt deshalb dafür, daß die Geschäftsweise der Placierungsbureaux von den Organen des Staates mehr als bisher beaufsichtigt werden sollte, und ersuchte den Bundesrat, in Erwägung zu ziehen, ob diese Angelegenheit, soweit es sich um Stellenvermittlung nach dem Ausland handelt, nicht dem Gesetze und der Aufsicht über das Auswanderungswesen unterstellt und eine möglichst richtige Abmessung

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der gegenseitigen Verpflichtung und Verantwortlichkeit festgestellt werden könnte.

Es wurde ihr hierauf folgendes erwidert: Der Bundesrat anerkennt, daß es im öffentlichen Interesse liegt, die privaten Stellenvermittlungsbureaux der staatlichen Aufsicht zu unterstellen; es ist dies auch bereits von Seiten mehrerer Kantone geschehen. So ist schon im Mai 1875 von den Kantonen Freiburg, Waadt, Wallis, Neuenburg und Genf zum Schutze junger Leute in der Fremde ein Konkordat abgeschlossen worden, dem später auch der Kanton Bern beitrat, und unterm 26. März 1887 und 13. Februar vorigen Jahres ist gestützt auf dasselbe eine gemeinsame Vollziehungsverordnung über Stellenvermittlung für Dienstboten aufgestellt worden, durch welche Vereinbarungen die Stellenvermittlungsbureaux oder Placierungsagenturen der Aufsicht der kantonalen Polizeidirektionen unterstellt werden. Der Bundesrat hält auch dafür, daß es Sache der Kantone sei, die Errichtung solcher Bureaux von gewissen, die stellensuchenden Personen vor Ausbeutung und Irreleitung bewahrenden Bedingungen abhängig zu machen. Die Bundesverfassung enthält keine Bestimmung, aus welcher die Kompetenz des Bundes hergeleitet werden könnte, jene Aufsicht selbst auszuüben. Das Bundesgesetz über den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen ist auf Stellenvermittlungsbureaux nicht anwendbar, selbst wenn nur derjenige Teil ihrer Geschäfte ins Auge gefaßt wird, der in der Beschaffung von Stellen im Auslande besteht. Nach Art. 2 dieses Gesetzes ist demselben unterworfen, beziehungsweise um ein Patent einzukommen verpflichtet, wer sich in geschäftsmäßiger Weise mit der Beförderung von Auswanderern oder mit dem Verkauf von Passagebillets befassen will. Abgesehen davon, daß die Klientel der Stellenvermittlungsbureaux nicht als Auswanderer im Sinne jenes Gesetzes betrachtet werden kann, ist zu beachten, daß jene Bureaux ihre Klienten nicht an die Orte befördern, an denen sie ihnen Stellen verschafft haben. Wir erklärten uns dagegen bereit, den Kantonen, welche in gedachter Richtung noch keine Vorkehrungen getroffen haben, zu empfehlen, in gleicher Weise wie die westschweizerischen Kantone vorzugehen.

5. Eine Agentur frug an, ob nicht davon Umgang genommen werden dürfe, § 7, Alinea l, des Auswanderungsvertrages bei der Spedition von ausländischen Passagieren in Anwendung
zu bringen.

Es wurde ihr hierauf folgendes erwidert: 1. Die Verpflichtung, auswandernde Familienhäupter gegen Unfall während der Dauer der Reise bis zur Ankunft am vertraglich festgesetzten Bestimmungsort zu versichern, ist den Agenturen nicht

217 durch Aufstellung eines obligatorischen Vertragsformulars, sondern durch das Bundesgesetz vom 22. März 1888 (Art. 15, Ziff. 6) auferlegt worden. Anläßlich der Revision des in gedachter Hinsicht übrigens gleichlautenden Gesetzes vom 24. Dezember 1880 ist die Ansicht des Bundesrates, es seien mit Ausnahme von Art. 11, Ziff. 6, die Bestimmungen des Auswanderungsgesetzes in gleicher Weise auf Ausländer wie auf Schweizerbürger anwendbar, von der Bundesversammlung gutgeheißen worden.

2. Die Ansicht, der Abschluß einer gewöhnlichen Lebensversicherung lasse sich auf eine so kurze Zeit, wie sie die Reise nach einem überseeischen Staate erfordert, nicht bewerkstelligen, und es müsse zum mindesten eine Jahresprämie verlangt werden können, ist unrichtig. Die meisten Lebensversicherungsgesellschaften schließen .Versicherungen gegen Unfälle während der Dauer kürzerer oder längerer Reisen ab und haben besondere Tarife hierfür aufgestellt.

Ebenso unrichtig ist die Behauptung, daß keine Versicherungsgesellschaft auf Pauschalpolicen eingehe, haben doch mehrere Auswanderungsagenturen diesbezügliche Verträge mit einer Versicherungsgesellschaft abgeschlossen. Letztere verlangt keineswegs eine ärztliche Untersuchung der zu versichernden Passagiere, und die Formalitäten, welche die Agenturen zu beobachten haben, sind äußerst einfach.

3. Ob die Auswanderer sich für die Versicherung interessieren oder nicht, fällt, da das Gesetz den Agenturen dieselbe zur Pflicht macht, nicht in Betracht.

4. Daß endlich auch die Ansicht, der Agent erhalte für die Versicherung vom Auswanderer keine Gegenleistung, unrichtig ist, geht schon aus dem Wortlaut des citierten Artikels 15, Ziff. 6, des Gesetzes hervor, wonach die Agenturen berechtigt sind, für die Versicherung eine Prämie zu fordern. Und eben weil sie diese Berechtigung besitzen, ist auch nicht einzusehen, warum sie Ausländer nicht versichern sollten.

III. Klagen.

Auch im Berichtsjahre ist eine größere Anzahl von Klagen und Interventionsgesuchen von Auswanderern und andern Personen, die mit Auswanderungsagenturen in geschäftliche Beziehung getreten sind, an uns gelangt. Nichtsdestoweniger läßt sich mit Befriedigung konstatieren, daß die meisten Agenturen bestrebt sind, den Anforderungen des Gesetzes Genüge zu leisten. Es ist zu beachten, daß in formeller und rechtlicher Beziehung zwar die Agenturen die Beförderung der Auswanderer übernehmen, daß aber thatsächlich es

218 verschiedene Transportanstalten, inländische und ausländische Eisenbahngesellschaften und fremde Schiflsgesellschaften sind, die die Auswanderer spedieren, und daß dieser letztere Umstand das Auswanderungsgeschäft zu einem ziemlich verwickelten macht. Aus diesen und andern Gründen, unter die auch die geringe Vertrautheit so vieler Auswanderer mit dem, was für eine überseeische Keise zu wissen nötig ist, gehört, ist wohl nicht zu erwarten, daß Klagen je einmal ganz ausbleiben werden. Es erklärt sich die erhebliche Zahl der Beschwerden und Interventionsgesuche auch dadurch, daß das auswanderungslustige Publikum immer mehr mit den Bestimmungen des Gesetzes bekannt wird ; aus demselben Grunde war in 'der ersten Zeit nach Inkrafttreten des letztern die Zahl der Klagen bei geringerem Bestreben der Agenturen, demselben nachzuleben, weitaus kleiner.

Zu bedauern ist, daß die schweizerischen Agenturen, welche jährlich mit Einschluß der Ausländer cirka 16,000 Personen befördern, auf die Dispositionen und Instruktionen der Schiffsgesellschaften fast ganz ohne Einfluß und trotz der Bestimmung in Artikel 3, Schlußalinea, des Gesetzes vom 22. März 1888 von denselben sehr abhängig sind, wenn auch in einem anderen Sinne als dem dieser Vorschrift. Nicht die Schiffsgesellschaften sind auf die Agenturen, sondern diese auf jene angewiesen. Dagegen ist mit Sicherheit anzunehmen, daß, wenn unter den Agenturen weniger Konkurrenzneid und mehr Harmonie herrschte, in dieser Richtung manche Verbesserung einzuführen wäre.

Die Klagen und Interventionsgesuche des Jahres 1893 betrafen: 1. Die Beförderung von Personen, welche wegen vorgerückten Alters, Krankheit oder Gebrechlichkeit arbeitsunfähig waren, und deren hinlängliche Versorgung am Bestimmungsorte nicht nachgewiesen war (Art. 11, Ziff. 1): 2 Fälle.

2. Die Beförderung von minderjährigen oder unter Vormundschaft stehenden Personen ohne schriftliche, amtlich beglaubigte Einwilligung der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt (Art. 11, Ziff. 2): 5 Fälle.

3. Die Beförderung von Personen, denen die Gesetze des Einwanderungslandes den Eintritt verbieten (Art. 11, Ziff. 4): 5 Fälle.

4. Die Beförderung von Personen, welche keine Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht besaßen (Art. 11, Ziff. 5): 5 Fälle.

5. Die Beförderung von militärdienstpflichtigen Scbweizerblirgern, die sich nicht ausgewiesen, daß sie die vom Staate erhaltenen Militäreffekten zurückerstattet haben (Art. 11, Ziff. 6): 3 Fälle.

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G. Die Beförderung von Eltern, welche unerzogene Kinder zurückgelassen hatten und mit deren Auswanderung die zuständige Armenbehörde nicht einverstanden war (Art. 11, Ziff. 7): 3 Fälle.

7. Mangelhafte Spedition des Gepäckes von Auswanderern: 2 Fälle.

8. Unbefugte Publikationen: 5 Fälle.

9. Kontraktwidrige Beförderung und unrichtige Instradierung von Auswanderern: 2 Fälle.

10. Nachzahlungen über den im Vertrage festgesetzten Preis (Art. 15, l und 16, 3): 3 Fälle.

11. Rücktritt vom Auswanderungsvertrage (Art. 17, Ziff. 6, des Gesetzes und §§13 und 14 des Auswanderungsvertrages): 4 Fälle.

12. Die Weigerung von Agenten, civilrechtliche Ansprüche von Auswanderern zu befriedigen : 2 Fälle.

13. Die Verwendung von Personen, welche den Behörden nicht als Unteragenten bekannt waren, zum Geschäftsbetriebe (Zuweiser) (Art. 5, Alinea 5): 2 Fälle.

14. Propaganda zur Förderung der Auswanderung: 2 Fälle.

15. Die Versicherung des Familienhauptes gegen Unfall während der Dauer der Reise (Art. 15, Ziff. 6): l Fall.

Im folgenden thun wir übrigens nur derjenigen Fälle Erwähnung, die, sei es mit Rücksicht auf den Thatbestand, sei es mit Kücksicht auf die Gesetzesinterpretation, besonderes Interesse zu bieten scheinen.

1. Ein tessinischer Bürger, welcher zu seinem in San Francisco wohnenden Sohne reisen wollte, verunglückte anläßlich einer Entgleisung eines Zuges der Union Pacificbahn in Hallville (Wyoming) und mußte, wie die übrigen Passagiere des Zuges, nach Ogden (Utah) verbracht werden, von wo er später von seinem Sohne nach San Francisco abgeholt wurde. Der Unglückliche hatte einen Schädelbruch erlitten und war während längerer Zeit schwachsinnig. Erkundigungen, welche über den früheren Zustand des Auswanderers eingezogen wurden, ergaben, daß derselbe vor seiner Abreise im Vollbesitze seiner körperlichen und geistigen Kräfte gewesen, in seiner Heimatgemeinde mehrere öffentliche Ämter bekleidet und auch privaten Stellen mit großer Sachkenntnis vorgestanden. Es konnte folglich weder der Agentur, welche die Beförderung desselben übernommen, der Vorwurf gemacht werden, Art. 11, Ziff, l, des Gesetzes außer acht gelassen zu haben, noch die zur Entschädigung verpflichtete Eisenbahngesellschaft den Einwand erheben, der in Rede stehende Auswanderer sei schon früher schwachsinnig gewesen.

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2. Ein Bürger des Kantons Schaffhausen wanderte nach Toledo (Ohio) aus, wo er Verwandte besaß. Dort verfiel er in Irrsinn, und da die Behörden von Toledo in Erfahrung gebracht hatten, daß der Betreifende schon früher in einer Irrenanstalt untergebracht gewesen, schickten sie ihn unter Bewachung nach New York, von wo die Einwanderungsbehörde ihn nach seiner Heimat zurückbeförderte.

Es fragte sich auch in diesem Falle, ob eine Verletzung von Art. 11, Ziff. l, vorliege. Die angestellte Untersuchung ergab, daß der Ausgewanderte allerdings zweimal wegen alcoholismus chronicus in einer Anstalt hat verpflegt werden müssen. Das zweite Mal war er als geheilt aus der Anstalt entlassen worden, doch scheinen Zweifel über die Dauer der Besserung bestanden zu haben. Der Anstaltsarzt kommt in seinem bezüglichen Rapporte zum Schlüsse, daß der Betreffende möglicherweise in einem Remissionsstadium die Reise nach Amerika angetreten und bei oberflächlicher Beobachtung von einem Laien als geistesgesund gehalten werden konnte. Da auch die sonst sehr rigorose Einwanderungsbehörde in New York ihn ohne Anstand hatte landen lassen, konnte von einer Verletzung der Bestimmungen in Art. 11, Ziff. l und 4, des Gesetzes nicht die Rede sein. Es ist hier noch zu bemerken, daß die neueren Gesetze der Vereinigten Staaten die zuständige Behörde ermächtigen, die Rückspedition eines Auswanderers noch während der Frist eines Jahres nach seiner Ankunft zu verfügen, wenn der Grund, aus welchem die Rückspedition verfügt wird, schon vor der Auswanderung bestanden hat.

3. Eine Agentur hatte zwei minderjährige Personen zur Beförderung übernommen und von denselben Fr. 300 als Haftgeld vereinnahmt, ohne daß sie Ausweisschriften und eine Erklärung der Eltern hatten vorweisen können, daß letztere zur Auswanderung ihre Einwilligung geben. Die Klage gegen die Agentur wurde geführt, weil dieselbe, nachdem die Reise nicht zur Ausführung gekommen, sich geweigert hatte, das von den beiden Personen bezahlte Haftgeld zurückzuerstatten. Sie wurde begründet erklärt und die Agentur, gestützt auf folgende Erwägungen, in eine Buße verfällt: 1. Die Ansicht, es handle sich im vorliegenden Falle weder um eine ungesetzliche Beförderung, noch um die Absicht, eine solche auszuführen, ist nur im ersten Teile richtig. Die Agentur scheint anzunehmen, daß, da der
Auswanderungsvertrag mit den beiden minderjährigen Personen noch nicht abgeschlossen war, sie nicht verpflichtet gewesen sei, den in Art. 11, Ziff. 2, des Gesetzes geforderten Ausweis sich vorlegen zu lassen.

2. Ob eine schriftliche Ausfertigung des Reisevertrages stattgefunden hat oder nicht, ist jedoch irrelevant; sobald die Agentur

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die Anzahlung von Fr. 300 angenommen und einen Schiffsplatz definitiv bestellt hat, muß der Vertrag als abgeschlossen betrachtet werden. Es erhellt übrigens auch aus § 9 des Reisevertragsformulars, daß die erste Anzahlung in der Regel bei der Unterzeichnung des Vertrages stattfindet. Wenn von der Agentur behauptet wird, die Fr. 300 habe sie als Depositum zur Bestellung der Plätze für die beiden Auswanderer erhalten, und zwar, weil den Schiffsgesellschaften für bestellte Plätze, die in der Folge nicht occupiert werden, die Hälfte der Seepassage bezahlt werden müsse, so ist dem entgegenzuhalten, daß die Agentur weder sich noch die beiden Personen diesem Risiko ausgesetzt hätte, wenn sie vor allem aus von den letzteren die Vorweisung einer Erklärung darüber verlangt haben würde, daß die Eltern, beziehungsweise der Vormund, mit ihrer Auswanderung einverstanden seien. Die Agentur mußte in allererster Linie an die Möglichkeit denken, daß die jungen Leute die Einwilligung nicht erhalten haben, ja sogar mit etwelcher Sicherheit dies annehmen, da im andern Falle die Eltern selbst den Reisevertrag abzuschließen gekommen wären.

