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Bundesgesetz über

das Postregal.

(Vom 5. April 1894.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung des Art. 36 der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 14. Januar 1893, besch ließt: Umfang des Postbetriebes.

Art, 1. Die schweizerischen Posten besorgen: a. den Transport von Personen und deren Gepäck durch, die regelmäßigen Postkurse und durch Extraposten; b. den Transport von uneingeschriebenen Briefpostgegenständen, d. h. von Briefen, Schriftensendungen und kleinen Paketen, von Karten mit schriftlichen Mitteilungen (Postkarten), von Drucksachen, Warenmustern und Zeitungen ; c. den Transport von eingeschriebenen (rekommandierten) Briefpostgegenständen (Briefe, Schriftensendungen, kleine Pakete, Postkarten, Drucksachen und Warenmuster), sowie von eingeschriebenen Paketen (Fahrpoststücken) mit und ohne Wertdeklaration ;

628 d. die Bestellung von gerichtlichen und Betreibung^-Akten aller Art (Vorladungen, Kundmachungen, Betreibungsvorkehren etc.).; e. Abonnements auf Zeitungen; f. den Einzug von Geldern, sei es durch Nachnahmen (auf Brief- und Fahrpostgegenständen) oder durch Einzugsmandate; g. die Vermittlung der Zahlung von Geldbeträgen (durch Postanweisungen).

Die Postverwaltung kann ferner die Erhebung von Wechselprotesten auf protestabeln Papieren, welche in Einzugsmandaten versandt werden, übernehmen, nach Maßgabe der diesfalls besonders aufzustellenden gesetzlichen Vorschriften.

Umfang des Postregals.

Art. 2. Der Postanstalt steht, unter den in Art. 4, 5 und 6 vorgesehenen Ausnahmen, das ausschließliche Recht zu : a. des regelmäßigen und periodischen Transports von Personen ; b. der Beförderung von Personen durch Extraposten; c. des Transports von verschlossenen Briefen und von Karten mit schriftlichen Mitteilungen (Postkarten); d. des Transports von Zeitungen; e. des Transports von verschlossenen Sendungen aller Art, welche das Gewicht von 5 kg. nicht übersteigen.

Als verschlossen sind alle Gegenstände anzusehen, welche so versiegelt, verschnürt, vernagelt, zugeklebt, zugenäht, mit Schloß versehen oder sonst in ihrem Umschlag verwahrt sind, daß deren Inhalt nicht ohne Aufbrechen, Aufschneiden oder Anwendung von Schlüsseln oder andern Instrumenten herausgenommen werden kann.

Art. 3. Es ist untersagt, einzelne der in Art. 2, litt, c, d und e, erwähnten Gegenstände, welche für verschiedene

629 Personen bestimmt sind, in e i n e Sendung zu vereinigen, werde diese Gesamtsendung mit der Post oder mit einer andern Transportanstalt befördert.

Ausnahmen vom Postregal.

Art. 4. Die in Art. 2 und 3 festgestellten Rechte des Alleintransports der Posten (Postregal) erstrecken sich nicht : a. auf den Transport von Personen mittelst der konzessionierten Transportanstalten; 6. auf das Versenden und Vertragen von verschlossenen Briefen, von Postkarten und von verschlossenen Sendungen bis 5 kg. (Art. 2, litt, c und e) : I. wenn es durch deren Eigentümer selbst oder durch eine von ihm hierzu besonders bestellte Person stattfindet; II. wenn das Versenden und Vertragen aus bloßer Gefälligkeit, somit nicht gegen Bezahlung, erfolgt.

Personen, die im Dienste einer Transportanstalt (Post, Eisenbahn, Dampfschiff etc.) stehen oder die sich aus der Besorgung von Aufträgen für Drittleute oder aus der Besorgung und Bedienung von periodischen Kursen zu P'uß, oder wie immer, ein Gewerbe machen, dürfen in keinem Falle solche Versendung oder Vertragung übernehmen.

Die Sendungen von Briefen und andern regalpflichtigen Gegenständen dürfen im Verkehr zwischen den Verwaltungen verschiedener Bahn- und Dampfbootunternehmungen und zwischen diesen Verwaltungen und ihren Angestellten, sowie zwischen den Dienststellen der Bahn- und Dampfbootunternehmungen unter sich durch das Bahn- oder Schiffspersonal ohne das Mittel der Post stattfinden, wenn die Sendungen den Bahn- oder Schiffsdienst betreffen. Dagegen unterliegen alle andern Sendungen, namentlich alle Korrespondenzen an Behörden, sowie an und von Privatpersonen, dem Postregal.

