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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend die Vertheilung der Reineinnahmen des Alkoholmonopols während der Uebergangsperiode 1891/95.

(Vom 4. April 1891.)

Tit.

Nach Alinea 4 von Art. 32bis der Bundesverfassung ist die Reineinnahme des Alkoholmonopols unter die sämmtlichen K a n t o n e nach Verhältnis der durch die jeweilige letzte eidgenössische Volkszählung ermittelten faktischen Bevölkerung zu vertheilen.

Im Weitern bestimmt Art. 6 der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung im Interesse der durch. den Wegfall der Eingangsgebühren auf geistigen Getränken betroffenen Ohmgeldkantone und Oktroigemeinden : ,,Wenn die auf die einzelnen K a n t o n e und G e m e i n d e n berechneten Antheile an der (gemäß Art. 32bis der Verfassung) zur Vertheilung kommenden Summe nicht hinreichen würden, um die dahingefallenen (Eingangs-) Gebühren auf geistigen Getränken nach dem durchschnittlichen jährlichen Nettoertrag in den Jähren 1880 bis und mit 1884 zu ersetzen, so wird den betroffenen Kantonen und Gemeinden bis Ende des Jahres 1890 der daherige Ausfall aus derjenigen Summe gedeckt, welche den übrigen Kantonen nach der Volkszahl zukommen würde, und erst der Rest auf die letztern nach ihrer Volkszahl vertheilt.

,,Außerdem ist auf dem W e g e der B u n d e s g e s e t z g e b u n g zu bewirken, daß denjenigen Kantonen oder Gemeinden, für welche

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das Inkrafttreten dieses Beschlusses eine fiskalische Einbuße zur Folge haben kann. diese Einbuße nicht auf einmal in ihrem vollen Umfange, sondern nur allmälig bis zum Jahre 1895 erwachse. Die hiezu erforderlichen Entschädigungssummen sind vorweg aus den im Art. 321'11, Alinea 4, bezeichneten Reineinnahmen zu entnehmen.'1 Zwischen dem angeführten Inhalte des Art. 32 bls und des Art. 6 der Uebergangsbestimmungen der Bundesverfassung besteht insofern ein Widerspruch, als Art. 32 bis nur von einer Eepartition auf die ·,,Kantone1*, Art. 6 aber von einer solchen auf die ,,Kantone und Gemeinden" spricht. Wir nehmen indessen, gestützt auf die Entstehungsgeschichte der Verfassungsrevision von 1885. ohne Weiteres an, daß die einzig in Betracht fallenden Gemeinden Genf und Carouge für die nach Art. 6 zu regelnden Abrechnungsverhältnisse mit den betroffenen Kantonen auf gleiche Linie zu stellen seien.

Ebenso wollen wir uns nicht dabei aufhalten, daß der Ausdruck ,,bis zum Jahre 1895" einen Zweifel darüber aufkommen lassen könnte, ob die eventuell in Aussicht genommene Vergünstigung sich auch noch auf das Jahr 1895 erstrecke. Wir setzen Ihre Geneigtheit voraus, im Zweifelsfalle diese Redaktion zu Gunsten der betreffenden Kantone und Gemeinden auszulegen.

Die zitirten Vorschriften des Art. 6 der Uebergangshestimmuugen zur Bundesverfassung schaffen für die Zeit zwischen dem Erlaß des Monopolgesetzes und dem Eintreten des in Art. 32bis vorgesehenen, auf der Bevölkerungsziffer hasirenden und für alle Kantone gleichmäßig anzuwendenden Repartitionsmodus zwei Uebergangsperioden, wovon die eine die Zeit bis Ende 1890, die andere die Zeit von Anfang 1891 bis Ende 1895 umfaßt. In der ersten Periode sollen die Ohmgeldkantone und Oktroigemeinden aus dem llonopolertrag pro anno unter keinen Umständen weniger erhalten, als dieselben im Jahresdurchschnitte von 1880/84 an Eingangsgebühren auf geistigen Getränken netto eingenommen haben. In der zweiten Periode soll den betroffenen Kantonen und Gemeinden nicht der volle Ersatz dieser Eingangsgebühren garantirt, wohl aber dafür gesorgt werden, daß ihnen ein daheriger Ausfall nur successive fühlbar wird.

