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Bundesratsbeschluß betreffend

Interpretation des in Art. 3 des Bundesgesetzes vom 24. März 1876 über die Forstpolizei im Hochgebirge enthaltenen Ausdruckes ,, Korporationswaldungen ".

(Vom 6. Dezember 1894.)

Der schweizerische Bundesrat, nach Einsichtnahme eines Berichtes seines Industrie- und Landwirtschaftsdepartements, Abteilung Forstwesen, sowie eines Mitberichts des Justiz- und Polizeidepartements, beschließt: Der Ausdruck ,,Korporationswaldungen" in Art. 3 des Bundes.gesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge vom 24. März 1876 (A. S. n. F. II, 353) wird dahin ausgelegt, daß darunter diejenigen Waldungen zu verstehen seien, die einen öffentlichen Charakter tragen und einem öffentlichen Zwecke dauernd dienen, sowie solche Waldungen, welche zwar nicht öffentlichen Zwecken dienen, aber von einer öffentlichen Behörde verwaltet werden.

Den Kantonen steht es dagegen frei, den Begriff der Waldkorporationen noch weiter, nicht aber enger zu fassen, als derselbe vom Bundesrate definiert wird.

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Als Schutzwaldungen sind somit, abgesehen von den in Art. 3 obgenannten Bundesgesetzes erwähnten Staats- und Gemeindewaldungen, zu betrachten, die Bürger-, Dorf-, Nachbarschafts-, Hof-, Hochgerichts-, Bezirks-, Kreis-, Bauamts-, Schul-, Spital-, Kirchen-, Kloster-, Stifts-, Pfrund-, Armenpflege-, Armleutsekelamts-, Waisenanstalts-, Feuerschauamts-, Ürte-, öffentliche Genossenschafts- und andere derartige Waldungen.

B e r n , den 6. Dezember 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

708 Beilage.

Bericlit des

Industrie- und Landwirtschaftsdepartements (nebst Mitbericht des Justiz- und Polizeidepartements) über die Auslegung des Ausdruckes ,,Korporationswaldungen".

(Vom 15. November 1894.)

Unterm 9. Dezember 1892 haben wir uns an sämtliche Kantone des eidgenössischen Forstgebietes mit folgendem Kreisschreiben gewandt : ,,Die Anfrage eines Kantons über Interpretation des in Art. 3 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge vom 24. März 1876 gebrauchten Ausdruckes flKorporations\valdungena giebt uns Veranlassung, mit gegenwärtigem Schreiben an Sie zu gelangen.

Aus obiger Anfrage ergiebt sich, daß der Begriff des Wortes ,,Korporationswaldungena in genanntem Gesetze enger oder weiter gefaßt werden kann, und daß es daher notwendig ist, fraglichen Ausdruck genau zu definieren und die damit gemeinten Korporationsarten geradezu zu nennen.

Es wird wohl kaum einem Zweifel unterliegen, daß außer den speciell aufgeführten Staats- und Gemeindewaldungen alle sog.

öffentlichen Waldungen, die einem öffentlichen Zweck fortdauernd dienen, unter den Begriff von Korporationswaldungen im Sinne des Bundesgesetzes fallen. Dazu gehören unter andern somit: die Bezirks-, Kreis-, Burger-, Schul-, Kirchen-, Pfrund-, Spital- und Stiftswaldungen.

Es kann sich daher eigentlich nur noch um die Frage handeln, ob das Bundesgesetz unter Waldkorporationen auch solche mit privatem Charakter verstehe, wie z.^.B. Waldungen von Alpenoder sonstigen Güterkorporationen, resp. Genossenschaften.

