17.432 Parlamentarische Initiative Namenslisten bei allen Abstimmungen im Ständerat Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerates vom 20. Juni 2017

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Geschäftsreglements des Ständerates.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

20. Juni 2017

Im Namen der Kommission Der Präsident: Peter Föhn

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Übersicht Seit der Frühjahrssession 2014 steht dem Ständerat eine elektronische Abstimmungsanlage zur Verfügung. Die elektronische Erfassung der Abstimmungen erlaubt es, Namenslisten zu publizieren, damit sich die Wählerinnen und Wähler ein Bild über das Stimmverhalten ihrer Repräsentantinnen und Repräsentanten machen können. Bisher werden aber Namenslisten nur veröffentlicht bei Gesamtabstimmungen, Schlussabstimmungen, bei Abstimmungen mit qualifiziertem Mehr oder wenn mindestens zehn Ratsmitglieder es verlangt haben.

Damit werden die Resultate einer grossen Zahl von Abstimmungen nicht in Form einer Namensliste veröffentlicht. Viele dieser Abstimmungen ­ z.B. in der Detailberatung über wichtige Bestimmungen eines Gesetzesentwurfes ­ sind aber von mindestens so grosser sachlicher und politischer Bedeutung wie die Gesamt- und Schlussabstimmungen. Die Einschränkung der Veröffentlichung der Namenslisten ist nicht gerechtfertigt; es sollen die Resultate aller Abstimmungen in Form einer Namensliste veröffentlicht werden.

Die Einschränkung der Veröffentlichung der Namenslisten ist auch wenig sinnvoll, weil das Abstimmungsverhalten der einzelnen Mitglieder des Ständerates heute durch die Wiedergabe der Ratsdebatten mit Videos im Internet, welche auch die Resultate auf den Abstimmungstafeln zeigen, jederzeit leicht nachvollziehbar ist.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Entwicklung bis zur Einführung des elektronischen Abstimmungssystems im Ständerat

Der Ständerat kennt wie der Nationalrat seit Bestehen des Bundesstaates den Namensaufruf bei Abstimmungen. Die erste nachweisbare namentliche Abstimmung hat bereits am 28. November 1848 stattgefunden (Abstimmung über den Sitz der Bundesbehörden). Im 19. Jahrhundert wurde auch im Ständerat gelegentlich namentlich abgestimmt. Zehn Ratsmitglieder konnten den Namensaufruf verlangen. Im 20. Jahrhundert wurden diese Begehren immer seltener gestellt; im Zeitraum von 1947 bis 2002 fand keine einzige Namensabstimmung mehr statt (von Wyss, Moritz: Die Namensabstimmung im Ständerat, in Häner [Hrsg.], Nachdenken über den demokratischen Staat und seine Geschichte: Beiträge für Alfred Kölz, Zürich/Basel/ Genf 2013).

Seit 1978 wurde im Nationalrat über die Einführung einer elektronischen Abstimmungsanlage diskutiert; mit Beginn der Frühjahrssession 1994 wurde sie in Betrieb genommen. Veröffentlicht wurden aber vorerst nur die Namenslisten der Gesamtabstimmungen, Schlussabstimmungen und der Abstimmungen über die Dringlichkeitsklausel; ausserdem konnten 30 Ratsmitglieder schriftlich eine Namensabstimmung verlangen. Seit der Totalrevision des Geschäftsreglements des Nationalrates im Jahre 2003 waren alle Namenslisten «öffentlich einsehbar»; seit der Wintersession 2007 wurden sie im Internet publiziert. Bei der Beratung des Parlamentsgesetzes (ParlG) im Jahre 2001 hatte der Nationalrat beschlossen, dass die Stimmabgabe jedes Ratsmitgliedes in beiden Räten bei allen Abstimmungen namentlich festgehalten und öffentlich zugänglich gemacht werden soll (AB 2001 N 1352ff.).

Der Ständerat lehnte aber diese Neuregelung ab ­ zweimal mit Abstimmungen unter Namensaufruf mit 26 zu 14 Stimmen bzw. mit 30 zu 13 Stimmen (AB 2002 S 928 und 1155). In der Einigungskonferenz setzte sich schliesslich der Ständerat durch mit der Lösung, wonach das Parlamentsgesetz die Regelung dieses Verfahrens an die Räte delegiert (Art. 82 ParlG). Damit blieb der Ständerat frei, diese Frage nach seinem Gutdünken zu lösen.

In den folgenden Jahren scheiterten im Ständerat zwei Anläufe, die Publikation der Namenslisten bei bestimmten Abstimmungen im Geschäftsreglement des Ständerates (GRS) vorzusehen (AB 2003 S 649; AB 2005 S 1205).

