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Bericht der

Kommission des Nationalrathes betreffend die Abänderung des Bundesbeschlusses vom 27. März 1885 im Sinne der Erhöhung des jährlichen Gesammtkredites für die schweizerische meteorologische Centralanstalt.

(Vom 17. Dezember 1891.)

Tit.

Die Kommission hat, getragen von der außerordentlichen Wichtigkeit einer schweizerischen meteorologischen Centralstation, unter dem 3. Juni 1891 einen Bericht abgefaßt und am Schlüsse desselben fünf Fragen aufgeworfen, von deren Lösung die Zukunft der Anstalt mehr oder weniger bedingt ist.

Die eidg. meteorologische Kommission hat diese Fragen einer Prüfung unterzogen und stellt, gestützt auf dieselben, eine Reihe von Anregungen.

Was die Station ,,Säntis" anbetrifft, so findet sie die ökonomische Stellung des dortigen Beobachters befriedigend gelöst. Derselbe bezieht eine direkte Besoldung von Fr. 2000. Zudem verfügt er über freie Wohnung. . Für Lebensmittel, Heizung und Beleuchtung ist ein Posten von Fr. 2000, für Mobiliar und Bedienung der Telegraphenlinie ein solcher von Fr. 300 ins Budget gestellt. Dann fallen noch die Transportlöhne für die Nahrungsmittel und das Brennmaterial in Rechnung, welche einen Betrag von Fr. 1200 ausmachen.

Es muß im Sommer für ein Kilo 18 Rappen, im Winter dagegen 40 Rappen vergütet werden.

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So rauh auch der Dienst in diesen unwirthlichen Höhen ist, so liegt ein Gesuch um Erhöhung der Besoldung nicht; vor, und es scheint der Beobachter daselbst mit seiner Stellung zufrieden zu sein.

Was die Besoldungen des Direktors und des Adjunkten anbetrifft, so findet die meteorologische Aufsichtskommission, es seien dieselben augemessen zu erhohen.

Beide Stellen erfordern wissenschaftliche Fachbildung, wie solche überhaupt von Lehrern un dem Polytechnikum verlangt wird.

Sie müssen auch das Fach der Meteorologie an dem Polytechnikum durch wissenschaftliche Vorträge vertreten. Nun bezieht der Lehrer an der Samenkontroistation eine Besoldung von Fr. 6500 Es ist deßhalb angezeigt, daß auch die Besoldung des Direktors und des Adjunkten etwelche Erhöhung erfahre. Die meteorologische Kommission wünscht, daß die Besoldung des Direktors um Fr. 2000 und diejenige des Adjunkten um Fr. 1500 erhöht «-erde.

Was die dritte Präge anbetrifft, oh das auf der Centralstation beschäftigte Personal hinreiche, um das eingehende Beobachtungsmaterial in fruchtbarer Weise zu verarbeiten, so bemerkt die eidg.

meteorologische Kommission, daß die Erfahrung zeige, daß dieses nicht in wünschenswerther Weise geschehe.

Die regelmäßigen Inspektionsreisen auf die Stationen, die gehäuften Korrespondenzen und andere mechanische Arbeiten machen es dem Direktor oft unmöglich, größere wissenschaftliche Arbeiten auszufuhren.

Auch der Adjunkt wird durch zahlreiche mechanische Tagesgeschäfte in Anspruch genommen und findet nicht Zeit, genug, um das aufgehäufte Beobachtungsmaterial auf allgemein gültige Gesetze zu verarbeiten.

Die Kommission findet es deßhalb nöthig-, daß der vom Bundesrath ausgesetzte Kredit um Fr. 1500 erhöht werde, um wenigstens eine neue Hülfskraft ansteilen zu können.

Was die vierte Frage anbetrifft, ob nicht für die Vervollständigung und richtige Instandstellung der Bibliothek ein größerer Kredit auszusetzen sei, so findet die Kornmission, es sei ein Kredit von Fr. 400 zu gering, um die nöthigen Fachwerke und Karten anzuschaffen. Die massenhaften Schriften, welche im Tauschverkehr eingehen, sollten im Interesse der Ordnung und der Erhaltung gebunden werden. Sie wünscht deßhalb, daß der Kredit um Fr. 650 erhöht werde.

