599

# S T #

Botschaft des-

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Frutigen durch den Lötschberg nach Visp.

(Vom 7. Dezember 1891.)

Tit.

Unterm 8. Dezember 1890 reichten die Herren Oberst D e s g o u l t e s , Ingenieur G . T h . L o m m e l , P ü m p i n & H e r z o g , bernische Baugesellschaft für Spezialbahnen, alle in Bern, und Nationalrath A. G. B ü h l e r in Frutigen ein Konzessionsgesueh für eine normalspurige Bahn von F r u t ig e n durch den L ö t s c h b e r g nach V i s p ein.

Die Petenten führen zur Begründung dieses Projektes Folgendes an : Die Berechtigung einer Eisenbahn durch den Lötschberg nach dein Oberwallis stehe in engem und unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausführung des Simplondurchstich und seidessen nothwendige Ergänzung im Sinne der zentralschweizerischen und speziell bernischen Interessen.

Schon Jakob Stämpfli habe die Notwendigkeit einer solchen Verbindung erkannt und dieselbe in der Richtung der Gemmi, d h.

über Leukbad und Leuk, gesucht. Die Gründe, welche gegen letztere und für eine Lötschbergbahn sprechen, seien im Wesentlichen die, daß der steile Abfall des Dalathales keine natürliche Entwicklung gestatte und eine künstliche Entwicklung mit dem theuern System der Kehrtunnels eine Verlängerung des Bahntracés um circa 20 km. und eine Vermehrung der Kosten um circa 6--7 Millionen bedingen würde, mit andern Worten, man würde mit diesem Mehröpfer eine minder konkurrenzfähige Linie erzielen.

600 Seit Jahresfrist sei nun die Simplonfrage in ein neues Stadium gelangt; an Stelle der in ihrem Kredit beschränkten, durch Assoziation mit einer Finanzgesellschaft in ihrer Zukunl'tspoliük gehemmten Suisse Occidentale sei die erstarkte Jura-Simplon-Bahn getreten, deren ausgesprochener Zweck es sei, die Durchtunnelung des Simplen in kürzester Frist zu realisiren, und welche selbst eine förmliche Verpflichtuog in diesem Siane eingegangen sei, sofern ihr eine Subsidie von 30 Millionen zugesichert werde.

Man dürfe also wohl annehmen, daß die Simplonfrage in nächster Zeit zur Lösung gebracht werde. Damit trete aber auch die Frage der Lötschbergbahn in den Vordergrund und gestalte sich zu einer zeitgemäßen.

Die Lötschbergbahn nimmt ihren Ausgangspunkt bei der Endstation Frutigen-Kanderbrücke der Linie Spiez-Frutigen, mit deren Konzessionären über diese Stationslage eine Verständigung gesucht werden müßte.

Von der Station steigt die Bahn dem rechten Thalhange entlang über Kandergrund nach Mittholz, überschreitet das Thal, gewinnt mittelst eines Kehrtunnels im linken Thalhange die Thalstufe des sog. Bühl und, wieder auf die rechte Thalseite übergehend, die Station Kandersteg. Von hier läuft die Linie dem Ausgang des Gasternthaies zu, erreicht durch die Klus deo untern Theil dieses Thaies und dringt in lelzterm vor bis Gastern, dem Nordeingang des großen Tunnels unter dem Lötschberg. Dieser durchbricht, von der Anschlußkurve am Südportal abgesehen, in gerader Linie das Massiv des Schilthorns oder Lötschbergs und hat eine Länge von rund 6850 m.

Er liegt nach beiden Seiten im Gefäll, so daß sich der Kulminationspunkt (1492 m. ü. M.) der ganzen Bahn ungefähr in der Mitte desselben befindet. Die Steigung auf der Nordseite beträgt l °/oo, das Gefall auf der südlichen Hälfte 17 %o.

Nun zieht sich das Tracé auf der rechten Seite der Lonza thalabwärts und bildet unterhalb Goppenstein auf der anderò Thalseite hinter einander zwei Kehrtunaels, um am linken Thalhange, immer höher über der Lonza verbleibend, sich dem Ausgang des Lötsehenthaies zuzuwenden.

