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Botschaft

i

des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer Schmalspurbahn von Lauterbrunnen nach Visp.

(Vom 4. April 1891.)

Tit.

Mit Eingabe vom 22. Oktober 1890, eingelangt den 24. gl. Mts., bewirbt sich die B e r n i s c h e B o d e n k r e d i t a n s t a l t in Bern zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft um die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Eisenbahn von L a u t e r b r u n n e n durch das Lötschenthal nach V i s p .

Wir entnehmen dem beigegebenen allgemeinen und technischen Bericht nachstehende Einzelheiten: Zur Begründung des Projektes weist Petentin darauf hin, daß den beiden Kantonen Bern und Wallis, deren langgestreckte Grenzgebiete nur durch einige wenige Saumpfade verbunden seien, durch eine solche direkte und kürzeste Schienenverbindung schon im Allgemeinen erhebliche Vortheile erwachsen.

Die wirthschaftliche Bedeutung des Unternehmens werde aber dadurch erhöht, daß dasselbe hauptsächlich zur Beförderung des Touristenverkehrs zwischen den Zentren des Berner Oberlandes und den Fremdenorten des Wallis, hauptsächlich Zermatt, bestimmt sei.

Beispielsweise wird erwähnt, daß nach Vollendung der Visperlinie und Erstellung der Verbindung durch das Lötschenthal die Fahrzeit zwischen Zermatt und Interlaken etwa 6 Stunden betrage.

Auch dürfe hervorgehoben werden, daß durch die projektirte Alpenbahn mehrere der anziehendsten Aussichtspunkte und Touren im Hochgebirge, wie Oberhornalp, . Tschingelgletscher, Bietschhorn, zugänglicher gemacht würden.

Mit der Erstellung des Simplontunnels würde dieses Unternehmen seinen Gipfelpunkt erreichen. Es würde alsdann eine inter-

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nationale Touristenbahn Basel-Interlaken-Simplon-Novarra u. s. w.

entstehen, in richtiger Mitte zwischen den Gotthard- und Mont CenisLinien.

Schließlich verdiene das Projekt auch vom militärischen Gesichtspunkte aus die volle Zustimmung der Bundesbehörden.

Als Ausgangspunkt der prqjektirten Bahnlinie ist die Station Lauterbrunnen der Berner Oberlandbahnen, 800 m. ü. M., angenommen. Sie führt zunächst durch die südliche Thalebene nach Stechelberg, von da mit Anstieg nach Trachsellauenen, Unter- und Ober-Steinberg bis Oberhornalp, circa 2200 m. ü. M., gewinnt hier durch einen am Fuße des Breithorns durchzuschlagenden Tunnel von circa 4650 m. Länge in südlicher Richtung das innere Fafflerthal, zieht sich, den rechtsseitigen Hängen der Thalsenkung folgend, über den Berghütten der Faffleralp durch, um in westlicher Richtung in's Lötschenthal hinabzufuhren. Hier folgt die Linie dem Laufe der Lonza unter Benutzung der rechtsseitigen Abhänge und Niederungen, berührt die Ortschaften Blatten, Ried, Wyler, Kippel und Ferden, geht unterhalb dieser letztern Ortschaft über die Lonza und der linksseitigen Thalwand entlang bis zu dem Contrefort ob Höhten, wo sie thalaufwärts abbiegt und mit stetigem Gefäll bei Baltschieder in die Ebene des Rhonethala führt, welche behufs Anschlusses an die Station Visp der Jura-Simplon- und Zermattbahnen (654 m. ü. M.) durchquert wird.

Von Norden her bis zur Mitte des Breithorntunnels (ca. 19 km.)

führt die Linie über das Gebiet des Kantons Bern, von da hinweg bis zur Ausmündung in Visp (ca. 35 km.) über Wallisergebiet.

Als Touristenbahn würde die Linie schmalspurig und zum Sommerbetriebe angelegt.

Die ganze Länge beträgt 54,7 km., die Maximalsteigung 125 °/oo, der kleinste Krümmungshalbmesser 60 m.

Als Hauptobjekte des Baues werden bezeichnet: Der Scheiteltunnel von 4650 m., bezw., nach einer vorgesehenen Variante, von 5490 m. Länge ; die Kehrtunnel bei km. 11,7 und 14,6 ; -kleinere Tunnels bei km. 9,3 und 16,1 ; die Ueberbrückungen der Sefinen-Lütschine (km. 6,5), des Ammertentobels (km. 11), der weißen Lütschine (km. 14), der Lonza (km. 32,6), der Schlünde bei km. 43,3, 44,3, 46,8 und 48, sowie der Rhone (km. 53,4); endlich der Viadukt bei Baltschieder.

Als Stationen sind in Aussicht genommen: Stechelberg, OberSteinberg, Oberhorn (nördliches Tunnelportal), Fafflerthal (südliches Tunnelportal), Blatten und Kippe!.

