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Schweizerisches Bundesblatt.

43. Jahrgang. IV.

Nr. 33.

12. August 1891.

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Bundesrathsbeschluß über

die Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise Maroggia.

(Vom 5. August 1891.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r ath hat in Sachen der Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise Maroggia nach dem Bericht des Justiz- und Polizeidepartements folgenden T h a t b e s t a n d gefunden: A. Betreffend die Gemeinde Brusino-Arsizio.

I. Durch Telegramm vom 2. März 1889 an den Bundesrath bat Valentin!, Andrea, um die Anordnung, daß in das Stimmregister der Gemeinde für die Großrathswahlen vom 3. März eingetragen werden Branca, Giovanni, und Vasesca, Giovanni Giorgio.

B. Betreffend die Gemeinde Arogno.

II. Mit Schreiben vom 1. Februar 1889 verlangten eine Anzahl Bürger, daß im Stimmregister für den 3. März g e s t r i c h e n werden : Bianchi, Patrizio, di Giovanni, blödsinnig, versorgt auf Kosten der Gemeinde.

Bundesblatt 43. Jahrg. Bd. IV.

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106 Masciotti, Pietro, fu Domenico, von Morcote, von der Gemeinde; unterstützt.

Ceppi, Carlo, fu Giovanni, im Rückstand mit Steuern.

Casellini, Massimo, fu Giov. Battista, ebenso.

Serena, Bernardo, fu Rocco, ebenso.

Die Munizipalität übermittelte das Schreiben dem Regierungskommissär mit dem Bemerken: Bianchi ist nur aus Versehen aufgenommen, der Einwand ist richtig ; Masciotti ist nicht almosengenössig, sein wohlhabender Schwiegersohn erhält ihn.

Die Ändern sind nicht im Rückstand mit ihren Steuern, wohl aber Bernasconi, Cesare, di Alessandro, also zu streichen.

Die Munizipalität von Morcote bezeugt, daß Masciotti, Pietro,, seit 31. Oktober vorigen Jahres keine Unterstützung von der Gemeinde mehr erhalten habe.

Der Kommissär fand: Casellini hat die Gemeindesteuern von 1884 und 1885 nicht bezahlt; Masciotti, Ceppi und Serena sind im Rückstand in Arogno v wenn sie auch unrichtiger Weise nicht im Steuerregister stehen; Masciotti auch in Morcote.

Es sind darum Alle zu streichen.

Casellini und Serena appellirten an den Staatsrath mit folgender Begründung: Wenn wir nicht auf dem Steuerregister stehen, so liegt der Grund hievon darin : Wir sind burgernutzungsberechtigt in der Gemeinde, beständig im Ausland wohnhaft, haben seit langer Zeit zu Gunsten der Gemeinde auf unsern Antheil am Burgerholz verzichtet und ebenso auf den Jahresertrag, um damit unsere ganze Steuerschuld auszugleichen. Man hat auch nie die geringste Steuer von uns gefordert.

Es rekurrirte auch Masoiotti, Pietro, an den Staatsrath. Ich lebe, sagt er, mit meinem Schwiegersohn zusammen, der alle Steuern für uns bezahlt.

Ferner rekurrirte an denselben Ceppi, Carlo. Er sagt: Ich habe immer die politischen Rechte in dieser Gemeinde ausgeübt, so noch bei der Munizipalitätswahl vom 17. Januar dieses Jahres.

Ich bin nie auf dem Steuerregister gestanden, und zwar gemäß altem Herkommen, nach welchem der Geißhirt der Gemeinde kein focatico zu bezahlen hat; er führt auch keinen eigenen Rauch^

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sondern ist der Reihe nach bei den größeren Geißbesitzern der Gemeinde ; so zahle ich meine Steuern auch mit meiner Hut, ich bekomme desto weniger für diese. Es scheint, daß die heutige Republik engherziger sein will als die frühere und nur den Quittungen nachfragt. Meine Familie ist in Stabio, dort zahle ich die Steuern.

