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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von der kleinen Scheidegg über Eiger und Mönch auf den Gipfel der Jungfrau.

(Vom 26. Oktober 1894.)

Tit.

Mit Eingabe vom 20. Dezember 1893 stellte Herr G u y e r Z eil er in Zürich das Gesuch um K o n z e s s i o n i e r u n g einer E i s e n b a h n von der k l e i n e n S c h e i d e g g über E i g e r und M ö n c h auf den G i p f e l der J u n g f r a u , zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, und ergänzte die bezüglichen Vorlagen durch eine spätere Eingabe vom 13. Februar 1894 unter Beilage eines neuen Situationsplanes und Längenprofiles, welche als die definitiven zu betrachten sind und die Grundlage für die nachstehenden Ausführungen bilden.

Im allgemeinen Bericht zu dem Gesuche führt der Petent aus, daß die bereits bestehenden Jungfraubahnprojekte Köchlin, Locher und Trautweiler, welche den Ausgangspunkt im obern Lauterbrunnenthal wählen, schon aus technischen Gründen kaum jemals zur Ausführung gelangen könnten. Durch die Eröffnung der Wengernalpbahn sei nunmehr die Basis zu einem neuen Projekte, dem vorliegenden, geschaffen worden, für welches in verkehrswirtschaftlicher Beziehung die gleichen Gründe, wie bei den frühern Projekten, geltend gemacht werden könnten.

Die Bahn geht von der Station Scheidegg der Wengernalpbahn westlich am Fallbodenhubel vorbei, direkt bis vor den Fuß des Eigergletschers, wendet sich hier in östlicher und nachher südlicher Richtung im Tunnel um das Eigermassiv herum zur Station Eiger (cirka 3200 m. ü. M.), welche ähnlich der Axenstraße durch

530 Galerien offen gelegt werden soll, zieht sich dann in gerader Linie, ganz im Tunnel, zur Station Mönch hinauf, von hier nach dem Jungfraujoch hinunter, 77 m. unter demselben durch und gelangt hierauf, spiralenförmig um das oberste Massiv des Berges sich herumziehend, auf das jedem Führer bekannte, im Sommer schneefreie Plateau, von wo aus die Jungfrauspitze mittelst eines senkrechten Tunnels und Elevators erreicht wird.

Die Länge der Bahn beträgt total 12,3 km., die Maxirnalsteigung 260 °/oo, die Spurweite 0,so m., der Minimalradius 60 m.

Zwisehenstationen sind projektiert am Bigergletscher, am Eiger und am Mönch, Haltstellen bei der Grindelwald- und Guggigletschergalerie.

Als Betriebskraft ist Elektricität vorgesehen, wozu die nötige Wasserkraft am Trümmelbach, eventuell an der Lauterbrunnenoder Grindelwaldlütschine, gewonnen würde.

Die Tunnels sollen in angemessenen Intervallen, jedenfalls an den Ausweichstellen, elektrisch beleuchtet werden. Wo es angeht, sollen behufs Ventilation und Verkürzung des Materialtransportes beim Bau aus dem Gebirge herausführende Querschläge gemacht werden.

Der summarische Kostenvoranschlag berechnet für: a. Unterbau Fr. 5,068,000 b. Oberbau ,, 422,000 c. Hochbau ,, 98,000 d. Wasserwerkanlagen ,, 500,000 e. Elektrische Installationen und Rollmaterial . ,, 350,000 f. Elevator ,, 290,000 g. Meteorologisches Observatorium ,, 100,000 Ä. Vorarbeiten, Bauleitung etc ,, 276,000 i. Bauzinsen ,, 446,000 k. Unvorhergesehenes ,, 450,000 Total Fr. 8,000,000 oder Fr. 650,400 per Kilometer der Baulänge.