Für heide Perioden sind die den also privilegirten Kantonen und Gemeinden zu leistenden Zuschüsse zu Lasten der nicht privilegirten Kantone vorweg dem Monopolertrag zu entnehmen.
Hinsichtlich der ersten Periode ist das Ahrechnungsverfahren durch die Verfassung selbst geregelt ; mit Bezug auf die zweite Periode dagegen ist der Erlaß eines Spezialgesetzes vorgesehen. Nachdem nunmehr die erste Periode hinter uns liegt, ist der Zeitpunkt gekommen, an den Erlaß ehen dieses Spezialgesetzes zu gehen.

875 Wir unterbreiten Ihnen zu diesem Behufe den am Schluß dieser Botschaft in Form eines Gesetzesentwurfes niedergelegten Antrag.

Diesem Antrage zufolge sollen den bei der Eepartition der Monopoleinnahmen nach der Bevölkerungsziffer gegenüber ihrem Ohmgeldbezw. Oktroiertrag zu kurz kommenden Kantonen und Gemeinden außer ihren Kopfantheilen für das Jahr 1891 fünf Sechstheile, für das Jahr 1892 vier Sechstheile, für das Jahr 1893 drei Sechstheile, für das Jahr 1894 zwei Sechstheile und für das Jahr 1895 ein Sechstheil des daherigen Fehlbetrages aus derjenigen Summe bezahlt werden, welche den übrigen Antheilhabern nach der Volkszahl zuzuscheiden wäre, und .es soll erst der Eest auf diese letztern nach ihrer Bevölkerung vertheilt werden.

Zur bessern Beurtheilung unseres Vorschlages führen wir folgende Zahlen an. Wir schicken voraus, daß für die ganze Periode die Bevölkerungsziffer von 1888 als Theiler maßgebend sein wird, da vor Ende 1895 schwerlich eine neue Volkszählung Platz greifen wird.

Der von uns anerkannte jahresdurchschnittliche Ertrag des Oktrois und Ohmgeldes pro 1880/84 heläuft sich: Pro Kopf der : Bevölkerung.

Fr. Cts.

Fr.

Cts.

Für die Gemeinde Genf auf jährlich 386,619. 02 oder 7. 35 23,994. 61 y) 4. 21 ,, ,, Carouge T) n n 62,721. 02 fl 3. 63 T) ·n den Kanton Uri n Frei bürg 356,151.

75 11 2. 97 ·n n 11 ·n ·n Solothurn 240.270. 43 T)' 2. 80 ·n r> ·n 11 n Luzern 375,521. 54 11 2. 77 fi » n ti ·n Bern 1,074,191. 83 T) 1. 99 fi f> 11 n n Graubünden 11 155,382. 99 11 1. 61 ·n ;i 11 V) Glarus 45,897. 50 n 1. 36 T) ·n ·n ·n n 326,381. 40 TI 1. 30 Waadt n n n Ï) n Obwalden 19,359. 50 T) 1. 29 TI T) n 1l n Tessin 161,139. 10 T) 1. 27 n n n ·n n Nidwaiden 13,678. 11 n 1. 09 11 n 11 n n r Aargau 186,400. 85 n 0. 96 ,i n T) n ·n Baselland 51,454. 52 T) 0. 83 T) 11 n n n Zug 17,710. -!- 11 0. 77 n ii 11 n n Baselstadt 47,373. 40 n 0. 64 y> n ïi n ·n Wallis 36,632. 96 n 0. 36 f> 11 11 n n Pur alle betheiligten Gemeinden und Kantone auf jährlich 3,580,880. 53 oder 1. 84

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Für 1891 ist der Ertrag des Monopols auf rund Fr. 2 pro Kopf büdgetirt. Wir nehmen an, daß derselbe in keinem der hier in Betracht fallenden Jahre der Periode 1891/95 unter diesen Satz fallen werde.

Aus den angeführten Ziffern geht hervor, daß das von uns vorgeschlagene Spezialgesetz zunächst blos für die Gemeinden Genf und Carouge und die Kantone Uri, Freiburg, Solothurn und Luzern, d. h.

für diejenigen Antheilhaber in praktische Wirksamkeit tritt, bei denen der Kopfantheil der weggefallenen Gebühren höher ist als der Kopf-

Gemeinden

Bevöl-

und

kerungs-

Kantone.

zahl.