ßnndesblatt. 46. Jahrg. Bd.

ÏÏ.

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Art. 5. Das Postregal findet ebenfalls nicht Anwendung : a. auf Zeitschriften, welche in der Schweiz oder im Auslande erscheinen; b. auf schweizerische Zeitungen, welche der Verleger durch besonders bestellte Personen oder Organe vertragen, verbreiten oder verkaufen läßt.

Art. 6. Der Bundesrat kann in Bezug auf Botenverbindungen, welche vorzugsweise lokalen oder industriellen Bedürfnissen dienen, unter Festsetzung bestimmter Grenzen weitere Ausnahmen vom Postregal gestatten.

Konzessionen und Kontrolle.

Art. 7. Für die regelmäßige und periodische Beförderung von Personen auf Dampfschiffen, Fuhrwerken u. s. w., sowie für Beförderung von Personen mit Extraposten kann der Bundesrat auf bestimmte Zeit, gegen Entrichtung einer Gebühr, Konzessionen erteilen.

Der Bundesrat setzt im nähern die Bedingungen fest, unter welchen die Konzession erteilt wird.

Art. 8. Dampfschiffe, Luftseilbahnen und andere Transportanstalten mit Motovenbetrieb sind, insbesondere bezüglich ihrer technischen Einrichtungen und ihrer Verkehrsbedingungen, der Kontrolle des Bundes unterstellt.

Bedingungen der Postbeförderung.

Art. 9. Die Unverletzlichkeit des Postgeheimnisses ist gewährleistet (Art. 36, Alinea 4, der Bundesverfassung).

Das Postgeheimnis schließt das unbedingte Verbot in sich, der Post anvertraute Gegenstände zu öffnen, ihrem Inhalte auf irgend eine Weise nachzuforschen, über den Verkehr der einzelnen Personen unter sich Mitteilungen, welcher Art sie auch seien, an Dritte zu machen und jemand Gelegenheit zu geben, das Postgeheimnis zu verletzen.

6'31 Beamte und Angestellte der Postverwaltung, die sich der Verletzung des Postgeheimnisses schuldig machen, unterliegen den Bestimmungen des Bundesstrafgesetzes.

Auf Begehren einer kompetenten Gerichts- oder Polizeibehörde kann die Postverwaltung Einsichtnahme oder Auslieferung von Postsendungen oder Auskunfterteilung über den Postverkehr zwischen bestimmten Personen verfügen.

Art. 10. Es ist verboten, zur Versendung mit der Post aufzugeben : Gegenstände, deren Beförderung mit Gefahr verbunden ist, namentlich alle durch Reibung, Luftzudrang, Druck oder sonst leicht entzündlichen Sachen, sowie ätzende Flüssigkeiten.

Die Postanstalten sind befugt, in Fällen des Verdachts, daß die Sendungen Gegenstände der obigen Art enthalten, vom Aufgeber die Angabe des Inhalts zu verlangen und, falls dieselbe verweigert wird, die Annahme der Sendung abzulehnen.

Diejenigen, welche derartige Sachen unter unrichtiger Angabe oder mit Verschweigung des Inhaltes aufgeben, haben für jeden entstehenden Schaden zu haften und können, ob Schaden erfolgt sei oder nicht, mit einer Buße belegt werden, sofern nicht ihre Handlung in ein größeres Vergehen oder0Verbrechen übergeht.

Art. 11. Die Postanstalt ist nicht verpflichtet, solche Gegenstände zur Beförderung zu übernehmen : a. die leicht zerbrechlich oder selbst bei ordentlicher Behandlung dem Verderben unterworfen sind ; b. die im Transport schwer unterzubringen und zu besorgen sind ; c. die das Postpersonal oder (bei Postwagen) die Reisenden verletzen oder belästigen, oder andere Gegenstände verunreinigen oder sonst beschädigen können;

632 d. die wegen des großen Umfangs oder Gewichts, oder wegen ihrer Beschaffenheit überhaupt, für den Posttransport sich nicht eignen; e. für welche ihre verfügbaren Transportmittel nicht ausreichen.