3. Entschieden muß der Behauptung entgegengetreten werden, daß der Abschluß des Vertrages erst nach erfolgter Bestellung der Schiffsplätze stattfinden könne. Da die Ausweisschriften zufolge dem Schlußalinea von Art. 11 des Gesetzes erst beim Vertragsabschlüsse vorgelegt werden müssen, so kann sich die Agentur erst dann überzeugen, ob überhaupt die behufs Abschlusses eines Reisevertrages mit ihr in Verbindung getretene Person nicht in eine der Kategorien gehört, die der Art. 11, Ziff. l--7, zu befördern verbietet. Wäre die Behauptung der Agentur richtig, so müßte in allen Fällen, wo sich nachträglich herausstellt, daß die Person, für welche ein Platz belegt wurde, nicht befördert werden darf, die Hälfte der Seepassage entrichtet werden. Dem Verfahren, den Schiffsplatz vor Abschluß des Vertrages zu bestellen, scheint die Absicht der Agenten zu Grunde zu liegen, die Hälfte der Seepassage, sei es für sich, sei es unter Abzug der Kommission für die Schiffsgesellschaft, unter allen Umständen vom Kontrahenten zu bekommen.

4. Von einer Gemeindebehörde wurde uns die Mitteilung gemacht, daß eine minderjährige Tochter ohne Wissen und Willen ihrer Eltern, und ohne im Besitze von Ausweisschriften
Über Herkunft und Bürgerrecht zu sein, nach Amerika ausgewandert sei. Mit dieser Mitteilung wurde das Gesuch verbunden, wir möchten Nachforschungen darüber anstellen, wer die Beförderung der Tochter übernommen, und die Schuldigen zur Verantwortung ziehen. In den Auswandererlisten der Agenturen figurierte der Name der Tochter nicht und die in den europäischen Einschiffungshäfen eingezogenen Erkundi-

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gungen blieben resultatlos; dagegen hat die von den kantonalen Behörden angestellte Untersuchung ergeben, daß die Betreffende von einer Verwandten, welche sie von Jugend auf erzogen hatte, die Mittel zur Bestreitung der Reisekosten erhalten, daß die Inhaber der elterlichen Gewalt von der letztern einen nicht im Interesse der Tochter liegenden Gebrauch machen wollten und daß sehr wahrscheinlich die Beförderung von einer in Basel domizilierten Agentur besorgt worden ist. Die Angelegenheit ist im Berichtsjahre nicht zur Erledigung gelangt, weil während desselben eine Einvernahme des in der Umgebung von Chicago wohnenden Mädchens nicht hat erfolgen können.

5. Es wurde uns zur Anzeige gebracht, eine Agentur habe einen Reisevertrag abgeschlossen, ohne daß ihr die in Art. 11, Ziff. 5, des .Gesetzes geforderten Ausweise über Herkunft und Bürgerrecht des Auswanderers vorgelegen. Die Agentur suchte sich damit zu entschuldigen, daß sie auf ausdrückliches Verlangen eines Mitgliedes der Armenbehörde der Gemeinde, welcher der Auswanderer angehörte, den Vertrag ausgefertigt habe, und zwar auf die Vorweisung des Dienstbüchleins hin, aus welchem die Heimatberechtigung des Inhabers ersichtlich gewesen sei. Nur in den seltensten Fällen komme es vor, daß die Kontrahenten ihre Schriften schon beim Vertragsabschlüsse bei sich haben; meist sei es denselben geradezu unmöglich, die Schriften schon auf jenen Zeitpunkt erhältlich zu machen.

Von einer Gesetzesverletznng könne auch schon deshalb nicht gesprochen werden, weil die Beförderung wegen Desertion des Auswanderers nicht habe ausgeführt werden können.

Wir fanden diese Verteidigung der Agentur für unzureichend und verfällten letztere deshalb in eine Buße, indem wir uns von folgender Erwägung leiten ließen: Der Einwand, es könne, weil die Beförderung des Auswanderers nicht ausgeführt worden sei, von einer Gesetzesverletzung nicht gesprochen werden, ist nicht stichhaltig, da eine Außerachtlassung der in Art. 11, letztes Alinea, des Gesetzes enthaltenen Vorschrift ganz wohl, auch ohne daß die Beförderung erfolgt, stattfinden kann, und es nicht das Verdienst des Agenten ist, daß der Auswanderer nicht spediert wurde. Der fernem Behauptung der Agentur, die Heimatberechtigung des Passagiers sei aus dem Dienstbüchlein ersichtlich gewesen, steht entgegen, daß den Agenturen
durch eine große Anzahl bundesrätlicher Entscheide wohl bekannt ist, daß das Militärdienstbüchlein den Ausweis über Herkunft und Bürgerrecht nicht ersetzen kann.

Bei Festsetzung der Buße wurde indessen berücksichtigt, daß durch den Fehler des Agenten die Absicht des Gesetzgebers, die

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Beförderung eines schriftenlosen Auswanderers zu verhindern, nicht vereitelt worden ist, und daß vom Agenten mit einer Gemeindebehörde verhandelt wurde, von der vorausgesetzt werden durfte, daß sie für Beschaffung der Ausweisschriften sorgen werde.

Es bleibt hier beizufügen, daß die Gemeindebehörde den Wunsch ausgesprochen hatte, es möchte ihrer Anzeige nicht der Charakter einer Klage beigemessen werden. Wir konnten jedoch mit Kücksicht darauf, daß es bei Verletzung polizeilicher, d. i. im allgemeinen Interesse liegender Gesetze auf die Absicht des Anzeigers nicht ankommt, auf jenen Wunsch keine Rücksicht nehmen.

6. Eine Auswanderungsagentur mußte gebüßt werden, weil sie zwei militärdienstpflichtige Schweizerbürger befördert hatte, welche sich nicht ausgewiesen, daß sie die vom Staate erhaltenen Militäreffekten zurückerstattet hatten. Die Ausrede der Agentur, die Auswanderer hätten nicht mehr Zeit gehabt, die Effekten in die Zeughausverwaltung zu bringen, und ihr überdies einen Frachtschein über die Absendung derselben vorgewiesen, konnten wir nicht gelten lassen.

Die Agentur konnte und mußte die Auswanderer rechtzeitig darauf aufmerksam machen, daß sie sie nicht spedieren dürfe, bevor sie ihre Militäreffekten abgegeben und von der zuständigen Amtsstelle über die Rückerstattung eine Bescheinigung erhalten hätten, welch' letztere im Dienstbüchlein auszustellen ist und nicht durch einen Frachtschein ersetzt werden kann. Die Effekten waren aber nicht rechtzeitig, zudem unvollständig und ungereinigt in den Besitz der zu ihrer Entgegennahme berechtigten Verwaltung gelangt.

Dagegen wurde auf die Anschuldigung einer Agentur, einen Wehrpflichtigen nach Amerika befördert zu haben, welcher keine Urlaubsbewilligung eingeholt hatte, nicht eingetreten, weil das Bundesgesetz vom 22. März 1888 nur verbietet, solche militärdienstpflichtige Schweizerbürger zu befördern, welche sich über die Rückerstattung der vom Staate erhaltenen Militäreffekten nicht ausweisen können; solche Schweizerbürger, welche ersatzsteuerpflichtig sind oder überhaupt keine Militäreffekten gefaßt haben, zu befördern, untersagt das Auswanderungsgesetz nicht.

7. Den Klagen wegen Beförderung von Eltern, die unerzogene Kinder zurückgelassen hatten, und mit deren Auswanderung die zuständige Armenpflege sich nicht einverstanden erklärt hatte,
konnte keine Folge gegeben werden, weil die Verdachtsmomente gegen die Agenturen, welche angeschuldigt worden waren, die Beförderung übernommen zu haben, nicht ausreichend waren. In zwei Fällen lag Grund zur Annahme vor, daß die Agentur Personen, deren Beförderung sie nach Art. 11 des Gesetzes nicht übernehmen darf, an

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einen ausländischen Agenten weist und überhaupt den Verkehr mit solchen Personen so einrichtet, daß es ungemein schwer hält, die Schuldbeweise zu erbringen. Dabei wurde übrigens wiederum beobachtet, daß die kantonalen Amtsstellen, welche mit den bezüglichen Untersuchungen betraut werden müssen, dieselben nicht überall mit der wünschenswerten Sorgfalt führen, und daß sie, eine Erfahrung, die auch auf andern Gebieten gemacht worden ist, die strafpolizeilichen Bestimmungen des Gesetzes (Art. 19) nur ungerne zur Anwendung kommen lassen.

8. Durch Vermittlung des schweizerischen Konsulats in New York beschwerte sich eine Auswandererin darüber, daß bei ihrer Ankunft in Havre ihr Gepäck, das sie der Agentur, welche ihre Beförderung übernommen, rechtzeitig abgeliefert habe, sich nicht vorfand und sie deshalb ihre Weiterreise über Southampton nicht habe fortsetzen können. Sie verlangte deshalb von der Agentur die Restitution der ihr erwachsenen Mehrauslagen im Betrage von Fr. 76. 50 und eine Entschädigung von Fr. 100. Die Agentur machte geltend, daß die Klägerin nicht nötig gehabt habe, in Havre die Ankunft ihres Gepäckes abzuwarten, indem ihr dasselbe mit dem nächsten Dampfer nachgesandt und, im Falle dasselbe verloren gegangen, ihr dafür Ersatz geleistet worden wäre. An der verspäteten Ankunft des Gepäckes trage einzig die Bahnverwaltung Schuld. Den letztern Standpunkt konnten wir nicht gelten lassen. Der Auswanderer hat nicht mit den verschiedenen Transportanstalten, die seine Beförderung nach einem überseeischen Staate vermitteln, accordiert, sondern nur mit dem Agenten ; dieser allein gilt als Transporteur und ist einzig verantwortlich. Auch kann der Agent die Leistung, zu der er verpflichtet ist, nicht davon abhängig machen, ob er das Rückgriffsrecht gegen die Transportanstalten mit oder ohne Erfolg geltend macht. Unserer Verwendung gelang es, für die Klägerin die Mehrauslagen, welche sie in Havre gehabt hatte, erhältlich zu machen.

9. Ein Auswanderer hatte bei seiner Ankunft in Buenos Aires einen seiner Koffer, welcher u. a. wertvolle Instrumente enthielt, vermißt. Nach längern Nachforschungen -ergab es sich, daß das Gepäckstück, anstatt in Bordeaux eingeschifft zu werden, nach Havre gelangt und dort liegen geblieben war. Nach 9 Monaten endlich gelangte es in die Hände des Besitzers, jedoch in
defektem Zustande und mit beschädigtem, teilweise sogar vollständig unbrauchbar gewordenem Inhalte. Auch in diesem Falle, wie in einigen anderen, in denen es sich um civilrechtliche Ansprüche handelte, suchten wir, in der Regel mit Erfolg, den Parteien die Unannehmlichkeiten und Kosten eines Prozesses zu ersparen und einen Vergleich zu stände zu bringen.

225 10. Es wurde uns zur Anzeige gebracht, daß ein Agent zwei Auswanderern aus dem Kanton Uri für die Beförderung nach Omalia (Nebraska) eine Summe von je Fr. 470 abgenommen. Wie viel hiervon auf die Reise nach New York und wie viel auf die Inlandfahrt entfalle, sei aus den Verträgen nicht ersichtlich gewesen. Der Preis für die Keise nach New York variiere von Fr. 230 bis Fr. 260, und ein Emigrantenbillet von dort bis Omaha (Nebraska) koste etwa Fr. 135, somit habe der Agent, wenn man für die Fahrt nach New York einen mittleren Preis von Fr. 245 annehme, von jedem der beiden Auswanderer ungefähr Pr. 90 zu viel gefordert. Der Angeschuldigte machte unter Einsendung der Vertragsdoppel geltend, daß die Anzeige auf Irrtum beruhe, indem die beiden Auswanderer nicht nach Omaha (Nebraska), sondern nach San Francisco (Californien) gereist seien ; der Passagepreis sei demnach nicht zu hoch berechnet worden.

In den Reiseverträgen war in der That San Francisco als Bestimmungsort angegeben ; daneben befindet sich die Notiz ,,via. Chicago-Omaha". Die Agentur wurde nichtsdestoweniger in eine Buße verfällt, und zwar gestützt auf folgende Erwägungen: 1. In den Verträgen (§ 2) ist ausdrücklich San F r a n c i s c o als Reiseziel angegeben und es liegt kein Grund zur Annahme vor, daß ein anderer Ort dies gewesen sei, respektive daß auf den in Händen der Auswanderer verbliebenen Reisevertragsdoppeln ein anderer Ort (Omaha) als Bestimmungsort vorgemerkt gewesen sei. Für die Beurteilung der Frage aber ist einzig der Wortlaut der Verträge maßgebend. Eine Klage wegen Überforderung eines Auswanderers könnte Übrigens nur beim Gerichte anhängig gemacht werden, und zwar vom Auswanderer selbst oder seinem Bevollmächtigten. Um eine Büßung der Agentur durch die administrative Bundesbehörde zu rechtfertigen, wäre aber, wie für ein richterliches Urteil, der Beweis unerläßlich, daß die thatsächlich erfolgte Beförderung mit dem Wortlaute des Vertrages nicht übereinstimmt. Eine solche Klage liegt nicht vor.

2. Andrerseits hat aber die Untersuchung festgestellt, daß die Reiseverträge vom Agenten in mangelhafter Weise ausgefüllt worden sind. Erstens wurde der Vorschrift in Art. 17, Ziffer 4, des Bundesgesetzes vom 22. März 1888, wonach der Preis des überseeischen Inlandfahrbillets im Vertrage besonders anzugeben ist, nicht Genüge
geleistet, sodann sind die Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht (Heitnatscheine) der Auswanderer in den Verträgen nicht eingetragen worden. Das Datum der Heimatscheine wurde, wie aus der Handschrift deutlich hervorgebt, nachträglich erst von der Hauptagentur beigesetzt. Dieser Umstand läßt der Vermutung Kaum, (laß der Agent auch die im letzten Alinea von Art. 11 des Gesetzes ßundesblatt, 46. Jahrg. Bd. II.

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enthaltene Vorschrift, wonach die Agenten sich die Ausweisschriften der Auswanderer bereits beim Vertragsabschlüsse vorlegen zu lassen haben, außer acht gelassen hat.

11. Ein Unteragent wurde beschuldigt, zwei Auswanderer statt nach Menomonnee Falls nach Menomonnee befördert zu haben, welche beide Ortschaften im Staate Wisconsin liegen, aber ungefähr 200 Meilen voneinander entfernt sind. Den Auswanderern erwuchsen durch die Verwechslung eine Reihe von Unannehmlichkeiten und erhebliche Mehrauslagen. Der Angeschuldigte machte geltend, es sei ihm Menomonnee als Bestimmungsort der Auswanderer bezeichnet worden ; auf diesen Namen laute auch der Vertrag und folglich seien die Leute vertragsgemäß spediert worden. Von einer Verletzung des Gesetzes konnte sonach nicht die Rede sein, und über das Entschädigungsbegehren zu entscheiden, gehörte in die Kompetenz der richterlichen Behörden.

