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Schweizerisches Bundesblatt.

43. Jahrgang. L

Nr. 13.

1. April 1891.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Stämpfli'schen Buchdruckerei in Bern

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf von Centralbahnaktien.

(Vom 21. März 1891.)

Tit.

I.

Wir haben in unserer Botschaft vom 30. Mai v. J. die Grunde auseinandergesetzt, welche uns bestimmten, Ihnen den Ankauf einer bedeutenden Zahl von Prioritätsaktien der Jura-Simplon-Bahn zu beantragen. Durch Beschluß vom 27. Juni 1890 haben Sie unsere Anträge angenommen, und da ein Referendumsbegehren dagegen nicht gestellt wurde, so dürfen wir annehmen, daß die Grundsätze, von denen sich die Behörden leiten ließen, auch im Volke Zustimmung gefunden haben.

Als uns daher in jüngster Zeit die Gelegenheit geboten wurde, mit einem Konsortium von deutschen und schweizerischen Banken über den Erwerb von Centralbahnaktien in Unterhandlung zu treten, nahmen wir keinen Anstand, dieses zu thun, und haben am 5. d. Mts. den Vertrag abgeschlossen, den wir Ihnen hiemit zur Genehmigung unterstellen.

Nachdem sich der Bund durch den Kauf der Jura-SimplonBahnaktien in dieser Gesellschaft eine Stellung geschaffen hat, die ihn berechtigt, für eine nicht ferne Zeit einen maßgebenden Einfluß auf diese Verkehrsanstalt und damit auch auf das gesammte Eisenbahnwesen des Landes zu gewinnen, konnte für die weiteren Bestrebungen kein Ziel erwünschter sein, als die Anbahnung des Erwerbes der Centralbahn. Die Gründe sind so sehr in die Augen fallend, daß sie nur der Andeutung bedürfen.

Bandesblatt. 43. Jahrg. Bd. I.

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Die in einander verflochtenen Netze der beiden Bahnen umfassen das ganze Gebiet der Westschweiz zwischen den Endpunkten Basel, Genf, Brig und Luzern. Sie begegnen sich in dem wichtigsten schweizerischen Eisenbahnthor Basel, und die Centralbahn bildet nicht bloß die bedeutendste Zufahrtslinie zum Gotthard, sondern greift mit den Gemeinschaftslinien der Bötzbergbahn und der aargaitischen Südbahn auch in das Verkehrsgebiet der Nordostbahn ein.

Auch die Simplonfrage erhält eine erhöhte Bedeutung. Wir habeo in unserer Botschaft über den Ankauf der Jura-Simplonaktien die Stellung auseinandergesetzt, welche der Bund in Bezug auf diese Frage einnimmt. Daß der Erwerb der Centralbahn diese Stellung befestigt, ist augenscheinlich. Der Einfluß des Bundes auf den Betrieb der gesammten westschweizerischen Bahnen gibt ihm die Möglichkeit, der durch das Gesetz aufgestellten Pflicht, den Verkehrsverbindungen mit Italien möglichste Förderung angedeihen zu lassen und die Beeinträchtigung dieser Verbindungen zu verhüten, sowohl in Bezug auf den Bau, als den Betrieb im vollen Maße nachzukommen.

Selbst für den Fall, daß sich der Erwerb der sämmtlichen schweizerischen Hauptbahnen länger verzögern sollte, als es zu wünschen ist, würde der Bund durch die Vereinigung der JuraSimplon-Bahn mit der Centralbahn sich in den Besitz eines Bahngebietes setzen, welches groß und verkehrsreich genug ist, um in allen Beziehungen für den öffentlichen Verkehr die Vortheile zu erlangen, welche wir bei der heutigen Zersplitterung entbehren.

Zu diesen Vortheilen gehören, auf den ersten Blick, die Ersparnisse, welche sich aus dem gemeinschaftlichen Betrieb mit Nothwendigkeit ergeben müßten und schon durch die bloße Betriebsvereinigung, auch ohne förmliche Fusion der beiden Netze, erreichbar wären. Wir rechnen ferner dazu die Einheit der Tarife, die rationelle Gestaltung der Fahrpläne, anderer Verbesserungen, die nur durch Vereinigung möglich sind, nicht zu gedenken. Ueber die beiden letzteren Punkte, die Tarife und die Fahrpläne, halten wir eine nähere Erörterung am Platz.

Die Frage der Reform der Personentarife ist in unsern Nachbarländern zum Theil vollzogen, zum Theil bildet sie noch dea Gegenstand eingebender Untersuchungen. So groß ihre Bedeutung ist, so gering ist gegenüber den Bahnen der Einfluß des Bundes. Die heutigen Tarife
sind durch die Konzessionen garantirt; wenn auch einzelne Gesellschaften zu einer Reform Hand bieten würden, besäße der Bund kein Mittel, die andern zu zwingen, und es ist somit das Schicksal dieser wichtigen Angelegenheit völlig

695 \ dem guten Willen aller einzelnen anheimgestellt, indem das schweizerische Eisenbahngebiet ohnehin so klein ist, daß an die Einführung von Streckentarifen auf dem Gebiete der einzelnen Gesellschaften nicht gedacht werden kann. Unser Eisenbahndepartement theilte schon Anfangs Juni des vorigen Jahres dem schweizerischen Eisenbahnverbande einen Plan zur Umgestaltung der Personentarife mit, indem es ausführte, daß in der Schweiz noch immer dieselben Tarife und Taxen gelten, welche vor 40 und mehr Jahren eingeführt worden sind, so daß diese Frage auch in unserem Lande von einem größeren Gesichtspunkt aus in1 s Auge gefaßt werden sollte.

Von Seite des Eisenbahnverbandes wurde die von uns zur Besprechung dieser Frage anerbotene Konferenz filr einmal abgelehnt, mit der Erklärung, es hätten sieh die Verwaltungen bereits davon überzeugen müssen, daß eine solche Umgestaltung der Tarife namentlich wegen der weittragenden finanziellen Konsequenzen mit großen Schwierigkeiten verbunden sei, und daß die umfassenden statistischen Erhebungen bei der Masse des zu bewältigenden Materials noch geraume Zeit erfordern werden. Seither ruht diese Angelegenheit, die nicht nur für die Gesellschaften, sondern auch für den öffentlichen Verkehr, für den internen- wie den durchgehenden, für die Touristenfrage, ja für die Erwerbs- und Konkurrenzfähigkeit des ganzen Landes von der allergrößten Wichtigkeit ist. Ein sicheres Mittel zur Lösung ist gegenüber den Konzessionen nicht gegeben und kann einzig in dem einheitlichen Betrieb der getrennten Netze gefunden werden.

Der Eisenbahntransport ist zur Zeit einer der wichtigsten Faktoren der nationalen Produktion und somit auch der ökonomischen Existenz eines jeden Staates. Als ein kleines Binnenland führen wir den Kampf um diese Existenz unter den ungünstigsten Verhältnissen und können kein Mittel aufgeben, von dem unsere Konkurrenzfähigkeit wesentlich abhängt. Wenn wir in diesem Kampfe wenigstens aufrecht bleiben wollen, haben wir vor Allem das Eisenbahnwesen so vortheilhaft als möglich zu gestalten. Der Staat, dem es zuerst gelingt, die Bisenbahnfrachten wesentlich herabzusetzen, wird dadurch seinen Nachbarn einen großen Vortheil abgewinnen und damit seiner Produktion einen natürlicheren und wirksameren Schutz angedeihen lassen, als durch die künstlichen Schutzmittel, nach
denen die heutige Zeit ohne Erfolg sucht und die oft schlimmer sind als das Uebel. Sicherlich darf man solche Resultate nicht von einem Tag auf den andern erwarten, aber gerade darin liegt die Pflicht, mit der Legung des Grundsteins nicht zu zögern und die Zustände zu beseitigen, welche das anzustrebende Ziel nie erreichen lassen. Der Staat, der allein dieses Ziel erreichen kann, geht demselben wissentlich aus dem Wege, so lange

696 er die Bahnen im Besitze der Gesellschaften beläßt und damit die Erträgnisse der öffentlichen Ti-ansportanstalten wenigstens zum Theile dem Verkehr entzieht und der Privatspekulation überliefert.

Mit Recht betrachten wir die Zölle als einen wichtigen Faktor der öffentlichen Oekonomie, und es würde kaum Jemandem einfallen, diesen Zweig der Staatsverwaltung in ähnlicher Weise an die Privatthätigkeit abzugeben, wie dieses mit den Eisenbahnen geschehen ist. Das Verhältniß, in welchem diese beiden Verkehrselemente zu einander stehen, mag folgenden Zahlen entnommen werden, welche sich auf das Jahr 1886 beziehen.

Die Einfuhr per Eisenbahn über die Grenzstationen ergab : an Zolleinnahmen Fr. 18,730,000 die übrigen Zolleinnahmen . . ,, 3,665,000 Fr. 22,395,000 Die gesammten Frachteinnahmen betrugen Fr. 41,697,000 Davon sind abzuziehen: Die Frachtbeträge für die Durchfuhr mit ,, 5,213,000 Somit betragen die Frachten für Ein- und Ausfuhr und den internen Verkehr Fr. 36,484,000 """"TMTM7^^~

Die nähern Angaben finden sich in der Beilage. Wenn dieselben auch keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit erheben können, weil die vorhandenen Materialien über die Verkehrstheilung mangelhaft sind, so geschieht dadurch dem Resultate kein Eintrag, indem es sich lediglich um das V e r h ä l t n i ß zwischen den gefundenen Zoll- und Frachteinnahmen handelt.

Die Schlüsse, die sich aus diesen Zahlen ziehen lassen, ergeben sich von selbst; wir machen hier nur auf einen einzigen aufmerksam. Genau dieselben Gründe, welche die Staaten zu den heutigen Zollverträgen und schon in frühester Zeit auch zu gegenseitigen Zusicherungen über Befreiung von Wege- und Brückengeldern geführt haben, werden dieselben mit der Zeit auch zu Vereinbarungen über die Verhältnisse des Eisenbahntransportes veranlassen, wie wir denn bereits schon in dem vom B u n d e geschlossenen Gotthardvertrage hiefür Anfänge aufzuweisen haben. Diese Eisenbahnverträge werden für unsere Produktion und damit auch für das materielle Wohl des Landes an Bedeutung den heutigen internationalen Zolltarifen nicht nachstehen, aber so lange auch unmöglich für uns sein, als die Bisenbahnsouveränität von der Eidgenossenschaft nicht zurückerobert ist.