Das sind in der Hauptsache die Anregungen der eidg. meteorologischen Kommission.

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Nach Eingang derselben hat die nationalriithliche Kommission die Angelegenheit neuerdings geprüft. Sie findet, daß die Meteorologie von Jahr zu Jahr an Bedeutung zunimmt, und daß dieselbe mehr und mehr in alle Verhältnisse des Lebens hineingreift.

Sie kann sieh auch nicht verhehlen, daß die meteorologischen Untersuchungen großen Hindernissen begegnen. Die Vorgänge in der Lufthülle unseres Planeten werden durch so viele Umstände beeinflußt, daß nur ein auf breitester Grundlage durchgeführtes Untepsuchungssystem es n.oglich macht, aus dem scheinbar regellosen Gewirr der Thalsachen allgemeine Gesetze abzuleiten und den örtlichen und zeitlichen Zusammenhang aufzuklären.

Keine andere Wissenschaft erfordert eine so große XJahl genauer Instrumente, und tüchtiger Beobachter, wie die Meteorologie.

Hier muß Alles recht gemacht werden.

Um auf diesem Bodeu zu allgemeinen Gesetzen zu gelangen, müssen die Beobachtungen auf das gesammte Luftmeer ausgedehnt werden. Damit nimmt die Zahl der Beobachtungen in einer Weise zu, daß nur sichere Resultate zu Tage gefordert werden können, wenn alle Beobachtungen nach einer einheitlichen Methode durchgeführt werden. Zu diesem Behufe müssen auch die Instrumente in den verschiedenen Ländern nach einem gleichen System erstellt und genau abgeglichen werden.

Dann müssen die Beobachtungen aller meteorologischen Stationsnetze auch in einer einheitliehen Form veröffentlicht werden.

Der gesarnmte meteorologische Dienst muß eine durchaus einheitliche Orgaüisation erhalten.

Die internationale Konferenz, welche dieses Jahr vom 26? August bis 2. September in München getagt hat, faßte den Beschluß, ein wissenschaftliches internationales Bureau zu organisiren, und es sind die Mitglieder desselben bereits bestellt worden. Die Schweiz ist in demselben auch vertreten.

Dieses internationale Bureau hat die Aufgabe, dem meteorologischen Dienst eine einheitliche Organisation r.u verschaffen. Es sollen die Normalinstrumente der verschiedenen Länder mit einander verglichen und die Bestimmungen über die Temperatur, über die Feuchtigkeit der Luft, über die Niederschläge nach einer genau festgestellten Methode ausgeführt werden.

Man will einheitliche Regeln und Formeln zur Reduktion der Barometerstände auf das Meeresniveau aufstellen und neue Redukiionstabellen anfertigen.

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Mit Bezug auf die Wettertelegraphie dringt man auf eine raschere Beförderung der Telegramme, welche aus immer weitern Kreisen herangezogen werden müssen.

Um die Beobachtungen anschaulich zu machen, sollen vollständige und genaue Karten der wichtigsten meteorologischen Elemente hergestellt werden.

Das erfordert nun einen größern Kredit, und die Kommission sieht sich deßhalb veranlaßt, nachfolgendes Budget aufzustellen : Vergleichende Uebersicht der Budgetansätze des Bundesrathes, der meteorologischen Kommission, der nationalräthlichen Kommission.

Ausgaben.

Bündesrath.

Direktor Adjunkt . .

. . .

Hilfspersonal AbwHvt Gratifikationen an die Stationen Instrumente, Reparaturen . .

Druckkosten, Annalen .

Witterunssbülletin . . . .

Uebersichten der Regenmengen Station oSäütis . . . .

Sitzungskosten Reiseentschädigung . . . .

Literatur und Karten .

Buch binderkosten . . . .

Expedition der Bulletins .

Porti, Fracht, Zoll . . . .

Beitrag an das Physikgebäude Beleuchtung, Reinigung .

Unvorhergesehenes . . . .

A b d i e Einnahmen . . . .

Fr.

5,000

Eidg. meteore- Nationallogische räthlichfc Kommission. Kommission, Fr.

Fr.

