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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession elektrischer Straßenbahnen in der Stadt Lausanne und von Lausanne nach Lutry.

(Vom 18. Dezember 1894.)

Tit.

Unterm 10./15. Oktober dieses Jahres reichte Herr A d r i e n P a l a z, Ingenieur in Lausanne, Konzessionsgesuche ein für ein Netz elektrischer T r a m w a y s in der S t a d t L a u s a n n e und für eine Zweiglinie auf der Straße von L a u s a n n e ( P a l e y r e s ) nach Lutry.

Das Netz in der Stadt Lausanne umfaßt folgende Linien : 1. Place de St-François-Derrière-bourg-rue St-Pierre-route de la Caroline-route neuve-le tunnel-place du tunnel-route du tunnelCarrefour de la Riponne-rue Haldimand-rue du Grand-pontGrand-pont.

2. Place de St-François-avenue du théâtre-avenue de Rumine.

3. Avenue de Georgette-avenue de la gare.

4. Route de Berne (zwischen école de médecine und place de l'ours)-route des Monts-de-Lavaux biszuur Brücke von Chailly.

5. Carrefour de la Riponne-rue du Valentin-route de la Pontaise bis zum Stand.

6 . Place d e Bel-air-rue d e s Terreaux-place d e Die Linie nach Lutry zweigt bei Paleyres ab und folgt der großen Straße über Pully und Paudex bis Lutry.

Die Gesa tntlänge des Netzes in der Stadt Lausanne beträgt 7,3 km., diejenige der Zweiglinie nach Lutry 8,52 km. Für das erstere ist eine Maximalsteigung von 116 %o, für die letztere Linie von 54,5 °/oo vorgesehen, und der kleinste Krümmungshalbmesser beträgt bei beiden 20 m. Die Spurweite ist zu l m. angenommen und als Oberbau sollen Rillenschienen zur Verwendung kommen.

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Als Betriebskraft ist Elektricität in Aussicht genommen, die durch Gas- oder Dampfmotoren erzeugt würde. Es ist oberirdische Stromzuführung mit Rückleitung durch die Schienen vorgesehen, und als Betrjebsmaterial sollen zweiachsige, nur eine Wagenklasse führende Personenwagen mit einem Motor auf jeder Achse (Automobile"), sowie leichte Verstärkmngswagen ohne eigenen Motor zur Verwendung kommen; ferner ist auch die Beschaffung von kombinierten Personen- und Gepäckwagen, sowie eventuell von Güterwagen in Aussicht genommen. Über die Baustelle der Kraftanlage ist noch nicht Bestimmung getroffen, doch soll dieselbe in nächster Nähe der Solitudestraße erstellt werden.

Was den Betrieb anbelangt, so ist vorgesehen, daß derselbe in der bei Tramways üblichen Weise eingerichtet würde, und zwar so, daß auf jeder Linie des städtischen Netzes im Sommer wenigstens 40 und im Winter wenigstens 30 Züge nach beiden Riehtungen ausgeführt würden, während auf der Abzweiglinie nach Lutry die Zahl der täglichen Züge nach beiden Richtungen sich nur auf 15, beziehungsweise 12 belaufen würde.

Die Baukosten werden auf Grund eingehender Studien bezüglich der Kraftstation und des Rollmaterials und nach den Kosten des Oberbaues und der elektrischen Leitung ähnlicher Unternehmungen veranschlagt wie folgt: Netz in Lausanne (Paleyres)Lausanne.

Lutry.

1. Kraftanlage mit Verwaltungsgebäude, Werkstätte, Mobiliar und Gerätschaften, Wagenremiseo etc 2. Rollmaterial (14 Automobile, 4 Verstärkungswagen ohne Motor für das Netz in Lausanne uud 3 Automobile und 3 Verstärkungswagen für Lausanne-Lutry) .

3. Oberbau und Luftleitung 7,s, beziehungsweise 8,52 km. à Fr. 45,000 4. Verwaltungs- und Geldbeschaffungskosten, Vorarbeiten, Bauzinse und Unvorhergesehenes .

