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Botschaft.

des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von St-Imier auf den Chasserai.

(Vom 6. Dezember 1894.)

Tit.

Mit Eingabe vom 16. Oktober 1894 reichten die Herren François G e n e u x , Banquier, F. R o t h a c h e r , Architekt, F. W. S m a l l e n b u r g , Ingenieur, und P. G i r o d - G i r a r d , Negotiant, alle wohnhaft in St-Imier, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, ein Konzessionsgesuch ein für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von S t - I m i e r auf den C h a s s e r a i .

Sowohl der allgemeine wie der technische Bericht zu diesem Gesuch und die Beschreibung des Traktionssystems sind von den Konzessionspetenten zu Händen sämtlicher Mitglieder der Bundesversammlung dem Übersichtsplane gedruckt beigegeben worden, so daß wir uns an dieser Stelle auf eine summarische Wiedergabe der dem Projekte zu Grunde liegenden Momente glauben beschränken zu können und im übrigen auf die Vorlage der Petenten zu verweisen uns gestatten.

Die Bahn nimmt ihren Anfang auf dem rechten Ufer der Suze, südlieh von St-Imier, gewinnt mittelst einer durchschnittlichen Steigung von 20 °/o das Plateau von La Baillive, steigt von hier gegen Métairie des Planes auf, erreicht in einer großen Kurve mit Steigungen von 2l und 20 % das Plateau von l'Agace (1430 m. ü. M.), geht hierauf in die Thalsenkung zwischen l'Agace und der Chasseralkette bis auf ungefähr 1380 m. hinab, um von hier wieder aufsteigend die Endstation auf dem Chasserai zu erreichen.

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Die Länge der Bahn beträgt 6774 m., die Maximalsteigung 240 °/oo, der Minirnalradius 75 m., die Höhendifferenz 731 m.

Zwisehenstationen sind auf den Plateaux von La Baillive und Métairie des Planes vorgesehen. Was das Betriebssystem anbetrifft, so sind elektrische Motorwagen vorgesehen, bei denen der Strom durch eine obere Leitschiene zugeführt und durch die Fahrschiene zurückgeleitet würde. Die letztere enthält zwischen zwei Laufflächen eine Zahnstange. Die beiden Räder der Wagen dienen zugleich als Elektromotoren. Die elektrische Kraft soll von der Société des forces électriques de la Goule geliefert werden. Die ganze Bahn würde ein fortlaufendes Gerüst aus Holz oder Eisen bilden.

Der summarische Kostenvoranschlag berechnet für 1 . Allgemeine Kosten u n d Vorstudien . . . . F r . 30,000 2. Bauzinsen, Konzession und Expropriation . . ,, 85,000 3. Aufsicht während des Baues ,, 25,000 4. Ober- und Unterbnu ,, 205,000 5. Hochbau ,, 30,000 6. Mobiliar ,, 5,000 7. Rollmaterial und elektrische Einrichtungen . ,, 120,000 8. Unvorhergesehenes ,, 50,000 Total

Fr. 550,000

oder Fr. 81,180 per Kilomeier der Baulänge.

Die Rentabilitätsberechnung veranschlagt die Betriebseinnahmen auf total Fr. 79,000 und die Betriebsausgaben auf .

^ 50,000 Betriebsüberschuß Nach Verzinsung eines vorgesehenen Obligationenkapitals von Fr. 250,000 à 4 Va % und jährlicher Amortisation mit zusammen

Fr. 29,000 ,,

13,200

ergäbe sich somit ein ßeinertrag von Fr. 15,800 oder 5,3 °/o des Aktienkapitals von Fr. 300,000.

Die Regierung von Bern erhebt keine Einwendungen gegen das Gesuch.

Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden unterm 20 November abhin statt und ergaben allseitige Zustimmung zu nachstehendem Konzessionsentwurf.

Derselbe enthält im allgemeinen die für derartige Specialbahnen üblichen Bestimmungen, mit Ausnahme des Art. 8, welcher in seinem Wortlaute der Eigentümlichkeit des vorgeschlagenen, bei uns bis

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dahin noch nicht angewendeten Systems Rechnung trägt, ohne durch Erwähnung von Einzelheilen die defluiti ve technische Gestaltung dieses Systems zu präjudizieren. Die übrigen Artikel, die Taxbestimmungen Inbegriffen, geben uns zu besondern Bemerkungen nicht Anlaß.

Indem wir Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes empfehlen, benutzen wir den Anlaß, um Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. Dezember 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschlnß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von St-Imier auf den ChasseraL

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren François Geneux und Konsorten in St-Imier vom 16. Oktober 1894; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 6. Dezember 1894, beschließt:

0

Den Herren F r a n ç o i s G e n e u x , Banquier, F. R o t h a c h e r , Architekt, F. W. S m a l l e n b u r g , Ingenieur, und P. G i r o d G i r a r d , Negotiant, alle in St Imier, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von S t - I m i e r auf den C h a s s e r a i unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in St-Imier.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

561 Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen l1/« Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt sein müssen.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit einer Fahrschiene und mit elektrischem Betrieb erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck, von Gütern nur soweit als es die Wageneinrichtung gestattet. Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art, 14. Der Betrieb 'darf im Winter eingestellt werden.

Während der Betriebszeit ist es der Gesellschaft im allgemeinen

562 anheimgestellt, die Zahl der täglichen Zöge und deren Kurszeiten festzusetzen. Immerhin sind alle daherigen Projekte mindestens 14 Tilge vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkte dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus vorn Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen: für die Bergfahrt Fr. 3. 50, für die Thalfahrt Fr. 2. 50, für Hin- und Rückfahrt Fr. 5. --.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 50 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Die Gesellschaft wird nach mit dem Bundesrat zu vereinbarenden Bedingungen Abonnementsbillete ausgeben.

Für die zürn Transport angenommenen Güter dürfen höchstens 45 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Das M i n i m u m der Transport taxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Das Gewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt.

Die Festsetzung der Taxen für die Zwischenstationen bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Die hiervor aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und A h l a d e n der Waren ist Sache der Gesellschaft und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

563 Art. 17. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 18. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr Übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 19. Wenn die ßahnunternehmuhg drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem ßundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Auffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom \. Juli Iö75, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 21. Für die Geltendraachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben.

Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben dieDrittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zubehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

564 e. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem i. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 ] /2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20faehen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch lelztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

· f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 22. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 21 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unier den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 23. Der Bundesrat ist mit dem Vollzüge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

-- -·r-s-OsS-

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Regulativ über

«leu. Veredlungsverkehr.

(Vom 6. Dezember 1894.)

Der schweizerische Bundesrat, gestutzt auf Art. 5 des Bundesgesetzes über das Zollwesen, vom 28. Juni 1893, lautend: Der Bundesrat kann für solche Erzeugnisse, welche zur Veredlung aus dem Auslande vorübergehend in die Schweiz eingeführt oder aus der Schweiz nach dem Auslande gesandt und wieder nach der Schweiz zurückgeführt werden, weitere Ausnahmen im Sinne der Zollermässigung oder der gänzlichen Zollbefreiung bewilligen. Solche Bewilligungen sind jedoch nur zu erteilen, wenn besondere Interessen der Industrie es erfordern und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen, sowie unter der Bedingung, dass die wesentliche Beschaffenheit der Ware durch die Veredlung nicht verändert wird. Die Frist für Wiederausfuhr beziehungsweise Wiedereinfuhr im Veredlungsverkehr darf die Dauer eines Jahres nicht übersteigen.

Der Bundesrat wird auch die nähern Bestimmungen über den Veredlungsverkehr erlassen; auf den Antrag seines Zolldepartements, beschließt:

Art. 1.

Der Veredlungsverkehr*) zerfällt: I. in den a k t i v e n Veredlungsver k e h r , und zwar: a. in den T r a n s i t - V e r e d l u n g s v e r k e h r (admission temporaire) : Veredlung ausländischer Waren in *) Veredlungsverkehr in der Grenzzone (Grenzverkehr), siehe Art. 2, III.

Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. IV.

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566 der Schweiz und Wiederausfuhr der veredelten Ware nach einem andern ala dem Herkunftsl a n d e; b. in den übrigen a k t i v e n V e r e d l u n g s v e r k e h r : Veredlung in der Schweiz und Rückkehr der veredelten Ware i n d a s L a n d d e r H e r k u n f t ; II. in den p a s s i v e n V e r e d l u n g s v e r k e h r : zollfreie Wiedereinfuhr von Waren, die behufs Veredlung aus der Schweiz nach dem Auslande gesandt werden.

Art. 2.

Unter Vorbehalt 1. der Bestimmungen von Art. 5 des Gesetzes (s. oben), 2. allfälliger Bestimmungen von Handelsverträgen, Specialkonventionen etc., 3. der Kontrollmaßregeln, welche vorgesehen sind für die Feststellung der Identität der zur Veredlung bestimmten bezw. veredelten Ware (s. Anhang, Ziffer IV), werden bis auf weiteres als zulässig erklärt die nachstehend verzeichneten Veredlungsarbeiten an den ebenfalls näher bezeichneten Waren und Warengattungen : I a. Im Transitveredlungsverkehr (admission temporaire) : Ì. Zum B e s t i c k e n , Inbegriffen alle damit verbundenen Operationen, sowie die Ausrüstung : Von Baumwollgeweben : Baumwollflanellette, Baumwollsammet und Madapolam ; Leinengewebe, Garnnummer über Nr. 80; Seiden- und Halbseidengewebe, exklusive Crêpe lisse, Crêpe de Chine und Mousseline de soie; Von Wollgeweben : Wollkaschmir; Mouchoirs, baumwollene, seidene und halbseidene, leinene : am Stück oder zerschnitten.

567 2. Zum W a s c h e n , S e n g e n ( G a s i e r e n , F l a m m e n ) , Rasieren (Scheren), Rauhen (Kratzen), Walken, A u f s c h n e i d e n zu Plüsch, Bleichen, T r o c k n e n , Mangen, Degrai ssieren, Reinigen, Sortieren, Abkochen (Decreusieren), A u s k o c h e n , D ä m p f e n , A n i m a l i sieren, Färben, Chargieren, Souplieren, Umfärben, Bedrucken, Wieder bedrucken, W i n d e n , Haspeln, Appretieren (Stärken, P o u s s i e r e n [Scheuern, Reiben], Cylindrieren, Lissieren, K a l a n d e r n , Roulieren, [Aufrollen], Pressen, Moirieren, Gauff r i e r e n , etc.), A u s r ü s t e n ( D e k o r i e r e n , D o rieren, Ausschneiden, Zerschneiden, Säumen, D e k a t i e r e n , A u f m a c h e n i n S t ü c k e etc.), I m p r ä g n i e r e n etc.: Baumwolle; Baumwollgarne; Baumwollsatin und -satinette: roh, glatt; Baumwolldamast aller Art und Dimitys : roh ; Seide und Floretseide, inklusive Tussahseide: roh und gefärbt; Seiden- und Halbseidenbänder ; Seiden- und Halbseidengewebe, inklusive Mouchoirs; Wollgarne; Woll- und Halbwollgewebe; Stroh und Strohgeflechte, Bast etc.

3. Zum H o h l s ä u m e n : Leinengewebe: roh.

4. Zum B e d r u c k e n und Hohlsäumen: Leinengewebe : gebleicht.

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I b. Im übrigen aktiven Veredlungsverkehr : 1. S ä m t l i c h e u n t e r I a a u f g e f ü h r t e n V e r e d lungsarbeiten für die d o r t g e n a n n t e n W a r e n u n d W a r e n g a t t u n g e n ; ferner: 2. Zum B e s t i c k e n , Inbegriffen alle damit verbundenen Operationen, sowie die Ausrüstung : Von Baumwollgeweben : Piques, Zephir, Indienne, Printer! Hollandette, Drill und Satin zu Korsetten, gesäumte Baumwoll-Mouchoirs : roh.

Alle Baumwollgewebe: gebleicht, buntgewebt, gefärbt, bedruckt; Leinengewebe; Woll- und Halbwollgewebe.

3. Zum W a s c h e n , Sengen (Gasieren, Flammen), Rasieren (Scheren), Rauhen (Kratzen), W a l k e n , A u f s c h n e i d e n z u Plüsch, B l e i c h e n , T r o c k n e n , Mangen, Degraissieren, Reinigen, Sortieren, Z u p f e n , Kämm eIn, Abkochen ( D e c r e u s i e r e n ) , A u s k o c h e n , D ä m p f e n , Anim a l i s i er en, F ä r b e n , C h a r g i e r e n , Soup lieren, U m f ä r b e n , B e d r u c k e n , W i e d e rb e d r u c k e n , Winden, Haspeln, Appretieren (Stärken, P o l i s s i e r e n [Scheuern, Reiben], Cylindrieren, Lissieren, Kalandern, Roulieren [Aufrollen], Pressen, M o i r i e r e n , G a u f f r i e r e n etc.). A u s r ü s t e n ( D e k o r i e r e n , D o r i e r e n , A u s s c h n e i d e n , Z e r s c h n e i d e n , Säumen, Besetzen, Dekatieren, Aufmachen in . S t ü c k e etc.), I m p r ä g n i e r e n etc.: Textile Rohstoffe aller Art; Pferdehaare etc.; Garne aller Art; Gewebe aller Art; Wirkwaren ; Stickereien ; Leder.

569 4. Zum K o n t r o l l i e r e n , O x y d i e r e n , G r a v i e r e n , D e k o r i e r e n , P o l i e r e n , V e r g o l d e n , Reglieren, Fertigstellen, Fertigmontieren, Auf f r i s c h en: Vorgearbeitete Teile von Taschenuhren; Fertige Uhrwerke ; Uhrengehäuse und Uhren.

5. Zum A b s c h l e i f e n und Ä t z e n : Spiegelglas.

6. Zum S ä g e n , D r e h e n , S c h n i t z e n , B e s c h l a g e n , Bemalen, Lackieren, Vergolden, Polieren, Zusammensetzen, Einsetzen von Musikwerken, Stempeln, Wiederbedecken: Holzwaren aller Art und Möbel ; Spielwaren ; Personenfuhrwerke.

7. Zum G r a v i e r e n , F e r t i g s t e l l e n : Kupferplatten, gestochene ; Druckwalzen.

8. Zum A b s c h l e i f e n , Schärfen, Ü b e r z i e h e n m i t K a u t s c h u k oder P o r z e 11 a n : Maschinenteile; Mühlenwalzen.

9. ZumZ e r s c h n e i d e n , A b g i e ß e n , B i e g e n , B o h r e n , G e w i n d sch n e i d en , L o c h e n , S t a n zen, A b d r e h e n , A b s c h n e i d e n , B e b a u e n , Façonnieren, G l ü h e n , S c h l e i f e n , P o l i e r e n , Verzinnen, Verkupfern, Vernickeln, Bemalen, Lackieren, Montieren: Eisenbahnschienen ; Eisenblech ; Eisendraht; Eisengußwaren ;

570 Eisenröhren ; Schmiedeisenwaren ; Messerschmiedwaren ; Kupfer, gewalzt etc.; Kupferschmied waren.

10. Zum G r a v i e r e n , Z e i c h n e n , P o l i e r e n , Fertig-

st e 11 e n : Lithographiesteine ; Steinhauerarbeiten ; Marmor; Marmorarbeiten.

11. Zum G e r b e n , F ä r b e n , Z u r i c h t e n , R e i n i g en: Häute und Felle, roh; Sattler- und Kürschnerfelle.

