#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

43. Jahrgang. III.

# S T #

Nr. 29.

15. Juli 1891.

Bundesrathsbeschluß über

die Rekursbeschwerde betreffend die Grossrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise SanNazzaro (Gambarogno).

(Vom 18. Juni 1891.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r ath hat in Sachen der Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise San Nazzaro {Gambarogno) nach dem Bericht des Justiz- und Polizeidepartements folgenden Thatbestan gefunden: A. Betreffend die Gemeinde Magadino.

I. Wie in den übrigen Gemeinden des Kantons, so wurde auch in Magadino das Stimmregister für die Großrathswahlen vom 3. März 1889 am 22. Januar desselben Jahres öffentlich ausgestellt.

Am 17. Februar reichte R u f f o n i , Giuseppe, fu Gius., dem Staatsrathe eine Appellation folgenden Inhaltes ein: Ich bin zu Magadino 1835 geboren worden und daselbst domizilirt. Nun ist durch eine Eingabe, unterzeichnet Domenico Tognetti von Vira, beim Regierungskommissär verlangt worden, Haß ich aus dem Stimmregister von Magadino gestrichen werde, weil ich Bundesblatt

43. Jahrg. Bd. III.

65

978 mein Domizil in Calprino habe. IQ Wirklichkeit aber habe ich mich dort niemals auch nur aufgehalten, bin dort auch nicht eingeschrieben, ja, ich weiß nicht einmal, wo der Ort liegt. Die Munizipalität von Magadino hat denn auch das Begehren in dem Sinne beantwortet, daß mein Name nicht zu streichen sei. Der Kommissär des Bezirkes Locamo aber hat dessen ungeachtet durch Verfügung vom 14. Februar meine Streichung angeordnet.

Hiegegen ergreife ich die Appellation. Ich war bis 1874 in Magadino domizilirt, wohnte dann in Muralto von 1875 bis 1882 1882 kehrte ich nach Magadino zurück. Ich machte hievon gebührende Anzeige der Munizipalität von Muralto, die mich aus ihrem Stimmregister strich. Seither habe ich mein Aktivbürgerrecht immer unbeanstandet in Magadino ausgeübt, so auch bei den Großrathswahlen des Jahres 1885. Ich bitte um Einziehung der bezüglichen Stimmregister zum Beweise meiner Behauptung. Ich bin Reisender der Societät Singer (Nähmaschinen) und reise in dieser Eigenschaft beständig in den verschiedenen Theilen des Kautons herum. In keiner andern Gemeinde aber bin ich je drei Monate lang gewesen. Ich bitte also um Aufhebung des Dekretes des Kommissärs und Anordnung meiner Wiedereintragung in das Stimmregister von Magadino.

Ich lüge hinzu, daß mein Sohn Carlo Francesco, der in Paris wohnt, im Stimmregister von Magadino steht, was beweist, daß das Domizil meiner Familie in der That hier ist.

Eine Abschrift dieser Eingabe wurde zugleich dem Bundesrathe übermittelt mit dem Gesuche, dafür sorgen zu wollen, daß der Appellant nicht der Ausübung seines Aktivbürgerrechts beraubt werde.

Der Staatsrath entschied : Da Ruffoni in Magadino weder sein Geschäft, noch Liegenschaften, noch Haushalt, noch etwas Anderes hat, was ein gesetzliches Domizil begründet, so bleibt er gestrichen.

Durch Telegramm vom 1. März theilte Ruffoni diesen Entscheid dem Bundesrathe mit unter dem Beifügen : "Je proteste contre cet acte despotique tout contraire aux traditions démocratiques de notre pays. Je possède une maison à Magadino et je paie mes impôts à Magadino. Je demande télégraphiquement votre intervention.a Er reichte auch dem Bureau der Wahlversammlung selbst einen schriftlichen Protest gegen seine Streichung ein, worin er

979 erklärte, daß er, wenn zugelassen, für die radikalen Kandidalen gestimmt haben würde.

Vom Bundesdelegirten über die thatsächlichen Verhältnisse angefragt, erklärte der Kommissär, er habe Ruflbni ausgeschlossen, weil dieser nicht mehr in Magadino domizilirt und Bürger einer andern Gemeinde und höchst wahrscheinlich auch (das Dekret selbst habe er dem Staatsrath abgegeben"), weil er mit Steuern im Rückstande sei.

Bei der Untersuchung des Bundesdelegirten in Magadino selbst erklärte der Sindaco, daß Buffoni Bürger von Magadino sei und daselbst seine regelmäßige Wohnung habe, auch stets dort eingeschrieben war und gestimmt hat, Liegenschaften daselbst besitzt und Grundsteuer wie überhaupt alle seine Steuern bezahlt.

II. Durch Verfügung des Regierungskommissärs wurde vom Stimmregister von Magadino gestrichen: G h i s l e r , Enrico, fu Giuseppe.

Unterm 16. Februar appellirte hiegegen die Munizipalität von Magadino an den Staatsrath.

Am 25. Februar erhielt der ßundesrath einen Brief, datirt Basel, 23. Februar, und unterzeichnet ,,Enr. Ghisler, Geschäftsreisender des Hauses G. O. Sommer in Basel", worin er ausführt : Ich stand bis heute stets auf dem Stimmregister von Magadino, höre nun aber von meiner Familie, daß man mich streichen will.

Hiegegen protestire ich. Ich bin in Magadino domizilirt und zahle dort die Steuern ; wenn" auch als Geschäftsreisender in Basel wohnhaft, habe ich dort doch nie drei Monate lang dauernden Aufenthalt , also auch nicht mein politisches Domizil ; in Magadino befinden sich meine Familie und meine Liegenschaften. Ich bitte also um Schutz meines dortigen Aktivbürgerrechtes, während Sie zugleich , wenn Sie es für nothwendig erachten, meine Streichung vom Stimmregister der Stadt Basel anordnen mögen. Ich bitte, mir den Entscheid direkt mitzutheilen, damit ich nicht etwa vergeblich am 3. März nach Magadino reise.

Mit Dekret vom 28. Februar entschied der Staatsrath: In Anbetracht, daß Ghisler Familie, Liegenschaften und den Hauptsitz seiner Geschäfte, also sein Domizil, in Magadino hat, von wo er oft verreist, und daß, wenn er jetzt abwesend ist, der Grund davon in seiner Stellung eines Handelsreisenden liegt, er also anderswo nur Aufenthalter ist, ist er im Stimmregister von Magadino beizubehalten.

980 III. Der in Lugano stationirte Grenzwächter A g u s t o n i, Giov. Donato, wandte sich mit Eingabe vom 15. Februar 1889 an den Staatsrath und verlangte seine Aufnahme in das Stimmregister seines Heimatortes Magadino.

Nach dem Dekrete des Staatsrathes hatte der Kommissär des Bezirkes Locamo mit Schreiben vom 13. Februar der Munizipalität von Lugano aufgetragen, Agustoni, als dort domizilirt, in ihr IS ti nunregister aufzunehmen, und das Dekret sagt, daß diese Behörde, keinerlei Vorstellungen dagegen gemacht habe; für ein Domizil des Rekurrenten in Magadino liege gar nichts vor. Es wurde daher das Begehren abgewiesen.

Mit Schreiben vom 28. Februar beschwerte sich Aguston hierüber beim Bundesrath Er sagt, er habe immer in Magadino an den Wahlen der Gemeinde und des Kantons theilgenommen, dort auch stets seine Steuern bezahlt und habe dort auch seine Familie.

Nach dem Dekrete des Staatsrathes vom 28. Juli 1881, welches bis dahin stets auch auf ihn angewandt worden sei, sollen ,,die Polizeisoldaten wie die Grenzwächter am Orte, wo sie stationirt seien, als bloße Aufenthalter betrachtet werden und daher in ihrer Heimatgemeinde stimmen, falls sie nicht mit ihren Familien ihr bleibendes Domizil da aufgeschlagen haben, wo sie stationirt sind."

Nach den Untersuchungen des Bundesdelegirten ist Agustoui Bürger von Stabio, aber in Magadino geboren und da auch immer wohnhaft gewesen, bis er nach Ponte Tresa und von da nach LuO i gano versetzt wurde ; in Lugano eingeschrieben.

IV. Am 18. Februar 1889 verlangte Antognini, Carlo, fu Giacomo, von Magadino beim Staatsrathe die Aufnahme von A n t o g n i n i , Andrea, fu Giuseppe, in das Stimmregister von Magadino, entgegen dem Dekrete des Kommissärs vom 12. desselben Monats, indem er ausführte: Wenn der Genannte nach Sissach (Baselland) gegangen ist, so geschah dies nur für kurze Zeit, um einen Bruder zu besuchen.

In gleichem Sinne hatte sich auch schon die Munizipalität unterm 16. desselben Monats an den Staatsrath gewandt.

Der Staatsrath ordnete seine Eintragung an. Vor dem Bundesdelegirten bemerkte hiezu der Sindaco von Magadino, daß dagegen drei Bruder Perazzi, Pietro, Giuseppe und Luigi, fu Giovanni, Hausirer, obgleich in ganz gleicher Lage, ausgeschlossen worden seien.

Der Staatsrath, hierüber zur vernehmlassung eingeladen, antwortete : ,,Es war in einer Eingabe der Ausschluß der drei Brüder

981 Perazzi verlangt worden, weil sie in andern Schweizerkantonen domizilirt seien. Da die Munizipalität diese Thatsache nicht bestritt, ordnete der Kommissär die Streichung derselben, wie die Antognini's, an; die Munizipalität rekurrirte für alle vier. Davon, daß Antognini bloß auf Besuch bei seinem Bruder war, hatte der Staatsrath direkte Kenntniß ; Betreffend die Brüder Perazzi dagegen war sicher und unbestritten, daß sie seit Monaten in andern Kantonen waren. Weiteres wußte der Staatsrath nicht, namentlich nicht, daß sie in der gleichen Lage seien, wie Antognini.'1 V. In der nämlichen Eingabe vom 16. Februar rekurrirte die Munizipalität von Magadino auch dagegen, daß der Kommissär in ihrem Stirnmregister gestrichen habe: G u a r d i , Pietro, fu Antonio, G- i l a r d i , Lorenzo, di Pietro, und T o m m a s i n a , Pietro, di Francesco.

