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Schweizerisches Bundesblatt.

43. Jahrgang. III.

Nr. 25.

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17. Juni 1891.

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Ratifikation verschiedener Vereinbarungen zwischen den Staaten, welche der Union zum Schutze des gewerblichen Eigenthums angehören.

(Vom 1. Juni 1891.)

Tit.

Die zu Paris am 20. März 1883 abgeschlossene internationale Konvention zum Schutze des gewerblichen Eigenthums sieht in Art. 14 Konferenzen von Abgeordneten der vertragschließenden Staaten vor zu dem Zwecke, die genannte Uebereinkunft ,,periodischen Revisionen zu unterwerfen behufs Einführung von Verbesserungen, welche geeignet sind, das System der Union zu vervollkommnen".

Bis jetzt haben zwei solche Konferenzen stattgefunden. Die erste versammelte sich am 30. April 1886 in Rom und legte das Ergebniß ihrer Verhandlungen in einem vom 11. Mai 1886 datirten Protokoll nieder. Die zweite wurde am 7. April 1890 in Madrid eröffnet und vereinigte die von ihr ausgearbeiteten Entwürfe in einem am 14. April 1890 unterzeichneten Schlußprotokoll. Die von der Konferenz zu Rom gefaßten Beschlüsse wurden von den betheiligten Regierungen nicht genehmigt, hauptsächlich aus dem Grunde, weil durch einige Zusätze Bestimmungen hinsichtlich der Herkunftsangaben, welche einige Staaten als zu streng, andere dagegen als ungenügend betrachteten, als für die ganze Union obligatorisch erklärt werden sollten. Die spanische VerwaltungsBundesblatt. 43. Jahrg. Bd. III.

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170 behörde und das internationale Bureau nahmen bei ihren Vorbereitungsarbeiten für die Madrider Konferenz die meisten der in Rom angenommenen Bestimmungen wieder auf, änderten dieselben ab und fügten ihnen wichtige Zusätze bei. Um die Annahme der von ihnen vorbereiteten Entwürfe sicherzustellen, gaben sie demjenigen, welcher die fortschrittlichste Tendenz und deßwegen die geringste Aussicht hatte, von allen betheiligten Staaten angenommen zu werden, die Form einer besondern Uebereinkunft, welche nur von denjenigen Unionssstaaten unterzeichnet werden sollte, die sich den Bestimmungen derselben zu unterwerfen und daraus Nutzen zu ziehen geneigt sein würden, während der andere Entwurf, welcher weniger bestrittene Neuerungen enthielt und seiner Natur nach auf die ganze Union Anwendung finden sollte, in der Voraussicht aufgestellt wurde, daß er von allen vertragschließenden Staaten m der Form eines Protokolls von allgemeiner Tragweite angenommen werde. Diese beiden Entwürfe waren die U e b e r e i n k u n f t bet r e f f e n d d a s Verbot f a l s c h e r H e r k u n f t s b e z e i c h n u n g e n a u f den W a a r e n und das P r o t o k o l l b e treffend die Auslegung und A n w e n d u n g der Pariser K o n v e n t i o n v o m 2 0 . M ä r z 1883.

An diese beiden Entwürfe schlössen sich zwei weitere, von der schweizerischen Verwaltungsbehörde vorgelegte an, welche auch in eine besondere Uebereinkunft und in ein für alle Staaten verbindliches Protokoll zerfielen, nämlich die U e b e r e i n k u n f t betreffend die internationale Eintragung der Fabrik- und Handelsmarken unddas P r o t o k o l l b e t r e f f e n d den K r e d i t für das i n t e r n a t i o n a l e B u r e a u der U n i o n zum S c h u t z e des g e w e r b l i c h e n Eigent h u m s.

Die Madrider Konferenz vom Jahre 1890, an welcher die Schweiz durch die Herren Heinr. Morel, Generalsekretär des internationalen Büreau's, und Karl Soldan, den damaligen Chef des waadtländischen Justiz- und Polizeidepartements, vertreten war, hat obige vier Entwürfe mit einigen Abänderungen angenommen. Die betreffenden Aktenstücke haben am 14. und 15. April abhin die diplomatischen Unterschriften der betheiligten Staaten erhalten und zwar auf einer zu diesem Zweck von der spanischen Regierung einberufenen Konferenz, an welcher die Bevollmächtigten
der Schweiz, Belgiens, Brasiliens, Spaniens, d e r Vereinigten Staaten v o n Niederlande, Portugals, Schwedens und Tunesiens, d. h. also aller Unionssfaaten mit Ausnahme der Republik San Domingo und Serbiens, theilnahmen.

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Wir fügen unserer Botschaft den Wortlaut der unterzeichneten Vereinbarungen bei, welche wir mit einigen kurzen Bemerkungen begleiten wollen.

I. Uebereinkunft betreffend das Verbot falscher Herkunftsbezeichnungen.

Die Konvention vom 20. März 1883 hat nur auf diejenigen Herkunftsbezeichnungen Bezug, bei welchen eine falsche Ortsangabe in Verbindung mit einer fingirten oder in betrügerischer Absicht entlehnten Firma zur Verwendung kommt. Diese Bestimmung, welche zu der Zeit, als sie getroffen wurde, einen großen Fortschritt auf dem internationalen Gebiete darstellte, hat sich für Unterdrückung einer großen Zahl von Betrügereien mit Bezug auf die Herkunft der Produkte als ungenügend erwiesen. Außerdem hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Ländern eine Strömung geltend gemacht, welche das Verbot falscher Herkunftsbezeichnungen ·M verschärfen strebt, und es ist natürlich, daß dieses Streben in einem internationalen Vertrage seinen Ausdruck gefunden hat, wonach die Betrügereien mit Bezug auf die Herkunft der Waaren, unter welcher Form dieselben auch auftreten mögen, verboten werden.

Die Bestimmungen dieser Uebereinkunft stehen im Einklang mit denjenigen des Bundesgesetzes vom 26. September 1890 betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Herkunftsbezeichnungen von Waaren und der gewerblichen Auszeichnungen.