12. Zum S e h n e i d e n und L o c h e n : Karton für Jacquardkarten.

II. Im passiven Veredlungsverkehr: S ä m t l i c h e u n t e r la u n d l b n a m h a f t g e m a c h t e n V e r e d l u n g s a r b e i t e n , unter Vorbehalt der Reeiprooität und allfälliger Bestimmungen von Handelsverträgen, Specialkonventionen etc.

m. Im Grenzverkehr: S ä m t l i c h e u n t e r l a u n d 16 n a m h a f t g e m a c h t e n V e r e d l u n g s a r b e i t e n , unter Vorbehalt der Reciprocität und allfälliger Bestimmungen von Handelsverträgen, Specialkonventionen etc.; .

ferner: Knochen, Kleie, Glätte, Farbholz, Galläpfel, Gerberrinde: z u m S t a m p f e n , M a h l e n ; Nutzholz, roh, Bretter: zum S ä g e n , S c h n e i d e n , Hobeln, Stampfen; Ölsamen, Nüsse: zum Ö l e n ;

571

Obst, frisches: zum P r e s s e n ; Sohlenleder: zum K l o p f e n ; Bücher, gedruckte: zum E i n b i n d e n ; Marmor in Blöcken: zum S ä g e n ; Fische, gesalzen : zum R'ä u c h e r n ; Getreide, Hülsenfrüchte: zum D r e s c h e n , S c h r o ten, M a h l e n ; Mehl: zum B a c k e n ; Hartkäse: zum S a l z e n ; Packpapier, Druck- und Schreibpapier, Enveloppen, Etiketten, Formulare etc.: zum Z e r s c h n e i d e n , A. u fkleben, F a l z e n , A b z ä h l e n , E i n b i n d e n , Satinieren, B e d r u c k e n , L i t h o g r a p h i e r e n , Se h w a r z r ä n d e r n , Ü b e r s c h r e i b e n , zur F a b r i k a t i o n v o n D ü t e n , C o u v e r t s etc.; Spindelhülsen: zum A u f w i n d e n ; Hanf, Leinen etc., roh: zum R ei b e n , S p i n n e n , zu Seiler waren; Baumwoll-, Leinen-, Wollgewebe, Wirkwaren: zur K o n f e k t i o n , unter Ausschluß der Handelsware.

Art. 3.

Behufs Erwirkung der Zollbefreiung, beziehungsweise Zollermäßigung für Waren, welche zur V e r e d l u n g aus dem A u s l a n d e n a c h d e r S c h w e i z verbracht werden, um nach erfolgter Veredlung zur Wiederausfuhr nach dem Auslande zu gelangen, sowie für solche, welche zum gleichen Zwecke a u s d e r S c h w e i z n a c h d e m A u s l a n d e ausgeführt werden, um in veredeltem Zustande wieder nach der Schweiz zurückzukehren, bedarf es einer Bewilligung der schweizerischen Oberzolldirektion, beziehungsweise des Zolldepartements, zur Freipaßabfertigung. Bezügliche Gesuche sind durch Vermittlung der zuständigen Zollgebietsdirektion einzureichen. ·

572 Jede von der kompetenten Oberbehörde für eine Verkehrsart erteilte Bewilligung ist für die betreffende Firma bis zum Widerruf gültig.

Art. 4.

Im Veredlungsverkehr werden Freipässe mit Frist bis auf 12 Monate ausgestellt. Vorbehalten bleiben allfällige Handelsvertragsstipulationen (s. Anhang).

Art. 5.

Den Gesuchen um Freipaßabfertigung im Veredlungsverkehr für Garne, Bänder und Gewebe haben die betreffenden Firmen Muster der Ware mit genauer technischer Bezeichnung (der Gewebeart etc.) beizulegen. Die Größe dieser Muster ist bestimmt: für Garne je ein Strängchen von mindestens 50 g., für Bänder je Stücke von 0,5 bis l m. Länge, für Gewebe Abschnitte von je mindestens 400 cm 2 .

Art. 6.

Betreffend Feststellung der Identität von Waren, welche im Veredlungsverkehr ein- und ausgehen, wird einerseits auf die vertraglichen Bestimmungen (s. Anhang, Ziff. IV) und anderseits auf die autonom von der schweizerischen Zollverwaltung aufgestellten Kontrollvorschriften der Vollziehungsverordnung zum Zollgesetz hingewiesen. Die schweizerische Zollverwaltung behält sich vor, bei neuen Veredlungsverkehrsarbeiten, welche allfällig zukünftig als zulässig erklärt werden sollten, in jedem einzelnen Falle die ihr erforderlich scheinenden Kontroll maßregeln festzusetzen.

Art. 7.

Die zuständige Zollbehörde nimmt jedes Jahr eine Prüfung sämtlicher Freipaßbewilligungen vor, zu der sie am Veredlungsverkehr beteiligte und nicht beteiligte Sachverständige zuzieht.

573 Art. 8.

Das gegenwärtige Regulativ tritt mit dem 1. Januar 1895 in Kraft.

Der Bundesrat behält sich vor, dasselbe je nach den Erfordernissen des Verkehrs abzuändern oder zu ergänzen, insoweit nicht Bestimmungen von Handelsverträgen, Specialkonventionen etc. entgegenstehen.

B e r n , den 6. Dezember 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

574 Anhang.

Vertragliche Bestimmungen über den Veredlungsverkehr.

i.

-Aoiszug aus

dem Handels- und Zollvertrag mit Deutschland, vom 10. Dezember 1891.

Art. 6.

Zur Regelung des Verkehrs zum Zwecke der Veredlung oder Ausbesserung von Waren zwischen den Gebieten der vertragschließenden Teile wird festgesetzt, daß bei der Einfuhr in das Veredlungsland und bei der Rückkehr aus demselben von Eingangs- und Ausgangsabgaben befreit bleiben: a. Gewebe und Garne, welche zürn Waschen, Bleichen, Färben, Walken, Appretieren, Bedrucken und Sticken, sowie Garne, welche zum Stricken und Zwirnen, b. Gespinste (einschließlich der erforderlichen Zuthaten), welche zur Herstellung von Spitzen und Posamentierwaren, c. Garne in gescherten (auch geschlichteten) Ketten, nebst dem erforderlichen Schußgarn, welche zur Herstellung von Geweben,

575 d. Seide, welche zum Färben oder Umfärben, e. Häute und Pelle, welche zur Leder- und Pelzwerkbereitung, f. Gegenstände, welche zum Lackieren, Polieren und Bemalen in das andere Gebiet ausgeführt worden sind ; g. sonstige zur Ausbesserung, Bearbeitung oder Veredlung bestimmte, in das andere Gebiet gebrachte und nach Erreichung jenes Zweckes unter Beobachtung der deshalb getroffenen besondern Vorschriften zurückgeführte Gegenstände, wenn die wesentliche Beschaffenheit und die Benennung derselben unverändert bleibt, und zwar in allen diesen Fällen, sofern die Identität der aus- und wieder eingeführten Waren und Gegenstände außer Zweifel ist.

Außerdem kann bei Garnen und Geweben die Zonfreiheit von dem Nachweis der einheimischen Erzeugung der zur Veredlung ausgeführten Waren abhängig gemacht werden, Seide zum Färben oder Umfärben ausgenommen, für welche dieser Nachweis nicht verlangt wird.

Schlußprotokoll.

V. B. Über die Krontrollmaßregeln, welche zum Schutze gegen Mißbrauch beiderseitig in Anwendung kommen sollen, wird Verständigung vorbehalten. Dieselben werden auf das geringste mit dem bezeichneten Zweck vereinbare Maß beschränkt und demgemäß im wesentlichen innerhalb derjenigen Grenzen gehalten werden, welche durch die in Anlage C zum Vertrage enthaltenen Bestimmungen über die Behandlung des grenznachbarlichen Verkehrs (§ 3) in Aussicht genommen worden sind ; sodann sind dabei folgende Bestimmungen zu beachten :

57fi 1. Die Abfertigung der bezeichneten Gegenstände, für welche auf Grund der Artikel 5 und 6 eine Zollbefreiung in Anspruch genommen wird, kann auch bei Zollstellen im Innern stattfinden.