Die Munizipalität bestätigte alle von den Rekurrenten gemachten Angaben.

Der Staatsrath fand : Jeder Bürger soll auf dem Steuerregister stehen, Casellini und Serena, die in Campione (italienische Enclave) wohnen, müssen dafür einen Stellvertreter stellen. Wenn M a s c i o t t i auch bei seinem Schwiegersohn lebt, so sollte er doch in seiner Heimat Morcote Steuern zahlen.

Der Rekurs von Ceppi wurde gutgeheißen in dem Sinne, Ceppi in Stabio zu stimmen habe, die ändern Rekurse wurden verworfen.

III. Mit Schreiben vom 19. Februar 1889 hatte sich Cost.

Manzoni Namens Casellini, Serena, Masciotti und Ceppi bereits an den Bundesrath gewendet und ihm Abschriften ihrer Rekurse und der Verfügung des Kommissärs übersandt. Es war beigefügt: Da der Kommissär finden muß, daß die kleine Unterstützung, welche Masciotti erhielt, längst aufgehört habe, treibt er von sich aus einen ändern Ausschließungsgrund auf, daß nämlich Masciotti die Steuern nicht bezahle; dagegen schließt er die Augen vor der Thatsache, daß Cesare Bernasconi, Sohn des reichen konservativen Parteiführers, seit 3 Jahren abwesend ist und so lange die Steuern nicht mehr bezahlt hat.

Mit Depesche vom 27. Februar gab die Munizipalität dem Bundesrathe Kenntniß vom Entscheide des Staatsraths. Sie schrieb dazu: Wir haben den Staatsrath angefragt, ob die Gestrichenen durch Zahlung von Steuern ihr Stimmrecht wieder erwerben könnten; die Antwort war Nein.

Die Untersuchung des Bundesdelegirten ergab : Masciotti nichts Neues.

Casellini wohnt in Campione seit etwa 30 Jahren, im Uebrigen nichts Neues.

Serena nichts Neues.

Ceppi ebenso.

Bernasconi, Cesare. Der Kommissär sagt, daß ihm über Diesen keine Eingabe gemacht worden sei.

108 C. Betreffend die Gemeinde Bissone.

IV. Mit Schreiben vom 4. Februar verlangten Verda, Carlo, und Streitgenossen die Streichung von Della Santa, Achille, fu Demetrio, und Casellini, Giuseppe, fu Lorenzo, Dampfschiffangestellten auf dem Luganer-See.

Die Genannten selbst widersetzten sich ihrer Streichung, da kein Grund für dieselbe vorliege und sie auch bis dahin, so noch bei den Munizipalitätswahlen vom 27. Januar dieses Jahres, in Bissone gestimmt haben. Sie legten Zeugnisse der Munizipalität von Lugano ein, welche sagen, daß sie daselbst nicht auf dem Stimmregister stehen und auch nie gestimmt haben.

Der Regierungskommissär erklärte, die Genannten haben obligatorisches und dauerndes Domizil in Lugano und ordnete daher ihre Streichung in Bissone an.

Sie rekurrirten an den Staatsrath. Sie schrieben: Es kann wohl etwa vorkommen, daß wir für unsern Dienst in Lugano oder an einem ändern Ort übernachten müssen; deswegen verlieren wir unser Domizil in Bissone nicht, dort sind auch unsere Eltern.

Der Staatsrath wies sie ab ,,aus den vom Kommissär angeführten Gründen*.