Der einzige bemerkenswerthe Unterschied besteht darin, daß die obige Uebereinkunft zwei Punkte ordnet, welche das Bundesgesetz dem Ermessen des Richters anheimstellt. Es handelt sich zunächst um das Recht des Verkäufers, seinen Namen und seine Adresse auf den Erzeugnissen zu verzeichnen, welche aus einem andern als aus dem Verkaufslande herstammen. In diesem Falle verlangt unser Gesetz nur, daß der Betheiligte die nöthigen Anordnungen treffe, damit die Beisetzung seiner Marke oder seiner Firma das Publikum mit Bezug auf die Herkunft des Produkts nicht zu Irrthum verleiten könne. Die Uebereinkunft dagegen schreibt vor, daß der Name oder die Adresse des Verkäufers von der genauen und in deutlichen Schriftzeichen dargestellten Angabe des Fabrikations- oder Produktionslandes oder -Ortes begleitet sein müsse.

Unsere Abgeordneten in Madrid haben sich für eine weitherzigere Redaktion ausgesprochen, welche jede Täuschung mit Bezug auf die Herkunft verhindert hätte, ohne deßhaib den Handelsmann zu verpflichten, die Herkunft seiner Waaren offen darzulegen. Da

172 aber große Länder, wie Großbritannien und die Vereinigten Staaten, in ihrer eigenen Gesetzgebung verlangen, daß die eingeführten Waaren mit der Bezeichnung des Ursprungslandes zu versehen seien, so müssen sich eben unsere Ausfuhr treibenden Kaufleute an diese neue Anforderung des internationalen Verkehrs gewöhnen.

Der andere Punkt bezieht sich auf die Produktenbenennungen von allgemeinem Charakter, in denen ein Orts- oder Ländername vorkommt, wie z. B. kölnisches Wasser, preussisch Blau etc.

Die Uebereinkunft überläßt es, wie dies auch das schweizerische Gesetz thut, den Gerichten der verschiedenen Länder, im Prozeßfalle zu entscheiden, ob ein geographischer Name eine Herkunftsangabe bedeute oder ob er zu der gebräuchlichen Bezeichnung des Produktes gehöre; aber sie macht eine Ausnahme mit Bezug auf die Ortsbenennungen der Erzeugnisse des Weinbaues, welche nie als Gattungsbenennungen aufgefaßt werden dürfen. Diese Ausnahme erscheint als gerechtfertigt, wenn man erwägt, daß man bei den Namen von weinbautreibenden Gegenden an bestimmte klimatische und Bodenverhältnisse denkt, welche nicht auf eine andere Gegend übertragen werden können.

Diese Uebereinkunft ist von den Bevollmächtigten der Schweiz, Brasiliens, Spaniens, Frankreichs, Großbiitannieus, Guatemala's, Portugals und Tunesiens unterzeichnet worden und bildet so innerhalb des Hauptverbandes einen engern Verband, welchem die andern Staaten beitreten können, wenn sie dies für passend finden.

Wie schon gesagt, steht diese Vereinbarung mit unserer eigenen Gesetzgebung im Einklang. Sie bietet unserm Lande den großen Vortheil, daß sie in sieben Staaten unsern Herkunftsbezeichnungen, von denen viele großen Werth haben und zu zahlreichen Nachahmungen Veranlassung geben, gesetzlichen Schutz zusichert.

II. Uebereinkunft betreffend die internationale Eintragung der Fabrikoder Handelsmarken.

Diese von der Schweiz vorgeschlagene Uebereinkunft ist in Madrid von neun Staaten unterzeichnet worden. Der Gedanke hatte seinen Ursprung in den beträchtlichen Kosten und umständlichen Förmlichkeiten, welche gegenwärtig denjenigen unserer Gewerbsund Handelsleute auferlegt werden, welche ihre Marken in mehrern Ländern schützen lassen wollen. Nach dem Inkrafttreten der Uebereinkunft wird der Eigenthümer einer eingetragenen Marke der Verwaltung für gewerbliches Eigenthum in seinem Lande nur ein Cliché seiner Marke nebst der internationalen Gebühr von Fr. 100

173 und einer einheimischen Gebühr, deren Höhe jeder Staat nach Belieben bestimmen kann, zustellen müssen, um zu bewirken, daß die fragliche Marke in acht auswärtigen Ländern Schutz genieße.

Die Uebereinkunft gebt von dem Grundsatze aus, daß der internationale Schutz nur eine weitere Ausdehnung desjenigen Schutzes ist, welcher im Ursprungslande der Marke gewährt wird. Es ergibt sich hieraus, daß der internationale Schutz aufhört, sobald die Marke im Ursprungslaude als ungültig erklärt wird, und daß derselbe einen Unterbruch erleidet, wenn die Marke infolge ihrer Nichterneuerung eine Zeit lang keinen Schutz genießt.

Die internationale Eintragung hat die gleiche Wirkung wie die in jedem der betheiligten Staaten vorgenommene Hinterlage der Marke. Das einheimische Gesetz bleibt also anwendbar mit Bezug auf die vorgängige Prüfung der Marken, und jeder Staat, welcher eine solche Prüfung vornimmt, hat freie Hand, solchen Marken den Schutz zu verweigern, die er nicht für neu halten würde, oder die ihm als der Sittlichkeit oder der öffentlichen Ordnung zuwiderlaufend vorkämen.

Diese Uebereinkunft ist von den Bevollmächtigten der Schweiz, Belgiens, Spaniens, Frankreichs, Guatemala's, Italiens, der Niederlande, Portugals und Tunesiens unterzeichnet worden. EH werden sich jedenfalls noch andere Staaten den soeben genannten anschließen.

