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Schweizerisches Bundesblatt.

43. Jahrgang. IV.

Nr. 37.

9. September 1891.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Sari Stämpfli & de. in Bern.

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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche Kantonsregierungen betreffend die Monopolisirun der Wasserkräfte.

(Vom 8. September 1891.)

Getreue, liebe Eidgenossen l Der Centralvorstand der schweizerischen Gesellschaft "Frei Land" hat mit Eingabe vom April 1891 an den Bundesrath für sich und zu Händen der schweizerischen Bundesversammlung das Gesuch gestellt, es möchte bei Anlaß der Revision der Bundesverfassung folgender Artikel aufgenommen werden: ,,Sämmtliche noch unbenutzte Wasserkräfte der Schweiz sind Eigenthum des Bundes. Die Gewinnung und Ausbeutung derselben, sowie deren Fortleitung durch Elektrizität, Druckluft u. s. w. sind Bundessache. Ueber die Durchführung dieses Monopols, sowie über die Vertheilung des Reinertrags aus demselben wird ein Bundesgesetz das Nöthige bestimmen."

Soviel uns bekannt, ist die fragliche Eingabe von Seiten der Petenten auch den Regierungen der Kantone mitgetheilt worden; und wir glauben somit, was die nähere Erläuterung und Begründung des Gesuches anbelangt, auf dasselbe als in Ihren Händen liegend verweisen zu dürfen.

Die Untersuchung des weitgreifenden Vorschlags, über welchen wir s. Z. der Bundesversammlung Vorlage zu machen berufen sind, wird verschiedene Enqueten nothwendig machen.

Bundesblatt. 43. Jahrg. Bd. IV.

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Dermalen handelt es sich für uns darum, uns in mehr allgemeiner Weise über die in Betracht kommenden Verhältnisse, welche bis jetzt der Bundesverwaltung vollkommen ferne lagen, zu orientireu und über die angeregte Reform die Anschauung der kantonalen Regierungen kennen zu lernen.

Demgemäß erlauben wir uns, indem wir uns auf das Nothwendigste beschränken, Ihnen eine Anzahl von Fragen vorzulegen mit der Bitte, denselben Ihre Aufmerksamkeit schenken und Ihren gefl. Bericht uns bis Ende des laufenden Jahres einsenden zu wollen.

Von der Erörterung folgender Punkte glauben wir eine ersprießliche Förderung der Angelegenheit erwarten zu können: 1. Wem kommt das unbeschränkte Eigenthumsrecht über die in Ihrem Kanton vorhandenen Wasserkräfte zu? (Dem Kanton, den Gemeinden oder einzelnen Privaten?).

2. Bestehen Vorschriften betreffend industrielle Nutzbarmachung von Gewässern? Wenn ja, worin bestehen diese Vorschriften?

Wenn nein, welches ist das in solchen Fällen eintretende thatsächliche Verfahren ?

3. Wie viele Wasserkräfte sind auf dem Wege der Konzession oder anderswie bereits an Privatunternehmer übergegangen?

Wie viele werden von Staat und Gemeinden ausgebeutet?

4. Ist zu befürchten, daß bei dem bestehenden Zustande eine * volle und rationelle Nutzbarmachung unserer Gewässer nicht möglich sei, oder, namentlich mit Rücksicht auf die Fortleitung gewonnener elektrischer Kräfte über die Kantonsgrenzen hinaus, großen Schwierigkeiten begegne? oder auch, daß der durch die neuesten technischen Erfindungen erhöhte Werth der Wasserkräfte auf Kosten der allgemeinen Wohlfahrt und deren Förderung der privaten Spekulation und Bereicherung anheimfalle?

5. Würde die Nutzbarmachung der Wasserkräfte erfolgreicher sein und für das Allgemeinwohl bessere Resultate zu Tage fördern, wenn sie gleichmäßig für die ganze Schweiz im Sinne der Monopolisirung durchgeführt würde?

6. Stellungnahme des Kantons zur Frage der Abtretung seiner Rechte an den Bund und Bedingungen (rechtliche, finanzielle etc.), unter welchen letztere eventuell zugestanden wird.

7. Ist für den Fall der Verneinung der Monopolfrage eine einheitliche Regelung der Materie durch Bundesgesetz anzustreben ? x 8. Welches sollten die leitenden Gesichtspunkte des letztern sein?

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Im Uebrigen benutzen wir diesen Anlaß, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

!)

B e r n , den 8. September 1891.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Welti.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers : Schatzmann.

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Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche Kantonsregierungen betreffend die Monopolisirung der Wasserkräfte. (Vom 8. September 1891.)

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Jahr

1891

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

37

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.09.1891

Date Data Seite

333-335

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