Uns schien nicht unwahrscheinlich, daß der Fehler auf Seiten des Unteragenten liege, der nicht wissen mochte, daß es außer einer Ortschaft Menomonnee noch eine solche Menomonnee Falls giebt, oder beide für identisch hielt. Wohl in der Annahme, ein Auswanderungsagent mìisse mit den diesbezüglichen Verhältnissen vertraut sein, sind die Auswanderer beim Vertragsabschluß nicht auf der Beifügung des Wortes ,,Falls" beharrt. Nur wenige Unteragenten sind genügend mit Karten, Ortslexika u. dgl. versehen, um den Auswanderern genaue Auskunft über die nächste und beste Route zu ihrem Bestimmungsorte anzugeben. Wenn ähnliche Fälle sich häuften, müßte den Unteragenten überhaupt verboten werden, weiter als bis zum Ausschiffungshafen zu befördern.

12. Gegen Ende 1892 nnd während des Berichtsjahres liefen häufig Klagen darüber ein, daß einige Agenten für die Beförderung von Auswanderern mehr verlangt hätten, als vertraglich festgesetzt worden sei, in einem Falle daß die Beförderung in III., statt wie vereinbart in II. Klasse stattgefunden habe. Die Untersuchung ergab, daß die beschwerdeführenden Auswanderer thatsächlich für die Überfahrt nicht mehr bezahlt hatten, als durch die Verträge festgesetzt war, daß aber allerdings in den Verhandlungen, welche dem Abschluß des Rei se Vertrages vorausgegangen, von niedrigeren Passagepreisen und einer anderen Schiffsklasse die Rede gewesen war. Jene Verhandlungen fielen in die Zeit der häufigen
Schwankungen der Schiffspreise, die ihrerseits eine Folge der Maßnahmen waren, zu denen sich die Sehiffsgesellschaften durch das Auftreten der Cholera und die von Amerika getroffenen Quarantainevorkehren gezwungen sahen. Hierdurch kamen hauptsächlich die mit der französischen Linie befördernden Agenturen häufig in die Lage, während sie mit Auswandernden über die Beförderung unterhandelten,

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die Preise zu ändern. Da aber die besehwerdeführenden Auswanderer in der im Vertrage angegebenen Schiffsklasse und zu dem dort fixierten Preise befördert worden waren, lag weder eine Erhöhung des vertraglich festgesetzten Preises im Sinne von Art. 15, Ziff. l, noch eine Nachzahlung im Sinne von Art. 16, Ziff. 3, des Gesetzes vor. Wenn die Agenturen den Auswanderern vor Abschluß des Vertragen bei den Vorverhandlungen günstigere Bedingungen gestellt und bindende Zusagen gemacht hatten, so konnten die Beschwerdeführer die Agenten dabei behaften, nachdem sie aber den Vertrag unterzeichnet, hatten sie sich dieses Rechtes begeben. Es hätte übrigens von den Agenten erwartet werden dürfen, daß sie einerseits ihre Offerten etwas weniger dunkel hielten, andrerseits es bei den Schiffsgesellschaften durchsetzten, daß neue Tarife nicht von einem Tage auf den andern eingeführt werden. Auf unsere Verwendung willigte eine Agentur ein, den Mehrbetrag zurückzuerstatten ; die andere weigerte sich dessen, angeblich weil der Kläger schroff gegen sie aufgetreten sei. 13. Die §§ 13 und 14 des Auswanderungsvertrages sehen die Fälle vor, wo ein Auswanderer nach Abschluß des Reisevertrages sein Vorhaben auszuwandern aufgiebt, und .bestimmen diesbezüglich: ,,Erfüllt der Reisende den Vertrag nicht, so ist der Agent, im Falle die Reise noch nicht begonnen hat, berechtigt, die Hälfte der Vertragssumme als Entschädigung innezuhalten oder einzufordern, sowie auch Schadenersatz zu verlangen, wenn der Schaden sich über die Hälfte der Vertragssumme beläuft. Wird die Expedition durch ein Verschulden des Auswanderers unterbrochen und unmöglich, so ist der ganze Accordbetrag der Agentur verfallen." (§ 13.)

,,Wenn jedoch ein Auswanderer wegen nachgewiesener Erkrankung oder anderweitiger unverschuldeter Verhinderung die Reise nicht antreten oder nicht fortsetzen kann, so ist die Agentur verpflichtet, die für die Beförderung des Auswanderers und seiner bei ihm bleibenden Angehörigen bezahlten Beträge zurückzuerstatten, unter Abzug jedoch der für Abschluß oder teilweise Ausführung des Vertrages erwachsenen Auslagen." (§ 14.) Dieser letztere Paragraph entspricht genau der Bestimmung in Art. 17, Ziff. 6, des Gesetzes, während dieses über die in § 13 des Vertrages vorgesehenen Fälle nichts enthält.

Im Berichtsjahre kamen uns vier Anstände
zur Kenntnis, in denen es sich um Anwendung der citierten Bestimmungen handelte.

Eine in Genf niedergelassene Ausländerin hatte mit einer Auswanderungsagentur einen Vertrag über ihre Beförderung nach Iquique (Chile) abgeschlossen und für die Seepassage (II. Klasse) Fr. 850

228 bezahlt. In Bordeaux angekommen, erkrankte dieselbe, kehrte nach Genf zurück und verlangte von der Agentur die Rückerstattung des Seepassagepreises, gestützt auf Art. 17, Ziff. 6, des Gesetzes. Die Agentur händigte der Frau Fr. 400 aus und erklärte sich zu einer Restitution von weitern Fr. 25 bereit; die andere Hälfte der Accordsumme weigerte sie sich zurückzugeben, indem sie behauptete, der Schiffsgesellschaft (Pacific Steam Navigation Company) hätten Fr. 425 ausbezahlt werden müssen, welche Summe unter die Auslagen zu rechnen sei, welche die Agenturen nach Art. 17, Ziff. 6, in Abzug bringen diirfen. Das Schiffsbillet enthalte die Bestimmung, daß die Hälfte der Seepassage verfallen sei, wenn das Billet nicht benutzt werde.

Das Genfer Gericht, an welches sich die Klägerin gewendet hatte, war anderer Ansicht. Es fand, daß die Bestimmungen der Schiffsbillets für den Auswanderer ohne Belang seien. Dieser erwerbe sich sein Schiffsbillet nicht bei der Scbiffsgesellschaft, die für ihn Drittperson sei, sondern bei der Agentur, welche den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 22. März 1888, in casu dem Art. 17, Ziff. 6, unterworfen sei. Abmachungen zwischen der Agentur und der Schiffsgesellschaft seien für den Auswanderer eine res inter ahos acta und, wenn sie den Bestimmungen des Gesetzes zuwiderlaufen, als nichtig zu erklären, selbst wenn der Auswanderer seine Zustimmung zu denselben gegeben habe. Da die Reise von Bordeaux nach Iquique nicht angetreten worden sei, habe die Klägerin die Agentur auch nicht zu einer Ausgabe veranlassen können. Wollte man zugeben, daß auch dann, wo ein Auswanderer wegen Einwirkens einer höheren Gewalt die Reise nicht antreten kann, die Hälfte der Reisekosten zu bezahlen sei, so könnte von der Agentur ebensowohl stipuliert werden, der Auswanderer habe in jenem Falle 3/4 oder 9;io jener Kosten zu bezahlen, und man käme gerade zu dem Resultat, das das Gesetz verhindern wollte. Die Agenturen seien überdies in der Lage, die für sie nachteiligen Folgen der Gesetzesbestimmung dadurch zu verhüten, daß sie einerseits sich über den Gesundheitszustand der mit ihnen Accord schließenden Personen genau informierten, andererseits danach trachteten, von den Schiffsgesellschaften entsprechende Überfahrtsbedingungen zu erlangen.

lé. Ein Aus wanderer hatte für sich und sein Kind mit einer
Agentur um den Überfahrtspreis von Fr. 347 accordiert, stand dann aber in der Folge vom Vertrage zurück, indem er sich auf ein ärztliches Zeugnis stützte, welches besagte, daß sein Gesundheitszustand es als sehr wünschenswert erscheinen lasse, nicht auszuwandern. Hier schien uns eher der in § 13 vorgesehene Fall vorzuliegen, da der Gesundheitszustand des Auswanderers sich seit dem Vertragsabschlüsse

229

nicht verschlimmert hatte und das Zeugnis sich auf den Zustand vor dem letztern bezog. Überdies lag .Grund zu der Annahme vor, daß das Auswanderungsprojekt deshalb aufgegeben worden, weil der Betreffende inzwischen lohnende Arbeit gefunden. Nichtsdestoweniger ließen wir unsere Verwendung dafür eintreten, daß die Agentur den § 13 nicht in rigoroser Weise zur Anwendung bringe.

Thatsächlich begnügte sich dieselbe dann auch mit einer bedeutend geringeren Entschädigung.

15. Von einem Landwirte, welcher auszuwandern beabsichtigte, wurde eine Reklameschrift vorgewiesen, in welcher für die Auswanderung nach den westlichen Provinzen von Canada Propaganda gemacht wird. Wir glaubten die Anzeige um so eher dem zuständigen kantonalen Gerichte zuleiten zu sollen (Art. 19), als, zufolge der in letzter Zeit an das Departement gelangten Berichte über Canada, dieses Land sich für schweizerische Ansiedler im -allgemeinen nicht eignet. Das kantonale Gericht sprach den Angeschuldigten frei, hauptsächlich aus dem Grunde, weil demselben nicht habe nachgewiesen werden können, daß er noch andere Exemplare der Schrift verteilt habe. Dem Anwalt des Angeschuldigten, welcher die Auszahlung der dem letztern vom Gerichte zuerkannten Entschädigung von Fr. 10 vom Bund verlangte, weil es sich um eine nach Bundesrecht zu beurteilende Strafklage gehandelt habe und der kantonale Fiskus sich weigere, die Entschädigung zu bezahlen, wurde folgendes erwidert: Die Übertretungen des Bundesgesetzes betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen, vom 22. März 1888, gehören nicht zu den Straffâllen, in welchen nach Artikel 125, Alinea 2, des Buiidesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, vom 22. März 1893, dem Bundesrat die Wahl zusteht, die Beurteilung dem Bundesgerichte oder den kantonalen Gerichten zu überweisen, und in welchen deshalb der Bund den Kantonen 'für Kosten und Entschädigungen aufzukommen hat. Nach Art. l, litt, b, des Auswanderungsgesetzes liegt vielmehr die strafrechtliche Verfolgung der ihnen nach Art. 19 dieses Gesetzes zur Aburteilung unterstellten Personen den k a n t o n a l e n G e r i c h t e n ob. Es übt somit der Kanton in solchen Fällen die Bechtsprechung unmittelbar kraft gesetzlicher Bestimmung aus und hat deshalb keinen Anspruch auf Kostenvergütung durch den Bund, wie aus Art. 157 des
Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege hervorgeht, welcher lautet : ,,In den Fällen, in welchen die Bechtsprechung bei ,,Übertretung von Bundesgesetzen den Kantonen überlassen ist, findet ,,keine Kostenvergütung durch den Bund statt, und es fallen die ,,Bußen, sofern darüber gesetzlich nicht anders verfugt ist, ganz in ,,die kantonale Kasse." Es ist daher auch der Bund nicht verpflichtet, die verlangte Entschädigung zu entrichten.

230

16. Ein Auswanderer brachte folgendes vor : Als er die steile Treppe von der Kajüte aufs Verdeck habe hinaufsteigen wollen, habe er sich oben mit den Händen an der Umfassung der Ausgangsthüre gehalten. In demselben Momente sei die nicht befestigte Thüre von einem Windstoß zugeworfen und seine linke Hand zwischen Umfassung und Thüre eingeklemmt und schwer verletzt worden.

Nach der Behandlung durch den Schiffsarzt seien der kleine Finger, der Ring- und Mittelfinger der linken Hand steif gehlieben. Er habe deshalb in Amerika keine Arbeit finden können und wieder nach seiner Heimat zurückkehren müssen. Er behauptet des fernem, die Thüre hätte eingehängt sein sollen und es liege deshalb ein Verschulden eines Angestellten der Schiffsgesellschaft vor. Zufolge ärztlichem Zeugnis ist der Kläger durch den Unfall beim Arbeiten sehr gehindert, und er glaubte deshalb Anspruch auf Schadenersatz zu haben.

Da der Beschwerdeführer Familienvater ist, mußte ihn die Agentur, welche seine Beförderung übernommen, nach Art. 15, Ziffer 6, des Bundesgesetzes vom 22. März 1888 gegen Unfall während der Dauer der Reise für Fr. 500 versichert haben.

Die Agentur lehnte das Entschädigungsbegehren ab, indem sie geltend machte : Bis jetzt habe sich noch keine Versicherungsgesellschaft bereit gefunden, gegen Unfälle während der Dauer einer Eeise, zumal einer überseeischen, sondern nur für den Todesfall infolge Reiseunfalles zu versichern. Keine Gesellschaft lasse eine gewöhnliche Unfallversicherung während einer Seereise weiter fortbestehen,auch nicht gegen eine Prämienerhöhung, sondern versichere nur gegen solche Keiseunfälle, die ganz direkt mit dem Transporte zusammenhängen, nicht aber auch gegen solche, die dem Versicherten ohne Einwirkung des Transportmittels, auch auf dem ebenen Lande, zu Hause vorkommen können. Von einer Tagesentschädigung für Eeiseunfall sei vollends nirgends die Rede, selbst nicht für TransportUnfälle, wenn solche keine weitern Folgen haben. Gestützt sowohl auf den Wortlaut des Gesetzes als auf die Bedingungen, unter denen sich nach Inkrafttreten des Gesetzes mehrere Versicherungsgesellschaften bereit erklärt hatten, die Agenturen für die Folgen der ihnen durch die Bestimmungen von Art. 15, Ziffer 5 und 6, auferlegten Verpflichtung schadlos zu halten, waren wir in der Lage, die Behauptungen der Agentur
zu widerlegen.

17. Von einer Seite wurde darüber Beschwerde geführt, daß die Wirte in New York des öftern in gewinnsüchtiger Absicht Auswanderer länger in ihren Hotels zurückhalten als nötig sei, und die Ansicht geäußert, daß der signalisierte Übelstand nicht vorkommen wiirde, wenn die Agenturen mit der Beschaffung der amerikanischen

231

Inlandfahrtbillets nicht die Wirte in New York betrauen, sondern die bezüglichen Anweisungen auf die Schiffsgesellschaften abgeben würden, welche die Beförderung der jeweiligen Auswanderer übernommen.

Von der in' Frage kommenden Agentur wurde auf die Beschwerde folgendes erwidert : Daß die meisten Schweizeragenturen die Ordres für amerikanische Bahnbillets auf Wirte in New York, die zugleich Passageagenten sind, abgeben, involviere für die Auswanderer nichts Nachteiliges. Einmal würden letztere von kundigen vertrauten Leuten .in Empfang genommen und besorgt, auch könnten sie bei denselben zu dem billigen Preis von $ l bis l Va per Tag anständig logieren und nach überstandener Seereise der so nötigen Ruhe und Erholung pflegen. Endlich vergüteten diese Wirte und Passageagenten den europäischen Agenturen in der Regel höhere Kommissionen auf den amerikanischen Bahnbillets, als dies die meisten Schiffsgesellschaften thun, besonders wenn es sich um Tickets nach dem fernen Westen handle, was indirekt auch wieder dem Auswanderer zu gute komme, indem dieser infolge der zwischen den Agenturen herrschenden Konkurrenz zu billigerem Preise gelange. Da diese Ansicht auch einem sachbezüglichen Rapporte der Gesandtschaft in Washington entspricht, gaben wir der Anzeige vorläufig keine weitere Folge.

IV. Auswanderungsziele.

A. Nordamerika.

i. Vereinigte Staaten.

