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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung zum Gesetz über das Verfahren und die Abstimmungen bei Volksbegehren betreffend Revision der Bundesverfassung.

(Vorn 22. Juli 1891.)

Tit.

Der Art. 122 der Bundesverfassung sehreibt vor, daß das Verfahren bei den Volksbegehren und die Abstimmungen betreffend Revision der Bundesverfassung durch ein Bundesgesetz näher geordnet werden sollen.

Indem wir die Ehre haben, Ihnen den Entwurf eines solchen Gesetzes zu unterbreitea, erlauben wir uns, denselben mit nachfolgenden Bemerkungen zu begleiten.

In unserer Botschaft vom 13. Juni 1890 zu dem Beschlußentwurf betreffend Revision der Bundesverfassung sprachen wir den Gedanken aus, daß es passend sein werde, bei Aufstellung des neuen Gesetzes die bestehenden Vorschriften über die gleichartigen Volksakte zusammenfassend neu zu ordnen, beziehungsweise die allgemeinen Bestimmungen des bundesgesetzes betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872, sodann das Bundesgesetz betreffend die Begehren für Revision der Bundesverfassung vom 5. Dezember 1867, ferner das Bundesgesetz betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse vom 17. Juni 1874, endlich die Verordnung des Bundesrathes betreffend Begehren um Volksabstimmung über Bundesgesetze und

12 Bundeschlüsse und um Revision der Bundesverfassung vom 2. Mai 1879 mit den nöthigen Abänderungen und Ergänzungen in ein Gesetz zusammenzufassen.

Mit Rücksicht auf die vorhandenen Verhältnisse, welche es wünschenswerth erscheinen ließen, der zur offiziellen Anerkennung des Abstimmungsresultates betreffend Revision der Bundesverfassung außerordentlich einberufenen Bundesversammlung auch sofort das in dem neuen Art. 122 vorgesehene Gesetz vorzulegen, sahen wir uns im Falle, von der Ausführung jenes Gedankens, welche mehr Zeit in Anspruch genommen haben würde, Umgang zu nehmen und uns auf das jetzt unmittelbar Nothwendige zu beschränken.

Das Gesetz, welches wir Ihnen vorlegen, befaßt sich also nur mit dem Verfahren bei Volksbegehren betreffend Revision der Bundesverfassung und den bezüglichen Abstimmungen.

Was zunächst das V e r f a h r e n anbelangt, so müssen wir als vollziehende Behörde Werth darauf legen, daß das Gesetz nicht zu allgemein und unbestimmt gehalten sei, sondern, daß es über alle diejenigen Punkte, welche für eine geordnete Anwendung des Initiativrechtes von Wichtigkeit sind, klare und vollständige Vorschriften enthalte, die keiner weitern Vollziehungsverordnung oder reglementirender Kreisschreiben des ßundesrathes bedürfen.

Das Verfahren bei Initiativbegehren für Revision der Bundesverfassung kann nicht in allen Theilen dasselbe sein wie bei Referendumsbegehren, und es wäre deshalb auch nicht thunlioh, bezüglich desselben einfach auf das die Referendumsbegehren betreffende Bundesgesetz vom 17. Juni 1874 zu verweisen.

Was dagegen die V o l k s a b s t i m m u n g e n betrifft, so sind diese, wenn es sieh um Revision der Bundesverfassung handelt, genau dieselben wie diejenigen über Annahme und Verwerfung von Bundesgesetzen, und besondere Bestimmungen sind nur für den Fall nöthig, wenn einem ausgearbeiteten Initiativentwurf ein Entwurf der Bundesversammlung gegenübersteht. Es kann deshalb, was Stimmberechtigung, Ausübung des Stimmrechtes, Stimmregister, Einsprachen und Rekursrecht, Behandlung der Akten durch die Kantonsbehörden, Anordnung der Volksabstimmung betrifft, füglich bei demjenigen sein Bewenden haben, was in dem Bundesgesetz betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872, sowie in demjenigen betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und
Bundesbeschlüsse vom 17. Juni 1874 über diese Punkte enthalten ist.

Uebergehend zu den einzelnen Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes, so erheischen nur wenige derselben besondere Begründung.

13 Die Art. l--6 enthalten die äußern Bestimmungen, welche bei Stellung eines Initiativbegehrens für Revision der Bundesverfassung zu erfüllen sind. Wir haben diesbezüglich nur folgende Bemerkungen zu machen.