Oberhalb Gampel durchbricht dasselbe den letzten Vorsprung des linken Thalhanges des Lötschthales gegen das Rhonethal und zieht sich nun, allmälig gegen die Thalsohle abfalleod, an der Nordlehne des Rhonethaies über Hohthen, Außerberg und Baltschieder bis Tscherey hinunter. Hier übersetzt die Linie mit einer großen Kurve den Thalgrund der Rhone und schließt bei Visp an die Jura-Simplon-Bahn an.

601 Die Petenten behalten sich vor, noch eine Variante zu studiren und zu substituiren, welche an die Simplonbahn bei Brig, anstatt bei Visp, anschließt. Diese Variante würde die Lötschbergbahn in den Besitz einer längern Strecke leichterer Bahn setzen, welche den gleichen Verkehr wie die schwierige Bergstrecke erhalten und damit eine vermehrte Einnahme bei verhältnißmäßig geringer Vermehrung der Baukosten erzielen würde. Sie ermöglichte im Fernern durch die gestrecktere Entwicklung die Reduktion der Maximalsteigung auf 25 %o, und endlich würde die Bahn in normaler Weise in die Simplonbahn geleitet, während'der Anschluß in Visp in umgekehrter Richtung einen Maschinenwechsel bedingte.

> Immerhin ist den nachfolgenden Angaben das weniger weit gehende Projekt mit Anschluß in Visp zu Grunde gelegt.

Die Bahn erhält danach eine Länge von 62,e km. oder mit der eventuell zu erwerbenden Strecke Spiez-Frutigen eine Baulänge von 75,7 km. und eine Betriebslänge von 79,2 km.; die Maximalsteigung auf offener Strecke beträgt 30, in den längern Tunnels 25 °/oo, der Minimalradius meistens 300 m., ausnahmsweise 250 m.

Zwischenstationen, welche sämmtlieh in Horizontalen projektirt sind, werden 8 vorgesehen, nämlich: Kandergrund, Mittholz, Kandersteg, Gastern, Wyler, Goppenslein, Hohthen und Außerberg.

Die Bahn würde normalspurig und eingeleisig erstellt und mittelst Adhäsionslokomotiven betrieben.

Außer dem Haupttunnel sind an Kunstbauten noch zu erwähnen 16 kleinere Tunnels, inklusive 3 Kehrtunnels, mit einer Gesammtlänge von 9700 m.

Die Baukosten werden berechnet wie folgt: Haupttunnel . . . . 6850 m. à Fr. 2,400 Fr. 16,440,000 Kehrtunuels . . . . 6200 m. à, ,, 1,000 ,, 6,200,000 Kleinere Tunnels . . 3500 m. à ,, 700 ,, 2,450,000 Offene Strecke . . . 46 km. à ,, 300,000 ,, 13,800,000 Zusammen Fr. 38,890,000 Zur Arrondiruug sammt Bauzinsen circa 10 °/o ,, 3,889,000 . Gesammtbetrag Fr. 42,779,000 oder boi Erwerbung der Bahnstrecke Spiez Frutigen, deren Kusleu gewerthet sind auf . . . . ,, 2,200,000

Fr. 44,979,000 also rund 45 Millionen Franken oder Fr. 683,000 bezw. 594,000 per Kilometer der Balmlänge.

602

Mit Bezug auf die Verkehrs- und Rentabilitätsberechnung wird angeführt, daß der Gotthard gegenwärtig eine mittlere Bruttoeinnahme von ca. Fr. 50,000 per km. ergebe, welche, nach Abzug der Nebenlinien Giubiasco-Locarno und Giubiasco-Luino mit Fr. 12- à 15,000 pro km., einer Einnahme von Fr. 65,000 auf der Hauptlinie entspreche (?). Es stehe außer Zweifel, daß die günstigen Betriebsverhältnisse der Simplonbahn eine intensive Konkurrenzirung des Gotthard gestatten werden, namentlich wenn durch die Lötschbergbahn eine weit kürzere Verbindung nach dem deutschen Rheinthale erzielt werde.

Es erscheine deßhalb nicht als übertrieben, für die Lötschbergbahn eine kilometrische Bruttoeinnahme von Fr. 50,000 vorauszusetzen.

Die Betriebsausgaben werden ebenfalls, unter Bezugnahme auf ähnliche Verhältnisse, auf Fr. 24,000 pro Bahnkilometer veranschlagt.