Von den im Berichtsjahre aus der Schweiz ausgewanderten 6177 Personen haben sich 5637 nach den Vereinigten Staaten begeben , gegen 7340 im Vorjahre ; das prozentuale Verhältnis der Auswanderung nach der Union zur ° Gesamtauswanderung ist 91,2 gegen 93,6 im Jahre 1892. Der Grund des erheblichen Rückganges der Auswanderung nach den Vereinigten Staaten, welche immerhin noch das Hauptziel der Europamiiden sind und wohl für lange Zeit noch bleiben werden, ist auf beiden Seiten des Océans zu suchen. Was speciell die Vereinigten Staaten anbetrifft, so ist bekannt, daß dort eine finanzielle Krisis herrscht, die sich auf fast allen Gebieten äußert; im Westen haben viele Bergwerke, im Osten viele Fabriken die Zahl ihrer Arbeiter reduziert, einige den Betrieb ganz eingestellt.

Der Wert der Ausfuhr von Cerealien und Mehl während der ersten acht Monate des Jahres hat gegenüber dem Vorjahre um cirka 40 Millionen Dollars abgenommen. Daneben ist auch eine starke Verschuldung des Bodens konstatiert worden. So erklärt es sich, daß trotz der

232 ungewöhnlich starken Einwanderung im Frühjahr die Ergebnisse des ganzen Jahres doch eine Verminderung von mehr als 22,000 Einwanderern gegenüber dem Vorjahre aufweisen, und daß die Zahl der Auswanderer die der Einwanderer übertreffen hat. Von diesen Verhältnissen mußte die schweizerische Auswanderung um so mehr beeinflußt werden, als es zumeist die Nachrichten von in früheren Jahren Ausgewanderten an ihre in der Heimat zurückgelassenen Verwandten oder auf Besuch aus Amerika gekommene Personen sind, welche zur Auswanderung veranlassen.

Ein fernerer Grund des Rückganges der Auswanderung nach den Vereinigten Staaten liegt in der immer schärfer werdenden Gesetzgebung der letzteren über die Einwanderung. Wir haben schon in früheren Berichten Veranlassung gehabt, derselben, ihrer Tendenz und Folgen Erwähnung zu thun. Das Anwachsen der Zahl der unbeschäftigten Hände, das Bestreben der organisierten Arbeiterverbände , der sogenannten ,,Knights of labor" und anderer, die Arbeitslöhne auf der jetzigen Höhe zu erhalten, und die Furcht, .die Einwanderung möchte eine Eeduktion derselben bewirken, sowie die Parole der Partei der Nativisten: ,,Schutz der nationalen Arbeit um jeden Preis", haben zu Ende des Jahres 1892 und zu Beginn des Berichtsjahres eine Anzahl Gesetzesentwürfe gezeitigt, deren Annahme die Einwanderung nach den Vereinigten Staaten nahezu vollständig unterdrückt hätte. Gieng doch einer dieser Entwürfe geradezu dahin, die Einwanderung längere Zeit zu untersagen ; andere versuchten derartige Maßnahmen gegen die Cholera aufzustellen, daß ihr Effekt ebenfalls einem Aufhören der Einwanderung gleichgekommen wäre. Das schließlich unterm 3. März angenommene Gesetz stellt zwar keine neuen Kategorien von Personen auf, denen die Einwanderung verboten ist, enthält aber eine Keine von Vorschriften, welche bezwecken, die Kontrolle über die Ausführung der früheren Gesetze und die Untersuchungen über Zulassung der Einwanderer zu verschärfen. Die Agenturen"und Sehiffsgesellschaften haben Listen anzufertigen, die bezüglich jedes Auswanderers über folgende Punkte Auskunft geben müssen: 1. vollständiger Name ; 2. Alter (Jahr und Monat der Geburt); 3. Geschlecht; 4. Civilstand; 5. Beruf; 6. ob des Lesens oder Schreibens kundig? 7. Nationalität; 8. Letzter Wohnert; 9. Ankunftshafen; 10. Endgültiges Reiseziel ;
11. ob im Besitze eines Billets bis zu letzterem? 12. wer das Reisegeld bezahlt hat?

13. ob im Besitz von Geld, bejahenden Falls, ob über oder unter 30 Dollars, in letzterem Fall, wieviel? 14. ob früher schon in den Vereinigten Staaten, bejahenden Falls, wo und wann? 15. ob zu Verwandten, bejahenden Falls, was ftir Verwandten, Name und Wohnort derselben; 16. ob der Einwanderer je im Gefängnis oder Armenhaus gewesen, oder ob er Armenuntersttttzung genossen? 17. ob er Poly-

233 gamist sei; 18. ob er in irgend einer Weise die Verpflichtung übernommen, in den Vereinigten Staaten zu arbeiten? 19. körperlicher und geistiger Gesundheitszustand ; 20. ob verwachsen oder Krüppel, bejahenden Falls, in welcher Weise und aus welcher Ursache ? Es ist hierbei zu beachten, daß nicht alle Personen, die auf die Fragen nicht eine befriedigende Antwort geben können, z. B. alle, welche weniger als 30 Dollar besitzen, zurückgewiesen werden, daß aber alle Antworten dazu dienen, im Falle gegen einen Rückweisungsbeschluß appelliert wird, den letztern auf seine Begründetheit zu untersuchen. Wir verweisen im Übrigen auf die im Bundesblatt 1893, II, 416 u. ff. erschienene und den Agenturen zur Kenntnis gebrachte Übersetzung des Gesetzes.

Im Berichtsjahre sind vier Schweizer in Anwendung der in Kede stehenden Gesetze von den Hafenbehörden in New York zurückgewiesen worden. Unter diesen befand sich eine Tessinerin, welche von der Heimatgemeinde einen Beitrag an die Reisekosten erhalten. Der Verwendung des Konsulats und eines Geistlichen, welcher derselben in einer achtbaren Familie eine Dienststelle verschafft hatte, gelang es zu erwirken, daß der RUckweisungsbefehl aufgehoben wurde. Zwei andere wurden zurückspediert, weil sie als sogenannte Kontraktarbeiter, d. h. als Personen betrachtet wurden, die bereits vor ihrer Abreise Arbeit, beziehungsweise Stellen in den Vereinigten Staaten übernommen hatten.

Dabei wurde in Erfahrung gebracht, daß viele Auswanderer glauben, gerade wenn sie behaupten, es sei ihnen eine Stelle in den Vereinigten Staaten zugesichert, stoße ihre Einwanderung weniger auf Schwierigkeit, und im gegenteiligen Falle würden sie als ,,Paupers" betrachtet. In einem Falle wurde die Beschwerde eines Auswanderers über die Kückweisung nicht an die zuständige Oberbehörde weiter geleitet, weil sie nicht in englischer Sprache abgefaßt war.

Von einer Seite wurde Beschwerde geführt, daß die Angestellten des Einwanderungsamtes in ihrem Übereifer die Fragestellung so eingerichtet hätten, daß die Einwanderer Antworten gaben, die ihre Kückweisung zur Folge haben mußten.

Wir ermangelten nicht, die Gesandtschaft in Washington zu beauftragen, für den Fall, daß die uns einberichtete Thatsache richtig, sei, gegen das illoyale Verfahren der genannten Angestellten zu protestieren, und benutzten
den Anlaß, darauf hinzuweisen, daß die Bundesbehörde seit Jahren bestrebt ist, den schweizerischen Agenturen die strikte Anerkennung der amerikanischen Einwanderungsgesetze zur Pflicht zu machen. Das schweizerische Auswanderungsgesetz selbst nimmt, wie kein anderes, auf die Gesetze der Vereinigten Staaten Eücksicht, indem es in Art. 11, Ziff. 4, den Agenten die

234

Beförderung von Personen verbietet, denen die Gesetze des Einwanderungslandes den Eintritt untersagen. Dieses Verbot, sowie die übrigen, die Beförderung gewisser Kategorien von Personen verbietenden Bestimmungen wurden namentlich auch mit Rücksicht auf ihren philanthropischen Charakter mit Strenge gehandhabt. Von allen Einwanderungsgesetzen der Vereinigten Staaten haben wir den Agenturen Übersetzungen in den drei Landessprachen zugestellt und sie angewiesen, die bei ihnen sich meldenden Auswanderer auf die Bestimmungen derselben aufmerksam zu machen. In allen von dem schweizerischen Konsulat in New York einberichteten Fällen von Rückweisung schweizerischer Auswanderer wurde eine Untersuchung eingeleitet, um festzustellen', ob nicht eine Zuwiderhandlung gegen die amerikanischen Gesetze stattgefunden. Wir konnten schließlich nicht umhin, zu erklären, daß wir uns des Eindrucks nicht erwehren können, daß namentlich diejenigen Landungsverbote, welche sich auf das Kontraktarbeitergesetz stützten, von der Einwanderungsbehörde willkürlich erlassen worden und daß nach unserer festen Überzeugung die schweizerischen Auswanderer überhaupt nicht Kontraktarbeiter im Sinne des amerikanischen Gesetzes seien.

Ein Bericht der Gesandtschaft brachte uns dann auch die Zusicherung, daß dem Übelstande abgeholfen werde, und die Mitteilung, daß die Bemühungen der schweizerischen Auswanderungsbehörde in den Vereinigten Staaten volle Anerkennung finden.

Die Maßnahmen, welche sowohl in Europa als namentlich in Amerika gegen die Einschleppung der Cholera ergriffen worden sind, namentlich die zum Teil auch mit Rücksicht auf die Ausstellung in Chicago erlassenen Quarantänevorschriften, haben auch im Berichtsjahre verschiedene Störungen im Auswandererverkehr zur Folge gehabt. Zu Beginn des Jahres haben mehrere Schiffsgesellschaften die Beförderungen im Zwischendeck für einige Zeit eingehen lassen, andere haben, da nur die in jenem Schiffsteil Keisenden der strengen Kontrolle unterworfen werden und auf die Reisenden I. und II. Klasse die amerikanischen Einwanderungsgesetze nicht anwendbar sind, eine besondere Abteilung, eine II. Klasse II. Kategorie eingerichtet. Die Folge dieser Maßnahmen war, daß die Schiffsgesellschaften ihre Preise erhöhten -- sie betrugen zeitweilig mehr als das Doppelte des in früheren Jahren für die Fahrt
von Havre nach New York bezahlten -- und ihre Anweisungen an die Agenturen häufig änderten, welcher Umstand eine Quelle häufiger Anstände zwischen den letztern und den Auswanderern wurde. Anfangs September wurde auf Veranlassung der Behörden von Nordamerika von den Schiffsgesellschaften verfügt, daß die Auswanderer vor ihrer Abreise aus dem Einschiffungshafen in letztem sich fünf Tage aufgehalten haben mtissen.

In Havre mußten sie auf einem isolierten, in dem von der Stadt

235 entferntesten Bassin sich befindenden Schiffe diese Quarantäne und eine rigorose Untersuchung seitens eines amerikanischen Arztes bestehen. Ähnlichen Vorkehren wurden die Kleidung und das aus Bettzeug, Wäsche u. dgl. bestehende Gepäck der Auswanderer unterworfen.

Alle diese Umstände haben natürlich auf die Auswanderung ebenfalls hemmend gewirkt. Sie haben auch den schweizerischen Konsulaten, namentlich denen in Havre und New York, bedeutenden Arbeitszuwachs gebracht. Die treue Fürsorge des Konsulates in Havre für unsere Auswanderer hat -- was wir nicht verschweigen wollen -- auch zu einem sehr unliebsamen Konflikt zwischen demselben und dem Vertreter einer Schiffsgesellschaft gefuhrt; Herrn Wanner ist dadurch die Erfüllung der aus den Artikeln 16, Ziff. 7,und 22 des Bundesgesetzes vom 22. März resultierenden Obliegenheiten sehr erschwert worden. Leider hat der Anstand im Berichtsjahre nicht vollständig beigelegt werden können, doch haben wir Ursache zur Annahme, daß das frühere Verhältnis bald wieder hergestellt werde.

Auch im Berichtsjahre wurde in Erfahrung gebracht, daß die Propaganda m o r m o n i s c h e r E m i s s ä r e zu gunsten der Auswanderung nach Utah fortwährend in der Schweiz ihr Unwesen treibt ; darauf bezügliche Eingaben gingen uns aus den Kantonen Zürich, Bern und Thurgau zu.

Aus dem Kanton Zürich war eine Frau mit ihrem Kinde ohne Wissen und Willen des Ehemanns und Vaters nach Utah verreist.

Eine Untersuchung ergab, daß eine Firma in Mannheim die Beförderung Übernommen hatte, deren Adresse der Frau von einem im Kanton Bern wohnenden Missionär aufgegeben worden war. Der letztere, der Verletzung von Artikel 19 des Bundesgesetzes vom 22. März 1888 angeklagt, wurde vom zuständigen Gerichte von Schuld und Strafe freigesprochen, und zwar aus folgenden Gründen : Durch die Untersuchung habe nicht konstatiert werden können, daß der Angeschuldigte den Auswanderungsvertrag mit der betreffenden Frau abgeschlossen oder irgend welche, auf die Beförderung von Auswandernden hinzielende Thätigkeit entfaltet habe. Der bloße Umstand, daß er die Frau auf ihre Anfrage an eine Auswanderungsagentur gewiesen, genüge nicht, um den Thatbestand der Widerhandlung gegen das Auswanderungsgesetz herzustellen. Zudem habe der Angeschuldigte zu dem, was er nach seiner Behauptung gethan habe, nämlich
Erteilung einer Adresse, wo sie sich Informationen und alles weitere verschaffen könne, unzweifelhaft das Recht gehabt ; eine strafbare Thätigkeit im Auswanderungswesen sei dies noch nicht, solange ihm ein mehreres nicht nachgewiesen werden könne.

236

Auf Ansuchen der Regierung von Zürich wurde die Gesandtschaft in Washington beauftragt, die nötigen Schritte zu thun, damit der Vater wieder in den Besitz des Kindes gelange. Die Mutter desselben ist inzwischen in der Salzseestadt gestorben.

Von einem aus dem Pecosthale (New Mexico) zurückgekehrten Kolonisten ist uns ein Bericht zugegangen, dem zufolge die Lage der auf Veranlassung des Herrn Gaullieur (s.. Geschäftsbericht pro 1891, Bundesbl. 1892, II, 877 u. ff.) aus einigen westschweizerischen Kantonen nach jener Gegend ausgewanderten Ansiedler eine recht betrübende sei. Die Darstellungen, welche der Verfasser der Broschüre ,,Die Gegend von Pecos" gegeben, wurde mitgeteilt, seien in den hauptsächlichsten Punkten unwahr; Klima, Bodenbeschafienheit, Wassermenge, Landpreise und die Installationen hätten die Ansiedler nicht so angetroffen, wie sie geschildert worden seien. Die Zaudernden, welche den Bescheid der Bundesbehörde über die Zulässigkeit einer Vertretung des in Hede stehenden Kolonisationsunternehmens vor ihrer Abreise abwarten wollten, habe man ermuntert, beförderlichst auszuwandern, weil die Ländereien des Pecosthales sehr gesucht seien und die später Kommenden teurere Preise bezahlen müßten. Mit dem Berichte wurde das Gesuch verbunden, die Bundesbehörde möchte dahin wirken, daß dem Petenten seine Verluste ersetzt werden.

Es wurde demselben erwidert: Die Bundesbehörde habe die nach Art. 10 des .Bundesgesetzes betreifend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen einzuholende Ermächtigung zur Vertretung der Kolonisationsunternehmung des Pecosthales nicht erteilt, welcher Umstand hätte als Warnung dienen sollen. Sie habe folglich auch keinerlei Verpflichtung den Personen gegenüber übernommen, welche geglaubt hätten, den Katschlägen des Verfassers jener Broschüre folgen zu sollen, unbekümmert um die Ansichten, welche die mit dem Schutze der Interessen der Auswanderer betraute Behörde über das Pecosunternehmen habe. Übrigens sei es nunmehr Sache der kantonalen Behörden, denen wir von der Angelegenheit Kenntnis gegeben, nach Maßgabe von Art. 19 des Bundesgesetzes vom 22. März 1888 vorzugehen und über Entschädigungsansprüche zu erkennen.

