1121

# S T #

Bundesraths beschluß über

die Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise Russo (Onsernone).

(Vom 21. Juli 1891.)

Der schweizerische Bundesrath hat

in Sachen der Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise Russo (Onsernone) nach dem Bericht des Justiz- und Polizeidepartements folgenden T h a t b e s t a u d gefunden: A. Betreffend die Gemeinde Loco.

I. Gegenüber dem gehörig ausgestellten Stimmregister für die Großrathswahlen vom 3. März 1889 verlangten Chiesa, Severino, und Streitgenossen durch ein gedrucktes, handschriftlich ausgefülltes Formular einer Eingabe beim Regierungskommissär die Streichung folgender Bürger: 1. Gobbi, Giovanni, fu Lodovico, erst nach dem 3. Dezember v. J.

aus Genf zurückgekehrt, stand dort auf dem Stimmregister.

2. Lucchini, Antonio, fu Giuseppe, mit Steuern im Rückstand.

3. Lucchini, Giovanni, fu Dottore, domizilirt in Turin, vorher in Muralto, war in Loco nur vom 26. Juli bis 6. Oktober v. J.

4. Lucchini, Olinto, di Giovanni, domizilirt in Paris, vorher in Muralto.

1122 5. Meletta, Giuseppe, fu Giuseppe, mit Steuern im Rückstand.

6. Meletta, Giuseppe, di Giuseppe, seit mehr als drei Jahren in Montreux domizilirt.

7. Meletta, Giacomo, di Giuseppe, seit mehr als zehn Jahren daselbst domizilirt.

8. Chiesa, Flavio, di Giovanni, seit mehr als drei Monaten in einem andern Kanton.

9. Chiesa, Andrea, fu Giacomo, als Lehrer domizilirt in Maggia.

10. Chiesa, Remigio, fu Bernardo Antonio, seit mehr als sechs Monaten in einem andern Kanton domizilirt.

11. Carazzetti, Antonio, fu Guglielmo, domizilirt in Luino, mit Steuern im Rückstand, sein letztes Domizil war in Darò.

12. Chiesa, Antonio, fu Guglielmo, domizilirt in Luino, vorher in Darò.

13. Schiva, Orsilio, fu Pietro Cipriano, erst nach dem 3. Dezember aus dem Kanton Waadt, wo er sein Domizil hatte, zurückgekehrt.

14. Peverada, Francesco, di Vincenzo, Postillon, domizilirt mit seiner Familie in Locamo, wo er übernachtet; da er vor 10 Uhr mit der Post in Loco abfahren muß, die Wahl aber erst um diese Zeit beginnt, könnte er in Loco gar nicht stimmen, sonst versäumt er seine Pflichten als Staatsangestellter.

15. Schira, Guglielmo, fu Battista, 16. Schira, Natale fu Battista, 17. Schira, Giovanni, fu Battista, wohnen in Paris und zahlen keine Steuern.

Mit Eingabe vom 7. Februar machte die Munizipalität von Loco hiezu folgende Gegenbemerkungen: Ad i. G o b b i , Giov., fu Lod., reiste von Locamo ab den 11. Februar 1888, um wie gewohnt in Genf seinen Beruf zu betreiben; am 15. Juni ging er besseren Verdienstes wegen nach Thonon, am 15. November wieder nach Genf, wo er sich am 22.

verehelichte. In Loco hat er seine Mutter, Schwestern und Verwandte und zahlt er seine Steuern. Dies wird belegt durch sein Dienstbüchlein und seine Aufenthaltskarte von Genf d. d. 15. November. Unmittelbar nach der Heirath zog er nach Loco zurück und schlug da für alle Zukunft sein Domizil auf, das er auch nie mehr verlegt hat. Er erklärt auch, in Genf niemals als Wähler eingeschrieben worden zu sein, noch an einer Abstimmung Theil genommen zu haben.

1123 Ad 2. L u e e h i n i , Antonio, fu Giuseppe, erklärt : Es wird gesagt, daß ich mit Fr. 51. 25 schon seit 1882 im Rückstande sei; ich bin aber im Gegentheil Kreditor der Gemeinde im Betrage von Fr. 85. 72. Ich habe mich auch sofort zum Gemeindegutsverwalter verfügt, um die Fr. 51. 25 an den Fr. 85. 72 abschreiben zu lassen und den Ueberschuß im Betrage von Fr. 34. 47 auf die Rechnung von 1888 überzutragen. Es wurde mir erwidert, die Abrechnung könne nicht geschehen, er, der Guts Verwalter, sei dazu nicht bevollmächtigt; wir gingen darauf hin zusammen zum Sindaco; der sagte mir last wörtlich das Gleiche, es schien mir, daß sie unter einer Decke steckten. Ich hoffe aber, daß die Munizipalität mir Hecht widerfahren lassen wird, die verlangte Abrechnung vornehme und mir Quittung meiner Steuerschuld ertheile, die ich der Rekursbeantwortung an den Kommissär beileget) kann, zumal der Gutsverwalter nach Locamo verreist ist und erst nach Ablauf der Frist für die Rekursbeantwortung wieder zurückkommt.

Ad 3 und 4. L u c c h i n i, Giovanni, erklärt für sich und seinen Sohn Olinto, im Jahre 1885 habe er der Munizipalität von Loco seine Abreise nach Turin mitgetheilt und verlangt, daß er in das Stimmregister von 1886 eingetragen werde, sowie auch in das Steuerregister für Kopf- und Haushaltungssteuer. Die Munizipalität antwortete ihm, daß sie seinem Begehren entsprochen habe. In Folge dessen wurde Luechini auf dem Stimm- und dem Steuerregister von Locamo auf sein Begehren gestrichen. Er ließ all' sein Mobiliar von Locamo nach Loco bringen und nahm mit sich nach Turin nur Kleider, Wäsche und dergleichen.

Im Jahre 1888 fragte er die Munizipalität von Loco brieflich «n, ob er gehörig in das Stimmregister eingetragen sei. Dies wurde bejaht. Im Juni kehrte er mit seiner Familie dahin zurück und setzte daselbst im eigenen Hause sein Domizil fort in den Monaten Juli, August, September und bis zum 6 Oktober, worauf er mit seiner Familie nach Turin zurückkehrte.

Am 1. Februar 1889 ist er wieder gekommen, und er setzt seither hier, immer im eigenen Hause, sein Domizil fort.

Was seinen Sohn Olinto betrifft, so ging er vor zwölf Jahren fort, um die Stellung eines Reisenden anzutreten, da die Familie Luechini nicht reich ist und nicht aus den Zinsen leben kann. Er kam jedoch wie die andern Glieder der Familie,
wiederholt nach Loco zurück und wohnte d.ort nicht als Tourist, sondern als Bürger im heimatlichen Hause.

Wenn man solchen Leuten die Ausübung des Aktivbürgerrechtes nicht mehr gestatten wollte, würde keiner derselben mehr

1124 die Steuern bezahlen und die Finanzen der Gemeinden würden schwer geschädigt werden. Es ist auch niemals irgend eine Einwendung gegen die Theilnahme Lucchini's an den Gemeindeangelegenheiten erhoben worden.

Ad 5. M o i e t t a , Gius., fu Gius., wies Steuerquittung für 1887 vor. Sollte er noch etwas schuldig sein, so ist er bereit, es zu bezahlen; er wundert sich darüber, daß Einer, der selbst im Rückstande mit Steuern sei, seine Streichung wegen Rückstandes verlangt habe.

Ad 8. C h i e s a , Flavio, di Giov., auf den 28. August in den Militärdienst berufen, hat nie sein Domizil von Loco weg verlegt, geht nur alljährlich während der Sommermonate zur Ausübung seines Berufes in andere Kantone und in's Ausland.

Ad 9. C h i e s a , Andrea, fu Giac., seit seiner Geburt in Loca domizilirt, seit ungefähr vier Jahren Lehrer in Maggia. Das Gesetz erlaubt den Lehrern, das Stimmrecht in der Heimatgemeinde auszuüben.

Ad 42. C h i e s a , Aat., fu G-ugL seit langer Zeit in Italien, ohne sein Domizil verändert zu haben, hat auch unbeanstandet an den Wahlen vom 26. Februar 1888 Theil genommen.

Ad 43. S c h i r a , Orsilio, fu Pietro, erklärt, daß er niemals sich an irgend einer Abstimmung in einem andern Kanton betheiligt habe, hat Frau und Kinder stets in Loco gehabt und da seine Steuern bezahlt.

Ad 44. P e v e r a d a, Franc., di Vinc. Es ist der Behörde nicht bekannt, daß er sein Domizil von Loco weg verlegt habe, hat nie anderwärts an einer Wahl Theil genommen, steht im Dienste der Eidgenossenschaft als Postillon.

Die Munizipalität schließt sich diesen Bemerkungen an und hält das Begehren um Streichung für unbegründet.

In gleichem Sinne wandte sich L u c c h i n i, Antonio, auch direckt an den Kommissär. Er produzirte dabei eine Erklärung der Munizipalität, welche den Steuereinnehmer bevollmächtigte, dessen Steuerschuld an seinem Guthaben abzurechnen.

Der Kommissär entschied: ,,In Erwägung, daß die im Ausland Wohnenden ihr Aktivbürgerrecht an ihrem letzten legalen Domizil auszuüben huben, daß kein Beweis dafür vorliegt, daß die genannten in andern Kantonen befindlichen Bürger daselbst nicht auf den Stimmregisteru stehen,

1125 daß die Eigenschaft eines öffentlichen Lehrers nicht das Recht gibt, das Gesetz zu verletzen, daß Keiner von denen, welche mit Steuern im Rückstande sind, das Gegentheil bewiesen hat, daß ein Konto-Korrent-Guthaben, welches eventuell auch bestritten werden kann, nicht als geleistete Zahlung anzusehen ist, noch auch eine Zahlung, welche nicht nur erst nach der Ausstellung des Stimmregisters, sondern erst nach der Reklamationsfrist geleistet wurde, das Stimmrecht verschaffen kann, sind alle siebzehn oben Genannten gestrichen. Mittheilung an die Munizipalität von Loco, beziehungsweise auch die von Locamo, Darò und Maggia.a II. Mit Eingabe vom 16. Februar, eingereicht den 17., wandte sich L u c c h i n i , Giov., fu Dottore, an den Staatsrath sowohl für sich, als auch für seinen Sohn 0 l i n t o und verlangte seine und seines Sohnes Wiederaufnahme in das Stimmregister von Loco.

Er stützte sich auf die schon durch die Munizipalität dem Kommissär vorgebrachten Gründe mit dem Beifügen: Vor seiner Abreise nach Turin habe er sich nicht in Muralto, sondern in Locamo aufgehalten; im August 1888 und im Februar 1889 habe er unbeanstandet an den Gemeindeversammlungen von Loco Theil genommen ; er habe auch in Looo nicht nur sein focatico, sondern auch das testatico bezahlt, da er auf dem Steuerregister von Locamo gestrichen war; er habe auch verschiedene Bauarbeiten für die Gemeinde Loco zu deren bester Zufriedenheit ausgeführt.

Chiesa, Séverine, und Streitgenossen machten biege." en mit Eingabe an den Staatsrath vom 19. Februar folgende Gegenbemerkungen : Das letzte Domizil Lucchini's vor seiner Abreise nach Turin war Locamo. Nur 72 Tage war er hinter einander im Sommer 1888 in Loco, außerdem einige Tage mit Unterbrechungen. Olinto ist in den letzten 12 Jahren zusammen nur auf 10--12 Tage nach Loco gekommen.

Der Staatsrath entschied : Da Rekurrent selbst erklärt, im Jahre 1888 in Loco nicht mehr als 83 Tage lang geblieben zu sein, seine Eintragung in den Jahren 1888 und 1889 aber ungesetzlich war, ist seine Streichung bestäligt.

1126 III. Ferner rekurrirte unter 1 in 16. Februar Lu e c h i n i , Antonio, fu Giuseppe, gegen seine Streichung an den Staatsrath, bestritt, daß er mit Steuern im Rückstände sei, und reichte zum Beweise seiner Behauptung die Quiltung der Gemeindesteuer ein. Von diesem Rekurse gab er am nämlichen Tage auch dem Bundesrathe Keontniß. Chiesa, Beverino, und Streitgenossen verlangten die Bestätigung der Streichung.

Der Staatsrath entschied : Da Lucchini die Steuern des Jahres 1887 laut vorgewiesener Quittung erst am 6. Februar d. J. bezahlt hat, also nach Ablauf der in Art. 2 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 angesetzten Frist, so ist sein Rekurs abgewiesen.