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1.2

Einführung des elektronischen Abstimmungssystems im Ständerat

Erfolgreich war schliesslich die am 12. Dezember 2011 von Ständerat This Jenny (GL) eingereichte parlamentarische Initiative (11.490). Der Ständerat hat am 22. März 2013 der Änderung des GRS zugestimmt, welche die Einführung eines elektronischen Abstimmungssystems vorsah (AS 2014 251). Das Stimmverhalten der Ratsmitglieder während der Abstimmung und das Resultat werden seit der Frühjahrssession 2014 auf Anzeigetafeln angezeigt. Die Ergebnisse werden aber nur dann mit Namenslisten publiziert, wenn es sich um Gesamtabstimmungen, Schlussabstimmungen, Abstimmungen gemäss Artikel 159 Absatz 3 BV oder andere Abstimmungen auf Verlangen von mindestens zehn Ratsmitgliedern handelt.

Die Staatspolitische Kommission (SPK) hatte diese Änderung in ihrem Bericht vom 25. Oktober 2012 damit begründet, dass «sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ein Bild über das Verhalten der Ratsmitglieder machen können. Das Stimmverhalten wird dadurch auch für die Stimmenden selbst und für die übrigen Ratsmitglieder nachvollziehbar. Zudem ermöglicht eine elektronische Abstimmungsanlage eine sichere Ermittlung der Abstimmungsresultate. Dadurch können Fehler bei der Auszählung knapper Abstimmungsresultate vermieden werden» (BBl 2012 9464).

Dem Ständerat lag am 7. März 2013 auch ein Minderheitsantrag vor, welcher die Publikation von Namenslisten für alle Abstimmungen forderte. Die Vertreterin der Minderheit begründete dies so: «Die Minderheit wünscht, dass volle Transparenz geschaffen wird, und zwar vor allem mit folgender Begründung: Wenn wir elektronisch abstimmen, wird es optisch klar, wer nicht gestimmt hat, wer Ja gestimmt hat, wer Nein gestimmt hat und wer sich der Stimme enthalten hat. Das kann man mit einem kleinen Klick auf dem Handy fotografisch festhalten. Warum geben wir es dann nicht gleich selber in Form einer Liste bekannt? Warum machen wir dann eine Trennung, warum machen wir ein Geheimnis daraus und sagen, nur die Gesamtabstimmungen und Schlussabstimmungen würden transparent gemacht, und der Rest versickert wieder in einer geheimen Schublade? Das macht doch das Fotografieren nur noch attraktiver. Wir können das Resultat gar nicht mehr geheim halten, weil es beim elektronischen Abstimmen visuell feststellbar wird.» Ein anderes Ratsmitglied machte geltend, dass «die Einzelabstimmungen allermeist viel aussagekräftiger
[sind] als die Gesamt- oder Schlussabstimmungen: Sie zeigen auf, wie ich als Vertreter eines Standes zu einem Gesetz und dessen Auswirkungen stehe» (AB 2013 S 73).

Die Kommissionsmehrheit hatte im Kommissionsbericht die Publikation der Namenslisten für alle Abstimmungen als nicht zweckmässig beurteilt: «Im Laufe einer langen Detailberatung werden häufig Abstimmungen vorgenommen, welche aus dem Zusammenhang gerissen nicht immer nachvollziehbar sind. Die Publikation dieser Abstimmungen würde eher Verwirrung stiften anstatt Transparenz schaffen» (BBl 2012 9468).

Der Antrag für die Publikation der Namenslisten für alle Abstimmungen wurde mit 24 zu 18 Stimmen abgelehnt. Ein Teil der Mehrheit hätte zwar von der Sache her für den Antrag gestimmt, lehnte ihn aber aus taktischen Gründen ab, wie u.a. folgendes Votum zeigte: «Es spricht, ich gebe das als Teil der Mehrheit der Kommission offen 5864

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zu, sehr vieles für den Antrag der Minderheit und für die Argumente der Minderheit.

Hingegen habe ich auch die doch sehr emotionsgeladenen Debatten der vergangenen Sessionen im Hinterkopf. Es ist mir ein echtes Anliegen, auch zu jenen Mitgliedern in diesem Rat, die Skepsis und Vorbehalte haben, eine Brücke zu schlagen. Diesen Vorbehalten sollten wir meiner Meinung nach Rechnung tragen, denn wir kennen das Mehrheitsverhältnis des letzten Mals. [...] Aus diesem Grund werde ich als Befürworterin der vollen Transparenz hier gleichwohl mit der Mehrheit stimmen: für einen kleinen Schritt zwar, aber, so hoffe ich, für einen Schritt, für den die Zeit nun wirklich reif ist und der unserem Rat guttun wird.» (AB 2013 S 74).