Der Staatsrath entschied, in Erwägung, daß betreffend die beiden Gilardi ihre Wiederaufnahme in das Stimmregister von Magadino bereits durch spezielle Verfügung beschlossen worden ist, betreffend Tommasina die Munizipalität keinen Beweis geleistet hat, daß er nur als Aufenthalter sich in einer andern Gemeinde der Schweiz befinde, ist das Begehren betreffend Tommasina abgewiesen ; bei dem Entscheid betreffend die beiden Gilardi hat es sein Verbleiben.

VI. Mit Eingabe vom 16. Feburar ^erlangte die Munizipalität von Magadino beim Staatsrathe die Eintragung auch noch anderer Bürger in ihr Stimmregister. Der Staatsrath fand jedoch, daß kein Beweis dafür vorliege, daß dieselben in Magadino domizilirt seien, und wies das Begehren ab. Die Untersuchung des Bundesdelegirten ergab diesfalls Folgendes : K u f f o n i , Vittore, di Giuseppe, ein Sohn des in Fact. I Erwähnten, seit neun Jahren in Borgotnanero, Italien, angestellt, kehrt fast jedes Jahr nach Magadino zurück, um seinen Vater zu besuchen.

Der Vater Ruffoni erklärte, daß ein anderer seiner Söhne, Namens Carlo, der in ganz gleicher Stellung wie Vittore sich befinde, indem er als Angestellter in Paris lebe, nicht gestrichen worden sei, und der Sindaco bestätigte dies.

Der Kommissär, hierüber angefragt, antwortete: Wenn der Eine der beiden Söhne Ruffoni's ausgeschlossen wurde, so war es sicherlieh nicht wegen Domizils im Auslande; denn aus diesem Grunde habe ich gar Niemanden ausgeschlossen, sondern weil er, wie sein Vater, nicht Domizil in Magadino hat, Bürger einer andern

982 Gemeinde ist, und höchst wahrscheinlich auch wegen Steuerrückstandes. Wenn der Andere nicht ausgeschlossen wurde, so geschah dies, weil kein bezügliches Begehren vorlag.

R u f f o n i , Roberto, von Magadino, seit 1882 Spediteur in Luino, vorher in Muralto, der bis dahin immer eingetragen war und seine Steuern in Magadino bezahlt. Seine Familie wohnt in Luino.

Der Staatsrath erwähnt in seinem Dekret vom 28. Februar 1889, Nr. 743, daß unterm 23. desselben Monats die Munizipalität von Muralto entgegen dem Befehle des Kommissärs die Streichung des nämlichen Ruffoni verlange, da derselbe schon im Jahre 1882 Muralto verlassen und seither keine Steuern mehr daselbst bezahlt habe. Er erklärte Ruffoui als nicht in Magadino domizilirt und hielt daher seine Streichung daselbst aufrecht.

B. Betreffend die Gemeinde Gerra.

VII. Unterm 4. Februar 1889 verlangte beim Regierungskommissär Galli, Giuseppe, fu Giuseppe, daß in das Stimmregister aufgenommen werde sein Schwager B a l e s t r a , Giuseppe, fu PietroDie Munizipalität antwortete, sie erhebe keine Opposition, Balestra sei nur aus Versehen nicht aufgenommen worden.

Der Kommissär zog in Betracht, daß Balestra Bürger von Gerra sei, in Frankreich wohne, aber sein letztes inländisches Domizil in Gerra gehabt habe, und ordnete dessen Eintragung an.

VIII. Mit Eingabe vom nämlichen Tage verlangten Francesco, und Taddei, Domenico, die S t r e i c h u n g von 1. B a l e s t r a , Giacomo, fu Agostino.

2. B a l e s t r a , Vittore, di Giacomo.

3. G a l l i , Emilio, fu Abbondio.

4. G a l l i , Giovanni, fu Abbondio.

5. G a l l i , Augusto, fu Abbondio.

6. M a r t i g n o n i , Giuseppe, di Pietro.

7. B a l e s t r a , Domenico, fu Agostino.

8. G a l l i , Filippo, di Francesco.

Galli,

Die Munizipalität erwiderte auf dieses Begehren : Ad l und 2. B a l e s t r a . Einverstanden; sie sind in der That mit ihren Familien in Genf domizilirt.

983

Ad 3--5. Galli Wenn auch in Paris wohnend, haben sie doch immer ihre Steuern in Gerra bezahlt und sind also nicht zu streichen.

Ad 6. M a r t i g n o n i , wenn auch gegenwärtig in Genf, lebt hier mit seiner Familie zusammen, und sein Vater hat immer alle Steuern für ihn bezahlt.

Ad 7. B a l e s t r a , ebenfalls in Genf, hat seine Familie in Gerra und zahlt da alle Steuern.

Ad 8. G a l l i lebt mit seinem Vater zusammen und hat immer alle seine Steuern bezahlt, ist also ebenfalls nicht zu streichen.

Der Kommissär entschied mit Dekret vom 13. Februar, mitgetheilt den 16. : Da die Bürger l, 2, 6, 7, 8 in Genf und andern Schweizerkantonen domizilirt sind, wo sie die Ausübung der politischen Rechte erlangt haben, und das Gegentheil hievon nicht nachgewiesen ist, da die Galli 3, 4, 5 im Auslande wohnen und demgemäß ihr Domizil in der Heimatgemeinde haben, sind die Bürger l, 2, 6, 7, 8 zu streichen; im Uebrigen ist das Begehren abgewiesen Unterm 17. Februar bezeugte die Munizipalität, daß G a l l i , Filippo, di Francesco, Bürger dieser Gemeinde, immer regelmäßig alle Steuern bezahlt und den Militärdienst im Kanton geleistet habe.

Er reiste nach Zürich in der zweiten Hälfte des letzten Oktober.

Er stand immer auf dem Stimmregister dieser Gemeinde und nahm unbeanstandet an den Abstimmungen Theil.

Mit Eingabe vom 19. Februar appellirte der Architekt Galli, Franc., an den Staatsrath, indem er ausführte : G a l l i , Filippo, mein Sohn, ist immer noch in Gerra domizilirt. Mehr als 20 andere Bürger von Gerra, die in gleicher Lage sind wie er, müßten ebenfalls gestrichen werden, da sie ebenso in andere Kantone der Schweiz ausgewandert sind.

ö Eine Abschrift dieser Eingabe wurde dem Bundesrathe übersandt.

Der Staatsrath zog in Erwägung : daß eine Abschrift dieser Eingabe der Munizipalität von Gerra nicht übergeben worden ist, so daß sie ihre Gegenbemerkungen nicht machen konnte (Gesetz vom 3. Dezember 1888, Art. 2 und 4); daß die von der Munizipalität bezeugten Thatsachen nicht beweisen, daß Filippo Galli sein Domizil in Gerra behalten hat, da er schon im Oktober weggezogen ist, und entschied :

984 Der Rekurs ist aus formellen und materiellen Gründen abgewiesen.

Unterm 1. März appellirte Architekt Francesco Galli hiegegen an den Bundesrath unter Wiederholung der schon vor den kantonalen Instanzen vorgebrachten Gründe.

Die Untersuchung des Bundesdelegirten hat ergeben: Balestra, Giacomo, Balestra, Vittore, Balestra, Domenico, Martignoni, Giuseppe, sind alle in Genf für die Jahre 1888 und 1889 als Wähler eingeschrieben.

Galli, Filippo, ist Meehanikerlehrling in Winterr.hur seit Mai 1888, kam im September zurück, um im Tessin seinen Militärdienst zu machen, und kehrte Ende Oktober wieder nach Wintert hur zurück. Er ist unverheiratet. Er kam nicht zur Abstimmung, würde aber nach der Erklärung seines Vaters gekommen sein, wenn er zur Wahl zugelassen worden wäre. Die Behauptung wurde wiederholt, daß Hausirer, welche im Kanton Zürich ihr Domi/il haben, in Gerra zur Wahl zugelassen worden seien.

C. Betreffend die Gemeinde Vira.

IX. Mit Brief vom 3. März 1889 wandten sich Bottini, Luigi, di Gius., Bottini, Battista, di Giacomo, Fosanelli, Angelo, fu Francesco, an das liberale Komite von Locamo und führten an: Vor kurzer Zeit in die Heimat zurückgekehrt, stelltet! wir uns bei der Munizipalität ein, um vorschriftsgemäß unsere Steuern zu zahlen und sodann an den Wahlen in den Großen Rath vom 3. März Theil nehmen zu können. Das Wahlrecht wurde uns jedoch von der Munizipalität versagt. Hier senden wir unsere ausgefüllten Stimmzettel und bitten um Ihre Verwendung bei den Behörden. Sie füllten ein Formular aus, wonach sin für die liberalen Kandidaten gestimmt haben würden.

Nach den Untersuchungen des Bundesdelegirten übt Bottini, Luigi, seinen Beruf seit 5 Jahren in San Franzisco, Kalifornien, aus und kam von da 10 Tage vor der Wahl zurück; seine Familie ist noch in Kalifornien; während der 5 Jahre hat er keine Steuern bezahlt. 5 Tage vor der Wahl verlangte er seine Aufnahme in das Stimmregister.

985

Bottini, Battista, ist seit 4 Jahren Maler in Paris und kam vor der Wahl in die Heimat zurück und erschien am Tage vor derselben bei der Munizipalität, um seine Steuern zu zahlen. Seine Familie ist noch in Paris.

Fosanelli, seit vielen Jahren Kaminfeger in Paris, kehrte etwa 6 Wochen vor der Wahl heim, ist unverheiratet, seine Mutter zahlte für ihn die letzten Steuerrückstände.