IV. Am 16. Februar rekurrirten ferner an den Staatsrath Moietta, Giuseppe, und Streitgenossen und verlangten die Aufhebung der vom Kommissär angeordneten Streichung folgender Bürger: Gobbi, Giovanni, fu Ludovico, Chiesa, Andrea, fu Giacomo, Chiesa, Antonio, fu Guglielmo, Schira, Orsilio, fu Pietro Cipriano, Peverada, Francesco, fu Vincenzo, Meletta, Giuseppe, fu Giuseppe, unter Wiederholung der schon dem Kommissär vorgebrachten Gründe.

Chiesa, Beverino, und Streitgenossen verlangten die Bestätigung des angefochtenen Dekrets.

Der S t a a t s r a t h zog in Erwägung: Gobbi ist erst am 24. Dezember v. J. aus Geuf zurückgekommen, also noch nicht seit 3 Monaten hier domizilii't.

Chiesa, Antonio, fu Gugl., war lange in Darò domizilirt und ist von dort nach Luino gegangen; wenn er 1888 in Loco gestimmt hat, so war das widerrechtlich; Darò erklärt, daß er seit 1882 dort nicht mehr auf dem Stimmregister stehe, das beweist aber nicht, daß er sein Domizil wieder in Loco aufschlug.

Schira, Orsilio, ging am 4. März 1888 nach Montreux und kam erst nach dem 3. Dezember wieder zurück, was nicht bestritten ist. Daß die Polizei von Montreux ihn nicht kennt, ist unerheblich, da er in Châtelard gekannt wird; und wenn er dort nicht eingeschrieben ist, so wird er sich nicht darum beworben haben; das Zeugniß, welches ihm darüber ausgestellt wurde, konstatirt gerade, daß er seit 1883 dort domizilirt war.

1127 Peverada, seit mehr als einem Jahre Postillon, wohnt und übernachtet mit seiner Familie in Locamo, bleibt in Loco jeweilen nur für den Pferdewechsel, steht aber nach der Erklärung von Locamo dort oicht auf dem Stimmregister.

Meletta, Giuseppe, hat seine Steuern, wenn überhaupt, erst nach der in Art. 2 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 angesetzten Frist bezahlt.

Chiesa, Andrea, fu Giacomo, Lehrer in Maggia, ist dort einzuschreiben. Demzufolge wurde das Dekret des Kommissärs in allen Punkten bestätigt. Mittheiluog an die Munizipalitäten Loco, Maggia und Locamo. Dieselbe geschah an die Munizipalität von Loco am 28. Februar.

V. Am 26. Februar fragte Peverada den Bundesrath telegraphisch an, ob er nicht in Loco stimmen könne.

Durch Depesche vom 2. März gab Meletta, Giuseppe, dem Bundesrath Kenntniß vom Dekrete des Kommissärs.

Mit Schreiben vom 3. März protestirten die Ausgeschlossenen beim Bundesrathe gegen ihre Streichung.

Am 1. März beschwerte sich Lucchini, Giovanni, fu Dottore, beim Bundesrathe über seine Streichung und diejenige seines Sohnes Olinto, nachdem er dieser Behörde schon den 16. Februar einen Protest gegen das Dekret des Kommissärs eingereicht hatte.

Mit Schreiben vom 11. März 1889 schrieb er für sich und die übrigen in Fact. I genannten Bürger l--5, 9, 11--14 an den Bundeskommissär Borei Folgendes: Chiesa, Andrea, fu Giacomo, Lehrer in Maggia, wurde in seiner Gemeinde Loco nicht eingeschrieben, während die Lehrer Remonda, Fontana und Giannini, welche, wie er, in andern Gemeinden, und zwar im Mendrisiotto, ihre Schulen halten, in ihrer Heimatsgemeinde Mosogno ganz frei ihr Wahlrecht ausüben konnten.

Chiesa, Antonio, fu Guglielmo, und Carazzetti, Antonio, fu Guglielmo, sind Angestellte an der Eisenbahnstation Luino. Letzterer legte eine vom 28. Februar 1889 datirte Quittung für bezahlte Steuerrückstände ein. Schon mit Schreiben vom 18. Februar hatte er für sich und Chiesa, Antonio, den Schutz des Bundesrathes angerufen. Unter'm 2. März bezeugt die Munizipalität von Darò, daß Chiesa und Carazzetti nicht auf ihrem Stimmregister stehen.

1128 Im Auftrage des Bundeskommissärs untersuchte sein Sekretär Dr. G. Graffina die Rekurse des Wahlkreises Onsernone. Seine Untersuchungen ergaben Folgendes: Gobbi, Giovanni, fu Ludovico, Maler in Thonon, als periodischer Auswanderer bezeichnet, stimmte im Februar in Loco, hat seine Familie in Genf, zahlt in Loco die Steuern, würde für die liberale Liste gestimmt haben.

Luoehini, Antonio, fu Giuseppe, Hutmacher in Turin, wohnt je vier Monate in Turin, die übrige Zeit des Jahres in Loco, hieher zurückgekehrt am 12. Juli 1888, wieder nach Turin gegangen am 19. Februar, nach Loco zurück am 28., hat seine Familie in Turin, zahlte seine Steuern am 6. Februar. Würde gestimmt haben wie Gobbi.

Lucchini, Giovanni, fu Dottore, Kaufmann in Turin seit vier Jahren, nach Loco zurückgekommen am 2. Juni, wieder ab- und zugegangen, zuletzt nach Loco zurückgekehrt am 1. Februar 1889, wohnte vorher, 1885, in Locamo und stimmte daselbst, am 19. August 1888 und am 2. Februar 1889 aber in Loco. Laut Zeugniß der Munizipalität wurde er von ihr am 16. August 1888 als daselbst domizilirt anerkannt und die Munizipalität von Locamo am 26. desselben Monats ersucht, ihn zu streichen. Letztere erklärte mit Schreiben vom 11. September, daß sie dies gethan habe.

Würde für die radikale Liste gestimmt haben.

Lucchini, Olinto, di Giovanni, Reisender in Paris seit 1877, vorher in Muralto domizilirt, stimmte 1880 in Loco, würde für die Liberalen gestimmt haben.

Moietta, Giuseppe, fu Giuseppe, Hutmacher in Turin, im Juli 1888 nach Loco zurückgekehrt, hat seine Familie in Loco. Zahlte die Steuern des Jahres 1882, mit denen er im Rückstaude war, am 6. Februar. Würde für die liberale Liste gestimmt haben.

Chiesa, Andrea, fu Giacomo, Lehrer in Maggia, kehrt von Zeit zu Zeit, am Samstag nach Loco zurück, nunmehr in Maggia eingeschrieben, hat seine Familie in Loco und zahlt dort seine Steuern.

Schira, Orsilio, fu Pietro, Holzspalter, periodischer Auswanderer, jeweilen im Wiuter zu Hause, kehrte am 19. Dezember 1888 dahio zurück, stimmte bis jetzt in Loco, hat dort seine Familie und zahlte dort seine Steuern. Würde für die liberale Liste gestimmt haben.

Peverada, Francesco, Postillon des Postkurses Locarno-Comologno, muß des Dienstes wegen in Locamo übernachten, hat aber immer in Loco gestimmt. Die Familie wohnt mit ihm im Winter in Locamo, im Sommer im eigenen Hause in Loco, wo er auch

1129 àie Steuern bezahlt. Die Munizipalität von Locamo erklärt mit Datum vom 30. Januar, daß Peverada niemals in ihrem Stimmregister eingeschrieben worden ist und nie an einer dortigen Wahl theilgenommen hat. Er würde für Schira, Lod., ßezzola, Fed., Garbani-Nerini, Carlo, gestimmt haben.

Carazzetti, Antonio, fu Guglielmo, Wageninspektor in Luino, war immer in Loco eingeschrieben und zahlt dort seine Steuern, wie die von ihm vorgelegten Quittungen beweisen. Auch die Munizipalität von Darò ihrerseits lehnte seine Aufnahme in das Stimmregister ab. Er wohnte dort 3 bis 3 Va Monate, ging von dort nach Bellinzona, dann 1884 nach Luino. Er würde gestimmt haben wie Peverada. Seine Familie ist in Loco.

Chiesa, Antonio, fu Guglielmo, seit 1885 Maschinenputzer in Luino, stimmte bis jetzt immer in Loco, wohnte 1883 ungefähr ein Jahr lang in Darò, 1884 zehn Monate in Bellinzona, hat Frau und Kinder in Loco, wo er alle Steuern bezahlt. Würde gestimmt haben wie Carazzetti.

Gegenüber dem Berichte des Bundesdelegirten erhob Lucchini, Giovanni, fu Dottore, mit am 13. Juni 1889 an den Bundesrath gerichteter Eingabe einige Einwendungen. Er schreibt, sein Sohn Olinto sei, weil unverheirathet, ohne eigene Liegenschaften, und beständig auf Reisen im Dienste eines Pariser Hauses, als in Loco domizilirt zu betrachten ; er selbst habe immer das eigene Haus in Loco besessen, sei 1879---1882 daselbst Sindaco gewesen, habe diese Stelle dann, weil in Locamo wohnhaft, aufgeben müssen und sei dort vom Kommissär gestrichen worden, während Andere in ganz gleicher Lage stehen gelassen wurden. Respini, Gioach., in Cevio, Sindaco, blieb, obgleich in Locamo wohnend. Am Abend des 28. Februar erst habe er die Mittheilung des Dekretes des Staatsrathes erhalten, am Wahltage selbst sodann dem Wahl bureau von Loco zu Händen des Großen Rathes einen Protest gegen seinen Ausschluß abgegeben.

B. Betreffend die Gemeinde Russo.

VI. Am 4. Februar wandten sich Rusconi, Scarpelli und Streitgenossen an den Kommissär und verlangten S t r e i c h u n g von Bürgern und Aufnahme von solchen im Stimmregister. Der Kommissär entschied : 1. Serodino, Luigi, fu Giovanni, und 2. Serodino, Pietro, fu Antonio, sind nicht im Rückstande mit Steuern, daher nicht zu streichen.

1130 3. Poneioni, Abelardo, 4. Rusconi, Giuseppe di Prospero, 5. Serodino, Antonio, im Auslande, hatten ihr letztes Domizil in einer andern Gemeinde der Schweiz.

6. Poneioni, Cirillo, 7. Rusconi, Carlo, 8. Garbani-Nerini, Bvaristo, 9. Garbani-Nerini, Ettore, 10. POIICÌOQÌ, Brunone, sind in Genf oder andern Kantonen und haben nicht bewiesen, daß sie dort kein Stimtiirecht erworben haben.

11. Mordasini, Èrcole, fu Paolo, in Luino, hatte sein letztes tessinisehes Domizil in Bellinzona.

12. ßusconi, Giacomo, fu Marcello, wird von der Gemeinde unterstützt.

13. Rima, Guglielmo, und 14. Rusconi, Giovanni, sind mit Steuern im Rückstande.

Es sind daher die Bürger 3--9 und 11 zu streichen, 10 und 12--14 nicht einzutragen.

Ueber diese Ausschließungen beschwerte sich die Munizipalität von Russo mit Schreiben vom 16. Februar beim Bundesrathe. Sie erklärte: Die Bürger 3--5 sind periodische Auswanderer, die beiden ersten unbekannt wo, der dritte seit ungefähr drei Monaten wieder zu Hause, sie habeu immer ihre Steuern bezahlt; Nr. 6 sucht Arbeit in Genf; Nr. 11 verlangte im August 1888 seine Eintragung und wurde daher in Comologno gestrichen, hat in Russo schon ohne Anfechtung gestimmt. Am Schlüsse wird gesagt, daß eine Abschrift hievon durch das Mittel des Regieruugskommissärs dem Staatsrathe werde mitgetheilt werden.

An den Staatsrath wurde nicht rekurrirt.

Die bundesräthliche Untersuchung hat ergeben, daß Poneioni, Cirillo, und Rusconi, Carlo, vor nicht einem Jahre aus Frankreich nach Genf gezogen sind. Mordasini hatte früher in Comologno sein rechtliches Domizil genommen, ließ sich dann in Russo eintragen und bezahlte dort die Steuern, während er in Luino wohnen blieb ; die Munizipalität Darò bezeugt, daß er, seit 1882 in Luino wohnhaft, nicht mehr auf ihrem Steuer- und Stimmregister gestanden

1131 habe. Für Rusconi hatte die Gemeinde WohiTungsmiethe bezahlt.

Am 14. Februar erklärt die Munizipalität, daß er der Gemeinde 5 Fr., die er für Wohnungsmiethe bis heute erhalten, zurückbezahlt habe.

Die beiden Garbani sind Studenten in Genf und Luzern; ihie Familien wohnen und steuern in Russo.

Die Munizipalität hob hervor, daß diese Bürger gestrichen, dagegen zwei Domenigoni, Francesco und Giuseppe, welche in Frankreich wohnen und die Steuern nicht bezahlen, zugelassen worden seien. Allein mit Bezug auf diese war weder an den Staatsrath noch an den Regierungskommissär Rekurs ergriffen worden.