1.3

Entstehung der Vorlage

Anlass zur Ausarbeitung der mit dieser Vorlage vorgeschlagenen Änderung des GRS hat die parlamentarische Initiative von Nationalrätin Andrea Geissbühler geboten, mit welcher sie «Namenslisten bei allen Abstimmungen im Ständerat» forderte (15.436). Die SPK des Nationalrates hat der Initiative am 14. April 2016 mit 18 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge gegeben. Die SPK des Ständerates hat diesem Entscheid am 21. Juni 2016 nicht zugestimmt, auch nicht bei der zweiten Beratung am 31. März 2017, nachdem der Nationalrat in der Differenzbereinigung am 28. Februar 2017 der Initiative Folge gegeben hat, ohne dass ein anderer Antrag gestellt worden ist.

Die SPK des Ständerates teilt zwar die Zielsetzung der erwähnten Initiative (siehe dazu die Begründung in Ziff. 2); sie will aber dieses Ziel auf einem anderen, einfacheren Weg erreichen. Weil die parlamentarische Initiative vom Nationalrat ausgeht, kann sie nicht das GRS ändern, welches in der alleinigen Zuständigkeit des Ständerates liegt. Auf dem Wege der parlamentarischen Initiative des Nationalrates müsste das Parlamentsgesetz (ParlG) geändert werden.

Artikel 82 ParlG delegiert die Regelung der Veröffentlichung des Stimmverhaltens an die einzelnen Räte. Die SPK des Ständerates möchte an dieser Zuständigkeit des Ständerates festhalten und lehnt daher die parlamentarische Initiative aus dem Nationalrat ab. Sie hat aber am 31. März 2017 beschlossen, eine eigene parlamentarische Initiative auszuarbeiten, welche die Veröffentlichung der Namenslisten im GRS vorsieht.

Das Büro des Ständerates hat der SPK am 13. Juni 2017 einen Mitbericht unterbreitet, mit welchem es sich gegen die vorgesehene Änderung des GRS ausspricht (zu den Argumenten siehe Ziff. 3 dieses Berichtes).

Die SPK hat an ihrer Sitzung vom 20. Juni 2017 den Entwurf der Änderung des GRS mit 10 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen.

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2

Begründung der Vorlage

Die während der Ratsdebatte im März 2013 vorgetragenen (siehe Ziff. 1.2) zwei hauptsächlichen Gründe für eine Publikation der Namenslisten aller Abstimmungen im Ständerat gelten nach wie vor: 1.

Die Anwendung des elektronischen Abstimmungssystems führt dazu, dass das Stimmverhalten jedes Ratsmitglieds bei jeder Abstimmung nicht nur wie früher unmittelbar während der Abstimmung öffentlich wird, sondern auch nachträglich festgehalten und ausgewertet werden kann. In der Ratsdebatte im März 2013 ging man noch davon aus, dass zu diesem Zweck jedermann während der Abstimmung von der Tribüne aus den Rat fotografieren kann.

Heute ist es tatsächlich noch viel einfacher: Jedermann kann auf dem Bildschirm seines Computers, Laptops oder Smartphone die Videoübertragung einer Ratsdebatte betrachten und die Übertragung anhalten, sobald die Abstimmungsresultate auf der Abstimmungstafel erscheinen, um selbst eine Namensliste zu erstellen ­ was allerdings einigen Aufwand erfordert. In dieser Situation erscheint es als Schikane gegenüber den interessierten Personen, dass diese Namenslisten nicht vom Abstimmungssystem selbst produziert werden, was die heutigen technischen Möglichkeiten ohne weiteres erlauben. Die Änderung des Reglements führt allerdings nicht notwendigerweise auch zu einer über die blosse Publikation hinausgehenden Aufbereitung der Namenslisten in einer Abstimmungs-Datenbank im Internet mit entsprechenden Suchmöglichkeiten, so wie das heute für die Abstimmungen im Nationalrat gemacht wird. Eine Erweiterung dieser Datenbank auf die Abstimmungen im Ständerat würde technische Anpassungen voraussetzen und müsste durch das Büro des Ständerates genehmigt werden.

2.