D. Betreffend die Gemeinde Caviano.

X. Mit Brief vom 18. Februar 1889 brachte Taddeoli. Lorenzo, dem Staatsrathe Folgendes vor : Der Kommissär hat mich auf dem Stimmregister gestrichen, weil ich mein Domizil in Tavannes, Kanton Bern, habe und erst am 20. Dezember v. J. zurückgekehrt sei. Hiegegen rekurrire ich aus folgenden Gründen : 1. Mein wahres politisches Domizil habe ich in Caviano; dort habe ich meine Familie, meinen Haushalt, meinen Aufenthalt mehrere Monate im Jahr; der Wohnsitz in Tavannes besteht nur für die Ausübung meines Berufes.

2. Ich nahm auch unbeanstandet in Caviano Theil an den Munizipalitätswahlen des letzten Januar, eingeschrieben wie bis dahin.

3. Ich habe nie eia anderes Domizil genommen.

4. Andere Bürger in gleicher Lage sind zur Abstimmung zugelassen worden.

Eine Abschrift davon reichte er gleichzeitig dem Bundesrathe ein unter Anrufung seines Schutzes der polilischen Rechte der Bürger.

Der Staatsrath wies, gestützs auf eine Erklärung des Syndic von Tavannes d. d. 19. Januar, daß Taddeoli dort domizilirt und im Besitze seiner bürgerlichen und politischen Rechte sei, das Begehren ab.

Mit Telegramm vom 1. März rief Taddeoli neuerdings die Hülfe -des Bundesrathes an. Er schrieb auch in gleichern Sinn an das liberale Kantonalkomite mit dem Beifügen, daß er für die liberalen Kandidaten gestimmt haben würde.

Nach der Untersuchung des Bundesdelegirten ist er Hausirer im Kanton Neuenburg, kehrt alljährlich für einige Zeit zur Abwicklung seiner Geschäfte nach Caviano zurück, und zwar im

986 Winter, und geht im' Februar oder März wieder nach Tavannes; er ist Wittwer, zahlt in Caviano seine Steuern und hat dort drei Kinder.

E. Betreffend die Gemeinde Piazzogna.

XL Es wurde dem Bundesrath eine Eingabe d. d. 4. März 1889 und unterzeichnet Faroni (?) eingereicht, welche behauptet, es haben an der Wahl 9 Burger Theil genommen, nämlich die Familien Meschini und Fauser, welche bleibendes Domizil, die erstere in Gallarate (Italien), die letztere in Novara, haben, aber die Steuern bezahlen.

Der Eingabe wurde keine Folge gegeben.

F. Betreffend die Gemeinde Gondola.

XII. Mit Eingabe vom 3. Februar 1889 wandten sich Codiga, Pietro, Meuli, Joh., und Andere an den Regierungskommissär des Bezirks Locamo und brachten Folgendes vor : Das den Gesetzen vom 13. Juni 1854 und 15. Juli 1880 gemäß an den drei ersten Sonntagen des Jahres ausgestellte Stimmregister von Gordola wies die Zahl von 75 Stimmberechtigten auf.

Groß war daher das Erstaunen, als das Register für die Großrathswahlen vom 3. März statt dessen 160 Stimmberechtigte zählte. Es zeigte sich, daß die neu Hinzugekommenen durchweg Verzasker waren, von denen behauptet wurde, daß sie iu Gordolü domizilirt seien. Nach genauer Vergleichung der beiden Stirnrnregister ergab sich, daß auf dem letztern folgende 84 Bürger unberechtigter Weise erscheinen : 1. Anselmi, Battista, fu Giulio, von Vogorno.

2. Anselmi, Giov., fu Bartolomeo, von Vogorno.

3. Anselmi, Bart., fu Gius., von Vogorno.

4. Aaselini, Fco., fu Gius., von Vogorno.

5. Berri. Bart., fu Bart., von Vogomo.

6. Berri, Bart., genannt. Rizzolin, von Vogorno.

7. Berri, Carlo, fu Gius., von Vogorno.

8. Berri, Carlo, genannt Carlit, von Vogorno.

9. Berri, Benedetto, fu Giov., von Vogorno.

10. Bedollo, Giov. Batt., fu Giov., von Vogorno.

11. Corda, Bart., fu Bart., von Vogorno.

12. Corda, Ant, fu Ant., von Vogorno.

13. Corda, Vincenzo, di Ant., von Vogorno.

987 14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

22.

23.

24.

25.

26.

27.

28.

29.

30.

31.

32.

33.

34.

35.

36.

37.

38.

39.

40.

41.

42.

43.

44.

45.

46.

47.

48.

49.

50.

51.

52.

53.

54.

55.

56.

57.

Corda, Bart., fu Giov. D00, von Vogorno.

Corda, Bart., fu Giov., von Vogorno.

Corda, Agostino, fu Giov. Dco, von Vogorno.

Corda, Giov. Dco, fu Giov., von Vogorno.

Corda, Giacomo, di Giacomo, von Vogorno.

Corda, Gius., fu Bart., von Vogorno.

Domeneghini, Bart., fu Giov., von Vogorno.

Domeneghini, Celeste, di Bart., von Vogorno.

Decarli, Vittore, imenei., von Brione-Verzasca.

Cascioni, Gius., fu Pietro, von Brione-Verzasca.

Ferrini, Giac., di Gius., von Vogorno.

Ferrini, Gius., fu Griac., von Vogorno.

Ferriroli, Gius., fu Felice, von Brione-Verzasca.

Ferriroli, Ant, fu Felice, von Brione-Verzasca.

Ferriroli, Anti, di Gius., von Brione-Verzasca.

Fancelli, Felice, fu Felice, von Brione-Verzasca.

Fahretri, Ant., fu Domenico, von Brione-Verzasca.

Folletta, Pietro, fu Pietro, von Gerra-Verzasca.

Frolli, Giov., di Giov., von Gerra-Verzasca.

Folletta, Domen., fu Domenico, von Gerra-Verzasca.

Folletta, Pro, fu Domenico, von Gerra-Verzasca.

Folletta, Batt, fu Domenico, von Gerra-Verzasea.

Folletta, Gius., fu Domenico, von Gerra-Verzasca.

Piranha, Giov., fu Giov., von Gerra-Verzasca.

Fratessa, Dco, di Gius., von Sonogno-Verzasca.

Terrini, Stefano, fu Stefano, von Frasco.

Terrini, Pietro, fu Stefano, von Frasco.

Ferrasci, Agostino, fu Agostino, von Frasco.

Ferrasci, Agostino, di Agostino, von Frasco.

Gambonini, Bartoiomeo, fu Giuseppe, von Vogorno.

Gambonini, Pietro, fu Giuseppe, von Vogorno.

Gamboni, Giacomo, fu Giac., von Vogorno.

Giottonini, Bernardo, fu Fortunato, von Frasco.

Giottonini, Giacomo, fu Fortunato, von Frasco.

Genardini, Valentine, fu Pro, von Sonogno.

Gianettoni, Gius., fu Giov. Giac., von Sonogao.

Gianettoni, Giacomo, fu Giov. Giac., von Sonogno.

Gianettoni, Giov., di Gius., von S.onoguo.

Gianettoni, Stefano, fu Gius., von Souogno.

Gianettoni, Angelo, di Stefano, von Souogno.

Lesnini, Domenico, fu Stefano, von Frasco.

Lanini, Giov., fu Filippo, von Frasco.

Lanini, Giacomo, fu Boi-nardo, von Frasco.

Bartella, Emanuele, fu Stefano, von Frasco.

988

58.

59.

60.

61.

62.

63.

64.

65.

66.

67.

68.

69.

70.

71.

72.

73.

74.

75.

76.

77.

78.

79.

80.

81.

82.

83.

84.

Martella, Stefano, fu Giov. Pro, von Frasco.

Mattani, Natale, fu Gius., von Sonogno.

Mattani, Geremia, fu Gius., von Sonogno.

Mattani, Pietro, fu Gius., von Sonogno.

Moranda, Giacomo, fu Gius., von Vogorno.

Moranda, Bartolomeo, fu Gius., von Vogorno.

Mozzetti, Carlo, fu Giov. Domen., von Vogorno.

Mozzetti, Panerazio, di Giov., von Vogorno.

Moranda, Gius., fu Gius., von Vogorno.

Marzorini, Mattia, fu D00, von Brione-Verzasca.

Mori-etimi, Batt., tu Michele, von Brione-Verzasca.

Morrettini, Giov., fu Michele, von Brione-Verzasca.

Moccettini, Francesco, fu Felice, von Brione-Verzasca.

Moccettini, Gaudenzo, di Franc., von Brione-Verzasca.

Moccettini, Michele, fu Felice, von Brione-Verzasca.

Moccettini, Vincenzo, di Michele, von Brione-Verzasca.

Moccettini, Michele, di Michele, von Brione-Verzasca.

Pelucca, Gius., fu Pietro, von Frasco.

Pelucca, Pietro, fu Pietro, von Frasco.

Pelucea, Luigi, fu Pietro, von Frasco.

Perozzi, Giov., fu Martino, von Sonogno.

Perozzi, Bernardo, fu Martino, von Sonogno.

Scattini, Filippo, fu Fulgenzio, von Brione-Verzasca.

Scattini, Giacomo, fu Fulgenzio, von Brione-Verzasca.

Scattini, Frane., fu Giuseppe, von Brioue-Verzasca.

Scolari, Salvatore, di Antonio, von Brione-Verzasca.

Scolari, Filippo, di Antonio, von Brione-Verzasca.

Diese Alle sind nicht in Gordola domizilirt. Einen großen Theil des Jahres hindurch halten sie sich gar nicht hier auf, sondern in ihren Heimatgemeinden im Verzascathal, und dort üben sie auch ihre politischen Rechte aus; sie haben gar nicht die Absicht, hier den Hauptsitz ihres Haushaltes aufzusehlagen. Nur an einem Orte kann der Bürger sein Aktivbürgerrecht ausüben. Sie haben auch nicht, wie Art. 2 des Gesetzes vom 15. Juli 1880 verlaugt, der Munizipalität, in deren Gemeinde sie bis dahin ihr Stimmrecht ausübten, das Zeugniß, daß sie stimmfähige Bürger seien, vorgewiesen.