Jahresdurchschnittlicher Oktroi- und Ohmgeldertrag 1880/84.

Im Ganzen.

Pro Kopf.

Fr.

Fr.

Antheile bei gleichmassiger Verlheilung eines Ertrages von Fr. 2 pro Kopf.

Einbusse (-- ) resp. Mehrertrag (+) bei dieser Verthellung gegenüber dem Oktrolund Ohmgeldertrag.

Fr.

52,638

380,619. 02

7. 35

105,276. --

Fr.

-- 281,348. 02

5,103

23,994. 61

4. 21

Uri . .

17,285

62,721. 02

3. 63

11,406. -- « 34,570. --

Freiburg

119,529

356,151. 75

^ 97

239,058. -

-- 117,093. 75

85,709

240,270. 43

Z 80

171,418. --

-

185,722

375,521. 54

2. 77

271,44*. --

-- 104,077. 54

416,586

1,445,278. 37

3. 47

833,172. --

-- «12,100. 37

539,405

1,074,191. 83

1. 99

1,078,810. --

+

955,991

2,519,470. 20

Z 64

1,911,982. --

- 007,488. 20

991.015

1,061,410. 83

1. 07

1.982,080. --

+ 920,619. 67

1,947,006

3,580,880. 53

1. 84

3,894,012. --

+ 313,181. 47

Bern . . . .

. . .

Die andern Ohmgeldkantone

.

-

12,588. 61

-

28,151. 02

68,852. 43

4,618. 17

Oktroigemeinden und OlmigeldDer übrige Theil der Schweiz

986,328

Das ganze Land

2,933,334

1,972,656. --

-

-

5,866,668. -

-

Es geht aus dieser Aufstellung hervor, daß die Einbuße des Kantons Bern bei dem von uns in Anregung gebrachten Abrechnungsmodus so klein ist, daß auch ein geringfügiger Mehrertrag des Monopols in der betrachteten Periode hinreicht, um diesen Kanton

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antheil an den Monopoleinnahmen. Durch die proponirte theilweise Deckung des Defizits dieser 6 Antheilhaber indessen wird die Kopfquote der übrigen Partizipanten so weit heruntergedrückt, daß auch noch dem Kanton Bern für die ganze in Betracht fallende Periode die Wohlthat des Gesetzes zuzuwenden sein wird.

Für die so geschaffenen l privilegirten Antheilhaber aber stellt sich die Vertheilung nach dem von uns befürworteten Systeme wie : folgt :

Antheile nach den Bestimmungen des von uns vorgeschlagenen Spezialgesetzes.

Im Ganzen.

Fr.

1893.

1892.

1891.

1894. j

1895.

Pro Im Ganzen. Pro Im Ganzen. Pro Im Ganzen. Pro Im Ganzen. Pro Kopf.

Kopf.

Kopf.

Kopf.

Kopf.

Fr.

839,728. 50 6.45

Fr.

Fr.

292,838. -- 5.56

Fr.

Fr.

245,947. 50 4.67

Fr.

Fr.

199,057. -- 3.78

Fr.

Er.

152,166. 50 2.89

21,896. 50 3.84

19,798. 40 3.47

17,700. 30 3.10

15,602. 20 Z 74

18,504. 10 Z36

58,029. 20 3.36

53,337. 36 3.09

48,645. 52 2.81

43,953. 68 Z54

39,261. 84 2.27

278,089. 26 2.33

258,573. 63 Z 16 182,893. 40 Z 13

386,686. 15 2.82

317,120. 52 2.66

297,604. 89 2.49

228,795. -- 2.67

217,319. 60 2.54

205,844. 20 2.40

194,868. 80 2.27

358.175. 30 2.64

340,829. 04 2.51

323,482. 78 2.38

306,136. 52 Z 26

1,313,260. 65 3.22 1,241,242. 92 2.98 1,139,225. 19 2.73 1,037,207. 46 2Ì49 1,056,740. 62 1.96

1,046,577. 62 1.94

1,043,703. 19 1.93

1,048,116. 84

1;94

288,790.26

Z 13

935,189. 73 2.24 1,059,819. 21 1.96

2,400,001. 27 2.51 2,287,820. 54 2.39 2,182,928. 38 2.28 2,085,324. 30 2)18 1,995,008. 94 2.09 1,737,4«. 97 1.75 1,793,665. 29 1.81 1,846,235. 69

1.86

1,895,153. 40 Ij91 1,940.418. 12 1.96

!