Wir glauben, die internationale Eintragung der Marken werde einen sehr werthvollen Gewinn an Geld und Zeit für eine große Zahl unserer Gewerbe- und Handeltreibenden mit sich bringen, und viele derselben, welche ihre Erzeugnisse in solche Länder schicken, wo ihre Marken nicht hinterlegt sind, werden dieses Mittel benutzen, um ihren Produkten in einer großen Zahl von Staaten gesetzlichen Schutz zu sichern. Ueberdies hat diese Uebereinkuuft für die Schweiz eine ganz besondere Bedeutung, indem dieselbe nämlich in unseren Lande eine Zentral Verwaltung für den Schutz eines sehr wichtigen Theils des gewerblichen Eigenthums schafft, so daß die Rolle unseres Landes, ein internationaler Mittelpunkt zu sein, noch schärfer hervortritt.

III. Protokoll betreffend den Kredit für das internationale BUreau.

Durch dieses Protokoll .wird das Maximum des jährlichen Kredites für das internationale Bureau, welches jetzt Fr. 2000 für jeden betheiligten Staat -- oder für 16 Staaten Fr. 32,000 -- beträgt, auf die feste Summe von Fr. 60,000 erhöht.

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Die schweizerische Verwaltungsbehörde hat diese Abänderung des Kredits für das genannte Bureau nicht aus dem Grunde beantragt, weil die demselben zur Verfügung gestellte Summe für seine Ausgaben nicht genügte. Dank dem Umstände, daß dieses Bureau anfänglich auf bescheidenster Grundlage eingerichtet wurde, und daß man späterhin das Personal desselben auch mit der Leitung des Bureau^ der internationalen Union zum Schutze des literarischen und künstlerischen Eigenthums betraut hat, haben seine durchschnittlichen Jahresausgabeii sogar nur Fr. 16,440 betragen, und diejenigen des Jahres 1890, welche iûfolge der Madrider Konferenz eine besondere Zunahme erfuhren, haben Fr. 26,410 nicht überstiegen. -- Aber die betheiligten Staaten haben schon seit der Konferenz vom Jahre 1883 erkannt, daß ein Beitrag von Fr. 2000 per Staat keine richtige Grundlage bilde, und daß diese Bestimmung der schweizerischen Regierung nichl erlaube, dem internationalen Bureau in Zukunft diejenige Entwicklung zu gehen, die sie für nöthig erachten würde; deßhalb hat die schweizerische Verwaltungsbehörde auf die ausdrückliche Einladung der Konferenz von 1883 hin das Protokoll ausgearbeitet, welches von der Konferenz zu Madrid angenommen worden ist.

Das Maximum des jährlichen Kredits ist auf Fr. 60,000 festgestellt worden, wie für das Bureau der internationalen Union zum Schutze des literarischen und künstlerischen Eigenthums.

Das Protokoll über diesen Kredit ist von allen anwesenden Bevollmächtigten unterzeichnet worden.

IV. Protokoll betreffend die Auslegung und Anwendung der Konvention vom 20. März 1883.

Die meisten Bestimmungen dieses Protokolls haben einzig zum Zweck, die gleichmäßige Vollziehung der allgemeinen Konvention zu siehern. Es gibt jedoch einige, welche wirkliche Neueruogen gegenüber dem jetzigen Zustande darstellen ; wir wollen uns blos mit diesen befassen. Sie bilden die Paragraphen III, V und VI.

III. In mehreren Unionsstaaten werden die gewährten Patente durch die Gültigkeitsdauer früherer Patente eingeschränkt, welche in andern Staaten für die nämliche Erfindung ausgestellt wurden.

Da die Gültigkeitsdauer der Patente in der Schweiz 15, in den Vereinigten Staaten 17 und in Belgien 20 Jahre beträgt, so verliert ein Erfinder, der sein erstes Patent in der Schweiz genommen hat, 2 resp. 5 Jahre an der Dauer der Patente, um die er nachher in den beiden andern Ländern einkommt.

175 Nach Paragraph III des Protokolls genügt es, wenn die Patentanmeldungen in den verschiedenen Unionsländern innerhalb der in Artikel 4 der allgemeinen Konvention festgesetzten Prioritätsfristen eingegangen sind, d. h. binnen sechs Monaten nach der ersten Anmeldung oder binnen sieben Monaten, wenn es sich um überseeische Länder handelt, damit alle Patente von einander unabhängig sind.

Das schweizerische Gesetz kennt diese Einschränkung der einheimischen Patente durch ausländische Patente nicht. Wir machen also keinerlei Konzession, und wir gewinnen nur bei Annahme der fraglichen Bestimmung.

V. Die Ziffer l dieses Paragraphen sichert den Fabrikmarken von Gemeinden und Genossenschaften gesetzlichen Schutz, was dem Artikel 7, Ziffer 3, unseres ßundesgesetzes vom 26. September 1890 entspricht.

Was die Ziffer 2 anbelangt, laut welcher eine Marke nicht Gemeingut in einem der Unionsstaaten werden darf, so lange sie in ihrem Ursprungsland noch Gegenstand eines ausschließlichen Eigen-* thums ist, so ist diese Bestimmung zu streng gefaßt, als daß ihre genaue Durchführung unter allen Umständen gewährleistet werden könnte. Es wird genügen, wenn die Schweiz den in ihrem Gesetze implicite enthaltenen Grundsatz anwendet, wonach die Eintragung einer Marke nicht ein Recht, sondern nur einen Eigenthumsanspruch in sich schließt, und wenn sie die Verwendung oder die Hinterlage von Marken, welche ein Abdruck oder eine Nachahmung ausländischer Marken sind, nicht als gesetzlich anerkennt. In Anbetracht der zahlreichen Vorbehalte, welche in der Unterzeichnungskonferenz mit Bezug auf Paragraph V gemacht worden sind, wird man nicht verlangen, daß die Schweiz weiter gehen solle.

