727

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Organisation der Verwaltung und Vertheidigung der Gotthardbefestigung.

(Vom 20. Juni 1891.)

Tit.

Die Befestigungsbauten am St. Gotthard sind theilweise vollendet, theilwei.se gehen sie ihrer baldigen Vollendung entgegen. In allen Positionen sind sie so weit vorgeschritten, daß es nicht mehr dem Zufall überlassen werden kann, ob im gegebenen Fall die Vertheidigung Führern oder Truppen zufiele, welche nicht mit der Oertlichkeit, mit den Festungswerken und mit den besondern Anforderungen ihrer Vertheidigung auf das Genaueste vertraut wären.

Vor Allem müssen die Truppen-F ü h r e r ernannt und unterrichtet werden, welchen die Vertheidigung anvertraut werden soll.

Diese werden erst dann als ihrer Aufgabe gewachsen betrachtet werden können, wenn sie sich mit den Anforderungen des Festungsund Positionskrieges im Allgemeinen und im Besondern mit den d u r c h a u s e i g e n a r t i g e n V e r h ä l t n i s s e n des Platzes am St. Gotthard selbst vertraut gemacht haben werden. Es muß deßhalb nicht nur die E r n e n n u n g , sondern auch eine e r s t e S c h u l u n g derselben n o c h im L a u f e des S o m m e r s stattfinden können, falls ein wissenschaftlicher und praktischer Grund gelegt werden will, der die Erwartung rechtfertigen kann, daß mit Vollendung der Werke auch deren Vertheidiger bereit seien.

Aehnlich verhält es sich mit den T r u p p e n .

728

Neben der geringen Anzahl von Pestungstruppen, welchen die Bedienung und Bewachung der Festungsgeschütze und der sie deckenden Panzerbauten obliegt, braucht der Vorpostendienst und die Vertheidigung der Paßstellungen noch eine beträchtliche Anzahl mobiler Truppen an Infanterie, Artillerie und Genie, indem die permanenten Befestigungen eben nur als Stützpunkte der Vertheidigung, nicht als die Vertheidigung selbst aufgefaßt werden dürfen. Da die Aufgaben der Vertheidigung an die taktische Ausbildung einer Truppe, welche einmal mit den lokalen Verhältnissen gehörig vertraut ist, keine großen Anforderungen stellen, und die Anlehnung an die permanenten Werke wie die Natur des Geländes es gestatten, unter den günstigsten Bedingungen zu kämpfen, so können größtentheils L a n d w e h r t r u p p e n verwendet werden.

Immerhin wird ein Minimum von Auszug beigemischt werden müssen, um dem Ganzen mit Rücksicht auf Dienstbetrieb und militärisches Auftreten Halt und Beispiel zu geben, sodann aber ganz besonders, weil an den Auszug größere Anforderungen bezüglich B e r e i t s c h a f t im Falle eines Aufgebotes gestellt werden können. Dieses Minimum wird die Zahl von 2 Bataillonen, welche d u r c h N e u b i l d u n g e n a u s U e b e r z ä h l i g e n anderer Verbände ersetzt werden, nicht überschreiten.

Die zur eventuellen Vertheidigung bestimmten Truppen müssen unverzüglich bezeichnet werden, denn sie dürfen nicht mehr in den Aufmarschplänen des Generalstabes mit in Rechnung gezogen werden, sondern bleiben unter allen Umständen ihrer besonderen Aufgabe aufgespart.

Sie müssen aber auch zur Lösung dieser Aufgabe g e s c h u l t werden dadurch, daß sie ihre Wiederholungskurse im Platz abhalten und daß ihre höheren Offiziere noch in besondern Kursen mit der Führung der Vertheidigung vertraut gemacht werden.

Endlich brauchen die Befestigungen am St. Gotthard ein, wenn auch sehr reduzirtes, s t ä n d i g e s Personal von Militärbeamteu, ·welches zum Theil dem Instruktionskorps entnommen werden soll.

Diese werden gleichzeitig Funktionäre des aus Truppenoffizieren gebildeten Kommandostabes sein, und es wird ihnen die Instruktion der Festungstruppen, die Leitung der im Platz stattfindenden Truppenübungen, die Verwaltung des umfangreichen und kostspieligen Materiales an Waffen, Munition, Lebensmitteln und Maschinen Uherbunden werden, sowie überhaupt die V e r a n t w o r t l i c h k e i t für die beständige Bereitschaft des Platzes.

729

Der Bundesrath erbittet sieh die nöthige Vollmacht, um diese Organisation unverzüglich vornehmen zu können unter dem Vorbehalt Ihrer späteren Genehmigung.

Schließlich benutzen wir diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 20. Juni 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

730

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

die Organisation der Verwaltung und Vertheidigung der Gotthardbefestigung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 20. Juni 1891, beschließt: Art. 1. Der Bundesrath wird ermächtigt, die mit den Befestigungsanlagen auf dein G-otthard zusammenhängenden organisatorischen Maßregeln zu treffen, in der Meinung, daß den eidgenössischen Räthen die spätere gesetzliche Regulirung der Angelegenheit vorbehalten bleibt.

Art. 2. Dieser Beschluß, mit dessen Vollziehung der Bundesrath beauftragt wird, tritt, weil nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Organisation der Verwaltung und Vertheidigung der Gotthardbefestigung. (Vom 20. Juni 1891.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1891

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

27

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.07.1891

Date Data Seite

727-730

Page Pagina Ref. No

10 015 332

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.