Sie stehen noch auf deu Stimmregistern ihrer Gemeinden Sonogno, Frasco, Gerra, Brione und Vogorno j ja mehrere von ihnen, so Moz/etti, Pancrazio, Bedolla, Batt., von Vogorno und Mattasci, Geremia, von Sonogno sind sogar Mitglieder der dortigen Munizipalität, was naeh dem Gesetze dortiges Domizil voraussetzt. Die oben genannten Gemeinden halten auch ordentliche und außerordentliche Gemeindeversammlungen in Gordola seihst in besonderen Lokalen, wie in

989 ihrer Heimat, ab ; so am 27. v. M. die Bürger von Frasco. Diese Versammlungen haben mit der von Gordola gar nichts zu thun.

Es ist denn auch im Stimmregister von Gordola das Geburtsjahr dieser Bürger nicht wie bei allen übrigen angegeben worden. Verschiedene von ihnen haben auch gar nicht verlangt, eingetragen zu werden. Für Alles wird Beweis angeboten. Der Antrag geht auf Streichung aller 84 aufgezählten Namen.

Mit Dekret vom 10. Februar, mitgetheilt den 14., wies der Kommissär das Begehren ohne Weiteres ab, gestützt auf die Gegenbemerkungen der Munizipalität von Gordola, da nicht bestritten sei, daß die 84 Genannten schweizerische Aktivbürger seien, da sie seit mehr als 3 Monaten in Gordola wohnen, daselbst Liegenschaften und eigenen Haushalt haben und regelmäßig die Steuern bezahlen.

Unterm 15. Februar appellirten e hiegegen Codiga, Meuli und Streitgenossen an den Staatsrath. Sie wiederholten die schon vor dem Kommissär vorgebrachten Gründe und fügten bei: Es ist auch nicht richtig, daß alle genannten Bürger ihre Steuern in Gordola bezahlen; eine Untersuchung würde das Gegentheil ergeben haben.

Da uns keine Kenntniß von den Gegenbemerkungen der Munizipalität von Gordola gegeben worden ist, können wir darauf auch nicht antworten. Die Appellation wurde unterm iS. desselben Monats eingereicht. Eine Abschrift derselben ging mit Begleitschreiben vom 26. Februar an den Bundesrath.

Der Staatsrath wies mit Dekret vom 26. Februar, mitgetheilt den 28., die Appellation wegen Verspätung ab, da sie nach Art. 4 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 inner 3 Tagen hätte eingereicht werden sollen, und in diesen 3 Tagen sowohl der Tag der Insinuation des appellirten Dekretes als auch derjenige der Einreichung der Appellation Inbegriffen seien, indem, wenn der Gesetzgeber etwas Anderes gewollt hätte, er das gesagt haben würde, wie im Gesetze vom 27. November 1863.

Durch Telegramm vom 1. März wandten sieh Codiga und Streitgenossen an den Bundesrath um Aufhebung des Dekretes des Staatsrathes, indem sie sich gerade auf das Gesetz vom 27. November 1863, Art. 12, dafür beriefen, daß ihr Rekurs nicht verspätet, gewesen sei, womit übereinstimme das Gesetz vom 7. Juni 1853, modifizirt durch Gesetz vom 12. Mai 1877, Art. 99, über die Fristen : ,,Der Tag der Insinuation und derjenige des Ablaufs werden in der Frist nicht miteingerechnet"1. Der 17. Februar aber war ein Festtag, an welchem die Appellation nach Art. 125 des Gesetzes gar nicht eingereicht werden konnte.

990 Zugleich richteten Codiga und Streitgenossen einen schriftlichen Rekurs an den Bundesrath, worin sie behaupteten, daß die Munizipalität von Gordola in Wahrheit keine Gegenbemerkungen gegenüber ihrer Eingabe an den Regierungskommissär gemacht hübe, und im Uebrigen den Inhalt des Télégrammes wiederholten.

Die Untersuchung des ßundesdelegirten hat ergeben : Die angeführten Verzasker sind theils Anfangs Oktober, theils im November und Dezember aus ihrem Hochthal in die Ebene von Gordola heruntergekommen, manche mit ihren ganzen Familien, manche dagegen nur mit einem Theil derselben, indem sie den andern Theil in ihrer Gemeinde im Verzascathal zurückließen. So pflegt es alljährlich zu geschehen. Gewöhnlich bleiben sie in der Ebene bis im Monat April und ziehen dann wieder in die Verzasca hinauf, nachdem sie ihre Felder im Tessinth angepflanzt haben.

Im Sommer kommen sie zur Heuernte wieder herunter, lassen dann aber ihre Familien droben im Verzascathal, wo sie ebenso gut wie in Gordola Haus und Güter haben. In der Zeit, während welcher sie in Gordola wohnen, pflegen sie daselbst ihre eigenen Gemeindeversammlungen abzuhalten. Die darin abgegebenen Stimmen werden dann nach dem Verzaseathal hinauf gebracht und dort mit den Stimmen je der betreffenden Gemeinde vereinigt. Ganz in Uebereinstimmung damit wurde nach dem Gesetze vom 15. Juli 1880 den Bürgern der Verzasca, welche in den sogen. Terriciuole, einem ungetheilt den Gemeinden Locamo, Mergoscia und Minusio angehörenden Gebiete, wohnen, gestattet, sich daselbst je nach ihrer Heimatgemeinde zu versammeln und abzustimmen, so daß ihre Stimmen zu denen der Heimatgemeinde hinzugezählt werden (Nuova Race. gen. delle legi e dei decr. del .Gant. Tic., Bd. I, pag. 88, Anmerk. 2). Auf den 3. März hat die Munizipalität von Gordola die genannten 84 Verzasehesi von Amtes wegen in die Stimmregister von Gordola aufgenommen. Der Sindaco ist der Ansicht, daß sie auch an den Gemeindeversammlungen von Gordola Theil nehmen könnten, da sie ja dort domizilirt seien. Immerhin waren sie weder im Stimmregister für die Gemeindewahlen des Jahres 1888, noch in dem des Jahres 1889 eingetragen. Was die Steuern betrifft, MO bezahlen sie in Gordola die Hälfte der Kopf- und die Hälfte der Herdsteuer, weil sie höchstens 6 Monate daselbst zubringen. Art. 12, § 3, des Gemeindesteuergesetzes
vom 7. Dezember 1861 sagt nämlich : ,,Kopf- und Herdsteuer der Wohngemeinde müssen nur zur Hälfte bezahlt werden von Denjenigen, welche periodisch ihren Aufenthalt wechseln zwischen dieser und der Heimatgemeinde oder der Gemeinde des politischen Domizils.

991

Den Munizipalitäten im Verzascathal ist von derjenigen von Gordola keine Mittheilung gemacht worden, daß ihre Angehörigen in das Stimmregister von Gordola aufgenommen worden seien.

Mehrere der auf dem Stimmregister von Gordola erscheinenden Verzaschesi sind Mitglieder der Munizipalitäten verzaskischer Gemeinden und müssen daher nach dem Gesetz in jenen Gemeinden domizilirt sein. Auch den 3. März stimmte ein Theil der im Stimmregister von Gordola aufgeführten Verzasker nicht in der Versammlung von Gordola, sondern in besonderer Versammlung ab, und ihre Stimmen wurden zu denen ihrer verzaskischenGemeinden Frasco, Sonogno etc. gezählt. Eingeschrieben waren in Gordola für die Wahlen vom 3. März 162 Wähler, von denen 132 an der Wahl Theil nahmen.

Der Delegirte telegraphirte an die Munizipalitäten des Verzascathales die Anfrage, ob die mit Namen genannten, unter den obigen 84 Bürgern erscheinenden Angehörigen ihrer Gemeinde in ihrem Stimmregister eingetragen seien, und erhielt folgende Antworten : Vom Sindaco von Frasco : ,,Die in Ihrem Telegramm angeführten Namen stehen auf unserem Stimmregister ; die Betreffenden haben aber nicht bei uns gestimmt.'1 Vom Sindaco von Brione: ,,Auf unserm Stimmregister steht nicht Decarli, Vittore, unehelich, wohl aber Cascioni, Giuseppe, fu Pietro.

Ferriroli, Giuseppe, fu Felice.

Ferriroli, Ant, fu Felice.

Ferriroli, Ant., di Gius.

Fancolli, Felice, fu Felice.

Fabretti, Ant., fu Domenico.

Marzorini, Mattia, fu Domenico.

Moccettini, Batt, fu Michele.

Moccettini, Giov., fu Michele.

Moccettini, Frane., fu Felice.

Moccettini, Gaudenzio, di Frane.

Moccettini, Michele, fu Felice.

Moccettini, Vincenzo, di Michele.

Morettini, Michele, di Michele.

Scattini, Filippo.

Scattini, Giacomo, di Fulgenzio.

Scattini, Francesco, di Gius.

Scolari, Salvatore, di Ant.

Scolari, Filippo, di Ant.

992

Es stimmten in unserer Gemeinde: Caseioni, Gius., fu Pietro.

Ferriroli, Gius., fu Felice.

Ferriroli, Ant., fu Felice.

Ferriroli, Ant., di Gius.

Marzolini, Mattia, fu Domenico.

Moccettini. Batt.

Moccettini, Giov., fu Michele.

Moccettini, Vincenzo, di Michele.

Moccettini, Michele, di Michele.

Moccettini, Frane., fu Felice.

Moccettini, Ant. Gaudenzio, di Frane.

Scattini, Filippo Giacomo, fu Fulgenzio.

Scattini, Frane., fu Gius.

Scolari, Salvatore.

Scolari, Filippo, di Ant.

Die Munizipalität von Gordola gab uns keine Nachricht von der Aufnahme der Betreffenden in ihr Stimmregister, darum wurden sie bei uns nicht gestrichen.a Vom Sindaco von Sooogno: ,,Die von Ihnen angeführten Bürger stehen auf unserm Stirnmregister, aber nur 6 von ihnen stimmten hier, nämlich (folgen die Namen)."· Im Uebrigen gleiche Bemerkung wie von Brione.