Das Anlagekapital würde in Obligationen . Fr. 20,000,000 und in Aktien ,, 25,000,000 betragen.

Total Fr. 45,000,000 Die Bruttoeinnahmen zu rund 80 X 50,000 . Fr. 4,000,000 die Ausgaben zu rund 80 X 24,000 Fr. 1,920,000 Verzinsung der Obligationen à 4 Va % ,, 850,000 v 2,770,000 so daß zur Verzinsung der Aktien noch . . . . Fr. 1,230,000 oder circa 4Va bis 5 °/o verbleiben würden.

Gemäß Art. 2 des Eisenbahngesetzes ist das Konzessionsgesuch den Regierungen der Kantone Bern und Wallis zur Vernehmlassung mitgetheilt worden. Die Regierung von Bern erklärt mit Schreiben vom 30. Dezember 1890, daß sie gegen die Ertlieilung der Konzession keine Einwendungen zu machen habe. Der Staatsrath des Kantons Wallis macht dagegen in seinem Bericht un den Großen Rath geltend, daß es nicht möglieh sei, einem Gesuche, üher das schließlich die Bundesbehörden zu entscheiden haben, eine formelle Zurückweisung zu Theil werden zu lassen, daß jedoch bereits die Konzession für eine schmalspurige Bisenbahn von Lauterbrunaen nach Visp ertheilt worden sei, daß diese Linie den Wünschen und dem Bedürfniß des Kantons für eine Verbindung des Rhonethals mit demjenigen der Aare vollständig genüge und daß auf der andern Seite für den Betrieb der Jura-Simplon-Bahn auf Walliser-

603

gebiet aus der Konkurrenz der projektirten Lötschbergbahn schwere Folgen entstehen könnten, welche den ganzen Kanton Wallis in Mitleidenschaft ziehen würden.

Aus diesen Gründen beantrage er, es den Bundesbehörden zu überlassen, im Hinblick auf die doppelte Konkurrenz die Präge zu prüfen, ob das neue Projekt zu konzessioniren sei oder nicht.

Der Bundesrath nun hat bereits anläßlich der Konzessionirung der Bahn Lauterbrunnen-Visp deren Verhältnis zu einer normalspurigen Lötsehbergbahn berührt und darauf hingewiesen, daß der Charakter der beiden Projekte ein gänzlich verschiedener sei, indem die Linie Lauterbrunnen-Visp zur Bedienung des Touristenverkehrs zwischen den Centren des Berner Oberlandes und den Premdenorten des Wallis, namentlich Zermatts, bestimmt sei, während die Bahn Frutigen-Visp in engerm Zusammenhang mit der Ausführung des Simplondurchstichs, als Theilstück einer internationalen Zufahrtslinie zum Simplon, gedacht und demgemäß auch normalspurig und mit wesentlich andern Steigungsverhältnissen geplant werde.

Wir gelangten deßhalb zu dem Schlüsse, daß durch die Konzessionirung der Schmalspurbahn Lauterbrunnen-Visp die Konzessions·ertheilung für die hier in Frage stehende Vollbahn nicht präjudizirt werde. Denn es ,verstehe sich, daß im Falle eines später beim Bau zwischen diesen beiden Projekten sich ergebenden Konfliktes die Touristenbahn gegenüber der umfassenderen Interessen dienenden internationalen Linie zurücktreten müsse, wobei der endgültige Entscheid den Bundesbehörden zustehe.

Auf Grund dieser Erwägungen und im Hinblick .auf die unleugbar großen Interessen, welche an eine Lötsehbergbahn, als Zufahrtslinie zum Simplon, sich knüpfen, stehen wir nicht an, Ihnen die Konzessionsertheilung zu empfehlen.

Zu dem nachstehenden Beschlußentwurfe, wie er aus den unterm 17. September 1. J. auf Grund eines vorläufigen Entwurfes abgehaltenen kouferenziellen Verhandlungen hervorgegangen ist, gestatten wir uns einige kurze Bemerkungen.