2. Gewichtsdifferenzen, welche durch Ausbesserungen, durch die Bearbeitung oder Veredlung der Gegenstände entstehen, sollen in billiger Weise berücksichtigt werden und geringere Differenzen eine Abgabenentrichtung nicht zur Folge haben.

C. Unter Garnen und Geweben einheimischer Erzeugung^ werden die im Versendungslande selbst gesponnenen Garne und gewebten Gewebe, dann solche Garne und Gewebe verstanden, welche zwar im rohen Zustande aus dem Auslande eingeführt und nach zollHmtlicher Behandlung in den freien Verkehr gesetzt wurden, jedoch im Versendungslande gebleicht, oder gefärbt, oder bedruckt, oder gesengt, oder appretiert, oder bestickt, oder mit Dessins versehen worden sind, um dann einer weitern Bearbeitung oder Verarbeitung im Veredlungslande zugeführt zu werden.

Zum Nachweise der einheimischen Erzeugung dient ein an der Ware anzubringender Fabrikstempel, beziehungsweise eine Bescheinigung des inländischen Erzeugers der Ware.

D. Die zur Wahrung der Identität der aus- und wieder eingeführten, beziehungsweise der ein- und wieder ausgeführten Gegenstände amtlich angelegten Erkennungszeichen (Stempel, Siegel, Plomben etc.) sollen gegenseitig geachtet werden, und zwar in dem Sinne, daß die von einer Zollbehörde des einen Gebietes angelegten Erkennungszeichen in dem andern Gebiete zum Beweise der Identität ebenfalls dienen können, jedoch mit der Beschränkung, daß beiderseits den Zollbehörden das Recht zusteht, weitere Erkennungszeichen anzulegen.

E. In den Fällen von Artikel 6 sind im deutschen Zollgebiete und in der Schweiz nur die von den Direktivbehörden

577

dazu bezeichneten Zollstellen zur Erteilung der Abfertigung befugt.

F. Für die in dem Artikel 6, litt, a bis g, vorgesehene zollfreie Wiedereinfuhr ist eine Frist von 6 Monaten zu gewähren. Bei nachgewiesenem Bedürfnis ist diese Frist auf 12 Monate zu verlängern.

Diese letztere Frist, vom Tage der Ausfuhr an berechnet, soll, wenn nicht besondere Bedenken entgegenstehen, auf Antrag der Beteiligten für die zollfreie Wiedereinfuhr derjenigen Waren bewilligt werden, welche zur Zeit des Ablaufs des gegenwärtigen Vertrages zum Zweck der Veredlung noch im Gebiete des andern der vertragschließenden Teile sich befinden.

VI. Die Abfertigungen werden durchaus gebührenfrei erfolgen.

Anlage C.

§ 2. Von Eingangs- und Ausgangsabgabeu bleiben befreit : 3. Waren oder Gegenstände, welche im gewöhnlichen kleinen Grenzverkehr entweder zur Veredlung, namentlich zum Bedrucken, Bleichen, Färben, Gerben, Spinnen, Weben u. s. w., oder zur handwerksmäßigen Verarbeitung oder Ausbesserung aus dem einen Gebiete in das andere ausgehen und nachher veredelt, verarbeitet oder ausgebessert wieder eingehen.

§ 3. Zum Schutze gegen Mißbrauch werden die erforderlichen Kontrollmaßregeln beiderseitig zur Anwendung kommen. Doch ist dabei verstanden, daß dieselben auf das geringste, mit dem bezeichneten Zweck vereinbare Maß beschränkt, und daß jedenfalls nicht mehr gefordert werden soll, als daß 1. die fraglichen Gegenstände bei der Einfuhr beziehungsweise Ausfuhr an einer Grenzzollstelle behufs vor-

578 merklicher Behandlung nach Gattung und Menge angemeldet, zur Festhaltung der Identität, wo es angeht, bezeichnet und nachher bei der Wiederausfuhr beziehungsweise Wiedereinfuhr der nämlichen Zollstelle wieder vorgeführt werden, und daß 2. die Wiederausfuhr beziehungsweise Wiedereinfuhr innerhalb einer bestimmten, von der Grenzzollstelle angesetzten Frist stattfinde.

Zur Forderung einer Kaution sind die Grenzzollstellen berechtigt; doch soll dieselbe den einfachen Zollbetrag nicht übersteigen. Über die nähere Ausführung in betreff dieser Kontrollmaßregeln soll, soweit nötig, eine Übereinkunft abgeschlossen werden.

5T9

II.

Auszug dem Handelsvertrag mit Österreich-Ungarn, vom 10. Dezember 1891,

Art. 4. Zur Erleichterung des besonderen Verkehres, welcher sich zwischen den beiden Nachbarländern und insbesondere zwischen ihren Grenzdistrikten entwickelt hat, wird gegen Verpflichtung der Rückfuhr und unter Beobachtung der Zollvorschriften, welche die beiden Teile im gemeinsamen Einverständnisse festzustellen für gut finden werden, die zeitweilig zollfreie Ein- und Ausfuhr zugestanden : c. für Glocken und Lettern zum Urngießen, für Stroh zum Flechten, Wachs zum Bleichen, für Seidenabfälle zum Hecheln (Kämmen); für Häute und Felle aus dem Engadin, Samnaunerund Münsteiihal zum Gerben auf österreichischem Gebiete.

Das Gewicht wird mit Rücksicht auf den natürlichen oder gesetzlichen Verarbeitungsschwund festgehalten.

Was den Stickereiveredlungsverkehr anbelangt, so ist derselbe für das Land Vorarlberg und das Fürstentum Liechtenstein für die Dauer des gegenwärtigen Vertrages

580 neuerdings gewährleistet. Unter diesen Stickerei-Veredlungsverkehr fällt lediglich die in Vorarlberg und dem Fürstentume Liechtenstein selbst veredelte Ware.

Zu diesem Stickerei-Veredlungsverkehre sind die in der Schweiz, Vorarlberg oder Liechtenstein etablierten oder ansässigen Geschäftshäuser und Personen unter den gleichen Bedingungen zugelassen, und es begründet insbesondere auch hinsichtlich der Zulassung zu den zollamtlichen Deklarationen der Umstand keinen Unterschied, ob die betreffenden Personen Angehörige des einen oder des anderen vertragschließenden Teiles seien, und ob dieselben als VollmachtPräger von Auftraggebern in der Schweiz, Vorarlberg oder Liechtenstein handeln.

Unverwendet zurückkehrendes, aus der Schweiz im Stickerei -Veredlungs verkehr zum Versticken ausgeführtes Garn wird von den schweizerischen Zollämtern zollfrei wieder «ingelassen werden. Separate Nachbeuüge von Garn zum Sticken sind im Bedürfnisfalle beiderseits zollfrei gestattet.

Ganze oder halbe Sticketen (Coupons), welche wegen fehlerhafter Ausführung nochmals nach Vorarlberg oder Liechtenstein zum Nachsticken versendet werden, sollen vom Stickerei-Veredlungsverkehre nicht ausgeschlossen sein.

Die itn Stickerei-Veredlungsverkehr ein- und wieder ausgeführten, zu den Stickstücken gehörenden Stickmusterblätter (KartonsJ werden beiderseits zollfrei abgefertigt werden.

Znsatzartikel.

Um dem Handel der Grenzgebiete jene Erleichterungen zu gewähren, welche die Bedürfnisse des täglichen Verkehres erfordern, sind die vertragschließenden Teile übereingekommen, wie folgt: 3. Gegen Verpflichtung der Rückfuhr und unter Beobachtung der Zollvorschriften, welche die beiderseitigen Re-

581 gierungen im gemeinsamen Einverständnisse festzustellen für gut finden werden, wird die zeitweilig vollständig zollfreie Ein- und Ausfuhr zugestanden für: Holz, Lohe (Rinde), Getreide, Ölsatnen, Hanf, Lein und andere dergleichen landwirtschaftliche Gegenstände, welche zum Mahlen, Schneiden, Stampfen, Reiben u. s. w. aus dem einen Zollgebiete in das andere gebracht und gemahlen, geschnitten, gestampft, gerieben u. s. w. in das erste Zollgebiet zurückgeführt werden.