Vom Sindaco von Vogorno : ,,Auf unserm Stimmregister stehen nicht Anselmi, Giov., t'u Bart., und Bart., fu Gius., Bedolli, Giov. Batt., fu Giov., wohl aher alle andern von Ihoen Genannten : es haben gestimmt Corda, Giov.

Domenico, fu Giov. Domenico, Giacomo, di Giac. ; Corda, Agost., di Giov. Domenico stimmte nirgends.u Vom Sindaco von Gerra: ,,Eingeschrieben in unserm Stimmregister sind : Foletta, Pietro, Domenico, Giuseppe, Battista fu Domenico, Trolli, Giov., di Giov.

Von diesen hat in Géra nur Foletta, Giuseppe, gestimmt."

Eine nachher vom Delegirten in BeJlinzona genommene Einsicht der betreffenden Stimmregister hat diese Angaben bestätigt.

XIII. Mit Eingabe vom 3. Februar 1889 verlangten Meuli, Johann, von Medels und Borradori, Ottavio, in Gordola vom Regierungskommissär die S t r e i c h u n g folgender Namen: Catturi, Leone, von Gordola, seit 1. Oktober als Student in Bern domizilirt.

993 Catturi, Giuseppe, ebenso.

Finanza, Giov.. von Gerra-Verzasca, der kein gesetzliches Domizil in Gordola hat und außerdem von seiner Gemeinde im Jahre 1888 Armenunterstützung genoß, um im Kantonsspitai untergebracht zu sein, Gesetz vom 15. Juli 1880, Art. 4, litt. d.

Signorotti, Carlo, seit "1. Oktober als Student im Seminar zu Lugano.

Ferner die . A u f n a h m e folgender Namen : Borradori, Ottavio, di Giacomo, von Gordola, hier domizilirt seit 1. Oktober vorigen Jahres, um welche Zeit er Bellinzon verließ infolge seines Austrittes aus dem Dienst der Apotheke Vantussi, wie das beiliegende Zeugniß der Munizipalität von ßellinzona beweist. Er steht auch nicht mehr auf dem Stimmregister von Bellinzona. Vorübergehende Aufenthalte desselben außerhalb Gordola's geschahen lediglich behufs ärztlicher Kuren.

Melili, Giov., di Giorgio, von Medels, Rheinwald, Graubünden, Angestellter der Gotthardbahn, seit 17. März 1887 in Gordola domizilirt. Er hat schon an andern eidgenössischen und kantonalen Abstimmungen in Gordola theilgenommen und laut Quittung des Sindaco 6 Fr.für seine Niederlassungsbewilligung bezahlt. Bis heute aber hat er trotz Hinterlegung der nöthigen Ausweise und trotz wiederholten Mahnungen die Niederlassungsbewilligung nicht erhalten.

, Es wird eine genaue Untersuchung verlangt.

Der Kommissär erklärte durch Dekret vom 10. Februar, gestützt auf die Gegenbemerkungen der Munizipalität von Gordola, in Erwägung, daß die beiden C attor und S i g n o r o t t i Bürger von Gordola sind, wo ihre Familien beständig wohnen, daß ihre augenblickliche Abwesenheit lediglieh Studien halber, nicht zum Zwecke, Wohnung und Haushalt außerhalb Gordola's aufzuschlagen, erfolgt ist, ihr Domizil in Gordola also nicht unterbricht, daß F i n a n z a als Schuster durch eigene Arbeit seinen Lebensunterhalt aufbringt und der Gemeinde Gordola nichts schuldet, daß B o r r a d o r i am vorigen 31. Dezember noch nicht in Gordola etablirt war, also noch nicht 3 Monate lang hier domizilirt ist, daß M e u l i nicht auf dem Gebiete der Gemeinde Gordola, wohnt, also nur aus Irrthum der Munizipalität bis dahin an den dortigen Wahlen Theil genommen haben kann, Bundesblatt 43. Jahrg. Bd. III.

66

994

sind die Begehren abgewiesen. Dieses Dekret wurde den Petenten am 14. Februar zugestellt.

Mit Eingabe vom 16. Februar, eingereicht Montag den 18., erklärten dieselben die Appellation gegen dasselbe an den Staatsrath, unter Wiederholung der schon vor dem Kommissär vorg-brachten Gründe. Sie beschwerten sich darüber, daß derselbe keinerlei Untersuchung vorgenommen habe. Betreffend F i n a u z a wird beigefügt, dass ja der Empfang von Unterstützungen Seitens desselben gar nicht bestritten werde. Die Angaben des Dekretes betreffend B or r a d o r i und M e u l i werden bestritten, Letzterer hat ja die Steuerzettel und Niederlassungsbewilligung von Gordola, und nun sagt der Kommissär, daß er gar nicht da wohne !

Der Staatsrath wies die Appellation wegen Verspätung ab mit der nämlichen Begründung, wie im Falle Codiga. Mit Eingabe vom 1. März 1889 beschwerte sich Meuli hierüber beim Bundesrath.

Vor dem Bundesdelegirten machte der Rekurrent auf die Ungleichheit der Behandlung aufmerksam, welche der Kommissär verschiedenen Bürgern habe zu Theil werden lassen: wahrend die Studenten Catturi und Signorotti in Gordola eingetragen, also als hier domizilirt betrachtet wurden und auch gestimmt haben, wurde dagegen der Student Roggero von Locamo daselbst gestrichen um) als an seinem Studienort domizilirt erklärt.

Der Sindaco bemerkt, daß Meuli allerdings in Gordola wohne.

Da der Sindaco erklärte, daß Finanza keine Unterstützung erhalten habe, wurde der Rekurs mit Bezug auf ihn zurückgezogen.

Es wurde gesagt, daß der Pfarrer von Gordola keine Steuer bezahle und gleichwohl an der Abstimmung Theil genommen habe.

Der Sindaco entgegnete, daß nach Herkommen keine Steuer von ihm verlangt werde, übrigens bei der Wahlversammlung Niemand gegen seine Betheiligung an der Wahl Einsprache erhoben habe.

Es wurde auch bemerkt, daß Vaghetti Matteo und Bartolomeo erst durch Befehl des Kommissärs vom 19. Februar in das Stimmregister aufgenommen worden seien.

G. Betreffend die Gemeinde Cugnasco.

XIV. Das liberale Kantonalkomite übermittelte dem Bundesrath eine gedruckte Erklärung, datirt Cugnasco, 4. März 1889, aus welcher hervorgeht, daß in dieser Gemeinde zwei Bürger ausgschlossen worden sind, nämlich:

995 Tomasetti, Gio. Batt, fu Raffaele, wegen Verspätung der Binreichung des Rekurses an den Staatsrath abgewiesen.

Morinini, Cipriano, fu Pietro, von Brione-Verzasca, ausgeschlossen in Cugnasco, stimmte dann in Brione.

Nach der gleichen Erklärung stimmten in Cugnasco 27 Verzasker auf Anordnung des Kommissärs.

Mit Brief vom 6. März schrieb Bravo, Bartolorneo, daß in Cugnasco 47 Verzasker auf das Stimmregister genommen worden seien, von denen 27, die mit Namen genannt werden, an der Wahl Theil genommen haben. Und mit Brief vom 8. d. Mts. schreibt derselbe, daß ein Rekurs, welcher die Streichung der Verzasker in Cugnasco, von denen Verschiedene im Verzaskathal Gemeindeämter bekleiden, verlangt habe, vom Staatsrath unter dem Vorwande der Verspätung, wie der Rekurs Codiga, abgewiesen worden sei.

H. Betreffend die Gemeinde San Abbondio.

XV. In seiner Eingabe an den Regierungskommissär beschwerte sich J. Meuli in Gordola darüber, daß irn Stimmregister von San Abbondio erscheine Don Severino Biaggi, Erzpriester von Brione s.IM.., welcher erst in den letzten Tagen des vorigen Dezembers nach San Abbondio gekommen sei.

Der Kommissär gab in seinem Dekret vom 10. Februar hierauf gar keine Antwort, und es scheint sodann der Beschwerde keine weitere Folge mehr gegeben worden zu sein. Wahrscheinlich hat der Kommissär schreiben wollen, daß Meuli, weil nicht in San Abbondio wohnend, kein Recht habe, sich in die Sache zu mischen, sich dann aber versehrieben, als ob Meuli nicht in Gordola wohnte.

J. Betreffend den ganzen Wahlkreis, XVI. Beim Großen Rathe des Kantons Tessin wurde von Ambrosini, Saverio, und Streitgenossen unterm 6. März Einsprache gegen die Gültigkeit der Wahlen dieses Wahlkreises erhoben, gestützt darauf, daß 122 Verzasker in die Stirnmregister von Gordola und Cugnasco unrechtmäßiger Weise aufgenommen worden seien.

Die Wahlaktenprüfungskommission berichtete darüber in der Sitzung des Großen Käthes vom 15. März 1889. Die Mehrheit beantragte, die Einsprache abzuweisen. Die Minderheit erklärte: Von diesen Verzaskern haben 46 in Gordola und 21 in Cugnasco, im Ganzen also 67, gestimmt. Diese von der Zahl der Stimmen angezogen,

996 würden ergeben, daß von deü vier Wahlen des Wahlkreises nur drei zu Stunde gekommen sein würden. Die Minderheit ist indessen nicht in der Lage gewesen, zu konstatiren oh diese Verzasker das Recht gehabt haben oder nicht, an den Wahlen des Kreises Gambarogno Theil zu nehmen, und beantragt daher, die Anerkennung der vierten Wahl noch zu suspendiren und die Sache näher nu untersuchen.