Bei Art. 4 wünschte der Abgeordnete der Walliser Regierung die Vertretung der betheiligten Kantone in der Verwaltung durch Aufnahme einer bezüglichen Bestimmung geordnet zu sehen, erklärte sich aber, auf den Hinweis, daß die Regelung dieses Verhältnisses besser den Statuten vorbehalten bleibe, und nach der Erklärung der Potenten, gegen die Einräumung einer
derartigen Berechtigung ihrerseits keine Bedenken zu haben, mit der Belassung des Artikels in der vorliegenden und der Normalkonzession entsprechenden Fassung einverstanden.

604

Art. 12, Al. 2, hatte in dem vorläufigen Entwurf eine Minimalgeschwindigkeit von 30 Kilometern festgesetzt. Bei den konferenziellen Verhandlungen wurde diese Bestimmung nicht beanstandet, aber die Frage noch offen gelassen bezw. zur weitern Erwägung empfohlen, ob mit Rucksicht auf die zum Theil bedeutenden Steigungen (Maximum 30 °/oo) die Feststellung der Fahrgeschwindigkeit nicht besser dem ßundesrathe auf den Zeitpunkt der Betriebseröffnung, wo die wirkliehen baulichen Verhältnisse bekannt sein werden, vorzubehalten sei. Wir halten dieß in der That für richtiger und es hat Art. 12, AI. 2, eine entsprechende Fassung erhallen.

In Art. 13 wurde Satz 2, welcher allfällige Aenderungen des Transportreglements, allerdings unter Vorbehalt der Genehmigung des Bundesrathes, zuläßt, gestrichen. Die Bestimmung ist zwar in der Normalkonzession enthalten, findet aber ihrer Natur nach nur Anwendung auf Bahnen von untergeordneter Bedeutung, bei denen die lokalen Verhältnisse ein theilweises Abgehen von dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen rechtfertigen können. Bei Transitlinien, zu welchen die Lötschbergbahn unzweifelhaft zu rechnen wäre, könnten solche Aenderungen im Interesse der Einheit des Transportwesens niemals gestattet werden und deßhalb ist es in vorliegendem Falle angemessener, wenn der Grundsatz der Unterstellung unter das herrschende Transportreglement in absoluter Weise ausgesprochen wird.

Sämmtliche übrige Artikel des Entwurfes entsprechen denjenigen der Normalkonzession und geben zu keinen Bemerkungen Anlaß.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Besehlu'ßentwurf zur Annahme und benutzen die Gelegenheit, um Sie, Tit., neuerdings unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 7. Dezember

1891.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

605

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Frutigen durch den Lötschberg nach "Visp (Lötschbergbahn).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren Oberst Desgouttes und Mithaften, vom 8. Dezember 1890, 2. einer Botschaft des Bundesrathes, vom 7. Dezember 1891, beschließt: Den Herren Oberst D e s g o u t t e s , Ingenieur G. Th. L o m m e l, P u m p i n und H e r z o g , alle in Bern, und Nationalrath A. G.

B ü h l e r in Frutigen, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von F r u t i g e n durch den L ö t s c h b e r g nach Visp unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung linden : Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

606 Art. 5. Binnen einer Frist von 48 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang An fa mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 6 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übersehen.

'a1' Art. 7. Der Bundesvath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.

Die Bahn wird normalspurig und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kautons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbearaten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jedur Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche dio Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Bndpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrathe vorbehalten.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen.

607

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 10 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepacks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonoementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Anne, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personeataxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kan·tonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedii-en. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

608

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen.

Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; Stiere, Ochsen, Küho, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp.; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmitte] u. s. w., in Wagenladungen sollen möglii'hst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß, für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rp. zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht trausportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für VVaareu um 100 % des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besoodern Wagen, mit den Personenzügen transportât und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für dus Meurgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzu-

609

führen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnvejwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In Betreff dea Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämmtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kanu diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätzo gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

610

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern und Wallis, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Ruckkäufer Eigenthümer den Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehörer.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sa m m t Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 1/2 fachen Werth ; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages; -- unteAbzugar des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mil Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

O

g

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf

611

Abschreibungsvechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die Über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der Kanton Bern, bezw. der Kanton Wallis den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiti worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie. letzterer, dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

~*=-O-=i.-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des- Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Frutigen durch den Lötschberg nach Visp. (Vom 7. Dezember 1891.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1891

Année Anno Band

5

Volume Volume Heft

50

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.12.1891

Date Data Seite

599-611

Page Pagina Ref. No

10 015 519

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.