VI. Der Artikel 11 der allgemeinen Konvention stellt einen zeitweiligen Schutz fest zu Gunsten von patentirbaren Erfindungen, Mustern, Modellen oder Marken, welche an internationale Ausstellungen gebracht werden ; aber er sagt nicht, ob dieser Schutz auf das Land beschränkt ist, wo die Ausstellung stattfindet, oder ob er innerhalb aller Unionsstaaten beansprucht werden kann.

Der Paragraph VI des Protokolls löst die Frage im letztern Sinne und bestimmt die Zeitdauer, während welcher die betheiligten Staaten den zeitweiligen Schutz zu gewähren haben. Er befindet sich hierin völlig im Einklang mit Artikel 33 des Bundesgesetzes vom 29 Juni 1888 über die Erfindungspatente.

Kurz, die eigentlichen Neuerungen, welche in das zur Auslegung dienende Protokoll der Konvention aufgenommen worden

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sind, stehen mit unserer einheimischen Gesetzgebung in Uebereinstimmung und sichern den Schweizern im Auslande diejenigen Vortheile, deren sie schon im eigenen Lande theilhaftig sind.

Das Protokoll ist von allen anwesenden Bevollmächtigten mit Ausnahme desjenigen Großbritanniens unterzeichnet worden. Dieser Staat, sowie die beiden andern Staaten, welche an der Unterzeichnungskonferenz nicht vertreten waren, können noch von jetzt an bis zur Auswechslung der Ratifikationen unterzeichnen.

Wie aus dein Gesagten hervorgeht, braucht sich die Schweiz, keinerlei Opfer aufzuerlegen, sondern kann vielmehr nur gewinnen, wenn sie die in Madrid unterzeichneten internationalen Vereinbarungen annimmt. Wir erlauben uns daher, Ihnen die Annahme derselben zu empfehlen, und unterbreiten Ihnen zu diesem Behuf den im Wortlaut folgenden Beschlussesentwurf.

Die Auswechslung der Ratifikationen muß bis zum 15. Oktober nächsthin erfolgen, und die Vereinbarungen werden einen Monat später in Kraft treten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 1. Juni

1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Kingier.

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

verschiedene Vereinbarungen zwischen den Staaten, welche der Union zum Schutze des gewerblichen Eigenthums angehören.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. Juni 1891,

der

bundesräthlichen Botschaft vom

beschließt: A. Zu folgenden Vereinbarungen zwischen den Staaten, welche der Union zum Schutze des gewerblichen Eigenthums angehören, wird hiemit der Beitritt erklärt: I. Zu der Uebereinkunft betreffend das Verbot falscher Herkunftsbezeichnungen auf den Waaren, welche am 14. April 1891 zwischen der Schweiz, Brasilien, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Guatemala, Portugal und Tunis abgeschlossen worden ist.

II. Zu der Uebereinkunft betreffend die internationale Eintragung der Fabrik- und Handelsmarken, nebst Schlußprotokoll, welche am 14. April 1891 zwischen der Schweiz, Belgien, Spanien, Frankreich, Guatemala, Italien, den Niederlanden, Portugal und Tunis abgeschlossen worden ist.

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III. Zu dem Protokoll betreffend deo Kredit für das internationale Bureau der Union zum Schutze des gewerblichen Eigenthutns, welches am 15. April 1891 zwischen der Schweiz, Belgien, Brasilien, Spanien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, Großbritannien, Guatemala, Italien, Norwegen, den Niederlanden , Portugal, Schweden und Tunis festgestellt worden ist.

IV. Zu dem Protokoll betreffend die Auslegung und Anwendung der Pariser Konvention vom 20. März 1883, welches am 15. April 1891 zwischen der Schweiz, Belgien, Brasilien, Spanien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, Guatemala, Italien, Norwegen, den Niederlanden, Portugal, Schweden und Tunis festgestellt worden ist.

B. Der Bundesrath wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

179 Beilage.

I.

Uebereinkunft betreffend

das Verbot falscher Herkunftsbezeichnungen auf Waaren, abgeschlossen zwischen

der Schweiz, Brasilien, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Guatemala, Portugal und Tunis.

(Vom 14. April 1891.)

Die unterzeichneten Bevollmächtigten der Regierungen obgenannler Staaten haben, nach Einsicht des Artikels 15 der internationalen Konvention vom 20. März 1883 zum Schutze des gewerblichen Eigenthums, unter Vorbehalt der Ratifikation folgende Uebereinkunft abgeschlossen.

Art. 1. Jedes Produkt, welches eine falsche Herkunftsbezeichnung trägt, in welcher einer der vertragschließenden Staaten oder eine in einem derselben liegende Ortschaft direkt oder indirekt als Ursprungsland oder -Ort angegeben ist, wird anläßlich der Einfuhr tn jedem der genannten Staaten mit Beschlag belegt.

Die Beschlagnahme kann auch in demjenigen Staate vollzogen werden, wo die falsche Herkunftsbezeichnung angebracht, oder in demjenigen, in welchen das mit dieser falschen Bezeichnung versehene Produkt eingeführt worden ist.

180 Wenn die Gesetzgebung eines Staates die Beschlagnahme bei der Einfuhr nicht zuläßt, so tritt das Einfuhrverbot an deren Stelle.

Wenn die Gesetzgebung eines Staates die Beschlagnahme im Innern des Landes nicht zuläßt, so treten an deren Stelle die Rechtsmittel, welche das Gesetz dieses Staates in einem solchen Falle den Einheimischen zusichert.

Art. 2. Die Beschlagnahme findet auf das Verlangen der Staatsanwaltschaft oder einer betheiligten Partei, Person oder Gesellschaft, hin statt, nach Maßgabe der eigenen Gesetzgebung eines jeden Staates.

Bei Transitwaaren sind die Behörden zur Beschlagnahme nicht verpflichtet.

Art. 3. Die gegenwärtigen Bestimmungen hindern den Verkäufer nicht, seinen Namen oder seine Adresse auf den Produkten anzubringen, welche aus einem andern als dem Verkaufslande-herkommen 5 in diesem Falle muß jedoch die Adresse von der genauen und in deutlichen Sehriftzeichen ausgedrückten Bezeichnung des Fabrikations- oder Ursprungslandes resp. -Ortes begleitet sein.