697 Bin zweiter Punkt, der wie die Tarifreform in der neuesten Zeit wesentlich hervortritt, betrifft die P a h r p l a n f r a g e .

Auch in dieser Beziehung halten sich die Gesellschaften geschützt, in der Meinung, daß eine rechtliche Pflicht nur zur Führung der in den Konzessionen verlangten Züge bestehe; ein neuester Entscheid des Bundesgerichtes, dessen Ausfertigung una noch nicht vorliegt, hat die Verwaltungen in dieser Meinung bestärkt. Nach jahrelangen Bemühungen war es endlich gelungen, einen durchgehenden Nachtzug von Romanshorn bis nach Genf in's Leben zu rufen und damit ein Bedürfniß zu befriedigen, dem andere Länder längst entsprochen hatten. Die Verwaltungen der Nordostbahn und der Schweizerischen Centralbahn glaubten sich dadurch in ihren Rechten verletzt und hatten die Genugthuung, durch das Bundesgericht in ihren Ansprüchen geschützt zu werden, indem die Eidgenossenschaft verurtheilt wurde, einen Beitrag an die Kosten der Nachtzüge zu leisten. Die Tragweite dieses Beschlusses ist einleuchtend und wird sich ohne Zweifel in dem fernem Verhalten der Verwaltungen deutlich bemerkbar machen und die Schwierigkeiten in's Unleidliche steigern, die sich jetzt schon bei der Fahrplanbildung für die eidgenössische Verwaltung ergeben. Nicht weniger einleuchtend ist es aber, daß der Rechtszustand, welcher den Richter zu diesem Urtheil gezwungen hat, auf die Dauer nicht haltbar ist. Es ist nicht ferner zuläßig, daß Aktiengesellschaften, welche reichliehe Dividenden vertheilen für Leistungen, die ausschließlieh im Interesse des Verkehres liegen, hiefür aus der Bundeskasse noch besonders subventionirt werden, und daß, hievon ganz abgesehen, die Gestaltung der Fahrpläne, welche mit den öffentlichen Interessen auf das Genaueste verbunden sind, der Hauptsache nach in das Belieben der Gesellschaften gestellt werde. Auch auf diesem Gebiet kann nur die einheitliche staatliche Ordnung den Anforderungen des Verkehrs in vollem Maße und mit den einfachsten Mitteln genügen.

Wir wollen uns hier nicht in eine systematische Abhandlung über die Vovtheile des Rückkaufes im Allgemeinen verlieren, nachdem wir in verschiedenen Botschaften der letzten Jahre eine Reihe von einzelnen Gesichtspunkten beleuchtet haben. Wir begnügen uns vender Hand mit dem Hinweis auf die erwähnten Verhältnisse. Immerhin behalten wir uns
vor, wenn nöthig in der Diskussion den vorliegenden Bericht nach verschiedenen Richtungen zu ergänzen und namentlich auch akten- und zahlenmäßig die Naehtheile auseinanderzusetzen, welche bei der Geldbeschaffung und der Fiuanzverwaltung überhaupt aus dem Privatbetrieb der Eisenbahnen für diese selbst und für den öffentlichen Verkehr entstanden sind. Die in

698 dieser Beziehung entstandenen Einbußen, welche die Eidgenossenschaft mit ihrem Kredit zum größten Theile hätte vermeiden können, sind sehr bedeutend und werden erst ausbleiben, wenn die Eidgenossenschaft mit der Uebernahme der Bahnen auch für ihre Verpflichtungen eintritt. Dabei schlagen wir die Lösung der Beziehungen, welche zwischen den Gliedern und Verwaltungen einzelner Bahnen und den bei denselben interessirten Finanzinstituten bestehen, nicht gering an.

Um nur von der Centralbahn zu reden, so hat dieselbe, nachdem im Jahr 1854 die damaligen Aktionäre um 8/5 der eingegangenen Verbindlichkeiten haben liberirt werden müssen, die dadurch entstandene Lücke durch den Verkauf von 30,000 Stück Aktien an die Société générale du Crédit mobilier und die Herren Pereire in Paris zum Kurs von 92 °/o ausfüllen müssen ; unter Zuzug der Einbußen, welche eine spätere Aktienemission ergab, haben die Emissionsverluste dieser Gesellschaft auf 50 Millionen Aktienkapital Fr. 1,534,511 betragen. Obschon die Dividende nach und nach auf 9 °/o stieg, hat die Centralbahngesellschaft doch ohne Kursverluste sich nur einige Male Geld zu einem Zins unter 5 °/o verschaffen können; sie mußte Abzüge auf ihren Anleihen sich gefallen lassen von 10 °/o bei einem 41/2% Anleihen von 12 Millionen im Jahr 1857, 4% ,, ,, 41/2% ,, ,, 5 ,, ,, ,, 1871, 8 resp. 78/4% auf den 20 Millionen, welche im Jahr 1874 in einem gemeinschaftlich mit der Nordostbahngesellschaft erhobenen, zu 41/2% verzinslichen 50 Millionen-Anleihen beschafft wurden, 26,75 % auf den 57,338 4 °/oigen Obligationen à Fr. 500, die im Jahr 1875 dem Comptoir d'Escompte in Paris verkauft worden sind, 81/2% auf dem 4 % Anleihen von 20 Millionen im Jahr 1880, 8°/o auf den im Jahr 1883 ausgegebenen 21 Millionen, 70/0 ,, ,, ,, ,, 1884 ,, 6 ,, 21/2% ,, ,, ,, ,, 1884 ,, 3 ,, des 30 Millionen-Anleihens von 1883.

Zum ersten Mal gelang im Jahr 1886 der Central bahngesellschaft die Beschaffung eines Kapitals à 4 °/o ohne Kursverlust. Das Publikum nahm die Titel zum Kurs von 100 Va, das überschießende halbe Prozent erhielten die Geldinstitute, welche "den Erfolg des Ânleihens garntirt hatten".

Noch ein weiterer Punkt von großer Tragweite soll hier erwähnt werden. Mit dem Jahre 1888 hat die zehnjährige Periode begonnen, deren Erträgnisse für den nächsten Rückkauf der Bahnen

699 im Jahre 1903 maßgebend sind. Selbstverständlich haben die Verwaltungen das größte Interesse, die Reineinnahmen dieser Jahre möglichst gut zu gestalten, und zu diesem Interesse gesellt sich sogar die Pflicht, welche ihnen als den Geschäftsführern der Aktiengesellschaft gesetzlich obliegt. Es ist daher leicht erklärlich, wenn dieselben alle Reformen vermeiden, deren Einfluß auf die fiuunziellen Ergebnisse auch nur zweifelhaft sein könnte, und daß auch in Bezug auf die nöthigen Ausgaben (für Bauten, Geleisevermehrung, Rollmaterial etc.) die möglichste Beschränkung eintritt. Gerade in dieser Periode tritt es klar hervor, daß die Aktiengesellschaft ihrer Aufgabe, eine Dienerin des Verkehrs zu sein, nie gerecht werden wird, da ihr Zweck, auf Kosten dieses Verkehrs Gewinn zu machen, mit der sozialen Bedeutung des Eisenbahnbetriebes in direktem Widerspruch steht. Jeder Gewinn, welcher sich aus diesem Betrieb ergibt, sollte wieder dem Verkehr zu gute kommen ; so lange der heutige Zustand besteht, bleibt er aber dem Verkehr verloren. Es mag dahin gestellt bleiben, ob einzelne Gesellschaften auch in Zukunft Dividenden von acht und mehr Prozenten vertheilen werden; aber sicher besteht bei den Gesellschaften die Absicht und das Recht, diesen Erfolg, welcher mit der Erfüllung einer der wichtigsten Staatspflichten unvereinbar ist, namentlich im Verlauf dieses Jahrzehnts herbeizuführen.

Indem wir auf den Ankauf der Centralbahnaktien zurückkommen, brauchen wir kaum zu erklären, daß der Zweck dieser Maßregel keineswegs der sein soll, daß der Bund dauernd Großaktionär der Centralbahn werde. Unser Ziel ist die Erwerbung der Centralbahn und der Betrieb derselben durch den Bund mit der gleichzeitigen Absicht der successiven Erwerbung des gesammten schweizerischen Bahnnetzes. Es liegt auf der Hand, daß wir diesem Ziele in Bezug auf die Centralbahn durch den Ankauf von 50,000 Aktien ungleich näher stehen, als dieses bezüglich der Jura-Simplon-Bahn der Fall ist. Wenn der Bund in nächster Zeit im Besitze von 80,000 Aktien dieser letztern Gesellschaft sein wird, so macht dieß nur annähernd 1 ls der gesammten Aktienzahl aus, während die angekauften Centralbahnaktien genau die Hälfte der Gesammtzahl (100,000) bilden und den Bund in die Lage versetzen, durch die legislatorische Sanktion der .staatsrechtlich in einer Reihe
anderer Fälle in Anwendung gebrachten Grundsätze, sich auch die entsprechende Stimnienzahl in der Generalversammlung zu verschaffen. In welcher Weise dieses zu geschehen habe, wird an einer andern Stelle dieser Botschaft auseinandergesetzt.

Der ßundesrath hat sich übrigens, um das bezeichnete Ziel zu erreichen, nicht auf den Ankauf der Centralbahnaktieu beschränkt;

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es hat vielmehr das Eisenbahndepartement der Direktion der Gesellschaft Unterhandlungen über den Erwerb der gesammten Unternehmung angeboten, welche ohne Zweifel angenommen werden, aber in diesem Momente noch nicht eröffnet sind.

Kommt diese Verhandlung zum Ziel und ist die Generalversammlung bereit, die CentralbahH dem Bund unter den gleichen Bedingungen abzutreten, welche in dem Vertrag über den Ankauf der Aktien vereinbart worden sind, so ist damit der Zweck des Bundes auf einen Schlag erreicht und es wird damit auch der Vertrag vom 5. März d. J. seine Vollziehung finden. Sollten aber die Verhandlungen mit der Centralbahn sich zerschlagen, so bliebe dabei der genannte Vertrag über den Aktienkauf unberührt und es würde sodann der Besitz der angekauften Aktien den Bund in den Stand setzen, ohne Schwierigkeit auf anderem Wege die Abtretung der Bahn herbeizuführen.