2. Übrige Teile von Nordamerika.

a. C a n a d a . Die Auswanderung nach diesem Staate ist seit vielen Jahren eine unbedeutende gewesen; von 1887 bis
1892 sind laut den Angaben der Agenturen nur 21 Personen aus der Schweiz dahin ausgewandert; im Jahre 1893 ist die Zahl der schweizerischen Auswanderer nach Canada auf 49 gestiegen, wahrscheinlich infolge

237

von Besuchen, die in früheren Jahren dorthin ausgewanderte und mit Erfolg dort arbeitende Personen ihrer alten Heimat gemacht haben, möglicherweise durch Verbreitung von im Auftrage von Eisenbahngesellschaften verfaßten, die Verhältnisse in Canada aufs glänzendste schildernden Schriften.

Sodann ist noch folgendes zu berichten: Auf Veranlassung einer in Bern lebenden Dame wurden im Jahre 1891 eine Anzahl Knaben und Mädchen, deren Erziehung im elterlichen Hause aus finanziellen oder moralischen Gründen keine guten Kesultate erwarten ließ, mit Einwilligung der Eltern nach London befördert, von wo sie nach einem Aufenthalt von etwa vier Wochen in ein Home nach Stratford (Ontario) befördert wurden, wo sie für ihren zukünftigen Beruf weiter ausgebildet werden. Arbeitsfähig geworden, erhalten sie bei gutbeleumdeten Farmern Beschäftigung; in Krankheitsfällen können sie jederzeit ins Home zurückkehren, wo sie verpflegt werden. Die aus dem Kanton Bern abgereisten Kinder sind in einer Kolonie von deutschen Farmern in Favistock bei Stratford untergebracht. Den Berichten zufolge befinden sich dieselben sehr wohl. Im Jahre 1891 sind 3 Mädchen und 2 Knaben, im Jahre 1892 l Knabe, 2 Mädchen und 2 erwachsene Personen und im Jahre 1893 4 Knaben im Alter von 15 bis 16 Jahren und l Mädchen von 21 Jahren auf die beschriebene Weise nach Canada befördert worden.

b. Nach M e x i k o wanderten 3 Personen aus.

B. Central- und Südamerika.

1. Nach Columbia (Ausschiffungshafen Colon) wanderten 29, nach Venezuela (La Guayra), nach den Inseln Haïti und Cuba je l Person aus.

2. Die Auswanderung nach Südamerika hat nicht erst im Berichtsjahre abzunehmen begonnen. Die Zahl der aus der Schweiz dorthin Ausgewanderten betrug im Jahre 1888: 1558, im Jahre 1889: 1419, im Jahre 1890: 752, im Jahre 1891: 500, im Jahre 1892: 438 und im Jahre 1893: 417. Die Gründe des Rückganges sind allgemein bekannt ; es sind die politischen Unruhen, die in mehreren südamerikanischen Staaten, und zwar gerade in denen, nach welchen sich die europäischen Auswanderer am ehesten hingewendet haben, in Brasilien und Argentinien, beinahe kontinuierlich herrschen. Alles, was wir in unseren Geschäftsberichten für die jüngsten Jahre über die Auswanderung nach Südamerika vorgebracht haben, gilt auch für das Jahr 1893. Nur scheint die schwunghafte Propaganda, welche seit etwa einem Jahrzehnt von allerlei Emissären, Koloni-

238 satoren, Agenten u. s. w. zu gunsten der Auswanderung nach Argentinien, Chile und Brasilien getrieben worden ist, im Berichtsjahre bedeutend nachgelassen zu haben. Zwar sind auch während desselben Versuche gemacht worden, durch Versprechungen unentgeltlicher Überfahrt die Auswanderung nach Brasilien zu begünstigen; von Erfolg aber sind dieselben glücklicherweise nicht gewesen. Die Zustände Brasiliens und der übrigen südamerikanischen Staaten sind allerdings nicht geeignet gewesen, eine Propaganda zu einer erfolgreichen zu machen. In C h i l e soll sich nach Mitteilungen des Herrn ffarrer Leutwyler, der sich um die in den Jahren 1883/85 dorthin ausgewanderten Kolonisten sehr verdient gemacht hat, die Lage etwas gebessert haben. Im Jahre 1893 sind 33 Personen aus der Schweiz nach diesem Staate ausgewandert. Nach A r g e n t i n i e n begaben sich 317, nach B r a s i l i e n 50 und nach U r u g u a y 16 Personen.

C. Andere Auswanderungsziele.

Es wanderten im Berichtsjahre ferner aus: 1. nach Algier, Capstadt, East London, Sierra Leone und Port Elizabeth ( A f r i k a ) 15 Personen; 2. nach Smyrna, Hongkong und Samarang ( A s i e n ) 3 Personen; 3. nach Melbourne, Sydney, Adélaïde, Townsville, New Plymouth und Port Lincoln ( A u s t r a l i e n ) 21 Personen.

B. Kommissarische Sektion.

Wir können mit der Erstattung dieses Berichtes nicht beginnen, ohne den fühlbaren Verlust zu erwähnen, welchen gegen Ende des letzten Jahres das eidgenössische Auswanderungskommissariat in der Person seines Chefs, des Herrn Ludwig Karrer, erlitt, der in voller Thätigkeit, mitten in der Erfüllung der philanthropischen Aufgabe, deren er sich seit fünf Jahren mit ausgezeichnetem Verständnis und bewährter Hingabe erledigte, durch den Tod ereilt wurde.

I. Begleitung von Auswandererzügen.

Die Folgen der durch das Auftreten der Cholera gegen Ende des Sommers 1892 verursachten Transportunregelmäßigkeiten, sowie die im Anfang des letzten Berichtsjahres verfügte zeitweise Aufhebung der Überfahrten dritter Klasse auf den Schiffen verschiedener Schiffahrtsgesellschaften machten die übliche Begleitung von Auswanderern bis zu den Einschiffungshäfen um so dringender notwendig.

239 In erster Linie war ein Besuch in Havre geboten, indem die Compagnie générale transatlantique auf einer gewissen Anzahl ihrer Schiffe einige Änderungen bezüglich der Verpflegung der Auswanderer und der Verteilung der für den Transport derselben bestimmten Käume hatte eintreten lassen, um den Anforderungen der amerikanischen Einwanderungsbehörden zu genügen. Der verstorbene Kommissär hat also seine Begleitungsreisen im letzten Geschäftsjahre mit der Route nach Havre begonnen. Die Umstände machten es ihm zur Pflicht, sich dreimal dorthin zu begeben, während er nur eine einzige Reise nach Antwerpen und Kotterdam unternahm. Ferner wurde ein Emigrantenzug, welcher nach Havre abging, bis zu einer gewissen Entfernung von der Schweizergrenze begleitet.

Diese Reisen sind reich an Erfahrungen aller Art ; unser Kommissär, in direkter Berührung mit den Auswanderern, hat diesen öfters zu Hülfe kommen können. Hier muß ein dringender Katschlag gegeben werden, dort ist eine Ermutigung nötig, bei andern müssen die immer verderblichen Illusionen im Keime zerstört werden. In der That sind diejenigen zahlreich, die sich ein reizendes Bild von der Gegend machen, welche sie gewählt haben und deren Eigentümlichkeiten, selbst die elementarsten, sowohl in Bezug auf das Klima als auf die gebotenen Erwerbsquellen, ihnen unbekannt sind.

Andere, in dieser Beziehung besser unterrichtet, haben keine Kenntnis von den Vorschriften des amerikanischen Einwanderungsgesetzes oder machen sich eine falsche Vorstellung von den Formalitäten, · welche sie bei der Ausschiffung zu erfüllen haben werden, und den Forderungen, welche man an sie stellen wird. Viele Auswanderer reisen auch ab ohne den geringsten Begriff dessen, was ihrer jenseits des Meeres wartet. Sie wußten nichts vom Bestehen eines offiziellen Bureaus, bei dem sie unentgeltlich die nötigen Erkundigungen hätten einziehen können, und sind meistens froh, im letzten Augenblick einige nützliche Ratschläge zu erhalten und manchmal eine wohlwollende Vermittlung in Anspruch nehmen zu können. Die verschiedenen, im Verlauf der Reisen unseres Kommissärs eingetretenen Vorfälle haben hierfür neuerdings und reichlich den Beweis geliefert.

Anläßlich einer Einschiffung in Havre weigerte sich zum Beispiel der Arzt eines Schiffes der Compagnie générale transatlantique, einen kleinen
Knaben, welcher einer Bernerfamilie angehörte und der das Unglück hatte, einige Tage vor der Abreise das Bein zu brechen, an Bord aufzunehmen. Nach langen Besprechungen mußte sich die Mutter des Kleinen entschließen, mit ihm in Havre zu bleiben, bis der Zustand des Bruches einen gefahrlosen Transport erlaubte. Obwohl der Unfall vor der Abreise in der Schweiz geschah und daher der Gesellschaft keine Verpflichtung auffiel, so gab sie, dank den

2-40 Bemühungen unseres Kommissärs, die Einwilligung, daß die beiden Passagiere ihre Reisebillets ohne Verlust für eine spätere Überfahrt benutzen durften.

Ein anderes Mal wurden einem Appenzeller, welcher infolge eines später konstatierten Mißverständnisses sein Billet nach Havre nicht bei sich trug, durch den Beistand unseres Kommissärs und des in Basel domizilierten Inspektors der Compagnie générale transatlantique schwere Unannehmlichkeiten erspart.

Bei Anlaß einer andern Einschiffung in Havre wollte der amerikanische Arzt, welcher gemäß den. neuen, durch die Vereinigten Staaten getroffenen Maßregeln die Auswanderer untersucht, ein blindes, siebenjähriges Kind, welches einer braven, zehn Personen zählenden Wiedertäuferfamilie angehörte, nicht an Bord führen lassen. Diese Leute weigerten sich natürlich, allein einzusteigen, und zwei andere, mit ihnen reisende Familien gleicher Konfession erklärten freiwillig, daß auch sie trotz allen Kosten in diesem Falle auf ihr Projekt verzichten würden. Dank den durch unsern Kommissär sogleich unternommenen Schritten und der Zusammenkunft, welche er mit dem Konsul der Vereinigten Staaten in Havre hatte, wurde das für diesen besondern Fall durch keine gesetzliche Verfügung gerechtfertigte Verbot zur großen Erleichterung der Interessenten aufgehoben.

Im Verlauf einer andern Keise befand sich eine Frau aus dem Greyerzerland, welche mit neun Kindern ihrem nach Manitoba ausgewanderten Manne nachfolgte und direkt mit einem Hause in Antwerpen verkehrt hatte, durch den Fehler des letztern in großer Verlegenheit betreffend des Transportes des umfangreichen Gepäckes, indem der Speditor keine diesbezüglichen Anordnungen getroffen hatte.

Unser Kommissär nahm sich dieser Landsmännin an, sorgte dafür, daß ihre Effekten rechtzeitig durch eine schweizerische Agentur spediert wurden, und lieh ihr seine Unterstützung in ihrem Verkehr mit jenem Hause in Antwerpen.

Man könnte noch von vielen, mit diesen Begleitungsreisen zusammenhängenden Thatsachen sprechen. Um kurz zu sein, erwähnen wir nur noch die während der Eisenbahnfahrt ausgeübte Aufsicht über die Einrichtung der den Auswanderern angewiesenen Wagen ; die von jenen ausgesprochenen Wünsche, ihre Reklamationen, denen man gerecht zu werden sich bemüht, indem man sich an die kompetenten Organe wendet; die Besuche im
Zwischendeck der Schiffe und in den Gasthöfen, wo gewöhnlich unsere Landsleute absteigen, mit einem Wort die Fürsorge, welche derjenige, der die Auswanderer begleitet, berufen ist, ihnen während der ganzen Fahrt zu teil werden zu lassen. Dieser Beamte hat sich von der Thatsache überzeugen können, daß gewisse Schiffahrtsgesellschaften zweckmäßige Verbesse-

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rungen in der Einrichtung des Zwischendecks einer Anzahl ihrer Dampfer angebracht haben. Andere dagegen sind weniger geneigt, «ich den indirekten, wachsenden Anforderungen der amerikanischen Behörden im Transportwesen zu unterziehen. Durch unsern Kommissär wurden während der vier Reisen des. letzten Geschäftsjahres drei* hundert und einige schweizerische Auswanderer bis zum Einschiffungsort begleitet.

II. Begutachtung von Kolonisationsunternehmungen.

Das Kommissariat hatte sich während des Jahres 1893 nicht über eigentliche Kolonisationsunternehmungen auszusprechen. Dagegen beschäftigte es sich mit drei Gesuchen, welche, ohne bestimmt dieses Kapitel zu beschlagen, doch einen unverkennbaren Grad von Verwandtschaft mit den hier gewöhnlich behandelten Geschäften haben.

Das erste Gesuch ging von einem Kaufmann aus Budapest ein und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf gewisse Gegenden Ungarns, wohin sich zu wenden unsere auswanderungslustigen Mitbürger nach der Ansicht des Gesuchstellers ein Interesse hätten. Obwohl diese indirekte Reklame zu gunsten jenes Landes in guter Absicht gemacht wurde und an der Uneigennützigkeit unseres Korrespondenten nicht zu zweifeln war, zogen wir doch vor, seinem Vorschlag, welcher dahin zielte, die schweizerischen Auswanderer auf jene Gegenden aufmerksam zu machen, keine Folge zu geben. Dieser Entschluß stützte sich auf offizielle Berichte über die Lage der Landwirtschaft in Ungarn und -namentlich auf die Thatsache, daß jedes Jahr eine beträchtliche Anzahl Angehöriger dieses .Landes auswandert, weil sie daselbst ihr Auskommen nicht finden.

Ein ähnliches Gesuch ist uns in betreff der Gegend von Sila in Calabrien zugekommen und wurde der Gegenstand gründlichen Studiums. Die aus guter Quelle geschöpften Informationen haben uns einen ziemlich günstigen Eindruck bezüglich des Klimas, der Fruchtbarkeit des Bodens, seiner Produkte, der Verkehrsmittel und <îer Absatzgelegenheiten hinterlassen. Jener Vorschlag, der übrigens von einer Persönlichkeit herrührte, welche in Italien öffentliche Ämter bekleidet, trug entschieden Vertrauen einflößenden Charakter. " In Anbetracht verschiedener, die ökonomische Lage fraglicher Provinz betreffenden Umstände, deren Aufzählung in diesem Bericht zu weit führen würde, haben wir jedoch für gut befanden, die Aufmerksamkeit ·der Auswanderer nicht
auf diese Gegend zu lenken. Dagegen wurde {lern Kommissariat volle Freiheit gelassen, den sich diesbezüglich an das Bureau wendenden Personen Aufschluß zu geben und sich -dabei auf die im Verlauf der Untersuchung erhaltenen Specialangaben zu stützen.

Bundesblatt.

46. Jahrg. Bd. II.

16

242

Eine dritte Eingabe wurde durch einen in der südafrikanischen Republik niedergelassenen Landsmann gemacht. Dieselbe bezweckte, die Bewilligung zu erhalten, einige Familien von Landwirten aus der Schweiz kommen zu lassen, damit sie sich unter gewissen Bedingungen auf einer dem Gesuchsteller angehörenden, ausgedehnten Besitzung ansiedeln. Allem Anscheine nach suchte der Betreffende -- wie übrigens ganz natürlich -- in erster Linie den Wert seiner Ländereien durch eine Einwanderung passender Kräfte zu heben.