Die Mehrheit entgegnete, daß wenigstens 51 der 67 Verzusker in Gordola und Cuguasco nicht nur die Grund-, sondern auch die Personalsteuern bezahlen und daher ihre Beteiligung an der Wahl rechtsgültig sei. Formell hätte der Rekurs gemäß dein Gesetze vom 10. Februar 1877 in so viel Exemplaren, als Betheiligte vorhanden sind, innerhalb 48 Stunden nach der Proklamirung dem Friedensrichter eingereicht werden sollen. Im vorliegenden Falle wurde er dagegen direkt dem Großen Rathe eingereicht, ohne daß die Betheiligten davon Mittheilung erhielten und sich demzufolge vertheidigeu konnten. Außerdem ergab sich aus den Akten des Staatsrathes, daß schon von ihm die Dekrete des Kommissärs bereits als res judicata erklärt worden waren. In Wirklichkeit ist es auch ein lächerlicher Rekurs, unwürdig der Majestät der souveränen Körperschaft; höchstens die Hälfte der vom Rekurrenten behaupteten Zahl hat au der Wahl Theil genommen; wie soll man da die Sache ernsthaft nehmen können, wenn so mit den Thatsachen umgesprungen wird! Noch mehr: Alle Verzasker, welche in Gordola und Cuguaseo gestimmt haben, zahlen daselbst regelmäßig die Steuern, bis auf etwa 10 oder 12; also müssen sie auch dort domizilirt sein. Das zeigt, wie wenig Respekt der Rekurrent, gegen don Souverän hat. Die Minderheit sagt, man habe nicht einmal konstatirt, ob die iü Gordola und Cugnasco eingeschriebenen Verzasker in ihren verzaskischen Gemeinden gestrichen worden seien ; aber Jedermann weiß, daß nach dem Gesetze vom 3. Dezember 1888 diese Streichung sofort nach der Eintragung in einer andern Gemeinde angeordnet wird, und es würde daher ganz überflüssig sein, dies hier noch zu konstatiren ; wir beantragen ni. ht die unverdiente Schande einer solchen Untersuchung. Begreiflich, daß man so großen Lärm über diese Einschreibungen gemacht hat, aber um so schlimmer für die, welche gewisse Fragen aufgeworfen haben.

Herr Respini fügte bei: Angenommen auch, die Verzasker hätten
wechselndes Domizil, so ist immer die Bundesverfassung da, gewiß gegen unsern Willen, und die gibt ihnen das Recht, da zu stimmen, wo sie sich seit mehr als 3 Monaten befinden. Soll es etwa ein Privilegien der Gotthardbahnangestellt sein, 6 Monate an einem Ort und 6 Monate am andern zu stimmen? Auf das

907 Domizil seit 3 Monaten kommt es an, und das muß gelten sowohl für die Gotthardbahnangestellten als für die guten Verzasker, welche den Tessin mehr lieben als alle jene trabsalpinen Herren.

Die Veraasker haben auch in den Jahren 1881 und 1885, unbeanstandet, in Gordola und Cugnasco gestimmt; es hätten da noch mehr von ihnen eingetragen werden sollen, als eingetragen wurden ; ich empfehle, daß in Zukunft Alle eingetragen werden, als Gegengewicht gegen die, die am Samstag von Paris kommen, um am Montag wieder abzureisen.

Der Referent der Minderheit replizirte, daß die betreffenden Verzasker noch nicht 3 Monate in Gordola und Cuguasco domizilirt gewesen seien. Im Uebrigen, seien es Verzasker, Zürcher oder Berner, Alle seien Sohne Eines Vaterlandes und in ihrem Recht gleich zu halteu, u. s. w.

Der Rath wies den Rekurs ab und genehmigte alle 4- Wahlen.

Als Resultat derselben wurde demgemäß verkündigt: An der Wahl haben Theil genommen 940 Bürger.

Gültige Stimmzettel 939 Absolutes Mehr 470 Stimmen haben erhalten : Regazzi, Pietro, Advokat .' .

Musa, Francesco l'agfinetti, Giuseppe Cattori, Clauriio Aulognini, Giacomo Galli, Francesco, Architekt .

Branca-Masa, Gustavo Roggero, Vittorio

.

545, gewählt.

512, ,, 510, ,, 49B, ,, 436.

. 423.

408.

382.

XVII. Schon mit Eingabe vom 4. März hatten sich Galli, Agostino, in Gerra und Streitgenossen an das Bureau gewendet mit dem Gesuche, die Proklamation des Wahlresultates noch zu verschieben, bis der Bundesrath über die bei ihm anhängig gemachten Rekurse entschieden haben werde.

Das Kriedensrichteramt des Wahlkreises belichtete dem Bundesdclegirteu auf dessen Anfrage, daß an den Großralhswahlen von 1885 in Gordola eingeschrieben waren 94, Theil nahmen 72 Bürger, in Cugnasco eingeschrieben waren 174, Theil nahmen 68 Bürger.

XVIII. Mit Datum vom 25. März 1889 machten die Munizipalitäten von Magadino, Sant'Abbondio, Gerra-Gambarogno und

998 Vairano an den Bundesdelegirt eine Kollektiveingabe folgenden Inhaltes : Wir möchten Ihre Aufmerksamkeit zuerst lenken auf die gekünstelte und monströse topographische Gestaltung des Wahlkreises Gambarogno. Es sind demselben die beiden auf dem jenseitigen Ufer des Tessin gelegenen Gemeinden Gordola und Cugnasco zugefügt worden zu dem Zwecke, die Liberalen der 10 übrigen Gemeinden desselben zu ersticken, und zwar nicht nur durch die wirklichen konservativen Mehrheiten von Gordola und Cugnasco, sondern mit der schlauen Berechnung, daß diese Gemeinden am Ausgange des Verzaska-Thales liegen und so den Vortheil der Contrebande mit Stimmen bieten, indem bei Gelegenheit die fliegenden Schaaren der Verzasker herbeigerufen werden können, wie es am 3. März geschehen ist. An diesem Tage haben in den andern 10 Gemeinden des Wahlkreises von den 4 liberalen Kandidaten 3 die Mehrheit gehabt (die Zahlen werden angegeben) ; sie sind jetzt ohne Vertretung, wenn es bei der Betheiligung jener Verzasker bleiben soll. Die Rekurse von Privaten und Munizipalitäten fanden kein Gehör, auch nicht mit Bezug auf andere willkürliche Eintragungen und Streichungen von Bürgern. lu Magadino allein sind 18 solche Streichungen verfügt worden. Regierungskommissär und Staatsrath, die entscheiden sollen, fühlen sich als Partei und enscheiden in eigener Sache, so auch die Mehrheit des Großen Rathes Was für Gerechtigkeit können wir da erwarten? Wir bitten um den Schutz der Gerechtigkeit durch die Bundesbehörden und vertrauen darauf.

Der B u n d e s r a t h z i e h t in E r w ä g u n g : 1. Was die Kompetenz des Bundesrathes zur Entscheidung der vorliegenden Rekurse betrifft, so ist vor Allem zu beachten, daß eine Reihe von Bürgern, deren Stimmrecht hier streitig ist, schweizerische Niedergelassene sind. Nach der Bundesverfassung-, Art. 102, Ziff. 2, zusammengehalten mit Art. 113, ferner nach Art. 59, Ziff. 5, des Bundesgesetzes über die Organisation derBunddesrechtspflege vom 27. Juni 1874 ist die Entscheidung von Rekursen bei reffend Rechte der Niedergelassenen, welche sich auf Art. 43 der Bundesverfassung stützen, Sache des Bundesrathes.

Der citirte Art. 43 bestimmt in Absatz 5, daß der niedergerissene Schweizerbürger in kantonalen Angelegenheiten das Stimmrecht nach einer Niederlassung von 3 Monaten erwerbe. Da gerade dieses
Stimmrecht den hierortigen Streitgegenstand bildet, so ist damit die Kompetenz des Bundesrathes begründet. Daß unter den niedergelassenen Schweizerbürgern des citirten Art. 43 nicht nur die ausserkantonalen

999

sondern auch die im Niederlassungskanton selbst verbürgerten zu verstehen sind, ist von den Bundesbehörden voa jeher angenommen und festgehalten worden, vergleiche den Entscheid des Bundesrathes betreffend die Munizipalwahlen von Locarno vom 1. Mai 1887, Erwägung 1.

2. In Bezug auf die Anwendung des kantonalen Rechts bei kantonalen Wahlen ist Folgendes in Betracht zu ziehen: Den Kantonsbehörden gehört allerdings die Handhabung des kantonalen Rechts; sie haben dasselbe auszulegen und festzustellen.

Wenn aber in einem Gebiete, dessen Schutz der Bund übernommen but, von den kantonalen Behörden bei gleichen Verhältnissen ungleiches Recht angewendet, das einmal festgestellte Recht nicht überall gleichmäßig gehandhabt wird, so haben die davon betroffenen Bürger laut Art. 4 der Bundesverfassung das Recht, den Schutz des Bundes anzurufen, und der Bund hat die Aufgabe, die Kantonsbehörde zur Handhabung des von ihr in gleichartigen Fällen festgestellten Rechtes zu verhalten. Es haben übrigens die Bundesbehörden auch für das kantonale Stimmrecht bindende Grundsätze aufgestellt, welche die Kantonsbehörden nicht mißachten dürfen (vergleiche Entscheid des Bundesrathes in Sachen Dürnten, Bundesblatt 1876, Bd. I, p. 437).

Nun wird von den Rekurrenten gerade das behauptet, daß die Gleichheit der Bürger durch die Entscheidungen der Munizipalitäten, des Regierungskommissärs und des Staatsrathes des Kantons Tessin verletzt worden sei, und ihre Beschwerden stützen sich gerade auf Art. 4 der Bundesverfassung und Art. 5 derselben, durch welchen der Bund die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger gewährleistet.

Es ist also in der That die Aufgabe des Bundes, zu prüfen, ob die Beschwerden begründet sind oder nicht.

Und zwar fallt diese Prüfung in die Kompetenz des Bundesrathes, da. laut Art. 102, Ziff. 2, der Bundesverfassung, zusammengehalten mit Art. 59, Ziff. 9, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 27. Juni 1874, Beschwerden gegen die Gültigkeit kantonaler Wahlen dem Entscheide des Bundesrathes unterliegen (vergleiche Entscheid betreffend Sessa, Bundesblatt 1875, Bd. IV, p. 429, bestätigt von der Bundesversammlung; hotreffend Caneggio, Bundesblatt 1877, Bd. IV, p. 133, ebenfalls von der Bundesversammlung bestätigt).