Art. 12, Die Post ist nicht verpflichtet, offene Sendungen von Lotterieanzeigen aller Art zu befördern, sofern letztere nicht Verlosungen betreffen, welche von einer kompetenten schweizerischen Behörde bewilligt "O" sind.

Art. 13. Der Bundesrat wird in der Posttransportordnung die nähern Bedingungen feststellen, welche für die Benutzung der Post zur Beförderung von Personen und Sachen erfüllt werden müssen.

Art. 14. Der Absender hat das Recht, aufgegebene Postgegenstände zurückzuziehen, oder wegen Auslieferung au einen andern Adressaten oder an einen andern Ort Anweisung zu erteilen. Sobald jedoch die Sendung nach Ankunft am Bestimmungsort dem zuerst bezeichneten Adressaten avisiert oder von diesem die Auslieferung verlangt worden ist, darf einer anderweitigen Verfügung nur mit Zustimmung des letztern entsprochen werden.

Art. 15. Der Bundesrat kann für die Behandlung der Rückforderungsbegehren oder Anweisungen für Weiterleitung (Art. 14), sowie für Nachforschungen nach aufgegebenen Postgegenständen (Reklamationen etc.), eine mäßige Gebühr festsetzen. Die Gebühr für Nachforschung (Reklamation) ist zurückzuerstatten, wenn in Bezug auf die Behandlung der betreffenden Sendung ein Verschulden der Post vorliegt.

Art. 16. Die Taxen und Auslagen haften auf der Postsendung. Wenn ein Gegenstand weder vom Adressaten noch vom Versender gegen Zahlung der darauf haftenden Taxen und Auslagen angenommen wird, so ist die Postverwaltung befugt, den Versender für diesen Betrag zu belangen. Wenn

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die Zahlung nicht auf diese Weise bewirkt wird, so ist die Sendung als unbestellbar (Rebut) zu behandeln. (Siehe Art. 17.)

Art. 17. Die Postgegenstände, welche, aus irgend einem Grunde, weder an den Adressaten bestellt noch dem Versender zurückgegeben werden können, sowie die liegen gebliebenen Passagiereffekten, werden als Rebuts behandelt, und zwar in folgender Weise: a. Über Fahrpostgegenstände, Passagiereffekten und rekommandierte Briefpostgegenstände läßt die Postverwaltung jedes Jahr einmal öffentliche Auskündung ergehen. Wenn trotz dieser letztem eine Übergabe der Sendungen an den Adressaten oder den Aufgeber nicht möglich ist, so werden die Sendungen eröffnet und der Inhalt derselben verwertet.

b. Die gewöhnlichen Briefpostgegenstände werden, ebenfalls einmal per Jahr, durch drei hierzu beauftragte Postbeamte untersucht. Die verschlossenen Briefe werden geöffnet, um festzustellen, ob sie Gegenstände von Wert enthalten und dem Adressaten oder dem Aufgeher eingehändigt werden können. Im weitem dürfen die erwähnten Beamten vom Inhalt der Rebutbriefe nicht Kenntnis nehmen. Wenn die Gegenstände dem Adressaten oder Aufgeber nicht zugestellt werden können, so wird das Wertlose verbrannt, der Wertinhalt aber veräußert.

c. Die gemäß litt, a und b hiervor aus verwerteten Sachen sich ergebenden Erlöse, sowie Geldanweisungsbeträge, welche weder dem Adressaten zugestellt, noch dem Versender zurückgegeben werden können, sind zu Händen des Berechtigten während 5 Jahren bei der Postverwaltung aufzubewahren. Wenn die Beträge innert dieser Frist dem Berechtigten nicht zugestellt werden können, so verfügt über dieselben die Postverwaltung.

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Haftpflicht der Postverwaltung.

Art. 18. Wenn beim Postbetrieb ein Mensch getötet oder körperlich verletzt wird, so ist die Postanstalt für den dadurch entstandenen Schaden in gleicherweise ersatzpflichtig wie die Eisenbahn- und Datnpfschifff'ahrtunternehraungen.

Art. 19. Der Post steht das Rückgriffsrecht gegen denjenigen zu, der den Unfall verschuldet hat.

Art. 20. Wenn nachgewiesen werden kann, daß der Getötete oder Verletzte sieh in unberechtigter Weise mit der Postanstalt in Berührung gebracht hat, so kann kein Schadenersatz im Sinne von Art. 18 gefordert werden, selbst wenn der Unfall auch ohne sein Verschulden eingetreten sein sollte.

