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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Petition von Pferdezüchtern der romanischen Schweiz.

(Vom 15. Juni 1891.)

Tit.

Unterm 16. April abbin übermitteln Sie uns zur Berichterstattung und Antragstellung eine Petition von Pferdezuchten! der romanischen Schweiz, in welcher dieselben verlangen : 1. Den Ankauf der Artilleriepferde im Inlande durch das Militärdepartement und 2. den Ankauf der Kavallerie-Remonten ebenfalls im Inlande zu bestimmten Zeitpunkten und in der größtmöglichen Zahl, und zwar zu Preisen, welche den für ausländische Remonten bezahlten gleich seien.

In der Petition wird des Fernern der Wunsch ausgedrückt, es möchte durch einen Delegirten des Landwirthschaftsdepartements über jeden Remountenankauf im Inland zu Händen der Pferdezüchter ein Bericht erstattet werden, aus dem letztere entnehmen kénnten, nach welcher Richtung ihre Produkte mangelhaft seien, um sich für die Zukunft darnach zu richten.

Zur Begründung dieser Anträge wird geltend gemacht, daß seit ungefähr 20 Jahren durch den Import geeigneter Hengste und durch Prämierung von Fohlen und von Weiden Wesentliches zur Hebung unserer Pferdezucht gethan worden sei. Was jedoch den Pferdezüchtern fehle, das sei ein gesicherter und regelmäßiger Absatz ihrer Produkte. Dieser Absatz könne nur gefunden werden

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durch den Verkauf der Produkte als Truppenpferde, und wenn auch ein großer Theil derselben die Kommission für den Ankauf von Kavallerie-Remonten noch nicht zu befriedigen vermöge, so könnten solche doch ganz gut als Artilleriepferde Verwendung finden. Im Weitern wird darauf hingewiesen, daß die ausländischen Remonten theurer als die inländischen bezahlt werden, während im Interesse des Landes überhaupt und namentlich auch zur Aufmunterung der Pferdezüchter gerade das Umgekehrte der Fall sein sollte.

Wir beehren uns, hierauf Folgendes zu erwidern : Ad 1. Ankauf von Artilleriepferden.

Solche Anregungen sind nicht neu. Bereits Anfangs der 1880er Jahre wurde die Frage in Erwägung gezogen, ob nicht eine Anzahl Artilleriepferde für die Schulen und Kurse käuflich zu erwerben seien. Eine nähere Untersuchung führte jedoch damals zu dem Ergebnisse, daß statt der in Aussicht gestellten Vorteheile für die Militärverwaltung ein ganz erhebliches Defizit hätte eintreten müssen.

Im Jahr 1889 hatten westschweizerische Pferdezüchter darum nachgesucht, daß zum Zwecke der Unterstützung der inländischen Pferdezucht die Artilleriepferde nicht mehr eingemiethet, sondern im Frühjahr gekauft und im Herbste (zum Theil an ausländische Artillerie) wieder verkauft werden möchten. Nach Prüfung aller Verhältnisse mußte auch diese Anregung abgelehnt werden, zumal es nicht in unserem Interesse liegen könne, fèr fremde Armeen Artilleriepferde zu trainiren.

Infolge des Postulats vom 9. Juni 1883 würfle der Pferdehestand der Rcgieanstalt successive auf 275 gebracht. Am 24. Juni 1889 wurde der Bundesrath neuerdings eingeladen, zu prüfen, ob nicht behufs besserer Remontierung der Kavallerie und der Artillerie ein ständiges Pferdedepot, zu errichten sei. In Nachachtung dieses Postulates erfolgte seither die Errichtung des Centralremontendepots für die Kavallerie und die Erhöhung des Pferdebeslaudes der Regie auf zirka 540 Stück ; für die durch diese Vermehrung nothwendig gewordene Erweiterung der ßegieaustalt bewilligten Sie unterm 26. Juni 1890 einen Kredit von Fr. 485,000.

Für die Rekrutenschulen der Artillerie bedarf es pro Schule zirka 90 Pferde 1. Annahme, d. h. solcher Pferde, die zum Reitdienst tauglich sind. Da aber die Rekruten auf diesen Pferden in kurzer Zeit das Reiten erlernen sollen, können hiefür nur bereits eingerittene Pferde Verwendung finden.

652 Bei ihrem gegenwärtigen Pferdebestande ist die Regieanstalt in der Lüge, die Lieferung dieser Pferde 1. Annahme zu übernehmen und es muß auch dieser Weg eingeschlagen werden, sofern nicht ein größerer Theil der Pferde während des Jahres unbeschäftigt bleiben soll. Zudem hat das bisher befolgte System, die Pferde nach Bedarf einzumiethen, sich im Allgemeinen bewährt, während ohne Zweifel die Vermehrung des Bestandes an eigenen Pferden die Beschaffung der Miethpferde erschweren wird.