5. Die unter 3 zugestandenen Begünstigungen sind jedoch auf die Bewohner und Erzeugnisse einer Zone längs der Grenze beschränkt, welche in der Schweiz sich bis auf 10 Kilometer von der Grenze erstreckt, in Österreich und Liechtenstein den Grenzbezirk umfaßt.

Man ist einverstanden, daß das ganze Münsterthal, einschließlich der Gemeinde Cierfs, als Grenzzone zu betrachten ist.

Die vertragschließenden Teile werden sich über Maßregeln verständigen, gegen deren Beobachtung -- in gewissen Gegenden, wo dies notwendig befunden wird -- solchen Gegenständen, welche in der Schweiz und in Österreich-Ungarn sowohl in der Ein- als Ausfuhr zollfrei sind, der Grenzübertritt außer den Zollstraßen von Fall zu Fall gestattet werden kann.

Schlußprotokoll.

Zum Artikel 4.

Man ist übereiügekommen, daß die Verständigung über die Bedingungen und Förmlichkeiten, unter denen die im Art. 4 gedachten Verkehrserleichterungen eintreten, durch direkte Korrespondenz zwischen den beteiligten Regierungen hergestellt werde: es sollen dabei, unbeschadet weitereehender autonomer Erleichterungen, die nachstehenden Grundsätze leitend sein.

~

*

Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. IV.

i

O

38

582

§ 1. Die Gegenstände, für welche eine Zollbefreiung in Anspruch genommen wird, müssen bei den Zollstellen nach Gattung and Menge augemeldet und zur Revision gestellt werden.

§ 2. Die Abfertigung der ausgeführten und wieder eingeführten, beziehungsweise der eingeführten und wieder ausgeführten Gegenstände muß bei denselben Zollstellen erfolgen, mögen diese an der Grenze oder im Innern sich befinden.

§ 3. Es kann die Wiederausfuhr und Wiedereinfuhr an die Beobachtung angemessener Fristen geknüpft und die Erhebung der gesetzlichen Abgaben dann verfügt werden, wenn diese Fristen unbeachtet bleiben.

§ 4. Es ist gestattet, eine Sicherung der Abgaben durch Hinterlegung des Betrages derselben oder in anderer entsprechender Weise zu verlangen.

§ 5. Gewichtsdifferenzen, welche durch Reparaturen oder durch die Bearbeitung der Gegenstände entstehen, sollen in billiger Weise berücksichtigt werden und geringe Differenzen eine Abgabenentrichtung nicht zur Folge haben.

§ 6. Es wird beiderseits für eine möglichst erleichterte Zollabfertigung Sorge getragen werden.

583

in.

.Ajusz-ug aus

dem Handelsvertrag mit Italien, vom 19. April 1892.

Art. 11. Gegen Verpflichtung der Rückfuhr und unter Beobachtung der Vorschriften, welche Italien aufzustellen für nützlich erachtet, wird die zeitweilig zollfreie Ein- und Ausfuhr zugestanden für rohe Baumwollgewebe, welche aus der Schweiz in Italien zum Bedrucken eingeführt und in bedrucktem Zustande wieder zurückgeführt werden.

584

IV.

.A-uszug aus

den Bestimmungen zur Ausführung des Artikels 5 des zwischen der Schweiz und dem deutschen Zoll- und Handelsverein unterm 13. Mai 1869 abgeschlossenen Zoll- und Handelsvertrages, zu Nr. 2 bis 7, und der Verabredung V. B. des dazu gehörigen Schlussprotokolls. *) (Vom 27. August 1869.)**)

Artikel IV.

(Zu Artikel 5, Nr. 5, des Vertrags.)

Auch in dem Falle, in welchem Glocken und Lettern zum Umgießen, Stroh zum Flechten, Wachs zum Bleichen, Seidenabfalle zum Hecheln (Kämmein) aus dem einen Gebiete in das andere mit dem Ansprüche auf Zollfreiheit bei ihrem Wiederein-, beziehungsweise Wiederausgange gehen, kommen im allgemeinen die Bestimmungen im Artikel I, doch mit folgenden Maßnahmen, in Anwendung: 1. Bei der Anmeldung sind neben Gattung und Menge auch die Art der Bearbeitung, welche die Gegenstände erfahren sollen, sowie auf Erfordern der Ort und die Fabrikstätte, wo die Bearbeitung erfolgen soll, anzugeben.

*) A. S. IX, 1034.

**) Gemäß Handelsvertrag mit Deutschland vom 10. Dezember 1891 auch fernerhin gültig.

585

2. Bei der Abfertigung werden Gattung und durch Verwiegung das Nettogewicht und außerdem noch beim Eingange das Bruttogewicht bei Lettern und Wachs amtlich festgestellt und auf dem Vormerkschein (Freipaß) vermerkt.

3. Hinsichtlich der Frist zum Wiederein-, beziehungsweise Wiederausgange gilt das im Artikel I Bestimmte.

4. Beim Wiederaus-, beziehungsweise Wieder eingange sind die Gegenstände nach ihrem Nettogewichte und ihrer Gattung anzumelden, und bei der Abfertigung findet Prüfung des Gewichts durch Verwiegung statt.

Stimmt hierbei das so ermittelte Gewicht mit dem beim Ein-, beziehungsweise Ausgange amtlich festgestellten überein, ist die Ware ohne Zollerhebung abzulassen. Geringe Gewichtsdifferenzen bleiben außer Betracht, bei größeren Gewichtsunterschieden tritt Verzollung ein.

Artikel V.

Hinsichtlich des Verkehrs mit den im Artikel 5, Nr. 6, des Vertrags bezeichneten Gegenständen gelten folgende Bestimmungen :

51.

A. Bezüglich der zum Waschen, Bleichen, Walken, Appretieren, Bedrucken oder Färben versendeten Gewebe.

Wer Gewebe zum Waschen, Bleichen, Walken, Appretieren, Bedrucken oder Färben mit dem Ansprüche, sie in dem so verarbeiteten Zustande demnächst wieder zollfrei einführen zu dürfen, in das jenseitige Zollgebiet versenden will, muß darüber dem betreffenden Zoll- oder Steueramte eine Deklaration in zwei gleichlautenden Exemplaren einreichen und darin angeben: i. Stückzahl und Nettogewicht der Gewebe, sowie deren Gattung, sowohl nach der tarifmäßigen, als nach der

586

2.

3.

4.

5.

6.

speciellen, im gewöhnlichen Verkehre üblichen Benennung.

Die Art der Veredlung oder Bearbeitung, welche sie erfahren sollen.

Das Amt, über welches die Ausfuhr erfolgen soll.

Die Frist, welche für die Wiedereinfuhr der Gewebe in Anspruch genommen wird.

Welche Art der zur Festhaltung der Identität der Ware erforderlichen amtlichen Bezeichnung derselben mittelst Stempel-, beziehungsweise Siegelaufdrucks, oder mittelst Anlegung von Plomben gewünscht wird, sowie das Amt, bei welchem die zollfreie Wiedereinlassung der bearbeiteten Gewebe in Anspruch genommen wird.

§ 2.

Die für die zollfreie Wiedereinfuhr beantragte Frist ist, wenn nicht besondere Bedenken entgegenstehen, unverkürzt zu bewilligen, doch darf sie ohne besondere Genehmigung der Direktivbehörde 12 Monate nicht überschreiten.

§ 3.

1. Bei der demnächst stattfindenden Abfertigung der Gewebe wird die Gattung, Stückzahl und das Nettogewicht derselben festgestellt und jedes Stück an beiden Enden bezeichnet.

Das Geschehene ist auf beiden Exemplaren der Deklaration zu vermerken.