Wenn sonach bei der Annahme unserer Vorschläge der Erwerb der Schweizerischen Centralbahn in nächster Zukunft sich verwirklichen läßt, so ist damit die Frage der künftigen Organisation der eidgenössischen Staatsbabnen aufgeworfen. Zu dem Erlaß eines Organisationsgesetzes kann allerdings erst nach dem Erwerb der Bahnen geschritten werden; abgesehen davon, daß es unmöglich erscheint, eventuelle Gesetze für Verhältnisse zu erlassen, die thatsächlich nicht bestehen, hängt die Organisation ganz und gar von den Grenzen des künftigen Staatsbahngebietes ab, das sich voraussichtlich zunächst auf die Schweizerische Centralbahn beschränken wird. Die Stellung, auf welche der Buucl bei der JuraSimplon-Bahn zur Zeit noch beschränkt ist, und die internen Verhältnisse dieser Gesellschaft selbst machen den Uebergang dieser Bahn in den Besitz der Eidgenossenschaft für die nächste Zeit nicht wahrscheinlich, was eine Betriebsvereinigung und andere engere Beziehungen mit der Schweizerischen Ceutralbahu nicht ausschließt.

Bezüglich des Betriebes der letztern Bahn halten wir es daher als allein möglieh, daß derselbe einstweilen im Wesentlichen auf derselben Grundlage wie bisher geführt werde, in der Art, daß die Direktion, anstatt dem Verwaltungsrathe und der General Versammlung, nun dem Bundesrathe und der Bundesversammlung unterstellt und verantwortlieh wird. Immerhin wird an die Stelle der Gesellschaftsstatuten ein neues Organisationsstatut treten müssen,
dessen Aufstellung, da es sich um einen vorübergehenden Zustand handelt, dem Bundesrathe vorbehalten werden kann. Für ein erweitertes Staatsbahngebiet werden allerdings andere und definitive organisatorische Maßregeln zu treffen sein, von denen heute nur allgemein und grundsätzlich gesprochen werden kann. Als obersten Satz

701 glauben wir aufstellen zu sollen, daß nach dem Erwerb der Bahnen dui'ch den Bund die bisherigen Verhältnisse, welche vielfach den geographischen und sprachlichen Verschiedenheiten des Landes entsprechen, möglichst geschont werden sollen, was nach unserer Meinung unter voller Beachtung der Interessen des Verkehres geschehen kann. Es ließe sich eine Organisation in dem Sinne denken, daß das künftige Staatsbahngebiet neu in Kreise eingetheilt wird oder daß die bisherigen Gesellschaftsgebiete unter angemessener Ausgleichung diese Kreise bilden und daß an deren Spitze eine Kreisdirektion zu stehen käme, der die Leitung und Aufsicht des Betriebes zukommt. Daß der Sitz dieser Direktionen in die hauptsächlichsten Knotenpunkte, die zugleich Mittelpunkte des Handels und Verkehrs sind, verlegt oder darin belassen werden müßte, ist eine Forderung, welche durch die Natur der Sache erledigt ist.

Diesen Kreisdirektionen würden alle bisherigen Verrichtungen belassen, soweit das Interesse des Verkehrs und der Verwaltung selbst nicht eine einheitliche Behandlung erfordert. Für diese Oberleitung des centralisirten Dienstes (der sich mit allen allgemeinen Fragen, dem Tarif- und Fahrplanwesen, der Rechnungsstellung, der Einheit in technischer Beziehung, der Vertretung nach Außen etc., zu befassen hätte) wäre eine Centralstelle zu errichten, die einen Theil dei- Bundesverwaltung bilden und zunächst dem Bundesrath unterstellt sein würde.

Für mindestens ebenso wichtig, als die staatliche Verwaltungseinrichtung, halten wir eine andere Institution, die uns zur Zeit noch ganz fehlt und auch bei der jetzigen Einrichtung nicht geschaffen werden kann, dafür aber in andern Staaten große Dienste leistet. Sie soll dem Uebelstand abhelfen, daß die Eisenbahnen, welche, wie keine andere Anstalt, in alle Gebiete des öffentlichen Lebens eingreifen, mit den Vertretern des Verkehrs in keinerlei Beziehung stehen. Dieser Zustand ist ein widernatürlicher und allseitig nachthciliger. Es muß dafür gesorgt werden, daß die Vertreter unseres Handels, der Industrie und Landwirtschaft bei der Berathung aller wichtigen Eisenbahnfragen, wie Tarife, Fahrpläne, Waarenklassifikationen etc., gehört werden und ihre Anträge zu stellen und zu begründen im Falle sind. Diese Einrichtung hat sich in andern Staaten bewährt, wo die Thätigkeit der sogenannten
Eisenbahnräthe eine sehr umfassende und ersprießliche geworden ist.

Bei den heutigen Verhältnissen ist eine derartige Einrichtung kaum denkbar; in Verbindung mit den einzelnen Eisenbahngesellschaften würde sie das Gegentheil ihres Zweckes bewirken und, statt die Einheit des schweizerischen Betriebes zu fördern, lokalen 'und Sonderinteressen zum Durchbruch verhelfen.

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IL Wir kommen nun auf den Preis zu sprechen, welcher für die Centralbahnaktien zu bezahlen ist. Die hiebei in Betracht fallenden Verhältnisse sind viel einfacher, als dieses bei den meisten andern Bahnen, und namentlich auch bei der Jura-Simplon-Bahn der Fall ist. Bei den Aktien dieser letzteren hatten wir die Heimfallsrechte und deren eventuellen Einfluß -auf das Liquidationsergebniß der Bahn zu erörtern; bei der schweizerischen Centralbahn kommen weder solche uoch ähnliche Verhältnisse vor, und ebenso wenig lasten auf dieser Gesellschaft außerordentliche Bauverpflichtungen, welche sich mit dem Simplonunternehnien irgendwie vergleichen ließen. Die Verhältnisse der schweizerischen Centralbahn sowohl in rechtlicher, als in finanzieller Hinsicht liegen klar vor und gestatten deßhalb auch eine sichere Schätzung des Werthes der Bahn.

Bei dieser Schätzung sind vor Allem aus die Börsenkurse auszuschließen. Die Elemente zur Berechnung des wirklichen Ertragswerthes einer Eisenbahn sind sämmtlich in der offiziellen Eisenbahnstatistik gegeben, und es ist Jedermann im Stande, sich aus denselben eine zuverläßige Rechnung über den Aktienwerth aufzustellen.

Nichtsdestoweniger läßt sich der weitaus größere Theil des Publikums hiebei ausschließlich von dein Kurszeddel leiten, dessen Angaben deßhalb trügerische sind, weil dieselben nicht den innera bleibenden Werth der Eisenbahnpapiere, sondern den täglichen Stand der mit denselben betriebenen Spekulation darstellen. Daher kommt es. daß die Börsenkurse nicht bloß im Laufe von Jahren, sondern sehr oft im Laufe weniger Monate um 20, 30 und mehr Prozente steigen oder fallen, während der dauernde Werth keinerlei Veränderung erleidet, wie dieses der Verlauf der schweizerischen Spekulation zur Genilge bewiesen hat.

Wir stellen daher ausschließlich auf die Thatsachen ab, welche in den Rechnungsergebnissen der G-esellschaft liegen, und haben zu diesem Zweck in der Beilage II die Betriebsergebnisse der schweizerischen Centralbahn aus den Jahren 1880--1889 aufgeführt.

Die Hauptergebnisse derselben sind folgende : Der durchschnittliche Reinertrag beträgt für die Jahre 1880--1889 Fr. 6,487,128 ,, ,, ,, 1885-1889 . . . . . . . ,, 7,130,198 Vermehrung während der fünfjährigen Periode . . Fr.

Jährliehe Vermehrung des Reinertrages . . . . ,,

643,070 128,614

Wird der künftige Reinertrag auf Grund der durchschnittlichen Ergebnisse der Jahre 1885--1889 berechnet und demnach von einer

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Vermehrung der Einnahmen ganz abgesehen, so ergibt sich für die.

Betriebsrechnungen vom Jahre 1889 an folgendes Resultat: Reinertrag (Ertrag sämmtlicher Aktiven) . . Fr. 7,130,198 Verzinsung der konsolidirten Anleihen . . . ,, 3,989,950 Verbleiben zur Verfügung

' . F r . 3,140,248

Dieses Resultat ist aber nur für den Fall gültig, daß der B u n d die Bahn übernimmt: Bleibt dieselbe im Besitz der Gesellschaft, so vermindert sich die zur Verfügung stehende Summe von . . . . Fr. 3,140,248 für die Aktionäre um den Betrag, welcher von 1890 an während 24 Jahren zum Zwecke der Ergänzung des Aktienkapitals (Amortisation) nöthig ist, nämlich uin ,, 508,857 und es bleiben für die Aktionäre zur Verfügung . Fr. 2,631,391 Eine Verminderung des Reinertrages tritt aber auch in diesem Falle nicht eia und es vermehrt siuh das Vermögen der Gesellschaft alljährlich um den Betrag von Fr. 508,857 mit Zuzug der betreffenden Zinseszinse.

Vergleichen wir nun die Ausgaben des Bundes für den Ankauf der Aktien mit den obigen Einnahmen, so. ergibt sieh folgende Rechnung : Die Reineinnahmen nach Abzug der Obligationenzinse betragen . . Fr. 3,140,248 Es entfällt somit auf jede der 100,000 Aktien der Betrag von Dagegen hat der Bund vertraglich für jede Aktie jährlich zu bezahlen Fr. 30, von denen jedoch eia Abzug zu machen ist infolge der Bestimmung des Vertrages, laut welcher der Zinsgenuß der Rente erst mit dem Monat August, der Dividendengenuß dagegen vom 1. Januar 1891 beginnt. Daraus ergibt sich auf sämmtlichen Aktien eine Ersparniß an Kapital von Fr. 1,750,000 und an Zins (3 °/o) von Fr. 52,500 oder jährlich auf einer Aktie von Fr. 0,525, so daß die effektive für jede Aktie vom Bunde zu bezahlende Reute beträgt Auf der Einnahme stellt sich somit ein Ueberschuß heraus von

Fr. 31. 40

,,

29. 47

Fr.