Art. 4. Die Gerichte jedes Landes haben darüber zu entscheiden , welche Benennungen ihres Gattungscharakters wegen nicht unter die Bestimmungen der vorliegenden Uebereinkunft fallen. Die Ortsbezeichnungen für die Herkunft der Erzeugnisse des Weinbaues sind jedoch in dem durch diesen Artikel aufgestellten Vorbehalt nicht Inbegriffen.

Art. 5. Die der Union zum Schutze des gewerblichen Bigenthums angehörenden Staaten, welche an der vorliegenden Uebereinkunft nicht theilgenommen haben, können auf ihr Gesuch hin derselben beitreten, und zwar in der in Art. 16 der Konvention vom 20. März 1883 zum Schutze des gewerblichen Eigenthums vorgeschriebenen Form.

Art. 6. Die gegenwärtige Uebereinkunft ist zu ratifiziren, und die Ratifikationen sollen spätestens binnen sechs Monaten in Madrid ausgewechselt werden.

Sie tritt einen Monat nach der Auswechslung der Ratifikationen in Kraft und hat dieselbe Geltung und Dauer, wie die Konvention vom 20. März 1883.

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Zur Beurkundung dessen haben die Bevollmächtigten der obgenannten Staaten die gegenwärtige Uebereinkunft unterzeichnet in Madrid, den vierzehnten April eintausend achthundert und einundnetinzig.

Für die Schweiz: Ch. E. Lardet.

Morel.

Für Brasilien: Luis F. d'Abreu.

Für Spanien: S. Moret.

Marqués de Aguilar.

Enrique Calleja.

Luis Mariano de Larra.

Für Frankreich und Tunis: P. Cambon.

Für Großbritannien: Francis Cläre Ford.

Für Guatemala : J. Carrera.

Für Portugal: Graf de Casal Ribeiro.

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II.

Uebereînkunft betreffend

die internationale Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken, abgeschlossen zwischen

der Schweiz, Belgien, Spanien, Frankreich, Guatemala, Italien, den Niederlanden, Portugal und Tunis.

(Vom 14. April 1891.)

Die unterzeichneten Bevollmächtigten der obgenannten Staaten haben, nach Einsicht des Artikels 15 der internationalen Konvention vom 20. März 1883 zum Schutze des gewerblichen Eigenthums, unter Vorbehalt der Ratifikation folgende Uebereinkunft abgeschlossen: Art. 1. Die Bürger oder Unterthanen eines jeden der vertragschließenden Staaten können sich in allen übrigen Staaten den Schutz ihrer im eigenen Lande hinterlegten Fabrik- oder Handelsmarken dadurch sichern, daß sie die genannten Marken durch Vermittlung der Behörden des Ursprungslandes beim internationalen Bureau in Bern hinterlegen lassen.

Art. 2. Diejenigen Bürger und Unterthanen von der vorliegenden Uebereinkunft nicht beigetretenen Staaten, bei welchen die Bedingungen des Art. 3 der Konvention zutreffen, werden den Bürgern und Unterthanen der vertragschließenden Staaten gleichgestellt.

183 Art. 3. Das internationale Bureau trägt die nach Maßgabe des Art. l hinterlegten Marken sofort ein. Es theilt diese Eintragung den betheiligten Staaten mit. Die eingetragenen Marken werden in einem Supplement zum Journal des internationalen Büreau's in Form einer vom Hinterleger beigebrachten Zeichnung oder einer in französischer Sprache abgefaßten Beschreibung veröffentlicht.

Um den so eingetragenen Marken in den verschiedenen Staaten möglichste Verbreitung zu geben, erhält jede Verwaltungsbehörde vom internationalen Bureau unentgeltlich eine beliebige Anzahl Exemplare der obgenannten Veröffentlichung.

Art. 4. Von der in dieser Weise im internationalen Bureau vollzogenen Eintragung an genießt die Marke in jedem der betheiligten Staaten den nämlichen Schutz, wie wenn sie direkt dort hinterlegt worden wäre.

Art. 5. In den Ländern, deren Gesetzgebung sie dazu ermächtigt, haben die Verwaltungen, denen das internationale Bureau die Eintragung einer Marke anzeigt, die Befugniß, zu erklären, daß der betreffenden Marke auf ihrem Gebiete kein Schutz gewährt werden könne.

Sie müssen von dieser Befugniß im Laufe des Jahres, welches auf die in Art. 3 vorgesehene Anzeige folgt, Gebrauch machen.

Das internationale Bureau übermittelt die ihm auf diese Weise angezeigte Erklärung unverzüglich der Verwaltungsbehörde des Ursprungslandes, sowie dem Eigenthümer der Marke. -- Dem Betheiligten steht der nämliche Rekursweg offen, wie wenn er die Marke direkt in demjenigen Lande, wo der Schutz verweigert wird, hinterlegt hätte.

Art. 6. Der durch die Eintragung auf dem internationalen Bureau erwirkte Schutz hat eine Gültigkeit von 20 Jahren von dieser Eintragung an ; aber er kann nicht zu Gunsten einer Marke angerufen werden, welche im Ursprungslande nicht mehr gesetzlichen Schutz genießt.

Art. 7. Die Eintragung kann gemäß den Vorschriften der Art. l und 3 »stets erneuert werden.

Sechs Monate vor dem Erlösehen der Schutzfrist stellt das internationale Bureau der Verwaltungsbehörde des Ursprungslandes und dem Eigenthümer der Marke eine dienstliche Anzeige zu.

184 Art. 8. Die Verwaltungsbehörde des Ursprungslandes setzt nach ihrem Ermessen eine Gebühr fest, die sie für sich vom Eigenthümer der Marke, deren internationale Eintragung nachgesucht wird, bezieht.