Die einläßliche, sowohl in Bezug auf die diesen Familien gebotenen Aussichten, als über den Charakter der Unternehmung selbst angestellte Untersuchung zeigte uns, daß sie große Ähnlichkeit mit einem Kolonisationsprojekt hatte. Wir glaubten daher, dem Interessenten mitteilen zu sollen, daß die kompetente Behörde vor allem die in solchen Fällen nötigen Garantien verlangen würde. Diese Angelegenheit ist zu keinem definitiven Abschluß gelangt.

III. Erteilung von Auskunft und Rat an Auswanderer.

Obwohl in dieser Beziehung das eidgenössische Auswanderungekommissariat täglich thatsächliche Dienste leistet, so ist immerhin nicht zu erwarten, daß diejenigen, welche seinen Beistand in Anspruch genommen haben, auch wirksam mithelfen, dasselbe populär zu machen. Die einen gehen fort und nehmen die erhaltenen Aufschlüsse mit sich über das Meer ; die andern, welche durch die Ratschläge des Kommissariates im Lande zurückgehalten wurden, sprechen gewöhnlich mit niemand weder von dem aufgegebenen Projekte,, noch von den unternommenen Schritten. Trotzdem ist aus der Zahl und der Natur der im Jahre 1893 diesem Bureau zugekommenen Auskunftsgesuche leicht ersichtlich, daß dessen Bestehen von Jahr zu Jahr bekannter wird. Schweizer, welche in diesem oder jenem benachbarten Lande, sogar in überseeischen Gegenden wohnen, suchen bei ihm jetzt Öfters Rat, wenn sie sich anderswohin begeben wollen.

Es ist auch nicht sehr selten, daß Angehörige anderer Nationen, zweifelsohne von der Nützlichkeit des offiziellen Auskunftsbureaus, überzeugt, dasselbe in ähnlichen Lagen befragen. Obwohl das Kommissariat speciell für unsere Landsleute geschaffen wurde und es in keiner Weise verpflichtet ist, sich mit Ausländern zu beschäftigen, so suchte es sich nichtsdestoweniger gegebenen Falls auch den letztern nach Möglichkeit nützlich
zu machen.

Die Landwirte bilden immer die Mehrzahl derjenigen, welche sich an das Bureau wenden. Der eine beabsichtigt, als Landarbeiter Beschäftigung zu nehmen ; ein anderer, welcher Familie hat, wünscht Land zu pachten oder, wenn es ihm seine Mittel erlauben, eine in.

vollem Betriebe befindliche Farm zu kaufen ; ein dritter gedenkt zu-

243

gleich einen ihm gewohnten Nebenberuf auszuüben. Die einen wollen sich der Viehzucht, der Milchwirtschaft widmen, die andern dem Weinbau, der Baumzucht, dem .Gartenbau ; wieder andere haben kein bestimmtes Ziel und verlassen sich ganz auf das Urteil des Kommissariates. Dagegen machen sich sehr wenige eine richtige Vorstellung von dem Lande, welches sie für ihr neues Thätigkeitsfeld auserkoren, sofern sie überhaupt ihr Augenmerk auf irgend eine Gegend geworfen haben. Allen diesen Auswanderungskandidaten muß also der als der beste erkannte Weg, welcher sie am sichersten zum Ziele führen wird, gezeigt werden, und zwar indem man den persönlichen Fähigkeiten, dem Alter, dem Gesundheitszustand, den Arbeitskräften der Familie und ihren verfügbaren Geldmitteln Eechnung trägt. Oft ist es auch gebieterische Pflicht, die Auswanderungslustigen zurückzuhalten; manchmal ist es notwendig, ohne Schonung denjenigen die Augen zu öffnen, welche allem Anscheine nach jenseits des Meeres nur Kummer und Verdruß haben und ebenso schmerzliche als fruchtlose Reue empfinden würden.

Nach den Landwirten kommen die Handwerker an die Reihe, Arbeiter oder Meister, denen man die Orte bezeichnen soll, welche sich am besten zur Ausübung ihres Berufes eignen, sowohl in betreff des Klimas als der Gelegenheit, Arbeit zu erhalten, oder in Bezug auf die Aussichten, sich nach gesammelten Erfahrungen etablieren zu können. Viele Auskunftsgesuche betreifen auch die durch die amerikanischen Einwanderungsbehörden ergriffenen, einschränkenden Maßregeln, die Formalitäten bei der Ausschiffung, die dabei bestehenden Gefahren, alles Dinge, von welchen die Großzahl der Interessenten nur unvollständige oder verworrene Begriffe hat.

Eine gewisse Anzahl Vertreter des Gelehrtenstandes, wie Ärzte, Apotheker, Lehrer, auch Ingenieure, haben sich während des letzten Geschäftsjahres ebenfalls an das Kommissariat gewendet, um sich über die Erwerbsgelegenheiten zu erkundigen, welche ihnen diese oder jene Gegend bieten könnte. Besonders diesen Leuten hahen wir die größte Vorsicht anempfohlen. Unsere Konsuln in den überseeischen Ländern bekennen übrigens durchwegs, daß es für diese Kategorie von Auswanderern sehr gefährlich sein würde, abzureisen, ohne mit einem Anstellungsvertrag versehen zu sein oder ohne allerwenigstens ganz zuverlässige Verbindungen im
Auslande zu haben.

Dasselbe gilt für die jungen Kaufleute, welche ziemlich zahlreich die Hülfe des Kommissariates in Anspruch nahmen, sei es um Rat in Bezug auf das Aufsuchen einer Beschäftigung in dem einen oder andern der Handelscentren der verschiedenen Weltteile einzuholen oder um sich üher die klimatischen und socialen Verhältnisse von Gegenden, wo sie einen Platz in Aussicht hatten, unterrichten zu lassen. Die Finanz- und Industriekrisis, unter welcher die Ver-

244

einigten Staaten von Amerika während des Jahres 1893 schwer litten, hat eine merkliche Abnahme der schweizerischen Einwanderung dorthin bewirkt. Infolgedessen mußte das Kommissariat noch mehr als sonst Specialauskunftsbegehren entsprechen, welche Länder betrafen, in die sich früher unsere Landsleute nur ganz ausnahmsweise begaben.

Einige Mitteilungen wurden auch der Schweizerpresse übergeben zu dem Zwecke, die Interessenten auf die Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, welche sich ihnen namentlich in der schwersten Zeit der Krisis entgegenstellen würden, um in den Vereinigten Staaten Arbeit zu finden, wie auch um sie vor einer Auswanderung nach gewissen Ländern Südamerikas, wo das Klima, die ökonomische Lage und noch andere Umstände dem Erfolg ihrer Unternehmung nachteilig sein müßten, zu warnen.

Auch einige Gemeindebehörden und Pfarrämter haben für Personen, welche auszuwandern gedachten, Erkundigungen eingeholt.

Diese wohlwollende Vermittlung kann denjenigen ausgezeichnete Dienste leisten, welche ohne Kenntnis vom Bestehen eines offiziellen Bureaus versucht wären, leichtsinnig auszuwandern, oder welche aus diesem oder jenem Grunde vorziehen, sich an eine Zwischenperson zu wenden.

Um einem zur Genüge konstatierten Bedürfnisse zu entsprechen, haben wir das Kommissariat beauftragt, im Verein mit der schweizerischen Gesandtschaft in Washington einen ,,Ratgeber für Auswanderer nach den Vereinigten Staaten von Amerika" auszuarbeiten.

Dieses gegen Ende des Jahres 1893 im Druck erschienene Werkchen enthält weise, väterliche Mahnungen und nützliche Ratschläge in Bezug auf die Vorbedingungen zur Auswanderung, die Reise, die Aussichten des Neuangekommenen, die amerikanischen Gesetze und Einrichtungen, welche ihn interessieren, sowie eine Menge Aufschlüsse, aus denen der Eingewanderte Nutzen ziehen kann, sobald er den Boden seines neuen Wohnsitzes betreten hat. Dieser ,,Ratgeber" ist dazu bestimmt, an alle diejenigen, welche uns hierfür ansuchen, abgegeben zu werden, und die unentgeltliche Verabfolgung desselben schließt selbstverständlich keineswegs die Erteilung von Auskunft und Ratschlägen besonderer Natur, welche die Verhältnisse und die Absichten der Interessenten erheischen, aus.

Die Angaben, welche man sich unumgänglich für Specialauskunfterteilungen verschaffen muß, wurden uns wie gewohnt
größtenteils durch die schweizerischen Gesandtschaften und Konsuln in den überseeischen Ländern geliefert. Ferner verdanken wir ihrer wertvollen Mitwirkung manchen Bericht von allgemeinem Interesse, und wir geben uns der Hoffnung hin, daß besonders in Anbetracht des

245

wesentlich philanthropischen Charakters liegenden Aufgabe unsere Vertreter im mehr bestreben werden, uns auf dem alles, was der genannten Amtsstelle auf dienlich sein kann.

der dem 'Kommissariat obAuslande sich je länger je Laufenden zu halten über dem Auswanderungsgebiete

IV. Verschiedenes.

Es kommt ziemlich oft vor -- und dies war ganz besonders im Jahre 1893 der Fall -- daß Leute, welche ein mehr oder weniger großes Interesse daran haben, das Domizil von nach Amerika ausgewanderten Verwandten zu entdecken, sich an das Kommissariat wenden, um dasselbe um Kat anzugehen oder sogar zu ersuchen, auf offiziellem Wege Nachforschungen anheben zu lassen.

Obwohl nun dieses Bureau nicht gehalten ist, dem Publikum in solchen Fällen Beistand zu leisten, so glaubten wir, ihm die Freiheit gewähren zu sollen, darüber zu urteilen, ob derartigen Wünschen zu entsprechen sei oder nicht. Im zustimmenden Fall werden die eventuellen Kosten dieser Nachforschungen den Interessenten überbunden. Wenn, wie leicht begreiflich, die unternommenen Schritte nicht immer den Zweck erreichen, so haben sie doch oftmals glücklichen Erfolg erzielt.

Um den Einladungen der neuenburgischen Gemeinnützigen Gesellschaft und des Centralkomitees des schweizerischen Kaufmännischen Vereins zu entsprechen, wurden zwei Konferenzen abgehalten, die eine in Neuenburg, die andere in Zofingen. Sie hatten zum Gegenstand: 1. ,,Die schweizerische Auswanderung" und 2. ,,Die Vereinigten Staaten von Amerika als Auswanderungsziel". Eine dritte, bezüglich welcher alle Maßnahmen getroffen waren, sollte noch im Dezember in Schaffhausen abgehalten werden, aber sie konnte infolge Hinscheids des Herrn Karrer nicht stattfinden.

IV. Abteilung.

Amt für geistiges Eigentum.

Personal.

Ein Techniker und ein Kanzlist haben im Laufe des Jahres das Amt verlassen. An die erledigte Kanzlistenstelle wurde Herr E. Ziegler von Winterthur gewählt; die Technikerstelle wurde nur provisorisch besetzt.

246

1. Erfindungsschutz.

Aus nachstehender statistischer Zusammenstellung, welche zwecks Erleichterung der Vergleichung auch die entsprechenden Daten des Vorjahres enthält, kann man sich leicht einen Überblick über die Thätigkeit des Amtes auf dem Gebiete der Erfindungspatente verschaffen.

Allgemeine Informationen.

1892.

1893.

1802

1847

1189 560 53 --

1226 551 70 --

Zurückgezogene Gesuche 53 Zurückgewiesene Gesuche 70 Rekurse wegen Gesuchs-Zurückweisung . . . .

4 Beanstandungen betreffend Gesuche in Prüfung . 2058 wovon:

66 56 3 2427

Hinterlegte Gesuche für ,, ,, ,,

wovon : provisorische Patente definitive Patente Zusatzpatente .

Ausstellungsschutz

I. Beanstandungen II.

,,

1478 492

1620 655 152

III.

,,

71

weitere

,,

17

13

54 1531 23 -- 505 1060

50 1648 33 -- 149 1090

829 80 151 --

868 69 137 16

Modellausweis verneint 166 Rekurs wegen Modellausweis 18 Prioritätsfristen, gemäß Art. 32 des Gesetzes . .

43 Annuitäten-Mahnungen 1437 Stundungen der 3 ersten Jahresgebühren . . .

2 Bezahlte Jahresgebühren 3729

161 22 48 1.719 9 4219

Konfidentielle Anzeigen Erteilte Hauptpatente Erteilte Zusatzpatente Zeugnisse für Ausstellungsschutz Umwandlungs-Mahnungen Vorgelegte Modellausweise wovon: Znr Vergleichung auf dem Amte ,, ,, außerhalb des Amtes Bleibend hinterlegte Modelle ,, ,, Photographien

wovon : 1. Jahresgebühren 2.

3.

4.

5.

6.

. .

. . . .

1662 1022 472 478 . .

95 . .

--

1677 1163 582 366 356 75

247 1892.

1893.

100 19 l 3 980

103 19 3 4 1157

966 14

1135 22

Total der auf den Erfindungsschutz bezüglichen eingelaufenen Korrespondenzen . . . . . . 8070

9144

Eingetragene Abtretungen etc ,, Lizenzen Gelöschte Lizenzen Eingetragene Verpfändungen Löschungen wovon : Hauptpatente Zusatzpatente

Es bedürfen stets zu viele Gesuche einer mehr oder weniger beträchtlichen Umgestaltung. Hieraus entsteht für das Amt ein Übermaß von Arbeit, welches erheblich gemindert würde, wenn die Patentbewerber oder ihre Vertreter sich dazu verstehen könnten, den erstmaligen amtlichen Beanstandungen besser Folge zu leisten, als dies thatsächlich der Fall ist.

Infolge der am 23. März 1893 vorgenommenen Revision des Bundesgesetzes, betreifend die Erfindungspatente, wurden mit dem 1. August 1893 Erleichterungen für die Leistung des Modellausweises eingeführt, auf deren Wünschbarkeit schon im vorjährigen Berichte hingewiesen worden ist. Dieselben bestehen zunächst darin, daß die Frist, innert welcher der Modellausweis geleistet werden kann, von zwei auf drei Jahre ausgedehnt worden ist, und dann in der durch die am 21. Juli 1893 revidierte Vollziehungsverordnung, geschaffenen Möglichkeit, Photographien der Erfindungsobjekte bleibend zu hinterlegen.

Die andern von der erwähnten Gesetzesrevision betroffenen Punkte beziehen sich vorwiegend auf Herstellung der Textübereinstimmung.

Infolge des von Ihnen genehmigten bezüglichen Kredites konnte den Gemeinden, welche eine wohlgeordnete, nach Bänden eingebundene Patentschriftensammlung dem Publikum zu unentgeltlicher Benutzung aufgelegt halten, eine Subvention von 100 Pranken im Maximum zugeteilt werden. Da diesen Gemeinden überdies die Einbandkosten rückvergütet werden, so ist zu hoffen, daß dieselben die Sammlungen gern behalten und im Interesse der Entwicklung der Gewerbsthätigkeit in ihrer Umgegend dßren Benutzung möglichst erleichtern werden. In dieser Beziehung ist bereits ein Fortschritt bemerkbar und das Amt verfehlt nicht, die Interessenten bei sich bietender Gelegenheit mittelst öffentlicher Anzeigen oder persönlicher Mitteilungen auf diese Sammlungen und ihre Auflagestellen aufmerksam zu machen.

248 Deutschland hat uns einen Zusatz zum Schlußprotokoll de» Übereinkommens von 1892 zum Schutze des gewerblichen Eigentums unterbreitet, .zu welchem wir unsere Zustimmung gegeben haben. Die Ratifikation der Übereinkunft hat indes noch nicht stattgefunden.

