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Volksabstimmung über die Revision der Bundesverfassung im Sinne der Einfuhrung der Volksinitiative.

In seiner Sitzung vom 23. April 1891 hat der Bundesrath den 5. Juli dieses Jahres als Tag für die Abstimmung festgesetzt.

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Bundesbeschluß betreffend

Revision der Bundesverfassung.

(Vom 8. April 1891.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrathes vom 13. Juni 1890, in Anwendung der Art. 84, 85, Ziff. 14, 118 und 119, der Bundesverfassung, beschließt: 1. Artikel. Der dritte Abschnitt der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874, handelnd von der Revision der Bundesverfassung, wird abgeändert wie folgt: Dritter Abschnitt.

Revision der Bundesverfassung.

Art. 118.

Die Bundesverfassung kann jederzeit ganz oder theilweise revidirt werden.

Art. 119.

Die Totalrevision geschieht auf dem Wege der Bundesgesetzgebung.

331 Art. 120.

Wenn eine Abtheilung der Bundesversammlung die Totalrevision beschließt und die andere nicht zustimmt, oder wenn fünfzigtausend stimmberechtigte Schweizerbürger die Totalrevision der Bundesverfassung verlangen, so muß im einen wie im andern Falle die Frage, ob eine solche stattfinden soll oder nicht, dem schweizerischen Volke zur Abstimmung vorgelegt werden.

Sofern in einem dieser Fälle die Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger Uber die Frage sich bejahend ausspricht, so sind beide Räthe neu zu wählen, um die Totalrevision an die Hand zu nehmen.

Art. 121.

Die Partial re visi on kann sowohl auf dem Wege der Volksanregung (Initiative) als der Bundesgesetzgebung vorgenommen werden.

Die Volksanregung umfaßt das von fünfzigtausend stimmberechtigten Schweizerbürgern gestellte Begehren auf Erlaß, Aufhebung oder Abänderung bestimmter Artikel der Bundesverfassung.

Wenn auf dem Wege der Volksanregung mehrere verschiedene Materien zur Revision oder zur Aufnahme in die Bundesverfassung vorgeschlagen werden, so hat jede derselben den Gegenstand eines besondern Initiativbegehrens zu bilden.

Die Initiativ begehren können in der Form der allgemeinen Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfes gestellt werden.

Wenn ein solches Begehren in Form der allgemeinen Anregung gestellt wird und die eidgenössischen Räthe mit demselben einverstanden sind, so haben sie die Partialrevisioo im Sinne der Initianten auszuarbeiten und dieselbe dem Volke und den Ständen zur Annahme oder Verwerfung vorzulegen. Stimmen die eidgenössischen Räthe dem Begehren nksht zu, so ist die Frage der Partial revision dem Volke zur Abstimmung zu unterbreiten, und, sofern die Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger sich bejahend ausspricht, die Revision von der Bundesversammlung im Sinne des Volksbeschlusses an die Hand zu nehmen.

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Wird das Begehren in Form eines ausgearbeiteten Entwurfes gestellt, und stimmt die Bundesversammlung demselben zu, so ist der Entwurf dem Volke und den Ständen zur Annahme oder Verwerfung vorzulegen. Im Falle der Nichtzustimmung kann die Bundesversammlung einen eigenen Entwurf ausarbeiten oder die Verwerfung des Vorschlages beantragen und ihren Entwurf oder Verwerfungsantrag gleichzeitig mit dem Initiativbegehren der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreiten.

Art. 122.

Ueber das Verfahren bei den Volksbegehren und den Abstimmungen betreffend Revision der Bundesverfassung wird ein Bundesgesetz das Nähere bestimmen.

Art. 123.

Die revidirte. Bundesverfassung, beziehungsweise der revidirte Theil derselben, treten in Kraft, wenn sie von der Mehrheit der an der Abstimmung theilnehmenden Bürger und von der Mehrheit der Kantone angenommen sind.

Bei Ausmittlung der Mehrheit der Kantone wird die Stimme eines Halbkantons als halbe Stimme gezählt.

Das Ergebniß der Volksabstimmung in jedem Kantone gilt als Standesstimme desselben.

II. Artikel. Vorstehender Bundesbeschluß wird der Abstimmung des Volkes und der Stände unterstellt.

Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 17. Dezember 1890.

Der Präsident: Kellersberger.

Der Protokollführer: Schatzmann, Also beschlossen vom Nationalrathe, B e r n , den 8. April 1891.

Der Präsident: Müller.

Der Protokollführer: Ringier,

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Bundesbeschluß betreffend Revision der Bundesverfassung. (Vom 8. April 1891.)

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29.04.1891

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