Die heute getroffene Auswahl der veröffentlichten Namenslisten folgt rein formalen rechtlichen Kriterien, welche der sachlichen und politischen Bedeutung der Abstimmungen nicht gerecht werden. Einzelne Abstimmungen während der Detailberatung eines Gesetzesentwurfes sind häufig für die Öffentlichkeit von mindestens so grossem Interesse wie Gesamt- oder Schlussabstimmungen. Über zahlreiche Beratungsgegenstände des Rates gibt es gar keine Gesamt- oder Schlussabstimmungen: Auch Abstimmungen über Vorstösse oder über die Vorprüfung von parlamentarischen Initiativen oder Standesinitiativen können für die Öffentlichkeit von Interesse sein.

3.

Die positiven Erfahrungen nach dem vor vier Jahren unternommenen ersten Schritt rechtfertigen es, nun auch den zweiten Schritt folgen zu lassen. Vor dem ersten Schritt wurde befürchtet, dass dadurch die spezifische Diskussions- und Entscheidungskultur des Ständerates gefährdet wird. Diese Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. Es stellt sich die Frage, ob der zweite Schritt mehr ist als die logische Weiterführung, sondern einen qualitativ neuen Stellenwert hat, der die Befürchtungen nun wirklich begründet.

Die Kommission ist überzeugt, dass die in dieser Beziehung beim ersten Schritt gemachten Überlegungen nach wie vor gelten: «Die spezifische Entscheidungskultur des Ständerates, wonach das einzelne Mitglied nach Auseinandersetzung mit der Argumentation seiner Ratskollegen und Rats-

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kolleginnen unabhängig von Pressionen der Fraktion oder von Interessengruppen seinen Entscheid fällt, stellt ein wichtiges Element des schweizerischen Zweikammersystems dar. Befürchtungen, wonach die Publikation von Namenslisten diese Kultur zerstören könnte, sind deshalb ernst zu nehmen.

Allerdings ist die Kultur des Ständerats durch die ausgeprägten Diskussionsmöglichkeiten in den Kommissionen und im Ratsplenum sowie durch das Selbstverständnis der Ratsmitglieder geprägt und nicht durch die Nichtpublikation des Stimmverhaltens. Aufgrund der intensiven Diskussionskultur im Ständerat, wonach das Wort jederzeit allen Ratsmitgliedern zusteht, ist es den Ratsmitgliedern möglich, ihre Entscheide im Rat zu begründen, so dass auch ein differenziertes Stimmverhalten für Aussenstehende nachvollziehbar ist» (Bericht der SPK vom 25. Oktober 2012, BBl 2012 9468).

Mit der Reglementsänderung wird einer Empfehlung der GRECO (Staatengruppe des Europarates gegen Korruption) Folge geleistet. Die GRECO empfiehlt in ihrem am 15. März 2017 veröffentlichten «Evaluationsbericht Schweiz» verschiedene Massnahmen für eine Verbesserung der Transparenz der Arbeiten des Parlaments; u.a.

wird auch empfohlen «eine Erhöhung der Transparenz für [...] die Abstimmungen im Ständerat zu prüfen».

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Argumentation der Minderheit

Die Kommissionsminderheit (Lombardi, Cramer) schliesst sich der Argumentation des Büros des Ständerates in seinem Mitbericht vom 13. Juni 2017 an: «Zunächst möchte das Büro festhalten, dass die elektronische Abstimmungsanlage sich bewährt hat. Die Abstimmungen wurden beschleunigt und vereinfacht und gewährleisten die einwandfreie Ermittlung der Abstimmungsergebnisse. Die Ziele des Systemwechsels sind somit erreicht. Die heutige Lösung, wonach nur in bestimmten Fällen Namenslisten der Abstimmungsergebnisse publiziert werden, hat sich ebenfalls bewährt. Seit der Einführung im Jahr 2014 wurde nur einmal von einer Gruppe von Ratsmitgliedern eine Namensabstimmung nach Artikel 44a Absatz 4 Buchstabe d verlangt.

Der Berichtsentwurf legt korrekt dar, dass bereits heute volle Transparenz über das Abstimmungsverhalten im Ständerat herrscht. Während interessierte Personen früher die Abstimmungen nur von den Tribünen aus verfolgen konnten, ist dies seit Einführung der elektronischen Abstimmung praktisch jederzeit und von überall her mittels Zugriff auf die Videoaufzeichnung der Debatte auf Internet möglich. Damit wird dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Ratssitzungen, wie er in Artikel 158 der Bundesverfassung festgeschrieben ist, umfassend nachgelebt.

Die Publikation von Namenslisten aller Abstimmungsergebnisse, wie dies die parlamentarische Initiative vorschlägt, schafft somit nicht eine grössere Transparenz als heute. Neu sollen aber die Abstimmungsergebnisse in aufbereiteter Form als Namenslisten publiziert werden, um interessierten Personen den Aufwand zu ersparen, selbst eine Namensliste zu erstellen.