Zu dieser Taxe tritt eine internationale Gebühr von 100 Fr., deren jährlicher Ertrag vom internationalen Bureau nach Abzug der gemeinsamen durch den Vollzug dieser Uebereinkunft verursachten Kosten zu gleichen Theilen unter die Vertragsstaaten vertheilt wird.

Art. 9. Die Verwaltungsbehörde des Ursprungslandes zeigt dem internationalen Bureau die Ungültigkeitserklärungen, Löschungen, Verzichtleistungen, Uebertragungen und andern Aenderungen an, welche mit Bezug auf das Eigentumsrecht der Marke stattgefunden haben.

Das internationale Bureau registrili diese Aenderungen, theilt dieselben den Behörden der Vertragstaaten mit und veröffentlicht sie sofort in seinem Journal.

Art. 10. Die Verwaltungsbehörden einigen sich über die Einzelheiten betreffend den Vollzug der vorliegenden Uebereinkunft.

Art. 11. Die der Union zum Schutze des gewerblichen Eigenthums angehörenden Staaten, welche an der vorliegenden Uebereinkunft nicht theilgeuomtnen haben, können auf ihr Gesuch hin derselben beitreten, und zwar in der in Art. 16 der Konvention vom 20. März 1883 zum Schutze des gewerblichen Eigenthums vorgeschriebenen Form.

Sobald das internationale Bureau vom Beitritt eines Staates zu der vorliegenden Uebereinkunft Ken.ntniß erhalten hat, sendet es nach Maßgabe von Art. 3 an die Verwaltung dieses Staates ein Gesammtverzeichniß derjenigen Marken, welche dannzumal internationalen Schutz genießen.

Durch diese Zustellung wird den genannten Marken ohne Weiteres die Wohlthat der hier vorausgehenden Bestimmungen auf dem Gebiete des beigetretenen Staates zugesichert, und von dem Datum der Zustellung an läuft die einjährige Frist, binnen welcher die betheiligte Verwaltungsbehörde die in Art. 5 vorgesehene Erklärung abgeben kann.

Art. 12. Die gegenwärtige Uebereinkunft ist zu ratifiziren, und die Ratifikationen sollen spätestens binnen sechs Monaten in Madrid ausgewechselt werden.

185 Sie tritt einen Monat nach der Auswechslung der Ratifikationen in Kraft und hat dieselbe Geltung und Dauer wie die Konvention vom 20. März 1883.

Zur Beurkundung dessen haben die Bevollmächtigten der obgenannten Staaten die gegenwärtige Uebereinkunft unterzeichnet in Madrid, den vierzehnten April eintausend achthundert und einundaeunzig.

Für die Schweiz : Ch. E. Lardet.

Morel.

Für Guatemala:

Für Belgien:

Für Italien :

Th. de Bounder-de Melsbroeck.

Maffei.

Für Spanien :

Für die Niederlande:

S. Moret.

Marqués de Aguilar.

Enrique Calleja.

Luis Mariano de Larra.

Gericke.

J. Carrera.

Für Portugal: Graf de Casal Ribeiro.

Für Frankreich und Tunis: P. Cambon.

Bandesblatt. 43. Jahrg. Bd. III.

13

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Schlussprotokoll.

Bei Vornahme der Unterzeichnung der heute abgeschlossenen Uebereinkunft betreffend die internationale Eintragung der Fabrikoder Handelsmarken haben die Bevollmächtigten der der genannten Uebereinkunft beigetretenen Staaten Folgendes vereinbart: Da sich über die Tragweite des Artikels 5 Zweifel erhoben haben, so wird erklärt, daß die Abweisungsbefugniß, welche dieser Artikel den Verwaltungsbehörden gewährt, die Bestimmungen des Artikels 6 der Konvention vom 20. März 1883 und des Paragraphen 4 des dieselbe begleitenden Schlußprotokolls in keiner Weise beeinträchtigt. Diese Bestimmungen sind ebenso auf die beim internationalen Bureau hinterlegten Marken anwendbar, wie dies mit Bezug auf die in allen betheiligten Ländern direkt hinterlegten Marken der Fall war und immer noch sein wird.

Gegenwärtiges Protokoll hat die nämliche Gültigkeit und Dauer, wie die Uebereinkunft, auf die es sich bezieht.

Zur Beurkundung dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten das gegenwärtige Protokoll unterschrieben in Madrid,, den vierzehnten April eintausend achthundert und einundneuuzig.

Für die Schweiz : Ch. E. Landet.

Morel.

Für Belgien: Th. de Bounder-de Melsbroeck.

Für Spanien : S. Moret.

Marques de Aguilar.

Enrique Calleja.

Luis Mariano de Larra.

Für Prankreich und Tunis: P. Cambon.

Für Guatemala: J. Carrera.

Für Italien: Maffei.

Für die Niederlande : Gericke.

Für Portugal: Graf de Casal Ribeiro.

187

III.

Protokoll betreffend

den Kredit für das internationale Bureau der Union zum Schutze des gewerblichen Eigenthums, vereinbart zwischen

der Schweiz, Belgien, Brasilien, Spanien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, Großbritannien, Guatemala, Italien, Norwegen, den Niederlanden, Portugal, Schweden und Tunis.

(Vom 15. April 1891.)

Die unterzeichneten Bevollmächtigten der obgenannten Staaten haben, nach Einsicht der Erklärung vom 12. März 1883 der in Paris zusammengetretenen internationalen Konferenz zum Schutze des gewerblichen Eigenthums, unter Vorbehalt der Ratifikation folgendes Protokoll vereinbart: Art. 1. Das erste Alinea der Ziffer 6 des der internationalen Konvention vom 20. März 1883 zum Schutze des gewerblichen Eigenthums angefügten Schlußprotokolls ist aufgehoben und wird durch folgende Bestimmung ersetzt: ,,Die Ausgaben des gemäß Artikel 13 errichteten internationalen Büreauns werden von den vertragschließenden Staaten gemeinsam bestritten. Sie dürfen in keinem Falle die Summe von sechzigtausend Franken im Jahr übersteigen.1* Art. 2. Das gegenwärtige Protokoll ist zu ratifiziren, und die Ratifikationen sollen spätestens binnen sechs Monaten in Madrid ausgetauscht werden.