709 Zu einer sachbezüglichen Vorlage an den hohen Bundesrat ersuchen wir Sie, uns gefälligst mitteilen zu wollen, welche Ausdehnung Sie bisher der Bezeichnung ,,Korporationswaldungen 11 bei Vollzug des Bundesgesetees über das Forstwesen gegeben, und welche Arten von Waldkorporationen, resp. «Genossenschaften in Ihrem Kanton überhaupt vorkommen. a Teils schon im Jahre 1892, teils im Laufe des Jahres 1893 sind die Antworten auf obiges Schreiben bis auf eine einzige eingegangen. Denselben entnehmen wir folgendes: ZUrich: ,,Abgesehen von den Staatswaldungen bestehen liier zur Zeit folgende Waldgenossensehaften : 1. Gemeindewaldungen, die früher fast ausnahmslos Bürgerwaldungen waren, mit dem neuen Gemeindegesetz von 1875 aber an die Einwohnei'gemeinde übergingen, soweit nicht ein Auskauf vorhe.i- stattfand.

2. Bürgergemeindewaldungen, die sich durch rechtzeitigen Auskauf der Einwohnergemeindo vor 1875 erhalten haben.

, 3. Kirchenwaldungen; diese siüd sehr unbedeutend.

4. Genossenschaftswaldungen, 5993 ha. umfassend, mit Teilrechten am nachhaltigen Nutzungsertrag; diese Teilrechle sind pfändbar und können vom Besitzer veräußert werden.

Alle diese Waldungen sind vermessen, wirtschaftlich eingerichtet und stehen unter kantonaler Fovstaufsicht.

5. Waldungen der Priviitwuldkorporationen. Diese haben sich seit Einführung dea Bundesgesetzes im eidgenössischen und ausschließlich kantonalen Aufsichtsgebiet gebildet. Es sind Privatwaldungen, die zürn Zwecke einer besseren Bewirtschaftung durch Statuten eine gewisse Verbindung besitzen, ohne indes den Charakter des Privatbesitzes verloren zu haben.

Weitere Waldgenossenschaften giebt es in unserem Kanton nicht."

Bern: ,,Es werden unter diesen Ausdruck (Korporationswaldungen) diejenigen Waldungen rubriziert, deren Besitzer dem juristischen Begriffe einer Korporation entsprechen, wie beispielsweise : die Burgergemeinden, gemischte Gemeinden, Einwohnergemeindeu, Armengemeinden, Dorfgemeinden, Dorfgenossenschaften, Holz-, Schul-, Personal-, Rechtsame-, Wald- und Spitalgemeinden.

Im fernem alle diejenigen Genossenschaften, welche auf ein diesbezügliches Gesuch hin durch Großratsbeschluß als juristische Personen anerkannt werden.

Waldungen von Alp- oder andern Genossenschaften wurden a dagegen bis dahin nicht unter diese Kategorie gezählt

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Luzern : ,,Auf Ihre Einfrage, welche Ausdehnung im herwärtigen Kanton dem Begriff ,,Korporationswaldungen" gegeben werde, beehren wir uns Ihnen mitzuteilen, daß alle Staats-, Gemeinde-, Stifts-, Kloster-, Schul-, Kirchen-, Pfrund-, Spital- und Korporationswaldungen, die in toter Hand liegen und nicht Privatwaldungen sind, laut §§ l und 3 des kantonalen Forstgesetzes vom 5. März 1875 teils der direkten Bewirtschaftung, teijs der kontrollierenden Aufsicht des kantonalen Forstpersonals unterstehen und somit als Korporationswälder betrachtet werden.

Die ganz wenigen und in Hinsicht auf den Waldbesitz kaum der Erwähnung verdienenden sogenannten Alpgenossenschaften sind nach hierortiger Ansicht Privatwälder.a Uri : ^Abgesehen von den besonders angeführten Staatswaldungen haben wir hauptsächlich eine Kategorie von Waldungen, welche unter genannten Art. 3, Absatz l, und den in Frage kommenden Ausdruck KorporationsWaldungen fallen, nämlich die ungeteilten Bürgerwaldungen der 17 Gemeinden des früheren Bezirkes Uri, welche Körperschaft gemäß kantonaler Verfassung den Namen ,,Korporation Uri a trägt.

· · Daneben stehen unter Aufsicht die sämtlichen Gemeinde-, Kirchen-, Pfrund- und Stiftswaldungen, welche aber wenig zahlreich sind und mit Ausnahme der neugegründeten, resp. zu gründenden des Urserenthales nur Flächenausdehnungen von wenigen Hektaren aufweisen, so daß von nachhaltiger-Benutzung nicht die Rede sein kann.