Der Sindaco wandte sich hiegegen telegraphisch um Hülfe an den eidgenössischen Justizdirektor, und auch die beiden Gestrichenen selbst suchten durch Eingabe vom 28. Februar Hülfe beim Bundesrath. Sie schrieben, daß sie bald in Fönte Tresa, bald in Porlezza, bald, besonders im Winter, in Lugano übernachten; meistens aber, wenn sie am Abend nach Lugano kommen, gehen sie noch heim nach Bissone. Casellini wohnt in Bissone mit zwei Schwestern zusammen, Della Santa mit seiner Mutter und seiner Schwester. Ihr Domizil nach Lugano zu versetzen, ist ihnen noch nie eingefallen.

Alle ihre Steuern zahlen sie in Bissone.

Aus einem Schreiben des Sindaco an den Bundeskommissär scheint hervorzugehen, daß die Munizipalität sie in Bissone hat stimmen lassen.

D. Betreffend die Gemeinde Melide.

V. Am 2. März 1889 bezeugte die Munizipalität, daß sie in Folge erhobener Einsprachen Giudici, Stefano, von Arzo, nicht stimmen lassen könne.

Derselbe unterzeichnete einen gedruckten, vom 3. März datirten Protest gegen seine Ausschließung von der Wahl und die Erklärung, daß er für die radikalen Kandidaten gestimmt haben würde.

109 E. Betreffend die Gemeinde Pambio.

VI. Ueber den Rekurs von Roncoroni betreffend die Streichung des Pfarrers Francliini und seines Vaters ist schon anläßlich der Wahlen von Montagnola entschieden worden.

F. Betreffend die Gemeinde Noranco.

VII. Mit Eingabe vom 4. Februar 1889 verlangten Divelli, Leopoldo, und Streitgenossen beim Regierungskommissär die Streichung von vier Frapolli, welche durch rechtskräftiges Dekret des Kommissärs vom 27. Februar 1885 in Massagno eingeschrieben worden seien, und von (Divelli, Giovanni, di Rocco, den man nicht kenne.

Die Munizipalität antwortete : Daß Civelli der eheliche Sohn von Rocco ist, geht aus einem vom Zivilstandsbeamten von Mendoza ausgestellten Dokument über die Ehe des Letztern hervor. Auch ist er ja beim schweizerischen Militär eingetheilt.

Der Kommissär zog in Betracht, betreffend die Frapolli. Das Dekret vom 27. Februar 1885 ist in Rechtskraft erwachsen ; danach sind sie in Noranco zu streichen.

Civelli. Es ist nicht bewiesen, daß derselbe Sohn des Rocco sei, da kein Geburtsschein vorliegt; seine Aufnahme in die schweizerische Armee beweist nichts für seine schweizerische Nationalität ; es ist schon oft vorgekommen, daß da einer Dienst gethan hat und nachher als ein Fremder sich entpuppte. Er ist daher ebenfalls zu streichen.

Hiegegen appellirte die Munizipalität an den Staatsrath. Das Dekret des Kommissärs war ihr am 23. Februar (lange nach dem im Gesetze vorgeschriebenen Termin) mitgetheilt worden, die Appellation wurde am 26. Februar eingereicht. Die Appellantin beschwerte sich zunächst über die Verspätung des Entscheides des Kommissärs und hielt diesen Entscheid wegen derselben für nichtig.

Sie sprach ihre Verwunderung darüber aus, daß der Kommissär es über sich gewinne, ohne jede weitere Untersuchung Jemandem sein Schweizerbürgerrecht abzusprechen. Nach Art. 201 cod. civ. Tic.

genügt beim Mangel von Geburtsregistern der fortgesetzte faktische Zustand zum Beweise der Abkunft, besonders der Umstand, daß der Betreffende von der Familie seines behaupteten Vaters stets als dessen Kind behandelt und in der Gesellschaft als solches aner-

110 kannt worden ist. Die Geburtsregister, welche hier Auskunft geben könnten, sind untergegangen beim Brande der Loreto-Kirche von Mendoza, und der für diesen Fall von unserm Zivilgesetzbuch geforderte Beweis ist geleistet.