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Die Betriebsweise, ob Lokomotiv- oder elektrischer Betrieb, wird später bei den definitiven Vorlagen bestimmt werden. Wo die Steigungsverhältnisse es erfordern, soll die Zahnstange eingelegt werden.

Ebenso bleiben einzelne Traceänderungen für .die definitiven Vorlagen vorbehalten, namentlich bezieht sich dieser Vorbehalt auf das Tracé zwischen Lauterbrunnen und Stechelberg, das eventuell auf das rechte Ufer der Lütschine zu verlegen wäre.

Die Baukosten, incl. Betriebsmaterial, werden veranschlagt wie folgt: Von km. 0--7 per km. à Fr. 150,000 = Fr. 1,050,000 ,, ,, 7-17 * ,, ,, ,, 180,000 = ,, 1,800,000 ,, ,, 17-21,65 (Tunnel) , ,, ,, ,, 900,000 = ,, 4,185,000 ,, ,, 21,05-36 ,, ,, ,, ,, 160,000 = ,, 2,296,000 ,, ,, 36-51 · ,, ,, ,, ,, 280,000 = ,, 4,200,000 * » S!-5*,' i, » ,, « 150,000 = ,, 555,000 Summa Fr. 14,086,000 Hiezu Bauzinse, Verwaltungskosten etc 914,000 r Total Anlagekosten Fr. 15,000,000 Dieses Kapital erfordert für eine Verzinsung zu 5 % jährlich Fr. 750,000 ind die Betriebskosten können auf ,, 250,000 veranschlagt werden.

Zur Deckung dieser Summe von Fr. 1.000,000 bedarf es eines jährlichen Verkehrs von 20,000 Reisenden nach beiden Richtungen oder 40,000 Billets durchschnittlich zu Fr. 24 gleich Fr. 960,000 und Einnahmen aus dem Güterverkehr mit . . . ,, 40,000 Total

Fr. 1,000,000

Von den Regierungen der Kantone Bern und Wallis, welchen gemäß Art. 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 1872 das Konzessionsgesuch zur Vernehmlassung mitgetheilt wurde, sind keine Einwendungen gegen das Projekt erhoben worden.

Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden am 14. März abbin statt und ergaben allseitige Zustimmung zu dem nachfolgenden Konzessionsentwurf.

In dieser Konferenz wurde von den Vertretern der Regierungen von Bern und Wallis eine Frage aufgeworfen, welche hier erörtert werden muß, nämlich die Frage über das Verhältniß zwischen dem

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vorliegenden und dem ebenfalls hängigen Konzessionsgesuch für eine normalspurige Lötschbergbahn von Frutigen durch den Lötschberg nach Visp.

Da beide Linien die Strecke von Kippel abwärts durch das Lötscheuthal, sowie von dessen Ausgang bis nach Visp gemeinsam haben, so schließt nach der Ansicht des bernischen Regierungsvertreters ein Projekt das andere aus und frage es sich deßhalb, ob beide Konzessionen zusammen ertheilt werden können.

Wir glauben dies bejahen zu können, und zwar im Hinblick, auf den gänzlich verschiedenen Charakter der beiden Projekte.

Die Linie Lauterbrunnen-Visp ist zur Bedienung des T o u r i s t e n v e r k e h r s zwischen den Zentren des Berner Oberlandes und den Fremdenorten des Wallis, hauptsächlich Zennatt, bestimmt, während die Bahn Frutigen-Visp in engem Zusammenhange mit der Ausführung des Simplondurchstichs, als Theilstiick einer i n t e r n a t i o n a l e n Z u f a h r t s l i n i e z u m S i m p l o n gedacht u n d demgemäß auch normalspurig und mit wesentlich andern Steigungsverhältnissen geplant ist.

Wir halten deßhalb dafür, daß dem heute vorliegenden Projekte die Konzession ertheilt werden könne, ohne dadurch die Frage der Konzessionirung der andern Linie in irgend einer Weise zu präjudiziren. Denn es versteht sich, daß im Falle eines später bei dem Bau einer Lötschbergbahn zwischen dieser und einer allfällig schon vorhandenen schmalspurigen Touristenbahn LauterbrunnenVisp sich ergebenden Konfliktes diese letztere gegenüber der erstem, welche als internationale Linie umfassendem Interessen dient, zurückzutreten haben wird, wobei der endgültige Entscheid den Bundesbehörden zukommt. In gleicher Weise und in gleichem Sinne ist auch die schmalspurige Linie Chur-Thusis unbeschadet einer spätem normalspurigen Spliigenbahn konzessionirt und unter ähnlichen Verhältnissen gleichzeitig die Konzession für eine Normalspurbahn Spiez-Erlenbach und eine Schmalspurbahn ThunVivis durch das Simmenthal erlheilt worden.

Wir haben das Projekt, wegen der behaupteten militärischen Bedeutung desselben, noch durch das Militärdepartement prüfen lassen.