2. Hierauf werden die Gewebe unter amtlicher Aufsicht verpackt und, wenn die Abfertigungsstelle zugleich das Ausgangsamt ist, ausgeführt; bis zum erfolgten Ausgange, welcher auf beiden Exemplaren der Deklaration zu bescheinigen ist, bleiben die Waren unausgesetzt unter Kontrolle der Zollbehörde.

587

Soll das Gewebe über ein anderes Amt ausgehen, so werden die Kolli mit den unter amtlicher Aufsicht verpackten Geweben unter amtlichen Verschluß gesetzt, das Bruttogewicht eines jeden Kollo ermittelt und dieses mit dem Zeichen des Kollo unter Angabe des bewirkten amtlichen Verschlusses in beide Exemplare der Deklaration eingetragen ; hiernächst Ubergiebt die Abfertigungsstelle die so versicherten Waren dem Deklaranten. Diesem bleibt überlassen, vor dem Austritte der Güter solche dem bezeichneten Grenzausgangsamte vorzuführen und sieh den richtigen Ausgang derselben auf seiner Deklaration bescheinigen zu lassen.

3. Das eine Exemplar der Deklaration erhält der Deklarant zu seinem Ausweise, und es vertritt dieses die Stelle eines Vormerkscheins (Freipasses); das andere Exemplar wird, wenn die Wiedereinfuhr über dasselbe Amt erfolgen soll, bei dem Abfertigungsamte zurückbehalten, andernfalls von dem Abfertigungsamte demjenigen Amte übersendet, bei welchem die zollfreie Wiedereinfuhr der bearbeiteten Gewebe in Anspruch genommen wird. Im letztern Falle hat Oeklarant dem Abfertigungsamte noch eine Abschrift der Deklaration einzureichen, welches diese zu beglaubigen hat und als Registerbeleg behält.

§ 4.

Die schließliche Eingangsabfertigung der mit dem Anspruch auf zollfreie Wiederausfuhr zur Verarbeitung in das andere Gebiet eingehenden Gewebe kann bei einer dazu befugten Zollstelle an der Grenze oder im Innern erfolgen.

Auf letztere wird eintretendenfalls die Ware vom Grenzamte unter Begleitscheinkontrolle nach den dafür in jedem Gebiete bestehenden Vorschriften abgefertigt.

§ 5.

Behufs der schließlichen Eingangsabfertigung hat der Empfänger der betreffenden Zollstelle (§ 4) eine schriftliche

588

Deklaration in zwei gleichlautenden Exemplaren einzureichen und in dieser die im § l unter l und 2 bezeichneten Angaben zu machen, ferner darin anzugeben die Frist, welche für die zollfreie Wiederausfuhr der Gewebe in Anspruch genommen wird, sowie, ob er die Identitätsbezeichnungen des Versendungsamtes für ausreichend erachtet oder eine weitere Bezeichnung der Ware wünscht.

Das Abfertigungsamt stellt sodann auf Grund der Deklaration die Gattung der Ware und durch Zählung und Verwiegung deren Stückzahl und Gewicht fest, und bestimmt die Wiederausgangsfrist und das Nähere über die Identitätsbezeichnungen.

Anlangend die Frist, so gelten hierfür die im § 2 angegebenen Bestimmungen.

Was die Ideutitätsbezeichnungen betrifft, so sollen die von dem Versendungsamte angelegten Erkennungszeichen für genügend erachtet werden; jedoch steht dem Abfertigungsamte das Recht zu, noch weitere Erkennungszeichen anzubringen. Zu letzterem ist dasselbe verpflichtet, sobald solches von dem Deklaranten beantragt ist.

Das Ergebnis der Abfertigung ist in der Eingangsdeklaration zu vermerken.

§6.

Nach der Abfertigung ist die Ware nebst einem Exemplar der Deklaration dem Empfangsberechtigten zu überlassen; das andere Exemplar der Deklaration behält die Abfertigungsstelle zurück.

§ 7.

Wenngleich im allgemeinen die zur Wiederausfuhr bewilligte Frist innegehalten werden muß, so kann doch die Eingangsschlußabfertigungsstelle auf Antrag des Beteiligten eine Fristverlängerung eintreten lassen, mit der Maßgabe

589 daß, wenn dadurch die Gesamtfrist von 12 Monaten Überschritten werden sollte, hierzu nach § 2 höhere Ermächtigung erforderlich ist.

Dem Beteiligten bleibt überlassen, bei dem Versendungsamte die dann etwa zur Wiedereinfuhr erforderliche Fristverlängerung zu erwirken.

§ 8.

Die nach erfolgter Bearbeitung zur Wiederausfuhr bestimmten Gewebe sind der Eingangsschlußabfertigungsstelle nach Gattung, Stückzahl und Nettogewicht unter gleichzeitiger Angabe der Art der stattgefundenen Bearbeitung, sowie unter Bezugnahme auf die Eingangsabfertigung und unter Beifügung der dem Beteiligten übergebenen Eingangsdeklaratiou schriftlich anzumelden.

Sollen die Gewebe über ein anderes Amt über die Grenze gehen, so ist dieses Grenzamt auch in der Wiederausfuhrdeklaration zu benennen.

5-9.

Die Identität der Ware ist durch Prüfung der an den StUcken vorhandenen Bezeichnungen und das Nettogewicht durch Verwiegung festzustellen.

Die Nettoverwiegung muß sich jederzeit auf die ganze Post erstrecken; dagegen kann die Verifizierung der Identitätsbezeichnungen in sonst unbedenklichen Fällen bei größern Sendungen auch probeweise geschehen und sich auf die Hälfte der Stücke, bei Hauptämtern und bei besonders dazu ermächtigten Neben- und Unterämtern nach dem Ermessen des Amts v erstand es selbst bis auf 5 °/o der vorgeführten Stucke beschränken.

Demnächst werden die so revidierten Güter, wenn die Abfertigungsstelle-zugleich das Grenzausgangsamt ist, unter Zollkontrolle ausgeführt, und es ist der Wiederausgaug auf

590 der bei dem Amte zurückbleibenden Wiederausgangsdeklaration zu bescheinigen.

Sollen aber die Güter über ein anderes Amt ausgehen, so müssen dieselben, nachdem sie unter amtlicher Aufsicht verpackt, unter Kollo Verschluß gesetzt und brutto vorwogen worden sind, auf das Grenzausgangsamt mittelst Begleitscheins abgefertigt werden.

§ 10.

Werden die in einer und derselben Eingangsdeklaration begriffenen Gewebe nach und nach in einzelnen Posten zurückgesendet, so sind bis zur Erledigung der ganzen Eingangsdeklaration die Teilsendungen auf den beiden Exemplaren der Eingangsdeklaration, oder denselben anzustempelnden besondern Verzeichnissen amtlich zu vermerken, und erst bei der letzten Teilsendung ist die Eingangsdeklaration des Versenders nebst dem Verzeichnisse von der Abfertigungsstelle zurückzubehalten.

§ 11.

Treten die Güter in den ursprünglichen Versendungsstaat über ein anderes als das Wiedereingangsamt ein, so sind dieselben von dem ersten Amte dem letzteren mittelst Begleitscheins zu überweisen.

§ 12.

Der Wiedereingangsschlußabfertigungsstelle hat der Beteiligte die wieder eingehenden Gewebe unter Bezugnahme auf die Ausgangsdeklaration und unter Beifügung des dem Versender übergebenen Exemplars derselben (§§ l und 3) in gleicher Weise anzumelden, wie dies in dem § 8 für den Wiederausgang vorgeschrieben ist.

Das Amt revidiert sodann die Ware, prüft, wenn bei der ursprünglichen Versendung der Âusgang über ein anderes Amt hat erfolgen sollen, ob derselbe ordnungsmäßig ge-

591 schehen und bescheinigt ist, und setzt, falls sich bei der Abfertigung keine Anstände ergeben, die Waren in freien Verkehr.