Der Staatsrath erklärte die Verspätung des Kommissärs für entschuldigt und wies die Appellation wegen Verspätung ab, ohne auf die Sache einzutreten.

Durch Telegramm vom 1. März protestate hiégegen die Munizipalität beim Bundesrath.

Vor dem Bundesdelegirten wies der Sindaco, Oheim des genannten Divelli, die in spanischer -- dem Delegirten bekannter -- Sprache abgefaßte Urkunde vor, welche bezeugt, daß zwischen Rocco Civelli und Maddalena Frapolli die Ehe im Jahre 1882 zu Mendoza geschlossen wurde. Die Urkunde trägt das Datum vom 19. März 1888. Ferner produzirte er eine Urkunde, datirt Mendoza 28. Dezember 1888, mit welcher Rocco Civelli den Giovanni Civelli als seinen ehelichen Sohn anerkennt; ferner das schweizerische Militärdienstbüchlein für Giovanni Civelli, datirt vom Jahre 1887.

Der Kommissär erklärt, die Urkunde vom 28. Dezember 1888 nicht gesehen zu haben. Die Munizipalität ließ Giovanni Civelli zur Abstimmung zu.

Die Frapolli wohnen in Veigy, Savoyen. Ihr Bürgerrecht jist streitig zwischen Noranco und Massagno.

G. Betreffend die Gemeinde Calprino.

VIII. Am 5. Februar 1889 verlangte Angelo Bernasconi beim Regierungskommissär die E i n t r a g u n g in das Stimmregister|dieser Gemeinde für Votterli, Constantin, Tuller, Heinrich, die zuerst auf dem Register gestanden . haben und dann^f wieder durchgestrichen worden seien, während das Register vorübergehend von seinem Ausstellungsort wieder weggenommen worden sei.

Die Munizipalität bestritt letztere Behauptungen und erklärte, die beiden angeführten Bürger kenne Niemand in der Gemeinde.

Der Kommissär wies das Gesuch ab.

Allein unter'm 13. Februar bezeugten außer Bernasconi sechs Bürger der Gemeinde, daß das Stimmregister mehrere Tage der vergangenen und der laufenden Woche hindurch nicht, und am Sonntag nur eine Stunde lang ausgestellt gewesen sei.

Ili Am 13. Februar beschwerte sich Bernasconi beim Staatsrath und schickte eine Abschrift der Beschwerde auch an den BundesTath. Er wiederholte die Behauptung, daß das Stimmregister nicht gehörig ausgestellt worden sei. Die Betreffenden heißen nicht Votterli und Tuller, sondern R ö t h l i n und F ü r r er. Die Beschwerde bezog sich auch darauf, daß der Kommissär für sein Dekret eine Gebühr von 3 Fr. durch Postnachnahme erhoben hatte, was dem Gesetze vom 5. Dezember 1888 zuwiderlaufe.

IX. Am 28. Februar schrieb Balmelli, Filippo, fu Antonio, von und in Calprino, an dea Bundesrath, er habe heute auf der Munizipalität seine Steuerrückstände bezahlen wollen, um zur Wahl vom 3. März zugelassen zu werden, sei aber vom Sindaco zurückgewiesen worden ; er bitte um die Intervention des Bundesrathes.

Der Bundesdelegirte konstatirte, daß Balmelli seit 1881 keine ·Steuern mehr bezahlt hatte, am 28. Februar aber die Rückstände von zwei Jahren bezahlen wollte, die der Sindaco zurückwies.

Dieser erklärt, daß der Mann bis vor einigen Monaten von der Gemeinde unterstützt worden sei; im Jahre 1888 habe er zirka 30 Fr. aus der Gemeindekasse erhalten. Bernasconi behauptete, Balmelli habe schon einen Monat früher bezahlen wollen, worauf der Sindaco erwiderte, allerdings habe Balmelli damals Zahlung angeboten, aber Geld habe er keines gezeigt.