1. 93

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Wird der heutige Anleihenszinsfuß zu 3 Va °/o angenommen, so entspricht die jährliche Rente von Fr. 29. 47 einem Baarkapital von Fr. 842. -- Der mittlere Gewinn, der sich auf einer Prioritätsaktie der Jura-Simplon-Bahn -(Fr. 2. 50) und einer solchen der Centralbahn (Fr. 1. 93) ergibt, beträgt sonach Fr. 2. 21. Es würde der Gesamtntgewinn auf nur 80,000 Jura-Simplonaktien mit Fr. 200,000 ausreichen, um den Ausfall zu decken, wenn sich auf sämmtlichen 100,000 Centralbahnaktien gar kein Gewinn, sondern sogar ein jährlicher Verlust auf jeder Aktie im Betrage von Fr. 2 ergäbe, d. h. wenn der Ertrag der Aktie nicht auf Fr. 30, sondern bloß auf Fr. 28 käme. Diese Ausgleichung muß auch bei dem künftigen Erwerb weiterer Bahnnetze ins Auge gefaßt werden. Der Werth, welcher einer einzelnen Bahn als gesonderter Unternehmung zukommt, ist in der Regel ein anderer als derjenige, den sie für die Durchführung der Verstaatlichung und als Theil des gesammten schweizerischen Netzes darstellt; bei der Centralbahn ist er aus den entwickelten Gründen ein höherer.

Betrachten wir nun diese Ergebnisse zunächst ausschließlich vom finanziellen Standpunkte, bei dem es sich um die Frage handelt, ob der Bund als Aktionär der schweizerischen Centralbahn jährlich so viel einnehmen werde, als er an die Aktienverkäufer zu bezahlen hat, mit andern Worten, ob der Ertrag der Centralbahn auch künftig auf der Höhe der letzten fünf Jahre sich halten wird.

Um mit den Ausgaben zu beginnen, so werden sieh ohne Zweifel auch bei dieser Bahn die in neuerer Zeit ia die Höhe gegangenen Materialpreise und Arbeitslöhne geltend machen. Dabei ist aber nicht zu übersehen, daß diese Erhöhung schon im Jahr 1889 theilweise ihren Einfluß geübt hat. Von größerer Bedeutung- ist jedoch der Umstand, daß die zehnjährige durchschnittliche Vennehrung der Transporteinnahmen d'en entsprechenden Posten der Transportauslagen wesentlich überschreitet, indem die erstere Fr. 2,062,000, die letztere aber nur Fr. 1,409,000 beträgt. Was speziell die Vermehrung der Kosten infolge des Gesetzes über die Arbeitszeit der Eisenbahnangestellten betrifft, so darf mit Sicherheit angenommen werden, daß diese Erhöhung um so weniger in's Gewicht fallen wird, je größer das Verwaltungsgebiet ist, weil die dem Gesetz entsprechende Vertbeilung der Arbeit sich bei einer Mehrzahl von
Arbeitern leichter bewerkstelligen läßt. Dieser Vortheil wird aber nicht nur in dieser Richtung, sondern in Bezug auf die ganze Verwaltung zu erreichen sein, deren Kosten sich in sehr bedeutendem Maße verringern, sobald an die Stelle der einzelnen Gesell-

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Schäften, von denen jede alle Zweige der Verwaltung einzurichten und fortzuführen hat, eine einheitliche und einfache Organisation getreten sein wird. Die Wahrung der Sonderinteressen jeder einzelnen Gesellschaft gegen die übrigen, sowie die Vertretung aller gegen die staatliche Aufsichtsbehörde erheischt einen Aufwand von Kräften, der sich unter keinen Umständen rechtfertigen läßt und nach kompetenter Schätzung einen großen Theil der Gesammtthätigkeit der einzelnen Verwaltungen repräsentirt.

Eine wesentliche Ersparniß wird in der Tarifaufstellung und in dem Entfall der Repartition der Taxen unter die einzelnen Verwaltungen selbst liegen, welche gegenwärtig Hunderte von Angestellten beschäftigt. Denn die Tarifaufstellung wird unendlich einfacher werden, und es wird nicht bloß die Ausscheidung und Verrechnung der Taxansprüche der Gesellschaften unter sich, sondern auch die Repartition der im internationalen Verkehr erworbenen Antheile unter die einzelnen Unternehmungen hinfort entfallen können. Von größerer Bedeutung noch werden die Vortheile sein, welche aus dem einheitlichen Interesse des vereinigten Betriebes sich ergeben.

Die der Union Commerciale angehörenden Verwaltungen haben sich zwar bereits dahin verständigt, daß alle Transporte, welche das Netz von mehr als einer Verwaltung berühren, auf dem kürzesten Weg spedirt werden sollen, und es ist dadurch eine anerkennenswerthe Vereinfachung schon eingetreten. Das hindert aber nicht, daß die einzelnen Verwaltungen immer noch versuchen, Sendungen in's Ausland zum Nachtheil der längeren schweizerischen Route der eigenen Linie zuzuwenden. So ist es klar, daß Transporte, welche z. B. von St. Gallen und vom Toggenburg aus unter übrigens, gleichen Bedingungen via Buchs oder Chiasso oder Genf oder Basel an ihre Bestimmung gesandt werden können, von der Verwaltung der Vereinigten Schweizerbahnen nicht in Winterthur der Nordostbahn abgegeben, sondern über die der Gesellschaft besser dienende, längere, eigene Strecke gefahren werden, und daß ähnliche Verhältnisse bei allen andern Gesellschaften in Menge vorkommen. Es wird aber, um bei dem angeführten Beispiel zu bleiben, der einheitliche Betrieb nicht mehr gestatten, daß ein Gut, welches ab Wyl über Buchs oder Chiasso geleitet werden kann, die erstere, nur 96 Kilometer lange Strecke befährt, um dort dem
Ausland abgegeben zu werden, sondern es wird dasselbe auf der 386 Kilometer langen Strecke via Chiasso befördert werden.

Von den Vereinbarungen der Union Commerciale sind ferner ausgenommen die Transporte der Gesellschaften im internen VerJkehr, d. h. solche Transporte werden auch dann auf den eigenen

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Schienen befördert, wenn der zu durchlaufende Weg länger sein sollte, als der über das Geleise einer andern Bahn offenstehende.

So leitet z. B. die Verwaltung der Vereinigten Schweizerbahnen die Transporte von St. Gallen nach Uster über Sargans (168 km.), und entzieht sie der kürzeren Linie via Winterthur (88 km.), um nicht an die Nordostbahn die Taxe für die Theilstrecke Winterthur-Wallisellen (17 km.) verguten zu müssen. Der Aufgeber ist dadurch nicht geschädigt; er muß nicht mehr als die Fracht ftir die kürzere Strecke bezahlen und hat auch Anspruch darauf, daß die Lieferfrist nach Maßgabe dieser berechnet werde, aber der Betrieb trägt die Unkosten des längeren Transportes. Sobald die Sonderinteressen der Gesellchaften dahinfallen, werden solche Transporte nur der kürzeren Route anheimfallen und werden nur die dieser entsprechenden geringeren Transportkosten das Unternehmen belasten.

Es ist uns nicht gelungen, den Umfang jener Transporte, welche um der Sonderinteressen einer Gesellschaft willen der längeren schweizerischen Route entzogen, und derjenigen, welche aus gleichen Gründen auf Umwegrouten geführt werden, festzustellen. Es sind aber sehr beträchtliche Quantitäten, um welche es sich handelt.

Wenn wir annehmen, daß der mittlere Verlust in ersterer Richhing einem Reinertrag von 3 Centimes pro Tonnenkilometer gleichkomme und die vernachläßigte schweizerische Strecke durchschnittlich 100 km. betrage, so wird auf jeder Tonne, welche durch den einheitlichen Betrieb der längeren schweizerischen Route verbleibt, eine Mehreinnahme von Fr. 3 erzielt werden, und umgekehrt, bei Voraussetzung eines Umwegtransportes von durchschnittlich 50 km.

bei den betreffenden Verkehren und 2 Centimes Traktionskosten pro Tonnenkilometer, eine Ersparniß von Fr. l pro 1000 Kilogramm eintreten, Beträge, welche reichlich genügen werden, um allfällige Ausfälle infolge der erforderlichen Taxermäßigungen auf der Durchgangsstrecke auszugleichen.

Die Tarifreform wird daher bei dem Binheitsbetriebe nicht allein eine für den öffentlichen Verkehr, sondern auch für die Eisenbahnkasse wichtige und lohnende Aufgabe werden.

Wenn sich auch der Betrag der daherigen Ersparnisse zur Zeit nicht berechnen läßt, so wird immerhin nicht bestritten werden können, daß er bei Weitem hinreichend sein wird, um die voraussichtliche Erhöhung
der Betriebskosten zu decken. Dabei braucht man die Verbesserungen, welche die Zukunft in Bezug auf das Betriebswesen bringen wird, noch, gar nicht in Betracht zu ziehen Daß dieselben sowohl in der Vervollkommnung der technischen Einrichtungen, wie auch in Bezug auf die Verwendung neuer frei-

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bender Kräfte nicht ausbleiben und "auf die ganze Gestaltung des Betriebes von tiefgreifendem Einfluß sein werden, ist nach dem heutigen Stande der Technik um so unzweifelhafter, als das nunmehr über die ganze Welt verbreitete Eisenbahnwesen wenig länger als ein halbes Jahrhundert besteht. Der Staat darf sich solche Ausblicke in die Zukunft erlauben und dieselben in Rechnung ziehen, während die Interessen des Aktionärs nur eine kurze Spanne Zeit umfassen.

Wenn demnach kein Grund zu der Befürchtung vorhanden ist, daß die künftigen Betriebskosten in einem ungünstigem Verhältniß zu den Einnahmen stehen werden als bisher, so darf dieses nach unserer Ansicht auch von den letzteren gelten. Insofern man nicht überhaupt darauf verzichten will, sich von den künftigen Verkehrsverhältnissen eine Vorstellung zu machen, so gibt es für die Beurtheilung derselben nur einen einzigen Anhaltspunkt, nämlich die bisherige Erfahrung. Diese Erfahrung ist für die Centralbahn eine durchaus beruhigende.