Zusammen

Fr.

Fr.

325,000

--

240,000

72,000

328,500

158,400

206,500

29,600

1,100,000

260,000

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Der den Gesuchen beigegebene technische Bericht enthält auch je eine Rentabilitätsberechnung, welche, von den Betriebsergebnissen ähnlicher Unternehmungen in der Schweiz ausgehend, den besondern Verhältnissen der projektierten Unternehmen, wie dem hohen Preis der Betriebskraft, dem ungünstigen Längenprofil und dem verhältnismäßig schwachen Zugsverkehr auf der Zweiglinie nach Lutry, angemessen Rücksicht trägt.

Für das Netz in der Stadt Lausanne werden die Betriebskosten für den Wagenkilometer zu 42 Rp. oder, bei Annahme von anfänglich 370,000 Wagenkilometern, die jährlichen Gresümtbetriebskosten, einschließlich Unterhalt des Materials und Amortisation der Kraftanlage, zu Fr. 155,400 berechnet, während die Einnahmen auf zusammen Fr. 175,000 veranschlagt werden, so daß sich ein Überschuß von Fr. 19,600 ergiebt, der eine Verzinsung des Anlagekapitals zu cirka 2 °/o erlauben würde. Dieses Ergebnis wird sich nach Ansicht des Petenten mit dem zunehmenden Verkehr verbessern, indem auch eine Verminderung der Betriebskosten noch möglich sei.

Für die Abzweigung nach Lutry werden die Betriebskosten auf jährlich Fr. 25,200 (Dämlich 40,000 Wagenkilometer zu 63 Ep.), die Einnahmen auf Fr. 30,000 (75 Rp. auf den Wagenkilometer) veranschlagt. Der Überschuß von Fr. 4800 kommt einem Zins von ebenfalls cirka 2 °/o des Anlagekapitals gleich. Mit der Zeit hofft der Petent auch hier auf eine wesentliche Steigerung des Ertrags.

Mit Ausnahme der Teilstrecke zwischen der Ecole de Villamont und Chailly nimmt das Netz in Lausanne ausschließlich städtisches Straßenareal in Anspruch. Die Bedingungen, unter welchen die Stadt die Benutzung ihrer Straßen bewilligt, sind in einem Pflichtenheft vom 8. Oktober und 12. November 1894 niedergelegt, während der Große Rat des Kantons Waadt unterm 22. November die Übereinkunft zwischen dem Staatsrat und dem Petenten genehmigte, durch welche die Benutzung der Staatsstraßen zwischen der Ecole de Villamont und Chailly, sowie auch zwischen Lausanne (Paleyres) und Lutry geregelt ist. Endlich liegt eine Übereinkunft des Gemeinderates von Pully mit dem Petenten, vom 28. November 1894, vor, welche die Benutzung der Straße Lausanne-Lutry auf dem Gebiete der Gemeinde Pully gestattet. Dagegen fehlt eine bezügliche Bewilligung seitens der Gemeinde Lutry, so daß sich die Konzession auf deren
Straßengebiet nicht erstreckt.

Der Staaisrat von Waadt, dem wir die Konzessionsgesuche zur Vernehmlassung übermittelten, erhebt dagegen nicht bloß keine Einwendungen, sondern empfiehlt sie angelegentlich zu baldiger Entsprechung.

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Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden an» 8. Dezember abbin statt und ergaben allseitige Zustimmung zu dem hiernach folgenden Konzessionsentwurf.

Derselbe enthält die für städtische Straßenbahnunternehmea üblichen Bestimmungen und giebt uns daher nur zu wenigen Bemerkungen Anlaß.

Der Art. 6 a wurde eingefügt, um dem Wunsche des Petenten, eventuell die beiden Unternehmungen des Netzes in der Stadt Lausanne und der Zweiglinie nach Lutry voneinander trennen und die eine unabhängig von der andern realisieren zu können^ gerecht zu werden.