H.fBetreffend die Gemeinde Barbengo.

X. Am 3. März protestirten folgende Bürger gegen ihren Ausschluß von der Wahl und erklärten, daß sie, wenn zugelassen, für die radikalen Kandidaten gestimmt haben würden : Lurati, Francesco, Postmeister, Grignola, Giacomo, Foletti, Giacomo, fu Leone, Bottinelli, Achille.

Die Untersuchung des Bundesdelegirten ergab: Lurati, Bürger von Croglio, seit ungefähr 18 Monaten mit Familie in Barbengo als Postmeister, früher in Gentilino, zahlt in Barbengo die Steuern. Die Munizipalität erklärt, sie habe ihn nicht eingeschrieben in die Stimmregister, weil er trotz erhaltener Aufforderung seinen Heimatschein nicht abgegeben habe. Ein Rekurs wurde nicht ergriffen.

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Grignola, seit 11. Dezember mit Familie in ßarbengo, früher in Biogno, aber nun dort gestrichen, wurde in Barbengo nicht aufgenommen, weil er noch nicht 3 Monate lang daselbst domizilirt war* Foletti war lediglich durch einen Schreibfehler eines Abschreibers im ausgestellten Exemplar des Stimmregisters vergessen worden, in dem des Kommissärs stand er. Auch hier kein Rekurs.

Bottinelli wurde nicht eingeschrieben, weil er die Militärsteuer nicht bezahlte. Auch hier kein Rekurs.

D e r B u u d e s r a t h z i e h t in E r w ä g u n g : 1. Die Beschwerden aus den Gemeinden Brusino-Arsizio und Melide können hierorts nicht behandelt werden, da sie nicht Gegenstand von Entscheidungen des Staatsrathes gebildet haben.

2. M a s c i o t t i wurde zuerst angefochten, weil er almosengenössig sei ; nachher, nachdem die Unrichtigkeit dieser Behauptung durch die Munizipalität dargethan worden war, wurde geltend gemacht, daß er, zwar an seinem Wohnorte nicht im Rückstände, dagegen in seiner Heimat noch Steuern schuldig sei. Allein wenn auch das richtig sein sollte, so genügt dies noch keineswegs dazu, einen Bürger seines Stimmrechtes zu berauben. Er ist also einzutragen.

3. Gas e I l i n i und S e r e na. Auch wenn es nicht richtig gewesen sein sollte, daß ihre Steuerschuld gegen ihre Forderung aus bürgerlichem Nutzungsrecht abgerechnet wurde -- eine ähnliche Verrechnung zwischen einer Steuerschuld und einer Forderung des Steuerpflichtigen an die Gemeinde kam übrigens auch in anderà Gemeinden des Tessin, z. B. in Locamo, vor -- so steht doch soviel fest, daß von diesen beiden Bürgern eine Steuer nicht gefordert worden ist, und somit stehen sie auch mit keiner solchen im Rückstand. Es scheint, daß sie vielmehr wegen fehlenden Domizils hätten ausgeschlossen werden sollen ; aber ein diesfälliger Entscheid kantonaler Instanzen liegt nicht vor. Sie sind daher e i n z u t r a g e n .

C e p p i hätte richtiger Weise an seinem Domizil Arogno zur Wahl zugelassen werden sollen; es wird gar nicht behauptet, daß.

er sein Domizil in Stabio habe, wohin er verwiesen wurde.

B e r n a s c o n i . Der Kommissär irrt sich, wenn er sagt, daß ihm über Diesen keine Eingabe gemacht worden sei ; die Streichung dieses Bürgers wurde allerdings bei ihm verlangt, und zwar in der Eingabe vom 1. Februar 1889.

Er hat sich aber darüber nicht ausgesprochen, und diesf'alls wurde nicht an den Staatsrath rekurrirt, darum ist auch der Bundesrath nicht in der Lage, auf diesen Fall einzutreten.