C. Betreffend die Gemeinde Berzona.

VU. Mit Schreiben vom 20. Januar 1889 verlangte Cadoni, Gugl., beim Regierungskommissär die E i n t r a g u n g von Nixzola, Albino, di Luigi, und Terribilini, Rocco, fu Martino, welche nur periodische Auswanderer seien, nirgends anders domizilirt, der Eiue im März, der Andere im April vorigen Jahres weggegangen.

VIII. Dem Kommissär gingen aus dieser Gemeinde eine Reihe gedruckter, handschriftlich ausgefüllter Formulare zu, welche Modifikationen des Stimmregisters bezweckten, und zwar: a. Mit Datum vom 25. Januar, unterzeichnet Garbani, Giovanni : S t r e i c h u n g von Rima, Marziano, di Giuseppe, seit vielen Jahren in andern Kantonen domizilirt; Regazzoni, Morolo, di Luigi, weil erst am 8. Mai volljährig werdend.

ö. 28. Januar, Rernonda, Giuseppe: S t r e i ch ung von Lucchini, Giacomo, Angestellter der Gotthardbahn, mit obligatorischem Domizil in Bellinzona.

c. 1. Februar, Garbani, Giovanni: S t r e i c h u n g von Chiesa, Remigio, seit mehr als 2 Jahren mit den Steuern im Rückstand.

d. 4. Februar, Garbani, Giovanni : S t r e i c h u n g von Bianchini, Felice, di Paolo, wohnt bei seinem Vater, Lehrer in Croglio, erst am 3. März volljährig.

e. 4. Februar, Garbani, Giovanni : S t r e i c h u n g von Bianchini, Paolo, Lehrer in Croglio, dort domizilirt.

1132 f. 24. Januar, Gharbani, Giovanni: S t r e i c h u n g von Rima, Benigno, di Giuseppe, seit vielen Jahren in andern Kantonen domizilirt.

g. 30. Januar, Garbani, Giovanni: S t r e i c h u n g von Chiesa, Rocco, domizilirt mit obligatorischem Domizil als Zollkontroleur in Locamo.

Alle diese Begehren wurden jedoch erst am 5. Februar der Munizipalität eingereicht.

IX. Mit Eingabe vom 8. Februar antwortete die Munizipalität hierauf Folgendes : Diese Begehren sind verspätet.

Im Uebrigen ist zu bemerken : 1. Chiesa, Rocco, ist aufzunehmen nach Gesetz vom 28. Juni 1885.

2 und 3. Bianchirli, Paolo, und Sohn, ebenso.

4. Lucchini, Giacomo, Schreiner der Gotthardbahn, ist immer auf unserm Stimmregister gestanden, hat hier sein Domizil und seine Familie, ist allwöchentlich hier, stand nie auf einem anderen Stimmregister.

5. Chiesa, Remigio, ist nicht im Rückstand mit seinen Steuern.

6. Rima, Marziano, wie oben.

7. Rima, Benigno, hat keine Rückstände, ausgenommen Militärsteuer.

8. Dagegen ist Regazzoni, Marolo, nur aus Versehen aufgenommen worden und finden wir das Begehren seiner Streichung gerechtfertigt.

X. Mit Dekret vom 11. Februar, mitgetheilt den 12., wies der Kommissär die Begehren von Cadoni um Aufnahme von Ferrazzini, Battista, Nizzola, Albino, Repetto, Giovanni, Terribillni, Rocco, als unbegründet ab.

Mit Dekret vom 13. Februar, mitgetheilt den 16., entschied der Kommissär die Begehren der Herren Remonda und Garbani und ordnete die Streichung der in Fact. VIII hier oben erwähnten Bürger, in Erwägung : daß, wie die Munizipalität selbst zugebe, Regazzoni, Marolo, das gesetzlieh Alter nicht besitzt ; daß die Munizipalität nicht bewiesen hat, daß Chiesa, Remigio, keine Steuern schulde, derselbe vielmehr noch alte Steuern schuldet; daß die Anderen kein Domizil in Berzona besitzen.

1133 XI. Mit Eingabe vom 17. Februar 1889 appellirte Lucchini, Giacomo, gegen seine Streichung an den Staatsrath.

Er bezog sich auf das dem Kommissär eingereichte Zeugniß der Gemeindekanzlei von Bellinzona, daß er dort nicht auf dem Stirnmregister stehe, und erklärte, seine Stellung hei der Gotthardbahn sei prekär, und darum habe er sein Domizil in Berzona immer beibehalten und dort auch seine Familie gelassen.

Am 18. desselben Monats rief er auch den Schutz des Bundesrathes an für sich, Chiesa, Rocco, Bianchini, Paolo, Chiesa, Remigio, Rima, Marziano, Nizzola, Albino, und Terribilini, Rocco.

Mit Eingabe vom 19. Februar appellirte Chiesa, Rocco, gegen seine Streichung an den Staatsrath.

Er sagt: Gegenwärtig in Locamo als Zollkontroleur wohnend, habe ich hier von der Munizipalität von Berxona die Mittheilung erhalten, daß ich durch Dekret des Kommissärs auf dem dortigen Stimmregister gestrichen worden sei, weil in Locamo domizilirt, wo ich nicht eingetragen bin.

Er fügte eine Erklärung der Munizipalität Berzona bei. dahin gehend, daß er daselbst Bürger und domiziiirt sei und seine Steuern bezahle, und daß das Begehren seiner Streichung erst so spät eingereicht worden sei, d«ß er darauf nicht mehr habe antworten können.

Ferner einen Brief der Gemeinderathskanzlei Locamo, daß sie ihm kein Zeugniß darüber geben könne, ob er dort auf dem Stimmregister stehe oder niclit, daß sie das der Munizipalität vorlegen werde (!). Am 22. Fehruar bezeugte letztere, daß Rocco Chiesa in Locamo keine Steuern zahle und dort auch nicht auf dem Stimmregister stehe.

Zugleich wandte er sich an den Bundesrath um Schutz seines Stirnmrechtes.

Unterm 14. Februar appellirte Cadoni, Rocco, an den Staatsralh und verlaugte, daß e i n g e t r a g e n werden: Ferrazzini, Battista, Repetto, Giovanni, di Benvenuto, Repetto, Enrico, di Benvenuto, alle Drei in Amerika; Nizzola, Albino, und Terribilini, Rocco, periodische Auswanderer.

Die Munizipalität machte keine Gegenbemerkungen.

Bundesblatt. 43. Jahrg. Bd. III.

75

1134 XII. Der Staatsrath entschied durch Dekret vom 26. Februar : a. Betreffend den Rekurs C a d o n i. Aus dem Stillschweigen der Munizipalität ist zu schließen, daß sie die Genannten nicht eingeschrieben habe, weil sie nicht in Berzona domizilirt seien oder aus andern Gründen, die aus den Akten nicht ersichtlich sind ; Rekurrent hat keinen Beweis geleistet für das Gegentheil, z. B.

daß die Genannten ihre Familien in der Gemeinde haben und so ihr dortiges Domizil aufrecht erhalten. Demnach ist der Rekurs abgewiesen.

b. Betreffend den Rekurs L u e c h i ni, G i a c o m o . Rekurrent hat nicht bewiesen, daß er sein Domizil in Berzona beibehalten habe, -- er ist daher abgewiesen.

c. Betreffend den Rekurs C h i e s a , R o c c o . Da seine Appellation der Munizipalität von Berzona nicht mitgetheilt worden ist, sie also keine Gegenbemerkungen hat machen können, noch auch der Gegenpartei, Garbarti (Art. 2 und 4 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888"», Rekurrent sein Domizil in Berzona auch nicht bewiesen hat, da die von ihm beigebrachte, nicht beglaubigte Abschrift einer Erklärung der Munizipalität von Berzona keinen Beweis bildet, ist sein Rekurs materiell und formell abgewiesen.

Am 28. Februar schrieb Chiesa, Rocco, an den Bundesrath, indem er ihm von seinem Rekurs an den Staatsrath Kenntniß gab : Die Munizipalität von Locamo schrieb an den Staatsrath, ich sei, seit vielen Jahren in Locamo domizilirt, daselbst im Stimmregister eingeschrieben gewesen, weil diejenigen, welche mit ihren Steuern im Rückstande gewesen seien, doch auf dem Register gestanden haben; der Kommissär aber strich mich; es wurde an den Staatsrath rekurrirt, und diesem antwortete die Munizipalität, ich ,,habe immer verweigert, die Gemeindesteuern zu zahlen, und sei darum behandelt worden wie die, welche die verlangten Steuern nicht bezahlen"1. Das ist ganz unwahr. Nie ist in Locamo eine Steuer von mir verlangt worden ; und wenn das geschehen wäre, so würde ich mich sicherlich über die in Berzona bezahlte Steuer ausgewiesen haben. Die Taktik, die gegen mich befolgt wird, geht offenbar dabin: In Berzona soll ich ausgeschlossen werden, weil in Locamo domizilirt, und in Locamo darum, weil ich die Steuern in Berzona zahle. Ich habe aber mein Domizil in Berzona, darum zahle ich auch dort die Steuer. Einen Entscheid des Staatsrathes habe
ich noch nicht, aber auf jeden Fall bitte ich um Ihren Schutz.

Mit telegraphischer Depesche vom 1. März und Brief vom 2. März theilte er dem Bundesrathe den Entscheid des Staatsrathes mit und erneuerte sein dringendes Gesuch um Schutz seiner bürgerlichen Rechte.

1135 Gleiche telegraphische Gesuche gingen dem Bundesrathe ein von Lucchini, Giovanni, für sich und seinen Sohn, von Lucchini, Giacomo, und eine schriftliche Eingabe von Bleletta, Giuseppe, für sich und Streitgenossen.

Bei der Wahl vom 3. März erschienen die Ausgeschlossenen Rocco Chiesa, Lucchini Giacomo, Chiesa Remigio, Notaris Antonio, und Rima Benigno und reichten einen von ihnen unterzeichneten Protest dem Wahlbüreau ein, verbunden mit der Erklärung, daß sie für Ingenieur Federico Bezzola, Carlo Garbani-Nerini und Lodovico Schira gestimmt haben würden.

Die gleiche Erklärung richteten Notaris und Chiesa Remigio durch Ausfüllung eines gedruckten Formulars an das kantonale liberale Koniite, das dieselbe dem Bundesrath übermittelte.

Die Munizipalität von Berzona gab mit Datum vom 4. März folgende Erklärungen über die Ausgeschlossenen ab: Rima, Benigno, ist periodischer Auswanderer; Chiesa, Rocco, hier domizilirt gemäß Gesetz vom Juni 1885 ; Lucchini, Giacomo, findet sich jede Woche hier bei seiner Familie ein ; Chiesa, Remigio, zahlte seine Steuern am 28. Februar; Notaris, Autouio, ebenso.

XIII. Die eidgenössische Untersuchung hat Folgendes ergeben : Chiesa, Rocco, fu Remigio, Zollkontroleur in Locamo seit 1883, nahm 1887 an den Gemeindewahlen von Locamo Theil, am 3. Februar 1889 aber au denen von Berzona, ist unverheirathet, hat nach vorgewiesenen Quittungen in Berzona seine Steuern bezahlt. Er schrieb am 29. Januar 1689 an "die Munizipalität von Locamo, daß, falls er dort eingeschrieben sei, man ihn streichen solle; die Antwort war, er sei nicht eingeschrieben, da er nie Steuern in Locamo bezahlt habe.

Chiesa, Remigio, fu Gugl., Hutmacher in Berzona. Hat laut vorgewiesenen Quittungen seine Steuern am 28. Februar 1889 bezahlt. Würde für die Liberalen gestimmt haben.

Rima, Benigno, di Giuseppe, Mineur, in Faido, periodischer Auswanderer, am 1. April 1888 von Berzona weggegangen, wo er gestimmt hatte, kehrte am 1. März 1889 wieder dahin zurück, ist in Faido nicht eingeschrieben, unverheirathet, zahlt seine Steuern in Berzona. Würde für die liberale Liste gestimmt haben.

Lucchini, Giacomo, fu Giov., von Loco, seit 1861 ohne Unterbruch mit Familie als Schreiner in Berzona domizilirt, gegenwärtig

1136

in Darò wohnhaft als Arbeiter der Eisenbahn, arbeitet seit 3 oder 4 Jahren in Darò, besitzt ein Gütchen in Berzona, welches er selbst bebaut, wenn sein Dienst es ihm erlaubt. Zahlt seine Steuern in Berzona. Stand bis zum 5. Februar 1889 (Wahl der Munizipalität) immer auf dem Stimmregister von Berzona. Wurde gestrichen als in Bellinzona domizilirt, während die dortige Munizipalität, bezeugt, daß er dort niemals Domizil gehabt, niemals Steuern bezahlt ha.be und niemals auf dem Stimmregister gestanden sei. Die Munizipalität von Darò bezeugt, daß er dort bloßer Aufenthalter sei. Würde für die liberale Liste gestimmt haben.