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Es tritt einen Monat nach der Auswechslung der Ratifikationen in Kraft und hat dieselbe Geltung und Dauer, wie die Konvention vom 20. März 1883, als deren integrirenden Bestandtheil es betrachtet wird.

Zur Beurkundung dessen haben die Bevollmächtigten der obgenannten Staaten das gegenwärtige Protokoll unterzeichnet in Madrid, den fünfzehnten April eintausend achthundert und einundneunzig.

Für die Schweiz: Ch. E. Lardet.

Morel.

Für Belgien: Th. de Bounder-de Melsbroeck.

Für Brasilien: Luis F. d'Abreu.

Für Spanien: S. Moret.

Marqués de Aguilar.

Enrique Calleja.

Luis Mariano de Larra.

Für die Vereinigten Staaten von Amerika: E. Burd Grubb.

Für Frankreich und Tunis: P. Cambon.

Für Großbritannien: Francis Cläre Ford.

Für Guatemala: J. Carrera.

Für Italien: Maffei.

Für Norwegen: Arild Huitfeldt.

Für die Niederlande:

Gericke.

Für Portugal: Graf de Casal Ribeiro.

Für Schweden : Arild Huitfeldt.

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IV.

Protokoll betreffend

die Auslegung und Anwendung der am 20. März 1883 zu Paris zwischen der Schweiz, Belgien, Brasilien, Spanien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, Guatemala, Italien, Norwegen, den Niederlanden, Portugal, Schweden und Tunis abgeschlossenen Konvention.

(Vom 15. April 1891.)

Dio unterzeichneten Bevollmächtigten der obgenannten Regierungen haben, in der Absicht, die gleichmäßige Auslegung und Anwendung der am 20. März 1883 zu Paris abgeschlossenen Konvention behufs Bildung der Union zum Schutze des gewerblichen Eigenthums sicherzustellen, unter Ratifikationsvorbehalt folgendes Protokoll vereinbart : I. Gleichstellung der Ausländer.

Diejenigen Angehörigen eines nicht zur Union gehörigen Staates, welche auf dem Gebiete eines der Unionsstaaten niedergelassen sind oder dort ihre hauptsächlichsten gewerblichen oder kommerziellen Etablissemente besitzen, werden den Angehörigen der vertragschließenden Staaten gleichgestellt.

II. Ueberseeische Länder.

Die außereuropäischen Länder, welche nicht an's mittelländische Meer grenzen, werden mit Rücksicht auf die europäischen Unionsstaaten als überseeische Länder betrachtet (Art. 4).

190 III. Gegenseitige Unabhängigkeit der in verschiedenen Staaten ausgestellten Patente.

1. Wenn Jemand innerhalb der in Art. 4 der Konvention festgesetzten Fristen in mehreren Unionsstaaten Patentgesuche für die gleiche Erfindung eingereicht hat, so sind die aus den in dieser Weise nachgesuchten Patenten abgeleiteten Rechte von einander unabhängig.

2. Ebenso sind dieselben von denjenigen Rechten unabhängig, welche von Patenten herrühren, die für die nämliche Erfindung in nicht zur Union gehörenden Staaten erworben worden sind.

IV. Erklärung des Wortes ,,ausbeuten" (exploiter).

Jedes Land kann den Sinn feststellen, den es dem Worte ,,ausbeuten* mit Rücksicht auf die Anwendung des Art. 5 der Konvention auf seinem Gebiete geben will.

V. Fabrikmarken.

1. Die Fabrikmarken von Gemeinden oder Genossenschaften genießen den nämlichen SchutK wie die Marken einzelner Personen.

Sie können hinterlegt und ihr Mißbrauch kann durch jede betheiligte Behörde, Gesellschaft oder Drittperson eingeklagt werden.

2. So lange eine Fabrikmarke im Ursprungslande'Gegenstand eines ausschließlichen Rechtes ist, kann sie in keinem der Unionsstaaten dem Geineingut anheimfallen.

VI. Internationale Ausstellungen.

Der in Art. 11 der Konvention vorgesehene zeitweilige Schutz besteht in einer Prioritätsfrist, welche sich auf mindestens sechs Monate erstreckt von der Zulassung des Erzeugnisses zur Ausstellung an. Während dieser Frist hindert eine vom Berechtigten nicht autorisirte Schaustellung, Anwendung oder Benutzung der so geschützten Erfindungen, Muster, Modelle oder Marken denjenigen, welcher den genannten zeitweiligen Schutz erlangt hat, nicht, in gültiger Weise ein Patentgesuch einzureichen oder die nöthige Hinterlegung zu bewerkstelligen, um sich den Schutz auf dem gtinzen Gebiete der Union zu sichern.

Jeder Staat hat die Befugniß, die genannte Frist auszudehnen.

2. Der obgenannte zeitweilige Schutz ist nur wirksam, wenn während desselben ein Patentgesuch eingereicht oder eine Hinter-

191 legung bewerkstelligt wird, um dem betreffenden Gegenstand den definitiven Schutz in einem der vertragschließenden Staaten zu sichern.

3. Die in Art. 4 der Konvention erwähnten Prioritätsfristen werden der in Art. 11 vorgesehenen Schutzfrist zugerechnet.

4. Die patentirbaren Erfindungen, denen nach Maßgabe von Art. 11 der Konvention ein provisorischer Schutz gewährt worden ist, können durch die Verwaltungsbehörde des Landes, in welchem die Ausstellung stattfindet, dem interaationalen Bureau zur Kenntniß gebracht werden behufs Veröffentlichung derselben im amtlichen Organ dieses Büreau's.

VII, Beitritt neuer Staaten zur Union.