Das von der Generalstabsabtheilung des eidgenössischen Stabsbüreau erstattete Gutachten kommt zum Schlüsse, daß die Schmalspurbahn Lauterbrunnen-Visp eine nicht zu unterschätzende militärische Bedeutung besitze, unter der Voraussetzung, daß die Bahn mit l m. Spurweite gebaut werde, daß für die Zahnrad streck e das schon bei den Oberländerbahnen eingeführte System zur Anwendung

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komme und daß für die ganze Bahn Lokomotivbetrieb gewählt werde.

Aus allen diesen Gründen beantragen wir Ihnen die Ertheilung der Konzession zu den in nachstehendem Beschlussesentwurf normirten Bedingungen und bemerken mit Bezug auf diese noch Folgendes : In Artikel 8 wird einfach festgestellt, daß die Bahn schmalspurig und eingeleisig erstellt werde. Die noch nicht spruchreife Frage, ob 80 cm., wie das Konzessionsgesuch vorsieht, oder l m.

Spurweite anzunehmen sei, ist, weil technischer Natur, nicht in der Konzession, sondern besser bei Vorlage der definitiven Baupläne zu entscheiden. Doch wird mit Rücksicht auf die meterspurige Anlage der Linien Interlaken-Lauterbrunnen und Visp-Zermatt, deren Zwischenglied die projektirte Bahn bildet, und namentlich auch mit Rücksicht auf die im militärischen Interesse gestellte Forderung, die Spurweite von l m. verlangt werden müssen.

DiePersonen-, Gepäck-und Gütertaxen sind zwar hoch, aber auch in andern Fällen schon bewilligt worden, ferner von den betheiligten Regierungen nicht beanstandet, so daß wir deren Zulassung befürworten können, um so eher, als jedenfalls die Anlagekosten sehr bedeutende sein werden und ferner für die einheimische Bevölkerung ermäßigte Taxen vorbehalten bleiben (Art. 15, letztes Alinea).

Für den Viehtransport sind keine Ansätze aufgestellt, da die Gesellschaft gemäß Artikel 13 zum Vieh transport nicht verpflichtet ist.

Im Uebrigen lehnen sich die Konzessionsbedingungen an diejenigen für Visp-Zermatt an und enthalten die bei Speziai bahnen üblichen und daher nicht weiter zu begründenden Abweichungen von der Normalkonzession (Art. 7, 12, 13, 17, 19).

Wir benutzen diesen Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 4. April

1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf.)

Bnndesbeschluß betreffend

Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Lauterbrunnen nach Visp.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe der Bernischen Bodenkreditanstalt, vom 22J24.

Oktober 1890; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 4. April Ib91, beschließt: Der B e r n i s c h e n B o d e n k r e d i t a n s t a l t in Bern, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Eisenbahn von L a u t e r b r u n n e n nach V i s p unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vor-

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schriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 5 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen, darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrathe vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird schmalspurig und eingeleisig erstellt.

Wo die Steigungen es nothwendig machen, wird eine Zahnstange eingelegt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art, 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Punktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Der Betrieb kann im Allgemeinen auf die Zeit vom 1. Mai bis 30. Oktober beschränkt werden. Dem Bundesrathe bleibt das Recht vorbehalten, im Falle des Bedürfnisses eine weitere Ausdehnung des Betriebes zu verlangen. Vom 1. Juni bis 30. Sep-

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tember soll die Beförderung von Personen täglich mindestens zweimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Das Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird durch den Bundesrath bestimmt.

Art. 13. Die Gesellschaft übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck ; Güter werden nur befördert, soweit das Betriebssystem es gestattet. Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen von einem Endpunkt der Bahn zum andern folgende Taxen zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 30 Franken, in der dritten Wagenklasse 20 Franken.

Für den Verkehr von und nach den Zwischenstationen sind die Taxen auf Grundlage dieser Ansätze im Verhältniß zu der Fahrlänge festzustellen.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für .solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 15 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Die Gesellschaft ist gehalten, nach mit dem Bundesrathe zu vereinbarenden Bedingungen Abonnementsbillete auszugeben.

Für die einheimische Bevölkerung bleiben ermäßigte Taxen vorbehalten.

915 Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport der zur Beförderung angenommenen Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 10 Rappen, die niedrigste nicht über 6 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Art. 18. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 19. Die in den Artikeln 15 und 17 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladeplätze abzuliefern und vorn Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Art. 20. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aenderungen nöthig findet, dürfen dieselben erst nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 21. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 22. Die sämmtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Bisenbahn dem Verkehr übergeben »wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 23. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

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Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 25. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern und Wallis, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf i. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rüekkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 221/afachen Werth; -- wenn der Ruckkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20facben Werth des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Eeservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eiseubahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

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d. Der Reinertrag wird gebildet auâ dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 26. Haben die Kantone Bern und Wallis den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sei» daheriges Recht, wie es im Art. 25 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 27. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer Schmalspurbahn von Lauterbrunnen nach Visp. (Vom 4. April 1891.)

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08.04.1891

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