Die R e n t a b i l i t ä t s b e r e c h n u n g des Konzessionsgesuches nimmt eine Frequenz der Station Eiger von 10,000 Personen und derjenigen auf der Jungfrau von 7000 Personen an und veranschlagt die bezüglichen E i n n a h m e n a u f . . . . Fr. 530,000 die B e t r i e b s a u s g a b e n auf total . Fr. 60,000 die E i n l a g e in den E r n e u e r u n g s u n d R e s e r v e f o n d s auf. . . . ,, 82,500 ,, 142,500 was einen Betriebsüberschuß von Fr. 387,500

531 ergäbe, der bei einem Anlagekapital von 7*/2 Millionen Franken einer Rendite von 5,ie °/o oder rund 5 % entsprechen würde. In der zweiten Eingabe wird diese Rechnung in der Weise modifiziert, daß die Rendite auf total Fr. 360,000 veranschlagt und das Baukapital in 4 Millionen Aktien und 4 Millionen Obligationen eingeteilt wird, so daß für cratere 5 °/o Dividende und für letztere 4 °/o Zins berechnet werden können.

Das Konzessionsgesuch kommt zu dem Schlüsse, daß keine außergewöhnlichen Bauschwierigkeiten zu überwinden sein werden.

Der im allgemeinen Bericht ausgesprochenen Befürchtung, daß die 105 m. unter dem Schneescheitel des Jungfraujoches projektierte Tunnellage auf Eis stoßen könnte und deshalb noch tiefer gelegt werden müßte, wird in der modifizierten Eingabe kein Raum mehr gegeben, weil es sich gezeigt habe, daß die oberhalb des Guggigletschers vorspringende Felspartie ganz nahe an das Jungfranjoeh heranreiche, so daß die dortige Firndecke kaum die Dicke von 50 m. haben könne.

Was endlich die wohl von neuem auftauchende Frage betreffe, ob bei einer raschen Abnahme des atmosphärischen Druckes die Gesundheit der Reisenden gefährdet sei, so habe der Konzessionspetent hierüber den Luftschiffer Spelterini interpelliert, welcher seinerseits diese Befürchtung für unbegründet halte, da er schon mit Personen verschiedenster Konstitution im Ballon über 4000 m.

gestiegen sei, ohne daß dieselben besondere Beschwerden verspürt hätten, welcher Umstand sich dadurch erkläre, daß die Betreffenden auf jene Höhen gebracht würden, ohne daß das Herz dabei mehr als im Ruhezustand des Körpers arbeiten müsse.

Wir übermittelten das Gesuch zur Vernehmlassung den Regierungen von Bern und Wallis. Letztere erklärt mit Schreiben vom 24. Februar abbin, daß sie gegen das Projekt keine Einwendungen erhebe, vorbehaltlich des Entscheides des Großen Rates.

Die Regierung von Bern teilt unterm 6. April abhin ebenfalls mit, daß sie keine Einwendung zu machen habe. Von den interessierten Gemeinden werde dieses Projekt lebhaft begrüßt. Für die zum Betriebe der Bahn erforderliche Wasserkraftgewinnung habe Herr Guyer gemäß dem Wasserpolizeigesetz in besonderer Vorlage die kantonale Bewilligung auszuwirken.

Die vorgeschriebenen konfereuziellen Verhandlungen fanden am 11. Mai abhin statt und ergaben allseitige Zustimmung
zu nachstehendem Konzessionsentwurf. Derselbe entspricht im allgemeinen den für die früheren Hochgebirgsbahnen aufgestellten Bestimmungen und giebt uns deshalb nur mit Bezug auf diejenigen

532 Punkte, bei denen die besondern Verhältnisse des Unternehmens eine etwas abweichende Normierung erforderten, Anlaß zu Bemerkungen.

In Art. 6 ist die Baufrist auf 5 Jahre erhöht worden, um der Gesellschaft zu ermöglichen, bei sektionsweisem Bau der Linie, der durch Art. 6 a ausdrücklich gestattet wird, die erste Sektion zu volleaden und dem Betriebe zu übergeben, bevor die weitere Linie in Angriff genommen wird, damit für das Schlußstück die Erfahrungen, die bei der ersten Sektion nicht nur in baulicher, sondern auch in betriebstechnischer Beziehung gemacht werden, in zweckmäßiger Weise verwertet werden können.

Die Frage, nach welchem Punkte diese erste zu vollendende Sektion zu begrenzen sein wird, ist durch die allgemeine Fassung des Art. 6 a nicht präjudiziert und wird erst anläßlich der Prüfung der eingehenderen technischen Vorlagen definitiv entschieden werden können. Der Petent nimmt in Aussicht, daß sie sich bis zur Station Mönch erstrecken soll.