Im Verlaufe der Jahre 1880--1889 sind die Transporteinnahmen von Fr. 10,534,717 gestiegen auf 14,976,761, so daß der Unterschied zwischen der größten und niedrigsten SummeFr.4,442,044 beträgt, während sich die Differenz zwischen .der Einnahme des Jahres 1880 und der durchschnittlichen zehnjährigen Einnahme auf Fr. 2,061,805 belauft. So lange nicht tatsächliche Gründe für das G-egeritheil angeführt werden können, darf mit Sicherheit angenommen werden, nicht bloß, daß die Einnahmen sich auf der heutigen Höhe erhalten, sondern auch, daß die in den letzten zehn Jahren zu Tage getretene Progression sich weiterhin geltend machen werde. Wir reden selbstverständlich auch für die Zukunft nur von durchschnittlichen Verhältnissen längerer Perioden. Einzelne Fehljahre sind auch auf diesem Gebiet unausbleiblich, aber sie werden durch bessere und gute ausgeglichen. Wer das Gegentheil annimmt und an den Niedergang der Entwicklung des Verkehres glaubt, dem geht mit dem Vertrauen auch die Fähigkeit ab, zu irgend einem großen Unternehmen mitzuhelfen.

Allerdings kann auch der Staat in eine Lage kommen, welche ihm die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten in ganz außerordentlicher Weise ersehwert und vorübergehend vielleicht sogar verunmöglicht. Nach aller Voraussicht wird aber dieser Fall nur eintreten, wenn es sich um die Verteidigung des
Landes gegen feindlichen Angriff, also um die Existenz des Staates handelt. Aber auch in diesem Fall, wie in jedem andern, wird der Staat bei Weitem leistungsfähiger sein, als die einzelnen Gesellschaften. Brechen diese zusammen und sind sie außer Stande, den Betrieb fortzu-

708

führen, so wird der Bund sich nicht dabei beruhigen können, keine Eisenbahnschuldeu zu haben, sondern gezwungen sein, gerade unter den ungünstigsten Verhältnissen in den Riß zu treten und die Last auf eigene Schultern zu übernehmen.

Ganz abgesehen von solch außerordentlichen Umständen darf nicht übersehen werden, daß der Bund bei den Eisenbahnschulden auch heute schon betheiligt ist, ohne dafür Schuldner oder Bürge zu sein ; denn es wird Niemand zu bestreiten wagen, daß zum zweiten Mal die enormen Verluste, welche mit dem privaten Bau und Betrieb verschuldet worden sind, nicht mehr eintreten dürfen, wenn der Kredit des Landes nicht in schwerster Weise geschädigt werden soll. Die Eisenbahnen sind mit ihren Schulden auch in der heutigen Form öffentliche Werke der Eidgenossenschaft, wie die Straßen solche der Kantone sind.

Das schweizerische Straßennetz umfaßte im Jahr 1878 an Hauptstraßen erster Klasse 6548 km. und an Straßen zweiter Klasse 6805 km., welche im Ganzen einen Kostenaufwand von mehr als 200 Millionen Franken erfordert haben*) und einen jährlichen Unterhalt von SVa Millionen Franken erheischen. Hätten die Kantone bei dem Bau und Betrieb dieser Straßen das später bei den Eisenbahnen angewandte System befolgt, so würde jedes Kilogramm Fracht, das sich auf den Straßen bewegt, nicht bloß an die jährlichen Zinse im Betrag von 8 Millionen Franken seinen Tribut zu entrichten haben, sondern auch an den Gewinn, den die privaten Straßeuunternehraer an den ihnen staatlich gestatteten Weggelderu machen würden. 'Die allgemeine Ueberzeugung von der Unmöglichkeit solcher Zustände wird bald auch zu der Einsicht dessen führen, was im Eisenbahnwesen zu geschehen hat. Was bis jetzt zur Schaffung der neuen Verkehrsmittel gethan wurde, ist nur ein Anfang. Der Staat ist der ihm der Natur der Sache nach obliegenden Pflicht, die er bei dem Straßenbau erfüllte, nicht dadurch enthoben, daß er die Eisenbahnen an Privatgesellschaften zum Bau und Betrieb übergeben hat. Wenn er nicht hinter die Stellung, die er dem öffentlichen Verkehr gegenüber eingenommen hat, zurückgehen will, so muß er die für den Bau der Bahnkörper nützlich ausgelegten Gelder als Vorschüsse der Gesellschafteü und als seinö O O eigenen Schulden betrachten und dieselben im Laufe der /tat ahbezahlen. Erst dann wird wieder das alte Verhältniß zu den Verkehrswegen hergestellt und damit die Pflicht des Staates gegen den Verkehr selbst erfüllt sein.

*) S. Bavier, Die Straßen der Schweiz. Zürich 1878.

709 Die Ueberzeugung, die wir aus diesen Betrachtungen schöpfen, daß der Bund die Aktien der Centralbahn nicht zu theuer bezahlt habe, würde uns allein nicht bestimmen, Ihnen ,die Anträge zu stellen, mit denen unsere Botschaft schließt. Wir beabsichtigen kein Finanzgeschäft; es genügt uns, in dieser Beziehung keine Grfahr zu laufen, aber das Ziel, welches wir verfolgen, ist ein höheres Als dasjenige des spekulirenden Aktienbesitzers. Für diesen kommt allein der Geldpreis seines Besitzes in Betracht, der Staat erwirbt mit den Aktien neben diesem Preis das Mittel, eine wichtige soziale Reform in's Werk zu setzen, durch welche die große Verkehrsanstalt der Eisenbahnen ausschließlich dem öffentlichen Verkehr dienstbar werden und aufhören soll, eine auf persönlichen Gewinn berechnete Privatanstalt zu sein. Den ersten Schritt nach diesem Ziele hin haben wir durch den Ankauf der Jura-Simplonaktien gethan, der Erwerb der Centralbahn ist der zweite, aber ungleich wichtigere.

Durch diesen Erwerb wird nicht bloß die Jura-Simplon-Bahn zu ·einem lebensfähigen Eisenbahnnetz gestaltet, das groß genug ist, um wesentlicher Verbesserungen fähig zu sein, sondern er verschafft dem Bunde in diesem Netze auch eine Stellung, welche der heutigen Präponderanz der westschweizerischen Bahninteressen gewachsen ist.

Ist der Bund im Besitze der Centralbahn und damit des maßgebenden Einflusses auf das ganze westschweizerische Netz, so ist damit die Verstaatlichung sämmtlicher Bahnen entschieden und die Ausführung nur noch eine Frage der Zeit. Das Schicksal unserer .Anträge bezeichnet daher einen Wendepunkt in der Geschichte des schweizerischen Eisenbahnwesens und der ökonomischen Entwicklung des Landes; entweder erreichen wir das Ziel oder es wird .dasselbe in unbestimmte Ferne gerückt.

III.

In Art. 640 des Obligationenrechts wird der Grundsatz aufgestellt, daß die Aktionäre in der General Versammlung das Stimmrecht nach Verhältniß der Zahl der in ihren Besitz befindlichen .Aktien ausüben und daß jeder Aktionär, auch wenn er nur eine Aktie besitzt, eine Stimme hat. Diese Grundregel ist aber nicht bindend; es wird vielmehr der Gesellschaft vorbehalten, durch die Statuten die Besitzer von mehreren Aktien in ihrem Stimmrecht zu beschränken, und überdies verbietet das Gesetz, daß ein einzelner Aktionär mehr als den fünften Theil der sämmtlichen vertretenen Stimmen auf sich vereinige.

.Bundesblatt. 43. Jahrg. Bd. I.

50

710 Von diesem Vorbehalt haben einzelne schweizerische Eisenbahngesellschaften Gebrauch gemacht. Die Centralbahn beschränkt das Maximum der Stimmen, welche auf eine einzelne Person vereinigt werden können, auf dreißig (Art. 16 der Statuten) ; die Vereinigten Schweizerbahnen auf hundert (Art. 26j, die Gotthardbaha (Art. 26) auf zweihundert.

Im Gegensatz hiezu gewährt nach den revidirten Statuten der Nordostbahn (Art. 14) jede Prioritäts- oder Stammaktie dem Inhaber eine Stimme und dieselbe Bestimmung ist auch in Art. 15 der Statuten der Jura Simplon-Bahn enthalten. Selbstverständlich gilt auch für diese beiden Gesellschaften die gesetzliche Einschränkung auf einen Fünftheil der vertretenen Stimmrechte.

Neben dem Obligationenrecht kommt nun aber noch das Rechnuugsgesetz vom 21. Dezember 1883 in Betracht, auf welches wir hier näher einzutreten im Falle sind. Dieses Gesetz wurde erlassen, nachdem durch amtliche Untersuchung konstatirt war, daß die fünf großen schweizerischen Eisenb»hngesellschaften einen theilweise sehr beträchtlichen Verlust an ihrem Aktienkapital aufweiseu. Durch die im Laufe des Jahres 1885 zwischen dem Bundesrathe und den Gesellschaften getroffenen Vereinbarungen wurden diese Verluste im Einzelnen in folgender Weise festgestellt: a. Centralbahn Fr. 20,491,006. 58 0. Gotthardbahn ,, 6,160,188. 04 c. Jura-Bern-Luzern-Bahn ,, 248,914. -- d. Suisse Occidentale-Simplori . . ,, 48,698,309. 49 e. Nordostbahn ,, 25,000^000. -- f. Vereinigte Schweizerbahnen . . ',, 11,813,932.60 Fr. 112,412,350. 71 In dieser Summe sind folgende unter pari nicht Inbegriffen: Centralbahn Gotthardbahn Jura-Bern-Luzern-Bahn . . .

Suisse Occidentale-Simplon .

Nordostbahn Vereinigte Schweizerbahnen. .

Verluste auf Aktienemissionen Fr.

,, . ,, . ,, ,, . ,,

Mit obigen

1,534,511.

2,970,150.

535,747.

13,115,826.

696,467.

2,114,100.

-- -- -- -- 45 --

Fr. 20,966,801. 45 ,, 112,412,350. 71

ergibt sich ein Gesammtverlust von Fr. 133,379,152. 16

711 Nach Mitgabe des Ohligationenrechtes (Art. 656, 7) waren die Gesellschaften berechtigt, denjenigen Theil dieser Summe, welcher von Kursverlusten auf Obligationen herrührte, bis zum Verfalltage der Obligationenschuld zu amovtisiren und die letztere gleichwohl im vollen Betrag in die Bilanz aufzunehmen.

Diese Bestimmung des schweizerischen Obligatiouerircchtes ist eine Singularität, die sich unseres Wissens in keinem andern Gesetze findet und die auch weder von dem Bundesrathe noch von den Kommissionen der Räthe vorgeschlagen worden ist. Sie gestattet den Aktionären, ,,Gewinne" unter sich zu vertheilen, während in Wirklichkeit ein Theil des Grundkapitals der Gesellschaft verloren gegangen ist. So kam es, daß z. B. die Central bahn bei einem im Jahre 1885 konstatirten Verlust von 43 % des Aktienkapitals sogar größere Dividenden vertheilen konnte als die Jura-BernLuzern-Bahn, deren Vermögensverhältnisse völlig geordnet waren.