Notaris, Antonio, fu Tomaso, Hutmacher, in Berzona, ausgeschlossen, weil er nicht zur Zeit seine SteuerrUckstände bezahlt habe. Weist Steuerquittungen vom 24. November 1887 und 28.

Dezember 1888 vor. Würde für die liberale Liste gestimmt haben.

D. Betreffend die Gemeinde Comologno.

XIV. Am 1. Februar 1889 wandte sich B e z z o I a, dementino, an den Regierungskommissär und an die Munizipalität mit dem Begehren um Eintragung in das Stimmregister; er scheine vergessen worden zu sein.

Am nämlichen Tage verlangte beim Kommissär seine Eintragung C a n d o l f i , Marino, di Ambrogio.

Mit Eingaben vom 25., 26., 29. Januar, 1., 2., 3. Februar verlangte Remonda, Giuseppe, daß auf das Stimmregister gesetzt werden : Candolfi, Marino, di Ambrogio, Bezzola, Gerolamo, fu Carlo; ferner daß g e s t r i c h e n werden: Gamboni, Aquilino, fu Carl, Antonio, Marconi, Bliseo, di Carlo, Remonda, Giovanni, di Pietro, Castellani, Egildo, di Ant., Candolfi, Pietro, di Giovanni, Bezzola. Modesto, Mordasini, Celestino, fu Gius., Bezzola, Giovanni, fu Pietro, Bezzola, Massimo, fu Pietro.

Der Kommissär entschied durch Dekret vom 13. Februar, mitgetheilt der Munizipalität am 15.: Candolfi, Marino, di Ambrogio, hat seinen Rekurs nicht durch den Weibel eingereicht, ist daher nach dem Gesetz vom 3. Dezember 1888 abgewiesen.

1137 Betreffend die Eingabe von Remonda: Candolfi, Marino, di Ambrogio, und Bezzola, Gerolamo, fu Carlo, sind einzutragen (Begründung fehlt).

In Erwägung, daß Gamboni, Aquil., Marconi, Elis , Remonda, Giov., Castellani, Egildo, Candolfi, Pietro, seit mehr als 3 Monaten in andern Kantonen sind, dort ihr Domizil erworben haben, und die, die zurückgekehrt sind, dies erst nach dem 2. Dezember gethan haben ; daß Bezzola, Modesto, Angestellter mit Domizil in Locamo, Mordasini, Celestino, Angestellter der Gotthardbahn ist, in Bellinzona wohut und dort seinen Haushalt und den Hauptsitz seiner Geschäfte hat; Bezzola, Giovanni, fu Pietro, in Pinerolo wohnt; Bezzola, Massimo, fu Pietro, in Paris wohnt und ihr letztes schweizerisches Domizil in Comologno war, sind die sämmtlichen Genannten mit Ausnahme der beiden Letzten gestrichen.

XV. Am 17. Februar appellirte hiegegen die Munizipalität von Comologno an den Staatsrath. Ihre Eingabe hat im Wesentlichen folgenden Inhalt: Um sicher vorzugehen und auch den Schein der Parteilichkeit zu vermeiden, theilten wir dem Regierungskommissär am 19. Januar mit, daß die Bürger Bezzola, Biagio, Candolfi, Antonio und Renato, Gamboni Costautino, Antonio und Aquilino, Marconi, Eliseo, Remonda, Giov., und Castellani, Egildo, erst nach dem 2. Dezember 1888 nach Comologno zurückgekehrt seien, und fragten au, ob wir sie in das Stimmvegister aufzunehmen haben oder nicht. Wir erhielten keine Antwort. Candolfi, Marino, und Bezzola, Clemente, waren im Stimmregister vergessen worden; der Kommissär ordnete die Eintragung von Caudolfi an, nicht die von Bezzola, Letzterer bleibt ausgeschlossen. Von den nach dem 2. Dezember Heimgekehrten hat der Kommissär die Einen gestrichen, die Andern nicht. Wir bitten anzuordnen, daß Alle gleich entweder auf dem Stimmregister behalten oder gestrichen werden. Im Einzelnen : Mordasini, Celest., hatte schon im Oktober darum nachgesucht, in Comologno eingeschrieben zu werden, indem er behauptete, in

1138 BelKnzona gestrichen worden zu sein. Die Munizipalität verlangte ein Zcugniß über diese Streichung; und in der That schickte uns die Munizipalität von Bellinzona am 10. Dezember eine Erklärung, daß er schon vor Zeiten Bellinzona verlassen habe. Daraufhin haben wir ihn eingeschrieben.

Bezzola, Clemente, ist nur vergessen worden.

Wir haben durchaus neutral sein wollen, um möglicher Weise schweres Unheil zu verhüten, und hoffen auf gleiches Recht für Alle.

Das Departement des Innern des Kantons Genf bezeugt mit Brief vom 21. Januar 1889, daß Remonda, Giovanni Batt., geboren 1846, nie auf den Stimmregistern des Kantons gestanden habe.

XVI. Durch Verfügung vom 26. Februar, mitgetheilt den 1. März, erkannte der S t a a t s r a t h , in Erwägung, daß die Munizipalität sich über ungleiche Behandlung der nach dein 2. Dezember Heimgekehrten beschwert, ohne sich jedoch die Mühe zu geben, für jeden Einzelnen nähere Angaben zu machen, die den Staatsrath in den Stand gesetzt hätten, den Fall zu prüfen ; ferner betreffend Bezzola, Modesto. Es ist schon in Sachen Pagnamenta und Rossi entschieden worden, daß staatliche Anstellung keinen Rechtstitel gebe auf Stimmrecht außerhalb des wahren Domizils.

Bezzola, Clemente. Wenn ein Bürger vergessen wurde bei der Anfertigung des Stimmregisters, so hat nach dem Gesetz vom 3. Dezember 1888 der Kommissär nicht das Recht, seine Eintragung anzuordnen; auch kann die Munizipalität nicht von sich aus den Schaden gut machen, das kann nur auf formellen Rekurs geschehen; die Beschwerde ungleicher Behandlung des Candolfi und des Bezzola ist also ganz grundlos.

Mordasini, Celesto, steht nicht mehr im Stimmregister von Bellinzona, aber in dem von Darò. Die Beschwerde ist abgewiesen.

XVII. Schon am 19. Februar hatte sieh die Munizipalität auch an den Bundesrath gewendet, um da endlich Schutz für die politischen Rechte der Bürger zu finden, da, wenn der Staatsrath mit seinem Entscheide warte bis zum 1. März, keine Zeit mehr bleiben würde, der Bundesbehörde vor der Wahl die Sachlage auseinander zu setzen. Es wird berichtet, wie die Munizipalität am 19. Januar den Kommissär über die obgenannten neun Bürger und einen zehnten (Offredi, Candido, di Batt.) angefragt, aber keine Antwort erhalten habe, wie der Kommissär von der Munizipalität auf die beiden Vergessenen aufmerksam gemacht worden sei, aber keine Antwort gegeben habe, wie wiederholte Mahnungen nichts gefruchtet haben,

1139 wie dagegen auf den Rekurs eines gewissen Remonda von Mosogno gleich die Streichung von sieben, die Aufnahme von zwei Bürgern erfolgt sei, wie die nach dein 2. Dezember Heimgekehrten verschieden behandelt worden seien. Im Einzelnen wird gesagt: Bezzola, Modesto, ist Forstinspektor, residirt in Locamo, ist aber mit seiner Familie in Comologno domizilirt und hat dort auch immer auf dem Stimmregister gestanden. Er ist unverheirathet, führt keinen eigenen Haushalt, geht nur für seine amtlichen Geschäfte nach Locamo. Andere kantonale Angestellte, die sammt ihrer Familie immer in Bellinzona sind, haben dagegen in ihrer Heimatsgemeinde stimmen können. Wo ist da die Rechtsgleichheit?

Mordasini, Celestino. Es wird wiederholt, was dem Staatsrathe vorgebracht wurde. Soll er wirklich nirgends stimmen können?

Dann folgt die ungleiche Behandlung von Candolfi und Bezzola, Clemente.

Eine Abschrift dieser Eingabe wurde dem Staatsrath übermittelt.

Uuter'm 28. Februar fragte die Munizipalität die Präsidenten der Gemeinden, in welchen sieh die gestrichenen Bürger aufgehalten hatten, telegraphisch a n , ob Letztere hei ihnen eingeschrieben gewesen seien, und erhielt folgende Antworten: Gamboni, Aquilino, ist in Grandson nicht eingeschrieben.

Marconi, Eliseo, ist in Neuchâtel nicht eingeschrieben.

Castellani, Egildo, ist in Vevey nicht eingeschrieben.

Bezzola, dementino, ist in Chaux-de-Fonds nicht eingeschrieben.

Bezzola, Modesto, ist in Locamo nicht eingeschrieben.

Mit telegraphiseher Depesche vom 1. März gab die Munizipalität dem Bundesrath Bericht von der Entscheidung des Staatsrathes und bat um sofortige Intervention.

Zugleich sandte sie das Dekret des Stantsrathes mit Begleitschreiben an die eidgenössische Behörde. Wenn der Staatsralh in der Eingabe der Munizipalität- nicht genügende Auskunft fand, wird gesagt, so hätte er alles Weitere, was er wünschte, von ihr erfahren können. Das Begehren um Hülfe wird dringend wiederholt.

An der Wahlversammlung vom 3. März selbst wurde von den genannten ausgeschlossenen Bürgern Remonda, Giovanni, Castellani, Marconi, Gamboni, Bezzola, dementino und Modesto, ein Protest gegen ihre Ausschließung der Wahlversammlung eingereicht, von Bezzola, Modesto, mit dem Beifügen, daß ja auch seine Eintragung

1140 in Locamo nicht verfügt, er also einfach seines Stimmrechtes bermbt worden sei. Sie erklären Alle, daß sie für die liberalen Kandidaten gestimmt haben würden.

Unter'm 4. März wiederholten sie diese Erklärung durch Ausfüllung; eines gedruckten Formulars.

Die eidgenössische Untersuchung förderte folgende weitere Daten zu Tage: Bezzola, Modesto, wurde bei der Großrathswahl vom 26. Februar 1888 durch den Kommissär iu Comologno gestrichen, hat seine Eltern in Comologno und zahlt dort seine Steuern. Er ist unter denen, die bei der Munizipalitätswahl von Locamo im Jahre 1887 in Masse ausgeschlossen wurden.

Bezzola, Clemente, Maurer, im Sommer in andern Kantonen, im Winter in Comologoo, am 14. September 1888 aus Chaux-de* Fonds zurückgekehrt, stimmte bisher in Comologno und zahlte da seine Steuern, unverheirathet.

Remonda, Giovanni, di Pietro, Gypser, gewöhnlich in Genf, kehrte am 14. Januar von da zurück, stimmte bis jetzt in Comologno, nie in Genf, zahlt seine Steuern in Comologno.

Marconi, Eliseo, im Sommer Maurer in Neuchâtel, periodischer Auswanderer, kehrte am 18. Dezember von da zurück, stimmte bis jetzt immer in Comologno, nie in Neuchâtel, unverheirathet, zahlt seine Steuern in Comologno.

Die Gemeinderathskanzlei Chaux-de-Fonds schrieb dem Bundesdelegirten auf seine Anfrage hin: Marconi hat bei uns nur eine Aufenthaltsbewilligung für ein Jahr erhalten und steht nicht auf unsern Stimmregistern ; er hat auch jene Bewilligung nicht erneuert, steht nicht auf unsern Listen vom Januar 1889 und erscheint gegenwärtig nicht mehr als Einwohner von Chaux-de-Fonds.

Gamboui, Aquilino, im Sommer Maurer in Grandson, am 12. Dezember 1888 heimgekehrt, hat immer ia Comologno, nie in Grandson gestimmt, lebt mit seinem Bruder zusammen in Comologno und zahlt dort seine Steuern.

Der Syndic von Grandson hat dem Bundesdelegirten dies, soweit es Grandson betrifft, bestätigt.

Castellani, Errnenegildo, im Sommer Maurer in Veve.y, zurückgekehrt am 16. Dezember 1888, stimmte bis jetzt in Comologno, nicht in Vevey, hut seine Familie in Comologno, wo sein Vater für ihn die Steuern bezahlt. Er ist geboren 1863 und seit seiner Geburt immer in Comologno gewesen.