Art. 8 enthält im ersten Alinea die Bestimmung, daß für die letzte Strecke vom Bndpunkte der Zahnradbahn bis auf den Gipfel der Jungfrau die Festsetzung beziehungsweise Genehmigung des Betriebssystems durch den Bundesrat bis nach Einreichung der Detailpläne vorbehalten bleiben müsse. Nach dein technischen Berichte des Konzessionsgesuches ist für diese Strecke die Beförderung mittelst eines Elevators (Lifts) vorgesehen, mit Bezug auf welchen die Frage vorderhand eine offene bleiben kann, ob und eventuell unter welchen Bedingungen ein derartiges Betriebssystem der Aufsicht des Bundes unterstellt werden könne oder solle. Im Alinea 2 desselben Artikels ist der schon bei den frühern Hochgebirgsbahnen als notwendig erachtete Nachweis vorbehalten, daß der Bau und Betrieb der Bahn in Bezug auf Leben und Gesundheit der Menschen keine ausnahmsweisen Gefahrea nach sich ziehen werde, und zwar bleibt in vorliegendem Falle die Notwendigkeit dieses Nachweises auf denjenigen Teil der Linie beschränkt, welcher höher liegt als die cirka 3200 m. über Meer projektierte Station Eiger. Nach dem Expertengutachten, welches anläßlich der Vorlage der frühern Jungfraubahnprojekte eingeholt worden war, unterliegt der Betrieb bis zur Höhe von 3000 m. über Meer keinen Bedenken. Es liegt nun in der Natur der Sache, daß diese Höheagrenze keine absolute sein kann, vielmehr
nur den Maßstab angiebt, an dem die Abgrenzung nach den jeweiligen Verhältnissen des besondern Falles ungefähr bemessen werden kann, und da sich hier das Trace der projektierten Bahn bei genau 3000 m. Höhe mitten im Eigertunnel befinden vvürde, so ist es durch praktische Erwägungen gegeben, den nächst-

533 liegenden naturgemäßen Abschlußpunkt, die Station Eiger, als Höhengrenze im Sinne des Art. 8, Alinea 2, zu betrachten.

Neu ist der auf Autrag des Konzessionspetenten aufgenommene Art. 9 a, welcher die Jungfraubahn der Wissenschaft dienstbar machen soll, indem er die Gesellschaft verpflichtet, nach partieller oder gänzlicher Vollendung der Linie an die Erstellung und Einrichtung eines ständigen Observatoriums für meteorologische und anderweitige tellurisch-physikalische Beobachtungszwecke auf der Station Mönch oder Jungfrau, eventuell auf beiden, eine einmalige Summe von mindestens Fr. 100,000 und an die Betriebskosten jährlich bis zum Betrag von Fr. 6000 beizutragen, in der Meinung, daß die Gesellschaft allfällig weiteren Subvenienten eine Mitwirkung bei Bau und Betrieb des bezw. der Observatorien einzuräumen habe, das Entscheidungsrecht aber ihr zustehe.

In Art. 16 wird bei der Taxbestimmung auf den Gesarntpreis für den Transport von Personen bis auf den Gipfel der Jungfrau für Hin- und Rückfahrt abgestellt, der Preis für einfache Fahrt mittelst einer Reduktion von 30 % danach bestimmt und im weitern festgesetzt, daß für den Verkehr von und nach Zwischenstatioaen die Taxen auf Grundlage dieser Ansätze und im Verhältnis zu den Fahrlängen und der Bedeutung der Stationen zu berechnen seien.

Die Aufstellung des für beide Fahrriehtungen berechneten Gesamtpreises als Grundlage der Taxe für einfache Fahrt rechtfertigt sich bei der besondern Natur einer derartigen Hochgebirgsbahn, bei der die Hin- und Rückfahrt die weit überwiegende Regel bilden wird, ohne weitere Begründung. Dieser Ansatz, welcher nach Vorschlag des Petenten im allseitigen Einverständnis auf Fr. 45 festgesetzt worden ist, bildet im weiteren die Grundlage zur Berechnung der Taxen für die Zwischenstationen, wobei außer der Fahrlänge als weiteres Berechnungselernent noch die Bedeutung der Stationen anerkannt wird, damit für die einzelnen Stationen ihrer Bedeutung entsprechende abgerundete Taxen gebildet werden können.