Die Verlustsummen (auf den Obligationen) der einzelnen Gesellschaften betragen: Centralbahn Fr. 13,788,823. 19 Gotthardbahn ,, 5,660,188. 04 Jura-Bern-Luzern-Bahn ,, -- -- Suisse Occidentale-Simplon . . . ,, 41,490,447. 49 Nordostbahn ,, 14,470,332. 41 Vereinigte Schweizerbahnen . . . ,, 7,492,351. 10 Diese Gesammtsumme von Fr. 82,902,142. 23 welche nach den arithmetischen Grundsätzen der Rechnungsstellung vor jeder Gewinnverteilung aus den Aktiven der Gesellschaften hätte entfernt werden müssen, konnte infolge obigen Gesetzesartikels darin belassen werden und es erhielten dadurch die Aktionäre die Vergünstigung, die Reinerträgnisse, welche zur Amortisation hätten verwendet werden sollen, zum größeren Theile in ihrem eigenen Nutzen zu verwenden.

Aber auch nach Abzug dieses Postens (82,9 Millionen) von dem Gesammtverlust (133,3 Millionen) blieb noch eine Verlustsumme von Fr. 50,477,009. 93 übrig, vor deren Ersatz, nach der Natur der Sache und der deutlichen Vorschrift des Obligationenrechts, Art. 630, von einem Gewinn nicht die Rede sein konnte; vorher mußten die Aktionäre gemäß dieser heute noch für alle Aktiengesellschaften gültigen Bestimmung auf eine Reihe von Jahren auf jeden Dividendengenuß verziehten, um das verlorne Aktienkapital durch die Jahresgewinne wieder herzustellen.

Diese Folge wurde von den Aktionären durch den Erlaß des Rechnungsgesetzes abgewendet, welches in Art. 4 erlaubt, daß nicht

712 bloß die Kursverluste auf Obligationen, sondern auch alle übrigen Kapitalverluste, als ob sie wirkliches Vermögen wären, in die Aktiven der Bilanz gestellt werden dürfen. Auf diese Weise erhielten die Eisenbahngesellschaften eia von dem gemeinen Rechte der übrigen Aktiengesellschaften abweichendes Privilegium, ohne welches (mit Ausnahme der nicht mehr bestehenden Jura-BernLuzern-Bahn) keine der großen Eisenbahngesellschaften eine Dividende hätte verteilen dürfen, so lange in den Aktiven der Bilanz noch ungetilgte Verluste erschienen. Dieses Privilegium geht so weit, daß die auf den Aktienemissionen entstandenen Verluste, welche rund 21 Millionen Franken betragen, nicht einmal amortisirt werden müssen.

Um Mißverständnisse zu vermeiden, ist zu bemerken, daß eine solche Dividendensperre auf den Reinertrag der Bahnen und daher auch auf die Rückkaufsverhältnisse ohne Einfluß geblieben wäre und lediglich die Interessen der Aktionäre und zwar sehr empfindlich getroffen hätte.

Während das Rechnungsgesetz in dieser Weise die privaten Interessen der Aktionäre und damit den ganzen schweizerischen Aktienwerth in der weitgehendsten Weise schützte, wurde eine etwelche Kompensation theils durch Schaffung neuer, theils durch Anerkennung alter staatlicher Befugnisse gewährt, in der Weise, daß durch Art. 6 des Gesetzes in Abweichung von den Vorschriften des Obligationenrechtes die Rechte, welche dem Bunde und den Kantonen in Betreff der Stimmberechtigung und der Verwaltung gegenüber einzelnen Gesellschaften zustanden, g e w a h r t und den Bundesbehörden die Befugniß ertheilt wurde, ,,auch in Zukunft derartige Verhältnisse durch die Konzessionen oder bei der Prüfung der Statuten oder der Verträge zu o r d n e n oder zu genehmigen".

Von dieser Bestimmung hat sowohl die Bundesversammlung als der Bundesrath und zwar der letztere mehrfachen Gebrauch gemacht.

Wir heben zwei Beispiele hervor: Die Statuten der fusionirten Jura-Bern-Luzern-Bahn-Gesellschaft enthielten in Art. 13 die Vorschrift: Jede Aktie gewährt dem Inhaber eine Stimme. Keinenfalls darf ein einzelner Aktionär mehr als den fünften Theil der sämmtlichen vertretenen Stimmrechte in sich vereinigen, mit A u s n a h m e d e s Kantons B e r n , w e l c h e r v o n d i e s e r B e s c h r ä n k u n ! g n i c h t betroffen wird.

Die Statuten wurden mit dieser Vorschrift am 5. April 1889 von dem Bundesrath in Anwendung des Art. 6 des Rechnungsgesetzes genehmigt, und es wurde damit ein Recht, das dem Kanton schon

713

vor Erlaß des Obligationenrechtes zustand, ,,gewahrt". Ein anderer Fall, in welchem von Seite der Bundesversammlung ein neues Rechtsverhältniß^ geschaffen und ,,geordnet" wurde, kam bei der Genehmigung der Konzessionsübertragung an die Jura-Simplon-Bahn vor.

In den Statuten der neuen Bahn (Art. 15) war die Bestimmung enthalten, daß die Kantone von der Beschränkung auf den fünften Theil der in einer Generalversammlung vertretenen Stimmen ausgeschlossen sein sollen. Der Bundesrath beantragte der Bundesversammlung in seiner Botschaft vom 9. Dezember 1889, dieser Verfügung die Genehmigung zu versagen und zu verlangen, daß neben den Kantonen auch der Bund genannt werde. Durch den Bundesbeschluß vom 19. Dezember 1889 (und keineswegs infolge vertraglicher Vereinbarung) wurde sodann unter Nr. Ili bestimmt: Der Schlußsatz des Art. 15 der Statuten wird in folgender Weise abgeändert : Aktien, welche im Besitz des B u n d e s oder der Kantone sind, werden von dieser Beschränkung nicht betroffen.

Wir wehen nun aus dem Gesagten keineswegs den Schluß, daß der Bund berechtigt sei, auf Grund des Rechnungsgesetzes für die zu erwerbenden Centralbahnaktien in gleicher Weise vorzugehen. Die Form, in welcher sich Art. 6 ausspricht, verlangt, daß die Bundesbehörden derartige Verhältnisse durch die Konzessionen oder bei der Prüfung der Statuten oder der Verträge ordnen oder genehmigen. Ein solcher «Anlaß liegt heute nicht vor und ist auch nicht vorauszusehen.

Anderseits kann aber kein Zweifel darüber walten, daß der Bund die Befugniß hat, jederzeit den Art. 6 auf dern Wege der Gesetzgebung zu ändern, und daß er in genauesterUebereinstimmung mit den Grundsät/en des Rechnungsgesetzcs bleibt, wenn er diese Aenderung in der Weise vornimmt, daß dem Bunde sowohl als den Kantonen · allgemein das Recht zugestanden wird, für jede Aktie eine Stimme in der Generalversammlung zu beanspruchen.

Während das jetzige Gesetz die Bundesbehörden ermächtigt, im einzelnen bestimmten Falle diesen Grundsatz anzuwenden, würde die vorgeschlagene Aenderung diesen selben Grundsatz legislatorisch für allo künftigen Fälle festsetzen. Eine solche allgemeine Bestimmung könnte nur dann Bedenken erregen, wenn man annehmen dürfte, es könnten die Bundesbehörden vorkommeudenfalls einem Kanton oder dem Bunde seihst, gestützt auf die ihnen durch Art. 6
eingeräumte Fakultät, die Erleichterung des Stimmrechts verweigern. An eine solche Möglichkeit wird aber im Ernst Niemand denken. Wie dem Kanton Bern auf Grund des heutigen Gesetzes das

714

Recht zugesprochen wurde, auf eine Gesammtzahl von 76,000 Aktien in der Generalversammlung mit 38,000 Stimmen aufzutreten, und gleichwie der Bund der Jura-Simplon-Bahn v gegenüber das Recht beanspruchte, mit jeder seiner Aktien eine Stimme abzugeben, gerade so wird auch in Zukunft sowohl andern Kantoneu als dem Bunde gegenüber verfahren werden.

Offenbar wollte der Gesetzgeber durch die Verfügung des Art. 6, daß die Fragen der Stimmberechtigung ,,durch die Konzessionen oder bei der Prüfung der Statuten oder der Verträge zu ordnen oder zu erledigen seien", nur die äußern Veranlassungen aufzählen, die sich für die Bundesbehörden zur Ordnung dieser Verhältnisse bieten, aber keineswegs die Befugniß der Behörden auf die aufgezählten Fälle beschränken. Diese Gesetzesänderung wird das Fortbesteheu einer schreienden Rechtsungleichheit zwischen den einzelnen Bahngesellschaften beseitigen. So lange eine Gesellschaft nicht in die Lage kommt, dem Bund Konzessionen, Statuten oder Verträge vorzulegen, wäre der Einfluß, den der Bund und die Kantone in den Generalversammlungen anderer Gesellschaften gesetzlich erworben haben, dieser einen Gesellschaft gegenüber auf Null reduzirt. Eine solche Sachlage ist unhaltbar. Die Absicht, welche den Gesetzgeber bei Erlaß des Rechnungsgesetzes leitete, ging dahin, den Staat als Aktienbesitzer zu begünstigen.

,,Das unbedingte Stimmrecht, das in den Händen eines Einzelnen zu einem ungebührliehen Einfluß und in der letzten Konsequenz zur Auflösung der Gesellschaft führt, -bildet für den Staat das Mittel, nicht nur das öffentliche Interesse gegenüber demjenigen der Privataktionäre zu wahren und dadurch den innern Widerspruch, der in der Eisenbahnaktiengesellschaft liegt, einigermaßen 211 mildern, sondern sichert ihm auch neben dem Rückkaufsrecht die Möglichkeit, durch Erwerbung der Stimmenmehrheit im geeigneten Moment die Erwerbung der Baha zu eigenen Händen herbeizuführen. 1 * In diesem Sinne haben wir Ihnen seinerzeit den Antrag betreffend das Stimmrecht in der Jura-Simplon-Bahn gestellt (vide Botschaft vom 30. Mai 1890), und in diesem Sinne haben Sie denselben angenommen. Dieses Recht zur vollen und allgemeinen Geltung zu bringen und damit die Rechtsgleichheit unter sämmtlichen Bahnen herzustellen, brauchen wir nur den Art. 6 von den Beschränkungen zu befreien, welche die
allgemeine Anwendung des unbestrittenen Rechtsgrundsatzes zwar nicht hindern, aber doch in einer Weise erschweren, die von dem Gesetzgeber überhaupt nicht beabsichtigt war.