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4. Daß D e l l a S a n t a und C a s e 11 in i ihr wahres Domizil in Bissone und keineswegs in Lugano haben, wie Kommissär und Staatsrath erklären, bedarf kaum einer Ausführung. Zu Hause sind sie ganz offenbar in Bissone, dort zahlen sie auch ihre Steuern, die Munizipalität von Lugano anerkennt dies auch ohne Weiteres. Der Umstand, daß sie etwa einmal in Lugano übernac.hten, fällt dagegen gar nicht in Betracht. Da sie aber bereits -- wenn auch gegen das Verbot des Staatsrathes und also formell allerdings mit Unrecht -- in Bissone zugelassen worden sind, so fallen sie hier nicht in Rechnung.

5. Betreffend die Fra polli ist nicht an rien Staatsralh appellirt worden, sie fallen also auch hier außer Betracht.

Dagegen ist mit Bezug auf C i v e l l i zu sagen, daß er durchaus mit Unrecht ausgeschlossen worden ist. Wenn die legitime Abstammung eines Schweizerbürgers von einem ändern durch diesen Letztern anerkannt ist, wenn die Familie und Heimatgemeinde des Letzteren dieselbe auch ihrerseits stets anerkannt haben, wenn der Sohn als solcher in die Bürgerregister und die Militärtabellen eingetragen worden ist, so kann es nicht in der Hand eines tessinischen Kommissärs liegen, diese Paternität und Legitimität anzufechten, und liegt eine starke Arroganz desselben darin, den Betreffenden von einer politischen Wahl ausschließen zu wollen, weil ihm, dem Kommissär, der Beweis der ehelichen Abstammung nicht geleistet zu sein scheine.

Das Dekret des Kommissärs war selbstverständlich deswegen nicht nichtig, weil es zu spät erlassen wurde. Der Rekurs der Munizipalität an den Staatsrath aber war nicht verspätet, da er am dritten Tage nach dem Empfange des angefochtenen Dekretes eingereicht worden ist; der Staatsrath hätte also auf die Angelegenheit eintreten sollen.

Daß die Gemeinde entgegen dem Dekrete des Staatsrathes ihren Bürger auf das Stimmregister genommen hat, war ungesetzlich und kann hierorts keineswegs gebilligt werden, wenn es auch dem materiellen Rechte entsprach. Infolge dessen fällt aber hierorts Civelli nicht weiter in Rechnung.

6. Auf die Beschwerde betreffend R ö t h l i n und F u r r e r kann hierorts nicht eingetreten werden, da sie nicht in gehöriger Weise vor die Vorderinstanzen gebracht worden ist. Dies gilt auch mit Bezug auf die Beschwerde des B a i m e i li und die Proteste von B a r b e n g o , so sehr auch die Beschwerden von F o l e t t i und Bö t t i n e l l i materiell gerechtfertigt erscheinen.

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7. Da nach dem Berichte der Wahiaktenprüfuugskommission des Großen Käthes des Kantons Tessin das absolute Mehr der Stimmen dieses Wahlkreises 559 betrug, der mit der geringsten Stimmenzahl Gewählte aber 666, der mit der größten in Minderheit Gebliebene 445 Stimmen erhielt, so bleiben die nach den obigen Erwägungen vorzunehmenden Modifikationen der Stimmregister ohne Einfluß auf das Wahlresultat.

D e m n a c h hat der B u n d e s r a t h b e s c h l o s s e n : 1. Die eingegangenen Beschwerden und Protestationen werden im Sinne der vorstehenden Erwägungen entschieden.

2. Mittheilung an den Staatsrath des Kantons Tessin für sich und zu Händen der betheiligten Behörden und Bürger.

B e r n , den 5. August

1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bundesrathsbeschluß über die Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3.

März 1889 im tessinischen Wahlkreise Maroggia. (Vom 5. August 1891.)

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12.08.1891

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