Im Uebrigen könnte den Pferdezüchtern nur ein jährlich stattfindender größerer Ankauf die erhofften Vortheile bringen, und auch nur dann, wenn ihnen gestattet würde, die Pferde in einem Alter von y k à 4 Jahren abzugeben. Die Militärverwaltung muß jedoch für Artilleriepferde ein Alter von wenigstens 5 Jahren verlangen (Art. 31 des Verwaltungsreglements).

Wir haben uns schon in unserm Geschäftsberichte pro 1889 in dieser Sache ausgesprochen und unter Hinweisung auf das progressive Anwachsen der Ausgaben des Landwirthschaftsdepartements in dieser Richtung und auf die vielfachen Anstrengungen zur Verbesserung des Pferdematerials darauf aufmerksam gemocht, daß sieh die Landwirtschaft èber eine ungenügende Berücksichtigung ihrer Interessen nicht beklagen könne.

Gleichwohl erklären wir uns, unter Vorbehalt der Kreditbewilligung durch dieRäthe,, bereit, im nächsten Frühjahr einen Versuch mit dem Ankauf von circa 90 5- à 6jährigen Pferden zu machen und dieselben auf die drei Artilleriewaffenplätze zu vertheilen. Nach einem solchen Versuche wird es dann möglich sein, zu beurtheilen, o b u n d inwieweitt ein periodischer Ankauf von Artilleriepferden in der Schweiz sich empfehle und ob durch diese Art der Pferdestellung dem Bunde nicht allzu große finanzielle Opfer auffallen.

Ad 2. In Betreff des Ankaufs der Kavallerieremonten wird gewünscht, daß derselbe jeweilen zu einem bestimmten Zeitpunkte, in der größtmöglichen Anzahl und zu gleichen Preisen, wie die im Auslande bezahlten, stattfinden möchte.

Diesen Wünschen wird durch das seit einiger Zeit befolgte Verfahren bereits Rechnung getragen.

In frühem Jahren war es nicht möglich, die Pferde jedes Jahr zur gleichen Zeit anzukaufen, weil dieselben unmittelbar nach dem Ankauf in den Remontenkurs übergehen mußten. Nachdem aber im Herbst 1889 das Centralremontendepot errichtet worden ist, findet der inländische Ankauf jedes Jahr Ende März statt, d. h.

zu einem Zeitpunkte, der für die Züchter möglichst günstig gewählt sein dürfte.

653 Was die für die inländischen Pferde bezahlten Preise betrifft, so bemerken wir, daß für die ausländischen Remonten inklusive Transportkosten bis jetzt im Maximum Fr. 1220 bezahlt worden sind und daß die inländischen Pferde im Jahre 1890 mit Hinzurechnung der Transportspesen auf durchschnittlich Fr. 1325 per Pferd zu stehen kamen. Für die im Monat März d. J. angekauften Remonten sind die Rechnungen noch nicht abgeschlossen. Die Pferde, welche im Alter von drei Jahren für das Fohlendepot in Thun erworben und von diesem dann naxsh ungefähr neun Monaten an die Kavallerie oder die Regie abgegeben werden, kommen bis zur Abgabe auf durchschnittlich Fr. 1600 bis Fr. 1700 zu stehen.

Es ist daher nicht richtig, daß die inländischen Pferde schlechter bezahlt werden als die ausländischen. Gegentheils darf behauptet werden, der Preis für die inländischen Pferde sei im Verhältnisse zu ihrem wirklichen Werthe zu hoch und werde nur in dem Bestreben bezahlt, die inländische Pferdezucht so viel als möglich zu heben. Zum Beweise glauben wir namentlich auf folgende Verhältnisse aufmerksam machen zu sollen : Bei der Werthung der Pferde, wie solche am Schlüsse eines Remontenkurses vorgenommen wird, kommt es nur ausnahmsweise vor, daß die Pferde inländischen Ankaufs durchschnittlich ebenso, hoch gewerthet werden können, als deren Ankaufspreis betrug und ebenso selten ist die Thatsache, daß bei der Versteigerung der Pferde an die Rekruten bei den inländischen Pferden die Uebersteigerungssumme auch nur annähernd denjenigen Betrag erreicht, der für ausländische Pferde erzielt wird. Ferner können bei der jeweiligen Liquidation des Fohlenhofes in Thun die Pferde trotz der sorgfältigsten Pflege kaum über ihren ursprünglichen Ankaufspreis hinaus gewerthet werden.