Die Revision erfolgt nach den im § 9 gegebenen Bestimmungen.

§ 13.

Gehen die in einer Ausgangsdeklaration (§1) begriffenen Gewebe in einzelnen Posten wieder ein, so ist hierbei das im § 10 vorgeschriebene Verfahren zu beobachten.

§14.

In der Regel erfolgt die zollfreie Wiedereingangsschlußabfertigung der bearbeiteten Gewebe bei demjenigen Amte, welches dafür in der ursprünglichen Auagangsdeklaration bezeichnet ist (§ l, Nr. 6). Wird aber gewünscht, daß dieselbe bei einem andern Amte erfolge, so hat der Beteiligte seinen desfallsigen Antrag vor der Versendung der Ware an das in der Deklaration bezeichnete Wiedereingangsamt (§ l, Nr. 6) zu richten. Dieses hat, wenn sieh gegen den Antrag nichts zu erinnern findet, hiervon dem Antragsteller Nachricht zu geben und gleichzeitig von dem Stande der Sache unter Beifügung der beim Amte zurückgebliebenen Ausgangsdeklaration (§ 1) das Amt, bei welchem die Wiedereingangsschlußabfertigung gewünscht wird, in Kenntnis zu setzen.

§ 15.

Die in der Erklärung des ursprünglichen Versenders begriffenen Gewebe in Teilsendungen bei verschiedenen Ämtern zur zollfreien Wiedereinlassung abfertigen zu lassen, ist in der Regel nicht gestattet.

Es wird jedoch eine Ausnahme in dem Falle nicht versagt werden, wenn die veränderte Bestimmung einzelner Posten durch besondere Umstände notwendig geworden ist, und im Interesse der Zollsicherheit keine Bedenken obwalten.

592 Der Antrag wird auch in diesem Falle an das in der Ausgangsdeklaration bezeichnete Wiedereingangsamt (§ l, Nr. 6) gerichtet, welches darüber an seine vorgesetzte Direktivbehörde zu berichten hat. Diese wird dann über die Zulässigkeit des Antrags und die dabei zu beobachtenden Förmlichkeiten Entscheidung treffen.

§ 16.

Zu deu in den vorstehenden Paragraphen behandelten Aus- und Wiedereingangs-, beziehungsweise Ein- und Wiederausgangsschlußabfertigungen sind ermächtigt : In der Schweiz die H a u p t z o l l ä m t e r .

Im deutschen Zollvereine die H a u p t ä m t e r ; doch werden beide Teile Neben- und Unterämtern durch die Zolldirektivbehörden bei eintretendem Bedürfnisse überall dann diese Abfertiguogsbefugnis erteilen, wenn dieselben mit zwei Beamten besetzt sind, oder bei der Abfertigung jedesmal ein Oberbeamter (Obercontroleur oder ein höherer Beamter) zugezogen werden kann.

§ 17.

Gewichtsdifferenzen, welche sich bei den in bearbeitetem Zustande zur Wiederaus- und Wiedereingangsabfertigung gestellten Geweben ergeben, sollen eine Abgabenerhebung nicht zur Folge haben, wenn dieselbe Stuckzahl vorhanden ist und bei den einzelnen Stücken die au beiden Enden angebrachte Identitälsbezeichnung vorgefunden wird.

§ 18.

In der Regel müssen die auf eine Deklaration aus-, beziehungsweise eingegangenen Gewebe beim Wiederein-, beziehungsweise Wiedwausgang je mit. Bezug auf jene Deklaration zur Abmeldung und Abschreibung kommen. Hiervon kann aber bei einem fortlaufenden Verkehre, in welchem in einer bestimmten Periode derselbe Versender zu verschie-

593 denen Malen Gewebe derselben Gattung zu gleichmäßiger Bearbeitung aus cinemi Gebiete in das andere zu versenden beabsichtigt, von der Direktivbehörde unter von derselben besonders vorzuschreibenden Kontrollmaßregeln eine Ausnahme gestattet werden. Das Verfahren wird im wesentlichen darin bestehen, daß 1. der specielle Verkehr ein besonderes Vormerk- (Freipaß-) Register oder in dem Vormerkregister ein besonderes Conto erhält; 2. der Beteiligte in den bezüglichen Aus- und 'Wiedereingangs-, beziehungsweise Bin- und Wiederausgangsdeklarationen zum Zeichen, daß die Posten jenen Verkehr betreffen, hierauf mit den Worten ,,zum SpecialContott hinweist; 3. die Abfertigungen und Abschreibungen der wieder aus-, beziehungsweise wieder eingehenden Posten ohne Bezug auf die einzelnen Eingangs-, beziehungsweise Ausgangsdeklarationen stattfinden 5 4. am Schlüsse der von der Direktivbehörde bestimmten Periode das Gesamtergebnis der aus-, beziehungsweise eingegangenen und der wieder ein-, beziehungsweise wieder ausgegangenen Posten festgestellt und danach ermittelt wird, ob alle in der bestimmten Periode aus-, beziehungsweise eingegangenen Gewebe auch wieder ein-, beziehungsweise wieder ausgegangen sind, und ob danach der Zollanspruch, erledigt ist, oder ob und in welchem Umfange derselbe noch besteht.

Die Direktivbehörde wird dann bestimmen, ob die Zollgefälle einzuziehen oder zur Wiederein-, beziehungsweise Wiederausführung der noch fehlenden Gewebe eine Nachfrist zu bewilligen oder dieselben in das Conto der neuen Periode zu übertragen sind.

594 § 19.

Werden im Veredlungsstaate mit Identitätszeichen versehene Gewebe in Stücke zerteilt, so geht der Anspruch auf Zollfreiheit nicht verloren, wenn die Zolldirektivbehörcie des Veredlungsstaates im Einverständnisse mit jener des Versendungsstaates vorher hierzu die Genehmigung gegeben hat und die Teilung unter genauer Beobachtung der zwischen den Direktivbehörden vereinbarten Kontrollmaßregeln geschehen ist. Erfolgt die Teilung der Gewebe erst nach bewirkter Veredlung, so kann von dem Anbringen besonderer Identitätszeio.hen an den einzelnen Teilstücken Umgang genommen und Kolloversehluß als genügend erachtet werden.

Findet ein Einverständnis zwischen den beiden Direktivbehörden nicht statt, erfolgt aber dennoch die Zerteilung der Gewebe, so erlischt der Anspruch auf Zollfreiheit dem Versendungsstaate gegenüber auch dann, wenn die betreffende Direktivbehörde des Veredlungsstaates die Zerteilung gutgeheißen hat.

B. Bezüglich der zum Besticken versendeten Gewebe.

Auf den Verkehr mit Geweben, welche zum Besticken aus dem einen Gebiete in das andere mit dem Ansprüche auf Befreiung von Aus-, beziehungsweise Eingangsabgaben versendet werden, finden die unter A gegebenen Bestimmungen im wesentlichen mit folgenden Maßgaben Anwendung: 1. Geht mit den zum Besticken versendeten Geweben zu dieser Bearbeitung erforderliches Material ein, beziehungsweise aus, so muß letzteres mit seiner tarifmäßigen Benennung und seinein Nettogewichte beim Ausgange, beziehungsweise Eingange der betreffenden Zollstelle in einer und derselben Deklaration mit den Geweben, jedoch getrennt, angemeldet werden. Wenn demnächst beim Wiederaus-, beziehungsweise Wiedereingange der bestickten Gewebe deren Gewicht, oder im Falle, daß mit den Geweben noch unver-

595

arbeitetes Stiekmaterial der initversendeten Art wieder aus-, beziehungsweise wieder eingeht, das Gewicht dieses Materials und das der bestickten Gewebe zusammengenommen mit dem Gesamtgewichte der unbestickten Gewebe und des zum Besticken mitversendeten Materials übereinstimmt, auch dieselbe Stückzahl der Gewebe vorhanden ist und bei den einzelnen StUcken die Identitätsbezeichnungen richtig vorgefunden werden, so findet eine Abgabenerhebung nicht statt, auch soll von einer solchen bei geringen Gewichtsdifferenzen abgesehen werden. Bei größeren Gewichtsunterschieden werden die Abgaben nach dem Tarifsatze für. das Stickmaterial erhoben, sofern die übrigen der gedachten Erfordernisse vorhanden sind.