Art. 21. Sind bei Gelegenheit der Tötung oder Körperverletzung eines Menschen, für welche die Postverwaltung nach den obigen Bestimmungen verantwortlich ist, und im Zusammenhang mit dem betreffenden Unfall, Sachen, welche der Getötete oder Verletzte unter seiner eigenen Obhut mit sich führte, ganz oder teilweise beschädigt worden oder abhanden gekommen, so ist auch dafür Schadenersatz zu leisten.

Außerdem ist für Abhandenkommen, Zerstörung oder Beschädigung von Sachen, welche der Post weder als Fahrpoststück noch als Reisegepäck anvertraut worden sind, nur Schadenersatz zu leisten, wenn ein Verschulden der Postanstalt nachgewiesen wird.

Art. 22. In den Fällen des Art. 21 ist der Schadenberechnung der zur Zeit des Unfalls vorhandene wirkliche Wert der abhanden gekommenen, zerstörten oder beschädigten Sache zu Grunde zu legen.

Art. 23. Keinen Anspruch auf Entschädigung haben Beamte und Bedienstete der Postverwaltung, sowie Postillone, welchen in betreff des vorgekommenen Ereignisses eine Verschuldung zur Last fällt.

635 Art. 24. Die Postverwaltung wird sich gegen die Folgen der in Art. 18 hier vor enthaltenen Haftpflichtbestimmung versichern, und zwar bei einer oder mehreren Versicherungsgesellschaften oder durch Bildung eines besondern Fonds (Selbstversicherung).

Art. 25. In Bezug auf aufgegebene Postsachen leistet die Postverwaltung in nachstehender Weise Garantie: a. für den Verlust eines rekommandierten Briefpostgegenstandes (welchem ein gerichtlicher Akt oder ein Einzugsmandat gleichgehalten ist) : 50 Franken ; b. für den Verlust eines Fahrpoststückes ohne Wertangabe oder eines -- vorschriftsgemäß aufgegebenen -- Reisegepäckstückes: höchstens Fr. 15 per kg.; c. für den Verlust von Fahrpoststücken mit Wertangabe: den Betrag der Wertdeklaration 5 d. für den Verlust von Geldanweisungsbeträgen und einkassierten Nachnahme- und Einzugsmandatbeträgen: den vollen 'Ersatz; e. für die Beschädigung von Fahrpoststücken mit und ohne Wertdeklaration: Vergütung des wirklichen Schadens, höchstens aber des für den Verlust der ganzen Sendung vorgesehenen Betrags (litt. 6, bezw. c hiervor) ; f. für die Verspätung einer rekommandierten Briefpostsendung, eines gerichtlichen Aktes oder eines Einzugsmandates um mehr als 24 Stunden : 15 Franken ; g. für Verspätung eines Fahrpoststückes oder einer Geldanweisung (vorbehalten Art. 31) um mehr als 24 Stunden: 15 Franken; h. für die Verspätung eines ordnungsgemäß aufgegebenen Reisegepäckstückes um mehr als 24 Stunden bis 48 Stunden : 15 Franken, und für Verspätungen um je weitere 24 Stunden: weitere 15 Franken.

Die Entschädigung darf jedoch den Betrag von 60 Franken nicht übersteigen.

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Art. 26. Abgesehen von den in den litt, a, 6, c und d des vorhergehenden Artikels vorgesehenen Entschädigungen wird die Postverwaltung den Aufgebern die für die verlorenen Gegenstände bezahlten Posttaxen zurückerstatten.

Art. 27. Eine verhältnismäßige Reduktion tritt gegenüber der in Art. 25, litt, c, vorgesehenen Entschädigung ein, wenn die Postverwaltung beweist, daß der Gegenstand zur Zeit des Verlustes einen geringern Wert hatte.

Ist in betrügerischer Absicht zu hoch deklariert worden, so verliert der Absender nicht nur jeden Anspruch auf Schadenersatz, sondern er ist auch nach den Vorschriften der Strafgesetze zu bestrafen.

Art. 28. Die Ersatzleistung kann niemals über den deklarierten Wert hinausgehen, die Rückerstattung der bezahlten Posttaxen (Art. 26) vorbehalten.

Art. 29. Die Angabe der Nachnahme gilt nicht als Wertdeklaration. Falls eine Wertdeklaration nicht beigefügt ist, wird der Gegenstand als ein solcher ohne Wertangabe betrachtet.