7,000 6,000

4,500 9,000 1,200 5,800 4,100 6,000 4,300 400 5,900 500 800 150 650 400 200 1,000 500 600

(Maxtaum)4,000

43,000 3,000

53,000 3,000

49,350 3,000

40,000

50,000

46,350

3,000 7,500 ' 1,200 2,400 3,500 6,000 4,300 400 5,300 500 800 150 250 400 200 1,000 500 600

8,000 1,200 5,500 4,000 6,000 4.300 '400 5,500 500 800 150 400 400 200 1 ,000 400 600

809 Aus demselben geht nun hervor, daß die meteorologische Aufsichtskommission den vom Bundesrath angesetzten Kredit um Fr. 10,000, die nalionalräthliche Kommission um Fr. 6000 erhöhen will.

Man hat im physikalischen Institut der polytechnischen Schule die forstliche Versuchsstation und die meteorologische Centralanstalt untergebracht.

Die Schule der Physik ist mit Untersuchungsapparaten und Meßinstrumenten in einer Weise ausgestattet, wie wohl keine andere Anstalt der Welt. Man brachte die größten Opfer, um den Unterricht in der Physik einmal auf jene Stufe zu heben, die einzig und allein Frucht bringen kann.

Man verband die forschende mit der angewandten Wissenschaft. Man stellte neben den Hörsaal das Laboratorium, pflegte neben dem Wissen auch das Können.

Das ist eine neue Methode des physikalischen Studiums, welche die größten Erfolge verspricht.

Das in den Vorlesungen aufgenommene Wissen muß in dem Laboratorium verarbeitet und in einen selbsterworbenen, unzerstörbaren Besitz umgewandelt werden.

Wenn man die meteorologische Centralanstalt einem solchen Institut iukorporirt, so muß dieselbe auch mit den Hülfsmitteln ausgestattet werden, welche es ihr ermöglichen, das große Ziel zu erreichen, das sie sich gesteckt hat.

Keine andere Wissenschaft hat ein so umfassendes Forschungsgebiet und bedarf so sehr der bestkonstruirten Instrumente und gut geschulter Beobachter.

Das Instrumentarium der meteorologischen Anstalt genügt den Anforderungen der Gegenwart nicht mehr. Es ist das in wissenschaftlichen Zeitschriften wiederholt zur Sprache gebracht worden.

Viele Instrumente sind durch filnfundzwanzigjährigen Gebrauch abgenutzt worden und jetzt sind besser konstruirtu vorhanden. Mau erstellt gegenwärtig die Präzisionsinstrumente mit weit größerer Sorgfalt, Das ist auch der Grund, warum dieselben im Preise um 10 bis 15 °/o gestiegen sind.

Eine zeitgemäße Erhöhung des Kredits für die meteorologische Centralaustalt ist deshalb zu einer Notwendigkeit geworden.

Das schweizerische Polytechnikum hat sich einen Ruf erworben, der weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinausgeht.

810 Die polytechnischen Institute werden gegenwärtig vom Geiste der Zeit getragen. Sie fördern die Produktion durch eine genauere Kenntuiß der Stoffe, durch Auffindung neuer Methoden in der Verarbeitung, durch Aufdeckung neuer Kraftquellen.

Die meteorologische Centralstation bildet nun einen Bestandtheil des Polytechnikums und muß in seiner Organisation auf eine Höhe gehoben werden, die dem Ganzen entspricht.

Wir wünschen deßhalb, daß der Bundesbeschluß betreffend die Erhöhung des jährlichen Gesammtkredites für die schweizerische meteorologische Centralanstalt in folgender Weise abgeändert werde : Art. 1. Der Gesammtkredit für die schweizerische meteorologische Centralanstalt wird, in Abänderung des Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 27. März 1885, betreffend die Uebernahme der meteorologischen Station auf dem Säntis durch den Bund, und die entsprechende Erhöhung des jährlichen Gesammtkredites für die schweizerische Centralanstalt, auf Fr. 46,000 jährlich festgesetzt.

Art. 2. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

B e r n , den 17. Dezember 1891.

Im Namen der Kommission: J. Schäppi, Nationalrath.

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Bericht der Kommission des Nationalrathes betreffend die Abänderung des Bundesbeschlusses vom 27. März 1885 im Sinne der Erhöhung des jährlichen Gesammtkredites für die schweizerische meteorologische Centralanstalt. (Vom 17.

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