2. Auch in dem Falle, in welchem Stickmaterial vom Sticker hergegeben ist, sollen geringe Gewichtsdifferenzen unberücksichtigt bleiben. Übersteigt in erheblicherer Weise das Gewicht der bearbeiteten Gewebe das Gewicht der unbearbeitet gewesenen Gewebe, so ist im Ein-, beziehungsweise Wiederausgangsstaate von dem Übergewicht der Ausgangszoll, wenn ein solcher dort besteht, irn Aus-, beziehungsweise Wiedereingaugsstaate der Eingangszoll zu erheben, und zwar nach dem Tarifsatze des Stickmaterials, wenn die übrigen zu l angeführten Bedingungen zutreffen.

3. Auch bei den zum Besticken versendeten Geweben finden im allgemeinen die unter A bestimmten Kontrollmaßregeln analoge Anwendung.

C. Bezüglich der Übrigen in Ziffer 6 des Artikels 5 des Vertrages bezeichneten Gegenstände.

Bei Garnen, welche zum Waschen, Bleichen, Appretieren (Schlichten), Bedrucken oder Färben, ingleichen bei Gegenständen, welche zum Lackieren, Polieren oder Bemalen, sowie bei Gespinsten, welche zur Herstellung von Spitzen oder Posamentierarbeiten, bei Häuten und Fellen, welche zur

596

Leder- und Pelzwerkbereitung, bei gescherten (auch geschlichteten) Ketten, welche zur Herstellung von Geweben, endlich bei Garnen, welche zum Stricken versendet werden, finden im allgemeinen die unter A gegebenen Vorschriften Anwendung.

Die Festhaltung der Identität ist zu bewirken : a. bei Garnen zum Waschen, Bleichen, Appretieren (Schlichten), Bedrucken oder Färben durch Anlegung von Plomben oder Siegeln an einer durch die Garnstränge zu ziehenden Schnur; b. bei Gegenständen zum Lackieren, Polieren oder Bemalen durch Siegel oder Siegelabdriicke auf der unlackiert, unpoliert oder unbemalt bleibenden Seite, durch Siegel oder Plomben an durchzogenen Schnüren oder auf andere geeignete Weise; c. bei Gespinsten (Garn, Zwirn, Gorl, Chenille u. s. w.)

zur Herstellung von Spitzen oder Posamentierarbeiten und bei Garnen zum Stricken durch Zurückbehaltung von Proben, sowie durch Festhaltung des Gewichts der zur Veredlung bestimmten Gespinste und etwaiger Zuthaten (als Knöpfe, Schmelz u. dgl.); d. bei Gramen in gescherten (auch in geschlichteten) Ketten durch Anlegung von Plomben oder Siegeln an einer an dem einen Ende der Kette zu befestigenden Schnur und durch Festhaltung des Gewichts der Kette; von dem mitversendeten Schußgarn ist zur Festhaltung der Identität eine Probe zurückzubehalten, sowie ebenfalls das Gewicht festzustellen; e. bei rohen Häuten zur Lederbereitung durch einen Stempel von angemessener Größe, welcher aus scharfen Schneiden gebildet ist und auf der Haarseite der Häute eingeschlagen wird ; bei Fellen, welche zur Pelzwerkbereitung eingehen, durch Feststellung der Felle nach Gattung, Stückzahl und Gewicht.

597 Artikel VI.

(Zu Art. 5, Nr. 7, des "Vertrages.)

Was die sonstigen zur Bearbeitung oder Veredlung in das Gebiet des andern Teils eingeführten und demnächst zurückgebrachten Gegenstände (Art. 5, Nr. 7, des Vertrages) betrifft, so kommen auch hier im allgemeinen die unter A gegebenen Vorschriften in Anwendung.

Wenn der Vertrag an der angeführten Stelle die zollfreie Wiedereinlassung von Gegenständen der bezeichneten Art davon abhängig macht, daß die wesentliche Beschaffenheit und Benennung derselben unverändert bleibt, so ist unter dem Ausdruck: ,,Benenmmgtt nicht die tarifmäßige, sondern nur die Benennung des Gegenstandes an sich zu verstehen.

Wird die zollfreie Wiedereinlassung bei einem andern als dem ursprünglichen Versendungsamte in Anspruch genommen, so ist dieser Anspruch vor Abfertigung der Ware durch das Versendungsamt zu erklären, und es wird alsdann, die Möglichkeit der Sicherung der Identität vorausgesetzt, von den Zolldirektivbehörden den Umständen des einzelnen Falles entsprechend bestimmt werden, welche Vorkehrungen zu diesem Zwecke erforderlich sind.

Bin nach der Bestimmung unter V. B. 2 des Schlußprotokolls der Verzollung unterliegendes Mehrgewicht ist nur nach dem Tarifsatze für das bei der Reparatur etc. verbrauchte Material zur Verzollung zu ziehen.

Artikel VII.

Allgemeine Bestimmungen.

1. Alle in vorstehenden Bestimmungen vorgesehenen Abfertigungen erfolgen durchaus gebührenfrei; insbesondere hat das zur Anlegung von Identitätszeichen und zu Verschlüssen erforderliche Siegel- und Bleimaterial die betreffende Bnndeablstt. 46. Jahrg. Bd. IV.

39

598 Zollstelle herzugeben, und es darf hierfür keinerlei Entschädigung beansprucht werden.

Zu den Gebühren werden nicht gerechnet die Unkosten, welche durch Abfertigungen entstehen, die auf Antrag von Privatpersonen außerhalb des Sitzes der Zollstelle vorgenommen werden.

2. Die für den Fall des unterlassenen oder nicht ordnungsmäßig erfolgten Wiederaus-, beziehungsweise Wiedereingangs fällig werdenden Aus-, beziehungsweise Eingangsabgaben sind auf Erfordern der betreffenden Zollstellen denselben nach den deshalb in beiden Gebieten bestehenden Bestimmungen sicher zu stellen. Wie dies geschehen, hat die Zollstelle auf das betreffende Ausweispapier des Warenführers (Vormerkschein, Freipaß, Deklaration) zu vermerken und es sind die Sicherheiten nach Erledigung des Zollanspruchs gegen Empfangsbescheinigung der Beteiligten zurückzugeben.

3. Erfolgt in den behandelten Fällen der Wiederaus-, beziehungsweise Wiedereingang der Waren nicht in der bestimmten Frist, oder kann der Beteiligte das ihm erteilte und von ihm zurückzugebende Ausweispapier (Vormerkschein, Freipaß, Deklaration) nicht zurückgeben, so verliert zwar derselbe den Anspruch auf Zollfreiheit; doch wird in solchen Fällen, wenn sie sonst unbedenklich sind, die betreffende Zollverwaltung mit der zulässigen Rücksicht verfahren.

4. Die Zollverwaltung eines jeden der vertragenden Teile kann von den verabredeten Kontrollmaßregeln ganz, oder teilweise absehen, darf aber denselben nicht erschwerendere Maßregeln hinzufügen oder substituieren.

5. Betreffs der Registerführung bewendet es bei den in jedem der beteiligten Gebiete ergangenen Bestimmungen.

599 Auszug aus dem Protokoll.

Es wurde verabredet, daß die schweizerischen Zolldirektionsbehörden und die des deutschen Zollvereins auf Erfordern sich diejenigen Zollstellen namentlich mitteilen sollen, welche zur Abfertigung des in den Bestimmungen behandelten Verkehrs allgemein ermächtigt sind.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von St-Imier auf den Chasserai. (Vom 6. Dezember 1894.)

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1894

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12.12.1894

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557-599

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