Im Falle des Bedürfnisses bleibt es dem Bundesrate vorbehalten, für die einheimische Bevölkerung, Führer und Träger, Ermäßigung der Taxen im Maximuni bis auf 50 % festzusetzen.

Bei Art. 21 wünschte der Konzessionsbewerber mit Rücksicht auf das große Risiko des Unternehmens und die Wünschbarkeit eines starken Reservefonds
bei einer derartigen Bahn, daß die Verpflichtung zur Reduktion der Taxen erst eintreten solle, wenn die Bahn drei Jahre nacheinander einen 7 % übersteigenden Reinertrag abgeworfen und zugleich der Reserve- und Erneuerungsfonds den Betrag von Fr. 1,000,000 erreicht haben werde. Das letztere

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Ansinnen glaubten wir ohne weiteres von der Hand weisen zu sollen, da dasselbe die Möglichkeit einer Taxreduktion von vornherein, ganz abgesehen von dem Reinertrag, auf Jahre hinausschieben würde. Dagegen seheint uns das größere Risiko, das mit einer .Bergbahn solchen Stils ja unzweifelhaft verknüpft ist, das Zugeständnis einer etwas höheren Gewinnchance zu rechtfertigen, weshalb wir Ihnen die Erhöhung der bezüglichen Reinertragsgrenze von 6 auf 7 °/o beantragen.

Zu weiteren Bemerkungen giebt uns der Konzessionsentwurf nicht Anlaß. Dagegen haben wir noch zu erwähnen, daß seitens der Konzessionäre der Eigerbahn, mit Eingabe vom 22. Januar 1894, Einsprache gegen das Trace des untern Teils des vorliegenden Projektes erhoben worden war, da in letzterem von der Scheidegg bis zum Eigergletscher genau das Trace des Bigerbahnprojektes gewählt worden sei. Diese Einwendung glaubten die Potenten schon aus dem Grunde machen zu müssen, weil die Pläne für die erste Sektion nahezu vollendet seien und mit dem Bau voraussichtlich nächsten Sommer begonnen werden solle.

Später stellten sie dann gemeinschaftlich mit der Wengernalpbahngesellschaft das Gesuch um Abänderung ihrer Konzession im Sinne der Abtrennung der untern Sektion Scheidegg-Eigergletscher von dem übrigen Unternehmen und Übertragung der selbständigen Konzession für dieses untere Teilstück an die Wengernalpbahn, welche dasselbe im Jahr 1895 zur Ausführung zu bringen gedachte.

Allein die Generalversammlung der Aktionäre der Wengernalpbahn lehnte dann, und zwar aus Rücksicht auf die projektierte Jungfraubahn, den Ervverb der Konzession für die I. Sektion der Eigerbahn und den Bau dieser Linie einstweilen ab, während die Konzessionäre der Eigerbahn ihrerseits mit dem heutigen Konzessionsbewerber, Herrn Guyer-Zeller, sich verständigten und demgemäß unterm 3. Oktober abhin die ausdrückliche Erklärung abgaben, dem Jungfraubahnprojekt, welchem von allen Seiten große Sympathien entgegengebracht werden, nicht hindernd in den Weg treten, sondern zur Erleichterung der Konzessionserwerbung beitragen zu wollen und das Gesuch um Abänderung und Übertragung der Konzession für die I. Sektion der Eigerbahn in aller Form zurückzuziehen.

Es besteht somit zwischen dem bereits konzessionierten Eigerbahnprojekt und demjenigen der Jungfraubahn ein Konkurrenzverhältnis --
wenn man die Voraussetzungen eines solchen überhaupt an und für sich hier als vorhanden annehmen wollte -- zur Zeit jedenfalls nicht mehr, und entfällt damit auch ein allfällig daraus abgeleitetes Bedenken in betreff der Konzessionierung der Jungfraubahn.

535 Wir beantragen Ihnen daher Erteilung der Konzession im Sinne des nachstehenden Beschlußentwurfes, indem wir Sie, Tit., bitten, die wiederholte Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung genehmigen zu wollen.

B e r n , den 26. Oktober 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Bingier.