Außer diesen Waldungen existiert noch eine Kategorie von Privatwaldungen, welche einer Mehrzahl von Eigentümern angehören. Diese Eigentumsverhältnisse sind durch Nichtteilung von Erbschaften entstanden, eine genossenschaftliche Organisation ist nicht vorhanden, wir haben daher diese Waldungen auch nur wie gewöhnliche Privatwaldungen behandelt. Die Alpwaldungen gehören entweder der Korporation Uri, den Gemeinden oder Privaten an.tt Schwyz: ,,In Beantwortung melden wir Ihnen, daß im Kanton Schwyz in Gemäßheit des § 2 der kantonalen Vollziehungsverordnung zum eidgenössischen Porstgesetze vom \. Dezember 1876 unter dem Begriffe von Korporationswaldungen verstanden werden alle jene Waldungen, welche einer j u r i s t i s c h e n P e r s o n gehören. Demzufolge werden bei uns als Korporationswaldungen betrachtet: die Waldbestände, welche im Besitze von öffentlichen rechtlichen Genoßsamen (Bürgerschaften) und von Alp-, Güter- und anderen Genossenschaften oder von klösterlichen Stiften sind.a

711 Obwalden : ,,In Rückantwort beehren wir uns zu melden, daß wir bisanhin nie Aastand genommen, die Bürger-, Schul-, Kirchen-, Pfrund-, Spital- und Stiftswaldungen im weitesten Sinne dos Wortes unter den Begriff ,,Korporationswaldungen" nach Maßgabe von Art. 3 des Bundesgesetzes über die Forstpolizei im Hochgebirge zu rubrizieren. Dagegen kennt unser Kanton keine eigentlichen Waldkorporationen oder Genossenschaften, indem hiesige Waldungen meist den sog. Bilrgergemeinden (Korporationen oder Teilsamen), zum kleinen Teil Privaten gehören. Der Staat als solcher besitzt gar keine Waldungen ; einzig der Kantonsspital ist Eigentümer von 2 oder 3 Waldparzellen.a Nidwaiden : ,,Bis dahin haben wir alle Staats-, Genossen-, Urte-, Kirchen-, Klöster-, Spital- und Stiftswaldungen unter die Korporationswaldungen gezählt und dieselben als solche behandelt. tt Glarus: ,,Die in hiesigem Kantone befindlichen Korporationswaldungen scheiden sieh in zwei Klassen aus : in solche mit amtlichem und solche mit privatem Charakter. Zu den ersteren gehört der auf der rechten Seite des Sernftthales liegende Kirchwald der Gemeinde Matt und Bngi, "· Einen mehr privaten Charakter tragen die anderen Korporationswaldungen oder Genosseaschaftswaldungen, wie diejenigen der Bräh- und Brauswaldkorporation, der Bergkorporation Näfels.

der Elmerrüfibergkorporation.

Die Waldungen dieser Privatkorporationen spielen eine untergeordnete Rolle, weil sie kaum 0,1 °/o der gesamten öffentlichen Waldungen ausmachen."

Zug: ,,Das Forstgesete für den Kanton Zug schreibt vor: ,,Der Oberaufsicht des Staates sind sämtliche Waldungen im Kanton nach Maßgabe gegenwärtigen Gesetzes unterworfen, nämlich: 1. die Gemeinde-, Korpovations- und Genossenschaftswaldungen, 2. die Privatschutzwaldungen, 3. die übrigen Privatwalduugen."

Unser Forstgesetü, scheidet also Korporations- und Genossenschaftswaldungen voneinander aus, beziehungsweise stellt die Genossenschaftewaldungen innert und außer der eidgenössischen Forstzone ausdrücklich unter die Aufsicht des Staates.

Die §§ 6, 9, 14, 16 und 20 des kantonalen Forstgesetzes enthalten die gleichen Bestimmungen für die Genossenschaftswaldungen wie für Gemeinde- und Korporationswaldungen.