3. Gegen die Behandlung dieser Angelegenheit durch den Bundesrath
wendet nun aber der Staatsrath des Kantons Tessin vor Allem ein, daß von den Rekurrenten nicht alle kantonalen Instanzen durchlaufen worden seien, daß denselben vielmehr noch

1000 die Appellation gogen den Entscheid des Staatsrathes au den Großen Rath offen gestanden wäre, und daß daher nach feststehender eidgenössischer Praxis die Rekurrenten angebrachter Maßen abzuweisen seien.

Es ist richtig, daß der Bundesrath erklärt hat, daß nach konstanter Praxis die in Art. 59, Ziff. 9, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vorgesehenen Beschwerden gegen die Gültigkeit kantonaler Wahlen erst dann beim Bundesrathe angehoben werden können, wenn die zuständigen kantonalen Behörden entschieden haben. So lehnte der Bundesrath seine Intervention auf eine Beschwerde hin ab, welche dahin ging, daß die Regierung des Kantons Luzern die KassationstattgefundenerrRichterwahlen, bei denen die Kantonsverfassung verletzt worden sei, abgewiesen hatte, gestützt darauf, daß nach § 51 der Luzerner Verfassung über dies fällige Entscheide desRegierungsraths dieBeschwerdeführungg au den'Großen Rath vorbehalten ist (Bundesbl. 1878., Bd. II, p.496)\ und ebenso wurde entschieden in Sachen Gruyère am 15.Dezemberr 1881 (vergi. Entscheid i. S. Escholzmatt, Bundesbl. 1884, II,760) ff.).

Die hier zur Anwendung kommenden Artikel 6 und 7 des tessinischen Gesetzes über das Verfahren in nicht streitigen Verwaltungssachen vom 27. November 1863 bestimmen ausdrücklich : ,,Gegen den Entscheid des Staatsratlies können die Parteien dea Rekurs an den Großen Rath ergreifen, der in seiner nächsten ordentlichen Sitzung zu entscheiden hat. Dieser Rekurs ist innerhalb der peremtorisch Frist von 15 Tagen von der Mitteilung des Entscheides der Regierung beim Regierungskommissä einzureichen der ihn dem Staatsrath übermittelt. ct Es steht fest, daß ein solcher Rekurs von den Rekurrenten nicht eingereicht worden ist.

i. Allein der Bundesrath hat im Geschäftsberichte über das Jahr 1875. welcher von der Bundesversammlung genehmigt worden ist. hinwieder grundsätzlich erklärt, die, Durchlaufung «Her kannal Instanzen bilde nicht für alle Fälle eine Voraussetzung seiner Kompetenz. E r spricht sich nämlich daselbstfolgendermassenu ,,Wir müssen darauf halten, daß die höhern kantonalen Behörden nicht ohne Weiteres umgangen werden. Wo es sich UM Verletzung k a n t o n a l e r "Verfassungsvorschriften handelt, müssen allekantonalenn Instanzen angerufen sein und entschieden haben, bevor ein Rekurs angenommen werdenkann.. Wenn essichh dagegen u m Verletzung d e r B u n d e s v e r f a ss u n g oder

1001 rechte der Bürger handelt, so kann zwar ohne Zweifel gegen jede Verfügung kantonaler Behörden, welche eine solche Verletzung bewirkt hüben sollen, an die Bundesbehörden rekurrir werden, allein wir fördern eine solche Umgehung der kantonalen Regierungen keineswegs. In der Regel sollte zunächst bei der Kantonsregieruug Beschwerde geführt werden und erst gegen einen solchen Entscheid Rekurs an die Bundesbehörden stattfinden."

Im vorliegenden Falle handelt es sich in der That um eine Verletzung der Bundesverfassung.

Einige Rekurrenten haben die kantonalen Instanzen nicht ordnungsgemäß bis zur Kantonsregierung hinauf durchlaufen, und es rechtfertigt sich, diese von vorneherein von der Hand zu weisen, da gar nichts dafür vorliegt, daß dem Betreten dieses regelrechten Weges Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden wären. Soweit aber der Instanzenzug in der That bis zur obersten Administrativbehörde des Landes hinauf durchlaufen worden ist, würde eine solche Abweisung durchaus ungerechtfertigt erscheinen, wenn man bedenkt, daß nach Art. 10 des Gesetzes vom 27. November 1863 der Rekurs gegen den Entscheid des Staatsrathes die Exekution desselben weder unterbricht, noch aufhebt (non interrompono né sospendono), also nicht als ordentliches, sondern als außerordentliches .Rechtsmittel erscheint, das hier gerade den von den Rekurrenten zunächst verfolgten Zweck, die Theilnahme oder den Ausschluß von den bevorstehenden Wahlen zu erzielen, verfehlt haben würde, und daß es sieh gerade um die Wahlen von Mitgliedern des Großen ßathes handelte, welche zu der die Mehrheit desselben bildenden politischen Partei gehören.

5. Sobald man davon ausgeht, daß die Rekurrenten bis an den Staatsrath des Kantons gelangt sein müssen, bevor der Bundesrath über ihr,Stimmrecht entscheiden kann, versteht es sich von selbst, daß diese Anrufung der kantonalen Behörden gemäß den Bestimmungen der kantonalen Verfassung und Gesetze und innerhalb der von diesen angesetzten Fristen erfolgt sein muß, um eine Einmischung von Bundes wegen zu rechtfertigen ; denn sonst huben ja die kantonalen Behörden mit Fug und Recht die Rekurrenten zurückgewiesen. Der vorn Staatsrath gegenüber einigen Rekursen geltend gemachte formelle Abweisungsgrund (motivo d'ordino) besteht in der angeblichen Verspätung der Rekurseingabe. Es fragt sieh also, ob
diese Einwendung begründet sei.

6. Nun bestimmt Art. 4 des Gesetzes über die Abfassung der Stimmregister für die periodische Wahl des Großen Rathes vorn 3. Dezember 1888 Folgendes:

1002 ,,Gegen den Entscheid des Kommissärs steht innerhalb drei Tagen von der Mittheilung an die Appellation an den Staatsrath offen, welchem die Gegenparteien ihre Bemerkungen innerhalb dreier Tage einreichen können."

Wie ist diese Appellationsfrist von drei Tagen zu berechnen?

Das Gesetz selbst sagt hierüber lediglich in Art. 10 : ,,Die in diesem Gesetz bestimmten Fristen sind ununterbrochene (sogenanntes tempus continuum)"'. Das Gesetz vom 15. Juli 1880 über die Ausübung des Aktivbürgerrechts enthält gar keine direkte Bestimmung hierQ O O über. Dagegen sagt dasselbe in Art. 8, daß alle Fragen betreffend seine Anwendung gemäß dem Gesetze über das Administrativverfahren vom 27. November 1863 zu behandeln seien. In diesem letzteren Gesetze spricht Art. 2 vom Rekurs an den Staatsrath, und Art, 12 lautet: ,,Die Fristen dieses Gesetzes sind tempus continuum, ohne Ausschluß der Festtage; jedoch werden in die Frist weder der Tag der Zustellung noch derjenige des Ablaufes mit eingerechnet (non computandos però ne termine uè quello dell'intimazione uè quello delta scadenza Danach ist also nicht nur der Tag der Zustellung der Verfügung des Kommissärs, sondern auch derjenige der Einreichung der Rekursschrift an die Munizipalität zu Händen des Staatsrathes nicht mitzurechnen. Wenn dem gegenüber in den Dekreten des Staatsrathes betont wird, daß das Gesetz ausdrücklich sage " u u e r t drei Tagen" ( e n t r o tre giorni), so kann dieser Umstand Wogegen nicht ins Gewicht fallen; denn auch das zitirte Gesetz vom 27.

November 1863 selbst, welches bestimmt, daß die Fristen in der angegebenen Weise berechnet werden sollen, bedient sieb für deren Bezeichnung des nämlichen Ausdruckes (so art. l § i : entro 10 giorni ; art. 2 : entro giorni quindici dalla comunicazione ; art. 7 : entro il perentorio termine di 15 giorni), der eben nur sagen will ,,vor Ablauf der Frist" Noch weniger gerechtfertigt aber und kaum zu begreifen ist die Argumentation der Dekrete des Staatsrathes,' daß der Gesetzgeber in der Frist von drei Tagen beide g O Tage, den der Insinuation des appellirte Entscheides und den der Einreichung der Appellationsschrift mit Inbegriffen haben müsse, weil er, wenn er etwas Anderes gewollt hätte, das gesagt haben würde, wie in dem Gesetz von 1863; denn der Staatsrath erklärt ja selbst mit Recht, das Gesetz
vom Jahre 1880 siehe noch in Kraft, und dieses verweist ja gerade auf jenes von 1863. Uebrigens wenn das nicht dei- Fall wäre, so dürfte daraus gewiß nicht geschlossen werden, daß nun gerade das Gegentheil gelte. Berechnet doch auch das schweizerische Obligationenrecht Art. 88, das gemeine

1003 Recht Deutschlands, der Codice di Proc. Civ. Ital. art. 43, wie das Gesetz von 1863 bei Fristen den Tag der Zustellung Dicht, und sagt doch das tessinische Civilprozeßgesetz in Art. 567 ausdrücklich, daß in die Fristen weder der Tag der Zustellung noch derjenige des Auslaufes der Frist einzurechnen sei.

7. Was die Frage des Domizils betrifft, so kann als solches nur derjenige Ort angesehen werden, an welchem der Bürger thatsächlich wohnt. Weder die Bundesverfassung noch die tessinischen Gesetze berechtigen zu der Ansicht, daß ein fiktives Domizil anzunehmen sei. Diese Ansieht müßte auch zu großer Unsicherheit und unter Umständen weitläufigen Untersuchungen führen. Nur das Eine ist zuzugestehen, daß, da bei einem Wechsel.des Domizils das Stimmrecht am neuen Niederlassungsorte erst nach Ablauf von drei Monaten erworben ist, der Bürger aber nicht unterdessen lediglich dieses Wechsels wegen seines Aktivbürgerrechtes beraubt sein kann, während dieser Zeit noch sein Stimmrecht am alten Domizil fortdauern muß. Dagegen ist die Ansicht zu verwerfen, daß der im Auslande befindliche Tessiner Bürger, der seinen heimatlichen Wohnsitz aufgegeben hat, noch ein politisches Domizil an seinem Heimatorte habe; im Gegentheil hat das Gesetz vom 15. Juli 1880 grundsätzlich gerade im Gegensatz zum Heimatorte den Ort des Domizils für dus politische Stimmrecht maßgebend erklärt.