Das Recht, welches schon besteht, aber nur im einzelnen Fall angewendet wurde, und das nun ein allgemeines werden soll, ist

715

in der Stellung des Staates wohl begründet, denn von ihm kommt das Recht der Eisenbahnaktiengesellschaften, er soll dafür sorgen, daß dasselbe im öffentlichen Interesse gebraucht werde, und an ihn fällt das Recht wieder zurück. Seine Stellung in der -Generalversammlung darf daher nicht nach dem privatrechtlichen Standpunkte des Obligationenrechtes beurtheilt werden. Wenn der Staat als solcher durch das Rechnungagesetz gewonnen hat, so sind anderseits die Aktionäre durch dasselbe Gesetz und schon vorher durch das Obligationenrecht, wie wir mit Zahlen nachgewiesen haben, in ihren Interessen nicht minder gefördert und begünstigt worden.

Ohne diese Begünstigung hätten die Aktionäre der Ceutralbahn während mindestens 20 Jahren auf jede Dividende verzichten müssen, um nach Vorschrift des Obligationenrechtes ihren Aktienkapitalverlust zu decken.

Wir fügen noch bei, daß durch die Uebergangsbestimmungen zum Obligationenrecht (Art. 898) die sämmtlichen Vorschriften der Statuten von Aktiengesellschaften, welche den Bestimmungen des neuen Gesetzes zuwiderliefen, außer Kraft gesetzt und somit auch die betreffenden Vorschriften der Statuten über das. Aktienstimmrecht durch den Art. 640 des Obligationeurechts aufgehoben und ersetzt wurden. Es besteht also auch heute kein Hinderoiß, wieder in der gleichen Weise vorzugehen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 21. März

1891.

Im Namen des Schweiz. Buudesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

716

(Entwurf.)

Bnndesbeschluß betreffend

Ankauf von Aktien der schweizerischen Centralbahn.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrathes vom 21. März 1891, beschließt: Art. 1u. Dem von dem Bundesrathe mit einem Konsortium schweizerischer und deutscher Finanzinstitute unterm 5. März 1891 abgeschlossenen Vertrage betreffend den Ankauf von 50,000 Aktien der schweizerischen Centralbahn wird unter dem Vorbehalt der Annahme des gleichzeitig vorgelegten Bundesbeschlusses betreffend die Abänderung des Bundesgesetzes über das Rechnungswesen der Eisenbahngesellschaften die Genehmigung ertheilt.

Art. 2. Der Bundesrath wird ermächtigt, die Centralbahn in ihrem gesammten beweglichen und unbeweglichen Vermögen um den Preis zu erwerben, welcher der Uebernahme der sämmtlichen Aktien zu den Bedingungen des in Art. l genannten Vertrages vom 5. März 1891 gleichkommt.

Art. 3. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreifend die Volksabstimmung überjBundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Veröffentlichung dieses Bundesbeschlusses zu veranstalten.

717

(Entwurf.)

Bundesbeschlnß betreffend

die Abänderung des Bundesgesetzes über das Rechnungswesen der Eisenbahngesellschaften.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 21. März 1891, beschließt: Art. 1. Der Art. 6 des Bundesgesetzes über das Rechnungswesen der Eisenbahngesellschaften vom 21. Dezember 1883 erhält folgende Fassung: Die in Art. 640, Absatz 2, des Obligationenrechtes enthaltenen Beschränkungen des Stimmrechtes der Aktionäre finden auf Eisenbahnaktien, welche sich im Besitz des Bundes oder der Kantone befinden, keine Anwendung.

Ebenso bleiben die Rechte, welche dem Bund oder den Kantonen in Betreff der Verwaltung gegenüber einzelnen Eisenbahngesellschaften zur Zeit zustehen, gewahrt, und es haben auch in Zukunft die Bundesbehörden die Befugniß, derartige Verhältnisse durch die Konzessionen oder hei der Prüfung der Statuten oder der Verträge zu ordnen oder zu genehmigen.

Art. 2. Der Bundesrath wird beauftragt, gemäß den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

718

Beilage I.

Vertrag zwischen

dem Schweizerischen Bundesrath, vertreten durch die Herren Bundesräthe W e l t i , Vorsteher des schweizerischen Post- und Eisenbahndepartements, und H a u s er, Vorsteher des Finanzund Zolldepartements. einerseits, und

anderseits der Internationalen Bank in Berlin, vertreten durch Herrn Kommerzienrath G o l d b e r g e r , der Deutschen Bank in Berlin, vertreten durch Herrn Direktor S i e m e n s , dem Bankverein in Zürich, vertreten durch Herrn B r e t t a u e r , und der Eidgenössischen Bank in Bern, vertreten durch Herrn Generaldirektor von Graff e n r i ed.

(Vom 5. März 1891.)

Art. 1.

Die oben genannten Banken liefern dem Bundesrathe fünfzigtausend Aktien der schweizerischen Centralbahn und beziehen als Gegenwerth eidgenössische 3 °/o Rententitel im Kapitalbetrage von fünfzig Millionen Franken. Vierzigtausend Aktien werden nach Inkrafttreten (Art. 5) dieses Vertrages geliefert; für die Lieferung der übrigen zehntausend Stück wird den Verkäufern eine Frist bis längstens 31. Dezember 1891 eingeräumt; die Abgabe der entsprechenden Rententitel erfolgt Zug um Zug. Bis zur Erstellung der Rententitel werden dieselben durch Interimsscheine ersetzt.

Art. 2.

Die Aktien werden von den Banken mit dem Dividendenschein des Jahres 1891 abgetreten; die von dem Bunde zu übergebenden Rententitel sind dagegen vom t. August 1891 an jährlich mit Franken dreißig verzinslich.

719 Diese Renteütitel sollen sowohl in Bezug auf die dadurch begründeten Rechte und Verbindlichkeiten, als auch der Form nach, den im Jahre 1890 ausgegebenen eidgenössischen Eisenbahnrententiteln genau entsprechen.

Die Reatentitel werden in Stücken von Fr. 10,000 (Rente Fr. 300), von Fr. 5000 (Rente Fr. 150), und solchen von Fr. 1000 (Rente Fr. 30) ausgegeben.

Art. 3.

Die Kosten der Anfertigung der Rententitel fallen zu Lasten der Eidgenossenschaft, alle übrigen Spesen zu Lasten der Banken.

Art. 4.

Für die Erledigung von Streitigkeiten, welche aus der Vollziehung dieses Vertrages entstehen, ist das schweizerische Bundesgericht zuständig.

Art. 5.

Seitens der Eidgenossenschaft wiid hinsichtlich dieses Vertrages die Ratifikation der hohen Bundesversammlung und eventuell das Referendum vorbehalten.

B e r n , den 5. Marx, 1891.

(Unterschriften.)

Schweizerische Centralbaim.

Nach Seite 719.

Beilage H.

Betriebsrechnung für die Jahre 1880--1889.

Ergebnisse der einzelnen Jahre.

1885

1886

1887

1888

1889

Durchschnittsergebnisse per Jahr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

286,556 12,569,689 1,357,510 259,433

351,149 12,964,975 1,399,560 254,530

1,152,986

307,467 12,317,257 2,400,503 323,488 41,175 1,173,721

1,250,324

1,270,372

299,562 13,493,739 1,179,743 249,611 7,206 1,210,322

299,167 14,029,066 1,068,854 296,941 7,545 1,202,019

344687 14,976,761 1,125,312 297,437 7,587 1,237,989

370,882 12,596,522 1,314,648 392,523 6,351 1,194,770

14,599,495

16,178,973

16,563,611

15,723,512

16,240,586

16,440,183

16,903,592

17,989,773

15,875,696

1 5,088,665 1,177,896

5,678,414 1,269,445

6,491,222 1,238,613

6,687,962 1,112,182

6,664,316 1,136,348

6,936,559 1,188,266

7,028,245 1,226,923

7,057,119 1,223,269

7,289,092 1,392,493

6,390,264 1,211,212

104,216

776,541

119,805

590,867 134,610 4,200,835 1,600,000 620,278

702,048 141,340 4,737,225 1,800,000 314,981

738,056 148,407 4,243,891 2,000,000 401,477

102,843 480,000 923,360 197,003 4,438,465 2,000,000 307,467

1,108,258 216,750 836,172 163,619 4,252,112 1,900,000 286,556

56,964 250,451 ' 891,934 171,534 4,200,816 2,000,000 351,149

52,640 256,042 930,463 180,353 4,146,701 2,250,000 299,562

43,905 460,000 845,886

79,284 478,400 925,072

76,237 497,536 998,180

4,036,057 2,500,000 299,167

3,995,761 2,800,000 344,687

3,965,929 3,300,UOO 470,306

252,069 263,918 838,204 113,687 !

4,221,779 i 2,215,000 i 369,563 ' i

Summa

13,378,536

14,738,696

14,599,495

16,178,973

16,563,611

15,723,512

16,240,586

16,440,183

16,903,592

17,989,773

15,875,696 '

Durchschnittlicher Betrag der Anleihen . .

,, des Aktienkapitals v Mittlerer Zinsfuß der Anleihen Dividenden in °/o des Aktienkapitals . . .

96,099,000 50,000,000 4,37 °/o 3,20

109,535,000 50,000,000 l 4,33. »/o 3,60

99,479,000 50,000,000 4,27 °/o 4,0

104,201,000 50,000,000 4,26 °/o 4,0

102,458,178 50,000,000 4,15 »/o 3,80

102,011,110 50,000,000 4,12 % 4,0

101,401,520 50,000,000 4,09 »/o 4,50

100,632,148 50,000,000 4,011 % 5,0

99,778,424 50,000,000 4,005 °,'o 5,60

99,191,976 50,000,000 3,998 °/o 6,60

101,478,736 50,000,000 !

4,16 o/o 4,43

Rechnungsrubriken.

1880

1881

1882

1883

1884

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Einnahmen.

Saldo v o m Vovia,hr . . .