Art. 30. Die Entschädigungspflicht für aufgegebene Postsachen (Art. 25) fällt weg: a. wenn die Post freiwillig solche Gegenstände übernimmt, welche sie nach Art. 11 nicht anzunehmen pflichtig ist, und dabei ausdrücklich die Verantwortlichkeit ablehnt; b. wenn die Post nachweist, daß weder sie, noch die von ihr mit der Spedition beauftragte Transportanstalt den Schaden verschuldet hat, oder daß der Schaden außer dem schweizerischen Postgebiet entstanden ist.

Im letztern Falle wird jedoch die Postverwaltung die nötigen Schritte thun, u m , soweit dies ohne Anhebung eines Prozesses möglich ist, dem Aufgeber bei der betreffenden auswärtigen Transportanstalt den gebührenden Ersatz zu verschaffen.

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Art. 31. Für verspätete Ausbezahlung von Geldanweisungen, die in dem Umstand ihren Grund hat, daß die Auszahlungsstelle nicht über die nötige Barschaft verfügte, wird keine Entschädigung geleistet, sofern die Verspätung nicht mehr als fünf Tage beträgt.

Art. 32. Durch die ohne Vorbehalt seitens des Adressaten erfolgte Annahme einer Postsendung erlischt die Haftpflicht der Postverwaltung in Bezug auf Beschädigungen . (Art. 25, litt, e), sofern nicht der Adressat den Beweis leistet, daß die Sendung schon zur Zeit der Ablieferung seitens der Postverwaltung beschädigt war.

Art. 33. Die gemäß Art. 25 bis und mit 28 hiervor zu leistenden Entschädigungen sind dem Berechtigten unverzüglich nach stattgefuadener postamtlicher Konstatierung des Verlustes, der Beschädigung oder Verspätung auszurichten.

Wenn die Ersatzleistung um mehr als 4 Wochen nach der ordentlichen Lieferfrist sich verzögert, so ist vom Ablauf der vierten Woche an gerechnet dem Berechtigten, außer dem Ersatzbetrag, ein Verzugszins zu 5 °/o- per Jahr zu verguten.

Art. 34. Die Reklamation ist in der Regel von seiten des Absenders bei der Poststelle der Aufgabe oder der derselben übergeordneten Kreispostdirektion zu stellen ; indessen ist auch der Adressat zur Forderungsklage insofern berechtigt, als derselbe sich hierzu als Vertreter des Absenders legitimiert. In diesem Fall hat die Reklamation bei der Poststelle des Bestimmungsortes oder bei der betreffenden Kreispostdirektion zu erfolgen.

Art. 35. Alle gegen die Postverwaltung gerichteten Klagen auf Schadenersatz verjähren in Jahresfrist, mit Ausnahme der auf Grund von Art. 18 erhobenen, welche erst nach 2 Jahren verjähren.

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Die Verjährung beginnt im Fall von Tötung oder Verletzung am Tage des Unfalls, in Bezug auf Sachen am Tage der Postaufgabe.

Die Verjährung wird nicht allein durch Anstellung der Klage oder durch den Sühneversuch, sondern auch durch die Anbringung der Reklamation bei einer Postbehörde oder Poststelle unterbrochen, in der Meinung, daß, solange die Reklamation unerledigt bleibt, überhaupt kein Ablauf der Verjährung stattfindet.

Ergeht hierauf eine abschlägige Bescheidung und werden zugleich die der Transportanstalt anvertrauten Beweismittel (z. B. Empfangscheine, Frachtbriefe, Verbalprozesse) behufs wirksamer Anhebung des Prozesses zurückgegeben, so beginnt vom Empfange derselben an eine neue Verjährung der Klage, welche durch eine neue Reklamation gegen jenen Bescheid nicht unterbrochen wird.

Art. 36. Die aus diesem Gesetze hervorgehenden Klagen gegen die Postanstalt werden anhängig gemacht: a. sofern der Streitgegenstand einen Hauptwert von wenigstens Fr. 3000 hat, beim Bundesgerichte ; b. bei geringerem Betrage: bei derjenigen zuständigen kantonalen Gerichtsbehörde, in deren Gebiet die Aufgabepoststelle (bei Sendungen aus dem Auslande die Poststelle der Bestimmung) gelegen ist oder in deren Gebiet der Unfall sich ereignet hat, unter Vorbehalt der Weiterziehung nach Bundes- und kantonalem Recht.