1141 Die Munizipalität von Vevey schreibt dem ßundesdelegirten auf seine Anfrage, daß Castellani vom Fremdenbüreair der Stadt eine Aufenthaltskarte erhalten habe. Seit fünf Jahren komme er jeden Sommer her als Maurergeselle. Am 24. Oktober 1887 sei er von A m t s w e g e n auf das Stimmregister genommen worden, er habe aber nie Gebrauch von seinem Stimmrecht gemacht.

E. Betreffend die Gemeinde Auressio.

XVJII. Durch Eingabe an den Kommissär verlangte Beda, Martino, die A u f n a h m e folgender Bürger in das Stimmregister: Beda, Pio, fu Gaetano, in Frankreich, Calzonio, Paol Ant., fu Ant., in Paris, Calzonio, Luigi, fu Ant., in Paris, Calzonio, Paolino, di Luigi, in Paris, Me!la, Carlo, fu Paolo, in Paris, Mella, Giov. Domen., di Domen., in Paris, Mella, Aquilino, di Domen., in Paris, Magistretti, Giov., fu Ant., in Frankreich, Magistretti, Enrico, fu Giovanni, in Frankreich, Magistretti, Vincenzo, fu Vincenzo, in Frankreich, Nizzola, Francesco, fu Marcello, in Paris, Nizzola, Virgilio, di Paol Abbandio, in Paris, Orsi, Paolino, fu Carlo, in Frankreich, Peverada, Pacifico, di Giovanni, in Turin, Peverada, Giovanni, fu Angelo, in Paris, Zenone, Giuseppe, fu Antonio, in Paris, Zenone, Angelo, fu Antonio, in Paris, Zenone, Giovanni, fu Carlo, in Paris, Zenone, Domenico, fu Carlo, in Paris, Zenone, Giovanni, fu Matteo. in Paris, Broggini, Antonio, fu Giuglio, der nur vorübergehend in Bellinzona wohnt, in Auressio seine Gemeindesteuern bezahlt,, dort seine eigene Familie hat und nicht auf dem Stimmregister von Darò erscheint, Beda, Carlo, fu Giovanni, der nur einen Theil des Jahres in Vira-Gambarogno als Lehrer zubringt.

Dagegen die S t r e i c h u n g von : Beda, Enrico, fu Domenico, seit mehr als 3 Monaten in Montreux domizilirt.

1142 Das Dekret des Kommissärs wurde nicht eingereicht. Dagegen sehrieb am 20. Februar der genannte B r o g g i n i an den Bundesrath was folgt : ,,Durch Dekret des Kommissärs vom 14. Februar bin ii-li, obgleich in Auressio domizilirt und verbürgert, daselbst im Siimmregister gestrichen worden, und zwar wegen Rückstandes mit Steuern von mehr als 2 .fuhren. Ich habe aber Alles bezahlt, was der Einnehmer von mir verlangte, und besitze die Quittungen dafür.

Die Munizipalität sagt aueh, daß ich hier nicht domizilirt sei ; ich bin aber in Darò nur Aufenthalter für die Arbeit und stehe dort nicht im Stimmregister, wie das beim Kommissär liegende Zeuguiß dortiger Munizipalität bezeugt. Ich habe mich bei der Regierung des Kantons Tessin beschwert, hege aber- keine Hoffnung, daß mir von der geholfen werde, und bitte daher um Ihren Schutz."

Ein Entscheid des Staatsrathes liegt indessen nicht vor.

Am 3. März reichten Zenone, Giovanni, Giuseppe und Gabriel, dem Wahlbüreau einen Protest ein, worin sie erklärten, sie seien gestern von Paris gekommen und habeu sofort allfällige Steuerrückstände berichtigen wollen, aber vom Sindaco keine Autwort erhalten, seien dann heute nicht zur Wahl zugelassen worden, wogegen sie protestiren ; sie würden gestimmt haben für Bezzol», Fed., Ing., Schira, Ludovico, und Garbani-Neriüi, Carlo. Eine gleiche Erklärung gaben sie durch Unterzeichnung eines gedruckten Formulars d. d. 4. März ab.

Die Untersuchung des Bundesdelegirten ergab folgende Resultate: Zenoae, Giovanni, fu Carlo, Kaminfeger, in Paris seit 22 Jahren ohne Unterbrechung, hat Familie in Paris, in Auressio nie Steuern bezahlt, ist am Abend vor der Wahl angekommen und ausgeschlossen worden, würde für die Radikalen gestimmt haben.

Zenone, Giuseppe, fu Antonio, in ganz gleicher Lage, nur mit dem Unterschiede, daß er schon 44 Jahre in Paris lebt, sich bereit erklärt hat, die Steuerrückstände zu bezahlen, und einen Entscheid des Staatsrathes erwartet.

Zenone, Gabriele, dessen Sohn -- hier gilt das Nämliche.

Broggiui, Antonio fu Giulio, hat Frau und Kinder in Auressio, steht als Firnisser im Dienst der Reparaturwerkstätte der Gotthardbahn und reist in dieser Eigenschaft von einem Ort zum andern.

Sein gewöhnlicher Aufenthaltsort ist seit 1875 Darò. Er zahlt seine Steuern ia Auressio; war da Mitglied der Munizipalität von 1879 bis 21. Januar 1888, mit Unterbrach eines Jahres, stand da immer auf dem Stimmregister, wurde aber bei der Wahl vom

1143 26. Februar 1888, noch am Morgen des Wahltages selbst, vom Kommissär gestrichen, weil er sein obligatorisches Domizil in Bellinzona habe, nahm am 30. Dezember 1888 wieder au der Gemeindeversammlung von Auressio Theil, fehlte dagegen wieder auf dem Stimmregister für die Wahlen vom · 3., März '1889, wandte sich daher an den Kommissär, wurde aber von diesem durch Dekret vom 14. Februar abgewiesen, da er in Darò domizilirt sei, während er dem Kommissär doch ein Zeugniß dei' dortigen Munizipalität eingereicht hatte, dahin gehend, daß er daselbst bloßer Aufenthalter sei, und weil mit Steuern seit 2 Jahren im Rückstände, während er die Quittung aus der ersten Hälfte des Januar vorwies, rekurrirte gegen das Dekret au den Staatsrath, hat aber noch keine Antwort desselben erhalten, wurde kriminalisirt wegen unberechtigter Theilnahme an der Wahl vom 16. Februar 1888, würde für die liberalen Kandidaten gestimmt haben.

F. Betreffend die Gemeinde Grana.

XIX. Bei der eidgenössischen Untersuchung wurde Beschwerde geführt mit Bezug auf folgende Bürger : Mordasini, Carlo, fu Giuseppe, Maurer, arbcilet bis zum 29. Oktober 1888 in Gordola, wohnt gewöhnlich in Grana, hat nie in Gordola gestimmt, seit 4 Jahren auch nicht in Ciana, unverheirathet, zahlt in Grana seine Steuern, a u s g e s c h l o s s e n , weil mit den Steuern von 1887 und 1888 irn Rückstande, weist die Steuerquittungen auf, sie sind vom 2. März datirt, würde für die radikale Liste gestimmt haben.

Dagegen wurden z u g e l a s s e n zur Wahl: Poncioni, Francesco, am 2. angekommen, in Chexbres eingeschrieben, und Milano, Giosuè, eingeschrieben in Comologno, wo er sein Domizil hat.

G. Betreffend die Gemeinde Mosogno.

XX. Bei der eidgenössischen Untersuchung wurde Beschwerde gefuhrt mit Bezug auf folgende Bürger : Dami, Benjarnino, di Costantino, Maurer, seit 5 Jahren ohne Unterbruch in Paris, wo er seine Familie hat, hat keine Steuern in Mosogno bezahlt, weil dazu nicht aufgefordert, wollte es aber am 3. März thun, würde für die Liberalen gestimmt haben.

Castellani, Giovanni, di Bonaventura, Köhler in Val Onsernone, seit 1852 in Mosogno, vor einem Jahr in Berzona, stimmte bis dahin

1144

in Mosogno, hat dort seine Familie und zahlt dort seine Steuern, ausgeschlossen wegen Steuerrückstandes, was er sich nicht erklären zu können behauptet.

H. Betreffend den ganzen Wahlkreis.

XXI. Das Bureau des Wahlkreises proklamirte folgendes Wahlresullat : Gültige Stimmen 687 Absolutes Mehr 344 Stimmen erhielten : Schira, Ludovico 370, gewählt Bezzola, Giovanni, Adv 362, ,, Garbani-Nerini, Carlo 351, ,, Bezzola, Federico, Ing 345.

Chiesa, Carlo 312.

Domenigoni, Antonio 301.

Gegen diese Proklamirung rekurrirte Poncioni, Gioachimo, von Crâna, an den Großen Rath mit dem Regehren, daß an Stelle des Advokaten Bezzola, Giovanni, der Ingenieur Bezzola, Federico, als gewählt proklumirt werde, weil 1. 25 Bürger mit Unrecht von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen, und 2. 4 Bürger mit Unrecht zur W'ihl zugelassen worden seien.

Die Wahlaktenpviifuniïskommission fand einstimmig, daß, wenn dies richtig wäre, alle 3 Wahlen kas-sirt werden müßten. Sie fand dann aber, daß mit Bezug auf die 4 Bürger Niemand eine Streiehung vom Stimmregister verlangt hatte. Die angeblich unrechtmäßiger Weise ausgeschlossenen Bürger vertheilten sich folgendermaßen auf die einzelnen Gemeinden : Berzona 5, Comôlogno 6, Loco 9, Auressio 3, Mosogno 2.

Rekurrent hatte aber die Nameo der Betreffenden nicht angeführt, uud so sah sich die Kommission nicht in der Lage, die Behauptung zu prüfen; ein Rekurs gegen den Ausschluß einzelner Bürger an den Großen Ralh im Sinne des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 war nicht erfolgt; so fand die Mehrheit der Kommission die Sache in Rechtskraft erwachsen und beantragte die Abweisung des Rekurses uud Bestätigung der Wahl.

Die Minderheit erklärte sich damit einverstimden, jedoch vorbehaltlich des Ausgangs der beim Bundesrathe anhängig gemachten Beschwerden.

1145 In seiner Sitzung vom 15. März 1889 anerkannte der Große Rath die 3 getroffenen Wahlen.

Mit Eingabe vom 17. März wandte sieh der Ingenieur F. Bezzola an den Bundeskommissär Oberst Borei. Er erklärt: die Untersuchung wird ergeben, daß 27 Bürger mit Unrecht von den Wahlen ausgeschlossen worden sind. Da diese nun säinmtlich erklärt haben, daß sie für die 3 liberalen Kandidaten gestimmt haben würden, so ist diese Erklärung einer Stimmabgabe gleich zu achten und so in Rechnung zu bringen. Daraus wird sich ergeben, daß außer den beiden Liberalen Schira und Garbani der Rekurrent in Wirklichkeit gewählt ist, und nicht der Advokat Giov. Bezzola. Das Begehren des Rekurrenten geht daher dahin, daß er selbst an Stelle des Letztern als gewählt proklamirt werde.

Schon unterm 4. März hatten 3 Mitglieder des W ah] bureau eine ähnliche Vorstellung an den Bundeskommissär gerichtet und dabei bemerkt, daß Bürger aus den verschiedenen Gemeinden gegen das Wahlresultat protestirt haben, weil sie unrechtmäßiger Weise von der Wahl ausgeschlossen worden seien, daß während der Wahlverhandlung ein Schuß gefallen sei, sodann das Wahlbüreau das Lokal habe räumen lassen und trotz den Protesten der Unterzeichneten die Proklamation des Wahl résultâtes vorgenommen habe.

Ein Brief vom 5. März sprach von Drohungen, die von konservativer Seite dabei ausgestoßen worden seien. Eine Depesche von Ludovico Schira und eine Eingabe des Friedensrichters Poncioni in Russo benachrichtigten die eidgenössischen Behörden ebenfalls von den erwähnten Vorfällen.

Der B u n d e s r a t h zieht in Erwägung: 1. Was die Kompetenz des Bundesrathes zur Entscheidung der vorliegenden Rekurse betrifft, so ist vor Allem zu beachten, daß eine Reihe von Bürgern, deren Stimmrecht hier streitig ist, schweizerische Niedergelassene sind. Nach der Bundesverfassung, Art. 102, Ziff. 2, zusammengehalten mit Art. 113, ferner nach Art. 59, Ziff. 5, des Bundesgesetzes über die Organisation derßundesrechtspflege vom 27. Juni 1874 ist die Entscheidung von Rekursen betreffend Rechte der Niedergelassenen, welche sich auf Art. 43 der Bundesverfassung stützen, Sache des Bundesrathes.