Die Petenten wünschen, daß einheimische Pferde jeweilen -in der größtmöglichen Zahl angekauft werden. Sollte in diesem Wunsche die Ansicht ausgedrückt sein, es sei bisher nicht so verfahren worden , so müßten wir dieser Anschauungsweise entschieden entgegentreten. Seit Jahren ist den jeweiligen Ankaufskornmissionen im Inland ein Mitglied der eidg. Käthe beigegeben worden, um eine Garantie dafür zu erhalten, daß nicht ausschließlich die Interessen der Waffe, sondern ebenso gut auch diejenigen der Landwirthschaft gewahrt bleiben. Von diesen Delegirten sind uns
bisher keine Klagen darüber zugekommen, daß inländische Pferde zurückgewiesen worden seien, welche ihrer Ansicht nach hätten angekauft werden sollen. Gegentheils wurden häufig Pferde angenommen, die den gestellten Anforderungen nicht entsprachen, und zwar geschah dieses nur aus dem Grunde, um den Landwirthen ßnndesbiatt. 43. Jahrg. Bd. III.

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möglichst entgegenzukommen. Eine Folge dieses Entgegenkommens sind dann allerdings die im Verhältniß zu den andern Pferden zahlreich vorkommenden Ausrangirungen der Inländer.

g ö · Wir würden es nur begrüßen, wenn der ganze Bedarf der jährlichen Remontirung oder wenigstens ein größerer Theil derselben, im Inlande gedeckt werden könnte. Wenn dem gegenwärtig noch nicht so ist, so liegt der Grund aber nicht an uns, sondern bei den Pferdezuchten! und ihren Produkten. Durch die Förderung der Pferdezucht ist die Produzirung von Kavalleriepferden noch nicht bedingt. Den Beweis hiefür liefern andere Länder: Belgien besitzt eine sehr bemerkenswerthe Pferdezucht, der Bedarf an Remonten für die Kavallerie wird trotzdem aus detn Auslande bezogen. Frankreich besitzt eine große und blühende Pferdezucht, gleichwohl ist die Berittenmachung seiner Kavallerie mit inländischen Pferden kaum durchführbar. Aehnliche Verhältnisse zeigen sieh in Bayern und andern Theilen Deutschlands: Wenn es daher diesen Staaten trotz ihren schon seit langer Zeit gemachten Anstrengungen für die Hebung der Pferdezucht nur theilweise gelungen ist, den Bedarf an Kavallerie-Remonten im eigenen Lande zu decken, kann solches bei uns noch weniger verlangt werden. Abgesehen davon, daß die Verhältnisse an und für sich bei uns nicht günstiger sind, ist erst seit kurzer Zeit mit einer rationellen Züchtung begonnen worden, und es muß daher trotz den schon erzielten guten Resultaten als geradezu unmöglich bezeichnet werden, die Früchte dieser Bestrebungen jetzt schon ernten zu können.

Ein weiterer Grund, warum bis jetzt nicht mehr Pferde angenommen werden konnten, liegt übrigens auch im Mangel an Verständniß seitens der Züchter. Rühmliche Ausnahmen abgerechnet, scheint noch bei vielen Züchtern die Anschauung zu herrschen, als sèi für die Nachzucht jede Stute gut genug, und es sei sowohl für die Mutter-Thiere als für die Fohlen ein kräftiges und gesundes Futter eine überflüssige Forderung. Die Folgen einer solchen irrationellen Züchtung inachen sich bei den jährlichen Pferdeschauen bemerkbar, und wenn die Militärverwaltung sich weigert, solche Thiere anzunehmen, so ist diese Weigerung durchaus gerechtfertigt, indem die Verwaltung in erster Linie die Interessen der Armee zu wahren hat.

Ad 3. Was endlich den Wunsch anbetrifft, es möchte durch einen
Delegirten des Landwirthschaftsdepartements über jeden Re montenankauf zu Händen der Züchter ein Bericht erstattet werden, so haben die Ankaufskommissionen von unserm Militärdepartement schon seit Jahren die Weisung erhalten, den betreffenden Eigen-

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Auch werden anläßlich der Ankäufe für das Depot dreijähriger Remonten, die seit mehreren Jahren durch Kommissionen stattfinden, welche vom Militärdepartement und vom Landwirthschaftsdepartement gemeinsam bezeichnet werden, die anwesenden Pferdezüchter jeweilen durch einen der Experten in kurzem Vortrage auf die Umstände aufmerksam gemacht, welche die Pferdezucht der betreffenden Gegend zu fördern geeignet wären. Es dürfte damit dem Wunsche der Petitionäre nach der erforderlichen Belehrung der Züchter Rechnung getragen sein.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 15. Juni 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Petition von Pferdezüchtern der romanischen Schweiz. (Vom 15. Juni 1891.)

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01.07.1891

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