Am Schluß des ersten Alinea des Art. 14 ist auf Antrag des Petenten und unter Zustimmung des Regierungsvertreters eine Reduktion der für das ganze Netz nach den Bestimmungen des Pflichtenheftes normierten Zahl der täglichen Fahrten auf der Linie nach Chailly und nach dem Stand vorbehalten.

Die Taxansätze der Art. 16 und 17 entsprechen den Abmachungen zwischen den lokalen und kantonalen Behörden einerseits und dem Petenten anderseits und erscheinen bei dem ungünstigen Längenprofil nicht zu hoch. Da ein Güterdienst nur eventuell vorgesehen ist, so erscheint es angezeigt, die Festsetzung der Taxen hierfür nicht schon in der Konzession, sondern erst, wenn die bezüglichen Verhältnisse abgeklärt sein werden, vorzunehmen und dem Bundesrat hierzu Vollmacht zu erteilen.

Der Art. 23 behält in der üblichen Form die Bestimmungen der Übereinkünfte betreffend Straßenbenutzung vor, soweit dieselben nicht mit der Konzession oder der Bundesgeaetzgebung im Widerspruch stehen.

Indem wir Ihnen, Tit., den nachstehenden Beschlußentwurf zur Genehmigung empfehlen, benutzen wir den Anlaß zur wiederholten Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 18. Dezember

1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der ß u n d e s p r ä s i d e n t :

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession von elektrischen Straßenbahnen in der Stadt Lausanne und von Lausanne nach Lutry.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben des Herrn A. Palaz, Ingenieur in Lausanne, vom 10. Oktober 1894; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 18. Dezember 1894, beschließt: Dem Herrn Adrien P a l a z , Ingenieur in Lausanne, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb folgender e l e k t r i s c h e n S t r a ß e n bahn en: a. eines N e t z e s in der S t a d t L a u s a n n e , umfassend folgende Linien : 1. place de St-François -- Derrière-bourg -- rue St-Pierre -- route de la Caroline--route neuve--le tunnel--place du tunnel--route du tunnel--carrefour de la Riponne--rue Haldimand--rue du Grand-pont--Grand-pont; 2. place de St-Francois--avenue du théâtre--avenue de Rumine; 3. avenue de Georgette--avenue de la gare; 4. route de Berne, zwischen der école de médecine und der place de l'ours, route des Monts-de-Lavaux bis zum pont de Chailly; 5. carrefour de la Riponne--rue du Valentin--route de la Pontaise bis zum Stand ;

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6. place de Bel-air--rue des Terreaux--place de Chauderon-- route d'Echallens bis zum Bahnhof der Lausanne-EchallensBahn; b. von L a u s a n n e ( P a l e y r e s l nach L u t r y , unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. i. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 50 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Lausanne.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Arbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 18 Monaten, vom Beginn der Arbeiten an gerechnet, sind die konzessionierten Linien zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 6 a. Jedoch zieht die Nichtbeobachtung der in den Art. 5 und 6 bestimmten Fristen für das Netz in der Stadt Lausanne {litt, a) oder für die Linie nach Lutry (litt, ö") nicht den Hinfall der Konzession für beide genannten Linien, beziehungsweise Netze nach sich, sondern nur für die betreffende Linie, beziehungsweise das betreffende Netz.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

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Art. 8. Die Straßenbahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt, mit Ausnahme der als Ausweichstellen erforderlichen doppelspurigen Strecken und der Gemeinschaftsstrecken zweier oder mehrerer Linien, wo eia zweites Geleise im Interesse eines regelmäßigen Betriebes notwendig erscheint.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Waadt und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen und Gepäck, eventuell auch von Gütern; zum Viehtransport ist sie .nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglemeul der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 14. Die Beförderung von Personen wird auf dem ganzen Netz in der Stadt Lausanne (litt, a) im Sommer täglich vierzigmal und im Winter täglich dreißigmal nach beiden Richtungen und findie Linie nach Lutry (litt, b) im Sommer täglich fünfzehnmal und im Winter täglich zwölfmal nach beiden Richtungen und von einem Bndpunkt zum andern erfolgen. Für die unter litt, a, Ziff. 4 und 5, oben bezeichneten Linien bleibt dem Bundesrate vorbehalten, eine Herabsetzung der Zahl der täglichen Züge zu gestatten.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird der Bundesrat festsetzen.