Art. 37. Die Postverwaltung übernimmt, soweit es sich nicht um Sachen handelt, deren Transport sie durch die betreffenden Kurse besorgen läßt, keine Garantie für den Betrieb der von ihr konzessionierten Privatunternehmungen (Dampfschiffe, Fuhrwerke etc.).

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Strafbestimmungen.

Art. 38. Als Verletzungen des Postregals werden betrachtet : 1. die Besorgung des nach Art. 2 hiervor der Postanstalt allein vorbehaltenen Transportes von Personen und Sachen ; 2. das vorschriftswidrige Zusammenpacken von Sendungen an verschiedene Adressaten (Art. 3); 3. die Überschreitung der Konzession (Art. 7); 4. die Verwendung bereits benutzter Wertzeichen, die Beifügung von brieflichen Mitteilungen in Sendungen, welche ermäßigte Taxen genießen (Drucksachen etc.), und überhaupt die absichtliche Umgehung von Posttaxen ; 5. die unbefugte Benutzung der Portofreiheit; 6. das unbefugte Mitfahren in Postwagen ; 7. die Aufgabe von Sendungen verbotenen Inhaltes zur Postbeförderung, sofern nicht die Handlung in ein größeres Vergehen oder Verbrechen übergeht (Art. 10).

Das Nachahmen von bestehenden Postwertzeichen, von Stempeln, Siegeln und Briefeinwürfen, welche für den Postdienst verwendet werden, und der in betrügerischer Absicht stattfindende Gebrauch oder Verkauf solcher nachgeahmter Wertzeichen etc. wird nach den Bestimmungen des Art. 61 des Bundesstrafreehtes bestraft. Die Strafbestimmungen dieses Artikels finden auch Anwendung auf die Nachahmuog von Wertzeichen der Länder des Weltpostvereines, sowie auf den in betrügerischer Absicht stattfindenden Gebrauch oder Verkauf nachgeahmter Wertzeichen dieser Länder.

Art. 39. Die Postregalverletzungen werden mit einer Buße von Fr. l--500 belegt. Im Wiederholungsfall kann die Strafe bis auf Fr. 2000 erhöht werden.

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Art. 40. Die Bußen werden auf administrativem Wege durch das Postdepartement ausgesprochen.

Das Postdepartement ist befugt, seine Strafkompetenz bis zum Betrage von Fr. 100 den unter ihm stehenden Postbehörden zu delegieren.

Art. 41. Wenn sich der Übertreter dem Straferkenntnis nicht unterzieht, so ist der Fall nach Anleitung des Bundesgesetzes betreffend das Verfahren bei Übertretungen fiskalischer und polizeilicher Bundesgesetze vom 30. Juni 1849 durch das Postdepartement dem kompetenten Gerichte zur Beurteilung zu überweisen.

Art. 42. Von allen wirklich bezogenen Bußen kommt ein Dritteil dem Verzeiger zu; den Rest bezieht die Bundeskasse.

Art. 43. Die eidgenössischen Beamten und Bediensteten, sowie die Polizeibehörden der Kantone sind verpflichtet, zur Entdeckung und Verfolgung von Straffällen thätig mitzuwirken.

Die zuständige Kantonalbehörde soil den unerlaubten Postbetrîeb sofort einstellen, und zwar durch Beschlagnahme der Transportmittel.

AusfUhrungsbestimmungen.

Art. 44. Durch gegenwärtiges Gesetz werden das Postregalgesetz vom 2. Juni 1849 (A. S. a, F. I, 98) und der Art. 21 des Posttaxengesetzes vom 26. Juni 1884 (A. 8. n. F.

VII, 584) aufgehoben.

Art. 45. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Also beschlossen vom Nationalrate, B e r n , den 29. März 1894.

Der Präsident: Comtesse.

Der Protokollführer: Ringier.

Also beschlossen vom Ständerate, B e r n , den 5. April 1894.

Der Präsident: Oskar Munzinger.

Der Protokollführer: Schatzmann.

Der schweizerische Bundesrat beschließt: Das vorstehende Bundesgesetz ist zu veröffentlichen.

B e r n , den 8. Mai 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Note. Datum der Publikation: 16. Mai 1894.

Ablauf der Einspruchsfrist: 14. August 1894.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz über das Postregal. (Vom 5. April 1894.)

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1894

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20

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16.05.1894

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627-641

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