1,729,224. 76 1.75 1,785,182. 17 1.81

1,837,503. 93 1.86 1,886,190. 30 1.91 1,931,240. 94 1.96 j

5,866,668. -- 2. -- 5,866,668. -- 2. -- 5,866,668. -- 2. -- 5,866,668. --

o

5,866,668. -- 2.--

für seine weggefallenen Gebühren vollständig schadlos zu halten.

Praktisch wird sich also das vorgeschlagene Spezialgesetz aller Wahrscheinlichkeit nach blos auf die Gemeinden Genf und Carouge und die Kantone Uri, Preiburg, Solothurn und Luzern beziehen.

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Hinsichtlich des Kantons Uri ist zu bemerken, daß derselbe trotz der ihm für die fünf Jahre 1891/95 verbleibenden Einbuße im Vergleich zu seinen normalen Ohmgeldeingängen insoferne günstig gestellt ist, als der ganzen Abrechnung die Resultate der Periode 1880/84, d. h. einer Zeit zu Grunde liegen, welche für den genannten Kanton, wenigstens in den Jahren 1880 und 1881, infolge des Baues der Gotthardbahn ausnahmsweise außerordentlich hohe Ohmgelderträgnisse lieferte.

Auch die Gemeinden Genf und Carouge und eventuell Bern haben keinen Grund, sich über Verkürzung ihrer Interessen zu beklagen, da ihre Oktroi- resp. Ohmgeldeinnahmen schon seit einer längern Reihe von Jahren aus verschiedenen Gründen in stetem Rückgang begriffen waren und ohne die Dazwischenkunft des Alkoholmonopols verrauthlich bis zum Jahre 1890 bei einem Betrage angelangt sein würden, der für die Betroffenen ungünstiger gewesen wäre, als die für sie durch das Monopol geschaffene Finanzlage.

Wir glauben, daß durch unsere Vorschläge den berechtigten Interessen der betheiligten Gemeinden und Kantone Rechnung getragen sei; wir beantragen Ihnen deßhalb die Annahme des nachstehenden Gesetzentwurfes und benutzen den Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 4. April 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesratbos, Der Bundespräsident:

Welti.

« Der Kanzler der Eidgenossenschaft-

Riugier.

879

(Entwurf.)

Bnndesgesetz betreffend

die Vertheilung der Reineinnahmen des Alkoholmonopols während der Uebergangsperiode 1891/1895.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung von Alinea 3 des Artikels 6' der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom !

4. April 1891, ' beschließt: . ' Art. 1. Für die Vertheilung der Reineinnahmen des Alkoholmonopols während der Uebergangsperiode von 1891 bis und mit 1895 gelten die in den Art. 2 und 3 hienach aufgestellten Bestimmungen.

i Art. 2. Sofern die nach der Bevölkerungszahl auf die einzelnen Kantone und die Gemeinden Genf und Carouge berechneten Antheile nicht hinreichen, um die dahingefallenen Eingangsgebühren auf geistigen Getränken nach dem durchschnittlichen jährlichen Nettoertrage in den 5 Jahren 1880/84 zu ersetzen, so erhalten die betroffenen Kantone und Gemeinden außer ihrem Kopfantheile eine weitere Zutheilung und zwar :

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für das Jahr 1891 von fünf Sechstheileu, ,, ,, ,, 1892 ,, vier ,, ,, ,, 1893 ,, drei » « v 1894 « zwei * ,, ,, ,, 1895 ,, einem Sechstheil des Fehlbetrages des betreffenden Jahres.

Art. 3. Der hiefür benöthigte Betrag ist von derjenigen Summe in Abrechnung zu bringen, welche den übrigen Antheilhabern zufallen würde; der verbleibende Rest ist unter letztere nach Verhältniß der Bevölkerungszahl zu vertheilen.

Art. 4. Der Bundesrath ist beauftragt, nach Maßgabe des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 über die Volkabstimmung betreffend Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Veröffentlichung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Zeitpunkt seines Inkrafttretens festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend die Vertheilung der Reineinnahmen des Alkoholmonopols während der Uebergangsperiode 1891/95. (Vom 4.

April 1891.)

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1891

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14

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.04.1891

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873-880

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10 015 190

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