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Das Büro ist nicht der Auffassung, dass eine Erleichterung der Auswertung der Abstimmungsergebnisse anzustreben ist. Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die bspw. herausfinden möchten, wie ihre Standesvertreter und -vertreterinnen in bestimmten Fällen abgestimmt haben, können dies, wie dargelegt, bereits heute ohne weiteres tun. Die Aufbereitung der Abstimmungsergebnisse mit Namenslisten dient demgegenüber primär der der Ratsmitglieder durch Politbeobachter und -beobachterinnen. Die Ergebnisse dieser Analyse werden oft in einer schematischen Form präsentiert, die es nicht erlaubt, die Gründe für das Abstimmungsverhalten nachzuvollziehen. Viele Ratsmitglieder haben denn auch ihre Zustimmung zur Einführung der elektronischen Abstimmungsanlage davon abhängig gemacht, dass dies nicht zur zunehmenden beiträgt. Von dieser Zusage sollte nicht bereits nach wenigen Jahren wieder abgewichen werden.

Dem Büro ist es ein Anliegen, dass der Ständerat seine Kultur des konstruktiven Dialogs und der Lösungssuche, die auch in differenzierten Abstimmungsergebnissen zum Ausdruck kommt, bewahren kann. Die Entscheidfindung im Ständerat soll sich nicht derjenigen im Nationalrat, wo sich die parteipolitischen Positionen ausgeprägter gegenüberstehen, angleichen. Diese Unterschiede in der Funktionsweise begründen und rechtfertigen die in dieser Form wohl weltweit einmalige Existenz von zwei gleichberechtigten Kammern. Sie erleichtern zudem die Kompromissbildung und damit die Einigung zwischen den beiden Kammern.

Aus diesen Gründen spricht sich das Büro gegen die in der parlamentarischen Initiative vorgesehene Aufhebung von Artikel 44a Absatz 4 Buchstabe a­d und Absatz 7 des Geschäftsreglementes des Ständerates aus.»

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Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Art. 44a Abs. 4 und 7 In Absatz 4 wird die Aufzählung der Typen von Abstimmungen gestrichen, deren Resultate in Form von Namenslisten veröffentlicht wird. Damit wird klar, dass die Resultate von allen Abstimmungen in Form von Namenslisten veröffentlicht werden.

Gemäss Absatz 7 konnte das Büro die nicht veröffentlichten Abstimmungsergebnisse für eine wissenschaftliche Auswertung zur Verfügung stellen. Da neu alle Abstimmungsergebnisse veröffentlicht werden, wird diese Bestimmung gegenstandslos und kann aufgehoben werden.

Art. 45 Abs. 2 Bst. abis Die SPK des Nationalrates hat am 28. April 2017 beschlossen, in ihre Sammelvorlage zu verschiedenen Änderungen des Parlamentsrechts eine Ergänzung von Artikel 78 ParlG aufzunehmen. Artikel 78 Absatz 4 stellt den Grundsatz auf, dass über unbestrittene Anträge keine Abstimmung stattfindet. In einem neuen Absatz 5 sollen die Ausnahmen von diesem Grundsatz festgehalten werden: In welchen Fällen ist obligatorisch eine Abstimmung durchzuführen, auch wenn kein bestrittener Antrag vorliegt. Materiell neu ist dabei die Ergänzung, dass auch über den Einigungsantrag 5868

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der Einigungskonferenz in jedem Fall abgestimmt werden muss. Diese Abstimmung hat eine analoge Bedeutung wie die Gesamt- oder die Schlussabstimmung: Sie entscheidet über das Schicksal des Erlassentwurfs als Ganzes.

Die Gelegenheit dieser Revision des GRS kann benützt werden, die nötige Anpassung von Artikel 45 Absatz 2 vorzunehmen.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine erheblichen finanziellen oder personellen Auswirkungen.

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Rechtliche Grundlagen

6.1

Gesetzmässigkeit

Artikel 82 ParlG sieht vor, dass die Ratsreglemente regeln, in welchen Fällen das Abstimmungsergebnis in Form einer Namensliste veröffentlicht wird.

6.2

Erlassform

Artikel 36 ParlG gibt dem Ständerat die Kompetenz, «ein Geschäftsreglement mit den Ausführungsbestimmungen über seine Organisation und sein Verfahren» zu erlassen. Zur Erlassform des Geschäftsreglements als Spezialfall einer Verordnung der Bundesversammlung gemäss Artikel 163 Absatz 1 BV siehe Ziffer 5 des Berichts der SPK vom 31. März 2003 zur Totalrevision des GRS (BBl 2003 3523).

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