Der citirte Art. 43 bestimmt in Absatz 5, daß der niedergelassene Schvveizerbürger in kantonalen Angelegenheiten das SUmmrecht nach einer Niederlassung von 3 Monaten erwerbe. Da gerade dieses Stimmrecht den hierortigen Streitgegenstand bildet, so ist damit die Kompetenz des Bundesrathes begründet. Daß unter den niedergelassenen

1146 Sehwei/erbürgern des citirten Art. 43 nicht nur die außerkantonalen, sondern auch die im Niederlassungskanton selbst verbüvgerten zu verstellen sind, ist von den Bundesbehörden von jeher angenommen und festgehalten worden, vergleiche den Entscheid des Bundesrathes betreffend die Munizipalwahlen von Locamo vom 1. Mai 1887, Erwägung 1.

2. In Bezug auf die Anwendung des kantonalen Rechts bei kantonalen Wahlen ist Folgendes in Betracht zu ziehen : Den Kantonsbehörden gehört allerdings die Handhabung des kantonalen Rechts; sie haben dasselbe auszulegen und festzustellen.

Wenn aber in einem Gebiete, dessen Schutz der Bund übernommen hat, von den kantonalen Behörden bei gleichen Verhältnissen ungleiches Recht angewendet, das einmal festgestellte Recht nicht überall gleichmäßig sehandhübt wird, so haben die davon betroffenen Bürger laut Art. 4 der Bundesverfassung das Recht, den Schutz des Bundes anzurufen, und der Bund hat die Aufgabe, die Kantonsbehörde zur Handhabung des von ihr in gleichartigen Fällen festgestellten Rechtes zu verhalten. Es haben übrigens die Bundesbehörden auch für das kantonale Stimmrecht bindende Grundsätze aufgestellt, welche die Kantonsbehörden nicht mißachten dürfen (vergleiche Entscheid des Bundesrathes in Sachen Dürnten, Bundesblatt 1876, Bd. I, p. 437).

Nun wird von den Rekurrenten gerade das behauptet, daß die Gleichheit der Bürger durch die Entscheidungen der Munizipalitäten, des Regierungskommissärs und des Staatsrathes des Kantons Tessiti verletzt worden sei, und ihre Beschwerden stützen sich gerade auf Art. 4 der Bundesverfassung und Art. 5 derselben, durch welchen der Bund die verfassungsmäßigen Reehte der Bürger gewährleistet.

Es ist also in der That die Aufgabe des Bundes, zu prüfen, ob die Beschwerden begründet sind oder nicht.

Und zwar fällt diese Prüfung in die Kompetenz; des Bundesrathes, da laut Art. 102, Ziff. 2, der Bundesverfassung, zusammengehalten mit Art. 59, Ziff. 9, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 27. Juni 1874, Beschwerden gegen die Gültigkeit kantonaler Wahlen dem Entscheide des Bundesrathes unterliegen (vergleiche Entscheid betreffend Sessa, Bundesblatl 1875, Bd. IV, p. 429, bestätigt von der Bundesversammlung; betreffend Caneggio, Bundesblatt 1877, Bd. IV, p. 133, ebenfalls von der Bundesversammlung bestätigt").
3. Gegen die Behandlung dieser Angelegenheit durch den Bundesrath wendet nun aber der Staatsrath des Kantons Tessin vor Allem ein, daß von den Rekurrenten nicht alle kantonalen

1147 Instanzen durchlaufen worden seien, daß denselben vielmehr noch die Appellation gegen den Entscheid des Staatsrathes an den Großen Rath offen gestanden wäre, und daß daher nach feststehender eidgenössischer Praxis die Rekurrenten angebrachter Maßen abzuweisen seien.

Es ist richtig, daß der Bundesrath erklärt hat, daß nach konstanter Praxis die in Art. 59, Ziff. 9, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vorgesehenen Beschwerden gegen die Gültigkeit, kantonaler Wahlen erst dann beim Bundesrathe angehoben werden können, wenn die zuständigen kantonalen Behörden entschieden haben. So lehnte der Bundesrath seine Intervention auf eine Besehwerde hin ab, welche dahin ging, daß die Regierung des Kantons Luzem die Kassation stattgefundener Richterwahlen, bei denen die Kantonsverfassung verletzt worden sei, abgewiesen hatte, gestützt darauf, daß nach § 51 der Luzerner Verfassung über diestallige Entscheide des Regierungsrathes die Beschwerdeführung an den Großen Rath vorbehalten ist (Bundesbl. 1878, Bd. II, p. 496), und ebenso wurde entschieden in Sachen Gruyère am 15. Dezember 1881 (vergi. Entscheid i. S. Escholzrnatt, Bundesbl. 1884, II, 760 ff.).

Die hier zur Anwendung kommenden Artikel 6 und 7 des tessinischen Gesetzes über das Verfahren in nicht streitigen Verwaltungssachen vom 27. November 1863 bestimmen ausdrücklich : ,,Gegen den Entscheid des Staatsrathes können die Parteien den Rekurs an den Großen Rath ergreifen, der in seiner nächsten ordentlichen Sitzung üu entscheiden hat. Dieser Rekurs ist innerhalb der peremtorischen Frist von 15 Tagen von der Mittheilung des Entscheides der Regierung beim Regierungskommissär einzureichen, der ihn dem Staatsrath übermittelt. a Es steht fest, daß ein solcher Rekurs von den Rekurrenten nicht eingereicht worden ist.

e. Allein der Bundesrath hat im Geschäftsberichte über das Jahr 1875, welcher von der Bundesversammlung genehmigt worden ist, hinwieder grundsätzlich erklärt, die Durchlaufung aller kantonalen Instanzen bilde nicht für alle Fälle eine Voraussetzung seiner Kompetenz. Er spricht sich nämlich daselbst folgendermaßen aus (Bundesbl. 1876, Bd. II, p. 258): ,,Wir müssen darauf halten, daß die höhern kantonalen Behörden nicht ohne Weiteres umgangen werden. Wo es sich um Verletzung k a n t o n a l e r Verfassungsvorschriften
handelt, müssen alle kantonalen Instanzen angerufen sein und entschieden haben, bevor ein Rekurs angenommen werden kann. Wenn es sich dagegen um Verletzung der B u n d e s v e r f a s s u n g oder von Bundes-

1148 gesetzen, insbesondere um klar und bestimmt aufgestellte Individualrechte der Bürger handelt, so kann zwar ohne Zweifel gegen jede Verfügung kantonaler Behörden, welche eine solche Verletzung bewirkt haben sollen, an die Bundesbehörden rekurrirt werden, allein wir fördern eine solche Umgehung der kantonalen Regierungen keineswegs. In der Regel sollte zunächst bei der Kantonsregierung Beschwerde geführt werden und erst gegen einen solchen Entscheid Rekurs an die Bundesbehörden stattfinden. a Im vorliegenden Falle handelt es sich in der That um eine Verletzung der Bundesverfassung.

Einige Rekurrenten haben die kantonalen Instanzen nicht ordnungsgemäß bis zur Kantonsregierung hinauf durchlaufen, und es rechtfertigt sich, diese von vornherein von der Hand zu weisen, da gar nichts dafür vorliegt, daß dem Betreten dieses regelrechten Weges Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden wären. Soweit aber der Instanzenzug in der That bis zur obersten Administrativbehörde des Landes hinauf durchlaufen worden ist, würde eine solche Abweisung durchaus ungerechtfertigt erscheinen, wenn man bedenkt, daß nach Art. *10 des Gesetzes vom 27. November 1863 der Rekurs gegen den Entscheid des Staatsrathes die Exekution desselben weder unterbricht, noch aufhebt (non interrompono né sospendono), also nicht als ordentliches, sondern als außerordentliches Rechtsmittel erscheint, das hier gerade den von den Rekurrenten zunächst verfolgten Zweck, die Theilnahme oder den Ausschluß von den bevorstehenden Wahlen zu erzielen, verfehlt haben würde, und daß es sieh gerade um die Wahlen von Mitgliedern des Großen Rathes handelte, welche za der die Mehrheit desselben bildenden politischen Partei gehören.

5. Sobald man davon ausgeht, daß die Rekurrenten bis an den Staatsrath des Kantons gelaugt sein müssen, bevor der Bundesrath über ihr Stimmrecht entscheiden kann, versteht es «ich von selbst, daß diese Anrufung der kantonalen Behörden gemäß den Bestimmungen der kantonalen Verfassung und Gesetze und innerhalb der von diesen angesetzten Fristen erfolgt sein muß, um eine Einmischung von Bundes wegen zu rechtfertigen ; denn sonst haben ja die kantonalen Behörden mit Fug und Recht die Rekurrenten zurückgewiesen. Der vorn Staatsrath gegenüber einigen Rekursen gellend gemachte formelle Abweisungsgrund (motivo d'ordine) besteht in der
angeblichen Verspätung der Rekurseingabe. Es fragt sieh also, ob diese Einwendung begründet sei.

6. Nun bestimmt Art. 4 des Gesetzes über die Abfassung der Stimmregister für die periodische Wahl dos Großen Rathes vom 3. Dezember 1888 Folgendes:

1149 ,,Gegen den Entscheid des Kommissärs steht innerhalb drei Tagen von der Mittheilung an die Appellation an den Staatsrath offen, welchem die Gegenparteien ihre Bemerkungen innerhalb dreier Tage einreichen können," Wie ist diese Appellationsfrist von drei Tagen zu berechnen ?

Das Gesetz selbst sagt hierüber lediglich in Art. 10 : ,,Die in diesem Gesetz bestimmten Fristen sind ununterbrochene (sogenanntes tempus continuum)11'. Das Gesetz vom 15. Juli 1880 über die Ausübung des Aktivbürgerrechts enthält gar keine direkte Bestimmung hierüber. Dagegen sagt dasselbe in Art. 8, daß aUe Fragen betreffend seine Anwendung gemäß dem Gesetze über das Administrativverfahren vom 27. November 1863 zu behandeln seien. In diesem letzteren Gesetze spricht Art. 2 vom Rekurs an den Staatsrath, und Art. 12 lautet: ,,Die Fristen dieses Gesetzes sind tempus continuum, ohne Ausschluß der Festtage; jedoch werden in die Frist weder der Tag der Zustellung noch derjenige des Ablaufes mit eingerechnet (non computandosi però nel termine uè quello dell'intimazione né quello della scadenza)."

Danach ist also nicht nur der Tag der Zustellung der Verfügung des Kommissärs, sondern auch derjenige der Einreichung der Rekursschrift an die Munizipalität zu Händen des Staatsrathes nicht mitzurechnen. Wenn dem gegenüber in den Dekreten des Staatsrathes betont wird, daß das Gesetz ausdrücklich sage ,, i n n e r t drei Tagen" ( e n t r o tre giorni), so kann dieser Umstand hiogegen nicht ins Gewicht fallen; denn auch das zitirte Gesetz vom 27.

November 1863 selbst, welches bestimmt, daß die Fristen in der angegebenen Weise berechnet werden sollen, bedient sich für deren Bezeichnung des nämlichen Ausdruckes (so art. l § 1: entro 10 giorni; art. 2: entro giorni quindici dalla comunicazione; art. 7: entro il perentorio termine di 15 giorni), der ebea nur sagen will ,,vor Ablauf der Frist"1. Noch weniger gerechtfertigt aber und kaum zu begreifen ist die Argumentation der Dekrete des Staatsrathes, daß der Gesetzgeber in der Frist von drei Tagen beide Tage, den der Insinuation des appellirten Entscheides und den der Einreichung der Appellationsschrift, mit Inbegriffen haben müsse, weil er, wenn er etwas Anderes gewollt hätte, das gesagt haben würde, wie in dem Gesetz von 1863; denn der Staatsrath erklärt ja selbst mit Recht, das Gesetz
vom Jahre 1880 stehe noch in Kraft, und dieses verweist ja gerade auf jenes von 1863. Uebrigëns wenn das nicht der Fall wäre, so dürfte daraus gewiß nicht geschlossen werden, daß nun gerade das Gegentheil gelte. Berechnet doch auch das schweizerische Obligationenrecht Art. 88, das gemeine Bundesblatt. 43. Jahrg. Bd. III.

76

1150 Recht Deutschlands, der Codice di Proc. Civ. Ital. art. 43, wie das Gesetz von 1863 bei Fristen den Tag der Zustellung nicht, und sagt doch das tessinische Civilprozeßgesetz in Art. 567 ausdrücklich, daß in die Fristen weder der Tag der Zustellung noch derjenige des Auslaufes der Frist einzurechnen sei.

7. Bei dieser Sachlage muß in der That auf die eingereichten Rekurse gegen staatsräthliche Dekrete eingetreten werden, soweit sie nicht nach der in Erwägung 6 aufgestellten Norm als verspätet erscheinen. Es mag freilich eingewendet werden, daß damit der Bundesrath auf das Materielle der Sache eintrete, während ein materieller Entscheid der Vorinstanz, des Staatsrathes, noch gar nicht vorliege; allein dieser Umstand kann die Prüfung durch den Bundesrath iiicht hindern ; es gentigt, wenn der Staatsrath in gehöriger Weise angerufen worden ist. Von jenen materiellen Gründen der Ausschließung eines Bürgers vom Stimmrechte sind es zwei, die beständig wiederkehren, und welche daher hier vor dem Eintreten in die einzelnen Rekurse grundsätzlich zu behandeln sich rechtfertigt: a. das Fehlen des Domizils in der Gemeinde; b. Rückstand mit den Steuerzahlungen.