Nachstehende Zusammenstellung gewährt eine Übersicht der Beteiligung der verschiedenen Länder betreffend Erlangung schweizerischer Erfindungspatente : Verteilung nach Ländern der in den Jahren 1892 und 189* erteilten Erflndungspatente.

Hauptpatente Zusatzpatente 1892.

Schweiz Ausland

. . . .

. . . .

1892.

1893.

1531 23 Total Ï554

1648 33Ï6aï

1892.

1893.

(=36 °/o) (= 33,43 °/o) 560 (=64 °/o) (= 66,57 °/ol 994 Total 1554

1893.

562 1119 1681

Verteilung für das Ausland.

1892.

Deutschland Frankreich Großbritannien Österreich-Ungarn Vereinigte. Staaten von Nordamerika Italien Belgien Schweden und Norwegen Spanien Niederlande Dänemark Rußland Türkei Rumänien Luxemburg . . . » Neu-Seeland Australien Mexiko Canada

504 177 97 74 60 22 12 12 .

11 7 ° 6 7 : . .

-- --- l l 3 -- -- Total ~994

1893.

551 202 93 104 61 26 34 11 6 4 6 10 2 l l -- 4 l 2 1119

249

2. Gewerbliche Muster und Modelle.

Die Benutzung des Schutzes der gewerblichen Muster und Modelle hat gegenüber frühem Jahren merklich zugenommen. Gegenüber 184 Hinterlegungen im Jahre 1892 stehen 307; namentlich haben sich die Musterhinterlegungen der Stickereiindustrie gegenüber dem Vorjahre verfünffacht. Wenn diese fortschreitende Bewegung anhält, so wird den Wünschen der Stickereifirmen, die Gebühren durch eine Revision der Vollziehungsverordnung herabzusetzen, Folge gegeben werden können.

Die häufigen Verwechslungen betreffend Art und Tragweite des Muster- und Modellschutzes gegenüber dem Patentschutz, sowie hauptsächlich der Mißbrauch, welcher mit versiegelten Hinterlegungen in der Absicht getrieben wird, Gegenstände unter Musterund Modellschutz zu stellen, welche ihrer Natur nach nicht unter denselben gehören, lassen es als wünschbar erscheinen, daß das Amt vom Inhalt aller Muster- und Modellhinterlegungen Kenntnis nehmen könne und die Versiegelung der vor dem Publikum geheim zu haltenden Hinterlegungen selbst vornehme. Dieses Verfahren würde eine Analogie in demjenigen finden, welches vom Amte in Bezug auf Patente ausgeübt wird, deren zeitweilige Geheimhaltung verlangt wird.

Im Berichtsjahre wurde ein einziger Rekurs gegen eine Schutzverweigerung eingereicht, derselbe vor der Entscheidung aber zurückgezogen.

Statistische Angaben.

Hinterlegungen.

CM' S

I. Periode .

II.

III.

,,

.

IV.

Abtretungen .

Löschungen .

«

Muster.

Offen.

N

8 S

m S

Versiegelt.

evi m S S

Total der Muster und Versiegelt. Modelle.

CJ m (VI co % S S

Modelle.

Offen.

CM

S

m

S

s

184 307 570 1016 1458 6911 233 361 427 382 2688 8670 43 48 66 43 99 178 -- -- 165 221 -- -- 4 4 4 2 4 4 -- -- -- -- -- 4 2 -- -- 4 4 4 4 -- -- -- -- 12 13 86 195 22 37 --1 13 109 245 -- -- 62 91 863 1400 -- 171 206 -- -- 1034 1606 --

250

3. Fabrik- und Handelsmarken.

Die beigedruckte statistische Tabelle liefert ein Bild über die Verteilung der im Berichtsjahre eingetragenen Marken auf Warenidassen und Niederlassung der Hinterleger.

Zu Beanstandungen wegen Gesetzwidrigkeiten und Formfehlern gaben 188 Eintragungsgesuche Anlaß; für 73 Marken erließ das Amt vertrauliche Mitteilungen betreffend Analogien ; die Eintragung von 20 Marken wurde verweigert und 5 Eintragungsgesuche wurden zurückgezogen. Für 46 Marken wurden Firmen- oder Domiziländerungen eingetragen; die Anzahl der registrierten Markenübertragungen beläuft sich auf 22 und diejenige der Löschungen auf 10.

Da im Bundesgesetz vom 26. September 1890 Übergangsbestimmungen betreffend seine Anwendung auf vor dessen Vollziehung eingetragene Marken fehlen, so entsteht die Frage, ob auf diese letzteren die im Bundesgesetz vom 19. Dezember 1879 festgesetzte Schutzdauer von 15 Jahren anwendbar ist, oder die im neuen Gesetz vorgesehene von 20 Jahren. Wir beabsichtigen, Ihnen nächstens Vorschläge zur Regelung dieser Frage zu unterbreiten; ihre baldige Erledigung ist notwendig, da für die ersten, auf Grund des Gesetzes von 1879 eingetragenen Marken die Frist von 15 Jahren bald zu Ende geht.

Die Vereinbarung von Madrid betreffend internationale Markeneintragung ist am 1. Januar 1893 in Kraft getreten. Das internationale Amt hat uns die Eintragung von 76 Marken, von denen 31 auf schweizerische Inhaber entfallen, zur Kenntnis gebracht.

4. Schutz des litterarischen und künstlerischen Eigentums.

Es wurden im Berichtsjahre im ganzen 123 Einschreibungen, nämlich 70 obligatorische und 53 fakultative, vorgenommen.

Statistik der bis Ende 1893 vollzogenen Eintragungen von Fabrik- und Handelsmarken.

Frankreich.

Schweiz.

Warenklassen.

Ende 1892.

1. Landwirtschaftliche Produkte; frische, zubereitete und konservierte Nahrungsmittel; Milch; Speiseöle; Spezereien etc. .

2. Gegorene und andere Getränke; Mineralwasser; Eis . . .

3. Tabakfabrikate ; Raucherartikel . . .

4. Hygieinische, medizinische, pharmaceutische und chemische Materialien und Präparate (ausgeschlossen Farben) ; Verbandartikel; chirurgische, orthopädische Instrumente; Turn-, Feuerlösch- und Rettungsgeräte 5. Farben, Lacke und Firnisse; Wachse; Wichsen; Klebmittel; technische und landwirtschaftliche Präparate (Tierarzneien ausgenommen); Seifen und Waschartikel; Parfümerien und Coiffeurartikel 6. Produkte der Textilindustrie, der Gerberei etc.; Kleider; Schuhwaren; Hüte; Bettwaren, Matten, Teppiche; Reit- und Zugtierausrüstungen ; Reiseartikel, Korb- und Bürstenwaren etc., sowie' Fournitüreu und Zubehör .

7. Stoffe, Apparate und Einrichtungen für die Beleuchtung und die Heizung; Zündwaren, Explosivstoffe, Munition ; Waffen etc. .

8. Papier- und Kartonwaren; Schreib-, Zeichen-, Malerartikel etc.; 9. Baukonstruktionen,. Baumaterialien; keramische Produkte; Glaswaren ; Asphalt, Anstriche, u. s. w 10. Möbel und Gegenstände, welche zum persönlichen, häuslichen oder öffentlichen Gebrauche dienen, soweit sie nicht zu einer

Total

GrossIn'itannien.

463 175 570

32 21 26

76 294 29

13 1

255

31

229

201

44

410

32 15 12

67 33 48

3 1

12

44

10

49

92

6

54

3

20

28

196

16

114

7

145

52

2

29

65

3

20

36

2

37

5

1

8

2

4

6

14 4

5

1

51

2

42

9

57

1739 177 3

35 3

3

16 2

4

19

4151

Schw <:den.

Niederlande.

Belgien.

ÖsterreichSpanien.

Ungarn.

Ver. Staaten von NordAmerika.

371 1099

57 446

4

3 1 9

1

6

1

3

1

4

5

1

5 3 15

1

1

4

3

1

2 8

2

5

11

2

1

Ende 1893. 1892. 1893.

2

--

3

2

--

--

1 2

1

38 372

--

--

1

4

2

12

3

8

2

1

7

1

6

1

15

--

--

1

15

1 1

36

1

4

34

3

--

22

1

1

1

6

1

19

Total.

Ende 1892.

1893.

/

8 5

5

2

2

2

1 10

Brasilien.

12

5

134

Italien.

Ende 1893. Ende 1893. Ende 1893. Ende 1893. Ende 1893. Ende 1893. Ende 1893. Ende 1893. Ende 1893. Ende 1893. 1892.

1892.

1892.

1892.

1892.

1892.

1892.

1892.

1892.

1892.

1

48

11. Rohe und bearbeitete Metalle; Werkzeuge, Instrumente, Apparate, Maschinen und Motoren ; Vehikel etc 12. Uhren und Uhrenbestandteile ; Edelsteine und Edelmetalle; Gravierarbeiten; Musikinstrumente etc.; sowie Fournitüren und

Deutschland.

Zu Seite 250.

--

1

4

656 537 690

54 32 32

591

67

375

61

871

51

106

6

102

8

81

2

70 297

20

1

1815 8

185

1

6199

518

251

Y. Abteilung.

Eidgenössisches Amt für Gold- und Silberwaren.

(Centralverwaltung für die Kontrolle der Gold- und Silberwaren.)

I. Kontrolle der Gold- und Silberwaren.

(Bundesgesetz vom 23. Dezember 1880 [Amtl. Samml. n. F. V, 363].)

Kontrollämter. Die Zahl dieser Ämter, über deren Thätigkeit wir die Oberaufsicht fuhren, ist die gleiche wie im Vorjahre, nämlich 12.

Die Einnahmen derselben erreichten im Berichtsjahre dea Betrag von Fr. 236,200. 90, denen Ausgaben in der Höhe von Fr. 153,140. 10 gegenüberstehen, so daß sich also ein Einnahmenüberschuß von Fr. 83,060. 80 ergiebt. Diese letztere Summe, deren Verwendung und Verteilung gemäß Art. 5 der Vollzieh ungsVerordnung vom 15. November 1892 unserer vorherigen Genehmigung unterliegt, ist in erster Linie zur* Verbesserung der Einrichtungen der Kontrollämter und der Besoldungen des Personals derselben bestimmt. Da diese Ämter für die von ihnen ausgeführten Operationen finanziell verantwortlich sind, haben sie außerdem noch für die Errichtung von Reservefonds zu sorgen, um allen Eventualitäten begegnen zu können. Der Überschuß des erzielten Gewinnes ist zur Dotation von gewerblichen Unterrichtsanstalten oder andern gemeinnützigen Instituten, wie Uhrmacher- und Mechanikerschulen, Handelsschulen, Werke des Gemeinwohls u. s. w., in den Gemeinden, in denen sich ein Kontrollamt befindet, bestimmt. Von den Aufsichtskommissionen ist für jedes Kontrollamt gemäß Art. 9, Alinea 5, der Vollziehungsverordnung ein Reglement über den innern Dienst festgestellt und uns zur Genehmigung vorgelegt worden. Dasselbe wird nächstens in Kraft treten.

Die Voranschläge der Kontrollämter, die uns ebenfalls zur Genehmigung unterbreitet worden sind, haben zum größten Teil zu keinen Einwendungen Anlaß geboten. Die Amtsführung der Ämter war mit Rücksicht auf die Ausführung des Gesetzes und der einschlägigen Reglements im allgemeinen eine korrekte, wie dies übrigens auch die im Laufe des Jahres vorgenommenen Inspektionen dargethan haben. Das Rechnungswesen der Ämter

252 wurde in ziemlich guter Ordnung geführt. Das Gleiche kann mit einigen wenigen Ausnahmen, bezüglich welcher wir ein für alleraal die nötigen Bemerkungen angebracht haben, hinsichtlieh der eidgenössischen Kontrollstempel gesagt werden. Es ist durchaus notwendig, mit größter Strenge darauf zu achten, daß die von der eidgenössischen Behörde gelieferten Stempel uns von den Kontrollämtern wieder zugestellt werden, bevor sie gänzlich abgenutzt sind, da sonst weder der auf die Gold- und Silberwaren aufgedrückte Stempel, noch das Amt, welches 'die Stempelung vollzogen hat, erkannt werden kann. Diese strenge Überwachung ist ein um so notwendigeres Erfordernis, als der Stempel die auf allgemeines Verlangen hin eingeführte Garantie des Staates darstellt, die übrigens ebensosehr im Interesse der zutrauenswürdigen Fabrikanten als in demjenigen des kaufenden Publikums liegt.

Die Kontrollierung der Bijouteriewaren, die jedoch nur eine fakultative ist, leistet ebenfalls gute Dienste, und man fragt sich in den Interessentenkreisen, ob der Zeitpunkt nicht gekommen sei, die Frage einer obligatorischen Kontrolle der Bijouteriewaren, wie dieselbe für die Uhrengehäuse mit Feingehaltsangabe bereits besteht, einer Prüfung zu unterwerfen.

Wie aus der beigefügten Tabelle ersichtlich ist, weist das Uhrenund Bijouteriegeschäft bessere Resultate auf als im Vorjahre. Es gelangten im Berichtsjahre in den 12 Kontrollämtern 2,36e,068 Goldund Silberuhrengehäuse zur Stempelung, gegenüber 2,148,529 Gehäusen im Vorjahre, d. h. ungefähr 10 °/o (215,539 Gehäuse) mehr als letztes Jahr. Diese Zahlen lassen -leicht erkennen, welche Bedeutung die Kontrollierung in der Schweiz gewonnen hat, namentlich wenn man noch das Resultat dieses Jahres (2,364,068 kontrollierte Gehäuse) demjenigen vor 12 Jahren, d. h. des ersten Jahres des Bestehens der eidgenössischen Kontrolle (1882), gegenüber stellt.

Damals betrug die Zahl der gestempelten Uhrengehäuse 911,307.

Die Anzahl der im letzten Jahre kontrollierten Gold- und Silberwaren und der einer Probe unterzogenen Barren stellt im ganzen annähernd einen Wert von über 40 M i l l i o n e n F r a n k e n dar.

Außer der jährlichen Statistik veröffentlichen wir im Schweizerischen Handelsamtsblatt am Ende jedes Monats und jedes Quartals eine eingehende Statistik der in den Kontrollämteru geprüften
und gestempelten Gold- und Silberwaren.

Beeidigle Probierer und Angestellte der Kontrollämter. Da das technische Personal der Kontrollämter vollzählig ist, haben dieses Jahr keine Prüfungen zum Zwecke der Erlangung des eidgenössischen Diplomes für beeidigte Probierer stattgefunden, obwohl

Zu Seite 252.

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während der Jahre 1892 und 1893 von den Kontrollämtern für Gold- und Silberwaresn vorgenommenen Stempelungen und Proben.

Doppelte Taxe bezahlende und vom Kontrollamte zurückgewiesene Uhrengehäuse

Gestempelte Uhrengehäuse Ämter

goldene

silberne

Total

1892

1893

1892

1893

Stücke

Stücke

Stücke

Stücke

Stücke

1. Bier 2. Chaux-de-Fonds 3. Fleurier 4. Genf 5. Grenchen 6. Locle 7. Neuenburg 8 . Noirmont . . . .

.

9 . Pruntrut . . .

. . .