Staatswaldungen besitzen wir nicht.

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Im Kanton Zug kommen folgende Arten von Waldkorporationen und Waldgenossenschaften vor: 1. Korporationsgenossenschaften (Bürgerkorporationen), gebildet durch einzelne Bürgergeschlechter je einer politischen Gemeinde oder auch nur eines Teiles (Nachbarschaften) einzelner Gemeinden.

2. · Waldgenossenschaften (Privatgenossenschaften) weltlichen Standes.

3. Wälder klösterlicher Genossenschaften.

Auf die Waldungen der soeben genannten Korporationen und Genossenschaften sind in Ausführung des kantonalen Forstgesetzes alle diejenigen Bestimmungen anwendbar, welche nach dem eidgenössischen Forstgesetz Bezug auf die ,,Staats-, Gemeinde- und Korporationswaldungen a haben.

Schließlich bleibt noch zu erwähnen, daß die Kirchenwaldungen den Gemeindewaldungen beigezählt werden und daß im Kanton Zug nur eine einzige sehr kleine Bürgergemeindewaldung existiert."'

Freiburg : Suivant notre statistique sont envisagées dans le canton de Fribourg comme forêts de corporations : 1. celles des hôpitaux, 2. celles des chapitres, 3. celles des caisses de scolarques, pauvres et autres, 4. celles des bourgeoisies, 5. celles des paroisses, 6. celles des fonds scolaires et ecclésiastiques, 7. celles des syndicats d'alpages.

Les autres forêts sont désignées : 1. forêts de l'Etat, 2. forêts communales, 3. forêts des particuliers.11 Appenzell Außerrhoden : ,,Korporationswaldungen sind nach unserer Auffassung solche Waldungen, die unteilbar uud° unveräußerlich sind und einem öffentlichen Zwecke fortdauernd dienen, wie Staats- und Gemeindewaldungen, sowie Bezirks-, Kreis , Bürger-, Schul-, Kirchen-, Pfrund-, Spital- und Stiftswaldungen. Die Waldungen dieser Art sind bei uns altern Datums.

Im Gegensatz zu diesen setzen wir die erst in neuerer Zeit aufgekommenen mehr wirtschaftlichen und spekulativen als öffentlichen Zwecken dienenden Waldungen der Alp-, Güter- und Waldgenossenschaften und der Vereine (Waldbauvereine). Das Eigen-

713 turn ist ein privates, es ist ohne Rücksicht auf staatliche Zustimmung teilbar und übertragbar. Die Besitzer sind in ihren Verfügungen keinen anderen Vorschriften als denjenigen ihrer Statuten unterworfen. In unserem Kanton finden sich Waldungen der ersteren und der letzteren Art vor.a Appenzell Innerrhoden : ,,In Beantwortung diene Ihnen, daß jener Begriff '(von Korporationswaldangen) mit Bezug auf Verhältnisse im herwärtigen Kanton kaum einer verschiedenen Interpretation fähig ist, weil keinerlei Korporationen privatrechtlicher Natur existieren. Die in Ihrem Kreisschreiben erwähnten Alpkorporationen, respektive Genossenschaften rnit privatem Charakter, sind zwar auch hier keine unbekannte Erscheinung. Dieselben figurieren jedoch nur als Besitzer von Graswuchs, während der Holzwuchs das mit Servituten belastete Eigentum öffentlicher Korporationen darstellt und daher der Porstgesetzgebung ohne weiteres unterstellt ist. Neben den Korporationswaldungen im gewöhnlichen Sinne, bei denen die Liegenschaftsbesitzer eines bestimmten Rayons unabhängig von den politischen Grenzverhältnissen participieren und die in ihrer Gesamtheit gegenüber den übrigen Arten von Waldkorporatiouen den dominierenden Anteil ausmachen, existieren auch noch Bauamts-, Armleutseckelamts-, Kirchen-, Klosters-, Spital-, Armenptlegamts-, Waisenanstalts- und Feuerschauwaldungen, die sämtlich als Waldkorporationen mit öffentlichem Charakter behandelt werden. a GraubUnden: ,,Als Korporationswaldungen im Sinne des Bundewgcsetzes über das Forstwesen betrachten wir diejenigen Waldungen, die Korporationen angehören, die öffentlich rechtlichen Charakter haben und die demgemäß nicht als Privateigentum benutzt werden können. Als solche" kommen in unserem Kantone folgende Arten von Waldungen vor: Gemeinde-, respektive Bürger-, Gerneindefraktions-, Hof-, Hochgerichts-, Schul-, Kirchen-, Kloster- und Stiftswaldungen. Neben diesen kommen bei uns noch Genossenschaf'tsund Privatwaldungen mit durchaus privatrechtlichem Charakter vor, welche Waldungen aber ihrer Zahl, Ausdehnung und Bedeutung nach, gegenüber den Korporationswaldungen öffentlich rechtliehen Charakters sehr unwichtig sind.a Tessin: ,,Dalla sorveglianza dei funzionar! forestali dello Stato nou sono attualmente esclusi che i boschi appartenenti a privati e non aventi carattere di
foresta protettrice. La stessa norma ha servito nella classificazione delle foreste protettrici. Per conseguenza si devono considerare come foreste di Corporazione tutti i boschi appartenenti ai Patriziati, ai Consorzi, alle Degagne, ai Benefici Parrocchiali ed alle Società.