"o*8. Was die Frage des Domizils betrifft, so kann als solches nur derjenige Ort angesehen werden, an welchem der Bürger thatsächlich wohnt. Weder die Bundesverfassung noch die tessinischen Gesetze berechtigen zu der Ansicht, daß ein fiktives Domizil anzunehmen sei. Diese Ansicht müßte auch zu großer Unsicherheit und unter Umständen weitläufigen Untersuchungen führen. Nur das Eine ist zuzugestehen, daß, da bei einem Weehse! des Domizils das Stimmrecht am neuen Niederlassungsorte erst nach Ablauf von drei Monaten erworben ist, der Bürger aber nicht unterdessen lediglich dieses Wechsels wegen seines Aktivbürgerrechtes beraubt sein kann, während dieser Zeit noch sein Stimmreeht am alten Domizil fortdauern muß. Dagegen ist die Ansicht zu verwerfen, daß der im Auslande befindliche Tessiner Bürger, der seinen heimatlichen Wohnsitz aufgegeben hat, noch ein politisches Domizil an seinem Heimatorte habe; im Gegentheil hat das Gesetz vom 15. Juli 1880 grundsätzlich gerade im Gegensatz zum Heimatorte den Ort des Domizils für dns politische Stimmrecht maßgebend erklärt.

9. Betreffend den Rückstand mit Steuern fällt Folgendes in Betracht : Art. 4 des tessinischen Gesetzes über die Ausübung des Aktivbürgerrechtes sagt:

1151 ,,Ausgeschlossen von der Ausübung des Aktivbürgerrechtes igt: ,,e. Wer seit zwei Jahren die Kantons- und die Gemeindesteuern nicht bezahlt.

,,Diese Ausschließungsgründe hören mit ihrer Beseitigung auf zu wirken. a Danach ist klar, daß ein Bürger nicht ausgeschlossen werden kann wegen des Rückstandes von Steuern nur eines Jahres, oder wegen des Rückstandes nur eines Theils der Steuern für die zwei letzten Jahre.

Auch kann von einem Rückstande dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die Steuerforderung verjährt ist, was mit dem Ablauf von 5 Jahren der Fall ist. Es kann sich also bei diesem Ausschließungsgrunde nur um Rückstände aus den letzten 5 Jahren handeln.

Es ist ferner die Frage, wie es sich verhalte mit denjenigen Bürgern, die gar nicht um Zahlung ihrer Steuern angegangen worden sind. Dabei ist zu beachten, daß in den tessinischen Gemeinden nicht, wie anderwärts, jedem einzelnen Steuerpflichtigen ein Steuerzettel in's Haus geschickt zu werden scheint, sondern lediglich eine öffentliche Aufforderung, die Steuern zu bestimmter Zeit beim Einnehmer zu bezahlen, erlassen wird. Man kann also wohl daraus schließen, daß eben jeder Steuerpflichtige, welcher dieser Aufforderung nicht Folge leistet, unter Art. 4, lit. e, falle. Allein bei näherem Zusehen erscheint dieser Schluß doch bedenklich.

Es ist ja leicht möglich, daß ein Aktivbürger gar nicht weiß, oder nicht daran denkt, daß er steuerpflichtig sei, meint, daß er schon bezahlt habe, oder daß ein Anderer für ihn bezahlt habe, oder sogar mit Recht sich für nicht steuerpflichtig hält, während die Gemeindebehörde ihn unter die Pflichtigen aufgenommen hat; hieran aber ohne Weiteres die so weit gehende Folge des Entzuges des Aktivbiirgerrechtes zu knüpfen, erscheint nicht als gerechtfertigt. Zahlt Jemand nicht, während er auf dem Steuerregister steht, so ist es wahrhaftig nicht zu viel verlangt, daß er eine spezielle Aufforderung zur Zahlung erhalte, bevor man ihn seines Stimmrechtes verlustig erklärt; das Gegentheil würde einer Gemeindebehörde von politischer Parteifarbe das Mittel an die Hand geben, bei einem Wähler von der Gegenpartei zur Nichtzahlung der Steuer einfach fein stillzuschweigen, um ihn dann nachher unversehens seines Wahlrechtes zu berauben, und schon der Schein eines solchen Manövers ist zu vermeiden. Der Bundesrath kann daher
die Auslegung des Gesetzes, wonach es einer erfolglosen Aufforderung an den Rückständigen, die Steuer zu bezahlen, gar nicht bedürfte, um ihn des Aktivbürgerrechtes zu berauben, nicht

1152 theilen. Vollends kann von einem Entzuge des Aktivbürgerrechtes, wenn der Bürger gar nicht auf dem Steuerregister erscheint, also von ihm auch nicht einmal durch das öffentliche Register eine Steuer verlangt worden ist, keine Rede sein.

10. Da der angeführte Art. 4 bestimmt, daß mit der Beseitigung eines Ausschließungsgrundes auch seine Wirkung aufhöre, so wird der Aktivbürger mit dem Momente, in welchem er die Rückstände von zwei Jahren bezahlt, stimmberechtigt. Allein, damit ist noch nicht gesagt, daß er nun sofort schon an der unmittelbar darauf folgenden Abstimmung theilnehmen könne; vielmehr müssen in seiner Person auch außerdem alle diejenigen Requisite erfüllt sein, welche das Gesetz für die Theilnahme an einer Wahl aufstellt, und zu diesen Requisiten gehört vor Allem, daß der Betreffende auf Anordnung einer der kompetenten Behörden in das öffentliche Stimmregister aufgenommen worden sei. Daraus folgt ohne Weiteres, daß alle Diejenigen, welche erst zur Abstimmung mit den Rückständen in der Hand erschienen, und gegen deren Entrichtung zur Wahl zugelassen zu werden verlangten, mit Recht zurückgewiesen worden sind.

Es fragt sich ferner, ob die Munizipalität auch noch nach Ausstellung des Stimmregisters Recht und Pflicht gehabt habe, einen Aktivbürger, der seine Rückstände bezahlte, in das Stimmregister aufzunehmen. Diese Frage ist zu verneinen.

Wenn auch ernste Zweifel darüber bestehen, öl) das Gesetz vom 3. Dezember 1888 rechtsbeständig sei, weil es die Genehmigung des Bundes nicht erhalten hat, so will und kann der Bundesrath doch den kantonalen Behörden nicht verwehren, eine Praxis '/M befolgen, die mit den Vorschriften jenes Gesetzes in einem Spezialpunkte übereinstimmt, da das vom Bundesrathe genehmigte Gesetz von 1880 über diesen Punkt schweigt und die eingeschlagene Praxis mit dem Inhalte dieses Gesetzes nicht in Widerspruch steht.

Nur daran muß der Bundesrath festhalten, daß die Praxis der kantonalen Behörden allen Bürgern gegenüber die gleiche sei. Nun verbietet Art. 7 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 den Munizipalitäten durchaus, nach Publikation des Stimmregisters von sich aus irgend welche Modifikationen an denselben anzubringen ; nach Art. 2 daselbst kann das Begehren um Aufnahme in das Stitmnregister nach der Publikation nur noch beim Regierungskommissär gestellt werden.
Nach den GroßrathsVerhandlungen, welche bei der Berathung dieses Gesetzes gepflogen worden sind, ging die Tendenz des Gesetzgebers offenbar dahin, das Stimmregister von seiner Ausstellung

1153 an unabhängig zu machen von jeder Verfügung der Munizipalität, und Aenderungen derselben, wie sie gerade in Locamo ini Jahre 1887 noch sogar am Wahltage selbst vorgekommen waren, durchaus auszuschließen. Darnach ist zweifellos, daß die Munizipalität auch gegen Zahlung der Rückstände nach Ausstellung des Stimmregisters nicht mehr im Stande ist, von sich aus den Zahlenden in das Stimmregister aufzunehmen.

Eine andere Frage ist, ob der Kommissär die Aufnahme eines solchen nachträglich Zahlenden noch verfugen kann, vorausgesetzt, daß die Zahlung und der Rekurs an ihn innerhalb der in Art. 2 hierfür angesetzten Frist von 15 Tagen seit Publikation des Stimmregisters eingereicht wird; denn nachher ist gemäß ausdrücklicher Bestimmung'dieses Artikels keine Reklamation dieser Art mehr zuläßig.

Diese Frage muß bejaht werden. Der Grundsatz des Gesetzes ist nicht etwa der, daß durchaus derjenige Thatbestand maßgebend sein soll, welcher im Momente der Publikation des Stimmregisters vorhanden ist; vielmehr bestimmt Art. l, § l, desselben ausdrücklich, daß auch diejenigen Bürger aufgenommen werden sollen, welche noch n a c h dieser Publikation und bis zum Tage der Abstimmung entweder volljährig werden oder die vorgeschriebenen drei Monate des Domizils vollenden. Im Zweifel ist aber auch hier zu Gunsten der Aufnahme in das Stimmregister zu entscheiden.

Wenn nun während dieser Frist ein Gesuch um Aufnahme gegen Zahlung der Rückstände an eine Munizipalität gerichtet wurde, so konnte nach dem Gesagten diese nicht von sich aus entsprechen; dagegen war es ein Gebot des Anstände«, daß sie den Petenten nicht einfach abwies oder gar im Ungewissen liber den Erfolg seines Gesuches ließ, sondern ihn vielmehr an die kompetente Behörde, den Kommissär, verwies. Indessen kann, weun sie das nicht gethan hat, eine rechtliche Folge zu seinen Gunsten durchaus nicht gezogen werden, da eine förmliche Rechtspflicht der Gemeinde, so zu handeln, nicht bestand.

Aus dem Vorstehenden darf nicht etwa gefolgert werden, daß Rückstände auch noch während der Frist dei- Appellation an den Staatsrath mit dem Erfolge des Stimmrechtserwerbes haben bezahlt werden können, denn dieses ausdrücklich als Appellation bezeichnete, innert der kurzen Frist von 3 Tagen zu ergreifende Rechtsmittel hat lediglich den Zweck, entscheiden zu lassen, ob der
Kommissär gestützt auf den ihm vorgelegten Thatbestand richtig entschieden habe oder nicht, und das ist offenbar auch der Sinn des Rekurses an den Großen Rath. Freilich setzt dies voraus, daß dem durch das Dekret des Kommissärs betroffenen Bürger

1154 auch die Gründe des über ihn getroffenen Entscheides mitgetheilt werden, was nicht in allen vorliegenden Fällen geschehen ist.

Da nun bei den vorliegenden Wahlen gesetzesgemäß die Publikation der Stimmregister am 22. Januar stattgefunden hat, so konnte noch durch Eingabe vom 7. Februar an den Kommissär unter Geltend machung der Quittungen für die bezahlten Steuerrückstände die Aufnahme in das Stimmregister verlangt werden, später nicht mehr.

11. G o b b i , Giov., fu Ludovico, kann nicht als bloß periodischer Auswanderer bezeichnet werden, da er seine Familie in Genf hat.

Da er verheiratet ist, fällt der Umstand, daß er in Loco Vorwandte, Mutter und Schwestern, hat, nicht ins Gewicht. Da er jedenfalls sein Domizil in Genf oder Thonon gehabt hat, würfle ihm obgelegen haben, zu beweisen, daß er dasselbe vor dem 3. Dezember 1888 nach Loco zurüclfr verlegt habe. Diesen Beweis hat er nicht geleistet, sein Autrag ist daher abzuweisen.

Lu e c h i ni, Antonio, fu Giuseppe. Gewiß würde die Gemeinde im Rechte gewesen sein, wenn sie von ihm Zahlung seiner Steuerschuld verlangt hätte unbekümmert um seine Gegenforderung.

Bin solches Begehren ist aber nicht einmal behauptet worden und die Möglichkeit einer Kompensation um so eher anzunehmen, als nach den Erklärungen des Sindaco von Locamo auch dort solche Kompensationen anerkannt wurden. Uebrigens hat Lucchiui seine Rückstände am 6. Februar, also noch rechtzeitig, getilgt. Er ist daher e i n z u t r a g e n .

Lu e c h i ni, Giovanni, fu Dottore, ist in Turin domizilirt. Der Umstand, daß er im Jahre 1888 längere Zeit in Loco zugebracht hat, begründet noch kein Domizil daselbst. Er ist also mit Recht gestrichen worden.