8. Nach dem Ergebnis der Untersuchung des Bundesdelegirt kann kein Zweifel darüber sein, daß das wirkliche Domizil des Geschäftsreisenden R u f f o ni, Giuseppe, fu Gius., in Magadino ist, und daß er daher das Recht hat, zu verlangen, dort auf das Stimmregister e i n g e t r a g e n zu werden.

9. Der Rekurs Ghisl ist zufolge des Entscheides des Staatsrathes dahingefallen. Der Staatsrat hat unzweifelhaft nach den ihm vorgelegten Akten richtig entschieden; es war ihm aber unbekannt geblieben, was aus der Eingabe Ghislers au den Bundesrath hervorgeht, daß Ghisler sein Aktivbürgerrecht in Basel ausübt ; sonst würde dessen Begehren wohl mit Recht abgewiesen worden sein.

10. Da der Grenzwächter A g u s t o n i , Gio v. Dom., in Lugano nur stationir ist, seine Familie über in Magadino hat und dort auch seine Steuern bezahlt, ist er sowohl nach den vom tessinischen Staatsrath selbst aufgestellten Grundsätzen als auch nach der Ausführung diesseitiger Behörde in Erwägung 17 zum Entscheide betreffend den Wahlkreis Locamo in Magadino e i n z u t r a g e n .

1004

11. Die Angelegenheit A n t o g n i n i ist erledigt; betreffend die drei Brüder P e r a z zi ist nicht nachgewiesen, daß sie bei ihrer Abreise von Magadino ihr wahres Domizil daselbst beibehalten haben, uni das Nämliche gilt auch für Tommasina 12. Ruffoni Vittore, ist nicht in Magadino, sondern in Borgomanero domizilirt; und daran ändert der Umstand nichts, daß er alljährlich nach Magadino kommt, um seinen Vater zu besuchen.

Er ist also mit Recht, wenn auch aus einem anderen, unrichtigen Grunde, gestrichen worden. Wenn sein in gleicher Lage befindlicher Bruder aufgenommen worden ist, so war dies ein Fehler und kann natürlich nicht die Konsequenz haben, daß ein solcher nun auch bei ihm begangen werde.

Ebenso erscheint R uff o ni, Roberto, als im Ausland, nämlich in Luino domizilirt, uud also mit Recht gestrichen.

13. Die Angelegenheit Balestra Fakt. VII ist erledigt; freilich erschein nach den oben entwickelten Grundsätzen dessen Aufnahme nicht als gerechtfertigt.

14. Von den im Rekurse Fakt. VIII aufgeführten Personen kommt einzig noch in Betracht Galli Filippo, di Francesco, da nur mit Bezug auf ihn der Staatsrath angegangen worden ist.. Die formelle Abweisung der Beschwerde durch den Staatsrath erscheint nicht als gerechtfertigt. Die Munizipalität von Gerra hatte sich bereits mit der Aufnahme dieses Bürgers in ihr Stimmregister einverstanden erklärt, war also keineswegs Gegenpartei und hatte keine Gegenbemerkung zu machen.

Aber auch die materielle Abweisung der Appellation war unrichtig. Der Lehrling ist wie der Student als zu Hause bei seinen Eltern domizilirt zu betrachten, worüber auf die Erwägnng 17 des Entscheides der diesseitigen Behörde betreifend den Wahlkreis Locamo zu verweisen ist. Galli ist also e i n z u t r a g e n .

15. Die Rekurse betreffend die Wahlen der G e m e i n d e V i r a können schon aus dem Grunde nicht berücksichtigt werden, weil die Rekurrenten nicht den Kommissär und den Staatsrath angegangen haben. Uebrigens hätten sie auch aus dem materiellen Grunde abgewiesen werden müssen, daß den Betreffenden offenbar das Domizil in der Gemeinde fehlt.

16. Der Umstand, daß T a d d e o l i , Lorenzo in Tavannes seine politischen Rechte ausübt, schließt die Ausübung derselben in Caviano aus, vergi. Art. 43, Abs. 2, der Bundesverfassung.

1005 17. Auf die Wahlen von P i a z z o g n a kann nicht eingetreten werden, da darüber keine kantonalen Behörden entschieden haben.

Ebenso ist auf. die Wahl von Sant' Abbondi nicht mehr weiter einzutreten.

18. Die Theilnahme der angeführten Verzask an den Wahlen des Wahlkreises San Nazzaro war eine ungesetzliche. Das wahre Domizil der Betreffenden ist offenbar das Verzaskathal. Daß auch Behörden und Bevölkerung von Gordola dieses Gefühl haben, geht aus dem Umstände hervor, daß jene Verzasker bis dahin stets von den Gemeindewahlen von Gordola ausgeschlossen waren. Und daß auch die Verzasker selbst dieses Gefühl theilen, beweist der Umstand, daß sie ihrerseits keinen Anspruch auf Theilnahme an diesen Wahlen erheben, im G.egentheil in Gordola selbst ihre Versammlung als Theil der Versammlung der verzaskischen Gemeinde abhalten.

Der gegen ihre Aufnahme an den Staatsrath gelichtete Rekurs erscheint aus den in Erwägung 6 angeführten Gründen als nicht o O O verspätet.

Sie sind also von den Stimmregistern der Gemeinden Gordola und Cugnasco zu s t r e i c h e n .

19. Das Begehren um Streichung der Studenten C a t t o r i und S i g n o r o t t i erscheint aus den in Erwägung 17 des Entscheides betreffend den Wahlkreis Locamo angegebenen Gründen als unbegründet, wenn auch allerdings schwer einzusehen ist, warum der Kommissär diese Studirenden anders behandelte als den Studenten Roggero von Locarno Der Rekurs betreffend Finanza ist zurückgezogen.

Die Appellation an dea Staatsrath betreffend B o r r a dp r i und M eu l i war aus den in Erwägung 6 angeführten Gründen nicht verspätet aus dem Zeugniß von Bellinzona geht hervor, daß Borra d o r i , Ottavio in der That seit drei Monaten in Gordola domizilirt war; er ist daher e i n z u t r a g e n .

Meuli Giov., erscheint als durch bloßes Versehen ausgeschlossen und ist daher ebenfalls e i n z u t r a g e n .

20. Was die Wahlkreiseintheilung betrifft, so macht die Zutheilun der Gemeinden Gordola und Cugnasco zum Wahlkreis San Nazzaro allerdings den Eindruck eines häßlichen, politischen Parteimanövers. Allein der Bundesrath ist nach den Bestimmungen der Bundesverfassung nicht in der Lage, Abhülfe zu schaffen, sondern muß dieses lediglich dem Gerechtigkeitssinn und dem Patriotismus der Behörden und des Volkes des Kantons Tessin überlassen.

1006 21. Das Resultat der vorstehenden Erwägungen ist folgendes: Es sind noch e i n z u t r a g e n : Ruffoni, Gius., fu Gius., in Magadino, Agustoni, Giov. Dom., in Magadino, Galli, Filippo, in Gerra, Borradori, Ottavio, in Gordola, Meuli, Giov., in Gordola, zusammen also 5 Bürger.

Dagegen sind in Gordola 84 und in Cuguasco 47 Bürger zu streichen. Allein nach den Verhandlungen des Großen Käthes haben von diesen zu Streichenden in Gordola nur 46 und in Cugnasco nur 21 an der Wahl Theil genommen und die Korrekturen sind daher in folgender Weise vorzunehmen : Zu den eingelegten gültigen Stimmzetteln 939 kommen die Einzutragenden 5 944 Davon gehen jedoch ab in Gordola 46 in Cugnasco 21 -- . 67 Bleiheu 877 Absolutes Mehr 439 Rechnet man nun die zu Streichenden denjenigen ab, welche gewählt worden sind, die Einzutragenden denjenigen zu, welche in Minderheit blieben, da der denkbar ungünstigste Fall in's Auge gefaßt werden muß, so stellen sich die Zahlen folgendermaßen : Regazzi, Pietro 545 -- 67 = 478.

Masa, Franc. 512 -- 67 = 445.

Paganetti, Gius. 510 -- 67 = 443.

Cattori, Claudio 496 -- 67 = 429.

Antosnini, Giac. 436 -f- 5 = 441.

Gallig Francesco 423 -j- 5 = 428.

Branca, Masa 408 + 5 = 413.

Roggero, Vittorio 382 -f- 5 = 387.

Es zeigt sich also, daß auch so die 3 ersten sowohl das absolute als auch das relative Mehr erhalten haben, nicht aber der vierte, Cattori.

D e m n a c h hat der B u n d e s r a t h beschlossen: 1. Die Wahl des Herrn Cattori, Claudio, zum Mitgliede des Großen Rathes des Kantons Tessin wird kassirt und der Staats-

1007 rath des genannten Kantons eingeladen, beförderlichst eine Neuwahl an dessen Stelle gemäß den gegenwärtig hiefür geltenden gesetzlichen Bestimmungen anzuordnen.

2. Die übrigen Wahlen bleiben in Kraft.

3. Mit Bezug auf das Stimmrecht der Bürger wird auf die vorstehenden Erwägungen verwiesen.

4. Mittheilung an den Staatsrath des Kantons Tessin für sich und zu Händen der betheiligten Behörden und Bürger.

B e r n , den 18. Juni

1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Ringier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesrathsbeschluß über die Rekursbeschwerden betreffend die Grossrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise San Nazzaro (Gambarogno). (Vom 18. Juni 1891.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1891

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

29

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.07.1891

Date Data Seite

977-1007

Page Pagina Ref. No

10 015 355

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.