Non esistono, per quanto è a nostra cognizione, altri Corpi morali proprietari di boschi.a

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Waadt: ,,Les forêts appartenant aux B o u r s e s des P a u v r e s , à l ' I n s t i t u t H e n c h o z à C h â t e a u - d ' ( E x , et celles de la P a r o i s s e de B l o n a y , dans la Veveyse, sont toutes gérées par les administrations communales. En outre, comme dans notre canton t o u t e s 1 es f o r ê t s situées dans la zone forestière fédérale, qu'elles appartiennent à l'Etat, aux communes ou à des particuliers, sont d é c l a r é e s f o r ê t s p r o t e c t r i c e s , elles rentrent sous le régime de la loi fédérale sur les forêts et le règlement d'exécution cantonal."

Wallis: ,,Dans notre canton les forêts de corporation appartiennent aux b o u r g e o i s i e s , à des s e c t i o n s de v i l l a g e s , aux p r é b e n d e s ; en outre de cette catégorie de forêts, nous avons des forêts de c o n s o r t a g e (désignation identique de celle de corporation) qui sont celles dont les propriétaires excèdent le nombre de dix et celles dont le titre de propriété ne remonte pas, avec date certaine, au premier août 1826.

Toutes ces forêts de corporation ou de consortage sont envisagées et placées sous la môme police que les forêts communales."

Vom Kanton St. G a l l e n war, trotz wiederholter Einladung, keine Rückäußerung erhältlich.

Im Besitze obiger kantonalen Aufschlüsse, wandten wir uns in vorliegender Angelegenheit unterm 1. dieses Monats auch noch ans schweizerische Justiz- und Polizeidepartement und erhielten von demselben die hier beiliegende Ansichtsäußerung vom 6. dieses Monats, in welcher unserer in oberwähntem Kreisschreiben vom 9. Dezember 1892 ausgedrückten Auffassung beigepflichtet wird.

Schließlich durchgingen wir auch noch die bezügliche Botschaft des Bundesrates und die betreffenden Protokolle der eidgenössischen Räte.

Bei den Vorstudien und Beratungen des Bundesgesetzes über das Forstwesen beginnend, erlauben wir uns zunächst folgenden sachbezüglichen Passus aus der bnndesrätlichen Botschaft zum Gesetzesentwurf (S. 3) anzuführen: ,,Eine sehr wichtige Frage, die auch im schweizerischen Forstverein zu lebhafter Diskussion Veranlassung gab, ist die, ob alle Waldungen im eidgenössischen Forstgebiet, ohne Ausnahme, der eidgenössischen Oberaufsicht unterstellt werden sollen, oder ob diejenigen Privatwaldungen, welche nicht den Charakter von Schutzwaldungen tragen, davon auszusehließen seien.