Schon mit Rücksicht auf Art. 121, lemma 3, der Bundesverfassung, wonach, wenn auf dem Wege der Volksanregung mehrere verschiedene Materien zur Revision oder zur Aufnahme in die Bundesverfassung vorgeschlagen werden, jede derselben den Gegenstand eines besondere Initiativbegehrens zu bilden hat, ist klar, daß in einer solchen Eingabe der Gegenstand des Begehrens bestimmt, bezeichnet werden muß (Art. 2), womit im Zusammenhange steht, daß dieses Begehren auf allen einzelnen Unterschriftenbogen vollständig und in übereinstimmender Passung gedruckt aufgeführt werden muß (Art. 4, lemma 1). Es ist dies namentlich bei formulirten Revisionsentwürfen von Bedeutung, indem es selbstverständlich unzuläßig wäre, Unterschriften für Revisionsentwürfe, welche nicht genau gleich lauten, zusammenzuzählen.

Was die Unterzeichnung von Initiativbegehren und die amtliche Bescheinigung betrifft (Art. 3, lemma l, und Art. 4, lemma 2), ebenso die Strafandrohung, so enthält das Gesetz nur insofern etwas Neues, als neben der Angabe des Namens, des Wohnorts und des Berufes auch Angabe des Geburtsjahres verlangt wird, wobei wir einem neuern kantonalen Gesetze folgen. Je vollständiger der unterzeichnende Bürger sich bezeichnet, desto leichter wird es dem GemeindeVorstand, welcher die Stimmberechtigung in der Gemeinde zu bescheinigen hat, seine Aufgabe mit Sicherheit zu erfüllen. -- Trotz der bestehenden Vorschriften des Gesetzes und trotz mahnender Kreisschreiben ist es bei Referendumsunterschriften-Sammlungen immer wieder vorgekommen, daß Einzelne, und zwar oft vielfach, für Dritte unterzeichnet haben. Es ist nothwendig, daß den Bürgern, ·welche unterzeichnen, die gesetzliche Vorschrift sammt Strafandrohung zur Kenntniß gebracht werden, was am erfolgreichsten dadurch geschieht, daß jedem Unterschriftenbogen der Art. 3 des Gesetzes gedruckt vorgesetzt wird (Art. 4, lemma 3).

Ein Referendumsbegehren muß laut Gesetz innerhalb 90 Tagen vom Tage der Publikation des betreffenden Gesetzes im Bundesblatt an gerechnet abgegeben werden. Betreffend Begehren für Revision der Bundesverfassung enthält das Gesetz vom 5. Dezember 1867
in Art. 3 folgende Vorschrift: Ein nach Art. 2 gestelltes Revisionsbegehren verbleibt während der Dauer eines Jahres in Gültigkeit. Demgemäß kommen bei der Ermittlung der nach Art. l erforderlichen Anzahl Unterschriften die Stimmen in Berechnung, welche in dem Zeitraum der unmittelbar vorausgegangenen zwölf

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Monate abgegeben worden sind. In den Kantonen, welche bezügliche Gesetze haben, wird es in Betreff der Gültigkeitsdauer von Initiativbegehren verschieden gehalten: Neuenburg räumt 12, Zürich und Thurgau 6, Waadt 3, Schaffhausen 2 Monate ein. Unser Gesetzentwurf nimmt die Bestimmung von 12 Monaten auf, welch1" längere Frist sich damit rechtfertigt, daß ein eidgenössisches Initiativbegehren von 50,000 Bürgern unterzeichnet sein muß. Um nun aber den Schluß des Termins bestimmen zu können, muß dessen Anfang festgestellt und zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden. Es soll dies nach Vorgang des waadtländischen Gesetzesin der Weise geschehen, daß, 'bevor die Unterschriftensammlung für ein Initiativbegehren beginnt, dasselbe in einem Exemplar der Bundeskanzlei einzureichen ist, welche den- Tag der Eingabe und damit den Beginn der zwölfmonatlichen Frist für die Einreichung des Initiativbegehrens veröffentlicht.

Der Art. 6 handelt von der Prüfung und der Konstatirung der Zahl gültiger Unterschriften. Das Gesetz nimmt hier die aus vieljähriger Praxis hervorgegangenen SpezialVorschriften der Bundesrathsverordnung vom 2. Mai 1879 auf. -- Das Resultat der vom.

Bundesrathe vorgenommenen Unterschriftenerwahrung ist immerhin insofern nicht ein definitives, als es der Bundesversammlung, welcher Bericht und Akten zu übermitteln sind, zusteht, die Gültigkeit des eingereichten Initiativbegehrens auszusprechen.