. . . . 483,500 10,534,717 i Transporteinnahmen 777,913 Zuschüsse aus dea Spezialfonds 413,774 Ertrag verfügbarer Kapitalien und Kursgewinn Zuschüsse aus dem Amortisatisationsfonds 1,168,632 Verschiedene Einnahmen

t 620,278 10,852,027 il,336,680 ' 837,428

314,981 11,722,954 922,746 449,767

401,477 12,504,035 1,577,656 542,819

11,092,283

1,189,047

Summa

13,378,536

J4,738,696

Reine Betriebskosten Einlage in die Spezialfonds Verzinsung der schwebenden Schulden, Geldbeschaffungskosteu, Kursverluste und Provisionen Tilgung alter Verluste Verschiedene Ausgaben Einlagen i n d e n Amortisationsfonds . . . .

Verzinsung der konsolidirten Anleihen . . .

Dividenden für die Aktien Saldo- Vortra°'

4,981,048 1,146,682

| |

:

1

'

Ausgaben.

j i

l

720

Beilage III.

Schweizerische Centralbahn.

Ertrags-Ausgleichungen entsprechend den Teränderungen im Bestand des Bahnnetzes.

Im Bestand des Centralbahnnetzea sind während der 10 Jahre 1880--1889 folgende Veränderungen vorgekommen: 1. April 1881. Erwerbung der Strecken Suhr-Zofingen und SuhrAarau (letztere zur Hälfte); 1. Dez. 1881.

Eröffnung der Strecke Muri-Rothkreuz; 1. Juni 1882. Eröffnung der Strecke Rothkreuz-Immensee und Verpachtung dieser an die Gotthardbaha ; 1. Juni 1882. Eröffnung der Strecke Brugg-Hendschikon ; 1. Jan. 1884. Abtretung der Strecke Neu-Solothurn-Eigenthumsgrenze der S C B bei Biberist an die Emmenthalbahn (bisher an diese verpachtet).

Bei Ermittlung des durchschnittlichen Reinertrages ist auf die vorgenannten Veränderungen Rucksicht zu nehmen wie folgt: 1. Für die Linie Zofingen-Suhr-Aarau hat die Centralbahn kein Kapital ausgelegt. Dagegen muß sie an die Nordostbahn jährlich eine feste Summe von Fr. 32,000 hezahlen. Es ist anzunehmen, daß genannte Linie für die Centralbahn einen Reinertrag nicht abwerfe und deßhalb eine Ertragsausgleichung für die Jahre 1880 und 1881 von daher nicht stattzufinden habe.

2. In der Betriebsrechnung der Centralbahn figurirt die aargauische Süd bahn mit folgenden Reinerträgnissen : pro 1880 mit Fr. - 9,771, ,, 1881 ,, ,, 618, ,, 1882 ,, ,, 67,517.

Im Jahr 1883, d. h. im ersten Ganzjahr des durchgehenden Betriebes, erreichte der halbe Reinerlrag der aargauischen Südbahn den Betrag von Fr. 178,270. Es darf angenommen werden, daß der Reinertrag pro 1880--1882 annähernd wie derjenige pro 1883 ausgefallen wäre, wenn die ganze Linie schon Ende 1879 existirt hätte. Der Ertrag pro 1883 ist daher auch als muthmaßlicher Ertrag der Jahre 1880--1882 anzunehmen. Es ergeben sich also für die genannten 3 Jahre folgende Ertragszuschläge:

721 pro 1880 = 178,270 - (-9771) = ,, 1881 = 178,270 - (- 618) = ,, 1882 = 178,270 - 67,517 = durchschnittlicher Zuschlag per Jahr

Fr. 188,041, ,, 178,888, ,, 110,753, ,, 47,768.

3. Infolge des Verkaufes der Strecke Neu-Solothurn-Biberist ist der Zinsertrag des Kaufpreises an die Stelle des früher von der Centralbahn bezogenen Pachtzinses getreten. Diese Veränderung hat also keinen Einfluß auf den Ertrag der Centralbahn ausgeübt.

Gemäß dem Vorstehenden ist also dem Reinertrage, welcher sich aus den Betriebsrechnungen der Centralbahn pro 1880--1889 als Durchschnitt aller Jahre ergibt, ein Betrag von Fr. 47,768 beizufügen, welcher den m uth maßlich en Mehrertrag des Centralbahnnetzes repräsentirt, wenn dasselbe in allen 10 Jahren den gleichen Umfang gehabt hätte.

722 Beilage IV.

Schweizerische Centralbahn.

Ertragsrechnung für den Bund.

Vorbemerkung.

Die nachstehenden Einnahmen und Ausgaben entsprechen wenn bei den betreffenden Posten nichts Anderes bemerkt ist, den durchschnittlichen Ergebnissen in den Jahren 1885--1889.

Einnahmen.

Trausporteinnahmeu . . . - . . . , Zuschüsse aus den Spezialfonds Ertrag von Kapitalien und Kursgewinne Verschiedene Einnahmen

Fr. 13,606,846 « 1,226,196 271,590 ·n 1,234,205 T)

Einnahmen

Fr. 16,338,837

Reine Betriebskosten Einlagen in die Spezialfonds Verzinsung der schwebenden Schulden, Geldbeschafiungskosten, Kursverluste und Provisionen Verschiedene Ausgaben . . .

Fr. 6,995,066 1,233,460 n

Ausgaben.

Ausgaben Reinertrag .

Total wie oben

61,806 n 918,307 n Fr. 9,208,639 11 7,130,198 Fr. 16,338,837

Verwendung des Reinertrages.

Verzinsung der konsolidirten Anleihen nach dem Bestand auf Ende 1889 : 4 % von Fr. 99,342,500 . Fr. 3,973,700 3*/4 °/o ,, ,, 500,000 . ,, 16,250 Fr.

3,989;950

Verfügbar zur Verzinsung der Aktien und zu sonstigen Zwecken

,,

3,140,248

Reinertrag

Fr.

7,130,198

Wird der ganze über die Verzinsung hinaus verbleibende Rest des Reinertrages (Fr. 7,130,198--3,989,9503 mit Fr. 3,140,248 auf 100,000 Aktien vertheilt, so ist der Ertrag per Aktie Fr. 31. 40.

723 Beilage V.

Schweizerische Ceutralbahn.

Termögensbilanzen per 31. Dezember 1879 und 1889.

1879.

1889.

Fr.

125,510,166 1,756,147

Fr.

1 133,255,764 1,624,627 157,915

11,148,346 1,534,511 15,179,882

6,965,593 1,534,511 18,804,983

Aktiven

155,129,052

162,343,393'

Aktienkapital Konsolidirte Anleihen . . . .

Schwebende Schulden . . . .

Reserve- und Erneuerungsfonds .

Amortisationsfonds Aktivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung

50,000,000 96,099,000 3,301,313 4,878,663 366,576

50,000,000 99,842,500 6,746,355 3,844,303 1,439,929

483,500

470,306

Passiven

155,129,052

162,343,393

50,000,000 366,576

50,000,000 1,439,929

483,500 4,878,663

470,306 3,844,303

Davon ab die ungetilgten Verluste

55,728,739 16,714,393

55,754,538 20,339,494

Vermögen der Aktionäre

39,014,346

35,415,044

Aktiven.

Baukonto Material vorräthe Liegenschaften Kassenbestände , Werthschriften und Guthaben Emissionsverluste auf den Aktien Zu amortisirende Verwendungen .

Passiven.

Vermögen der Aktionäre.

Aktienkapital Amortisationsfonds Aktivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung . .

.

Reserve- und Erneuerungsfonds .

Bemerkung. Der Reserve- und Ern
724 e

Beilage VI.

Vergleichung der Zolleieinahmen des Bundes mit den Frachteinnahmen der Eisenbahnen.

Eine genaue Ermittelung der Zoll- und Frachteinnahmen für die per Eisenbahn in die Schweiz eingeführten Waaren ist. nicht ·möglich, weil die nöthigen Angaben weder von der Zollverwaltung noch von den Bahnverwaltungen ausgeschieden werden.

Die gesuchten Erträgnisse können jedoch an Hand der Zollund Eisenbahnstatistik annähernd geschätzt werden, wie folgende Darstellung zeigt:

Bezeichnung der Angaben.

Einheit. 1

Zoll- und Bahnverkehr im Jahr 1886 und bezügliche Einnahmen.

Zolleinnahmen . . . Fr.

Gütergewicht, p. Bahn befördert . . . . t.

Achskilometer, im 1 Ganzen n.

Tonnenkilometer , im Ganzen . .

.

n Tonnenkilometer, per Achskilometer Jede Tonne hat be[ fahren km.

Frachtbetrag, im Ganzen Fr.

Frachtbetrag, per Tonne n Frachtbetrag, per Achskilometer . . . . Cts.

t'rachtbetrag, per Tonne und Kilometer . . ,,

;

Einfuhr per Eisenbahn ab Grenz- Durchfuhr.

stationen.

Uebriger Verkehr.

18,730,000

-

3,665,000 22,395,000

401,000

2,895,000

1,772,000

Gesammtverkehr.

5,068,000

45,565,000 26,065,000 182,011,000 253,641,000 159,480,000 104,260,000 173,759,000 437,499,000 3,5 90 12,760,000 7,20

28,0

8;o

4,0

1,0

1,7

260 86 60 5,213,000 23,f24,000 41,697,000 13,0 8,28 8,20

20,0

13,0

16,4

5,0

13,7

9,5

Bemerkungen: 1. Von dem in der Kolonne ,,Uebriger Verkehr" angegebenen Gütergewicht entfallen 560,000 t. auf die Einfuhr, 495,000 t. auf die Ausfuhr und 1,840,000 t. auf den internen Verkehr, Die Ausscheidung des Zollgewichtes nach Grenzstationen und Stationen im Inneren des Landes beruht auf der Annahme, daß das Gewicht zum Zollertrag proportional sei.

2. Die dem ,,Uebrigen Verkehr" zugetheilten Achskilometer umfassen auch den Leerlauf der Wagen.

3. Die in der Kolonne ,,Gesammtverkehr" aufgeführten Zahlen betreffend Achskilonieter, Tonnenkilometer und Frachtbetrag entsprechen, in runder Summe, der Wirklichkeit; ebenso der Betrag der Zolleinnahmen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf von Centralbahnaktien. (Vom 21. März 1891.)

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Jahr

1891

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

13

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.04.1891

Date Data Seite

693-724

Page Pagina Ref. No

10 015 177

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