Der schweizerische und der Berner Forstverein haben sich zu ersterer Ansicht bekannt.

715 Wir können derselben nicht beipflichten, indem der allgemein herrschende und in der Gesetzgebung beobachtete Grundsatz, daß nämlich, der Private in der Verfügung Über sein Eigentum nicht m e h r beschränkt werden dürfe, als dies das Staatswohl dringendst verlangt, auch der unserige ist" Der Gesetzesentwurf führt dann auch nur die Staats-, Gemeindeund Korporations-, Stifts- und Genossenschaftswaldungen als öffentliche Waldungen und ferner sämtliche P r i v a t s c h u t z Waldungen als unter die eidgenössische Oberaufsicht zu stellende Waldungen auf, nicht aber die übrigen Privatwaldungen. (Auf diese sind laut Art. 3, Abs. 2, des Bundesgesetzes nur die Art. 11, 14 [Lemma 2, 3 und 4], 15, 20 und 27 [Ziff. 2, 4, 8 und 9] anwendbar.)

Der Sänderat stellte sich anfänglieh auf Seite genannter Vereine, trat dann aber.infolge der Verhandlungen, wie auch der Nationalrat, der Anschauungsweise des Bundesrats bei.

In Art. 3 des in Kraft getretenen Gesetzes findet dieselbe ihren Ausdruck, nur wurden die beiden Bezeichnungen ,,Stifts- und Genossenschaftswaldungen" fallen gelesen, und dies unzweifelhaft n u r deshalb, weil dieselben als im Begriffe von Korporationswaldungen mit enthalten betrachtet werden können und man einer Specitikation ausweichen wollte.

Nach den oben angeführten Antworten der Kantone haben dieselben, im allgemeinen, den Begriff von Korporationswaldungen richtig aufgefaßt und angewandt, indem sie zu denselben alle Waldungen zählten, die einen ö f f e n t l i c h e n Charakter tragen und einem ö f f e n t l i c h e n Zweck d a u e r n d dienen.

Einige Kantone sind darin weiter gegangen und haben Waldungen herbeigezogen, die nach obiger Definition als Privatwaldungen betrachtet werden müssen.

Die bei Z ü r i c h unter Ziff. 4 aufgeführten Genossenschaftswaldungen, die noch zu den öffentlichen Korporationswaldungen gerechnet wurden, liegen an der äußersten Grenze dieser Waldkategorie.

Bei Bern ist gesagt, daß alle diejenigen Genossenschaften als Korporationen betrachtet werden, welche auf ein diesbezügliches Gesuch hin durch Großratsbeschluß als j u r i s t i s c h e Personen anerkannt wurden.

Das eidgenössische Justizdepartement ist, laut, oberwähntem Bericht, diesfalls der Ansicht, daß auch bei den einer Mehrheit von Personen gehörenden Waldungen gefragt werden müsse, ob sie einen ö f f e n t l i c h e n Charakter tragen. Daraus folge, daß das charakteristische Merkmal nicht in der juristischen Persönlichkeit O

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der Gemeinschaft, Genossenschaft oder Gesellschaft liege, der die Waldung gehöre, denn es könne auch eine Mehrheit privater Waldeigentümer sich genossenschaftlich organisieren und die juristische Persönlichkeit für ihren Verband erwerben.

Hält man an der Ansicht fest, daß das Bundesgesetz unter Korporationswaldungen nur solche Waldungen verstehe, die einen öffentlichen Charakter tragen, so würde nach oben bezeichnetem Begriff einer juristischen Person auch S c h w y z weiter gehen, als das Gesetz verlangt, indem es in § 2 seiner kantonalen Vollziehungsverordnung heißt: ,,Die Waldungen werden zu diesem Zwecke (der staatlichen Aufsicht) in 2 Klassen eingeteilt, nämlich : a. in Gemeinde- und Korporationswaldungen, worunter alle jene Waldungen Inbegriffen sind, weiche einer juristischen Person angehören ; &. in Privatwaldungen.

Zu den Waldungen unter litt, a werden auch diejenigen von Alp-, Güter- und anderen Genossenschaften gezählt.