Lucchini, Olinto, sein Sohn, ist in Paris domizilirt, wenn er auch von dort aus auf Reisen geht, und sein vorübergehender Aufenthalt im eigenen Hause in Loco ändert daran nichts. Er ist also nicht aufzunehmen.

M eie t ta, Giuseppe, fu Giuseppe, hat seine Steuer am 6. Februar, also noch rechtzeitig, bezahlt und ist daher a u f z u n e h m e n .

Meletta, Giuseppe, di Giuseppe, hat seinen Ausschluß nicht weiter angefochten, offenbar mit Recht.

Meletta, Giacomo, ebenso.

Chiesa, Plavio, di Giovanni, ebenso.

Chiesa, Andrea, fu Giacomo, Lehrer in Maggia. Gewiß ist im Zweifel eher anzunehmen, daß ein Lehrer sein Domizil an seinem

1155 Schulorte habe, als anderswo. Bedenken hiegegen muß im vorliegenden Falle der Umstand erwecken, daß er seine Familie nicht an diesem Orte hat, sondern in Loco, wo er früher immer wohnte.

Indessen liegt doch die Sache nicht so, daß er regelmäßig am Samstag nach Loco ginge und so nur die Werktage über als von Hause abwesend erschiene; sondern er kommt nur von Zeit zu Zeit, also auf Besuch, dahin, und es erscheint daher doch richtiger, Maggia als sein wahres Domizil zu betrachten.

C h i e s a , Remigio, fu Bernardo, hat seinen Ausschluß nicht weiter angefochten.

C a r a z z e t ti, Antonio, fu Guglielmo, erscheint als in Luino domizilirt und ist daher in Loco nicht einzutragen.

C h i e s a , Antonio, fu Guglielmo. Hier gilt das Nämliche.

Er hat freilich Frau und Kinder in Loco; aber es wird nicht behauptet, daß er etwa regelmäßig freie Tage habe, die er immer hier zubringe, um dann nur jeweilen nach Luino auf die Arbeit zu gehen. Er ist daher nicht einzutragen.

S e h ir a, Orsilio, fu Prosp. Cipr., erscheint als periodischer Auswanderer jeweilen im Winter zu Hause. Als solcher hat er sein Domizil in Loco, wo auch seine Familie beständig lebt, niemals verloren, auch nicht während der Monate, welche er außerhalb des Kantons zubringt; denn den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse hatte er doch immer in Loco. Es ist daher ganz unerheblich, wann er gerade in diesem Winter wieder heim gekommen ist; er ist a u f z u n e h m e n .

P e v e r ad a, Francesco, di Vincenzo. Da er in seiner Heimat Loco Haus und Familie hat und auch dort seine Steuern zahlt und nur im Winter seine Familie zu ihm nach Locamo zieht, so erscheint doch eher Loco als sein Domizil, und der Umstand, daß er des Dienstes wegen in Locamo übernachten muß, fällt dagegen nicht in's Gewicht. Er ist daher a u f z u n e h m e n , um so mehr, als die Munizipalität von Locamo noch am 5. März erklärte, daß sie ihn nicht eingetragen habe, so daß er sonst gänzlich um sein Stimmreeht gebracht sein würde.

Die drei Brüder Schira haben ihren Ausschluß nicht weiter angefochten.

12. Auf die Rekurse aus der Gemeinde Russo kann hierorts deswegen nicht eingetreten werden, weil dieselben nicht vorher beim Staatsrathe anhängig gemacht worden sind. Die beiden Garbani hätten allerdings in Russo aufgenommen werden sollen, und ihr Ausschluß fällt um so mehr auf, als der nämliche Köm-

1156 missär in einem andern, ganz gleich liegenden Falle anders entschieden hat.

13. Mit Bezug auf die dem Kommissär eingereichten Begehreu betreffend das Stimmregister der Gemeinde Berzona ist vor Allem die Einwendung erhoben worden, daß sie verspätet seien, weil erst am 5. Februar der Munizipalität mitgetheilt. Nun ist aber nach Art. 2 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 für die diesfâlligen Rechte der Bürger der Tag der Einreichung des Begehrens beim Kommissär maßgebend, nicht der der Mitlheilung desselben an die Munizipalität. Für jene Einreichung stand eine Frist von 15 Tagen offen, die mit dem 7. Februar ablief; die betreffenden Begehren sind aber vorher, also rechtzeitig, eingereicht worden.

lé. Betreffend die von Cadoni verlangte Eintragung von Bürgern sind keine zu der Annahme, daß diese Bürger ihr Domizil in Berzona haben, genügenden Anhaltspunkte, überhaupt gar keine näheren Angaben über ihre Wohnuugsverhältnisse geliefert worden.

Es kann daher dem Begehren nicht entsprochen werden.

Auf das Begehren betreffend Notaris ist deswegen nicht einzutreten, weil dasselbe vorher vor keine kantonale Instanz gebracht worden ist. Von den Uebrigen haben nur Lucchini, Giacomo, uud Chiesa, Rocco, an den Staatsrath appellili; es kann daher hierorts nur auf diese Beiden eingetreten werden.

15. L u e c h i n i , Giacomo, erscheint in der That als in Berzoua domizilirt. Den Begriff des obligatorischen Domizils von Angestellten, im Gegensatz zu ihrem faktischen Domizil, kennen wir nicht, am allerwenigsten bei Augestellten einer Privatgesellschaft, wie die Gotthardbalm es ist. Bedenkt man nun, daß Lucchini stets sein Gütchen in Berzona behalten und seine Familie darauf gelassen hat, und jenes auch immer selbst bewirbt, so wird klar, daß er dort den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse hat und nur jeweilen von da aus auf die Arbeit nach Darò geht, wo er ja auch als bloßer Aufenthalter betrachtet wird. Er ist daher einz u tragen..

16. C h i e s a , Rocco, erscheint ebenfalls als in Berzoua domizilirt, da er dort seine Familie hat und dort seine Steuern bezahlt, auch gerade deswegen in Locamo nicht eingetragen wurde, dadurch aber selbstverständlich nicht um die Ausübung seines Aktivbürgerrechtes gebracht werden darf. Die formelle Einwendung des Staatsrathes, daß sein Begehren nicht der Munizipalität mitgetheilt worden sei, kann kaum ernst gemeint sein, da sieh ja die Munizipalität -von vornherein mit seiner Eintragung einverstanden erklärt hatte,

1157 Als sein Gegner, welchem der Rekurs mitzutheilen war, erscheint der Kommissär, der ihn gestrichen hatte, und nicht Garbani jenem ist aber in der Thal sein Rekurs mitgetheilt worden. Er ist also einzu tragen.

17. B e z z o l a , C l é m e n t e . Es ist unbegreiflich, wie der Staatsrath diesen Bürger, der, wie er selbst anerkennt, lediglich aus Versehen nicht auf das Stimmregister gesetzt worden war, so leichthin um sein Stimmrecht bringen konnte. Bezzola hatte sich rechtzeitig an die Behörden gewendet, um seine Eintragung zu erwirken, und die Munizipalität selbst, welche den Fehler gemacht hatte, denselben offen eingestanden und sich bereit erklärt, ihn sofort gut zu machen. Es war ganz ungehörig, sie mit leeren formellen Ausflüchten daran zu hindern. Er ist e i n z u t r a g e n .

18. Die Art, mit welcher der Kommissär die Reklamationen der Munizipalität von Comologno betreffend die Bürger, deren Streichung Remonda, Giuseppe, verlangt hatte, behandelte, erscheint geradezu als frivol und allerdings geeignet, in den Betreffenden das Gefühl ungleicher Behandlung der Bürger zu erwecken. Von vornherein um eine grundsätzliche gleichmäßige Beurtheilung der Bürger angegangen, hat der Kommissär dieselbe von der Hand gewiesen und damit das durch die Bundesverfassung garantirte Recht der Rechtsgleichheit verletzt, ganz abgesehen davon, daß schon der Anstand von ihm eine Antwort auf die Anfrage der unteren Behörde erfordert haben würde. Wenn nun aber auch in Folge dessen möglicher Weise verschiedene Bürger im Stimmregister stehen geblieben sind, welche richtiger Weise hätten gestrichen werden sollen, so kann dies doch nicht dazu führen, daß nun auch andere Bürger unrichtiger Weise eingetragen werden ; vielmehr muß mit Bezug auf Diejenigen, deren Stimmrecht noch streitig ist, der Bundesrath den ihm richtig scheinenden Entscheid fassen und sich eben damit begnügen, da ihm mit Bezug auf die übrigen ein Recht der Ueberprüfung ihres Stimmrechtes nicht zusteht.

19. G a r n b o n i , Aquilino, erscheint als periodischer Auswanderer; es treffen daher auf ihn die oben in Erwägung 10 betreffend Schira gemachten Erörterungen zu, und er ist demzufolge in das Stirn m register e i n z u t r a g e n .

M a r c o n i , Eliseo, ebenso.

R e m on da, Giov. Daß Dieser nur periodischer Auswanderer sei, geht aus den Akfen nicht hervor, und es ist daher anzunehmen, daß er am 3. März noch nicht drei Monate lang sein Domizil in.

Comologno gehabt habe.

1158 C a s t e l l a n i , Ermenegildo, erscheint deutlich als periodischer Auswanderer. Der Umstand, daß die Behörde von Yevey ihn nicht auf sein Gesuch, sondern von Amts wegen auf ihr Stimmregister genommen hat, kann hierin nichts ändern. Er ist e i n z u tragen.

C a n d o l f i , Pietro. Hier gilt das Gleiche wie betreffend Remonda.

B e z z o la, Modesto, erseheint in der That als in Comologno domizilirt. Denn da er unverheirathet ist, keinen eigenen Haushalt führt, seine Eltern daselbst hat und dort seine Steuern zahlt, so ist anzunehmen, daß er dort den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse habe und nur jeweilen zur Führung seiner Amtsgeschäfte nach Locamo gehe. Er ist denn auch in Locamo nicht auf das Stirnmregister genommen worden. Somit in Comologno e i n z u tragen.

M o r d a s i n i , Celestino. Wenn er auch im Stimmregister von Bellinzona gestrichen worden ist, so liegt doch nichts dafür vor, daß er nun wirklich in Comologno domizilirt sei.

B e z z o l a, Giovanni und Massimo, sind offenbar nicht in Comologno domizilirt und hätten daher nicht zugelassen werden sollen ; es ist, aber diesfalls nicht an den Staatsrath appellirt worden.

20. Auf die Beschwerde betreffend die drei Zenone von Auressio kann nicht eingetreten werden, weil sie keinen kantonalen Behörden vorgelegen hat; übrigens würde sie offenbar auch maleriell unbegründet sein. Aber auch auf die Beschwerde betreffend Broggini ist nicht einzutreten, da nicht feststeht, daß er gehörig und rechtzeitig sich an den Staatsrath gewendet habe.

Das Nämliche gilt mit Bezug auf die Bürger von Grana und Mosogno.

21. Das Resultat der vorstehenden Erwägungen ist Es hätten noch eingetragen werden sollen : Ans der Gemeinde L o c o : Lucchini, Ant., Meletta, Gius., Schira, Ors., Peverada, Franc .

Aus B e r z on a: Lucchini, Giac., Chiesa, Rocco, Bezzola, Clem. . .

Aus C o m o l o g n o : Gambossi, Aq., Marconi, Elis., Castellani,. Erm., Bezzola, Mod

folgendes:

4 Bürger.

3

,,

4

fl

Zusammen 11 Bürger.

1159 Die Zahl der Stimmen würden danach betragen haben 687 -f 11 = 698 Das absolute Mehr 350 Zählt man die 11 Stimmen den drei liberalen Kandidaten hinzu, so steigt auch Bezzola, Federico, über das absolute Mehr mit 356 Stimmen, Garbani-Nerini aber, der mit den wenigsten Stimmen als gewählt erklärt worden war, steigt auf 362 Stimmen, bleibt also gegenüber Bezzola, Federico, gewählt; ebenso Bezzola, Giovanni, der 362 Stimmen erhalten ha.t; es ist somit der ungerechtfertigte Ausschluß jener 11 Bürger ohne Einfluß auf das Wahlresultat.

Demnach hat der Bundesrath

beschlossen:

1. Das Begehren um Kassation der Wahlen dieses Wahlkreises wird abgewiesen. Mit Bezug auf das Stimmrecht der einzelnen Bürger wird auf die vorstehenden Erwägungen verwiesen.

2. Mittheilung an den Staatsrath des Kantons Tessin für sich und zu Händen der betheiligten Behörden und Bürger.

B e r n , den 21. Juli 1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

-0000^0000-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesrathsbeschluß über die Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3.

März 1889 im tessinischen Wahlkreise Russo (On- sernone). (Vom 21. Juli 1891.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1891

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

30

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.07.1891

Date Data Seite

1121-1159

Page Pagina Ref. No

10 015 368

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.