Wenn die Revision in Form eines ausgearbeiteten Entwurfes anbegehrt wird und die eidgenössischen Räthe stimmen zu oder begnügen sich damit, ihre Nichtzustimmung in die Form eines Verwerfungsantrages zu kleiden, so macht sich, die Sache außerordentlich leicht. Es wird einfach mit Ja und Nein abgestimmt werden können.

Die Art. 9, 10 und 11 des Entwurfes bedürfen daher einer nähern Beleuchtung nicht.

Komplizirter gestaltet sich die Sache, wenn die Räthe einen Gegenentwurf ausarbeiten.

Wie soll in diesem Falle abgestimmt, wie soll insbesondere denjenigen Bürgern Rechnung getragen werden, welche, während sie für den Fall einer Revision dem einen der zwei ihrer Abstimmung unterbreiteten Entwürfe entschieden den Vorzug geben, doch am liebsten sähen, wenn eine Revision überhaupt nicht vorgenommen würde?

Nach reiflicher Prüfung dieser Frage haben wir uns der Ueberzeugung nicht verschließen können, daß den wirklichen Willen der Mehrheit des Volkes einzig die eventuelle Abstimmung zu Tage zu.

15 fördern geeignet ist. Alle andern Abstimmungsarten, man mag redigiren und gruppiren, wie man will, lassen die eine oder die andere Kategorie der stimmenden Bürger nicht zum richtigen Ausdruck ihrer Willensmeinung kommen.

Wir haben uns daher dazu entschlossen, Ihnen die eventuelle Abstimmung und, damit zusammenhängend, die eventuelle Fragestellung vorzuschlagen, und zwar so, daß die Abstimmung in zwei zeitlich getrennte Akte zerlegt würde. Diese Trennung erscheint nothwendig, einerseits um die Fragestellung einfacher und verständlicher zu gestalten, anderseits um die Stimmberechtigten den definitiven Entscheid nicht in Unkenntniß des Vorentscheides fassen zu lassen. In einer ersten Abstimmung wären sonach die Stimmberechtigten zu befragen, ob sie, falls in einer weitern Abstimmung die Revision überhaupt beschlossen würde, dem Initiativentwurf oder aber dem Gegenentwurf der Bundesversammlung den Vorzug geben, und in einer zweiten Abstimmung sodann, ob nun das Ergebniß jener ersten Abstimmung wirklich als integrirender Bestandtheil der Bundesverfassung angesehen werden solle.

Der einzige Einwurf von Belang, welchen man diesem Modus procedendi machen kann, ist der, daß dadurch zwei Abstimmungen bedingt werden.

Aber es will uns scheinen, daß man, nachdem man neben der sogenannten formulirten Initiative die Form der allgemeinen Anregung beibehalten hat, welche im Falle des Nichtzustimmens der ßäthe und der Bejahung durch das Volk ebenfalls eine doppelte Abstimmung nöthig macht, vor dieser so große Scheu nicht haben sollte. Die Hauptsache bleibt, wo das Volk an dem Ausbau unseres Grundgesetzes direkt betheiligt werden will, doch überall die, seine wahre Willensmeinung kennen zu lernen, und dabei scheint uns der längere Weg, welcher sicher zum Ziele führt, dem kürzeren Wege, welcher daneben vorbeiführen kann, entschieden vorzuziehen.

Dabei sind wir der Meinung, daß die beiden Abstimmungen thunlichst bald aufeinander folgen sollen in der Weise, daß betreffend die Erwahrung des Ergebnisses der eventuellen Abstimmung keine besondere Vorlage an die Räthe-zu machen, sondern über das Ergebniß der eventuellen und der definitiven Abstimmung gleichzeitig zu berichten wäre. Immerhin wäre das vorläufig von uns festgestellte Ergebniß der ersten Abstimmung vor der zweiten Abstimmung im Bundesblatt zu veröffentlichen.

Im Sinne dieser Erwägungen haben wir die Artikel 12 bis und mit 14 ausgearbeitet.

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Was die in Art. 16 erörterte Frage betrifft, welche Stimmzettel bei dieser Art der Abstimmung als ungültig zu behandeln seien, so wind die von uns formulirten Vorschläge eine logische Konsequenz des einmal adoptirten Grundsatzes der eventuellen Abstimmung.

Wir schließen hiermit unseren Bericht, indem wir Ihnen Genehmigung des Gesetzesentwurfes beantragen.

Genehmigen Sie, Tit, auch bei diesem Anlaß die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 22. Juli 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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(Entwurf.)