Art. 15. Für den Personentransport wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den Bundesrat genehmigt werden muß.

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Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen eine Taxe zu beziehen von höchstens 15 Rp. für den ersten Kilometer und von 5 Rp. für jeden folgenden Kilometer oder 250 Meter übersteigenden Bruchteil eines solchen. Immerhin darf die Taxe für eine 750 Meter Länge nicht erreichende Fahrt nur 10 Rp. betragen.

Für diejenigen Teile des Netzes, deren Steigung 4 °/o übersteigt, ist der Bundesrat ermächtigt, eine Erhöhung der Taxen bis zum doppelten Betrag obiger Ansätze zu bewilligen.

Für Kinder unter 4 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts zu bezahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens.10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, Abonnementsbillete auszugeben, deren Bedingungen der Bunde-srat nach Anhörung der Gesellschaft festsetzen wird.

Art. 17. Im Falle der Einführung eines Güterdienstes wird der Bundesrat dafür die Taxen und nähern Bedingungen nach Anhörung der Gesellschaft festsetzen.

Art. 18. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile über 250 Meter für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Ist die genaue Ziffer der ao berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 19. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 20. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Bisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundearate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Trans-

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porttaxen verhältnismäßig herabzusetzen oder die Zahl der täglichen Züge entsprechend zu vermehren. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 22. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht vom 1. Juli 1875 hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 23. In Bezug auf die Benutzung der öffentlichen Straßen für den Bau und Betrieb der Straßenbahnlinien gelten die Bestimmungen der vom Gemeinderat von Lausanne unterm 8. Oktober und 12. November 1894, vom Großen Rate des Kantons Waadt unterm 22. November 1894 und vom Gemeinderat von Pully unterm 26. November 1894 genehmigten Pflichtenhefte, soweit dieselben nicht mit gegenwärtiger Konzession oder mit der Bundesgeset»gebung im Widerspruch stehen.

Art. 24. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Waadt, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensiousund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

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e. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1920 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1920 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 221/2fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 25. Hat der Kanton Waadt den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 24 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 26. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

-e-
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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Treib über Seelisberg und Emmetten nach Beckenried.

(Vom 18. Dezember 1894.)

Tit.

Mit Eingabe vom 2. Juni 1893 stellten die Herren M. T r u t t m a n n in Seelisberg, als Präsident, und A. W y m a n n in Beckenried, als Sekretär eines I n i t i a t i v k o m i t e e s , das Gesuch um Erteilung der Konzession zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft für den Bau und Betrieb einer Bisenbahn von T r e i b über S e e l i s b e r g nach B e c k e n r ied.

Die projektierte Bahn habe die Aufgabe, die ziemlich ausgedehnten und bevölkerten Berggemeinden Seelisberg und Emmetten, sowie die in denselben und in Schönegg befindlichen, bedeutenden Hotel- und Pensionsetablissemente in eine bessere Verbindung mit der Thalschaft zu bringen, wodurch der Besuch der landschaftlich schönen Gegend erleichtert, ja vielen überhaupt erst ermöglicht werde, da dieselbe gegenwärtig nur auf ziemlich mühsamem und zeitraubendem Wege erreicht werden könne.

Die freie offene Lage der Zufahrtslinien der Bahn auf das Hochland von Beckenried bis Schönegg und von Treib bis Sonnenberg biete eine wundervolle Aussicht über den Urnersee, und dessen gewaltige Umrahmung werde dem Unternehmen als lebendige und wirksame Empfehlung dienen. Auch dürfe der auf Sonnenberg

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession elektrischer Straßenbahnen in der Stadt Lausanne und von Lausanne nach Lutry. (Vom 18. Dezember 1894.)

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1894

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26.12.1894

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