536 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von der kleinen Scheidegg über Eiger und Mönch auf den Gipfel der Jungfrau.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn Ad. Guyer-Zeller in Zürich, vom 20./23. Dezember 1893; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 26. Oktober 1894, beschließt: Dem Herrn Ad. G u y e r - Z e l l e r in Zürich, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von der k l e i n e n S c h e i d e g g über E i g e r und M ö n c h auf den Gipfel der J u n g f r a u unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Zürich.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

537 Art. 5. Binnen einer Frist von 18 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 5 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 6 a. Der Gesellschaft wird der sektionsweise Bau gestattet und demgemäß bestimmt, daß die Nichteinhaltung der in Art. 5 und 6 festgesetzten Fristen für eine oder mehrere Sektionen nur den Hinfall der Konzession für diese und nicht auch für die andern Sektionen zur Folge hat.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausfuhrungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Baues und des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird als Zahnradbahn für elektrischen Betrieb erstellt. Für die letzte Strecke, vom Endpunkte der Zahnradbahn bis auf den Gipfel der Jungfrau, bleibt die Festsetzung, beziehungsweise Genehmigung des Betriebssystems durch den Bundesrat bis nach Einreichung der Detailpläne vorbehalten.

Der Bundesrat wird die Genehmigung der Detailpläne für diejenigen Strecken, welche höher als die Station Biger (cirka 3200 Meter ü. M.) liegen, erst dann erteilen, wenn nachgewiesen sein wird, daß der Bau und Betrieb der Bahn in Bezug auf Leben und Gesundheit der Menschen keine ausnahmsweisen Gefahren nach sich ziehen werde.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 9 a. Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach partieller oder gänzlicher Vollendung der Linie an die Erstellung und Einrichtung eines ständigen Observatoriums, insbesondere für meteorologische Bundesblatt. 46. Jahrg. Bd. III.

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538 und anderweitige tellurisch-physikalische Beobachtungszwecke, auf der Station Mönch oder Jungfrau, eventuell auf beiden, eine Summe von mindestens Fr. 100,000 zu verwenden, sowie an die Kosten des Betriebes während der jeweiligen Beobacbtungszeit einen monatlichen Beitrag von Fr. 1000, jedoch nicht mehr als Fr. 6000 in einem einzelnen Jahre, beizutragen, in der Meinung, daß die Gesellschaft allfälligen weitern Subvenienten eine Mitwirkung bei Bau und Betrieb einzuräumen habe, das Entscheidungsrecht aber ihr zustehe.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck; Güter werden nur befördert, soweit das Betriebssystem es gestattet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft kann den Betrieb auf die Touristensaison beschränken. Im allgemeinen ist der Gesellschaft anheimgegeben, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen. Immerhin sind alle derartigen Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkte dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor deren Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Fahrgeschwindigkeit wird der Bundesrat vor der Betriebseröffnung festsetzen.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den Bundesrat genehmigt werden muß.

539 Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen auf den Gipfel der Jungfrau für Hin- und Rückfahrt eine Taxe bis zu Fr. 45 zu beziehen. Für einfache Fahrt ist dieselbe um 30 % zu reduzieren.

Für den Verkehr von und nach Zvvischenstationen sind die Taxen auf Grundlage dieser Ansätze und im Verhältnis zu den Fahrlängen und der Bedeutung der Stationen festzustellen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden, sowie für die zur Beförderung angenommenen Güter kann eine Taxe von höchstens l Franken per 10 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Dem Bundesrate bleibt vorbehalten, im Falle des Bedürfnisses für die einheimische Bevölkerung, Führer und Träger, nach Anhörung der Gesellschaft, ermäßigte Taxen, im Maximum 50 °/o, festzusetzen.

Art. 17. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Tüxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 18. Die in den Art. 16 und 17 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Siation zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Ausnahmen sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig.

Art. 19. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 20. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, bevor die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21. Wenn die Bahpunternehmung drei Jahre nacheinander einen sieben Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist

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das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der ßundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 22. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung eines genügenden Brneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht vom 1. Juli 1875 hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

· Art. 23. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern und Wallis, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und alleo übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittliehen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen

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dem I.Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Brneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 24. Haben die Kantone Bern und Wallis den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 23 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 25. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von der kleinen Scheidegg über Eiger und Mönch auf den Gipfel der Jungfrau.

(Vom 26. Oktober 1894.)

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31.10.1894

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