!/

Bundesgesetz betreffend

das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend Revision der Bundesverfassung.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung des Art. 122 der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 22. Juli 1891, Ke s c h l i e ß t : Art. 1. Auf dem Wege des Volksbegehrens (Initiative) kann jeder Zeit die Revision der Bundesverfassung in ihrer Gesammtheit oder einzelner Thcile derselben verlangt werden (Art. 118, 120, 121 der Bundesverfassung).

Art. 2. Will von diesem Rechte Gebrauch gemacht werden, so ist an den Bundesrath zu Händen der Bundesversammlung eine schriftliche von mindestens fünfzigtausend stimmberechtigten Scbweizerbürgern unterzeichnete Eingabe zu richten, in welcher der Gegenstand des Begehrens bestimmt bezeichnet wird.

Art. 3. Der Bürger, welcher das Begehren unterstützen will, hat dasselbe eigenhändig zu unterzeichnen und dabei neben dem Geschlechts- und Vornamen seinen Wohnort, seinen Beruf und sein Geburtsjahr anzugeben.

Wer unter eine Eingabe eine andere Unterschrift als die seinige setzt, unterliegt strafrechtlicher Ahndung.

Bandesblatt. 43. Jahrg. Bd. IV.

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Art. 4. Das Revisionsbegehren muß auf allen einzelnen Untersehriftenbogen vollständig und in Übereinstimmender Fassung gedruckt aufgeführt sein.

Jeder Untersehriftenbogen hat an der Spitze den Namen des Kantons und der politischen Gemeinde zu tragen, in welcher die Unterschriften -beigesetzt worden sind, und am Schlüsse die mit Datum versehene Bescheinigung des Gemeinderathspräsidenten und des Gemeindeschreibers zu enthalten, daß die auf dem Bogen Unterzeichneten eidgenössisch stimmberechtigt sind und ihre politischen Rechte in dieser Gemeinde ausüben.

Jedem Untersehriftenbogen ist der Art. 3 dieses Bundesgesetzes gedruckt vorzusetzen.

Art. 5. Bevor ein Revisionsbegehren zur Sammlung von Unterschriften in Zirkulation gesetzt wird, ist ein Exemplar desselben der schweizerischen BundeskanzFei einzugeben, welche den Tag dieser Eingabe im Bundesblatt veröffentlicht.

Innerhalb der Frist von zwölf Monaten von diesem Tage an gerechnet hat, wenn nicht auf dieselbe verzichtet wird, die Einreichung des Revisionsbegehreus an den Bundesrath stattzufinden, nach Ablauf dieser Frist sind sämmtliche Unterschriften hinfällig.

Art. 6. Ist ein Revisionsbegehren eingelangt, so ermittelt der Bundesrath die Zahl der dasselbe unterstützenden gültigen Unterschriften.

Wenn auf einem Untersehriftenbogen das in Art. 4 des Gesetzes geforderte Zeugniß des Gemeindevorstandes gänzlich fehlt, oder wenn ein Zeugniß sich entweder über die Stimmberechtigung oder den Ort der Ausübung derselben nicht ausspricht, so werden die darauf befindliehen Unterschriften als ungültig behandelt.

Ist ein Zeugniß in Bezug auf die Stimmberechtigung oder das Domizil von einzelnen in der Liste verzeichneten Bürgern unrichtig, so werden die betreffenden Unterschriften als ungültig gestrichen.

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Wenn sich in einer Eingabe Unterschriften finden, welche offenbar von einer und derselben Hand gezeichnet sind, so werden diese Unterschriften mit Ausnahme einer einzigen ebenfalls als ungültig beseitigt.

Der Prüfungsbericht wird i in Bundesblatte veröffentlicht und mit sämmtlichen Akten der Bundesversammlung in ihrer nächsten Sitzung vorgelegt.

Art. 7. Lautet das als gültig anerkannte Volksbegehren auf Totalrevision der Bundesverfassung, so ist ohne Weiteres die Frage, ob eine solche stattfinden soll, dem Schweizervolke zur Abstimmung vorzulegen.

Art. 8. Verlangt das Revisionsbegehren Erlaß, Aufhebung oder Abänderung bestimmter Artikel der Bundesverfassung und ist dasselbe in der Form der allgemeinen Anregung gestellt, so haben sich die eidgenössischen Räthe darüber schlüssig zu machen, ob sie mit dem Begehren einverstanden sind oder nicht.