Wenn ein neuer Staat der Konvention beitritt, so wird das Datum der Note, durch welche derselbe dem schweizerischen Bundesrathe seinen Beitritt erklärt, als das Datum des Eintritts dieses Staates in die Union betrachtet, sofern dessen Regierung nicht selbst ein späteres Beitrittsdatum angibt.

VIII. Auswärtige Kolonien und Besitzungen.

Wenn einer der betheiligten Staaten wünscht, daß eine seiner Kolonien oder auswärtigen Besitzungen als infolge des Beitritts des Mutterlandes zur Union gehörig betrachtet werde, so muß er dies der schweizerischen Bundesregierung mittheilen, und diese wird alle andern Regierungen davon in Kenntniß setzen.

IX. An's internationale Bureau zu sendende Schriftstücke.

Sobald in einem der Unionsstaaten oder in einer seiner Kolonien ein Gesetz, eine Verordnung, eine Uebereinkunft oder irgend ein anderer amtlicher Erlaß, welcher auf den Schutz der Erfindungspatente, der gewerblichen Muster oder Modelle, der Fabrik- oder Handelsmarken, der Handelsfirmen oder der Herkunftsbezeichnungen Bezug hat, veröffentlicht worden ist, so soll dieser Staat dem internationalen Bureau so viele Exemplare dieses Schriftstückes zusenden, als dasselbe zur Versendung eines Exemplaires an jeden der betheiligten Staaten und zur Aufbewahrung von zwei Exemplaren in seinem eigenen Archiv bedarf. Das internationale Bureau nimmt unverzüglich die Vertheilung der ihm in dieser Weise zugeschickten Schriftstücke vor.

192 Dem internationalen Bureau wird außerdem, soweit möglich, ein Exemplar aller parlamentarischen Dokumente zugesandt, welche mit Bezug auf die obgenannte Materie in den Unionsstaaten zur Veröffentlichung gelangen.

X. Statistik.

1. Vor Ende des ersten Semesters jeden Jahres übersenden die Verwaltungsbehörden der Union dem internationalen Bureau folgende auf das vorhergehende Jahr bezügliche statistischen Angaben : A. Erfindungspatente.

1. Anzahl der Patentanmeldungen.

2. Anzahl der ertheilten Patente.

3. Betrag der Einnahmen aus den Patenten.

B. Gewerbliche Muster und Modelle.

1. Anzahl der hinterlegten Muster oder Modelle.

2. Anzahl der eingetragenen Muster oder Modelle.

3. Betrag der Einnahmen aus den Mustern und Modellen.

C. Fabrik- und Handelsmarken.

1. Anzahl der hinterlegten Marken.

2. Anzahl der eingetragenen Marken.

3. Betrag der Einnahmen aus den Marken.

2. Das internationale Bureau ist befugt, den Verwaltungsbehörden der betheiligten Staaten statistische Formulare mit Bezug auf die verschiedenen Punkte betreffend das gewerbliche Eigenthum zuzusenden, welche von den genannten Verwaltungsbehörden nach Möglichkeit auszufüllen sind.

XI. Vom internationalen Bureau zu liefernde Auskunft.

1. Das internationale Bureau ist verpflichtet, den verschiedenen Verwaltungsbehörden der betheiligten Staaten über Fragen, welche sieh auf das gewerbliche Eigenthum beziehen, unentgeltlich jede gewünschte Auskunft zu geben.

2. Die nämliche Auskunft wird den auf dem Gebiete der Union wohnhaften Privatpersonen gegen Bezahlung einer Gebühr von Fr. l für jedes Auskunftsgesuch ertheilt.

Diese Gebühr kann in Postmarkeu der verschiedenen Vertragsstaaten bezahlt werden und zwar auf folgender Grundlage für die Staaten, in denen nicht der Franken als Münzeinheit gilt, nämlich :

193 l Fr. = 400 Reis.

Brasilien Spanien l ,, = l Peseta.

l ,, = 20 Cents.

Vereinigte Staaten von Amerika Großbritannien l ,, = 10 Pence.

l r; = 20 Cent08 de peso.

G u a t e m a l a . . . . . . . .

Norwegen l .,, = 80 Oere.

Niederlande l ,, = 50 Cents.

Portugal l ,, = 200 Reis.

Schweden l ,, = 80 Oere.

Die Verwaltungen dei1 betheiligten Staaten nehmen zu dem hier angegebeneu Ansatz die Frankomarken ihres Landes an, welche das internationale Bureau als Bezahlung für Auskunftskosten erhalten hat.

Schlussbestimmungen.

Das gegenwärtige Protokoll ist zu ratifiziren, und die Ratifikationen sollen spätestens binnen sechs Monaten in Madrid ausgewechselt werden.

Es tritt einen Monat nach der Auswechslung der Ratifikationen in Kraft und hat dieselbe Geltung und Dauer wie die Konvention vom 20. März 1883, als deren integrirenden Bestandtheil es betrachtet wird.

Zur Beurkundung dessen haben die Bevollmächtigten der obgenannten Staaten das gegenwärtige Protokoll unterzeichnet in Madrid, den fünfzehnten April eintausendachthundertundeinundneunzig.

Für die Schweiz: Ch. E. Lardet.

Morel.

Für Belgien : Th. de Bounder-de Melsbroeck.

Für Brasilien : Luis F. d'Abreu.

Für Spanien : S. Moret.

Marqués de Aguilar.

Enrique Calleja.

Luis Mariano de Larra.

Für die Vereinigten Staaten von Amerika: E. Burd Grubb.

Für Frankreich und Tunis :

P. Cambon.

Für Guatemala : J. Carrera.

Für Italien : Maffei.

Für Norwegen : Arild Huitfeldt.

Für die Niederlande: Gericke.

Für Portugal : Graf de Casai Ribeiro.

Für Schweden : Arild Huitfeldt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Ratifikation verschiedener Vereinbarungen zwischen den Staaten, welche der Union zum Schutze des gewerblichen Eigenthums angehören. (Vom 1. Juni 1891.)

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17.06.1891

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