10. St. Immer 11. Schaffhausen 12. Tramlino'en

10,058 266,751 6,222 19,899 888 66,920

12,215 331,060 7,417 18,959 995 70,653

11,253 1,171 1,811 1,423 14,479

13,548 6,544 7 1,418 19,064

365,115 37,941 90,782 50,975 183,543 39,893 13,730 105,815 244,060 175,969 55,442 383,889

362,222 43,502 93,242 54,002 218,626 40,984 11,838 111,785 292,454 167,193 58,626 427,714

375,173 304,692 97,004 70,874 184,431 106,813 13,730 117,068 245,231 177,780 56,865 398,868

Total Vermehrung 1893 Verminderung 1893

401,375

481,880 80,805

1,747,154

1,882,188 135,034

2,148,529

1892

1893 °/o 17,5 14,2 4,5 3,3 8,6 5,0 0,6 5,4 11,4 8,3 2,6 18,6 100

Stücke 374,437 374,562 100,659 72,961 219,621 111,637 11,838 125,333 298,998 167,200 60,044 446,778

°/o 15,8 15,9 4,2 3,1 9,3 4,7 0,5 5,3 12,7 7,1 2,5 18,9

2,364,068 215,539

100 10,0

1892

1893

Stücke

Stücke

801 1,360 196 22 2^4 269 36 474 788 599 HO 6!il 5,5 )0

1,616 1,465 217 236 435 392 36 992 963 805 108 2,272

9,537 e,037

Gestempelte Bijouterie und Goldschmiedgegenstände

1892 Stücke 7,310 651 10 8,806 34 154

23,874

40,839

1892

1893 °/o 18,0 1,6 0,0 21,2

Stücke

°/0

6,948 638 6 6,357

19,5 1,9 0,0 17,9

0,1 0,4

63 153

0,2 . 0,4

58,7

1 21,586

0,0 60,1

100

35,752 5,087

Proben von Gold- und Silberbarren

100

12,0

Anzahl 1,975 7,712 702 135 633 666 252 286 484 506 263 557

14,261

1893 °/o 13,9 54,1 4,9 0,9 4,4 4,7 1,8 2,0 3,4 4,2 1,9 3,8

100

Anzahl

2,019 8,401 690 105 591 648 167 347 711 620 258 659 15,249 988

°/o 13,5

55,3 4,5 0,7 3,9 4,2 1,1 2,2 4,6 4,0 1,7 4,3 100 6,9

253 sich zwei Aspiranten gemeldet haben. Da nun aber seit dem Jahre 1891 keine Prüfungen mehr abgehalten worden sind, und in Anbetracht des Umstandes ferner, daß gegenwärtig mehrere Kandidaten ihre Studien beendigen, ist. es sehr wahrscheinlich, daß im Laufe des Jahres 1895 in Zürich wieder solche Examen veranstaltet werden.

An den verschiedenen Kontrollämtern funktionieren gegenwärtig 25 beeidigte Probierer; das übrige Personal besteht aus 18 Angestellten (Stempler, Sekretäre und Schmelzer).

Die durch den Hinscheid des bisherigen Inhabers auf dem Kontrollamt Genf frei gewordene Stelle des Chef - Probierers ist durch einen Probierer aus der Zahl der zur Disposition stehenden neu besetzt worden. Außerdem wurde auf dem Kontrollamt Chauxde-Ponds ein vierter Probierer (Specialbeatnter für die Abteilung Abfalle) ernannt.

Da das Personal des Kontrollamtes Tramlingen mit Rücksicht auf die vielen Geschäfte desselben (siehe die Übersicht der Stempelungen dieses Amtes in beistehender Tabelle) zu wenig zahlreich ist, haben wir das Amt veranlaßt, einen dritten Stempler anzustellen.

Dagegen haben wir dem Beschlüsse der Aufsichtskommission des Kontrollamtes Biel, das Personal um zwei Angestellte (Stempler) zu vermindern, nach Erwägung der von derselben aufgeführten Gründe, unsere Zustimmung erteilen müssen.

Die Probierer der Kontrollämter haben letztes Jahr unter sich einen Verein gegründet, der uuter anderm auch einen technischen Zweck verfolgt. Dieser Verein wird uns nützliche Dienste leisten können, namentlich auch in der Richtung, daß er uns über die verschiedenen Fragen, die auf dem Gebiete der Gold- und Silberwarenkoutrolle immer von neuern auftauchen, einheitliche Gutachten abzugeben in der Lage sein wird.

Eidgenössische Kontrollstempel. Gemäß Art. 5 des Gesetzes werden die Stempel von der Bundesbehörde an die Kontrollämter abgegeben.

Über den Ein- und Ausgang dieser Stempel werden fortwährend genaue Register geführt. Die Wichtigkeit der Sache verlangt es, daß über jeden einzelnen Stempel Rechenschaft abgelegt werden kann. Diese Register weisen folgende Ziffern auf :

254

Stempel, welche am 31. Dezember 1892 bei den Kontrollämtern in Gebrauch waren 483 Abgenutzte, von den Ämtern zurückgesandte Stempel. . . 151 Bleiben 332 An die Ämter abgelieferte Stempel 149 Total der am 31. Dezember 1893 bei den Kontrollämtern in Gebrauch stehenden Stempel 481 Die Stempel sind wie in den vorangegangenen Jahren durch den technischen Beamten (Adjunkt des Direktors) des eidgenössischen Amtes für Gold- und Silberwaren und die nötigen Specialgehülfen hergestellt worden.

Die unbrauchbar gewordenen, von den Kontrollämtern zum Ersätze zurückgesandten Stempel werden am Ende jedes Jahres vernichtet und die Nummern derselben in einem besondern Protokoll aufgezeichnet.

Beschlüsse und Instruktionen. Während des abgelaufenen Jahres sind eine ziemlich große Zahl von Beschlüssen gefaßt worden. Da diese jedoch fast ohne Ausnahme hauptsächlich technischer Natur sind, nehmen wir von einer Aufzählung derselben, weil dies zu weit führen würde und auch nicht von allgemeinem Interesse wäre, Umgang. Wir führen nur an, daß wir auf ein an uns gerichtetes Gesuch des schon unter der Rubrik ,,Beeidigte Probierera genannten Vereins beschlossen haben, den Kontrollämtern vom 1. Januar 1894 an jede Woche den Silberkurs nach der offiziellen Pariser Notierung, auf Grund welcher der Wert der zum Verkaufe bestimmten Silberbarren während der Woche berechnet werden soll, zu übermitteln. Diese Neuerung hat hauptsächlich den Zweck, denjenigen Industriellen, welche Silberwaren (Barren, Abfälle, etc.) zu verkaufen haben, in dieser Beziehung Aufschluß zu erteilen. Bis zum 1. Januar 1894 wurde in unsern Kontrollämtern der Preis dieser Waren zu folgendem Satze berechnet : l kg. Silber 1000/iooo fein = Fr. 218. 89. Es ist dies der Nominalwert des Silbers im Verhältnis zum Gold, demzufolge das Silber ungefähr 15%mal weniger wert ist als das Gold (der Nominalwert des Goldes zu 1000 /iooo fein beträgt Fr. 3437.46 per Kilogramm).

Dieser Nominalwert des Silbers von Fr. 218. 89 ist gegenwärtig ein durchaus unbegründeter. Für geschäftliche Transaktionen kann derselbe nicht mehr wie vor zwanzig oder dreißig Jahren maßgebend sein, da der Handelswert des Silbers seitdem nahezu um 50 °/o gesunken ist. Am 1. Januar 1894 z. B. betrug der Preis des Silbers zu 1000/iooo fein ungefähr Fr. 115 per Kilogramm. Die auf dem konventionellen Preise fußende Berechnung des Wertes der

255 Silberbarren mußte eine Anzahl Industrieller, die über den wirklichen Silberpreis nicht orientiert waren, irreführen. Dieselben glaubten sich benachteiligt, wenn sie beim Austausche für ihre Barren einen verhältnismäßig bedeutend geringern Preis erhielten, als denjenigen, der auf den von den Kontrollämtern ihnen ausgestellten Bordereaux figurierte. Seit Einführung der in Rede stehenden Neuerung ist dies nicht mehr der Fall.

Die neue S a m m l u n g aller gegenwärtig in der Schweiz gültigen Beschlüsse über die Kontrollierung der Gold- und Silberwaren und den Handel mit Gold- und Silberabfällen, von welcher in unserm letzten Geschäftsbericht die Rede war, konnte noch nicht veröffentlicht werden, da einer oder zwei der Beschlüsse noch revidiert werden müssen. Wir hoffen immerhin, diese Sammlung im Laufe des Jahres 1894 publizieren zu können.

Gesetzesübertretungen. Wenn das Gesetz von den amtlichen Organen gut vollzogen wird, so sehen wir dagegen zu unserm Bedauern , daß die Bestimmungen desselben von den Industriellen nicht immer gehörig beobachtet werden. So hat die auf dem Kontrollamt Chaux-de-Fonds speciell für die Uhren und Uhrenbestandteile errichtete Zollabfertigungsstelle, über welche der Specialkommissär des Departements für die Verfolgung von Gesetzesübertretungen die Aufsicht führt, unter den 28,712 Uhren Warensendungen (Retoursendungen aus dem Ausland) eine große Zahl von mehr oder weniger schweren Gesetzesverletzungen entdeckt. In Nachfolgendem einige Beispiele: Goldene und silberne Uhrengehäuse mit Feingehaltsangabe ohne den entsprechenden Kontrollstempel; goldene Uhrengehäuse mit niedrigem Feingehalt, auf denen die Feingehaltsangabe figurierte ohne die Marke des Produzenten; 14karätige goldene Uhrengehäuse und solche mit dem Feingehalt 0,585 gut gestempelt und gehörig kontrolliert, mit Staubdeckeln (Cuvettes) ausMetall, die augenscheinlich nach Passierung der Kontrolle angebracht worden waren, da das Wort ,,Metall11 nicht darauf figurierte; silberne Uhrengehäuse mit dem Feingehalt 0,935 und goldene Uhrengehäuse mit dem Feingehalt 0,755, alle nach England bestimmt und ordnungsgemäß gestempelt, aber daraufhin mit nicht kontrollierten Ringen versehen, von denen die meisten plattiert (plaqué) waren, u. s. w.

Im ganzen haben 133 solcher Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz stattgefunden,
welche im Hinblick auf die Beschleunigung des Verfahrens alle mit der im ersten und zweiten Alinea des Art. 6 des Gesetzes vorgesehenen administrativen Buße geahndet worden sind.

Außerdem verdienen noch zwei Gesetzesverletzungen eine besondere Erwähnung: 1. In einer Retoursendung aus Berlin trugen sechs stark vergoldete Metallgehäuse die Feingehaltsbezeichnung ,,14 Karat u ;

256 2. in einer Retoursendung aus Birmingham trugen zwei ebenfalls stark vergoldete Metallgehäuse die Feingehaltsbezeichnung ,,--^tt. Diese betrügerischen Feingehaltsbezeichnungen sind durch eine geeignete Gravur ausgelöscht und die Adressaten mit der im Gesetze vorgesehenen Buße belegt worden.

Beziehungen zürn Auslande. Da unseres Wissens in diesem Jahre über die Kontrollierung von Gold- und Silberwaren in keinem Lande neue gesetzliche Bestimmungen erlassen worden sind, hatten wir für unsere Exporteure von Uhren und Bijouterie keine diesbezüglichen Maßnahmen zu treffen. Wir beschränken uns darauf, die Thatsache festzustellen, daß die schweizerische Kontrolle im Auslande fortwährend eines guten Rufes sich erfreut. Beweis dafür ist die große Zahl der im letzten Jahre gestempelten Gold- und Silberwaren, da der größte Teil der kontrollierten 2,364,068 Uhrgehäuse für das Ausland bestimmt waren.

II. Aufsicht über den Handel mit Gold- und Silberabfällen.

(Bundesgesetz vom 17. Juni 1886 [Amtl. Samml. n. P. IX, 266].)

Industrielle, welche berechtigt sind, Gold- und Silber ab fälle anzukaufen, zu schmelzen oder zu probieren. Am 31. Dezember 1892 betrug die Zahl der gesetzlich berechtigten Käufer, Schmelzer und Probierer 91 Das im Art. l des Gesetzes vorgeschriebene. Souchenregister wurde im Laufe des Jahres 1892 3 neuen Bewerbern zugestellt, so daß die Zahl der im Besitze desselben befindlichen Industriellen sich auf 94 beläuft.

Diese 94 Industriellen verteilen sich folgendermaßen auf die einzelnen Kantone: Neuenburg 54 Bern 25 Genf 10 Solothurn 2 Zürich l Schaffhausen l Waadt l Total

94

257

Übersicht der Operationen. Die Anzahl der im Jahre 1893 vollzogenen Ankäufe, Einschmelzungen und Proben (ein- und ausgegangene Bordereaux) beziffert sich auf 25,622. Der durch die Käufer bezahlte Wert für gekaufte Abfälle ergiebt eine Totalsumme von Fr. 3,130,044. 15.

Die Zahl der am 31. Dezember 1893 eröffneten Conti beträgt 6497, welche Summe den in der Uhren- und Bijouterie-Industrie beschäftigten und zum Verkauf von Abfällen berechtigten Personen entspricht.

Aus nachfolgender Tabelle ist genau ersichtlich, wie die in dieser Übersicht der Operationen erwähnten Ziffern auf die verschiedenen Aufsichtskreise sich verteilen.

Übersicht der im Jahre 1893 kontrollierten Käufe, Einschmelzungen und Proben von Gold- und Silberabfällen.

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1 ·

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Kreise.

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Abfälle

(bezahlter Wert

CD "W k O OQ

Is"

3 8 1 2 10 2 9 7 13 26 10 3

688 1,463 1,221 250 3,479 207 456 434 2,520 11,775 1,561 1,568

385 585 371 145 972 198 168 270 694 1310 808 591

27,481. 80 117,578. 90 46,812. 65 22,271. 90 521 503. 65 58,504. 45 29,427. 70 41,229. 20 410620 75 1,491,564. 70 300,554. 95 62,'493. 50

Am 31. Dezember 1893 Am 3 I.Dezember 1892

94 91

25,622 --

6497

--

3,130,044. 15 3,089,306. 20

Mehr 1893

3

--

--

40,737.95

3"« J= S ll t) CO

1. Noirmont . .

2. St. Immer .

3. Tramlingen . .

4. Grenchen 5. Biel . . .

6. Schaffhausen 7. Neuenburg . .

8 . Fleurier . . .

9. Locle 10. Chaux-de-Fonds 11. Genf 1 2 . Pruntrut . .

.

.

.

.

.

. .

Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. II.

für Käufe).

ÛJ

17

258 Aufsichtskreise und Stellvertreter der Kontrollverwaltungen (Préposés). Infolge Demission des Inhabers ist die Stelle eines Préposé frei geworden. Dieselbe wurde nach dem Vorschlage der betreffenden Kontrollverwaltung neu besetzt.

Wir können uns auch diesmal, wie in den frühern Jahren, über die von den Kontrollämtern und den Préposés uns zu teil gewordene thätige und aufopfernde Mithülfe nur lobend aussprechen.

Inspektion der Souchenregister. Im Laufe des Berichtsjahres hat eine Inspektion aller Souchenregister stattgefunden. Aus den uns darüber erstatteten Berichten geht hervor, daß diese Register im allgemeinen in guter Ordnung befunden wurden und die Führung derselben den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

Gesetzesübertretungen, Diebstähle von Gold- und Silberabfällen, Verurteilungen. Dank der beständigen Wachsamkeit der an der Spitze der Aufsichtskreise stehenden Kontrollämter haben wir kein Vorkommnis von besonderer Bedeutung zu verzeichnen.

Es sind zwar im Berichtsjahr eine gewisse Anzahl von Unregelmäßigkeiten vorgekommen, die aber nicht als ,,Gesetzesübertretungen11 taxiert werden können und die auch zu keinen Verurteilungen geführt haben. Alle diese Unregelmäßigkeiten haben auf administrativem Wege ihre Erledigung gefunden. Es läßt sich hieraus schließen, daß das Gesetz im allgemeinen gut befolgt wird.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 11. April 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1893.

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Bundesblatt

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1894

Année Anno Band

2

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16

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.04.1894

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113-258

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10 016 562

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