Stimmen die eidgenössischen Räthe demselben bei, so geben sie der Anregung auf dein Wege der Bundesgesetzgebung die in Art. 121, AI. 5, der Bundesverfassung für diesen Fall vorgesehene weitere Folge.

Lehnen sie dasselbe ab oder kommt ein Beschluß darüber nicht zu Stande, so ordnet der Bundesrath über das gestellte Begehren die Vornahme der allgemeinen Volksabstimmung an, setzt die Kantonsregierungen davon in Kenntniß und sorgt für beförderliche allgemeine Bekanntmachung der der Abstimmung zu unterstellenden Revisionsfrage.

Spricht sich die Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger bejahend aus, so ist die Revision von der Bundesversammlung im Sinne des Volksbeschlusses an die Hand zu nehmen (Art. 121, AI. 5, der Bundesverfassung).

Art. 9. Ist das Partialrevisionsbegehren in der Form eines ausgearbeiteten Entwurfes gestellt, so haben die eidgenössischen Räthe darüber Beschluß zu fassen, ob sie dem Initiativentwurf, so wie derselbe lautet, zustimmen oder nicht.

20 Art. 10. Stimmt die Bundesversammlung dem Entwurfe zu, so ist derselbe dem Volke und den Ständen zur Annahme oder Verwerfung vorzulegen.

Art. 11. Stimmt sie dem Entwurfe nicht zu, so bringt sie ihren Beschluß in der Form eines Verwerfungsantrages den stimmberechtigten Schweizerbürgern anläßlich der Abstimmung mittelst besonderer Botschaft zur Kenutniß.

Art. 12. Im Falle der Nichtzustimmung kann sie einen eigenen Revisionsentwurf über die den Gegenstand des Initiativbegehrens bildende Verfassungsmaterie ausarbeiten und gleichzeitig mit dem Initiativbegehren der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreiten.

Art. 13. In diesem Falle finden zwei zeitlich getrennte Abstimmungen statt.

In der ersten dieser Abstimmungen werden die Stimmberechtigten angefragt, ob sie, falls in der zweiten Abstimmung eine Verfassungsrevision überhaupt beschlossen würde, dem Initiativbegehren als solchem oder aber dem von der Bundesversammlung ausgearbeiteten Gegenentwurf den Vorzug geben.

In der zweiten werden sie angefragt, ob nun die Verfassung im Sinne des in der ersten Abstimmung angenommenen Entwurfes revidirt sein solle.

Art. 14. Bei der ersten Abstimmung fallen, abgesehen von ändern Ungültigkeitsgründen, als ungültig außer Betracht: a. die leeren Stimmzeddel ; b°. diejenigen Stimmzeddel, welche nur eine der beiden Fragen beantworten ; c. diejenigen Stimmzeddel, welche beide Fragen bejahen oder beide Fragen verneinen.

Bei der zweiten Abstimmung sind dagegen, abgesehen von ändern Ungültigkeitsgründen, nur die leeren Stimmzeddel als ungültig zu behandeln.

21 Art. 15. Kommt ein übereinstimmender Beschluß der beiden Räthe hinsichtlich ihrer Stellungnahme zum ausgearbeiteten Initiativentwurf nicht zu Stande, so unterbleibt jede amtliche Kundgebung, und es wird jener Entwurf ohne Weiteres der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreitet.

Art. 16. Die über die Abstimmungen aufzunehmenden Protokolle haben anzugeben: Die Zahl der Stimmberechtigten der Gemeinde ; die Zahl der eingelangten Stimmzeddel ; die Zahl der leeren und diejenige der aus anderen Gründen ungültigen Stimmzeddel; endlich die Zahl der abgegebenen Ja und Nein, wobei anläßlich der ersten der in Art. 13 erwähnten Abstimmungen des Weitern anzugeben ist, wie viele Stimmen den Initiativentwurf und wie viele den Gegenentwurf der Bundesversammlung angenommen haben.

Art. 17. Im Uebrigen gelten bezüglich der Anordnung und Vornahme der Volksabstimmung die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreuend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse.

Das Bundesgesetz vom 5. Christmonat 1867 betreffend die Begehren für Revision der Bundesverfassung ist aufgehoben; ebenso die Bundesvathsverordnung vom 2. Mai 1879 betreffend Begehren um Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse und um Revision der Bundesverfassung, soweit dieselbe sich auf die letztere bezieht.

Art. 18. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes · vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmungen über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung zum Gesetz über das Verfahren und die Abstimmungen bei Volksbegehren betreffend Revision der Bundesverfassung.

(Vom 22. Juli 1891.)

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05.08.1891

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