Z u g sagt in seinem Schreiben ausdrücklich, daß auch auf Waldgenossenschafts- (Pri va tgenossenschafts-) Waldungen weltlichen Standes alle diejenigen Bestimmungen anwendbar seien, welche nach dein eidgenössischen Forstgesetz Bezug auf die Staats-, Gemeinde- und Korporationswaldungen haben.

W a l l i s dehnt den Begriff von Korporationswaldungen (consortages) noch auf diejenigen Privatwaldungen aus, deren Teilhaber die Zahl von 10 überschreitet, und diejenigen, deren Eigentumsausweis nicht über das Datum vom 1. August 1826 zurückgeht.

Nach unserer Ansicht steht es den Kantonen frei, den Begriff der Waldkorporationen weiter zu fassen, als derselbe von uns oben definiert wurde, er darf sich aber nicht in engeren Schranken halten.

Nach obigem Bericht und den stattgefundenen Auseinandersetzungen glauben wir den Ausdruck, von Korporationswald ungen n in Art. 3 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge vom 24. März 1876 dahin interpretieren zu sollen, daß darunter diejenigen Waldungen zu verstehen seien, die einen ö f f e n t l i c h e n C h a r a k t e r tragen u n d einem ö f f e n t l i c h e n Z w e c k d a u e r n d d i e n e n .

Dazu gehören, abgesehen von den in Art. 3 obigen Bundesgesetzes genannten Staats- und Gemeindewaldungen, die Bürger-, Dorf-, Nachbarschafts-, Hof-, Hochgerichts- .und Gerichts-, Bezirksund Kreis-, Bauamts-, Schul-, Spital-, Kirchen-. Kloster-, Stifts-,

717 Pfrund-, Armenpfleg-, Armleutseckelamts-, Waisenanstalts-, Feuerschauamts-, Ürte-, öffentliche Genossenschafts- und andere derartige Waldungen.

"a1Das vom Bundesrate zum Mitbericht über die gleiche Frage eingeladene J u s t i z - u n d P o l i z e i d e p a r t e m e n t spricht sich u. a. wie folgt aus: Was die im Schöße des Bundesrates gefallene Anregung betrifft, den °Antrag des Industriedepartements durch Aufnahme der Worte: ,,sowie solche Waldungen, welche zwar nicht öffentlichen Zwecken dienen, aber von einer öffentlichen Behörde verwaltet werden"1, zu erweitern, so können wir derselben beistimmen. Wie wir bereits ausgeführt haben, wollte man mit R ü c k s i c h t auf die F r e i h e i t des P r i v a t e i g e n t u m s nur die als Schutzwaldungen zu betrachtenden, im eidgenössischen Porstgebiete liegenden Privatwaldungen der eidgenössischen Oberaufsicht unterwerfen. Wenn es nun aber private Waldungen giebt, die von öffentlichen Behörden verwaltet werden, so besteht in Bezug auf diese das Motiv nicht, das den Gesetzgeber veranlaßte, deren Verwaltung und Bewirtschaftung der eidgenössischen Aufsicht nicht zu unterstellen. Durch die Überlassung der Verwaltung an öffentliche Behörden verleihen die Eigentümer solchen Waldungen einen öffentlichen Charakter; sie begeben sich der Befugnis, über dieselben nach ihrer Privatwillkür zu verfügen. Denn es ist klar, daß die Verwaltung nicht nach verschiedenen Grundsätzen geführt werden kann, ob es sich nun um eine im öffentlichen Eigentum stehende Waldung handelt oder um eiue, die bloß zur Verwaltung der öffentlichen Behörde übergeben ist.

Aus dieser Erwägung pflichten wir der Anregung bei.

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Bnndesblatt. 46. Jahrg. Bd. IV.

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Bundesratsbeschluß betreffend Interpretation des in Art. 3 des Bundesgesetzes vom 24.

März 1876 über die Forstpolizei im Hochgebirge enthaltenen Ausdruckes ,, Korporationswaldungen ". (Vom 6. Dezember 1894.)

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19.12.1894

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